Neue Rheinische Zeitung. Nr. 157. Köln, 1. Dezember 1848.[unleserliches Material]pte Kroaten) und ein unendlicher Waffen- und Schießvorrath ist hingeschafft worden. Civilisten, die sich dorthin verlieren, werden von dem Militär mit mißtrauischen Blicken beobachtet; es fürchtet die demokratischen Schnüffler. Wie ich höre, sollen rund um Wien solche Zwingburgen angelegt werden. Wir werden überhaupt in Europa bald überall petits Paris und petits Cavaigna's die Hülle und Fülle zu bewundern bekommen. Der Redakteur Häfner von der Constitution, so heißt's, soll in Ollmütz zu Geständnissen abgefoltert werden, die er darum nicht machen kann, weil er keine zu machen hat. Man spricht von schnöden Mißhandlungen, die man ihm anthut. Straßen, Kaffee's Gasthäuser, Läden, Gewölbe u. s. w. sind noch immer unleidlich, wo nicht gefährlich. Gesicht und Sprache sind dort immer ganz sichere Verräther für den Fremden, der kein "Wienersch" redet. Sogleich heißt's: "Aha, wieder ein fremder Republikaner!" * Wien, 26. Nov. Windischgrätz geht mit Jellachich heute zur Armee nach Ungarn ab; die Magyaren werden morgen von 5 Seiten zugleich angegriffen werden. Von ihrem Sieg oder ihrer Niederlage hängt für Oesterreich begreiflicherweise ebensoviel ab, wie für Deutschland von dem Siege oder der Niederlage Berlin's. Blum's Leiche ist aus dem Josephinum, wo sie lag, von seiner Frau fortgenommen worden. Sie wird nach Leipzig gebracht werden. 24 Wien, 25. Nov. Der Gemeinderath macht bekannt, daß von jetzt an bei den sogenannten Nothstandsbauten nur noch unter Verantwortlichkeit und auf Rechnung von Bauunternehmern brodlose Arbeiter beschäftigt werden. Dabei sind aber sechs Kategorien gänzlich ausgeschlossen, z. B. männliche Personen unter 18, ledige Frauenspersonen unter 30 Jahren etc. Wie groß die Noth unter den Arbeitern und welcher Mangel an Beschäftigung, zeigte sich in einer der letzten Sitzungen des Gemeinderaths, wo Professor Förster berichtet, daß sich bei der Arbeiter-Kommission bereits 24,000 Personen um Beschäftigung angemeldet haben. An den Gemeinderath laufen wiederholt Denunziationen wegen verborgener Waffen ein. Die Wienschleuse wird abgelassen werden, weil man im Flußbett viele Waffen vermuthet. Ein Seitenstück zu den offiziellen Märzverlusten des Militärs in Berlin bietet der hier erschienene amtliche Nachweis über den Verlust der Truppen in den Gefechten bei Wien und Schwechat (gegen die Ungarn) vom 26. bis 31. Oktober. Er wird nämlich auf bloß 56 Offiziere, 949 Mann und 68 Pferde an Todten und Verwundeten. Wer's glaubt, wird selig; wer aber seinen Unglauben laut äußern wollte, den würde man sofort beim Kragen packen und sofort standrechtlich behandeln. Doch nein, nicht standrechtlich, blos noch kriegsrechtlich! Denn Bandit Windischgrätz erklärt in einer von gestern aus Schönbrunn datirten Proklamation, daß, da bisher an den gefährlichsten der eingezogenen Aufrührer die gefällten Standrechtsurtheile vollzogen worden, bei den noch Uebrigen das "ordentliche kriegsrechtliche Verfahren" Platz greifen soll. Wegen dieser Proklamation erläßt der aus Italien genugsam berüchtigte Welden, Gouverneur von Wien, seinerseits eine Proklamation, in welcher er die Erwartung ausspricht, "daß dieser Akt der Gnade allgemeine Anerkennung finden, dankbar gewürdigt und daß selbst noch der kleine Theil der übelgesinnten Bevölkerung hierin eine Aufforderung finden werde, den Weg des Gesetzes und der Ordnung wieder zu betreten, auf dem das Prinzip des Rechts gepaart (sic) ihnen die sie wieder aufrichtende Hand darbieten solle." Darauf mag sich Hr. Welden und der andere Kumpan verlassen, daß ihnen dieser Hohn, den sie in den ebengedachten Proklamationen zu ihren bisherigen Mordthaten hinzufügen, genau vermerkt werden wird, bis zum Tage der Rache und Vergeltung. Die Wiener Zeitung bringt heute die Nachricht vom Erschießen Dr. Becher's und Jellinek's. Unter den Gründen ihres Todesurtheils prangt auch der, daß sie "die Proklamation des Herrn Feldmarschalls herabgewürdigt und für ungesetzlich erklärt haben." Danach müßte denn auch der Reichstag -- mit Ausnahme der weggelaufenen Deputirten -- erschossen werden; denn der Reichstag hat die nämliche Proklamation gleichfalls für ungesetzlich erklärt. Ulm, 23. Nov. Ueber die Flucht Fenner's erfahren wir aus seinem Munde folgendes: Nachdem er am 8. in Wien einer Haussuchung glücklich entgangen, wurde er in einen fingirten Buchhändler-Ballen gepackt, der an einen Herrn in St. Pölten addressirt war, welcher unter den dortigen Schwarzgelben oben an steht. Von St. Pölten flüchtete er bis Linz, wozu er, der Gefahren wegen und da er blos Nachts marschiren konnte, nicht weniger als 11 Tage brauchte. In Linz nahmen sich die Demokraten seiner an und eskortirten ihn bis Salzburg. Als dort seine Anwesenheit ruchbar geworden, besetzte ein Theil der Salzburger Bürgerwehr das Gasthaus und ließ, um jede Gefahr von ihm abzuwenden, Niemanden das Haus betreten. Eine komische Scene mag es für Fenner gewesen seyn, als im Postwagen zwischen Augsburg und Ulm ein Offizier die Rede auf Fenner brachte, mit aller Macht über ihn loszog und er natürlich begeistert in die Suade des Offiziers einfiel. Vermehrt wurde das Komische dieser Unterredung noch dadurch, daß der Offizier Fenner ganz genau zu kennen behauptete. Möglich wäre das schon, da letzterer durch Abnahme seines Bartes ziemlich unkenntlich geworden ist. (Ulm. Schn.) !!! Frankfurt, den 28. November. Sitzung der National-Versammlung. Präsident Riesser eröffnet um 1/2 10 die Sitzung mit den Worten: Meine Herren, ich ersuche Sie die Verlesung des Protokolls mit etwas mehr Ruhe anzuhören, da gestern der Vorleser das selbst gesagt hat, er selbst könne vor Lärm nichts davon verstehen Das Protokoll wird genehmigt. Präsident theilt mit, daß die der Commission für R. Blums Todtenfeier eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, von der die Commission aber will, daß man diese Meinungsverschiedenheit nicht aus Parteirichtungen herleite. Darin ist die Commission einverstanden, daß dem durch gesetzwidrige Tödtung zu früh dahingeschiedenen Abgeordneten ein Andenken zu veranstalten sei. Die Meinungsverschiedenheit sei erstens formell, die Commission wolle von der Nationalversammlung wissen, ob sie (die Commission) competent sei, die Feier nach ihrem Willen zu bestimmen? (Hahahaha!) Diese Frage will Riesser erst entschieden wissen, dann kämen die andern Meinungsverschiedenheiten -- hierauf erhebt sich ein ekelhafter Streit über die Theilnahme des Publikums an dieser Feier. Man fürchtet sich vor der zu großen Theilnahme. Wigard erklärt, die Linke werde sich an dieser Debatte nicht betheiligen. Die Versammlung beschließt endlich mit 241 Stimmen gegen 156, die Commission soll nicht kompetent sein, sondern erst der Versammlung Bericht vorlegen und die Versammlung wird über dies vorgelegte Programm beschließen. (Also ein Mißtrauensvotum für die Commission: Riesser, Raveaux, Müller aus Würzburg, Wigard.) Riesser erstattet also den Bericht über dies Programm. Zu einer Kirchenfeier hat man sich geeinigt. Drei Mitglieder haben sich für einen Zug des Parlaments vom Sitzungslokale nach der Katharinenkirche mit Anschluß der städtischen Behörden, Corporationen etc. ausgesprochen. (Unter den drei Mitgliedern sind Raveaux und Wigard.) Zusatz-Anträge 1): über die ganze Feier zur Tagesordnung überzugehen, weil es eine unpassende Demonstration gegen die österreichische Regierung sei. (Diesen Antrag stellen und unterstützen die Ehrenmänner: Osterrath, Radowitz, Lassaulx, Beda Weber, Welker, Grävell, Linde, Sepp u. s. w.) Der Antrag wird verworfen. 2) Die Feier so lange aufzuschieben, bis die Reichscommissäre über die Blumsche Angelegenheit berichtet hätten. Auch dieser ehrenwerthe Antrag (unterstützt von denselben Herren) wird verworfen. Die kirchliche Feier wird angenommen. Der Zug und alles Uebrige werden (!) nicht (!) genehmigt. Hierauf treten Raveaux und Wigard mit ebenso deutlichen als braven Erklärungen aus der Commission aus. Es werden zwei andere Mitglieder erwählt werden. Aber die Feier wird wohl banquerott machen. Gravenhorst interpellirt den Handelsminister und Blumröder den Justizminister. Beide werden später antworten. Folgt ein dringlicher Antrag von Esterle aus [unleserliches Material]alavese, wie folgt: Es wolle die hohe Nationalversammlung beschließen: Das Ministerium werde aufgefordert, aus Gründen der Gerechtigkeit und Humanität, im Interesse der Ehre Deutschlands und im Interesse einer unglücklichen Nation -- mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln, sich zu verwenden, damit in den lombardisch-venezianischen Provinzen: 1) Die Militärherrschaft durch die Civilregierung ersetzt werde. Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt, und geht an den Interpellations Ausschuß. (Wohl zu schlafen!) Drei Abgeordnete zeigen ihren Austritt an. Hierauf geht man zur Tagesordnung, der Berathung über den Entwurf "das Reichsgericht" über. Die Diskussion über Paragraph 2 wird fortgesetzt mit Siemens, welcher gegen den §. spricht, zu dem er eine große Anzahl Anträge gestellt hat. Cnyrim spricht für den Entwurf. von Soiron spricht noch als Berichterstatter, er verweist fast alle abändernden Anträge zum Entwurf auf die 2. Lesung Soiron spricht 3/4 Stunden, man wird ganz irre! Abgeordnete Fischer, Siemens, Bernhardi u. s. w. stellen den präjurdiziellen Antrag, die Abstimmung über das "Reichsgericht" bis Donnerstag zu vertagen. Der Antrag wird verworfen. Folgt die Abstimmung. Der Entwurf "das Reichsgericht" wurde folgendermaaßen angenommen. §. 1. "Die dem Reiche zustehende Gerichtsbarkeit wird durch ein Reichsgericht ausgeübt" §. 2. Zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören: a) Streitigkeiten zwischen der Reichsgewalt und den Einzelstaaten, über den Umfang ihrer Befugnisse. §. 3. Ueber die Frage, ob der Fall zur Entscheidung des Reichsgerichts geeignet sei, erkennt einzig und allein das Reichsgericht selbst. (Antrag von Knyrim.) §. 4 Ueber die Einsetzung und Organisation des Reichsgerichts, über das Verfahren und die Vollziehung der reichtsgerichtlichen Entscheidungen und Verfugungen wird ein besonderes Gesetz ergehen. Als Zusatzparagraph wird angenommen: "Die Worte "mit Urtheilsfallung durch Geschworene", sind in diesem ganzen Theile der Verfassung wegzulassen, und die nähere Bestimmung darüber in die Reichsgerichtsordnung zu verweisen." Dieser Zusatz wurde mit 211 Stimmen gegen 171 genehmigt. Giskra beantragt morgen Sitzung zu halten. (Centren: Nein! Nein!) Donnerstag ist nehmlich Todtenfeier für Rob. Blum und Freitag Buß- und Bettag. Man beschließt mit schwacher Majorität morgen Sitzung zu halten. Tagesordnung: 1) ein längsterwarteter Bericht des österreichischen Ausschusses. 2) Bericht über Aufhebung der Flußzölle. 3) Bericht über die rückständigen mährischen Wahlen. 