Neue Rheinische Zeitung. Nr. 155. Köln, 29. November 1848. BeilageBeilage zu Nr. 155 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Mittwoch 29. November 1848. [Deutschland] Vertrauen der Tessiner in ihre Regierung jedes Jahr mehr hervor. Franscini gilt außerdem für den gebildetsten Oekonomen der Schweiz und ist der Verfasser der besten schweizerischen Statistik (Statistica della Svizzera, Lugano 1827, Nuova Stat. della Sviz. 1848.) Er ist ein entschiedener Radikaler und wird im Bundesrath mehr zu Druey als zu Ochsenbein und Furrer halten. Die Tessiner rechnen ihm, den langjährigen Chef ihrer Regierung, namentlich seine "ehrenvolle Armuth" hoch an. Regierungsrath Munzinger aus Solothurn ist der einflußreichste Mann seines Kantons, den er seit 1830 fast dauernd auf der Tagsatzung vertreten hat und den er seit Jahren thatsächlich regiert. Er soll wie sich ein halbradikales Blatt der französischen Schweiz, die Gazette de Lausanne ausdrückt, cacher sous les apparences de la bonhommie un esprit fin et penetrant, d. h. er besitzt jene unter gutmüthig-biedermännischer Außenseite verdeckte kleine Schlauheit, die in Reichsstädten für Diplomatie angesehen wird. Im Uebrigen ist er ein gemäßigter Fortschrittsmann a la Furrer und verlangt, die Schweiz soll sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, und die große europäische Politik Gott und Lord Palmerston überlassen. Daher ist er durchaus nicht günstig auf die ausländischen Flüchtlinge zu sprechen, die der Schweiz bisher immer Unannehmlichkeiten zugezogen haben. Er hat, in Verbindung mit dem Schweizer Athenienser Dr. Escher, in Tessin neuerdings wieder Proben seiner Gesinnungen in dieser Beziehung abgelegt. Ueberhaupt vertreten Furrer und Munzinger im Bundesrath ganz vollkommen die Vorurtheile und Bornirtheiten des "aufgeklärten" deutschen Schweizers. Endlich Hr. Näff von St. Gallen, von dem ich wenig zu sagen weiß. Er soll in seinem Kanton wesentlich zur Hebung der Verwaltung beigetragen, und sich auch sonst ausgezeichnet haben. Der Kanton St. Gallen, liest man in schweizer Blättern, sei überhaupt einer der reichsten und tüchtigsten Männer; aber diese tüchtigen Männer haben das Unglück, daß man von ihnen nicht viel hört, und jedenfalls scheint es ihnen an Initiative zu fehlen. Doch soll Hr. Näff in seiner Specialität als Verwaltungsmann nicht ohne Verdienst sein. Seiner politischen Richtung nach steht er zwischen Furrer und Ochsenbein; entschiedener als jener, nicht ganz so weit gehend wie von diesem nach seinen Antecedentien vielleicht noch erwartet werden kann. Nach dieser Zusammensetzung des Bundesraths ist die Politik, die die Schweiz vor der Hand verfolgen wird, unzweifelhaft. Es ist dieselbe, die die alte Tagsatzung und der Vorort Bern unter Ochsenbeins und später Funks (der ohne Ochsenbein nichts ist) Leitung verfolgt haben. Nach Innen strenge Handhabung der neuen Bundesverfassung, die der Kantonalsouveränetät nur noch zuviel Spielraum läßt, nach Außen strenge Neutralität, natürlich strenger oder gelinder nach den Umständen, strenger namentlich gegenüber Oestreich. Die gemäßigte Partei hat entschieden die Oberhand, und es ist wahrscheinlich, daß Hr. Ochsenbein in den meisten Fragen mit ihr stimmen wird. Wie aber eine Minorität, wie Druey und Franscini unter solchen Umständen die Wahl annehmen, sich der Annehmlichkeit fortwährend überstimmt zu werden, aussetzen konnte, wie ein solches Kollegium nur zusammen regieren kann, das zu begreifen muß man Schweizer sein oder gesehen haben, wie die Schweiz regiert wird. Hier, wo alle vollziehenden Behörden kollegialisch deliberiren, geht man nach dem Prinzip: Nimm die Stelle nur an, heute bist du freilich in der Minorität, aber vielleicht kannst du doch nützen und wer weiß, ob nicht Todesfälle, Abdankungen u. s. w. dich nach einem oder zwei Jahren in die Majorität bringen. Es ist das die natürliche Folge davon, daß regierende Kollegien aus einer Wahl hervorgehen. Jede Partei sucht dann, gerade wie in den gesetzgebenden Versammlungen, sich durch die Eindrängung eines oder mehrerer Kandidaten in dem Kollegium wenigstens festzusetzen, sich eine Minorität zu sichern, so lange sie keine Majorität erringen kann. Sie würde es ihren Kandidaten nicht übel nehmen, wenn sie, wie dies in größern Ländern unbedingt geschehen würde, die Wahl ablehnen wollten. Aber der Bundesrath ist keine commission du pouvoir excecutif, und von der Stellung Drueys zu der Ledru-Rollins ist es unendlich weit. Die Schweizer Presse behauptet allgemein, der Bundesrath sei aus Capacitäten ersten Ranges zusammengesetzt. Ich zweifle indeß, ob außer Druey und Franscini ein einziges Mitglied in einem größeren Lande je eine hervorragende Rolle einnehmen, und ob mit Ausnahme von Frei-Herose und Ochsenbein, einer der drei Andern es nur zu einer bedeutenden sekundären Rolle bringen würde. Italien. * Rom. Wir geben einige Details über die gestern bereits berichtete Revolution. Am Abend nach Rossi's Tode zog das enthusiasmirte Volk mit Fackeln, Fahnen und Gesang durch die Stadt, hier mit den Karabiniers, dort mit den Droganern fraternisirend. Tags darauf, 16. November 11 Uhr Morgens, war große Volksversammlung auf der Piazza del Popolo, an welcher Bürgergarde, Linie, Karabiniers und Volk sich betheiligten. Von hieraus begab sich die ganze aufgeregte Masse, an die 30,000 Mann, zur Deputirtenkammer, um die Abgeordneten zu veranlassen, die Forderungen des Volks, deren erste die Bildung eines radikalen Ministeriums, dem Papste vorzulegen. Der Papst ließ den Deputirten durch den Kardinal Soglio zurücksagen: er wolle die Sache in Erwägung ziehe. Einer hierauf aus dem Volke selbst abgeschickten Deputation erwiederte der heilige Vater, er könne nichts bewilligen, was man ihm mit Gewalt abverlange. Daraufhin, vollends als die Schweizergarde gleichzeitig ihre Brutalitäten gegen das Volk auszuspielen anfing, donnernder Losbruch des Gewitters. Der Ruf zu den Waffen erschallt, Generalmarsch wird geschlagen, um den Quirinal und den Thurm von San Carlino heftiges Gewehrfeuer mit den Schweizern von 3 bis 6 Uhr. Um 6 Uhr ist der Quirinal vollständig umzingelt, 6000 Mann Linie und Bürgergarde stehen in Schlachtordnung vor dem Pallast, die Kanonen sind gegen den Haupteingang gerichtet, Leitern, Stricke, Alles ist in Bereitschaft. Darauf wird von Neuem eine Deputation an den Papst geschickt, um ihm das Ultimatum des Volkes vorzulegen. Weigert er sich, dasselbe anzunehmen, so wird der Quirinal mit Sturm genommen und Jeder, den man in seinen Mauern findet, muß über die Klinge springen. Nur das Leben des Papstes soll geschont werden. Eine einzige Stunde gibt man ihm Bedenkzeit. Nach Ablauf derselben erklärt er sich mit den Bedingungen des Volkes einverstanden. Das ultraradikale Ministerium wird gebildet, jede andre Forderung der Entscheidung der Kammer anheimgestellt. Also endigte um 8 Uhr Abends die jingste römische Revolution. Drei Stunden hatte der eigentliche Kampf gewährt; der Sekretär des Papstes, Signore Palma, war von einer Kugel vor den Kopf getödtet, 4 Männer aus dem Volk waren verwundet worden. Die Zahl der getödteten und verwundeten Soldaten ist noch nicht ermittelt. Der Quirinal sieht aus wie eine Scheibe nach dem Scheibenschießen. Französische Republik. 19 Paris, 26. Nov. Das vielversprechende Stiergefecht zwischen der alten Exekutivkommission und Herrn Cavaignac hat als dritter Akt die Feier der honetten Bourgeoisie-Konstitution abgeschlossen. Heute vor 14 Tagen der "Marquis de lendemain," Balletmeister Marrast mit der Konstitution auf dem Altar am Revolutionsplatze stehend; vor 8 Tagen das Feuerwerk und die bürgerfreundliche Besoffenheit der Garde Mobile; heute Nacht endlich Beschwörung des Junigespenstes und Apotheose des "Retters der Bourgeoisrepublik" in der Nationalversammlung. Chaqun a son tour. Manche wollen noch zwei Akte abwarten: einen abermaligen Coup des General Cavaignac, um sich vor der Präsidentenwahl nothwendig zu machen, und dann als Schluß den 10. Dez., der gerade auf heute über 14 Tage fällt. Was das Erste betrifft, so zweifle ich nicht an dem guten Willen Cavaignac's; in Betreff des Letzteren aber bin ich überzeugt, daß die Tage vom 10. bis vielleicht 25. Dez. der Komödie der Bourgeoisrepublik in einer andern Weise ein Ende machen werden. Das gestrige Schauspiel der Nationalversammlung war vortrefflich einstudirt. Niemand zweifelte an seiner glänzenden Abwicklung. Weder die eine noch die andere Partei wollte jetzt vor der Präsidentenwahl noch eine Aenderung des Gouvernements, und das Vertrauensvotum, welches Cavaignac als Bedingung seines Bleibens stellte, war ihm von vorneherein akkordirt. Das Volk schenkte daher auch der Vorstellung nicht die geringste Theilnahme; Alles, was Sie vielleicht in Zeitungen von außerordentlicher Spannung lesen, beschränkte sich auf die Neugier der Bourgeois und tiefsinniger Journalisten-Diplomaten. Gegen Abend verbreitete sich das Gerücht in der Stadt, eine ungeheuere Volksmenge treibe sich in der Nähe der Kammer, an den Seine-Ufern und dem Revolutionsplatz umher, und ein Kampf stehe bevor. Ich begab mich zu drei verschiedenen Stunden dorthin und kann Ihnen versichern, keine sechs Menschen zusammen gesehen zu haben. Nur Hr. Cavaignac hatte seiner Sache vor der Versammlung eine Wichtigkeit gegeben. Zwei Eskadronen Dragoner standen an der Seinebrücke, der Hof der Assemblee war mit Nationalgarden gefüllt, und in dem benachbarten neuen Ministerium des Auswärtigen war ein kleines Heer von Linientruppen und Mobilen konsignirt. Um 11 Uhr Abends war das Gefecht zu Ende. Es handelte sich darum, wer im Juni am Meisten für das Wohl des Vaterlandes, für die Vernichtung der Insurgenten gethan: Hr. Ledru-Rollin mit der alten parlamentarischen Exekutiv-Kommission oder Hr. Cavaignac mit den Mobilen, der die Insurrektion absichtlich anschwellen ließ, um dann die ganze revolutionäre Partei mit Einem Schlag zu vernichten. Der Angriff der Exekutiv-Kommission, welche ihren kläglichen Fall Cavaignac nicht verzeihen kann, hatte nichts anders zum Zweck, als einen Bettelpfennig Popularität bei der kleinen Bourgeoisie zu sammeln, indem sie dieser, die am Meisten durch die Junischlacht gelitten hat, die trefflichen Mittel Ledru-Rollin's und Lamartine's zu einer friedlichen Unterdrückung der Demokraten anpries. Cavaignac hat die große Bourgeoisie und die Versammlung gerettet, was heißt also eine Anklage Cavaignac's vor der Versammlung? Die Bourgeoisie und die Versammlung votiren ihm deshalb ihren Dank, gleichviel oder vielmehr um so eher, da