4) Bericht über die Beschwerden der Seegelschiffahrt etc. Schluß der Sitzung um 1/2 4 Uhr. X Karlsruhe, 28. Nov. Im Laufe der letzten Woche entdeckte ein Wachtmeister bei der Artillerie in Gottesaue vor der Bettstelle des Korporals Schritels ein Heckerbild. Er verwarnte den Sch. und ersuchte ihn, das Bild verschwinden zu machen. Sch. achtete nicht der sorglichen Mahnung. Kurz darauf stürmt Hauptmann Großmann in das Zimmer des Sch., bemerkt den falschen Heckerfetisch und gebietet dem Sch. in barschem, heftigem, standesrechtlichem Militärkommandotone das Bild auf der Stelle zu beseitigen. "Es ist eine Schande," ruft der große Hauptmann Großmann aus, "es ist eine Schande," wiederholt er in erhöhtem Stimmtone, "es ist eine Schande," brüllt der große Großmann zum drittenmale, "es ist eine Schande für einen Soldaten, ein derartiges Bild zu kaufen und in seinem Zimmer aufzuhängen." "Kaufen Sie," fuhr er patriarchalisch ermahnend fort, "kaufen Sie dafür den Großherzog u. dgl." Der Korporal Sch. erwiedert: "er wisse nicht warum? Das fragliche Bild sei ein Bild wie ein anderes Bild und dazu ein ganz unschuldiges Bild." Einstweilen entfernt sich also Großmann knurrend aus Sch.'s Zimmer und das Heckerbild bleibt auf seinem Platze. Einige Tage darauf nimmt Oberst Schuberg (früher Schuhknecht) Zimmervisitation vor. Sch. erhält Wind davon und verbirgt seinen Heckerfetisch. Als die Reihe der Visitation an des Korporals Zimmer kdmmt, ruft der große Hauptmann Großmann mit allen Zeichen des Entsetzens: "Hier in diesem Zimmer Herr Oberst ist es." Der Oberst findet es aber nicht. Das Zimmer war so leer von Bildern, wie das Allerheiligste im Tempel Salomonis. Und der "edle" Hauptmann sprach: "An dieser Bettstelle hier hat es gehangen und dieser da (auf Sch. zeigend), ist der Mann." Also sprach Großmann. Die Moral von der Geschichte war, daß der Korporal Sch. zu zwei Tagen Dunkelarrest und der erwähnte Wachtmeister wegen vernachläßigter alsbaldiger Anzeige zu vier Tagen Zimmerarrest verurtheilt wurde. Das ist das große Ebentheuer von dem erschrecklichen Kampfe des Hauptmanns Großmann mit dem Heckerbilde. Großmann verdient in feiner Reichsdenkmünze verewigt zu werden. Mannheim, den 25. Nov. Nachdem bei dem bekannten Kriegszustande unserer Stadt die Bürgerwehr aufgelös't worden, ist nunmehr nach 7 Monaten mit einer Reorganisation derselben begonnen worden. Die Offizierswahlen haben bereits stattgefunden, wobei in allen 10 Fähnlein die von der Volkspartei in Vorschlag gebrachten Kandidaten jedesmal mit weit überwiegender Stimmenmehrheit durchgesetzt wurden. * Mainz, 28. Nov. Während sonst die Sontagssitzungen des demokratischen Vereins von preußischen Soldaten, namentlich in letzter Zeit, überaus zahlreich besucht waren, ließ sich in der am Sonntag abgehaltenen Niemand von diesen bisherigen Gästen sehen. Sie blieben nicht freiwillig aus. Es war den Unteroffizieren und Soldaten der Besuch der Vereinssitzungen ausdrücklich verboten worden. Die Hrn. Offiziere wollten indeß ganz sicher zu Werke gehen, daß ja keins von ihren Schäflein ferner vom liberalen Gift angesteckt werde. Zu diesem Zweck waren am Sonntage mehrere Feldwebel und Unteroffiziere am Eingang zum "Frankfurter Hof" -- dem Sitzungslokale -- aufgestellt, die jeden Soldaten, der Theil nehmen wollte, zurückwiesen. Triest, 21. Nov. Caorle soll von den Venetianern genommen worden sein, was auch sehr wahrscheinlich, da die Cernirung Venedigs nur sehr unvollkommen ist und von den schwachen Kräften, die in den jetzigen Verhältnissen dazu verwendet werden können, auch nicht besser gehandhabt werden kann. Italien. * Garibaldi ist im Triumph in Bologna eingezogen. Von der Behörde war ihm der Eintritt untersagt, vom Volke aber sehr bald erzwungen worden. In Alessandria waren am Abend des 18. November wieder Unruhen. Auf dem Schloßplatze fanden Unruhen statt, in deren Mitte der Schrei ertönte: Tod dem Ministerium! Zwei Schwadronen Kavallerie zerstreuten die Menge und man nahm einige Verhaftungen vor. Am Donnerstage vorher hatte der Herzog von Savoyen die Stadt verlassen, um sich nach Valenza zu begeben. Vor der Stadt sah er sich von einer Menge Frauen, Müttern und Schwestern von Soldaten umgeben, welche ihm Bittschriften überreichten. Im Lucca konnte am 16. November die Ziehung der Militärpflichtigen nicht stattfinden. Die Menge warf die Urnen um, und ließ die Zettel weit umherfliegen. ** Mailand, 22. Nov. Vor mir liegt die Fortsetzung der berüchtigten Radetzki'schen Brandschatzungsliste. Diesmal sind es 72 Namen, die zusammen vierzehn Millionen, hundert fünfzig Zwanziger zahlen sollen. Darunter sind wieder fünf mit 800,000, zwei mit 600,000, sechs mit 500,000 Zwanziger u. s. w. aufgeführt. Diesmal kommt Radetzki seinem Zweck, den Handel floriren zu machen, schon näher. Wenigstens finde ich die Namen angesehener Kaufleute auf der Liste, Besana Gebrüder 80,000 Zw., Felix Besana 50,000 Zw., Gaetano Besana 40,000 Zw., Carlo Gaggi 40,000 Zw. u. s. w. mitten unter der Blüthe des lombardischen Adels. Das Geld, das Abends im Cafe Veronese im Seidenhandel verdient wird, ist dem Marschall Radetzki ebenso lieb wie die Dukaten der Herzöge Litta und Visconti, der Marchesen Melzi und D'Adda. Die bekannte Fürstin Belgiojoso steht ebenfalls mit 800,000 Zwanziger auf der Liste, und der letzte der Besteuerten ist -- eine Schmach, wie sie bis jetzt noch kein Soldat auf sich geladen -- das große Hospital von Mailand mit viermalhunderttausend Zwanziger! Die Niederträchtigkeit, die darin liegt, ein Hospital zu besteuern, wird aber doppelt, wenn man weiß, daß die östreichische Regierung diesem Hospital mehrere Millionen seit langer Zeit schuldig ist! Und dabei erklärt Radetzki, ein Theil der Steuer sei zur Unterstützung der Armen bestimmt! Das Proletariat von Mailand indeß hat die Nachricht von dieser Besteuerung der Adligen und großen Bourgeois mit dem Ausrufe aufgenommen: "Etwas Gutes thut Radetzki doch: er ruinirt die, die uns verrathen haben!" Dieser Ausruf, den man auf allen unsern öffentlichen Plätzen hören kann, und der von Gruppen von Arbeitern vor den Palästen mehrerer der Besteuerten laut ausgerufen wurde, malt die hiesige Lage der Parteien besser als jede Schilderung. Es sind die Kämpfer vom 19. März, die so sprechen; wie in Wien, wie in Berlin haben wir hier ein echt revolutionäres, demokratisches Proletariat und eine schwankende, zaghafte, für ihre Reichthümer besorgte besitzende Klasse, deren Unentschiedenheit und Furchtsamkeit die Revolution zu Grunde gerichtet hat. Inzwischen hat die Bourgeoisie, durch die Brandschatzung an den Abhang des Ruins gebracht, sich in Bewegung gesetzt, und in Montecuculi eine Stütze gefunden. Dieser, der vergeblich versucht hatte, Radetzki von der Brandschatzung abzubringen, ließ den Obertribunalrath Pedertani von Verona kommen, damit er über die Proklamation vom 11. konsultirt werde. Pedertani erklärte dem Marschall, daß ein solches Gesetz in den östreichischen Annalen beispiellos sei, und daß er, falls Radetzki es nicht zurückzöge, nach Olmütz gehen werde, um vom Kaiser seine Zurücknahme zu erwirken. Auch war die Rede von einer Deputation der Stadtbehörden nach Olmütz. Nun heißt es, Radetzki habe die Brandschatzung suspendirt, aber zugleich bereits Sorge getragen sie durch andere Steuern zu ersetzen, nämlich 1) durch eine Zuglagesteuer von vier Centesimi auf den Scudo der Steuerabschätzung; 2) durch eine Kapitalsteuer; 3) durch vier Millionen auf die Kaufmannschaft, und 4) durch noch eine Steuer, wahrscheinlich auf die Emigrirten. Uebrigens betreibt der alte Schlaukopf sehr die Absendung einer Deputation der städtischen Behörden nach Olmütz. Er hofft, daß die alten Hoffüchse die Lombarden dort mit Beschlag belegen und sie solange mit süßen Worten, Lügen und Versprechungen bewirthen werden, bis sie endlich in die Falle gehen und etwas östreichische Staatsschuld, etwas östreichische Konstitution und irgend einen Erzherzog übernehmen. Das fehlte noch! ** Rom, 17. Nov., Nachmittags.
Noch einige Details über den gestrigen Tag. Der Papst zauderte so lange mit der Entscheidung, weil er hoffte, die Trasteveriner und die Bevölkerung des Rione Monti würden ihm zu Hülfe kommen. Boten über Boten eilten aus dem Quirinal in diese Quartiere, wurden aber herzlich kalt empfangen. Die letzten Boten, Abends um 8 Uhr, erzählten ihnen, der Palast sei schon in Flammen; aber die Leute erwiderten: sie würden ein für allemal sich nicht dazu hergeben, Bürgerkrieg anzufangen. Auf diese Antwort gab der Papst um halb neun endlich nach, und es war hohe Zeit, denn um neun Uhr sollten die Kanonen die Thore sprengen und jeder Bewaffnete im Palast wäre niedergemacht worden. Das Volk und namentlich das Militär war in seiner Wuth nicht mehr zu mäßigen. Die Karabinieri, aus denen Rossi sich eine Prätorianergarde zu machen hoffte, waren gerade die allerwüthendsten; mehrere der ihrigen waren von den Kugeln der Schweizer getroffen, und wären sie mit dem Bajonett in den Quirinal gedrungen, kein Schweizer wäre mit dem Leben davon gekommen. Wagen mit Brennmaterialien waren auf dem Platz, um im Fall eines heftigeren Widerstandes den Palast in Brand zu stecken. Die vordere Facade ist von den Flintenkugeln wie bedeckt. Eine Kugel drang in das Zimmer, in dem der Papst sich befand. Trotz der namenlosen Verwirrung, die in ganz Rom herrscht, ist kein einziger Diebstahl begangen worden. Noch gestern Abend drang das Volk in den Palast des Kardinals Lambruschini, um diesen zu verhaften, aber er war nirgends zu finden: Man hat heute erfahren, daß er sich in einem Stalle verborgen hielt und später in einem Dragonermantel entkommen ist -- wohin, weiß man nicht. Heute Morgen um 8 Uhr versammelte sich die Guardia Civica, theils mit Säbeln, theils mit Flinten auf dem Platz Monte Cavallo vor dem Quirinal, wo das Volk schon mit Tagesanbruch die Barrikaden weggeräumt hatte. Sie beschloß, vom Pabst die Auslieferung der Schweizer zu verlaugen, und als diesen das Leben garantirt wurde, willigte der Pabst ein. Die Schweizer legten die Waffen nieder und werden heute Abend Rom verlassen. (Siehe den Verfolg in der Beilage.) [unleserliches Material]pte Kroaten) und ein unendlicher Waffen- und Schießvorrath ist hingeschafft worden. Civilisten, die sich dorthin verlieren, werden von dem Militär mit mißtrauischen Blicken beobachtet; es fürchtet die demokratischen Schnüffler. Wie ich höre, sollen rund um Wien solche Zwingburgen angelegt werden. Wir werden überhaupt in Europa bald überall petits Paris und petits Cavaigna's die Hülle und Fülle zu bewundern bekommen. Der Redakteur Häfner von der Constitution, so heißt's, soll in Ollmütz zu Geständnissen abgefoltert werden, die er darum nicht machen kann, weil er keine zu machen hat. Man spricht von schnöden Mißhandlungen, die man ihm anthut. Straßen, Kaffee's Gasthäuser, Läden, Gewölbe u. s. w. sind noch immer unleidlich, wo nicht gefährlich. Gesicht und Sprache sind dort immer ganz sichere Verräther für den Fremden, der kein „Wienersch“ redet. Sogleich heißt's: „Aha, wieder ein fremder Republikaner!“ * Wien, 26. Nov. Windischgrätz geht mit Jellachich heute zur Armee nach Ungarn ab; die Magyaren werden morgen von 5 Seiten zugleich angegriffen werden. Von ihrem Sieg oder ihrer Niederlage hängt für Oesterreich begreiflicherweise ebensoviel ab, wie für Deutschland von dem Siege oder der Niederlage Berlin's. Blum's Leiche ist aus dem Josephinum, wo sie lag, von seiner Frau fortgenommen worden. Sie wird nach Leipzig gebracht werden. 24 Wien, 25. Nov. Der Gemeinderath macht bekannt, daß von jetzt an bei den sogenannten Nothstandsbauten nur noch unter Verantwortlichkeit und auf Rechnung von Bauunternehmern brodlose Arbeiter beschäftigt werden. Dabei sind aber sechs Kategorien gänzlich ausgeschlossen, z. B. männliche Personen unter 18, ledige Frauenspersonen unter 30 Jahren etc. Wie groß die Noth unter den Arbeitern und welcher Mangel an Beschäftigung, zeigte sich in einer der letzten Sitzungen des Gemeinderaths, wo Professor Förster berichtet, daß sich bei der Arbeiter-Kommission bereits 24,000 Personen um Beschäftigung angemeldet haben. An den Gemeinderath laufen wiederholt Denunziationen wegen verborgener Waffen ein. Die Wienschleuse wird abgelassen werden, weil man im Flußbett viele Waffen vermuthet. Ein Seitenstück zu den offiziellen Märzverlusten des Militärs in Berlin bietet der hier erschienene amtliche Nachweis über den Verlust der Truppen in den Gefechten bei Wien und Schwechat (gegen die Ungarn) vom 26. bis 31. Oktober. Er wird nämlich auf bloß 56 Offiziere, 949 Mann und 68 Pferde an Todten und Verwundeten. Wer's glaubt, wird selig; wer aber seinen Unglauben laut äußern wollte, den würde man sofort beim Kragen packen und sofort standrechtlich behandeln. Doch nein, nicht standrechtlich, blos noch kriegsrechtlich! Denn Bandit Windischgrätz erklärt in einer von gestern aus Schönbrunn datirten Proklamation, daß, da bisher an den gefährlichsten der eingezogenen Aufrührer die gefällten Standrechtsurtheile vollzogen worden, bei den noch Uebrigen das „ordentliche kriegsrechtliche Verfahren“ Platz greifen soll. Wegen dieser Proklamation erläßt der aus Italien genugsam berüchtigte Welden, Gouverneur von Wien, seinerseits eine Proklamation, in welcher er die Erwartung ausspricht, „daß dieser Akt der Gnade allgemeine Anerkennung finden, dankbar gewürdigt und daß selbst noch der kleine Theil der übelgesinnten Bevölkerung hierin eine Aufforderung finden werde, den Weg des Gesetzes und der Ordnung wieder zu betreten, auf dem das Prinzip des Rechts gepaart (sic) ihnen die sie wieder aufrichtende Hand darbieten solle.“ Darauf mag sich Hr. Welden und der andere Kumpan verlassen, daß ihnen dieser Hohn, den sie in den ebengedachten Proklamationen zu ihren bisherigen Mordthaten hinzufügen, genau vermerkt werden wird, bis zum Tage der Rache und Vergeltung. Die Wiener Zeitung bringt heute die Nachricht vom Erschießen Dr. Becher's und Jellinek's. Unter den Gründen ihres Todesurtheils prangt auch der, daß sie „die Proklamation des Herrn Feldmarschalls herabgewürdigt und für ungesetzlich erklärt haben.“ Danach müßte denn auch der Reichstag — mit Ausnahme der weggelaufenen Deputirten — erschossen werden; denn der Reichstag hat die nämliche Proklamation gleichfalls für ungesetzlich erklärt. Ulm, 23. Nov. Ueber die Flucht Fenner's erfahren wir aus seinem Munde folgendes: Nachdem er am 8. in Wien einer Haussuchung glücklich entgangen, wurde er in einen fingirten Buchhändler-Ballen gepackt, der an einen Herrn in St. Pölten addressirt war, welcher unter den dortigen Schwarzgelben oben an steht. Von St. Pölten flüchtete er bis Linz, wozu er, der Gefahren wegen und da er blos Nachts marschiren konnte, nicht weniger als 11 Tage brauchte. In Linz nahmen sich die Demokraten seiner an und eskortirten ihn bis Salzburg. Als dort seine Anwesenheit ruchbar geworden, besetzte ein Theil der Salzburger Bürgerwehr das Gasthaus und ließ, um jede Gefahr von ihm abzuwenden, Niemanden das Haus betreten. Eine komische Scene mag es für Fenner gewesen seyn, als im Postwagen zwischen Augsburg und Ulm ein Offizier die Rede auf Fenner brachte, mit aller Macht über ihn loszog und er natürlich begeistert in die Suade des Offiziers einfiel. Vermehrt wurde das Komische dieser Unterredung noch dadurch, daß der Offizier Fenner ganz genau zu kennen behauptete. Möglich wäre das schon, da letzterer durch Abnahme seines Bartes ziemlich unkenntlich geworden ist. (Ulm. Schn.) !!! Frankfurt, den 28. November. Sitzung der National-Versammlung. Präsident Riesser eröffnet um 1/2 10 die Sitzung mit den Worten: Meine Herren, ich ersuche Sie die Verlesung des Protokolls mit etwas mehr Ruhe anzuhören, da gestern der Vorleser das selbst gesagt hat, er selbst könne vor Lärm nichts davon verstehen Das Protokoll wird genehmigt. Präsident theilt mit, daß die der Commission für R. Blums Todtenfeier eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, von der die Commission aber will, daß man diese Meinungsverschiedenheit nicht aus Parteirichtungen herleite. Darin ist die Commission einverstanden, daß dem durch gesetzwidrige Tödtung zu früh dahingeschiedenen Abgeordneten ein Andenken zu veranstalten sei. Die Meinungsverschiedenheit sei erstens formell, die Commission wolle von der Nationalversammlung wissen, ob sie (die Commission) competent sei, die Feier nach ihrem Willen zu bestimmen? (Hahahaha!) Diese Frage will Riesser erst entschieden wissen, dann kämen die andern Meinungsverschiedenheiten — hierauf erhebt sich ein ekelhafter Streit über die Theilnahme des Publikums an dieser Feier. Man fürchtet sich vor der zu großen Theilnahme. Wigard erklärt, die Linke werde sich an dieser Debatte nicht betheiligen. Die Versammlung beschließt endlich mit 241 Stimmen gegen 156, die Commission soll nicht kompetent sein, sondern erst der Versammlung Bericht vorlegen und die Versammlung wird über dies vorgelegte Programm beschließen. (Also ein Mißtrauensvotum für die Commission: Riesser, Raveaux, Müller aus Würzburg, Wigard.) Riesser erstattet also den Bericht über dies Programm. Zu einer Kirchenfeier hat man sich geeinigt. Drei Mitglieder haben sich für einen Zug des Parlaments vom Sitzungslokale nach der Katharinenkirche mit Anschluß der städtischen Behörden, Corporationen etc. ausgesprochen. (Unter den drei Mitgliedern sind Raveaux und Wigard.) Zusatz-Anträge 1): über die ganze Feier zur Tagesordnung überzugehen, weil es eine unpassende Demonstration gegen die österreichische Regierung sei. (Diesen Antrag stellen und unterstützen die Ehrenmänner: Osterrath, Radowitz, Lassaulx, Beda Weber, Welker, Grävell, Linde, Sepp u. s. w.) Der Antrag wird verworfen. 2) Die Feier so lange aufzuschieben, bis die Reichscommissäre über die Blumsche Angelegenheit berichtet hätten. Auch dieser ehrenwerthe Antrag (unterstützt von denselben Herren) wird verworfen. Die kirchliche Feier wird angenommen. Der Zug und alles Uebrige werden (!) nicht (!) genehmigt. Hierauf treten Raveaux und Wigard mit ebenso deutlichen als braven Erklärungen aus der Commission aus. Es werden zwei andere Mitglieder erwählt werden. Aber die Feier wird wohl banquerott machen. Gravenhorst interpellirt den Handelsminister und Blumröder den Justizminister. Beide werden später antworten. Folgt ein dringlicher Antrag von Esterle aus [unleserliches Material]alavese, wie folgt: Es wolle die hohe Nationalversammlung beschließen: Das Ministerium werde aufgefordert, aus Gründen der Gerechtigkeit und Humanität, im Interesse der Ehre Deutschlands und im Interesse einer unglücklichen Nation — mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln, sich zu verwenden, damit in den lombardisch-venezianischen Provinzen: 1) Die Militärherrschaft durch die Civilregierung ersetzt werde. Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt, und geht an den Interpellations Ausschuß. (Wohl zu schlafen!) Drei Abgeordnete zeigen ihren Austritt an. Hierauf geht man zur Tagesordnung, der Berathung über den Entwurf „das Reichsgericht“ über. Die Diskussion über Paragraph 2 wird fortgesetzt mit Siemens, welcher gegen den §. spricht, zu dem er eine große Anzahl Anträge gestellt hat. Cnyrim spricht für den Entwurf. von Soiron spricht noch als Berichterstatter, er verweist fast alle abändernden Anträge zum Entwurf auf die 2. Lesung Soiron spricht 3/4 Stunden, man wird ganz irre! Abgeordnete Fischer, Siemens, Bernhardi u. s. w. stellen den präjurdiziellen Antrag, die Abstimmung über das „Reichsgericht“ bis Donnerstag zu vertagen. Der Antrag wird verworfen. Folgt die Abstimmung. Der Entwurf „das Reichsgericht“ wurde folgendermaaßen angenommen. §. 1. „Die dem Reiche zustehende Gerichtsbarkeit wird durch ein Reichsgericht ausgeübt“ §. 2. Zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören: a) Streitigkeiten zwischen der Reichsgewalt und den Einzelstaaten, über den Umfang ihrer Befugnisse. §. 3. Ueber die Frage, ob der Fall zur Entscheidung des Reichsgerichts geeignet sei, erkennt einzig und allein das Reichsgericht selbst. (Antrag von Knyrim.) §. 4 Ueber die Einsetzung und Organisation des Reichsgerichts, über das Verfahren und die Vollziehung der reichtsgerichtlichen Entscheidungen und Verfugungen wird ein besonderes Gesetz ergehen. Als Zusatzparagraph wird angenommen: „Die Worte „mit Urtheilsfallung durch Geschworene“, sind in diesem ganzen Theile der Verfassung wegzulassen, und die nähere Bestimmung darüber in die Reichsgerichtsordnung zu verweisen.“ Dieser Zusatz wurde mit 211 Stimmen gegen 171 genehmigt. Giskra beantragt morgen Sitzung zu halten. (Centren: Nein! Nein!) Donnerstag ist nehmlich Todtenfeier für Rob. Blum und Freitag Buß- und Bettag. Man beschließt mit schwacher Majorität morgen Sitzung zu halten. Tagesordnung: 1) ein längsterwarteter Bericht des österreichischen Ausschusses. 2) Bericht über Aufhebung der Flußzölle. 3) Bericht über die rückständigen mährischen Wahlen. 4) Bericht über die Beschwerden der Seegelschiffahrt etc. Schluß der Sitzung um 1/2 4 Uhr. X Karlsruhe, 28. Nov. Im Laufe der letzten Woche entdeckte ein Wachtmeister bei der Artillerie in Gottesaue vor der Bettstelle des Korporals Schritels ein Heckerbild. Er verwarnte den Sch. und ersuchte ihn, das Bild verschwinden zu machen. Sch. achtete nicht der sorglichen Mahnung. Kurz darauf stürmt Hauptmann Großmann in das Zimmer des Sch., bemerkt den falschen Heckerfetisch und gebietet dem Sch. in barschem, heftigem, standesrechtlichem Militärkommandotone das Bild auf der Stelle zu beseitigen. „Es ist eine Schande,“ ruft der große Hauptmann Großmann aus, „es ist eine Schande,“ wiederholt er in erhöhtem Stimmtone, „es ist eine Schande,“ brüllt der große Großmann zum drittenmale, „es ist eine Schande für einen Soldaten, ein derartiges Bild zu kaufen und in seinem Zimmer aufzuhängen.“ „Kaufen Sie,“ fuhr er patriarchalisch ermahnend fort, „kaufen Sie dafür den Großherzog u. dgl.“ Der Korporal Sch. erwiedert: „er wisse nicht warum? Das fragliche Bild sei ein Bild wie ein anderes Bild und dazu ein ganz unschuldiges Bild.“ Einstweilen entfernt sich also Großmann knurrend aus Sch.'s Zimmer und das Heckerbild bleibt auf seinem Platze. Einige Tage darauf nimmt Oberst Schuberg (früher Schuhknecht) Zimmervisitation vor. Sch. erhält Wind davon und verbirgt seinen Heckerfetisch. Als die Reihe der Visitation an des Korporals Zimmer kdmmt, ruft der große Hauptmann Großmann mit allen Zeichen des Entsetzens: „Hier in diesem Zimmer Herr Oberst ist es.“ Der Oberst findet es aber nicht. Das Zimmer war so leer von Bildern, wie das Allerheiligste im Tempel Salomonis. Und der „edle“ Hauptmann sprach: „An dieser Bettstelle hier hat es gehangen und dieser da (auf Sch. zeigend), ist der Mann.