er ihren Feinden Gleichheit gab, sich zu konzentriren, um sie desto sicherer zu treffen. Der Kampf zwischen der Exekutiv-Kommission und Cavaignac, der die" Erfahrung" der Kommission in Barrikadenschlachten zurückwies, war nichts als ein Kampf zweier Eitelkeiten. Und Hr. Ledru-Rollin, der Held der "Montagne", sprach zuletzt einige Worte der "Conciliation" zu Cavaignac, der ihn mit einem kleinen Fußtritt zurückwies, indem er ihn an die "Kluft" erinnerte, die zwischen ihnen bestehe. O Sonne Ledru-Rollin, wo bist du geblieben? Herr Cavaignac hat indeß durch diese Geschichte einen Bundesgenossen verloren: die kleine Bourgeoisie. Denn die Bourgeoisie wird ihm nie verzeihen, daß er durch die Ausbreitung der Insurrektion ihre Ohnmacht und ihre Feigheit enthüllt hat. 17 Paris, 25. Nov. Das "Peuple souverain" in Lyon sagt im Leitartikel, überschrieben: "Die Bilanz des Notariats" folgendes: "Große und kleine Eigenthümer träumen zitternd vom Socialismus und fühlen einen Alp so oft ihnen Bürger J. P. Proudhon erscheint, wie er die Hand ausreckt nach ihrem vielgeliebten Grundstück. Es ist die Fabel vom Sterngucker, der einen Kometen suchte unu in einen Brunnen stürzte. So ergeht es jedem, der nach Schatten hascht und der Wahrheit den Rücken wendet. Das Eigenthum hat wahrlich einen ganz andern, schlimmern Feind als den Socialismus; letzterer droht ihm nur mit Umgestalten und würde jedem Eigenthümer, der ihn verstände, gefallen. Sein eigentlicher Feind ist der Wächter aller seiner Interessen, bei ihm sind alle seine Rechtstitel niedergelegt; er ist der Schlußstein für das Gewölbe der Hypothekenanleihen, woraus bekanntlich das jetzige Eigenthum ein künstliches Dasein fristet. Wir meinen das Notariat. Seit Jahr und Tag, lange vor dem Februar, haben die Herren Notare in Paris und in den Provinzen sich durch eine ansehnliche Reihe von Kniffen, Ränken, Unterschlagungen, Fälschungen u. s. w. hervorgethan. An zwanzig Notare haben Vorzügliches in diesem Felde geleistet. Ist das nicht ein grimmiger Angriff auf das Eigenthum? Allerdings sind diese Notare meist mit Ordensbändchen versehen und keine Socialisten; so kam's wohl, daß man sie weder transportirte, noch auf die Galeren schickte, wie ihnen gebührte. Man begnügte sich, einige besonders gehässige auf vier Jahre einzusperren, und obenein oft nur in ein Gesundheitshaus, wo vornehme Patienten sich aufhalten. Und doch wird der Uebelstand sich wiederholen. Die Preise der Notarstellen sind viel zu hoch; man heirathet reiche Erbinnen (um Liebe kümmert sich keine Seele) und bestreitet durch die Mitgift einen Theil der Kosten; aber um sie ganz zu decken, reicht keine Kombination hin, und man greift zu unerlaubten Mitteln. Statt diese übertriebenen Preise seit Februar zu ermäßigen, scheint die Notarkammer von Paris sich Mühe zu geben, sie so hoch wie früher zu erhalten. Wir Socialisten, die man Eigenthumszerstörer schilt, dringen aufs ernstlichste auf Reform auch in diesem Zweige!" Wogegen das Journal des Debats bemerkt, das Notariat würde durch Preisherabsetzung an Achtung und imposante Haltung einbüßen. Dies treffliche Blatt hat täglich Leitartikel zu Gunsten seiner potsdamer und ollmützer Freunde; es erboßt sich z. B. über die unentgeldliche Abschaffung des Jagdprivilegiums in Preußen, desgleichen der Adelsvorrechte, und meint, die dortige Nationalversammlung habe ungesetzlich, d. h. als Konvent und nicht als Kammer, seit einigen Monaten sich aufgeführt; leider halte der König an religiösen ritterlichen Ideen gar zu fest in unserer Feldepoche, aber dennoch neige sich unbedinglich auf seine Seite die Wagschale des Rechts. D'Ester, Jakoby, Waldeck werden sodann durchgehechelt, Vinck e, Auerswald und Konsorte gepriesen. Der Fabrikant dieser liederlichen Artikel soll Saint Marc Girardin sein. Der andere Girardin belehrt uns heute in "La Presse", daß Köln, Elberfeld, Koblenz, Trier sich energisch gegen die Nationalversammlung erklären, in Düsseldorf "zwei Jünglinge" zur Emeute provocirten und dadurch Belagerungszustand und Entwaffnung herbeiführten; kurz: "die Sachlage ist plötzlich für die Krone sehr günstig geworden, nur möge sie (wie wohlmeinend) dieses gewonnene Terrain nicht für Reaktion, sondern für konstitutionelle Ordnung benutzen." Herr Alexander Weill belehrt ferner Deutschland, die Krone habe viel mehr Adressen als die Versammlung, erhalten; auch sei nicht zu übersehen, daß "alle großen Talente Deutschland's, alle Männer der älteren Oppositionen, fast alle die Freiheitsmärtyrer (sic) auf Seiten der Krone stehen; so Bassermann, dessen Rede ein Meisterstück, der berühmte Jordan, Behr, Strauß, Welker", und notabene der allergrößeste; Herr A. Weill. -- Anderseits bringt die "Democratie pacifique", die ihren phantastischen Schnitzer, im Jellachich vor zwei Monaten einen "großen Freiheitsmann" gesehen zu haben, wieder gut machen will, Schlag auf Schlag die brüderlichsten Artikel für Deutschland's Demokraten, deren Kongreß zu Berlin sie mehrmals lobend anerkannte; sie giebt heute nebst Freiligrath's Gedicht auf Blum's Tad (dem sie einige Erklärungsworte zufügt) die erste, nicht kleine Liste der französischen Nationalsubscription für "des Märtyrers Familie"; kein Beitrag darf zehn Sous (vier Silbergroschen) übersteigen, damit sich desto mehr das Arbeitsvolk dabei betheilige. Viele deutsche Arbeiter haben auch gesteuert, wie sich aus der Liste ergiebt. In allen Klubs und Wahlversammlungen (in letztern dürfen Frauen erscheinen) wird subscribirt, über Blum's Tod gesprochen, Rache geschworen, und das in Abschriften bereits circulirende, in die Provinzialblätter der französischen Demokratie übergegangene Gedicht Freiligrath's zu Paris und in den Departementen verlesen. Bürger Lemetager, Arbeiter in Perlmutterfabrikaten, in der Templestraße, erläßt so eben einen langen Aufruf an "alle Ouviers von Frankreichs" zur Beisteuer, und dankt der "Democratie pacifique" "in dieser hochheiligen, beide Demokratieen dies- und jenseit des Rheines verbindende Sache", die Initiative ergriffen zu haben. Blum's Bild und Biographie circuliren. -- Sozialistische Studenten von Paris erlassen heute eine Adresse an ihre "Brüder, die Studenten von Wien", welche bekanntlich schon im April einen französischen Studentenzuruf empfingen und durch eine Deputation dankten. In dieser zweiten Adresse heißt es: "Während Eure ruhmvolle Niederlage uns Thränen auspreßte, erfüllte uns Euer Heldenthum, Ihr Brüder von Wien, mit Erstaunen und Bewundern. Aber ach! vor Zorn und Scham erröthen wir über unsere republikanische Regierung, welche noch der metternich'schen und guizot'schen Königspolitik huldigt. Wir verwahren uns hiermit ausdrücklich dagegen im Namen der Solidarität aller Nationen. Laßt uns auf die große Zukunft hoffen; die Ketten der alten Welt werden fallen. Hoch lebe die sozial-demokratische Republik"! (Folgen die Unterschriften). La Reforme bringt eine Entgegnung auf mehrere unverschämte Leitartikel des Journal des Debats (welches bekanntlich seine Studien über Deutschland in der "Neuen Preuß. Zeitung" und "Wiener Zeitung" zu machen für gut hält): "In Ihrer heutigen Nummer bringen Sie abermals einige Lügen vor; erlauben Sie mir deren Berichtigung. Sie nennen die demagogische Anarchie Berlins eine brutale, aus den erbärmlichsten Leidenschaften hervorgegangene Agitation. Sie scheinen den gerechten Zorn des deutschen Volkes gegen seine Ausbeuter für eine erbärmliche, aber die unreine Begierde des Aristokraten und Plutokraten, der am Volksmarke zehrt, für eine wesentlich edle Leidenschaft zu halten. Sie wissen ferner nicht, daß die am 31. Okt. in Berlin vom Volke bei Fackelschein gegen die Mitglieder der äußersten Rechten ausgestoßenen Drohungen eine Folge des unwürdigen Betragens derselben in der Diskussion über Wiens heilige Sache waren? Ich befand mich in Berlin, in der Masse an der Thür des Theaters, und ich streite Ihnen, mein Herr, das Recht ab, Verläumdungen gegen das großmüthige, tapfere Volk Berlins zu schleudern, welches allerdings noch nicht es für zeitgemäß erachtete, die Geldkisten der Wucherer mit Beschlag zu belegen. Sie verläumden den Berliner Demokratenkongreß, den Sie artig genug noch vor 14 Tagen die "rothen Assisen" nannten. Heute sagen Sie, er sei jämmerlich gescheitert nach 5tägiger Sitzung. Ich, als Mitglied dieses Kongresses, bin sehr erfreut, Sie dahin belehren zu können, daß die "rothen Assisen Berlins" im Gegentheil zu Resultaten führten, die der durch Ihr Blatt vertretenen Kaste mehr oder weniger unangenehm sein dürften, was Sie des weitern bequem in La Reform vom 20. Nov. u. s. w. nachlesen können. Sie wundern sich, daß die Männer der Linken in der Nationalversammlung, d. h. die Republikaner und Socialdemokraten, nicht sich der durch das Volk bedrohten Männer der Rechten angenommen haben; in Deutschland mein Herr, nimmt man sich nicht seiner Feinde an, mögen Sie's wissen. Ferner werden Sie gerührt über die Abschaffung der Adelsprivilegien der Berliner Versammlung; nächstens werden Sie noch viel mehr Grund zur Rührung finden, wenn die Reihe an die "lieben Vorrechte" der deutschen hohen Geldkaste kommt. Hermann Everbeck, Exdelegirter des deutschen Pariser Vereins auf dem Berliner Demokratenkongreß." Der Sturm, den die preußische Revolution in der Departementspresse hervorruft, ist wo möglich noch größer, als der in der Pariser; vier Provinzialblätter brachten den Leitartikel der "Neuen Rhein. Ztg.": "Brandenburg in der Versammlung, die Versammlung in Brandenburg." Dieser Sturm trifft zusammen mit dem andern wegen der Präsidentenwahl; es ist klar, daß Cavaignac's Partei, die Bourgeoisrepublikaner a la Marrast, einen Hieb auf die Napoleoniden, d. h. Royalisten, Regentisten, Imperialisten u. s. w., riskiren will, wenn der "kaiserliche Neffe" gewählt ist; auch soll dann, vielleicht schon vor der Wahl, dies royalistische Kränzchen in der Straße Poitiers, durch Cavaignac'sche Bajonette gesprengt werden. Diese Bajonette bedürften aber gar sehr des Beistands der Sozialdemokraten, ohne den sie heute noch glauben Beilage zu Nr. 155 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Mittwoch 29. November 1848. [Deutschland] Vertrauen der Tessiner in ihre Regierung jedes Jahr mehr hervor. Franscini gilt außerdem für den gebildetsten Oekonomen der Schweiz und ist der Verfasser der besten schweizerischen Statistik (Statistica della Svizzera, Lugano 1827, Nuova Stat. della Sviz. 1848.) Er ist ein entschiedener Radikaler und wird im Bundesrath mehr zu Druey als zu Ochsenbein und Furrer halten. Die Tessiner rechnen