“ Also sprach Großmann. Die Moral von der Geschichte war, daß der Korporal Sch. zu zwei Tagen Dunkelarrest und der erwähnte Wachtmeister wegen vernachläßigter alsbaldiger Anzeige zu vier Tagen Zimmerarrest verurtheilt wurde. Das ist das große Ebentheuer von dem erschrecklichen Kampfe des Hauptmanns Großmann mit dem Heckerbilde. Großmann verdient in feiner Reichsdenkmünze verewigt zu werden. Mannheim, den 25. Nov. Nachdem bei dem bekannten Kriegszustande unserer Stadt die Bürgerwehr aufgelös't worden, ist nunmehr nach 7 Monaten mit einer Reorganisation derselben begonnen worden. Die Offizierswahlen haben bereits stattgefunden, wobei in allen 10 Fähnlein die von der Volkspartei in Vorschlag gebrachten Kandidaten jedesmal mit weit überwiegender Stimmenmehrheit durchgesetzt wurden. * Mainz, 28. Nov. Während sonst die Sontagssitzungen des demokratischen Vereins von preußischen Soldaten, namentlich in letzter Zeit, überaus zahlreich besucht waren, ließ sich in der am Sonntag abgehaltenen Niemand von diesen bisherigen Gästen sehen. Sie blieben nicht freiwillig aus. Es war den Unteroffizieren und Soldaten der Besuch der Vereinssitzungen ausdrücklich verboten worden. Die Hrn. Offiziere wollten indeß ganz sicher zu Werke gehen, daß ja keins von ihren Schäflein ferner vom liberalen Gift angesteckt werde. Zu diesem Zweck waren am Sonntage mehrere Feldwebel und Unteroffiziere am Eingang zum „Frankfurter Hof“ — dem Sitzungslokale — aufgestellt, die jeden Soldaten, der Theil nehmen wollte, zurückwiesen. Triest, 21. Nov. Caorle soll von den Venetianern genommen worden sein, was auch sehr wahrscheinlich, da die Cernirung Venedigs nur sehr unvollkommen ist und von den schwachen Kräften, die in den jetzigen Verhältnissen dazu verwendet werden können, auch nicht besser gehandhabt werden kann. Italien. * Garibaldi ist im Triumph in Bologna eingezogen. Von der Behörde war ihm der Eintritt untersagt, vom Volke aber sehr bald erzwungen worden. In Alessandria waren am Abend des 18. November wieder Unruhen. Auf dem Schloßplatze fanden Unruhen statt, in deren Mitte der Schrei ertönte: Tod dem Ministerium! Zwei Schwadronen Kavallerie zerstreuten die Menge und man nahm einige Verhaftungen vor. Am Donnerstage vorher hatte der Herzog von Savoyen die Stadt verlassen, um sich nach Valenza zu begeben. Vor der Stadt sah er sich von einer Menge Frauen, Müttern und Schwestern von Soldaten umgeben, welche ihm Bittschriften überreichten. Im Lucca konnte am 16. November die Ziehung der Militärpflichtigen nicht stattfinden. Die Menge warf die Urnen um, und ließ die Zettel weit umherfliegen. ** Mailand, 22. Nov. Vor mir liegt die Fortsetzung der berüchtigten Radetzki'schen Brandschatzungsliste. Diesmal sind es 72 Namen, die zusammen vierzehn Millionen, hundert fünfzig Zwanziger zahlen sollen. Darunter sind wieder fünf mit 800,000, zwei mit 600,000, sechs mit 500,000 Zwanziger u. s. w. aufgeführt. Diesmal kommt Radetzki seinem Zweck, den Handel floriren zu machen, schon näher. Wenigstens finde ich die Namen angesehener Kaufleute auf der Liste, Besana Gebrüder 80,000 Zw., Felix Besana 50,000 Zw., Gaetano Besana 40,000 Zw., Carlo Gaggi 40,000 Zw. u. s. w. mitten unter der Blüthe des lombardischen Adels. Das Geld, das Abends im Café Veronese im Seidenhandel verdient wird, ist dem Marschall Radetzki ebenso lieb wie die Dukaten der Herzöge Litta und Visconti, der Marchesen Melzi und D'Adda. Die bekannte Fürstin Belgiojoso steht ebenfalls mit 800,000 Zwanziger auf der Liste, und der letzte der Besteuerten ist — eine Schmach, wie sie bis jetzt noch kein Soldat auf sich geladen — das große Hospital von Mailand mit viermalhunderttausend Zwanziger! Die Niederträchtigkeit, die darin liegt, ein Hospital zu besteuern, wird aber doppelt, wenn man weiß, daß die östreichische Regierung diesem Hospital mehrere Millionen seit langer Zeit schuldig ist! Und dabei erklärt Radetzki, ein Theil der Steuer sei zur Unterstützung der Armen bestimmt! Das Proletariat von Mailand indeß hat die Nachricht von dieser Besteuerung der Adligen und großen Bourgeois mit dem Ausrufe aufgenommen: „Etwas Gutes thut Radetzki doch: er ruinirt die, die uns verrathen haben!“ Dieser Ausruf, den man auf allen unsern öffentlichen Plätzen hören kann, und der von Gruppen von Arbeitern vor den Palästen mehrerer der Besteuerten laut ausgerufen wurde, malt die hiesige Lage der Parteien besser als jede Schilderung. Es sind die Kämpfer vom 19. März, die so sprechen; wie in Wien, wie in Berlin haben wir hier ein echt revolutionäres, demokratisches Proletariat und eine schwankende, zaghafte, für ihre Reichthümer besorgte besitzende Klasse, deren Unentschiedenheit und Furchtsamkeit die Revolution zu Grunde gerichtet hat. Inzwischen hat die Bourgeoisie, durch die Brandschatzung an den Abhang des Ruins gebracht, sich in Bewegung gesetzt, und in Montecuculi eine Stütze gefunden. Dieser, der vergeblich versucht hatte, Radetzki von der Brandschatzung abzubringen, ließ den Obertribunalrath Pedertani von Verona kommen, damit er über die Proklamation vom 11. konsultirt werde. Pedertani erklärte dem Marschall, daß ein solches Gesetz in den östreichischen Annalen beispiellos sei, und daß er, falls Radetzki es nicht zurückzöge, nach Olmütz gehen werde, um vom Kaiser seine Zurücknahme zu erwirken. Auch war die Rede von einer Deputation der Stadtbehörden nach Olmütz. Nun heißt es, Radetzki habe die Brandschatzung suspendirt, aber zugleich bereits Sorge getragen sie durch andere Steuern zu ersetzen, nämlich 1) durch eine Zuglagesteuer von vier Centesimi auf den Scudo der Steuerabschätzung; 2) durch eine Kapitalsteuer; 3) durch vier Millionen auf die Kaufmannschaft, und 4) durch noch eine Steuer, wahrscheinlich auf die Emigrirten. Uebrigens betreibt der alte Schlaukopf sehr die Absendung einer Deputation der städtischen Behörden nach Olmütz. Er hofft, daß die alten Hoffüchse die Lombarden dort mit Beschlag belegen und sie solange mit süßen Worten, Lügen und Versprechungen bewirthen werden, bis sie endlich in die Falle gehen und etwas östreichische Staatsschuld, etwas östreichische Konstitution und irgend einen Erzherzog übernehmen. Das fehlte noch! ** Rom, 17. Nov., Nachmittags.
Noch einige Details über den gestrigen Tag. Der Papst zauderte so lange mit der Entscheidung, weil er hoffte, die Trasteveriner und die Bevölkerung des Rione Monti würden ihm zu Hülfe kommen. Boten über Boten eilten aus dem Quirinal in diese Quartiere, wurden aber herzlich kalt empfangen. Die letzten Boten, Abends um 8 Uhr, erzählten ihnen, der Palast sei schon in Flammen; aber die Leute erwiderten: sie würden ein für allemal sich nicht dazu hergeben, Bürgerkrieg anzufangen. Auf diese Antwort gab der Papst um halb neun endlich nach, und es war hohe Zeit, denn um neun Uhr sollten die Kanonen die Thore sprengen und jeder Bewaffnete im Palast wäre niedergemacht worden. Das Volk und namentlich das Militär war in seiner Wuth nicht mehr zu mäßigen. Die Karabinieri, aus denen Rossi sich eine Prätorianergarde zu machen hoffte, waren gerade die allerwüthendsten; mehrere der ihrigen waren von den Kugeln der Schweizer getroffen, und wären sie mit dem Bajonett in den Quirinal gedrungen, kein Schweizer wäre mit dem Leben davon gekommen. Wagen mit Brennmaterialien waren auf dem Platz, um im Fall eines heftigeren Widerstandes den Palast in Brand zu stecken. Die vordere Facade ist von den Flintenkugeln wie bedeckt. Eine Kugel drang in das Zimmer, in dem der Papst sich befand. Trotz der namenlosen Verwirrung, die in ganz Rom herrscht, ist kein einziger Diebstahl begangen worden. Noch gestern Abend drang das Volk in den Palast des Kardinals Lambruschini, um diesen zu verhaften, aber er war nirgends zu finden: Man hat heute erfahren, daß er sich in einem Stalle verborgen hielt und später in einem Dragonermantel entkommen ist — wohin, weiß man nicht. Heute Morgen um 8 Uhr versammelte sich die Guardia Civica, theils mit Säbeln, theils mit Flinten auf dem Platz Monte Cavallo vor dem Quirinal, wo das Volk schon mit Tagesanbruch die Barrikaden weggeräumt hatte. Sie beschloß, vom Pabst die Auslieferung der Schweizer zu verlaugen, und als diesen das Leben garantirt wurde, willigte der Pabst ein. Die Schweizer legten die Waffen nieder und werden heute Abend Rom verlassen. (Siehe den Verfolg in der Beilage.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar157_013" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0833"/><gap reason="illegible"/>pte Kroaten) und ein unendlicher Waffen- und Schießvorrath ist hingeschafft worden. Civilisten, die sich dorthin verlieren, werden von dem Militär mit mißtrauischen Blicken beobachtet; es fürchtet die demokratischen Schnüffler. Wie ich höre, sollen rund um Wien solche Zwingburgen angelegt werden. Wir werden überhaupt in Europa bald überall petits Paris und petits Cavaigna's die Hülle und Fülle zu bewundern bekommen.</p> <p>Der Redakteur Häfner von der Constitution, so heißt's, soll in Ollmütz zu Geständnissen abgefoltert werden, die er darum nicht machen kann, weil er keine zu machen hat. Man spricht von schnöden Mißhandlungen, die man ihm anthut. Straßen, Kaffee's Gasthäuser, Läden, Gewölbe u. s. w. sind noch immer unleidlich, wo nicht gefährlich. Gesicht und Sprache sind dort immer ganz sichere Verräther für den Fremden, der kein „Wienersch“ redet. Sogleich heißt's: „Aha, wieder ein fremder Republikaner!“</p> </div> <div xml:id="ar157_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 26. Nov.</head> <p>Windischgrätz geht mit Jellachich heute zur Armee nach Ungarn ab; die Magyaren werden morgen von 5 Seiten zugleich angegriffen werden. Von ihrem Sieg oder ihrer Niederlage hängt für Oesterreich begreiflicherweise ebensoviel ab, wie für Deutschland von dem Siege oder der Niederlage Berlin's.</p> <p>Blum's Leiche ist aus dem Josephinum, wo sie lag, von seiner Frau fortgenommen worden. Sie wird nach Leipzig gebracht werden.</p> </div> <div xml:id="ar157_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 25. Nov.</head> <p>Der Gemeinderath macht bekannt, daß von jetzt an bei den sogenannten Nothstandsbauten nur noch unter Verantwortlichkeit und auf Rechnung von Bauunternehmern brodlose Arbeiter beschäftigt werden. Dabei sind aber sechs Kategorien gänzlich ausgeschlossen, z. B. männliche Personen unter 18, ledige Frauenspersonen unter 30 Jahren etc. Wie groß die Noth unter den Arbeitern und welcher Mangel an Beschäftigung, zeigte sich in einer der letzten Sitzungen des Gemeinderaths, wo Professor Förster berichtet, daß sich bei der Arbeiter-Kommission bereits 24,000 Personen um Beschäftigung angemeldet haben. An den Gemeinderath laufen wiederholt Denunziationen wegen verborgener Waffen ein. Die Wienschleuse wird abgelassen werden, weil man im Flußbett viele Waffen vermuthet. Ein Seitenstück zu den offiziellen Märzverlusten des Militärs in Berlin bietet der hier erschienene amtliche Nachweis über den Verlust der Truppen in den Gefechten bei Wien und Schwechat (gegen die Ungarn) vom 26. bis 31. Oktober. Er wird nämlich auf bloß 56 Offiziere, 949 Mann und 68 Pferde an Todten und Verwundeten. Wer's glaubt, wird selig; wer aber seinen Unglauben laut äußern wollte, den würde man sofort beim Kragen packen und sofort standrechtlich behandeln. Doch nein, nicht standrechtlich, blos noch kriegsrechtlich! Denn Bandit Windischgrätz erklärt in einer von gestern aus Schönbrunn datirten Proklamation, daß, da bisher an den gefährlichsten der eingezogenen Aufrührer die gefällten Standrechtsurtheile vollzogen worden, bei den noch Uebrigen das „ordentliche kriegsrechtliche Verfahren“ Platz greifen soll. Wegen dieser Proklamation erläßt der aus Italien genugsam berüchtigte Welden, Gouverneur von Wien, seinerseits eine Proklamation, in welcher er die Erwartung ausspricht, „daß dieser Akt der <hi rendition="#g">Gnade</hi> allgemeine Anerkennung finden, <hi rendition="#g">dankbar</hi> gewürdigt und daß selbst noch der kleine Theil der übelgesinnten Bevölkerung hierin eine Aufforderung finden werde, den Weg des Gesetzes und der Ordnung wieder zu betreten, auf dem das Prinzip des Rechts gepaart (sic) ihnen die sie wieder aufrichtende Hand darbieten solle.