ihm, den langjährigen Chef ihrer Regierung, namentlich seine „ehrenvolle Armuth“ hoch an. Regierungsrath Munzinger aus Solothurn ist der einflußreichste Mann seines Kantons, den er seit 1830 fast dauernd auf der Tagsatzung vertreten hat und den er seit Jahren thatsächlich regiert. Er soll wie sich ein halbradikales Blatt der französischen Schweiz, die Gazette de Lausanne ausdrückt, cacher sous les apparences de la bonhommie un esprit fin et pénétrant, d. h. er besitzt jene unter gutmüthig-biedermännischer Außenseite verdeckte kleine Schlauheit, die in Reichsstädten für Diplomatie angesehen wird. Im Uebrigen ist er ein gemäßigter Fortschrittsmann à la Furrer und verlangt, die Schweiz soll sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, und die große europäische Politik Gott und Lord Palmerston überlassen. Daher ist er durchaus nicht günstig auf die ausländischen Flüchtlinge zu sprechen, die der Schweiz bisher immer Unannehmlichkeiten zugezogen haben. Er hat, in Verbindung mit dem Schweizer Athenienser Dr. Escher, in Tessin neuerdings wieder Proben seiner Gesinnungen in dieser Beziehung abgelegt. Ueberhaupt vertreten Furrer und Munzinger im Bundesrath ganz vollkommen die Vorurtheile und Bornirtheiten des „aufgeklärten“ deutschen Schweizers. Endlich Hr. Näff von St. Gallen, von dem ich wenig zu sagen weiß. Er soll in seinem Kanton wesentlich zur Hebung der Verwaltung beigetragen, und sich auch sonst ausgezeichnet haben. Der Kanton St. Gallen, liest man in schweizer Blättern, sei überhaupt einer der reichsten und tüchtigsten Männer; aber diese tüchtigen Männer haben das Unglück, daß man von ihnen nicht viel hört, und jedenfalls scheint es ihnen an Initiative zu fehlen. Doch soll Hr. Näff in seiner Specialität als Verwaltungsmann nicht ohne Verdienst sein. Seiner politischen Richtung nach steht er zwischen Furrer und Ochsenbein; entschiedener als jener, nicht ganz so weit gehend wie von diesem nach seinen Antecedentien vielleicht noch erwartet werden kann. Nach dieser Zusammensetzung des Bundesraths ist die Politik, die die Schweiz vor der Hand verfolgen wird, unzweifelhaft. Es ist dieselbe, die die alte Tagsatzung und der Vorort Bern unter Ochsenbeins und später Funks (der ohne Ochsenbein nichts ist) Leitung verfolgt haben. Nach Innen strenge Handhabung der neuen Bundesverfassung, die der Kantonalsouveränetät nur noch zuviel Spielraum läßt, nach Außen strenge Neutralität, natürlich strenger oder gelinder nach den Umständen, strenger namentlich gegenüber Oestreich. Die gemäßigte Partei hat entschieden die Oberhand, und es ist wahrscheinlich, daß Hr. Ochsenbein in den meisten Fragen mit ihr stimmen wird. Wie aber eine Minorität, wie Druey und Franscini unter solchen Umständen die Wahl annehmen, sich der Annehmlichkeit fortwährend überstimmt zu werden, aussetzen konnte, wie ein solches Kollegium nur zusammen regieren kann, das zu begreifen muß man Schweizer sein oder gesehen haben, wie die Schweiz regiert wird. Hier, wo alle vollziehenden Behörden kollegialisch deliberiren, geht man nach dem Prinzip: Nimm die Stelle nur an, heute bist du freilich in der Minorität, aber vielleicht kannst du doch nützen und wer weiß, ob nicht Todesfälle, Abdankungen u. s. w. dich nach einem oder zwei Jahren in die Majorität bringen. Es ist das die natürliche Folge davon, daß regierende Kollegien aus einer Wahl hervorgehen. Jede Partei sucht dann, gerade wie in den gesetzgebenden Versammlungen, sich durch die Eindrängung eines oder mehrerer Kandidaten in dem Kollegium wenigstens festzusetzen, sich eine Minorität zu sichern, so lange sie keine Majorität erringen kann. Sie würde es ihren Kandidaten nicht übel nehmen, wenn sie, wie dies in größern Ländern unbedingt geschehen würde, die Wahl ablehnen wollten. Aber der Bundesrath ist keine commission du pouvoir excécutif, und von der Stellung Drueys zu der Ledru-Rollins ist es unendlich weit. Die Schweizer Presse behauptet allgemein, der Bundesrath sei aus Capacitäten ersten Ranges zusammengesetzt. Ich zweifle indeß, ob außer Druey und Franscini ein einziges Mitglied in einem größeren Lande je eine hervorragende Rolle einnehmen, und ob mit Ausnahme von Frei-Herose und Ochsenbein, einer der drei Andern es nur zu einer bedeutenden sekundären Rolle bringen würde. Italien. * Rom. Wir geben einige Details über die gestern bereits berichtete Revolution. Am Abend nach Rossi's Tode zog das enthusiasmirte Volk mit Fackeln, Fahnen und Gesang durch die Stadt, hier mit den Karabiniers, dort mit den Droganern fraternisirend. Tags darauf, 16. November 11 Uhr Morgens, war große Volksversammlung auf der Piazza del Popolo, an welcher Bürgergarde, Linie, Karabiniers und Volk sich betheiligten. Von hieraus begab sich die ganze aufgeregte Masse, an die 30,000 Mann, zur Deputirtenkammer, um die Abgeordneten zu veranlassen, die Forderungen des Volks, deren erste die Bildung eines radikalen Ministeriums, dem Papste vorzulegen. Der Papst ließ den Deputirten durch den Kardinal Soglio zurücksagen: er wolle die Sache in Erwägung ziehe. Einer hierauf aus dem Volke selbst abgeschickten Deputation erwiederte der heilige Vater, er könne nichts bewilligen, was man ihm mit Gewalt abverlange. Daraufhin, vollends als die Schweizergarde gleichzeitig ihre Brutalitäten gegen das Volk auszuspielen anfing, donnernder Losbruch des Gewitters. Der Ruf zu den Waffen erschallt, Generalmarsch wird geschlagen, um den Quirinal und den Thurm von San Carlino heftiges Gewehrfeuer mit den Schweizern von 3 bis 6 Uhr. Um 6 Uhr ist der Quirinal vollständig umzingelt, 6000 Mann Linie und Bürgergarde stehen in Schlachtordnung vor dem Pallast, die Kanonen sind gegen den Haupteingang gerichtet, Leitern, Stricke, Alles ist in Bereitschaft. Darauf wird von Neuem eine Deputation an den Papst geschickt, um ihm das Ultimatum des Volkes vorzulegen. Weigert er sich, dasselbe anzunehmen, so wird der Quirinal mit Sturm genommen und Jeder, den man in seinen Mauern findet, muß über die Klinge springen. Nur das Leben des Papstes soll geschont werden. Eine einzige Stunde gibt man ihm Bedenkzeit. Nach Ablauf derselben erklärt er sich mit den Bedingungen des Volkes einverstanden. Das ultraradikale Ministerium wird gebildet, jede andre Forderung der Entscheidung der Kammer anheimgestellt. Also endigte um 8 Uhr Abends die jingste römische Revolution. Drei Stunden hatte der eigentliche Kampf gewährt; der Sekretär des Papstes, Signore Palma, war von einer Kugel vor den Kopf getödtet, 4 Männer aus dem Volk waren verwundet worden. Die Zahl der getödteten und verwundeten Soldaten ist noch nicht ermittelt. Der Quirinal sieht aus wie eine Scheibe nach dem Scheibenschießen. Französische Republik. 19 Paris, 26. Nov. Das vielversprechende Stiergefecht zwischen der alten Exekutivkommission und Herrn Cavaignac hat als dritter Akt die Feier der honetten Bourgeoisie-Konstitution abgeschlossen. Heute vor 14 Tagen der „Marquis de lendemain,“ Balletmeister Marrast mit der Konstitution auf dem Altar am Revolutionsplatze stehend; vor 8 Tagen das Feuerwerk und die bürgerfreundliche Besoffenheit der Garde Mobile; heute Nacht endlich Beschwörung des Junigespenstes und Apotheose des „Retters der Bourgeoisrepublik“ in der Nationalversammlung. Chaqun à son tour. Manche wollen noch zwei Akte abwarten: einen abermaligen Coup des General Cavaignac, um sich vor der Präsidentenwahl nothwendig zu machen, und dann als Schluß den 10. Dez., der gerade auf heute über 14 Tage fällt. Was das Erste betrifft, so zweifle ich nicht an dem guten Willen Cavaignac's; in Betreff des Letzteren aber bin ich überzeugt, daß die Tage vom 10. bis vielleicht 25. Dez. der Komödie der Bourgeoisrepublik in einer andern Weise ein Ende machen werden. Das gestrige Schauspiel der Nationalversammlung war vortrefflich einstudirt. Niemand zweifelte an seiner glänzenden Abwicklung. Weder die eine noch die andere Partei wollte jetzt vor der Präsidentenwahl noch eine Aenderung des Gouvernements, und das Vertrauensvotum, welches Cavaignac als Bedingung seines Bleibens stellte, war ihm von vorneherein akkordirt. Das Volk schenkte daher auch der Vorstellung nicht die geringste Theilnahme; Alles, was Sie vielleicht in Zeitungen von außerordentlicher Spannung lesen, beschränkte sich auf die Neugier der Bourgeois und tiefsinniger Journalisten-Diplomaten. Gegen Abend verbreitete sich das Gerücht in der Stadt, eine ungeheuere Volksmenge treibe sich in der Nähe der Kammer, an den Seine-Ufern und dem Revolutionsplatz umher, und ein Kampf stehe bevor. Ich begab mich zu drei verschiedenen Stunden dorthin und kann Ihnen versichern, keine sechs Menschen zusammen gesehen zu haben. Nur Hr. Cavaignac hatte seiner Sache vor der Versammlung eine Wichtigkeit gegeben. Zwei Eskadronen Dragoner standen an der Seinebrücke, der Hof der Assemblee war mit Nationalgarden gefüllt, und in dem benachbarten neuen Ministerium des Auswärtigen war ein kleines Heer von Linientruppen und Mobilen konsignirt. Um 11 Uhr Abends war das Gefecht zu Ende. Es handelte sich darum, wer im Juni am Meisten für das Wohl des Vaterlandes, für die Vernichtung der Insurgenten gethan: Hr. Ledru-Rollin mit der alten parlamentarischen Exekutiv-Kommission oder Hr. Cavaignac mit den Mobilen, der die Insurrektion absichtlich anschwellen ließ, um dann die ganze revolutionäre Partei mit Einem Schlag zu vernichten. Der Angriff der Exekutiv-Kommission, welche ihren kläglichen Fall Cavaignac nicht verzeihen kann, hatte nichts anders zum Zweck, als einen Bettelpfennig Popularität bei der kleinen Bourgeoisie zu sammeln, indem sie dieser, die am Meisten durch die Junischlacht gelitten hat, die trefflichen Mittel Ledru-Rollin's und Lamartine's zu einer friedlichen Unterdrückung der Demokraten anpries. Cavaignac hat die große Bourgeoisie und die Versammlung gerettet, was heißt also eine Anklage Cavaignac's vor der Versammlung? Die Bourgeoisie und die Versammlung votiren ihm deshalb ihren Dank, gleichviel oder vielmehr um so eher, da er ihren Feinden Gleichheit gab, sich zu konzentriren, um sie desto sicherer zu treffen. Der Kampf zwischen der Exekutiv-Kommission und Cavaignac, der die„ Erfahrung“ der Kommission in Barrikadenschlachten zurückwies, war nichts als ein Kampf zweier Eitelkeiten. Und Hr. Ledru-Rollin, der Held der „Montagne“, sprach zuletzt einige Worte der „Conciliation“ zu Cavaignac, der ihn mit einem kleinen Fußtritt zurückwies, indem er ihn an die „Kluft“ erinnerte, die zwischen ihnen bestehe. O Sonne Ledru-Rollin, wo bist du geblieben? Herr Cavaignac hat indeß durch diese Geschichte