“ Darauf mag sich Hr. Welden und der andere Kumpan verlassen, daß ihnen dieser Hohn, den sie in den ebengedachten Proklamationen zu ihren bisherigen Mordthaten hinzufügen, genau vermerkt werden wird, bis zum Tage der Rache und Vergeltung. Die Wiener Zeitung bringt heute die Nachricht vom Erschießen Dr. Becher's und Jellinek's. Unter den Gründen ihres Todesurtheils prangt auch der, daß sie „die Proklamation des Herrn Feldmarschalls herabgewürdigt und für ungesetzlich erklärt haben.“ Danach müßte denn auch der Reichstag — mit Ausnahme der weggelaufenen Deputirten — erschossen werden; denn der Reichstag hat die nämliche Proklamation gleichfalls für ungesetzlich erklärt.</p> </div> <div xml:id="ar157_016" type="jArticle"> <head>Ulm, 23. Nov.</head> <p>Ueber die Flucht Fenner's erfahren wir aus seinem Munde folgendes: Nachdem er am 8. in Wien einer Haussuchung glücklich entgangen, wurde er in einen fingirten Buchhändler-Ballen gepackt, der an einen Herrn in St. Pölten addressirt war, welcher unter den dortigen Schwarzgelben oben an steht. Von St. Pölten flüchtete er bis Linz, wozu er, der Gefahren wegen und da er blos Nachts marschiren konnte, nicht weniger als 11 Tage brauchte. In Linz nahmen sich die Demokraten seiner an und eskortirten ihn bis Salzburg. Als dort seine Anwesenheit ruchbar geworden, besetzte ein Theil der Salzburger Bürgerwehr das Gasthaus und ließ, um jede Gefahr von ihm abzuwenden, Niemanden das Haus betreten. Eine komische Scene mag es für Fenner gewesen seyn, als im Postwagen zwischen Augsburg und Ulm ein Offizier die Rede auf Fenner brachte, mit aller Macht über ihn loszog und er natürlich begeistert in die Suade des Offiziers einfiel. Vermehrt wurde das Komische dieser Unterredung noch dadurch, daß der Offizier Fenner ganz <hi rendition="#g">genau</hi> zu kennen behauptete. Möglich wäre das schon, da letzterer durch Abnahme seines Bartes ziemlich unkenntlich geworden ist.</p> <bibl>(Ulm. Schn.)</bibl> </div> <div xml:id="ar157_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, den 28. November.</head> <p>Sitzung der National-Versammlung.</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Riesser</hi> eröffnet um 1/2 10 die Sitzung mit den Worten: Meine Herren, ich ersuche Sie die Verlesung des Protokolls mit etwas mehr Ruhe anzuhören, da gestern der Vorleser das selbst gesagt hat, er selbst könne vor Lärm nichts davon verstehen Das Protokoll wird genehmigt. Präsident theilt mit, daß die der Commission für R. Blums Todtenfeier eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, von der die Commission aber will, daß man diese Meinungsverschiedenheit nicht aus Parteirichtungen herleite. Darin ist die Commission einverstanden, daß dem durch gesetzwidrige Tödtung zu früh dahingeschiedenen Abgeordneten ein Andenken zu veranstalten sei. Die Meinungsverschiedenheit sei erstens formell, die Commission wolle von der Nationalversammlung wissen, ob sie (die Commission) competent sei, die Feier nach ihrem Willen zu bestimmen? (Hahahaha!) Diese Frage will Riesser erst entschieden wissen, dann kämen die andern Meinungsverschiedenheiten — hierauf erhebt sich ein ekelhafter Streit über die Theilnahme des Publikums an dieser Feier. Man fürchtet sich vor der zu großen Theilnahme.</p> <p><hi rendition="#g">Wigard</hi> erklärt, die Linke werde sich an dieser Debatte nicht betheiligen. Die Versammlung beschließt endlich mit 241 Stimmen gegen 156, die Commission soll nicht kompetent sein, sondern erst der Versammlung Bericht vorlegen und die Versammlung wird über dies vorgelegte Programm beschließen. (Also ein Mißtrauensvotum für die Commission: Riesser, Raveaux, Müller aus Würzburg, Wigard.)</p> <p><hi rendition="#g">Riesser</hi> erstattet also den Bericht über dies Programm. Zu einer Kirchenfeier hat man sich geeinigt. Drei Mitglieder haben sich für einen Zug des Parlaments vom Sitzungslokale nach der Katharinenkirche mit Anschluß der städtischen Behörden, Corporationen etc. ausgesprochen. (Unter den drei Mitgliedern sind Raveaux und Wigard.)</p> <p>Zusatz-Anträge 1): über die ganze Feier zur Tagesordnung überzugehen, weil es eine unpassende Demonstration gegen die österreichische Regierung sei. (Diesen Antrag stellen und unterstützen die Ehrenmänner: Osterrath, Radowitz, Lassaulx, Beda Weber, Welker, Grävell, Linde, Sepp u. s. w.) Der Antrag wird verworfen.</p> <p>2) Die Feier so lange aufzuschieben, bis die Reichscommissäre über die Blumsche Angelegenheit berichtet hätten. Auch dieser ehrenwerthe Antrag (unterstützt von denselben Herren) wird verworfen.</p> <p>Die kirchliche Feier wird angenommen. Der Zug und alles Uebrige werden (!) <hi rendition="#g">nicht</hi> (!) genehmigt. Hierauf treten Raveaux und Wigard mit ebenso deutlichen als braven Erklärungen aus der Commission aus. Es werden zwei andere Mitglieder erwählt werden. Aber die Feier wird wohl banquerott machen.</p> <p><hi rendition="#g">Gravenhorst</hi> interpellirt den Handelsminister und Blumröder den Justizminister. Beide werden später antworten.</p> <p>Folgt ein dringlicher Antrag von Esterle aus <gap reason="illegible"/>alavese, wie folgt:</p> <p>Es wolle die hohe Nationalversammlung beschließen:</p> <p>Das Ministerium werde aufgefordert, aus Gründen der Gerechtigkeit und Humanität, im Interesse der Ehre Deutschlands und im Interesse einer unglücklichen Nation — mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln, sich zu verwenden, damit in den lombardisch-venezianischen Provinzen:</p> <p rendition="#et">1) Die Militärherrschaft durch die Civilregierung ersetzt werde.<lb/> 2) Daß die Zusicherungen Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich, sowie die übrigen Verträge geachtet und vollzogen werden, und daher die nach denselben unzuläßige, auf Privatpersonen verhängte Strafe ber gezwungenen Contributionen oder der Güterconfiscation sofort zurückgenommen werde.<lb/> 3) Daß sobald als möglich ein billiger und ehrenvoller Friede geschlossen werde.</p> <p>Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt, und geht an den Interpellations Ausschuß. (Wohl zu schlafen!)</p> <p>Drei Abgeordnete zeigen ihren Austritt an. Hierauf geht man zur Tagesordnung, der Berathung über den Entwurf „das Reichsgericht“ über.</p> <p>Die Diskussion über Paragraph 2 wird fortgesetzt mit Siemens, welcher gegen den §. spricht, zu dem er eine große Anzahl Anträge gestellt hat. Cnyrim spricht für den Entwurf. von Soiron spricht noch als Berichterstatter, er verweist fast alle abändernden Anträge zum Entwurf auf die 2. Lesung Soiron spricht 3/4 Stunden, man wird ganz irre!</p> <p>Abgeordnete Fischer, Siemens, Bernhardi u. s. w. stellen den präjurdiziellen Antrag, die Abstimmung über das „Reichsgericht“ bis Donnerstag zu vertagen. Der Antrag wird verworfen.</p> <p>Folgt die Abstimmung.</p> <p>Der Entwurf „das Reichsgericht“ wurde folgendermaaßen angenommen.</p> <p>§. 1.</p> <p>„Die dem Reiche zustehende Gerichtsbarkeit wird durch ein Reichsgericht ausgeübt“</p> <p>§. 2.</p> <p>Zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören:</p> <p rendition="#et">a) Streitigkeiten zwischen der Reichsgewalt und den Einzelstaaten, über den Umfang ihrer Befugnisse.<lb/> b) Streitigkeiten aller Art, politische und rechtliche zwischen den einzelnen deutschen Staaten gewillkürte Austräge sind nur zulässig, insoweit durch die Entscheidung der Streitfragen ein Reichsinteresse nicht beruhrt wird.<lb/> c) Streitigkeiten über Thronfolge, Regierungsfähigkeit und Regentschaft in den einzelnen Staaten.<lb/> d) Streitigkeiten zwischen der Regierung des Einzelstaates und dessen Volksvertretung, über die Gültigkeit oder Auslegung der Landesverfassung oder wegen Nichtvollziehung ihrer Bestimmungen.<lb/> e) Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung desselben wegen Aufhebung, Verletzung oder verfassungswidriger Veränderung der Landesverfassung.<lb/> f) Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung desselben, sowie gegen die Reichsregierung wegen erlittener Verletzung eines der dem deutschen Volke gewährleisteten Grundrechts. (Dieser Passus ist eingeschaltet nach einem Antrag von Schreiner [Linke und Centren.])<lb/> g) Klagen gegen den Reichsfiskus.<lb/> h) Klagen gegen deutsche Staaten, wenn die Verflichtung, dem Anspruch Genüge zu leisten, zwischen mehreren Staaten zweifelhaft oder bestritten ist, desgleichen, wenn die Verpflichtung mehrere Staaten zugleich trifft.<lb/> i) Strafgerichtsbarkeit über die Anklagen gegen die Reichsminister, wegen Verletzung der Reichsverfassung, sowie wegen aller im Gesetz über die Verantwortlichkeit der Reichsminister genannten Verbrechen.<lb/> k) Strafgerichtsbarkeit über die Anklagen gegen die Minister der Einzelstaaten wegen Verletzung der Reichs- oder Landesverfassung.<lb/> l) Strafgerichtsbarkeit in den Fällen des Landes- und Hochverraths gegen das Reich.<lb/> m) Beschwerden wegen verweigerter oder gehemmter Rechtspflege, wenn die landesgesetzlichen Mittel der Abhülfe erschöpft sind.<lb/> n) Streitigkeiten zwischen der Reichsversammlung oder den gesetzgebenden Körpern des Reiches unter sich und der Reichsregierung, welche die Auslegung der Reichverfassung betreffen, wenn die streitenden Theile sich vereinigen, die Entscheidung des Reichsgerichts einzuholen.</p> <p>§. 3.</p> <p>Ueber die Frage, ob der Fall zur Entscheidung des Reichsgerichts geeignet sei, erkennt einzig und allein das Reichsgericht selbst. (Antrag von Knyrim.)</p> <p>§. 4</p> <p>Ueber die Einsetzung und Organisation des Reichsgerichts, über das Verfahren und die Vollziehung der reichtsgerichtlichen Entscheidungen und Verfugungen wird ein besonderes Gesetz ergehen.</p> <p>Als Zusatzparagraph wird angenommen:</p> <p>„Die Worte „mit Urtheilsfallung durch Geschworene“, sind in diesem ganzen Theile der Verfassung wegzulassen, und die nähere Bestimmung darüber in die Reichsgerichtsordnung zu verweisen.“</p> <p>Dieser Zusatz wurde mit 211 Stimmen gegen 171 genehmigt.</p> <p><hi rendition="#g">Giskra</hi> beantragt morgen Sitzung zu halten. (Centren: Nein! Nein!) Donnerstag ist nehmlich Todtenfeier für Rob. Blum und Freitag Buß- und Bettag. Man beschließt mit schwacher Majorität morgen Sitzung zu halten.</p> <p>Tagesordnung: 1) ein längsterwarteter Bericht des österreichischen Ausschusses. 2) Bericht über Aufhebung der Flußzölle. 3) Bericht über die rückständigen mährischen Wahlen. 4) Bericht über die Beschwerden der Seegelschiffahrt etc.</p> <p>Schluß der Sitzung um 1/2 4 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar157_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Karlsruhe, 28. Nov.</head> <p>Im Laufe der letzten Woche entdeckte ein Wachtmeister bei der Artillerie in Gottesaue vor der Bettstelle des Korporals <hi rendition="#g">Schritels</hi> ein <hi rendition="#g">Heckerbild</hi>. Er verwarnte den Sch. und ersuchte ihn, das Bild verschwinden zu machen. Sch. achtete nicht der sorglichen Mahnung. Kurz darauf stürmt Hauptmann <hi rendition="#g">Großmann</hi> in das Zimmer des Sch., bemerkt den falschen Heckerfetisch und gebietet dem Sch. in barschem, heftigem, standesrechtlichem Militärkommandotone das Bild auf der Stelle zu beseitigen. „Es ist eine Schande,“ ruft der große Hauptmann <hi rendition="#g">Großmann</hi> aus, „es ist eine Schande,“ wiederholt er in erhöhtem Stimmtone, „es ist eine Schande,“ brüllt der große <hi rendition="#g">Großmann</hi> zum drittenmale, „es ist eine Schande für einen Soldaten, ein derartiges Bild zu kaufen und in seinem Zimmer aufzuhängen.“ „Kaufen Sie,“ fuhr er patriarchalisch ermahnend fort, „kaufen Sie dafür den <hi rendition="#g">Großherzog</hi> u. dgl.“ Der Korporal Sch. erwiedert: „er wisse nicht warum? Das fragliche Bild sei ein Bild wie ein anderes Bild und dazu ein ganz unschuldiges Bild.“</p> <p>Einstweilen entfernt sich also <hi rendition="#g">Großmann</hi> knurrend aus Sch.'s Zimmer und das Heckerbild bleibt auf seinem Platze.</p> <p>Einige Tage darauf nimmt Oberst <hi rendition="#g">Schuberg</hi> (früher Schuhknecht) Zimmervisitation vor. Sch. erhält Wind davon und verbirgt seinen Heckerfetisch.</p> <p>Als die Reihe der Visitation an des Korporals Zimmer kdmmt, ruft der große Hauptmann <hi rendition="#g">Großmann</hi> mit allen Zeichen des Entsetzens: „Hier in diesem Zimmer Herr Oberst ist es.“</p> <p>Der Oberst findet es aber nicht. Das Zimmer war so leer von Bildern, wie das <hi rendition="#g">Allerheiligste</hi> im Tempel Salomonis. Und der „<hi rendition="#g">edle</hi>“ Hauptmann sprach: „An dieser Bettstelle hier hat <hi rendition="#g">es</hi> gehangen und dieser da (auf Sch. zeigend), ist der <hi rendition="#g">Mann</hi>.“ Also sprach <hi rendition="#g">Großmann</hi>.</p> <p>Die Moral von der Geschichte war, daß der Korporal Sch. zu zwei Tagen <hi rendition="#g">Dunkelarrest</hi> und der erwähnte Wachtmeister wegen vernachläßigter alsbaldiger Anzeige zu vier Tagen Zimmerarrest verurtheilt wurde.</p> <p>Das ist das große Ebentheuer von dem erschrecklichen Kampfe des Hauptmanns <hi rendition="#g">Großmann</hi> mit dem Heckerbilde. <hi rendition="#g">Großmann</hi> verdient in feiner Reichsdenkmünze verewigt zu werden.</p> </div> <div xml:id="ar157_019" type="jArticle"> <head>Mannheim, den 25. Nov.</head> <p>Nachdem bei dem bekannten Kriegszustande unserer Stadt die Bürgerwehr aufgelös't worden, ist nunmehr nach 7 Monaten mit einer Reorganisation derselben begonnen worden. Die Offizierswahlen haben bereits stattgefunden, wobei in allen 10 Fähnlein die von der Volkspartei in Vorschlag gebrachten Kandidaten jedesmal mit weit überwiegender Stimmenmehrheit durchgesetzt wurden.</p> </div> <div xml:id="ar157_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Mainz, 28. Nov.</head> <p>Während sonst die Sontagssitzungen des demokratischen Vereins von preußischen Soldaten, namentlich in letzter Zeit, überaus zahlreich besucht waren, ließ sich in der am Sonntag abgehaltenen Niemand von diesen bisherigen Gästen sehen. Sie blieben nicht freiwillig aus. Es war den Unteroffizieren und Soldaten der Besuch der Vereinssitzungen ausdrücklich verboten worden. Die Hrn. Offiziere wollten indeß ganz sicher zu Werke gehen, daß ja keins von ihren Schäflein ferner vom liberalen Gift angesteckt werde. Zu diesem Zweck waren am Sonntage mehrere Feldwebel und Unteroffiziere am Eingang zum „Frankfurter Hof“ — dem Sitzungslokale — aufgestellt, die jeden Soldaten, der Theil nehmen wollte, zurückwiesen.</p> </div> <div xml:id="ar157_021" type="jArticle"> <head>Triest, 21. Nov.</head> <p>Caorle soll von den Venetianern genommen worden sein, was auch sehr wahrscheinlich, da die Cernirung Venedigs nur sehr unvollkommen ist und von den schwachen Kräften, die in den jetzigen Verhältnissen dazu verwendet werden können, auch nicht besser gehandhabt werden kann.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar157_022" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p><hi rendition="#g">Garibaldi</hi> ist im Triumph in Bologna eingezogen. Von der Behörde war ihm der Eintritt untersagt, vom Volke aber sehr bald erzwungen worden.</p> <p>In Alessandria waren am Abend des 18. November wieder Unruhen. Auf dem Schloßplatze fanden Unruhen statt, in deren Mitte der Schrei ertönte: Tod dem Ministerium! Zwei Schwadronen Kavallerie zerstreuten die Menge und man nahm einige Verhaftungen vor. Am Donnerstage vorher hatte der Herzog von Savoyen die Stadt verlassen, um sich nach Valenza zu begeben. Vor der Stadt sah er sich von einer Menge Frauen, Müttern und Schwestern von Soldaten umgeben, welche ihm Bittschriften überreichten. Im Lucca konnte am 16. November die Ziehung der Militärpflichtigen nicht stattfinden. Die Menge warf die Urnen um, und ließ die Zettel weit umherfliegen.</p> </div> <div xml:id="ar157_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Mailand, 22. Nov.</head> <p>Vor mir liegt die Fortsetzung der berüchtigten Radetzki'schen Brandschatzungsliste. Diesmal sind es 72 Namen, die zusammen vierzehn Millionen, hundert fünfzig Zwanziger zahlen sollen. Darunter sind wieder fünf mit 800,000, zwei mit 600,000, sechs mit 500,000 Zwanziger u. s. w. aufgeführt. Diesmal kommt Radetzki seinem Zweck, den Handel floriren zu machen, schon näher. Wenigstens finde ich die Namen angesehener Kaufleute auf der Liste, Besana Gebrüder 80,000 Zw., Felix Besana 50,000 Zw., Gaetano Besana 40,000 Zw., Carlo Gaggi 40,000 Zw. u. s. w. mitten unter der Blüthe des lombardischen Adels. Das Geld, das Abends im Café Veronese im Seidenhandel verdient wird, ist dem Marschall Radetzki ebenso lieb wie die Dukaten der Herzöge Litta und Visconti, der Marchesen Melzi und D'Adda. Die bekannte Fürstin Belgiojoso steht ebenfalls mit 800,000 Zwanziger auf der Liste, und der letzte der Besteuerten ist — eine Schmach, wie sie bis jetzt noch kein Soldat auf sich geladen — das <hi rendition="#g">große Hospital von Mailand</hi> mit <hi rendition="#g">viermalhunderttausend Zwanziger!</hi> Die Niederträchtigkeit, die darin liegt, ein Hospital zu besteuern, wird aber doppelt, wenn man weiß, daß die östreichische Regierung diesem Hospital <hi rendition="#g">mehrere Millionen seit langer Zeit schuldig ist!</hi> Und dabei erklärt Radetzki, ein Theil der Steuer sei zur Unterstützung der Armen bestimmt!</p> <p>Das Proletariat von Mailand indeß hat die Nachricht von dieser Besteuerung der Adligen und großen Bourgeois mit dem Ausrufe aufgenommen: „Etwas Gutes thut Radetzki doch: <hi rendition="#g">er ruinirt die, die uns verrathen haben!</hi>“ Dieser Ausruf, den man auf allen unsern öffentlichen Plätzen hören kann, und der von Gruppen von Arbeitern vor den Palästen mehrerer der Besteuerten laut ausgerufen wurde, malt die hiesige Lage der Parteien besser als jede Schilderung. Es sind die Kämpfer vom 19. März, die so sprechen; wie in Wien, wie in Berlin haben wir hier ein echt revolutionäres, demokratisches Proletariat und eine schwankende, zaghafte, für ihre Reichthümer besorgte besitzende Klasse, deren Unentschiedenheit und Furchtsamkeit die Revolution zu Grunde gerichtet hat.</p> <p>Inzwischen hat die Bourgeoisie, durch die Brandschatzung an den Abhang des Ruins gebracht, sich in Bewegung gesetzt, und in Montecuculi eine Stütze gefunden. Dieser, der vergeblich versucht hatte, Radetzki von der Brandschatzung abzubringen, ließ den Obertribunalrath Pedertani von Verona kommen, damit er über die Proklamation vom 11. konsultirt werde. Pedertani erklärte dem Marschall, daß ein solches Gesetz in den östreichischen Annalen beispiellos sei, und daß er, falls Radetzki es nicht zurückzöge, nach Olmütz gehen werde, um vom Kaiser seine Zurücknahme zu erwirken. Auch war die Rede von einer Deputation der Stadtbehörden nach Olmütz. Nun heißt es, Radetzki habe die Brandschatzung suspendirt, aber zugleich bereits Sorge getragen sie durch andere Steuern zu ersetzen, nämlich 1) durch eine Zuglagesteuer von vier Centesimi auf den Scudo der Steuerabschätzung; 2) durch eine Kapitalsteuer; 3) durch vier Millionen auf die Kaufmannschaft, und 4) durch noch eine Steuer, wahrscheinlich auf die Emigrirten.</p> <p>Uebrigens betreibt der alte Schlaukopf sehr die Absendung einer Deputation der städtischen Behörden nach Olmütz. Er hofft, daß die alten Hoffüchse die Lombarden dort mit Beschlag belegen und sie solange mit süßen Worten, Lügen und Versprechungen bewirthen werden, bis sie endlich in die Falle gehen und etwas östreichische Staatsschuld, etwas östreichische Konstitution und irgend einen Erzherzog übernehmen. Das fehlte noch!</p> </div> <div xml:id="ar157_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Rom, 17. Nov., Nachmittags.</head> <p>Noch einige Details über den gestrigen Tag. Der Papst zauderte so lange mit der Entscheidung, weil er hoffte, die Trasteveriner und die Bevölkerung des Rione Monti würden ihm zu Hülfe kommen. Boten über Boten eilten aus dem Quirinal in diese Quartiere, wurden aber herzlich kalt empfangen. Die letzten Boten, Abends um 8 Uhr, erzählten ihnen, der Palast sei schon in Flammen; aber die Leute erwiderten: sie würden ein für allemal sich nicht dazu hergeben, Bürgerkrieg anzufangen. Auf diese Antwort gab der Papst um halb neun endlich nach, und es war hohe Zeit, denn um neun Uhr sollten die Kanonen die Thore sprengen und jeder Bewaffnete im Palast wäre niedergemacht worden. Das Volk und namentlich das Militär war in seiner Wuth nicht mehr zu mäßigen. Die Karabinieri, aus denen Rossi sich eine Prätorianergarde zu machen hoffte, waren gerade die allerwüthendsten; mehrere der ihrigen waren von den Kugeln der Schweizer getroffen, und wären sie mit dem Bajonett in den Quirinal gedrungen, kein Schweizer wäre mit dem Leben davon gekommen. Wagen mit Brennmaterialien waren auf dem Platz, um im Fall eines heftigeren Widerstandes den Palast in Brand zu stecken. Die vordere Facade ist von den Flintenkugeln wie bedeckt. Eine Kugel drang in das Zimmer, in dem der Papst sich befand. Trotz der namenlosen Verwirrung, die in ganz Rom herrscht, ist kein einziger Diebstahl begangen worden. Noch gestern Abend drang das Volk in den Palast des Kardinals Lambruschini, um diesen zu verhaften, aber er war nirgends zu finden: Man hat heute erfahren, daß er sich in einem Stalle verborgen hielt und später in einem Dragonermantel entkommen ist — wohin, weiß man nicht.</p> <p>Heute Morgen um 8 Uhr versammelte sich die Guardia Civica, theils mit Säbeln, theils mit Flinten auf dem Platz Monte Cavallo vor dem Quirinal, wo das Volk schon mit Tagesanbruch die Barrikaden weggeräumt hatte. Sie beschloß, vom Pabst die Auslieferung der Schweizer zu verlaugen, und als diesen das Leben garantirt wurde, willigte der Pabst ein. Die Schweizer legten die Waffen nieder und werden heute Abend Rom verlassen.</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</hi> </ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0833/0003]
_ pte Kroaten) und ein unendlicher Waffen- und Schießvorrath ist hingeschafft worden. Civilisten, die sich dorthin verlieren, werden von dem Militär mit mißtrauischen Blicken beobachtet; es fürchtet die demokratischen Schnüffler. Wie ich höre, sollen rund um Wien solche Zwingburgen angelegt werden. Wir werden überhaupt in Europa bald überall petits Paris und petits Cavaigna's die Hülle und Fülle zu bewundern bekommen.