einen Bundesgenossen verloren: die kleine Bourgeoisie. Denn die Bourgeoisie wird ihm nie verzeihen, daß er durch die Ausbreitung der Insurrektion ihre Ohnmacht und ihre Feigheit enthüllt hat. 17 Paris, 25. Nov. Das „Peuple souverain“ in Lyon sagt im Leitartikel, überschrieben: „Die Bilanz des Notariats“ folgendes: „Große und kleine Eigenthümer träumen zitternd vom Socialismus und fühlen einen Alp so oft ihnen Bürger J. P. Proudhon erscheint, wie er die Hand ausreckt nach ihrem vielgeliebten Grundstück. Es ist die Fabel vom Sterngucker, der einen Kometen suchte unu in einen Brunnen stürzte. So ergeht es jedem, der nach Schatten hascht und der Wahrheit den Rücken wendet. Das Eigenthum hat wahrlich einen ganz andern, schlimmern Feind als den Socialismus; letzterer droht ihm nur mit Umgestalten und würde jedem Eigenthümer, der ihn verstände, gefallen. Sein eigentlicher Feind ist der Wächter aller seiner Interessen, bei ihm sind alle seine Rechtstitel niedergelegt; er ist der Schlußstein für das Gewölbe der Hypothekenanleihen, woraus bekanntlich das jetzige Eigenthum ein künstliches Dasein fristet. Wir meinen das Notariat. Seit Jahr und Tag, lange vor dem Februar, haben die Herren Notare in Paris und in den Provinzen sich durch eine ansehnliche Reihe von Kniffen, Ränken, Unterschlagungen, Fälschungen u. s. w. hervorgethan. An zwanzig Notare haben Vorzügliches in diesem Felde geleistet. Ist das nicht ein grimmiger Angriff auf das Eigenthum? Allerdings sind diese Notare meist mit Ordensbändchen versehen und keine Socialisten; so kam's wohl, daß man sie weder transportirte, noch auf die Galeren schickte, wie ihnen gebührte. Man begnügte sich, einige besonders gehässige auf vier Jahre einzusperren, und obenein oft nur in ein Gesundheitshaus, wo vornehme Patienten sich aufhalten. Und doch wird der Uebelstand sich wiederholen. Die Preise der Notarstellen sind viel zu hoch; man heirathet reiche Erbinnen (um Liebe kümmert sich keine Seele) und bestreitet durch die Mitgift einen Theil der Kosten; aber um sie ganz zu decken, reicht keine Kombination hin, und man greift zu unerlaubten Mitteln. Statt diese übertriebenen Preise seit Februar zu ermäßigen, scheint die Notarkammer von Paris sich Mühe zu geben, sie so hoch wie früher zu erhalten. Wir Socialisten, die man Eigenthumszerstörer schilt, dringen aufs ernstlichste auf Reform auch in diesem Zweige!“ Wogegen das Journal des Debats bemerkt, das Notariat würde durch Preisherabsetzung an Achtung und imposante Haltung einbüßen. Dies treffliche Blatt hat täglich Leitartikel zu Gunsten seiner potsdamer und ollmützer Freunde; es erboßt sich z. B. über die unentgeldliche Abschaffung des Jagdprivilegiums in Preußen, desgleichen der Adelsvorrechte, und meint, die dortige Nationalversammlung habe ungesetzlich, d. h. als Konvent und nicht als Kammer, seit einigen Monaten sich aufgeführt; leider halte der König an religiösen ritterlichen Ideen gar zu fest in unserer Feldepoche, aber dennoch neige sich unbedinglich auf seine Seite die Wagschale des Rechts. D'Ester, Jakoby, Waldeck werden sodann durchgehechelt, Vinck e, Auerswald und Konsorte gepriesen. Der Fabrikant dieser liederlichen Artikel soll Saint Marc Girardin sein. Der andere Girardin belehrt uns heute in „La Presse“, daß Köln, Elberfeld, Koblenz, Trier sich energisch gegen die Nationalversammlung erklären, in Düsseldorf „zwei Jünglinge“ zur Emeute provocirten und dadurch Belagerungszustand und Entwaffnung herbeiführten; kurz: „die Sachlage ist plötzlich für die Krone sehr günstig geworden, nur möge sie (wie wohlmeinend) dieses gewonnene Terrain nicht für Reaktion, sondern für konstitutionelle Ordnung benutzen.“ Herr Alexander Weill belehrt ferner Deutschland, die Krone habe viel mehr Adressen als die Versammlung, erhalten; auch sei nicht zu übersehen, daß „alle großen Talente Deutschland's, alle Männer der älteren Oppositionen, fast alle die Freiheitsmärtyrer (sic) auf Seiten der Krone stehen; so Bassermann, dessen Rede ein Meisterstück, der berühmte Jordan, Behr, Strauß, Welker“, und notabene der allergrößeste; Herr A. Weill. — Anderseits bringt die „Democratie pacifique“, die ihren phantastischen Schnitzer, im Jellachich vor zwei Monaten einen „großen Freiheitsmann“ gesehen zu haben, wieder gut machen will, Schlag auf Schlag die brüderlichsten Artikel für Deutschland's Demokraten, deren Kongreß zu Berlin sie mehrmals lobend anerkannte; sie giebt heute nebst Freiligrath's Gedicht auf Blum's Tad (dem sie einige Erklärungsworte zufügt) die erste, nicht kleine Liste der französischen Nationalsubscription für „des Märtyrers Familie“; kein Beitrag darf zehn Sous (vier Silbergroschen) übersteigen, damit sich desto mehr das Arbeitsvolk dabei betheilige. Viele deutsche Arbeiter haben auch gesteuert, wie sich aus der Liste ergiebt. In allen Klubs und Wahlversammlungen (in letztern dürfen Frauen erscheinen) wird subscribirt, über Blum's Tod gesprochen, Rache geschworen, und das in Abschriften bereits circulirende, in die Provinzialblätter der französischen Demokratie übergegangene Gedicht Freiligrath's zu Paris und in den Departementen verlesen. Bürger Lemetager, Arbeiter in Perlmutterfabrikaten, in der Templestraße, erläßt so eben einen langen Aufruf an „alle Ouviers von Frankreichs“ zur Beisteuer, und dankt der „Democratie pacifique“ „in dieser hochheiligen, beide Demokratieen dies- und jenseit des Rheines verbindende Sache“, die Initiative ergriffen zu haben. Blum's Bild und Biographie circuliren. — Sozialistische Studenten von Paris erlassen heute eine Adresse an ihre „Brüder, die Studenten von Wien“, welche bekanntlich schon im April einen französischen Studentenzuruf empfingen und durch eine Deputation dankten. In dieser zweiten Adresse heißt es: „Während Eure ruhmvolle Niederlage uns Thränen auspreßte, erfüllte uns Euer Heldenthum, Ihr Brüder von Wien, mit Erstaunen und Bewundern. Aber ach! vor Zorn und Scham erröthen wir über unsere republikanische Regierung, welche noch der metternich'schen und guizot'schen Königspolitik huldigt. Wir verwahren uns hiermit ausdrücklich dagegen im Namen der Solidarität aller Nationen. Laßt uns auf die große Zukunft hoffen; die Ketten der alten Welt werden fallen. Hoch lebe die sozial-demokratische Republik“! (Folgen die Unterschriften). La Reforme bringt eine Entgegnung auf mehrere unverschämte Leitartikel des Journal des Debats (welches bekanntlich seine Studien über Deutschland in der „Neuen Preuß. Zeitung“ und „Wiener Zeitung“ zu machen für gut hält): „In Ihrer heutigen Nummer bringen Sie abermals einige Lügen vor; erlauben Sie mir deren Berichtigung. Sie nennen die demagogische Anarchie Berlins eine brutale, aus den erbärmlichsten Leidenschaften hervorgegangene Agitation. Sie scheinen den gerechten Zorn des deutschen Volkes gegen seine Ausbeuter für eine erbärmliche, aber die unreine Begierde des Aristokraten und Plutokraten, der am Volksmarke zehrt, für eine wesentlich edle Leidenschaft zu halten. Sie wissen ferner nicht, daß die am 31. Okt. in Berlin vom Volke bei Fackelschein gegen die Mitglieder der äußersten Rechten ausgestoßenen Drohungen eine Folge des unwürdigen Betragens derselben in der Diskussion über Wiens heilige Sache waren? Ich befand mich in Berlin, in der Masse an der Thür des Theaters, und ich streite Ihnen, mein Herr, das Recht ab, Verläumdungen gegen das großmüthige, tapfere Volk Berlins zu schleudern, welches allerdings noch nicht es für zeitgemäß erachtete, die Geldkisten der Wucherer mit Beschlag zu belegen. Sie verläumden den Berliner Demokratenkongreß, den Sie artig genug noch vor 14 Tagen die „rothen Assisen“ nannten. Heute sagen Sie, er sei jämmerlich gescheitert nach 5tägiger Sitzung. Ich, als Mitglied dieses Kongresses, bin sehr erfreut, Sie dahin belehren zu können, daß die „rothen Assisen Berlins“ im Gegentheil zu Resultaten führten, die der durch Ihr Blatt vertretenen Kaste mehr oder weniger unangenehm sein dürften, was Sie des weitern bequem in La Reform vom 20. Nov. u. s. w. nachlesen können. Sie wundern sich, daß die Männer der Linken in der Nationalversammlung, d. h. die Republikaner und Socialdemokraten, nicht sich der durch das Volk bedrohten Männer der Rechten angenommen haben; in Deutschland mein Herr, nimmt man sich nicht seiner Feinde an, mögen Sie's wissen. Ferner werden Sie gerührt über die Abschaffung der Adelsprivilegien der Berliner Versammlung; nächstens werden Sie noch viel mehr Grund zur Rührung finden, wenn die Reihe an die „lieben Vorrechte“ der deutschen hohen Geldkaste kommt. Hermann Everbeck, Exdelegirter des deutschen Pariser Vereins auf dem Berliner Demokratenkongreß.“ Der Sturm, den die preußische Revolution in der Departementspresse hervorruft, ist wo möglich noch größer, als der in der Pariser; vier Provinzialblätter brachten den Leitartikel der „Neuen Rhein. Ztg.“: „Brandenburg in der Versammlung, die Versammlung in Brandenburg.“ Dieser Sturm trifft zusammen mit dem andern wegen der Präsidentenwahl; es ist klar, daß Cavaignac's Partei, die Bourgeoisrepublikaner á la Marrast, einen Hieb auf die Napoleoniden, d. h. Royalisten, Regentisten, Imperialisten u. s. w., riskiren will, wenn der „kaiserliche Neffe“ gewählt ist; auch soll dann, vielleicht schon vor der Wahl, dies royalistische Kränzchen in der Straße Poitiers, durch Cavaignac'sche Bajonette gesprengt werden. Diese Bajonette bedürften aber gar sehr des Beistands der Sozialdemokraten, ohne den sie heute noch glauben <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0821"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 155 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Mittwoch 29. November 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar155b_001" type="jArticle"> <p>Vertrauen der Tessiner in ihre Regierung jedes Jahr mehr hervor. Franscini gilt außerdem für den gebildetsten Oekonomen der Schweiz und ist der Verfasser der besten schweizerischen Statistik (Statistica della Svizzera, Lugano 1827, Nuova Stat. della Sviz. 1848.) Er ist ein entschiedener Radikaler und wird im Bundesrath mehr zu Druey als zu Ochsenbein und Furrer halten. Die Tessiner rechnen ihm, den langjährigen Chef ihrer Regierung, namentlich seine „ehrenvolle Armuth“ hoch an.</p> <p>Regierungsrath <hi rendition="#g">Munzinger</hi> aus Solothurn ist der einflußreichste Mann seines Kantons, den er seit 1830 fast dauernd auf der Tagsatzung vertreten hat und den er seit Jahren thatsächlich regiert. Er soll wie sich ein halbradikales Blatt der französischen Schweiz, die Gazette de Lausanne ausdrückt, cacher sous les apparences de la bonhommie un esprit fin et pénétrant, d. h. er besitzt jene unter gutmüthig-biedermännischer Außenseite verdeckte kleine Schlauheit, die in Reichsstädten für Diplomatie angesehen wird. Im Uebrigen ist er ein gemäßigter Fortschrittsmann à la Furrer und verlangt, die Schweiz soll sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, und die große europäische Politik Gott und Lord Palmerston überlassen. Daher ist er durchaus nicht günstig auf die ausländischen Flüchtlinge zu sprechen, die der Schweiz bisher immer Unannehmlichkeiten zugezogen haben. Er hat, in Verbindung mit dem Schweizer Athenienser Dr. Escher, in Tessin neuerdings wieder Proben seiner Gesinnungen in dieser Beziehung abgelegt. Ueberhaupt vertreten Furrer und Munzinger im Bundesrath ganz vollkommen die Vorurtheile und Bornirtheiten des „aufgeklärten“ deutschen Schweizers.</p> <p>Endlich Hr. <hi rendition="#g">Näff</hi> von St. Gallen, von dem ich wenig zu sagen weiß. Er soll in seinem Kanton wesentlich zur Hebung der Verwaltung beigetragen, und sich auch sonst ausgezeichnet haben. Der Kanton St. Gallen, liest man in schweizer Blättern, sei überhaupt einer der reichsten und tüchtigsten Männer; aber diese tüchtigen Männer haben das Unglück, daß man von ihnen nicht viel hört, und jedenfalls scheint es ihnen an Initiative zu fehlen. Doch soll Hr. Näff in seiner Specialität als Verwaltungsmann nicht ohne Verdienst sein. Seiner politischen Richtung nach steht er zwischen Furrer und Ochsenbein; entschiedener als jener, nicht ganz so weit gehend wie von diesem nach seinen Antecedentien vielleicht noch erwartet werden kann.</p> <p>Nach dieser Zusammensetzung des Bundesraths ist die Politik, die die Schweiz vor der Hand verfolgen wird, unzweifelhaft. Es ist dieselbe, die die alte Tagsatzung und der Vorort Bern unter Ochsenbeins und später Funks (der ohne Ochsenbein nichts ist) Leitung verfolgt haben. Nach Innen strenge Handhabung der neuen Bundesverfassung, die der Kantonalsouveränetät nur noch zuviel Spielraum läßt, nach Außen strenge Neutralität, natürlich strenger oder gelinder nach den Umständen, strenger namentlich gegenüber Oestreich. Die gemäßigte Partei hat entschieden die Oberhand, und es ist wahrscheinlich, daß Hr. Ochsenbein in den meisten Fragen mit ihr stimmen wird.</p> <p>Wie aber eine Minorität, wie Druey und Franscini unter solchen Umständen die Wahl annehmen, sich der Annehmlichkeit fortwährend überstimmt zu werden, aussetzen konnte, wie ein solches Kollegium nur zusammen regieren kann, das zu begreifen muß man Schweizer sein oder gesehen haben, wie die Schweiz regiert wird. Hier, wo alle vollziehenden Behörden kollegialisch deliberiren, geht man nach dem Prinzip: Nimm die Stelle nur an, heute bist du freilich in der Minorität, aber vielleicht kannst du doch nützen und wer weiß, ob nicht Todesfälle, Abdankungen u. s. w. dich nach einem oder zwei Jahren in die Majorität bringen. Es ist das die natürliche Folge davon, daß regierende Kollegien aus einer Wahl hervorgehen. Jede Partei sucht dann, gerade wie in den gesetzgebenden Versammlungen, sich durch die Eindrängung eines oder mehrerer Kandidaten in dem Kollegium wenigstens festzusetzen, sich eine Minorität zu sichern, so lange sie keine Majorität erringen kann. Sie würde es ihren Kandidaten nicht übel nehmen, wenn sie, wie dies in größern Ländern unbedingt geschehen würde, die Wahl ablehnen wollten. Aber der Bundesrath ist keine commission du pouvoir excécutif, und von der Stellung Drueys zu der Ledru-Rollins ist es unendlich weit.</p> <p>Die Schweizer Presse behauptet allgemein, der Bundesrath sei aus Capacitäten ersten Ranges zusammengesetzt. Ich zweifle indeß, ob außer Druey und Franscini ein einziges Mitglied in einem größeren Lande je eine hervorragende Rolle einnehmen, und ob mit Ausnahme von Frei-Herose und Ochsenbein, einer der drei Andern es nur zu einer bedeutenden <hi rendition="#g">sekundären</hi> Rolle bringen würde.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar155b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom.</head> <p>Wir geben einige Details über die gestern bereits berichtete Revolution.</p> <p>Am Abend nach Rossi's Tode zog das enthusiasmirte Volk mit Fackeln, Fahnen und Gesang durch die Stadt, hier mit den Karabiniers, dort mit den Droganern fraternisirend. Tags darauf, 16. November 11 Uhr Morgens, war große Volksversammlung auf der Piazza del Popolo, an welcher Bürgergarde, Linie, Karabiniers und Volk sich betheiligten. Von hieraus begab sich die ganze aufgeregte Masse, an die 30,000 Mann, zur Deputirtenkammer, um die Abgeordneten zu veranlassen, die Forderungen des Volks, deren erste die Bildung eines radikalen Ministeriums, dem Papste vorzulegen. Der Papst ließ den Deputirten durch den Kardinal Soglio zurücksagen: er wolle die Sache in Erwägung ziehe. Einer hierauf aus dem Volke selbst abgeschickten Deputation erwiederte der heilige Vater, er könne nichts bewilligen, was man ihm mit Gewalt abverlange. Daraufhin, vollends als die Schweizergarde gleichzeitig ihre Brutalitäten gegen das Volk auszuspielen anfing, donnernder Losbruch des Gewitters. Der Ruf zu den Waffen erschallt, Generalmarsch wird geschlagen, um den Quirinal und den Thurm von San Carlino heftiges Gewehrfeuer mit den Schweizern von 3 bis 6 Uhr. Um 6 Uhr ist der Quirinal vollständig umzingelt, 6000 Mann Linie und Bürgergarde stehen in Schlachtordnung vor dem Pallast, die Kanonen sind gegen den Haupteingang gerichtet, Leitern, Stricke, Alles ist in Bereitschaft. Darauf wird von Neuem eine Deputation an den Papst geschickt, um ihm das Ultimatum des Volkes vorzulegen. Weigert er sich, dasselbe anzunehmen, so wird der Quirinal mit Sturm genommen und Jeder, den man in seinen Mauern findet, muß über die Klinge springen. Nur das Leben des Papstes soll geschont werden. Eine einzige Stunde gibt man ihm Bedenkzeit.</p> <p>Nach Ablauf derselben erklärt er sich mit den Bedingungen des Volkes einverstanden. Das ultraradikale Ministerium wird gebildet, jede andre Forderung der Entscheidung der Kammer anheimgestellt.</p> <p>Also endigte um 8 Uhr Abends die jingste römische Revolution. Drei Stunden hatte der eigentliche Kampf gewährt; der Sekretär des Papstes, Signore Palma, war von einer Kugel vor den Kopf getödtet, 4 Männer aus dem Volk waren verwundet worden. Die Zahl der getödteten und verwundeten Soldaten ist noch nicht ermittelt. Der Quirinal sieht aus wie eine Scheibe nach dem Scheibenschießen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar155b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>19</author></bibl> Paris, 26. Nov.</head> <p>Das vielversprechende Stiergefecht zwischen der alten Exekutivkommission und Herrn Cavaignac hat als dritter Akt die Feier der honetten Bourgeoisie-Konstitution abgeschlossen. Heute vor 14 Tagen der „Marquis de lendemain,“ Balletmeister Marrast mit der Konstitution auf dem Altar am Revolutionsplatze stehend; vor 8 Tagen das Feuerwerk und die bürgerfreundliche Besoffenheit der Garde Mobile; heute Nacht endlich Beschwörung des Junigespenstes und Apotheose des „Retters der Bourgeoisrepublik“ in der Nationalversammlung. Chaqun à son tour. Manche wollen noch zwei Akte abwarten: einen abermaligen Coup des General Cavaignac, um sich vor der Präsidentenwahl nothwendig zu machen, und dann als Schluß den 10. Dez., der gerade auf heute über 14 Tage fällt. Was das Erste betrifft, so zweifle ich nicht an dem guten Willen Cavaignac's; in Betreff des Letzteren aber bin ich überzeugt, daß die Tage vom 10. bis vielleicht 25. Dez. der Komödie der Bourgeoisrepublik in einer andern Weise ein Ende machen werden.</p> <p>Das gestrige Schauspiel der Nationalversammlung war vortrefflich einstudirt. Niemand zweifelte an seiner glänzenden Abwicklung. Weder die eine noch die andere Partei wollte jetzt vor der Präsidentenwahl noch eine Aenderung des Gouvernements, und das Vertrauensvotum, welches Cavaignac als Bedingung seines Bleibens stellte, war ihm von vorneherein akkordirt. Das Volk schenkte daher auch der Vorstellung nicht die geringste Theilnahme; Alles, was Sie vielleicht in Zeitungen von außerordentlicher Spannung lesen, beschränkte sich auf die Neugier der Bourgeois und tiefsinniger Journalisten-Diplomaten. Gegen Abend verbreitete sich das Gerücht in der Stadt, eine ungeheuere Volksmenge treibe sich in der Nähe der Kammer, an den Seine-Ufern und dem Revolutionsplatz umher, und ein Kampf stehe bevor. Ich begab mich zu drei verschiedenen Stunden dorthin und kann Ihnen versichern, keine sechs Menschen zusammen gesehen zu haben. Nur Hr. Cavaignac hatte seiner Sache vor der Versammlung eine Wichtigkeit gegeben. Zwei Eskadronen Dragoner standen an der Seinebrücke, der Hof der Assemblee war mit Nationalgarden gefüllt, und in dem benachbarten neuen Ministerium des Auswärtigen war ein kleines Heer von Linientruppen und Mobilen konsignirt.</p> <p>Um 11 Uhr Abends war das Gefecht zu Ende. Es handelte sich darum, wer im Juni am Meisten für das Wohl des Vaterlandes, für die Vernichtung der Insurgenten gethan: Hr. Ledru-Rollin mit der alten parlamentarischen Exekutiv-Kommission oder Hr. Cavaignac mit den Mobilen, der die Insurrektion absichtlich anschwellen ließ, um dann die ganze revolutionäre Partei mit Einem Schlag zu vernichten. Der Angriff der Exekutiv-Kommission, welche ihren kläglichen Fall Cavaignac nicht verzeihen kann, hatte nichts anders zum Zweck, als einen Bettelpfennig Popularität bei der <hi rendition="#g">kleinen Bourgeoisie</hi> zu sammeln, indem sie dieser, die am Meisten durch die Junischlacht gelitten hat, die trefflichen Mittel Ledru-Rollin's und Lamartine's zu einer <hi rendition="#g">friedlichen</hi> Unterdrückung der Demokraten anpries. Cavaignac hat die große Bourgeoisie und die Versammlung gerettet, was heißt also eine Anklage Cavaignac's vor der Versammlung? Die Bourgeoisie und die Versammlung votiren ihm deshalb ihren Dank, gleichviel oder vielmehr um so eher, da er ihren Feinden Gleichheit gab, sich zu konzentriren, um sie desto sicherer zu treffen. Der Kampf zwischen der Exekutiv-Kommission und Cavaignac, der die<hi rendition="#g">„ Erfahrung</hi>“ der Kommission in Barrikadenschlachten zurückwies, war nichts als ein Kampf zweier Eitelkeiten. Und Hr. Ledru-Rollin, der Held der „Montagne“, sprach zuletzt einige Worte der „Conciliation“ zu Cavaignac, der ihn mit einem kleinen Fußtritt zurückwies, indem er ihn an die „Kluft“ erinnerte, die zwischen ihnen bestehe. O Sonne Ledru-Rollin, wo bist du geblieben?</p> <p>Herr Cavaignac hat indeß durch diese Geschichte einen Bundesgenossen verloren: die kleine Bourgeoisie. Denn die Bourgeoisie wird ihm nie verzeihen, daß er durch die Ausbreitung der Insurrektion ihre <hi rendition="#g">Ohnmacht</hi> und ihre <hi rendition="#b">Feigheit</hi> enthüllt hat.</p> </div> <div xml:id="ar155b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 25. Nov.</head> <p>Das „Peuple souverain“ in Lyon sagt im Leitartikel, überschrieben: „Die Bilanz des Notariats“ folgendes: „Große und kleine Eigenthümer träumen zitternd vom Socialismus und fühlen einen Alp so oft ihnen Bürger J. P. Proudhon erscheint, wie er die Hand ausreckt nach ihrem vielgeliebten Grundstück. Es ist die Fabel vom Sterngucker, der einen Kometen suchte unu in einen Brunnen stürzte. So ergeht es jedem, der nach Schatten hascht und der Wahrheit den Rücken wendet. Das Eigenthum hat wahrlich einen ganz andern, schlimmern Feind als den Socialismus; letzterer droht ihm nur mit Umgestalten und würde jedem Eigenthümer, der ihn verstände, gefallen. Sein eigentlicher Feind ist der Wächter aller seiner Interessen, bei ihm sind alle seine Rechtstitel niedergelegt; er ist der Schlußstein für das Gewölbe der Hypothekenanleihen, woraus bekanntlich das jetzige Eigenthum ein künstliches Dasein fristet. Wir meinen das Notariat. Seit Jahr und Tag, <hi rendition="#g">lange vor dem Februar</hi>, haben die Herren Notare in Paris und in den Provinzen sich durch eine ansehnliche Reihe von Kniffen, Ränken, Unterschlagungen, Fälschungen u. s. w. hervorgethan. An <hi rendition="#g">zwanzig</hi> Notare haben Vorzügliches in diesem Felde geleistet. Ist das nicht ein grimmiger Angriff auf das Eigenthum? Allerdings sind diese Notare meist mit Ordensbändchen versehen und keine Socialisten; so kam's wohl, daß man sie weder transportirte, noch auf die Galeren schickte, wie ihnen gebührte. Man begnügte sich, einige besonders gehässige auf vier Jahre einzusperren, und obenein oft nur in ein Gesundheitshaus, wo vornehme Patienten sich aufhalten. Und doch wird der Uebelstand sich wiederholen. Die Preise der Notarstellen sind viel zu hoch; man heirathet reiche Erbinnen (um Liebe kümmert sich keine Seele) und bestreitet durch die Mitgift einen Theil der Kosten; aber um sie ganz zu decken, reicht keine Kombination hin, und man greift zu unerlaubten Mitteln. Statt diese übertriebenen Preise seit Februar zu ermäßigen, scheint die Notarkammer von Paris sich Mühe zu geben, sie so hoch wie früher zu erhalten. Wir Socialisten, die man Eigenthumszerstörer schilt, dringen aufs ernstlichste auf Reform auch in diesem Zweige!“ Wogegen das <hi rendition="#g">Journal des Debats</hi> bemerkt, das Notariat würde durch Preisherabsetzung an Achtung und imposante Haltung einbüßen. Dies treffliche Blatt hat <hi rendition="#g">täglich</hi> Leitartikel zu Gunsten seiner potsdamer und ollmützer Freunde; es erboßt sich z. B. über die unentgeldliche Abschaffung des Jagdprivilegiums in Preußen, desgleichen der Adelsvorrechte, und meint, die dortige Nationalversammlung habe <hi rendition="#g">ungesetzlich</hi>, <hi rendition="#g">d. h. als Konvent und nicht als Kammer</hi>, seit einigen Monaten sich aufgeführt; leider halte der König an religiösen ritterlichen Ideen gar zu fest in unserer Feldepoche, aber dennoch neige sich unbedinglich auf seine Seite die Wagschale des Rechts. D'Ester, Jakoby, Waldeck werden sodann durchgehechelt, Vinck e, Auerswald und Konsorte gepriesen. Der Fabrikant dieser liederlichen Artikel soll Saint Marc Girardin sein.</p> <p>Der andere Girardin belehrt uns heute in „La Presse“, daß Köln, Elberfeld, Koblenz, Trier sich energisch gegen die Nationalversammlung erklären, in Düsseldorf „zwei Jünglinge“ zur Emeute provocirten und dadurch Belagerungszustand und Entwaffnung herbeiführten; kurz: „die Sachlage ist plötzlich für die Krone sehr günstig geworden, nur möge sie (wie wohlmeinend) dieses gewonnene Terrain nicht für Reaktion, sondern für konstitutionelle Ordnung benutzen.“ Herr Alexander Weill belehrt ferner Deutschland, die Krone habe <hi rendition="#g">viel mehr</hi> Adressen als die Versammlung, erhalten; auch sei nicht zu übersehen, daß „alle großen Talente Deutschland's, alle Männer der älteren Oppositionen, fast alle die Freiheitsmärtyrer (sic) auf Seiten der Krone stehen; so Bassermann, dessen Rede ein Meisterstück, der berühmte Jordan, Behr, Strauß, Welker“, und notabene der allergrößeste; Herr A. Weill. — Anderseits bringt die „Democratie pacifique“, die ihren phantastischen Schnitzer, im Jellachich vor zwei Monaten einen „großen Freiheitsmann“ gesehen zu haben, wieder gut machen will, Schlag auf Schlag die brüderlichsten Artikel für Deutschland's Demokraten, deren Kongreß zu Berlin sie mehrmals lobend anerkannte; sie giebt heute nebst Freiligrath's Gedicht auf Blum's Tad (dem sie einige Erklärungsworte zufügt) die erste, nicht kleine Liste der französischen Nationalsubscription für „des Märtyrers Familie“; kein Beitrag darf zehn Sous (vier Silbergroschen) übersteigen, damit sich desto mehr das Arbeitsvolk dabei betheilige. Viele deutsche Arbeiter haben auch gesteuert, wie sich aus der Liste ergiebt. In allen Klubs und Wahlversammlungen (in letztern dürfen Frauen erscheinen) wird subscribirt, über Blum's Tod gesprochen, Rache geschworen, und das in Abschriften bereits circulirende, in die Provinzialblätter der französischen Demokratie übergegangene Gedicht Freiligrath's zu Paris und in den Departementen verlesen. Bürger Lemetager, Arbeiter in Perlmutterfabrikaten, in der Templestraße, erläßt so eben einen langen Aufruf an „alle Ouviers von Frankreichs“ zur Beisteuer, und dankt der „Democratie pacifique“ „in dieser hochheiligen, beide Demokratieen dies- und jenseit des Rheines verbindende Sache“, die Initiative ergriffen zu haben. Blum's Bild und Biographie circuliren. — Sozialistische Studenten von Paris erlassen heute eine Adresse an ihre „Brüder, die Studenten von Wien“, welche bekanntlich schon im April einen französischen Studentenzuruf empfingen und durch eine Deputation dankten. In dieser zweiten Adresse heißt es: „Während Eure ruhmvolle Niederlage uns Thränen auspreßte, erfüllte uns Euer Heldenthum, Ihr Brüder von Wien, mit Erstaunen und Bewundern. Aber ach! vor Zorn und Scham erröthen wir über unsere <hi rendition="#g">republikanische</hi> Regierung, welche noch der metternich'schen und guizot'schen <hi rendition="#g">Königs</hi>politik huldigt. Wir verwahren uns hiermit ausdrücklich dagegen im Namen der Solidarität aller Nationen. Laßt uns auf die große Zukunft hoffen; die Ketten der alten Welt werden fallen. Hoch lebe die sozial-demokratische Republik“! (Folgen die Unterschriften).</p> <p>La Reforme bringt eine Entgegnung auf mehrere unverschämte Leitartikel des Journal des Debats (welches bekanntlich seine Studien über Deutschland in der „Neuen Preuß. Zeitung“ und „Wiener Zeitung“ zu machen für gut hält): „In Ihrer heutigen Nummer bringen Sie abermals einige Lügen vor; erlauben Sie mir deren Berichtigung. Sie nennen die demagogische Anarchie Berlins eine brutale, aus den erbärmlichsten Leidenschaften hervorgegangene Agitation. Sie scheinen den gerechten Zorn des deutschen Volkes gegen seine Ausbeuter für eine erbärmliche, aber die unreine Begierde des Aristokraten und Plutokraten, der am Volksmarke zehrt, für eine wesentlich edle Leidenschaft zu halten. Sie wissen ferner nicht, daß die am 31. Okt. in Berlin vom Volke bei Fackelschein gegen die Mitglieder der äußersten Rechten ausgestoßenen Drohungen eine Folge des unwürdigen Betragens derselben in der Diskussion über Wiens heilige Sache waren? Ich befand mich in Berlin, in der Masse an der Thür des Theaters, und ich streite Ihnen, mein Herr, das Recht ab, Verläumdungen gegen das großmüthige, tapfere Volk Berlins zu schleudern, welches allerdings noch nicht es für zeitgemäß erachtete, die Geldkisten der Wucherer mit Beschlag zu belegen. Sie verläumden den Berliner Demokratenkongreß, den Sie artig genug noch vor 14 Tagen die „rothen Assisen“ nannten. Heute sagen Sie, er sei jämmerlich gescheitert nach 5tägiger Sitzung. Ich, als Mitglied dieses Kongresses, bin sehr erfreut, Sie dahin belehren zu können, daß die „rothen Assisen Berlins“ im Gegentheil zu Resultaten führten, die der durch Ihr Blatt vertretenen Kaste mehr oder weniger unangenehm sein dürften, was Sie des weitern bequem in La Reform vom 20. Nov. u. s. w. nachlesen können. Sie wundern sich, daß die Männer der Linken in der Nationalversammlung, d. h. die Republikaner und Socialdemokraten, nicht sich der durch das Volk bedrohten Männer der Rechten angenommen haben; in Deutschland mein Herr, nimmt man sich nicht seiner Feinde an, mögen Sie's wissen. Ferner werden Sie gerührt über die Abschaffung der Adelsprivilegien der Berliner Versammlung; nächstens werden Sie noch viel mehr Grund zur Rührung finden, wenn die Reihe an die „lieben Vorrechte“ der deutschen hohen Geldkaste kommt. <hi rendition="#g">Hermann Everbeck</hi>, Exdelegirter des deutschen Pariser Vereins auf dem Berliner Demokratenkongreß.“</p> <p>Der Sturm, den die preußische Revolution in der Departementspresse hervorruft, ist wo möglich noch größer, als der in der Pariser; vier Provinzialblätter brachten den Leitartikel der „Neuen Rhein. Ztg.“: „Brandenburg in der Versammlung, die Versammlung in Brandenburg.“ Dieser Sturm trifft zusammen mit dem andern wegen der Präsidentenwahl; es ist klar, daß Cavaignac's Partei, die Bourgeoisrepublikaner á la Marrast, einen Hieb auf die Napoleoniden, d. h. Royalisten, Regentisten, Imperialisten u. s. w., riskiren will, wenn der „kaiserliche Neffe“ gewählt ist; auch soll dann, vielleicht schon vor der Wahl, dies royalistische Kränzchen in der Straße Poitiers, durch Cavaignac'sche Bajonette gesprengt werden. Diese Bajonette bedürften aber gar sehr des Beistands der Sozialdemokraten, ohne den sie heute noch glauben </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0821/0001]
Beilage zu Nr. 155 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Mittwoch 29. November 1848. [Deutschland] Vertrauen der Tessiner in ihre Regierung jedes Jahr mehr hervor. Franscini gilt außerdem für den gebildetsten Oekonomen der Schweiz und ist der Verfasser der besten schweizerischen Statistik (Statistica della Svizzera, Lugano 1827, Nuova Stat. della Sviz. 1848.) Er ist ein entschiedener Radikaler und wird im Bundesrath mehr zu Druey als zu Ochsenbein und Furrer halten. Die Tessiner rechnen ihm, den langjährigen Chef ihrer Regierung, namentlich seine „ehrenvolle Armuth“ hoch an.
Regierungsrath Munzinger aus Solothurn ist der einflußreichste Mann seines Kantons, den er seit 1830 fast dauernd auf der Tagsatzung vertreten hat und den er seit Jahren thatsächlich regiert. Er soll wie sich ein halbradikales Blatt der französischen Schweiz, die Gazette de Lausanne ausdrückt, cacher sous les apparences de la bonhommie un esprit fin et pénétrant, d. h. er besitzt jene unter gutmüthig-biedermännischer Außenseite verdeckte kleine Schlauheit, die in Reichsstädten für Diplomatie angesehen wird. Im Uebrigen ist er ein gemäßigter Fortschrittsmann à la Furrer und verlangt, die Schweiz soll sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, und die große europäische Politik Gott und Lord Palmerston überlassen. Daher ist er durchaus nicht günstig auf die ausländischen Flüchtlinge zu sprechen, die der Schweiz bisher immer Unannehmlichkeiten zugezogen haben. Er hat, in Verbindung mit dem Schweizer Athenienser Dr. Escher, in Tessin neuerdings wieder Proben seiner Gesinnungen in dieser Beziehung abgelegt. Ueberhaupt vertreten Furrer und Munzinger im Bundesrath ganz vollkommen die Vorurtheile und Bornirtheiten des „aufgeklärten“ deutschen Schweizers.
Endlich Hr. Näff von St. Gallen, von dem ich wenig zu sagen weiß. Er soll in seinem Kanton wesentlich zur Hebung der Verwaltung beigetragen, und sich auch sonst ausgezeichnet haben. Der Kanton St. Gallen, liest man in schweizer Blättern, sei überhaupt einer der reichsten und tüchtigsten Männer; aber diese tüchtigen Männer haben das Unglück, daß man von ihnen nicht viel hört, und jedenfalls scheint es ihnen an Initiative zu fehlen. Doch soll Hr. Näff in seiner Specialität als Verwaltungsmann nicht ohne Verdienst sein. Seiner politischen Richtung nach steht er zwischen Furrer und Ochsenbein; entschiedener als jener, nicht ganz so weit gehend wie von diesem nach seinen Antecedentien vielleicht noch erwartet werden kann.
Nach dieser Zusammensetzung des Bundesraths ist die Politik, die die Schweiz vor der Hand verfolgen wird, unzweifelhaft. Es ist dieselbe, die die alte Tagsatzung und der Vorort Bern unter Ochsenbeins und später Funks (der ohne Ochsenbein nichts ist) Leitung verfolgt haben. Nach Innen strenge Handhabung der neuen Bundesverfassung, die der Kantonalsouveränetät nur noch zuviel Spielraum läßt, nach Außen strenge Neutralität, natürlich strenger oder gelinder nach den Umständen, strenger namentlich gegenüber Oestreich. Die gemäßigte Partei hat entschieden die Oberhand, und es ist wahrscheinlich, daß Hr. Ochsenbein in den meisten Fragen mit ihr stimmen wird.
Wie aber eine Minorität, wie Druey und Franscini unter solchen Umständen die Wahl annehmen, sich der Annehmlichkeit fortwährend überstimmt zu werden, aussetzen konnte, wie ein solches Kollegium nur zusammen regieren kann, das zu begreifen muß man Schweizer sein oder gesehen haben, wie die Schweiz regiert wird. Hier, wo alle vollziehenden Behörden kollegialisch deliberiren, geht man nach dem Prinzip: Nimm die Stelle nur an, heute bist du freilich in der Minorität, aber vielleicht kannst du doch nützen und wer weiß, ob nicht Todesfälle, Abdankungen u. s. w. dich nach einem oder zwei Jahren in die Majorität bringen. Es ist das die natürliche Folge davon, daß regierende Kollegien aus einer Wahl hervorgehen. Jede Partei sucht dann, gerade wie in den gesetzgebenden Versammlungen, sich durch die Eindrängung eines oder mehrerer Kandidaten in dem Kollegium wenigstens festzusetzen, sich eine Minorität zu sichern, so lange sie keine Majorität erringen kann. Sie würde es ihren Kandidaten nicht übel nehmen, wenn sie, wie dies in größern Ländern unbedingt geschehen würde, die Wahl ablehnen wollten. Aber der Bundesrath ist keine commission du pouvoir excécutif, und von der Stellung Drueys zu der Ledru-Rollins ist es unendlich weit.
Die Schweizer Presse behauptet allgemein, der Bundesrath sei aus Capacitäten ersten Ranges zusammengesetzt. Ich zweifle indeß, ob außer Druey und Franscini ein einziges Mitglied in einem größeren Lande je eine hervorragende Rolle einnehmen, und ob mit Ausnahme von Frei-Herose und Ochsenbein, einer der drei Andern es nur zu einer bedeutenden sekundären Rolle bringen würde.
Italien. * Rom. Wir geben einige Details über die gestern bereits berichtete Revolution.
Am Abend nach Rossi's Tode zog das enthusiasmirte Volk mit Fackeln, Fahnen und Gesang durch die Stadt, hier mit den Karabiniers, dort mit den Droganern fraternisirend. Tags darauf, 16. November 11 Uhr Morgens, war große Volksversammlung auf der Piazza del Popolo, an welcher Bürgergarde, Linie, Karabiniers und Volk sich betheiligten. Von hieraus begab sich die ganze aufgeregte Masse, an die 30,000 Mann, zur Deputirtenkammer, um die Abgeordneten zu veranlassen, die Forderungen des Volks, deren erste die Bildung eines radikalen Ministeriums, dem Papste vorzulegen. Der Papst ließ den Deputirten durch den Kardinal Soglio zurücksagen: er wolle die Sache in Erwägung ziehe. Einer hierauf aus dem Volke selbst abgeschickten Deputation erwiederte der heilige Vater, er könne nichts bewilligen, was man ihm mit Gewalt abverlange. Daraufhin, vollends als die Schweizergarde gleichzeitig ihre Brutalitäten gegen das Volk auszuspielen anfing, donnernder Losbruch des Gewitters. Der Ruf zu den Waffen erschallt, Generalmarsch wird geschlagen, um den Quirinal und den Thurm von San Carlino heftiges Gewehrfeuer mit den Schweizern von 3 bis 6 Uhr. Um 6 Uhr ist der Quirinal vollständig umzingelt, 6000 Mann Linie und Bürgergarde stehen in Schlachtordnung vor dem Pallast, die Kanonen sind gegen den Haupteingang gerichtet, Leitern, Stricke, Alles ist in Bereitschaft. Darauf wird von Neuem eine Deputation an den Papst geschickt, um ihm das Ultimatum des Volkes vorzulegen. Weigert er sich, dasselbe anzunehmen, so wird der Quirinal mit Sturm genommen und Jeder, den man in seinen Mauern findet, muß über die Klinge springen. Nur das Leben des Papstes soll geschont werden. Eine einzige Stunde gibt man ihm Bedenkzeit.
Nach Ablauf derselben erklärt er sich mit den Bedingungen des Volkes einverstanden. Das ultraradikale Ministerium wird gebildet, jede andre Forderung der Entscheidung der Kammer anheimgestellt.
Also endigte um 8 Uhr Abends die jingste römische Revolution. Drei Stunden hatte der eigentliche Kampf gewährt; der Sekretär des Papstes, Signore Palma, war von einer Kugel vor den Kopf getödtet, 4 Männer aus dem Volk waren verwundet worden. Die Zahl der getödteten und verwundeten Soldaten ist noch nicht ermittelt. Der Quirinal sieht aus wie eine Scheibe nach dem Scheibenschießen.
Französische Republik. 19 Paris, 26. Nov. Das vielversprechende Stiergefecht zwischen der alten Exekutivkommission und Herrn Cavaignac hat als dritter Akt die Feier der honetten Bourgeoisie-Konstitution abgeschlossen. Heute vor 14 Tagen der „Marquis de lendemain,“ Balletmeister Marrast mit der Konstitution auf dem Altar am Revolutionsplatze stehend; vor 8 Tagen das Feuerwerk und die bürgerfreundliche Besoffenheit der Garde Mobile; heute Nacht endlich Beschwörung des Junigespenstes und Apotheose des „Retters der Bourgeoisrepublik“ in der Nationalversammlung. Chaqun à son tour. Manche wollen noch zwei Akte abwarten: einen abermaligen Coup des General Cavaignac, um sich vor der Präsidentenwahl nothwendig zu machen, und dann als Schluß den 10. Dez., der gerade auf heute über 14 Tage fällt. Was das Erste betrifft, so zweifle ich nicht an dem guten Willen Cavaignac's; in Betreff des Letzteren aber bin ich überzeugt, daß die Tage vom 10. bis vielleicht 25. Dez. der Komödie der Bourgeoisrepublik in einer andern Weise ein Ende machen werden.
Das gestrige Schauspiel der Nationalversammlung war vortrefflich einstudirt. Niemand zweifelte an seiner glänzenden Abwicklung. Weder die eine noch die andere Partei wollte jetzt vor der Präsidentenwahl noch eine Aenderung des Gouvernements, und das Vertrauensvotum, welches Cavaignac als Bedingung seines Bleibens stellte, war ihm von vorneherein akkordirt. Das Volk schenkte daher auch der Vorstellung nicht die geringste Theilnahme; Alles, was Sie vielleicht in Zeitungen von außerordentlicher Spannung lesen, beschränkte sich auf die Neugier der Bourgeois und tiefsinniger Journalisten-Diplomaten. Gegen Abend verbreitete sich das Gerücht in der Stadt, eine ungeheuere Volksmenge treibe sich in der Nähe der Kammer, an den Seine-Ufern und dem Revolutionsplatz umher, und ein Kampf stehe bevor. Ich begab mich zu drei verschiedenen Stunden dorthin und kann Ihnen versichern, keine sechs Menschen zusammen gesehen zu haben. Nur Hr. Cavaignac hatte seiner Sache vor der Versammlung eine Wichtigkeit gegeben. Zwei Eskadronen Dragoner standen an der Seinebrücke, der Hof der Assemblee war mit Nationalgarden gefüllt, und in dem benachbarten neuen Ministerium des Auswärtigen war ein kleines Heer von Linientruppen und Mobilen konsignirt.
Um 11 Uhr Abends war das Gefecht zu Ende. Es handelte sich darum, wer im Juni am Meisten für das Wohl des Vaterlandes, für die Vernichtung der Insurgenten gethan: Hr. Ledru-Rollin mit der alten parlamentarischen Exekutiv-Kommission oder Hr. Cavaignac mit den Mobilen, der die Insurrektion absichtlich anschwellen ließ, um dann die ganze revolutionäre Partei mit Einem Schlag zu vernichten. Der Angriff der Exekutiv-Kommission, welche ihren kläglichen Fall Cavaignac nicht verzeihen kann, hatte nichts anders zum Zweck, als einen Bettelpfennig Popularität bei der kleinen Bourgeoisie zu sammeln, indem sie dieser, die am Meisten durch die Junischlacht gelitten hat, die trefflichen Mittel Ledru-Rollin's und Lamartine's zu einer friedlichen Unterdrückung der Demokraten anpries. Cavaignac hat die große Bourgeoisie und die Versammlung gerettet, was heißt also eine Anklage Cavaignac's vor der Versammlung? Die Bourgeoisie und die Versammlung votiren ihm deshalb ihren Dank, gleichviel oder vielmehr um so eher, da er ihren Feinden Gleichheit gab, sich zu konzentriren, um sie desto sicherer zu treffen. Der Kampf zwischen der Exekutiv-Kommission und Cavaignac, der die„ Erfahrung“ der Kommission in Barrikadenschlachten zurückwies, war nichts als ein Kampf zweier Eitelkeiten. Und Hr. Ledru-Rollin, der Held der „Montagne“, sprach zuletzt einige Worte der „Conciliation“ zu Cavaignac, der ihn mit einem kleinen Fußtritt zurückwies, indem er ihn an die „Kluft“ erinnerte, die zwischen ihnen bestehe. O Sonne Ledru-Rollin, wo bist du geblieben?
Herr Cavaignac hat indeß durch diese Geschichte einen Bundesgenossen verloren: die kleine Bourgeoisie. Denn die Bourgeoisie wird ihm nie verzeihen, daß er durch die Ausbreitung der Insurrektion ihre Ohnmacht und ihre Feigheit enthüllt hat.
17 Paris, 25. Nov. Das „Peuple souverain“ in Lyon sagt im Leitartikel, überschrieben: „Die Bilanz des Notariats“ folgendes: „Große und kleine Eigenthümer träumen zitternd vom Socialismus und fühlen einen Alp so oft ihnen Bürger J. P. Proudhon erscheint, wie er die Hand ausreckt nach ihrem vielgeliebten Grundstück. Es ist die Fabel vom Sterngucker, der einen Kometen suchte unu in einen Brunnen stürzte. So ergeht es jedem, der nach Schatten hascht und der Wahrheit den Rücken wendet. Das Eigenthum hat wahrlich einen ganz andern, schlimmern Feind als den Socialismus; letzterer droht ihm nur mit Umgestalten und würde jedem Eigenthümer, der ihn verstände, gefallen. Sein eigentlicher Feind ist der Wächter aller seiner Interessen, bei ihm sind alle seine Rechtstitel niedergelegt; er ist der Schlußstein für das Gewölbe der Hypothekenanleihen, woraus bekanntlich das jetzige Eigenthum ein künstliches Dasein fristet. Wir meinen das Notariat. Seit Jahr und Tag, lange vor dem Februar, haben die Herren Notare in Paris und in den Provinzen sich durch eine ansehnliche Reihe von Kniffen, Ränken, Unterschlagungen, Fälschungen u. s. w. hervorgethan. An zwanzig Notare haben Vorzügliches in diesem Felde geleistet. Ist das nicht ein grimmiger Angriff auf das Eigenthum? Allerdings sind diese Notare meist mit Ordensbändchen versehen und keine Socialisten; so kam's wohl, daß man sie weder transportirte, noch auf die Galeren schickte, wie ihnen gebührte. Man begnügte sich, einige besonders gehässige auf vier Jahre einzusperren, und obenein oft nur in ein Gesundheitshaus, wo vornehme Patienten sich aufhalten. Und doch wird der Uebelstand sich wiederholen. Die Preise der Notarstellen sind viel zu hoch; man heirathet reiche Erbinnen (um Liebe kümmert sich keine Seele) und bestreitet durch die Mitgift einen Theil der Kosten; aber um sie ganz zu decken, reicht keine Kombination hin, und man greift zu unerlaubten Mitteln. Statt diese übertriebenen Preise seit Februar zu ermäßigen, scheint die Notarkammer von Paris sich Mühe zu geben, sie so hoch wie früher zu erhalten. Wir Socialisten, die man Eigenthumszerstörer schilt, dringen aufs ernstlichste auf Reform auch in diesem Zweige!“ Wogegen das Journal des Debats bemerkt, das Notariat würde durch Preisherabsetzung an Achtung und imposante Haltung einbüßen. Dies treffliche Blatt hat täglich Leitartikel zu Gunsten seiner potsdamer und ollmützer Freunde; es erboßt sich z. B. über die unentgeldliche Abschaffung des Jagdprivilegiums in Preußen, desgleichen der Adelsvorrechte, und meint, die dortige Nationalversammlung habe ungesetzlich, d. h. als Konvent und nicht als Kammer, seit einigen Monaten sich aufgeführt; leider halte der König an religiösen ritterlichen Ideen gar zu fest in unserer Feldepoche, aber dennoch neige sich unbedinglich auf seine Seite die Wagschale des Rechts. D'Ester, Jakoby, Waldeck werden sodann durchgehechelt, Vinck e, Auerswald und Konsorte gepriesen. Der Fabrikant dieser liederlichen Artikel soll Saint Marc Girardin sein.
Der andere Girardin belehrt uns heute in „La Presse“, daß Köln, Elberfeld, Koblenz, Trier sich energisch gegen die Nationalversammlung erklären, in Düsseldorf „zwei Jünglinge“ zur Emeute provocirten und dadurch Belagerungszustand und Entwaffnung herbeiführten; kurz: „die Sachlage ist plötzlich für die Krone sehr günstig geworden, nur möge sie (wie wohlmeinend) dieses gewonnene Terrain nicht für Reaktion, sondern für konstitutionelle Ordnung benutzen.“ Herr Alexander Weill belehrt ferner Deutschland, die Krone habe viel mehr Adressen als die Versammlung, erhalten; auch sei nicht zu übersehen, daß „alle großen Talente Deutschland's, alle Männer der älteren Oppositionen, fast alle die Freiheitsmärtyrer (sic) auf Seiten der Krone stehen; so Bassermann, dessen Rede ein Meisterstück, der berühmte Jordan, Behr, Strauß, Welker“, und notabene der allergrößeste; Herr A. Weill. — Anderseits bringt die „Democratie pacifique“, die ihren phantastischen Schnitzer, im Jellachich vor zwei Monaten einen „großen Freiheitsmann“ gesehen zu haben, wieder gut machen will, Schlag auf Schlag die brüderlichsten Artikel für Deutschland's Demokraten, deren Kongreß zu Berlin sie mehrmals lobend anerkannte; sie giebt heute nebst Freiligrath's Gedicht auf Blum's Tad (dem sie einige Erklärungsworte zufügt) die erste, nicht kleine Liste der französischen Nationalsubscription für „des Märtyrers Familie“; kein Beitrag darf zehn Sous (vier Silbergroschen) übersteigen, damit sich desto mehr das Arbeitsvolk dabei betheilige. Viele deutsche Arbeiter haben auch gesteuert, wie sich aus der Liste ergiebt. In allen Klubs und Wahlversammlungen (in letztern dürfen Frauen erscheinen) wird subscribirt, über Blum's Tod gesprochen, Rache geschworen, und das in Abschriften bereits circulirende, in die Provinzialblätter der französischen Demokratie übergegangene Gedicht Freiligrath's zu Paris und in den Departementen verlesen. Bürger Lemetager, Arbeiter in Perlmutterfabrikaten, in der Templestraße, erläßt so eben einen langen Aufruf an „alle Ouviers von Frankreichs“ zur Beisteuer, und dankt der „Democratie pacifique“ „in dieser hochheiligen, beide Demokratieen dies- und jenseit des Rheines verbindende Sache“, die Initiative ergriffen zu haben. Blum's Bild und Biographie circuliren. — Sozialistische Studenten von Paris erlassen heute eine Adresse an ihre „Brüder, die Studenten von Wien“, welche bekanntlich schon im April einen französischen Studentenzuruf empfingen und durch eine Deputation dankten. In dieser zweiten Adresse heißt es: „Während Eure ruhmvolle Niederlage uns Thränen auspreßte, erfüllte uns Euer Heldenthum, Ihr Brüder von Wien, mit Erstaunen und Bewundern. Aber ach! vor Zorn und Scham erröthen wir über unsere republikanische Regierung, welche noch der metternich'schen und guizot'schen Königspolitik huldigt. Wir verwahren uns hiermit ausdrücklich dagegen im Namen der Solidarität aller Nationen. Laßt uns auf die große Zukunft hoffen; die Ketten der alten Welt werden fallen. Hoch lebe die sozial-demokratische Republik“! (Folgen die Unterschriften).
La Reforme bringt eine Entgegnung auf mehrere unverschämte Leitartikel des Journal des Debats (welches bekanntlich seine Studien über Deutschland in der „Neuen Preuß. Zeitung“ und „Wiener Zeitung“ zu machen für gut hält): „In Ihrer heutigen Nummer bringen Sie abermals einige Lügen vor; erlauben Sie mir deren Berichtigung. Sie nennen die demagogische Anarchie Berlins eine brutale, aus den erbärmlichsten Leidenschaften hervorgegangene Agitation. Sie scheinen den gerechten Zorn des deutschen Volkes gegen seine Ausbeuter für eine erbärmliche, aber die unreine Begierde des Aristokraten und Plutokraten, der am Volksmarke zehrt, für eine wesentlich edle Leidenschaft zu halten. Sie wissen ferner nicht, daß die am 31. Okt. in Berlin vom Volke bei Fackelschein gegen die Mitglieder der äußersten Rechten ausgestoßenen Drohungen eine Folge des unwürdigen Betragens derselben in der Diskussion über Wiens heilige Sache waren? Ich befand mich in Berlin, in der Masse an der Thür des Theaters, und ich streite Ihnen, mein Herr, das Recht ab, Verläumdungen gegen das großmüthige, tapfere Volk Berlins zu schleudern, welches allerdings noch nicht es für zeitgemäß erachtete, die Geldkisten der Wucherer mit Beschlag zu belegen. Sie verläumden den Berliner Demokratenkongreß, den Sie artig genug noch vor 14 Tagen die „rothen Assisen“ nannten. Heute sagen Sie, er sei jämmerlich gescheitert nach 5tägiger Sitzung. Ich, als Mitglied dieses Kongresses, bin sehr erfreut, Sie dahin belehren zu können, daß die „rothen Assisen Berlins“ im Gegentheil zu Resultaten führten, die der durch Ihr Blatt vertretenen Kaste mehr oder weniger unangenehm sein dürften, was Sie des weitern bequem in La Reform vom 20. Nov. u. s. w. nachlesen können. Sie wundern sich, daß die Männer der Linken in der Nationalversammlung, d. h. die Republikaner und Socialdemokraten, nicht sich der durch das Volk bedrohten Männer der Rechten angenommen haben; in Deutschland mein Herr, nimmt man sich nicht seiner Feinde an, mögen Sie's wissen. Ferner werden Sie gerührt über die Abschaffung der Adelsprivilegien der Berliner Versammlung; nächstens werden Sie noch viel mehr Grund zur Rührung finden, wenn die Reihe an die „lieben Vorrechte“ der deutschen hohen Geldkaste kommt. Hermann Everbeck, Exdelegirter des deutschen Pariser Vereins auf dem Berliner Demokratenkongreß.“
Der Sturm, den die preußische Revolution in der Departementspresse hervorruft, ist wo möglich noch größer, als der in der Pariser; vier Provinzialblätter brachten den Leitartikel der „Neuen Rhein. Ztg.“: „Brandenburg in der Versammlung, die Versammlung in Brandenburg.“ Dieser Sturm trifft zusammen mit dem andern wegen der Präsidentenwahl; es ist klar, daß Cavaignac's Partei, die Bourgeoisrepublikaner á la Marrast, einen Hieb auf die Napoleoniden, d. h. Royalisten, Regentisten, Imperialisten u. s. w., riskiren will, wenn der „kaiserliche Neffe“ gewählt ist; auch soll dann, vielleicht schon vor der Wahl, dies royalistische Kränzchen in der Straße Poitiers, durch Cavaignac'sche Bajonette gesprengt werden. Diese Bajonette bedürften aber gar sehr des Beistands der Sozialdemokraten, ohne den sie heute noch glauben
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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