Der Redakteur Häfner von der Constitution, so heißt's, soll in Ollmütz zu Geständnissen abgefoltert werden, die er darum nicht machen kann, weil er keine zu machen hat. Man spricht von schnöden Mißhandlungen, die man ihm anthut. Straßen, Kaffee's Gasthäuser, Läden, Gewölbe u. s. w. sind noch immer unleidlich, wo nicht gefährlich. Gesicht und Sprache sind dort immer ganz sichere Verräther für den Fremden, der kein „Wienersch“ redet. Sogleich heißt's: „Aha, wieder ein fremder Republikaner!“
* Wien, 26. Nov. Windischgrätz geht mit Jellachich heute zur Armee nach Ungarn ab; die Magyaren werden morgen von 5 Seiten zugleich angegriffen werden. Von ihrem Sieg oder ihrer Niederlage hängt für Oesterreich begreiflicherweise ebensoviel ab, wie für Deutschland von dem Siege oder der Niederlage Berlin's.
Blum's Leiche ist aus dem Josephinum, wo sie lag, von seiner Frau fortgenommen worden. Sie wird nach Leipzig gebracht werden.
24 Wien, 25. Nov. Der Gemeinderath macht bekannt, daß von jetzt an bei den sogenannten Nothstandsbauten nur noch unter Verantwortlichkeit und auf Rechnung von Bauunternehmern brodlose Arbeiter beschäftigt werden. Dabei sind aber sechs Kategorien gänzlich ausgeschlossen, z. B. männliche Personen unter 18, ledige Frauenspersonen unter 30 Jahren etc. Wie groß die Noth unter den Arbeitern und welcher Mangel an Beschäftigung, zeigte sich in einer der letzten Sitzungen des Gemeinderaths, wo Professor Förster berichtet, daß sich bei der Arbeiter-Kommission bereits 24,000 Personen um Beschäftigung angemeldet haben. An den Gemeinderath laufen wiederholt Denunziationen wegen verborgener Waffen ein. Die Wienschleuse wird abgelassen werden, weil man im Flußbett viele Waffen vermuthet. Ein Seitenstück zu den offiziellen Märzverlusten des Militärs in Berlin bietet der hier erschienene amtliche Nachweis über den Verlust der Truppen in den Gefechten bei Wien und Schwechat (gegen die Ungarn) vom 26. bis 31. Oktober. Er wird nämlich auf bloß 56 Offiziere, 949 Mann und 68 Pferde an Todten und Verwundeten. Wer's glaubt, wird selig; wer aber seinen Unglauben laut äußern wollte, den würde man sofort beim Kragen packen und sofort standrechtlich behandeln. Doch nein, nicht standrechtlich, blos noch kriegsrechtlich! Denn Bandit Windischgrätz erklärt in einer von gestern aus Schönbrunn datirten Proklamation, daß, da bisher an den gefährlichsten der eingezogenen Aufrührer die gefällten Standrechtsurtheile vollzogen worden, bei den noch Uebrigen das „ordentliche kriegsrechtliche Verfahren“ Platz greifen soll. Wegen dieser Proklamation erläßt der aus Italien genugsam berüchtigte Welden, Gouverneur von Wien, seinerseits eine Proklamation, in welcher er die Erwartung ausspricht, „daß dieser Akt der Gnade allgemeine Anerkennung finden, dankbar gewürdigt und daß selbst noch der kleine Theil der übelgesinnten Bevölkerung hierin eine Aufforderung finden werde, den Weg des Gesetzes und der Ordnung wieder zu betreten, auf dem das Prinzip des Rechts gepaart (sic) ihnen die sie wieder aufrichtende Hand darbieten solle.“ Darauf mag sich Hr. Welden und der andere Kumpan verlassen, daß ihnen dieser Hohn, den sie in den ebengedachten Proklamationen zu ihren bisherigen Mordthaten hinzufügen, genau vermerkt werden wird, bis zum Tage der Rache und Vergeltung. Die Wiener Zeitung bringt heute die Nachricht vom Erschießen Dr. Becher's und Jellinek's. Unter den Gründen ihres Todesurtheils prangt auch der, daß sie „die Proklamation des Herrn Feldmarschalls herabgewürdigt und für ungesetzlich erklärt haben.“ Danach müßte denn auch der Reichstag — mit Ausnahme der weggelaufenen Deputirten — erschossen werden; denn der Reichstag hat die nämliche Proklamation gleichfalls für ungesetzlich erklärt.
Ulm, 23. Nov. Ueber die Flucht Fenner's erfahren wir aus seinem Munde folgendes: Nachdem er am 8. in Wien einer Haussuchung glücklich entgangen, wurde er in einen fingirten Buchhändler-Ballen gepackt, der an einen Herrn in St. Pölten addressirt war, welcher unter den dortigen Schwarzgelben oben an steht. Von St. Pölten flüchtete er bis Linz, wozu er, der Gefahren wegen und da er blos Nachts marschiren konnte, nicht weniger als 11 Tage brauchte. In Linz nahmen sich die Demokraten seiner an und eskortirten ihn bis Salzburg. Als dort seine Anwesenheit ruchbar geworden, besetzte ein Theil der Salzburger Bürgerwehr das Gasthaus und ließ, um jede Gefahr von ihm abzuwenden, Niemanden das Haus betreten. Eine komische Scene mag es für Fenner gewesen seyn, als im Postwagen zwischen Augsburg und Ulm ein Offizier die Rede auf Fenner brachte, mit aller Macht über ihn loszog und er natürlich begeistert in die Suade des Offiziers einfiel. Vermehrt wurde das Komische dieser Unterredung noch dadurch, daß der Offizier Fenner ganz genau zu kennen behauptete. Möglich wäre das schon, da letzterer durch Abnahme seines Bartes ziemlich unkenntlich geworden ist.
(Ulm. Schn.) !!! Frankfurt, den 28. November. Sitzung der National-Versammlung.
Präsident Riesser eröffnet um 1/2 10 die Sitzung mit den Worten: Meine Herren, ich ersuche Sie die Verlesung des Protokolls mit etwas mehr Ruhe anzuhören, da gestern der Vorleser das selbst gesagt hat, er selbst könne vor Lärm nichts davon verstehen Das Protokoll wird genehmigt. Präsident theilt mit, daß die der Commission für R. Blums Todtenfeier eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, von der die Commission aber will, daß man diese Meinungsverschiedenheit nicht aus Parteirichtungen herleite. Darin ist die Commission einverstanden, daß dem durch gesetzwidrige Tödtung zu früh dahingeschiedenen Abgeordneten ein Andenken zu veranstalten sei. Die Meinungsverschiedenheit sei erstens formell, die Commission wolle von der Nationalversammlung wissen, ob sie (die Commission) competent sei, die Feier nach ihrem Willen zu bestimmen? (Hahahaha!) Diese Frage will Riesser erst entschieden wissen, dann kämen die andern Meinungsverschiedenheiten — hierauf erhebt sich ein ekelhafter Streit über die Theilnahme des Publikums an dieser Feier. Man fürchtet sich vor der zu großen Theilnahme.
Wigard erklärt, die Linke werde sich an dieser Debatte nicht betheiligen. Die Versammlung beschließt endlich mit 241 Stimmen gegen 156, die Commission soll nicht kompetent sein, sondern erst der Versammlung Bericht vorlegen und die Versammlung wird über dies vorgelegte Programm beschließen. (Also ein Mißtrauensvotum für die Commission: Riesser, Raveaux, Müller aus Würzburg, Wigard.)
Riesser erstattet also den Bericht über dies Programm. Zu einer Kirchenfeier hat man sich geeinigt. Drei Mitglieder haben sich für einen Zug des Parlaments vom Sitzungslokale nach der Katharinenkirche mit Anschluß der städtischen Behörden, Corporationen etc. ausgesprochen. (Unter den drei Mitgliedern sind Raveaux und Wigard.)
Zusatz-Anträge 1): über die ganze Feier zur Tagesordnung überzugehen, weil es eine unpassende Demonstration gegen die österreichische Regierung sei. (Diesen Antrag stellen und unterstützen die Ehrenmänner: Osterrath, Radowitz, Lassaulx, Beda Weber, Welker, Grävell, Linde, Sepp u. s. w.) Der Antrag wird verworfen.
2) Die Feier so lange aufzuschieben, bis die Reichscommissäre über die Blumsche Angelegenheit berichtet hätten. Auch dieser ehrenwerthe Antrag (unterstützt von denselben Herren) wird verworfen.
Die kirchliche Feier wird angenommen. Der Zug und alles Uebrige werden (!) nicht (!) genehmigt. Hierauf treten Raveaux und Wigard mit ebenso deutlichen als braven Erklärungen aus der Commission aus. Es werden zwei andere Mitglieder erwählt werden. Aber die Feier wird wohl banquerott machen.
Gravenhorst interpellirt den Handelsminister und Blumröder den Justizminister. Beide werden später antworten.
Folgt ein dringlicher Antrag von Esterle aus _ alavese, wie folgt:
Es wolle die hohe Nationalversammlung beschließen:
Das Ministerium werde aufgefordert, aus Gründen der Gerechtigkeit und Humanität, im Interesse der Ehre Deutschlands und im Interesse einer unglücklichen Nation — mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln, sich zu verwenden, damit in den lombardisch-venezianischen Provinzen:
1) Die Militärherrschaft durch die Civilregierung ersetzt werde.
2) Daß die Zusicherungen Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich, sowie die übrigen Verträge geachtet und vollzogen werden, und daher die nach denselben unzuläßige, auf Privatpersonen verhängte Strafe ber gezwungenen Contributionen oder der Güterconfiscation sofort zurückgenommen werde.
3) Daß sobald als möglich ein billiger und ehrenvoller Friede geschlossen werde.
Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt, und geht an den Interpellations Ausschuß. (Wohl zu schlafen!)
Drei Abgeordnete zeigen ihren Austritt an. Hierauf geht man zur Tagesordnung, der Berathung über den Entwurf „das Reichsgericht“ über.
Die Diskussion über Paragraph 2 wird fortgesetzt mit Siemens, welcher gegen den §. spricht, zu dem er eine große Anzahl Anträge gestellt hat. Cnyrim spricht für den Entwurf. von Soiron spricht noch als Berichterstatter, er verweist fast alle abändernden Anträge zum Entwurf auf die 2. Lesung Soiron spricht 3/4 Stunden, man wird ganz irre!
Abgeordnete Fischer, Siemens, Bernhardi u. s. w. stellen den präjurdiziellen Antrag, die Abstimmung über das „Reichsgericht“ bis Donnerstag zu vertagen. Der Antrag wird verworfen.
Folgt die Abstimmung.
Der Entwurf „das Reichsgericht“ wurde folgendermaaßen angenommen.
§. 1.
„Die dem Reiche zustehende Gerichtsbarkeit wird durch ein Reichsgericht ausgeübt“
§. 2.
Zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören:
a) Streitigkeiten zwischen der Reichsgewalt und den Einzelstaaten, über den Umfang ihrer Befugnisse.
b) Streitigkeiten aller Art, politische und rechtliche zwischen den einzelnen deutschen Staaten gewillkürte Austräge sind nur zulässig, insoweit durch die Entscheidung der Streitfragen ein Reichsinteresse nicht beruhrt wird.
c) Streitigkeiten über Thronfolge, Regierungsfähigkeit und Regentschaft in den einzelnen Staaten.
d) Streitigkeiten zwischen der Regierung des Einzelstaates und dessen Volksvertretung, über die Gültigkeit oder Auslegung der Landesverfassung oder wegen Nichtvollziehung ihrer Bestimmungen.
e) Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung desselben wegen Aufhebung, Verletzung oder verfassungswidriger Veränderung der Landesverfassung.
f) Klagen der Angehörigen eines Einzelstaates gegen die Regierung desselben, sowie gegen die Reichsregierung wegen erlittener Verletzung eines der dem deutschen Volke gewährleisteten Grundrechts. (Dieser Passus ist eingeschaltet nach einem Antrag von Schreiner [Linke und Centren.])
g) Klagen gegen den Reichsfiskus.
h) Klagen gegen deutsche Staaten, wenn die Verflichtung, dem Anspruch Genüge zu leisten, zwischen mehreren Staaten zweifelhaft oder bestritten ist, desgleichen, wenn die Verpflichtung mehrere Staaten zugleich trifft.
i) Strafgerichtsbarkeit über die Anklagen gegen die Reichsminister, wegen Verletzung der Reichsverfassung, sowie wegen aller im Gesetz über die Verantwortlichkeit der Reichsminister genannten Verbrechen.
k) Strafgerichtsbarkeit über die Anklagen gegen die Minister der Einzelstaaten wegen Verletzung der Reichs- oder Landesverfassung.
l) Strafgerichtsbarkeit in den Fällen des Landes- und Hochverraths gegen das Reich.
m) Beschwerden wegen verweigerter oder gehemmter Rechtspflege, wenn die landesgesetzlichen Mittel der Abhülfe erschöpft sind.
n) Streitigkeiten zwischen der Reichsversammlung oder den gesetzgebenden Körpern des Reiches unter sich und der Reichsregierung, welche die Auslegung der Reichverfassung betreffen, wenn die streitenden Theile sich vereinigen, die Entscheidung des Reichsgerichts einzuholen.
§. 3.
Ueber die Frage, ob der Fall zur Entscheidung des Reichsgerichts geeignet sei, erkennt einzig und allein das Reichsgericht selbst. (Antrag von Knyrim.)
§. 4
Ueber die Einsetzung und Organisation des Reichsgerichts, über das Verfahren und die Vollziehung der reichtsgerichtlichen Entscheidungen und Verfugungen wird ein besonderes Gesetz ergehen.
Als Zusatzparagraph wird angenommen:
„Die Worte „mit Urtheilsfallung durch Geschworene“, sind in diesem ganzen Theile der Verfassung wegzulassen, und die nähere Bestimmung darüber in die Reichsgerichtsordnung zu verweisen.“
Dieser Zusatz wurde mit 211 Stimmen gegen 171 genehmigt.
Giskra beantragt morgen Sitzung zu halten. (Centren: Nein! Nein!) Donnerstag ist nehmlich Todtenfeier für Rob. Blum und Freitag Buß- und Bettag. Man beschließt mit schwacher Majorität morgen Sitzung zu halten.
Tagesordnung: 1) ein längsterwarteter Bericht des österreichischen Ausschusses. 2) Bericht über Aufhebung der Flußzölle. 3) Bericht über die rückständigen mährischen Wahlen. 4) Bericht über die Beschwerden der Seegelschiffahrt etc.
Schluß der Sitzung um 1/2 4 Uhr.
X Karlsruhe, 28. Nov. Im Laufe der letzten Woche entdeckte ein Wachtmeister bei der Artillerie in Gottesaue vor der Bettstelle des Korporals Schritels ein Heckerbild. Er verwarnte den Sch. und ersuchte ihn, das Bild verschwinden zu machen. Sch. achtete nicht der sorglichen Mahnung. Kurz darauf stürmt Hauptmann Großmann in das Zimmer des Sch., bemerkt den falschen Heckerfetisch und gebietet dem Sch. in barschem, heftigem, standesrechtlichem Militärkommandotone das Bild auf der Stelle zu beseitigen. „Es ist eine Schande,“ ruft der große Hauptmann Großmann aus, „es ist eine Schande,“ wiederholt er in erhöhtem Stimmtone, „es ist eine Schande,“ brüllt der große Großmann zum drittenmale, „es ist eine Schande für einen Soldaten, ein derartiges Bild zu kaufen und in seinem Zimmer aufzuhängen.“ „Kaufen Sie,“ fuhr er patriarchalisch ermahnend fort, „kaufen Sie dafür den Großherzog u. dgl.“ Der Korporal Sch. erwiedert: „er wisse nicht warum? Das fragliche Bild sei ein Bild wie ein anderes Bild und dazu ein ganz unschuldiges Bild.“
Einstweilen entfernt sich also Großmann knurrend aus Sch.'s Zimmer und das Heckerbild bleibt auf seinem Platze.
Einige Tage darauf nimmt Oberst Schuberg (früher Schuhknecht) Zimmervisitation vor. Sch. erhält Wind davon und verbirgt seinen Heckerfetisch.
Als die Reihe der Visitation an des Korporals Zimmer kdmmt, ruft der große Hauptmann Großmann mit allen Zeichen des Entsetzens: „Hier in diesem Zimmer Herr Oberst ist es.“
Der Oberst findet es aber nicht. Das Zimmer war so leer von Bildern, wie das Allerheiligste im Tempel Salomonis. Und der „edle“ Hauptmann sprach: „An dieser Bettstelle hier hat es gehangen und dieser da (auf Sch. zeigend), ist der Mann.“ Also sprach Großmann.
Die Moral von der Geschichte war, daß der Korporal Sch. zu zwei Tagen Dunkelarrest und der erwähnte Wachtmeister wegen vernachläßigter alsbaldiger Anzeige zu vier Tagen Zimmerarrest verurtheilt wurde.
Das ist das große Ebentheuer von dem erschrecklichen Kampfe des Hauptmanns Großmann mit dem Heckerbilde. Großmann verdient in feiner Reichsdenkmünze verewigt zu werden.
Mannheim, den 25. Nov. Nachdem bei dem bekannten Kriegszustande unserer Stadt die Bürgerwehr aufgelös't worden, ist nunmehr nach 7 Monaten mit einer Reorganisation derselben begonnen worden. Die Offizierswahlen haben bereits stattgefunden, wobei in allen 10 Fähnlein die von der Volkspartei in Vorschlag gebrachten Kandidaten jedesmal mit weit überwiegender Stimmenmehrheit durchgesetzt wurden.
* Mainz, 28. Nov. Während sonst die Sontagssitzungen des demokratischen Vereins von preußischen Soldaten, namentlich in letzter Zeit, überaus zahlreich besucht waren, ließ sich in der am Sonntag abgehaltenen Niemand von diesen bisherigen Gästen sehen. Sie blieben nicht freiwillig aus. Es war den Unteroffizieren und Soldaten der Besuch der Vereinssitzungen ausdrücklich verboten worden. Die Hrn. Offiziere wollten indeß ganz sicher zu Werke gehen, daß ja keins von ihren Schäflein ferner vom liberalen Gift angesteckt werde. Zu diesem Zweck waren am Sonntage mehrere Feldwebel und Unteroffiziere am Eingang zum „Frankfurter Hof“ — dem Sitzungslokale — aufgestellt, die jeden Soldaten, der Theil nehmen wollte, zurückwiesen.
Triest, 21. Nov. Caorle soll von den Venetianern genommen worden sein, was auch sehr wahrscheinlich, da die Cernirung Venedigs nur sehr unvollkommen ist und von den schwachen Kräften, die in den jetzigen Verhältnissen dazu verwendet werden können, auch nicht besser gehandhabt werden kann.
Italien. * Garibaldi ist im Triumph in Bologna eingezogen. Von der Behörde war ihm der Eintritt untersagt, vom Volke aber sehr bald erzwungen worden.
In Alessandria waren am Abend des 18. November wieder Unruhen. Auf dem Schloßplatze fanden Unruhen statt, in deren Mitte der Schrei ertönte: Tod dem Ministerium! Zwei Schwadronen Kavallerie zerstreuten die Menge und man nahm einige Verhaftungen vor. Am Donnerstage vorher hatte der Herzog von Savoyen die Stadt verlassen, um sich nach Valenza zu begeben. Vor der Stadt sah er sich von einer Menge Frauen, Müttern und Schwestern von Soldaten umgeben, welche ihm Bittschriften überreichten. Im Lucca konnte am 16. November die Ziehung der Militärpflichtigen nicht stattfinden. Die Menge warf die Urnen um, und ließ die Zettel weit umherfliegen.
** Mailand, 22. Nov. Vor mir liegt die Fortsetzung der berüchtigten Radetzki'schen Brandschatzungsliste. Diesmal sind es 72 Namen, die zusammen vierzehn Millionen, hundert fünfzig Zwanziger zahlen sollen. Darunter sind wieder fünf mit 800,000, zwei mit 600,000, sechs mit 500,000 Zwanziger u. s. w. aufgeführt. Diesmal kommt Radetzki seinem Zweck, den Handel floriren zu machen, schon näher. Wenigstens finde ich die Namen angesehener Kaufleute auf der Liste, Besana Gebrüder 80,000 Zw., Felix Besana 50,000 Zw., Gaetano Besana 40,000 Zw., Carlo Gaggi 40,000 Zw. u. s. w. mitten unter der Blüthe des lombardischen Adels. Das Geld, das Abends im Café Veronese im Seidenhandel verdient wird, ist dem Marschall Radetzki ebenso lieb wie die Dukaten der Herzöge Litta und Visconti, der Marchesen Melzi und D'Adda. Die bekannte Fürstin Belgiojoso steht ebenfalls mit 800,000 Zwanziger auf der Liste, und der letzte der Besteuerten ist — eine Schmach, wie sie bis jetzt noch kein Soldat auf sich geladen — das große Hospital von Mailand mit viermalhunderttausend Zwanziger! Die Niederträchtigkeit, die darin liegt, ein Hospital zu besteuern, wird aber doppelt, wenn man weiß, daß die östreichische Regierung diesem Hospital mehrere Millionen seit langer Zeit schuldig ist! Und dabei erklärt Radetzki, ein Theil der Steuer sei zur Unterstützung der Armen bestimmt!
Das Proletariat von Mailand indeß hat die Nachricht von dieser Besteuerung der Adligen und großen Bourgeois mit dem Ausrufe aufgenommen: „Etwas Gutes thut Radetzki doch: er ruinirt die, die uns verrathen haben!“ Dieser Ausruf, den man auf allen unsern öffentlichen Plätzen hören kann, und der von Gruppen von Arbeitern vor den Palästen mehrerer der Besteuerten laut ausgerufen wurde, malt die hiesige Lage der Parteien besser als jede Schilderung. Es sind die Kämpfer vom 19. März, die so sprechen; wie in Wien, wie in Berlin haben wir hier ein echt revolutionäres, demokratisches Proletariat und eine schwankende, zaghafte, für ihre Reichthümer besorgte besitzende Klasse, deren Unentschiedenheit und Furchtsamkeit die Revolution zu Grunde gerichtet hat.
Inzwischen hat die Bourgeoisie, durch die Brandschatzung an den Abhang des Ruins gebracht, sich in Bewegung gesetzt, und in Montecuculi eine Stütze gefunden. Dieser, der vergeblich versucht hatte, Radetzki von der Brandschatzung abzubringen, ließ den Obertribunalrath Pedertani von Verona kommen, damit er über die Proklamation vom 11. konsultirt werde. Pedertani erklärte dem Marschall, daß ein solches Gesetz in den östreichischen Annalen beispiellos sei, und daß er, falls Radetzki es nicht zurückzöge, nach Olmütz gehen werde, um vom Kaiser seine Zurücknahme zu erwirken. Auch war die Rede von einer Deputation der Stadtbehörden nach Olmütz. Nun heißt es, Radetzki habe die Brandschatzung suspendirt, aber zugleich bereits Sorge getragen sie durch andere Steuern zu ersetzen, nämlich 1) durch eine Zuglagesteuer von vier Centesimi auf den Scudo der Steuerabschätzung; 2) durch eine Kapitalsteuer; 3) durch vier Millionen auf die Kaufmannschaft, und 4) durch noch eine Steuer, wahrscheinlich auf die Emigrirten.
Uebrigens betreibt der alte Schlaukopf sehr die Absendung einer Deputation der städtischen Behörden nach Olmütz. Er hofft, daß die alten Hoffüchse die Lombarden dort mit Beschlag belegen und sie solange mit süßen Worten, Lügen und Versprechungen bewirthen werden, bis sie endlich in die Falle gehen und etwas östreichische Staatsschuld, etwas östreichische Konstitution und irgend einen Erzherzog übernehmen. Das fehlte noch!
** Rom, 17. Nov., Nachmittags. Noch einige Details über den gestrigen Tag. Der Papst zauderte so lange mit der Entscheidung, weil er hoffte, die Trasteveriner und die Bevölkerung des Rione Monti würden ihm zu Hülfe kommen. Boten über Boten eilten aus dem Quirinal in diese Quartiere, wurden aber herzlich kalt empfangen. Die letzten Boten, Abends um 8 Uhr, erzählten ihnen, der Palast sei schon in Flammen; aber die Leute erwiderten: sie würden ein für allemal sich nicht dazu hergeben, Bürgerkrieg anzufangen. Auf diese Antwort gab der Papst um halb neun endlich nach, und es war hohe Zeit, denn um neun Uhr sollten die Kanonen die Thore sprengen und jeder Bewaffnete im Palast wäre niedergemacht worden. Das Volk und namentlich das Militär war in seiner Wuth nicht mehr zu mäßigen. Die Karabinieri, aus denen Rossi sich eine Prätorianergarde zu machen hoffte, waren gerade die allerwüthendsten; mehrere der ihrigen waren von den Kugeln der Schweizer getroffen, und wären sie mit dem Bajonett in den Quirinal gedrungen, kein Schweizer wäre mit dem Leben davon gekommen. Wagen mit Brennmaterialien waren auf dem Platz, um im Fall eines heftigeren Widerstandes den Palast in Brand zu stecken. Die vordere Facade ist von den Flintenkugeln wie bedeckt. Eine Kugel drang in das Zimmer, in dem der Papst sich befand. Trotz der namenlosen Verwirrung, die in ganz Rom herrscht, ist kein einziger Diebstahl begangen worden. Noch gestern Abend drang das Volk in den Palast des Kardinals Lambruschini, um diesen zu verhaften, aber er war nirgends zu finden: Man hat heute erfahren, daß er sich in einem Stalle verborgen hielt und später in einem Dragonermantel entkommen ist — wohin, weiß man nicht.
Heute Morgen um 8 Uhr versammelte sich die Guardia Civica, theils mit Säbeln, theils mit Flinten auf dem Platz Monte Cavallo vor dem Quirinal, wo das Volk schon mit Tagesanbruch die Barrikaden weggeräumt hatte. Sie beschloß, vom Pabst die Auslieferung der Schweizer zu verlaugen, und als diesen das Leben garantirt wurde, willigte der Pabst ein. Die Schweizer legten die Waffen nieder und werden heute Abend Rom verlassen.
(Siehe den Verfolg in der Beilage.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |