Neue Rheinische Zeitung. Nr. 159. Köln, 3. Dezember 1848.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 159. Köln, Sonntag, den 3. Dezember. 1848.
Uebersicht. Deutschland. Dortmund. (Windungen der "Kölnischen Zeitung.") Trier. (Sebaldt und der Stadtrath. -- Aufhetzung der Soldaten.) Coblenz. (Schwarz-weiße Adressen-Fabrikation. -- Wiederholung der Soldatenexcesse) Düsseldorf. (Die Muse Drigalski. -- Nähere Details über den vorgestrigen Soldatenvandalismus.) Jülich (Herr v. Mylius.) Münster. (Hammacher, Bonsi, Jakobi. -- Verhaftungen der Volksmänner. -- Gährung unter den Landwehrmännern. -- Proklamationen der Camarilla. -- Deputirtenwahl.) Berlin. (Schandthaten Wrangels gegen die Deputirten. -- Schwankende Deputirte. -- Ein Bauer und ein Bürgerlicher zu Brandenburg. -- Reibungen. -- Gagern und Wrangel. -- Des Reichsverwesers Ansprache an das deutsche Volk. -- Branburg-Manteuffelscher Plan. -- Der Czar in Potsdam.) Brandenburg. (Club Brünneck.) Naumburg. (Erfurter Zustände.) Posen. (Husarenkrawall. -- Schefers Demarkationsreise.) Ostrowo. (4 tscherkessische Ueberläufer ausgeliefert.) Wien. (Windischgrätz und der Gemeinderath. -- Ungarn. Die Werbung. -- Die "Presse." -- Ernstliches Beginnen des Angriffs auf Ungarn. -- Empfang einer Deputation durch Welden. -- Verstärkung Simonic's. -- Neue Rekrutirung. -- Kosten für das Militair.) Kremsier. (Zweite Reichstagssitzung.) Prag. (Das volksthümliche Ministerium.) Frankfurt. (National-Versammlung.) Bremervörde. (Mißtrauens-Votum.) Ungarn. Herrmanstadt. (Püchner's Proklamation) Donaufürstenthümer. Bukarest. (Zweck der russischen Truppen. -- Bibesko. Russische Winterquartiere. -- Benehmen des Adels. -- Verhaftungen. -- Note des Kotzebue.) Italien. Rom. (Programm des neuen Ministeriums. -- Vermischtes.) Turin. (Stürmische Kammersitzung) Neapel. (Soldatenexcesse.) Großbritanien. London. (Kindersterblichkeit.) Dublin. (Elend.) Amerika. London. (Traurige Lage Canadas.) Newyork. (Bennetts über die europäische Revolution. -- Reglung des Briefportos zwischen England und den Vereinigten Staaten. -- Die Postdampfschifflinien der Union. Deutschland. 105 Dortmund, den 1. Dez. Die Nationalversammlung ist in Brandenburg nicht erschienen, also jammert Hr. Brüggemann in Nr. 320. der Kölnischen Zeitung. "Wir haben gewünscht" -- "Wir haben geglaubt" -- "Wir" haben geliebt, "Wir" haben gehofft, und dennoch, schrecklich! "ist eine Einigung auf diesen, von uns wiederholt nahmhaft gemachten Grundlagen nicht erfolgt." Das ist zuviel! Wrangel liestt die Brüggemann'sche Leitartikel nicht und richtet dadurch den enormen Politiker zu Grunde. Her. Brüggemann "kann nicht profezeien" trotz seiner beiden Dreifüße, der "Deutschen Reform" und der "Fr. O. P. A. Ztg." Die Pythia Reform hat den Alexander Brüggemann mit falschen Sprüchen betrogen. Der große Redakteur der "Kölnischen Zeitung" ist gefoppt, geschlagen, total blamirt. An den 280 "mittelmäßigen Politikern" der Nationalversammlung scheitert der übermäßige Politiker Brüggemann. "Welche Hindernisse im Wege standen -- die Reichskommissarien und v. Gagern werden darüber bald Bericht erstatten" (früher Bassermann). "Allein -- was jetzt?" Was jetzt! Will denn Niemand Hrn. Brüggemann retten? Herbei Stedtmann, Welker-Mosle, Bassermann, edler v. Gagern oder auch du schwertkundiger Wrangel. Helft eurem treuen Freunde, der "jetzt in so bitterer Klemme sitzt." Einen Ausweg! Einen Leitartikel für einen Ausweg! Bei Auflehnung der Reichs-Allmacht erscheinen dem gepeinigten Manne zwei Halbengel in der Gestalt zweier Hohlwege. Beide eider -- "nicht ohne Bedenken." Erster Hohlweg: "Einberufung der Stellvertreter oder Veranstaltung von Neuwahlen für die sich definitiv Weigernden." "Sehr einfach" und dennoch "nicht ohne Bedenken," denn "der bereits positiv gesetzlich gewordenen Rechtsboden ist leider noch sehr schmal, und selbst jener schmale Boden hat auch seine Lücken" durch den Belagerungszustand" bekommen. Trotz der eingestandenen Enge und Lückenhaftigkeit seines "Rechtsbodens" zweifelt Hr. Brüggemann keineswegs an dem "ehrlichen Willen der Regierung" und zwar deshalb "weil Wir ohnehin von der Unmöglichkeit der Reaktion überzeugt sind." "Wir" argumentiren: ich zweifle nicht an der Ehrlichkeit eines Brigands -- weil ich geladene Pistolen bei mir habe, und "wir" beklagen uns hinterher, daß "wir" mit solchen Argumenten nichts "ersichtlich und Handgreiflich" machen können. Unglaubliche Blindheit! Uebrigens hatte Hr. Brüggemann noch vor 5 Tagen (Nr. 316 der Köln. Ztg.) einen ganz soliden "guten festen Rechtsboden des Gesetzes vom 8. April", worauf er die "gesunde Majorität" zu stellen projektirte. Zweiter Hohlweg: "unbedingte Berufung auf die Centralgewalt." "Auch dieser Weg hat sein Bedenken, weil jedes Verlassen des positiven Rechts" u. s. w. Die Blamage hat Hrn. Brüggemann offenbar ganz heruntergebracht. Obschon er so eben zugab, daß sein "Rechtsboden" sehr schmal, lückenhaft, "nicht ohne Bedenken sei," will er dennoch darauf kämpfen, er hat sich ganz und gar in seinen Rechtsboden verbissen, Ist wie ein Thier, das spekulirt Aber Hr. Brüggemann hat im Hinterhalte den letzten Gedanken der Bourgeoisie. "Unbedingte Berufung auf die Centralgewalt" soll heißen: "in der Reichssprache zu sprechen.": belagert eine Stadt, eine Provinz nach der andern und windischgrätzt so lange, bis daß sämmtliches Demokratengelichter füsilirt ist. Dann führen wir das unbestrittene Regiment. Die deutsche Bourgeoisie wird sich täuschen, sie ist zu dumm und zu feige, um auch nur vorübergehend zu herrschen. Die Parole heißt: Monarchie oder Republik. Was aber Herrn Brüggemann betrifft, so wird trotz seiner allerneuesten Prophezeiung die Nationalversammlung in Brandenburg tagen. Vor Gott ist alles möglich. 43 Trier, 1. Dezember. Der saubre mit St. Wendel an Preußen von Koburg überkommene Sebaldt, Regierungspräsidium, fährt fort, Europa in Athem zu halten. Heute erscheint folgender neue Erlaß des von Koburg an Preußen abgetretenen schöngeistelnden Pascha's: Der Stadtrath von Trier hat aus der von mir angeordnetern Verlegung des städtischen Waffendepots eine Rechtsfrage gemacht, während die ganze Maaßregel nichts ist, als ein Ausfluß der der Regierung zustehenden Oberaufsichtsgewalt über die Gemeindeverwaltung, folglich gar nicht in das Gebiet juristischer Eröterungen gehört. Es fällt der Regierung nicht im Entferntesten ein, die fraglichen Waffen der Stadt zu entziehen: nur auf Sicherstellung des Depots ist sie bedacht und schritt vor, nachdem es die Stadt verabsäumt hatte, ihrerseits vorsorgliche Schritte zu thun. Der bestimmteste Revers ist der Stadt zur Wahrung ihrer Ansprüche schon vor Abnahme der Waffen präsentirt worden, und unbedenklich füge ich noch die beruhigende Erklärung bei, daß, wenn die legale Repräsentation der Stadt heute für sichere Verwahrung der Waffen in einem städtischen Locale persönlich Gewähr leistet, morgen die Waffen zurückgestellt werden sollen; indessen muß ich erwarten, daß die verlangte persönliche Garantie nicht wieder mit dem nichtssagenden Wunsche abgefunden werde, man möge das Depot wie bisher bewachen lassen, denn hierzu hat weder der Staat eine Verpflichtung noch unsere ohnedies mit schwerem Dienste geplagte Garnison überflüssige Kräfte. Irre ich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden, statt eines auf advocatorische Subtilitäten gebauten Protestes die materielle Frage des Augenblicks: "was der Stadt frommt" in Betracht und dabei in Erwägung zu ziehen, daß in der letzten Zeit überzeugende Merkmale einer verbrecherischen Lüsternheit nach Waffen hervorgetreten sind. Ich überschätze die Kräfte des Feindes nicht so sehr, um es irgend wahrscheinlich zu finden, daß ein unsinniges Attentat gegen das Waffendepot von Erfolg gewesen sein würde: immerhin würde aber ein solches Unternehmen blutige Conflikte und Verwickelungen in Begleitung haben, und unverantwortlich würde es sein, wenn man solchen extremen Fällen nicht zuvorzukommen suchte. Von einer gerichtlichen Klage kann, wie Eingangs bemerkt, gar keine Rede sein; wäre dies aber der Fall, so würde ich kein Bedenken tragen, an das Gewissen, und die gesunde Vernunft meiner Ankläger zu appelliren. Trier, den 30. October 1848. Regierungs-Präsidium. Sebaldt. An das königl. Landraths- und Oberbürgermeisterei-Amt hierselbst. Nr. 1916. Der Mangel des Staatsexamens macht sich immer fühlbarer. Der Belletrist Sebaldt, statt sich vor den Gerichten zu vertheidigen, apellirt an das "Gewissen" seiner "Ankläger". Man belästige den Koburger Napoleon doch nicht mit juristischen questiunculis, mit "advokatarischen Subtilitäten." Was Teufel, soll sich ein Sebaldt um "advokatorische Subtilitäten" scheren? Seine "Gewalt" gehört "gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen." Er verlegt das städtische Waffendepot aus dem Gemeindehaus, wohin sie nach dem Bürgerwehrgesetz gehören, gewaltsam in ein andres Lokal. Er hebt die "Preßfreiheit" auf, car tel est son plaisir, indem er alle Plakate außer seinen eignen schlecht-stylisirten Machwerken für verfehmt erklärt. Er verwandelt die Soldaten nicht nur in "Censoren": Er, das Regierungspräsidium, er Sebaldt, ertheilt aus einer "Gewalt", die "gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen gehört", den Soldaten das Privilegium, jeden beliebigen Bürger zu verhaften, unter dem Vorwande, selbigen Bürger mit "Anklebung, Verleitung (!) oder Vertreibung" dem Sebaldt oder dem Soldaten mißliebiger Plakate beschäftigt gefunden zu haben. Sebaldt erläßt neue Gesetze und scheert sich natürlich nicht nach den "advokatorischen Subtilitäten" der alten Gesetzgebung. Und der Cerberus der Gerechtigkeit, das Parquet? Es ist stummer wie der griechische Cerberus, als Herkules ihn aus der Unterwelt herausholte. Aber Sebaldt, Sebaldt ist auch ein andrer Kerl wie Herkules, "Irrt er sich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden", statt dem Sebaldt eine juristische Falle zu stellen, "die materielle Frage des Augenblicks: was der Stadt frommt, in Betracht zu ziehn." Die materielle Frage des Augenblicks: was der Stadt frommt!!! Das Staatsexamen! Das Staatsexamen! Die "materielle" Frage, was dem "Sebaldt" frommt, hätte der Stadtrath in Betracht und auch in Erwägung ziehn sollen. Sebaldt ist einstweilen noch bloser Regierungsrath, und dazu von Koburg überkommener. Er ist noch bloßes "Regierungspräsidium". Die materielle Frage, die ihm "frommt", ist die Frage, wie das abstrakte "Regierungspräsidium" in einen "konkreten Regierungspräsidenten" verwandeln? Das ist die "materielle" Frage. Von einer "gerichtlichen Klage" kann bei einem Manne, dessen "Gewalt gar nicht in das Gebiet gerichtlicher Erörte- [Fortsetzung] Etwas von der demokratischen Presse von Levi Schmul. Mach' dir einen Bart mit schwarzer Dinte Der Schengeist Levy Schmuhl ist im Begriff ein Manteufel zu werden. Die demokratische Presse hat sein ästhetisches Gefühl verletzt, er wirft sich in die satyrische Politik mit "liebenswürdigem" Unwillen, und eifert gegen seinen Conkurrenten, auch einen Schengeist, "den liebenswürdigen Judenjungen in Mainz, mit dessen Namen er seine Feder nicht besudeln will"; aber er eifert gegen ihn mit Anstand und Sittlichkeit, ohne fette Schrift, ohne Ausrufungszeichen. Er verschmäht diese Mittel der demokratischen Presse die Keilschrift und die fette Schrift, mit welcher man das wiederstrebende Auge fesseln will. Wenn die demokratische Presse so sehr fesselt, so ist das die Schuld der Keilschrift. Wenn die Feuilleton's des Herrn Levi sich auflösen in den allgemeinen Brei der kölnischen Zeitung, so ist dieses blos ein typographischer Mangel, es ist die Schuld der Setzer welche die Pointe nicht gehörig hervorheben durch Gedankenstriche. "Die demokratische Presse ist ein vollständiger Schlamm-Vulkan geworden." Ihr seht, Herr Levi hat sich hinaufgearbeitet zum großen Brüggemann; sie hüpfen und tanzen gemeinsam auf dem Rechtsboden, der jetzt "wiedergewonnen ist in ausreichender Ausdehnung." Jetzt ist keine Gefahr mehr zu stolpern; die "unverbrüchliche Behauptung des Rechtsbodens" in Brandenburg hat beiden auf die Beine geholfen. "Mein Levy, ruft Dumont mit strahlender Freude aus, ist Einer von unsern Leuten. Seitdem seine Feuilleton's in die Politik hinüberstreifen, ist er mir doppelt lieb geworden. Der arme Mann! als Schengeist verlor er sich ganz unter den Schellfischen und Kabeljau, unter Poesie, die ich bezahle, und der Poesie, welche mir zahlt. Er stand so in der Mitte zwischen den Oehrchen und Schnüßchen; und ließ mir manchmal zu viel Stockfisch vorn auf der ersten Seite durchlaufen. Damals hatte mein Levi noch keine politische Bildung: er wußte nicht, daß die Stockfische zahlen müssen unter den Annoncen, aber nie bezahlt werden. Ich bezahle nur Leute wie Brüggemann, Leute von reinen, "unverbrüchlichem Rechtsboden;" und es ist ihre Pflicht, Alles was davon abweicht, zur Zahlung anzuhalten. Den Teufel auch. wie soll ich sonst zu meinen Auslagen wiederkommen? jetzt aber ist mir mein Levi doppelt werth und theuer. O! er hat große Fortschritte gemacht; mit kritischem Eifer sondert er die Gedichte, die hintenhin gehören, und stutzt mir manchmal die Namenstagsgedichte recht artig zu, daß die armen Liebhaber in der Trunkenheit ihres Erfolgs manchmal mir zu den Insertions-Gebühren noch ein besonderes Trinkgeld in die Hände drücken. Brüggemann, der Eifersüchtige, meint, mein Levy sei manchmal etwas breit, zumal auf der ersten Seite; so z. B. wie heute, wo mein Samuelchen Manteuffelche Angriffe auf die demokratische Presse und den Kommunismus und die allgemeine Theilung macht. Freilich wäre es zu wünschen, daß die Redaktoren und Brüggemann an der Spitze, daß überhaupt die Redaktoren der ersten Seite den Styl der vierten Seite und namentlich den Styl der Beilagen mehr zum Muster nähmen, und sich eben so bündig und kurzgefaßt aussprächen, wie die Annoncen; dann wären sie für den Leser verständlicher und für mich wohlfeiler. Aber die Literaten sind nicht immer praktische Leute, und ich kann es ihnen wahrhaftig unter den jetzigen Umständen nicht verargen, wenn sie den klaren, bestimmten Styl der Annoncen-Literatur verlassen und ein wenig politischduselnd schreiben. Das wird sich alles später legen, überhaupt werde ich später eine ganz andere Ordnung in meinem Journal einführen und gleich mit den Annoncen anfangen, um den Leuten das Umschlagen und mir die Kosten zu ersparen. So lange noch gut-bezahlte Adressen gegen die Berliner Versammlung und Gedichte gegen Freiligrath einlaufen, thue ich gut, bei dem alten Verfahren zu bleiben." Dumont kennt seine Redaktoren, er weiß sie ganz genau und nach seinem eigenen Werthe zu schätzen. Der Joseph Dumont der soll leben, Und der Brüggemann daneben, Und Levy Schmul dabei, Dann leben sie alle drei. Das ist die Grundformel der ganzen Dumont'schen Zeitung. Es ist das Geheimniß der ganzen Brüggemann'schen Politik und der Levy'schen Schengeisterei. -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- ich bin 'ne arme Dienstmagd Doch der "Ernst unserer Tage" stimmt den Schengeist Levy ernst, und als "heiteres Gegengewicht gegen den Ernst unserer Tage", wirft er einen Blick in die demokratischen Blätter, und erblickt "einen rothen Vorhang". Ehe er diesen Vorhang lüftet, wirft er einen Blick in die demokratische Central-Kasse und zählt die Summe, und findet einen Betrag von 4 Thaler 6 Groschen 6 Pfennige". Vier Thaler, sechs Groschen, sechs Pfennige! darin besteht die ganze demokratische Kasse, ruft Levy entsetzt, und dreimal kreuzt er sich und dreimal segnet er sich, nicht zu sein wie jene, die demokratischen Schriftsteller! Ihr ganze Kriegeskasse vier Thaler, 6 Silbergroschen, 6 Pfennige! Der Levy versteht das Einmaleins. Der Levy, der ist kein Spartaner! Liebster Levy, der DuMont ist zu sehr in dich hineingefahren; du hast keinen Manteuffel in dir. Um deinen Ernst zu zerstreuen, gehe hin, versenke dich in die schöne Zeit, wo es keine andere Revolutionen gab, als die der großen Wäsche, der Fitzbohnen und des saueren Kappes. Wahrlich, du hast keine böse Ader in dir, du wirst nie maliciös werden, nie eine Pointe treffen, unge- Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 159. Köln, Sonntag, den 3. Dezember. 1848.
Uebersicht. Deutschland. Dortmund. (Windungen der „Kölnischen Zeitung.“) Trier. (Sebaldt und der Stadtrath. — Aufhetzung der Soldaten.) Coblenz. (Schwarz-weiße Adressen-Fabrikation. — Wiederholung der Soldatenexcesse) Düsseldorf. (Die Muse Drigalski. — Nähere Details über den vorgestrigen Soldatenvandalismus.) Jülich (Herr v. Mylius.) Münster. (Hammacher, Bonsi, Jakobi. — Verhaftungen der Volksmänner. — Gährung unter den Landwehrmännern. — Proklamationen der Camarilla. — Deputirtenwahl.) Berlin. (Schandthaten Wrangels gegen die Deputirten. — Schwankende Deputirte. — Ein Bauer und ein Bürgerlicher zu Brandenburg. — Reibungen. — Gagern und Wrangel. — Des Reichsverwesers Ansprache an das deutsche Volk. — Branburg-Manteuffelscher Plan. — Der Czar in Potsdam.) Brandenburg. (Club Brünneck.) Naumburg. (Erfurter Zustände.) Posen. (Husarenkrawall. — Schefers Demarkationsreise.) Ostrowo. (4 tscherkessische Ueberläufer ausgeliefert.) Wien. (Windischgrätz und der Gemeinderath. — Ungarn. Die Werbung. — Die „Presse.“ — Ernstliches Beginnen des Angriffs auf Ungarn. — Empfang einer Deputation durch Welden. — Verstärkung Simonic's. — Neue Rekrutirung. — Kosten für das Militair.) Kremsier. (Zweite Reichstagssitzung.) Prag. (Das volksthümliche Ministerium.) Frankfurt. (National-Versammlung.) Bremervörde. (Mißtrauens-Votum.) Ungarn. Herrmanstadt. (Püchner's Proklamation) Donaufürstenthümer. Bukarest. (Zweck der russischen Truppen. — Bibesko. Russische Winterquartiere. — Benehmen des Adels. — Verhaftungen. — Note des Kotzebue.) Italien. Rom. (Programm des neuen Ministeriums. — Vermischtes.) Turin. (Stürmische Kammersitzung) Neapel. (Soldatenexcesse.) Großbritanien. London. (Kindersterblichkeit.) Dublin. (Elend.) Amerika. London. (Traurige Lage Canadas.) Newyork. (Bennetts über die europäische Revolution. — Reglung des Briefportos zwischen England und den Vereinigten Staaten. — Die Postdampfschifflinien der Union. Deutschland. 105 Dortmund, den 1. Dez. Die Nationalversammlung ist in Brandenburg nicht erschienen, also jammert Hr. Brüggemann in Nr. 320. der Kölnischen Zeitung. „Wir haben gewünscht“ — „Wir haben geglaubt“ — „Wir“ haben geliebt, „Wir“ haben gehofft, und dennoch, schrecklich! „ist eine Einigung auf diesen, von uns wiederholt nahmhaft gemachten Grundlagen nicht erfolgt.“ Das ist zuviel! Wrangel liestt die Brüggemann'sche Leitartikel nicht und richtet dadurch den enormen Politiker zu Grunde. Her. Brüggemann „kann nicht profezeien“ trotz seiner beiden Dreifüße, der „Deutschen Reform“ und der „Fr. O. P. A. Ztg.“ Die Pythia Reform hat den Alexander Brüggemann mit falschen Sprüchen betrogen. Der große Redakteur der „Kölnischen Zeitung“ ist gefoppt, geschlagen, total blamirt. An den 280 „mittelmäßigen Politikern“ der Nationalversammlung scheitert der übermäßige Politiker Brüggemann. „Welche Hindernisse im Wege standen — die Reichskommissarien und v. Gagern werden darüber bald Bericht erstatten“ (früher Bassermann). „Allein — was jetzt?“ Was jetzt! Will denn Niemand Hrn. Brüggemann retten? Herbei Stedtmann, Welker-Mosle, Bassermann, edler v. Gagern oder auch du schwertkundiger Wrangel. Helft eurem treuen Freunde, der „jetzt in so bitterer Klemme sitzt.“ Einen Ausweg! Einen Leitartikel für einen Ausweg! Bei Auflehnung der Reichs-Allmacht erscheinen dem gepeinigten Manne zwei Halbengel in der Gestalt zweier Hohlwege. Beide eider — „nicht ohne Bedenken.“ Erster Hohlweg: „Einberufung der Stellvertreter oder Veranstaltung von Neuwahlen für die sich definitiv Weigernden.“ „Sehr einfach“ und dennoch „nicht ohne Bedenken,“ denn „der bereits positiv gesetzlich gewordenen Rechtsboden ist leider noch sehr schmal, und selbst jener schmale Boden hat auch seine Lücken“ durch den Belagerungszustand“ bekommen. Trotz der eingestandenen Enge und Lückenhaftigkeit seines „Rechtsbodens“ zweifelt Hr. Brüggemann keineswegs an dem „ehrlichen Willen der Regierung“ und zwar deshalb „weil Wir ohnehin von der Unmöglichkeit der Reaktion überzeugt sind.“ „Wir“ argumentiren: ich zweifle nicht an der Ehrlichkeit eines Brigands — weil ich geladene Pistolen bei mir habe, und „wir“ beklagen uns hinterher, daß „wir“ mit solchen Argumenten nichts „ersichtlich und Handgreiflich“ machen können. Unglaubliche Blindheit! Uebrigens hatte Hr. Brüggemann noch vor 5 Tagen (Nr. 316 der Köln. Ztg.) einen ganz soliden „guten festen Rechtsboden des Gesetzes vom 8. April“, worauf er die „gesunde Majorität“ zu stellen projektirte. Zweiter Hohlweg: „unbedingte Berufung auf die Centralgewalt.“ „Auch dieser Weg hat sein Bedenken, weil jedes Verlassen des positiven Rechts“ u. s. w. Die Blamage hat Hrn. Brüggemann offenbar ganz heruntergebracht. Obschon er so eben zugab, daß sein „Rechtsboden“ sehr schmal, lückenhaft, „nicht ohne Bedenken sei,“ will er dennoch darauf kämpfen, er hat sich ganz und gar in seinen Rechtsboden verbissen, Ist wie ein Thier, das spekulirt Aber Hr. Brüggemann hat im Hinterhalte den letzten Gedanken der Bourgeoisie. „Unbedingte Berufung auf die Centralgewalt“ soll heißen: „in der Reichssprache zu sprechen.“: belagert eine Stadt, eine Provinz nach der andern und windischgrätzt so lange, bis daß sämmtliches Demokratengelichter füsilirt ist. Dann führen wir das unbestrittene Regiment. Die deutsche Bourgeoisie wird sich täuschen, sie ist zu dumm und zu feige, um auch nur vorübergehend zu herrschen. Die Parole heißt: Monarchie oder Republik. Was aber Herrn Brüggemann betrifft, so wird trotz seiner allerneuesten Prophezeiung die Nationalversammlung in Brandenburg tagen. Vor Gott ist alles möglich. 43 Trier, 1. Dezember. Der saubre mit St. Wendel an Preußen von Koburg überkommene Sebaldt, Regierungspräsidium, fährt fort, Europa in Athem zu halten. Heute erscheint folgender neue Erlaß des von Koburg an Preußen abgetretenen schöngeistelnden Pascha's: Der Stadtrath von Trier hat aus der von mir angeordnetern Verlegung des städtischen Waffendepots eine Rechtsfrage gemacht, während die ganze Maaßregel nichts ist, als ein Ausfluß der der Regierung zustehenden Oberaufsichtsgewalt über die Gemeindeverwaltung, folglich gar nicht in das Gebiet juristischer Eröterungen gehört. Es fällt der Regierung nicht im Entferntesten ein, die fraglichen Waffen der Stadt zu entziehen: nur auf Sicherstellung des Depots ist sie bedacht und schritt vor, nachdem es die Stadt verabsäumt hatte, ihrerseits vorsorgliche Schritte zu thun. Der bestimmteste Revers ist der Stadt zur Wahrung ihrer Ansprüche schon vor Abnahme der Waffen präsentirt worden, und unbedenklich füge ich noch die beruhigende Erklärung bei, daß, wenn die legale Repräsentation der Stadt heute für sichere Verwahrung der Waffen in einem städtischen Locale persönlich Gewähr leistet, morgen die Waffen zurückgestellt werden sollen; indessen muß ich erwarten, daß die verlangte persönliche Garantie nicht wieder mit dem nichtssagenden Wunsche abgefunden werde, man möge das Depot wie bisher bewachen lassen, denn hierzu hat weder der Staat eine Verpflichtung noch unsere ohnedies mit schwerem Dienste geplagte Garnison überflüssige Kräfte. Irre ich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden, statt eines auf advocatorische Subtilitäten gebauten Protestes die materielle Frage des Augenblicks: „was der Stadt frommt“ in Betracht und dabei in Erwägung zu ziehen, daß in der letzten Zeit überzeugende Merkmale einer verbrecherischen Lüsternheit nach Waffen hervorgetreten sind. Ich überschätze die Kräfte des Feindes nicht so sehr, um es irgend wahrscheinlich zu finden, daß ein unsinniges Attentat gegen das Waffendepot von Erfolg gewesen sein würde: immerhin würde aber ein solches Unternehmen blutige Conflikte und Verwickelungen in Begleitung haben, und unverantwortlich würde es sein, wenn man solchen extremen Fällen nicht zuvorzukommen suchte. Von einer gerichtlichen Klage kann, wie Eingangs bemerkt, gar keine Rede sein; wäre dies aber der Fall, so würde ich kein Bedenken tragen, an das Gewissen, und die gesunde Vernunft meiner Ankläger zu appelliren. Trier, den 30. October 1848. Regierungs-Präsidium. Sebaldt. An das königl. Landraths- und Oberbürgermeisterei-Amt hierselbst. Nr. 1916. Der Mangel des Staatsexamens macht sich immer fühlbarer. Der Belletrist Sebaldt, statt sich vor den Gerichten zu vertheidigen, apellirt an das „Gewissen“ seiner „Ankläger“. Man belästige den Koburger Napoleon doch nicht mit juristischen questiunculis, mit „advokatarischen Subtilitäten.“ Was Teufel, soll sich ein Sebaldt um „advokatorische Subtilitäten“ scheren? Seine „Gewalt“ gehört „gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen.“ Er verlegt das städtische Waffendepot aus dem Gemeindehaus, wohin sie nach dem Bürgerwehrgesetz gehören, gewaltsam in ein andres Lokal. Er hebt die „Preßfreiheit“ auf, car tel est son plaisir, indem er alle Plakate außer seinen eignen schlecht-stylisirten Machwerken für verfehmt erklärt. Er verwandelt die Soldaten nicht nur in „Censoren“: Er, das Regierungspräsidium, er Sebaldt, ertheilt aus einer „Gewalt“, die „gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen gehört“, den Soldaten das Privilegium, jeden beliebigen Bürger zu verhaften, unter dem Vorwande, selbigen Bürger mit „Anklebung, Verleitung (!) oder Vertreibung“ dem Sebaldt oder dem Soldaten mißliebiger Plakate beschäftigt gefunden zu haben. Sebaldt erläßt neue Gesetze und scheert sich natürlich nicht nach den „advokatorischen Subtilitäten“ der alten Gesetzgebung. Und der Cerberus der Gerechtigkeit, das Parquet? Es ist stummer wie der griechische Cerberus, als Herkules ihn aus der Unterwelt herausholte. Aber Sebaldt, Sebaldt ist auch ein andrer Kerl wie Herkules, „Irrt er sich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden“, statt dem Sebaldt eine juristische Falle zu stellen, „die materielle Frage des Augenblicks: was der Stadt frommt, in Betracht zu ziehn.“ Die materielle Frage des Augenblicks: was der Stadt frommt!!! Das Staatsexamen! Das Staatsexamen! Die „materielle“ Frage, was dem „Sebaldt“ frommt, hätte der Stadtrath in Betracht und auch in Erwägung ziehn sollen. Sebaldt ist einstweilen noch bloser Regierungsrath, und dazu von Koburg überkommener. Er ist noch bloßes „Regierungspräsidium“. Die materielle Frage, die ihm „frommt“, ist die Frage, wie das abstrakte „Regierungspräsidium“ in einen „konkreten Regierungspräsidenten“ verwandeln? Das ist die „materielle“ Frage. Von einer „gerichtlichen Klage“ kann bei einem Manne, dessen „Gewalt gar nicht in das Gebiet gerichtlicher Erörte- [Fortsetzung] Etwas von der demokratischen Presse von Levi Schmul. Mach' dir einen Bart mit schwarzer Dinte Der Schengeist Levy Schmuhl ist im Begriff ein Manteufel zu werden. Die demokratische Presse hat sein ästhetisches Gefühl verletzt, er wirft sich in die satyrische Politik mit „liebenswürdigem“ Unwillen, und eifert gegen seinen Conkurrenten, auch einen Schengeist, „den liebenswürdigen Judenjungen in Mainz, mit dessen Namen er seine Feder nicht besudeln will“; aber er eifert gegen ihn mit Anstand und Sittlichkeit, ohne fette Schrift, ohne Ausrufungszeichen. Er verschmäht diese Mittel der demokratischen Presse die Keilschrift und die fette Schrift, mit welcher man das wiederstrebende Auge fesseln will. Wenn die demokratische Presse so sehr fesselt, so ist das die Schuld der Keilschrift. Wenn die Feuilleton's des Herrn Levi sich auflösen in den allgemeinen Brei der kölnischen Zeitung, so ist dieses blos ein typographischer Mangel, es ist die Schuld der Setzer welche die Pointe nicht gehörig hervorheben durch Gedankenstriche. „Die demokratische Presse ist ein vollständiger Schlamm-Vulkan geworden.“ Ihr seht, Herr Levi hat sich hinaufgearbeitet zum großen Brüggemann; sie hüpfen und tanzen gemeinsam auf dem Rechtsboden, der jetzt „wiedergewonnen ist in ausreichender Ausdehnung.“ Jetzt ist keine Gefahr mehr zu stolpern; die „unverbrüchliche Behauptung des Rechtsbodens“ in Brandenburg hat beiden auf die Beine geholfen. „Mein Levy, ruft Dumont mit strahlender Freude aus, ist Einer von unsern Leuten. Seitdem seine Feuilleton's in die Politik hinüberstreifen, ist er mir doppelt lieb geworden. Der arme Mann! als Schengeist verlor er sich ganz unter den Schellfischen und Kabeljau, unter Poesie, die ich bezahle, und der Poesie, welche mir zahlt. Er stand so in der Mitte zwischen den Oehrchen und Schnüßchen; und ließ mir manchmal zu viel Stockfisch vorn auf der ersten Seite durchlaufen. Damals hatte mein Levi noch keine politische Bildung: er wußte nicht, daß die Stockfische zahlen müssen unter den Annoncen, aber nie bezahlt werden. Ich bezahle nur Leute wie Brüggemann, Leute von reinen, „unverbrüchlichem Rechtsboden;“ und es ist ihre Pflicht, Alles was davon abweicht, zur Zahlung anzuhalten. Den Teufel auch. wie soll ich sonst zu meinen Auslagen wiederkommen? jetzt aber ist mir mein Levi doppelt werth und theuer. O! er hat große Fortschritte gemacht; mit kritischem Eifer sondert er die Gedichte, die hintenhin gehören, und stutzt mir manchmal die Namenstagsgedichte recht artig zu, daß die armen Liebhaber in der Trunkenheit ihres Erfolgs manchmal mir zu den Insertions-Gebühren noch ein besonderes Trinkgeld in die Hände drücken. Brüggemann, der Eifersüchtige, meint, mein Levy sei manchmal etwas breit, zumal auf der ersten Seite; so z. B. wie heute, wo mein Samuelchen Manteuffelche Angriffe auf die demokratische Presse und den Kommunismus und die allgemeine Theilung macht. Freilich wäre es zu wünschen, daß die Redaktoren und Brüggemann an der Spitze, daß überhaupt die Redaktoren der ersten Seite den Styl der vierten Seite und namentlich den Styl der Beilagen mehr zum Muster nähmen, und sich eben so bündig und kurzgefaßt aussprächen, wie die Annoncen; dann wären sie für den Leser verständlicher und für mich wohlfeiler. Aber die Literaten sind nicht immer praktische Leute, und ich kann es ihnen wahrhaftig unter den jetzigen Umständen nicht verargen, wenn sie den klaren, bestimmten Styl der Annoncen-Literatur verlassen und ein wenig politischduselnd schreiben. Das wird sich alles später legen, überhaupt werde ich später eine ganz andere Ordnung in meinem Journal einführen und gleich mit den Annoncen anfangen, um den Leuten das Umschlagen und mir die Kosten zu ersparen. So lange noch gut-bezahlte Adressen gegen die Berliner Versammlung und Gedichte gegen Freiligrath einlaufen, thue ich gut, bei dem alten Verfahren zu bleiben.“ Dumont kennt seine Redaktoren, er weiß sie ganz genau und nach seinem eigenen Werthe zu schätzen. Der Joseph Dumont der soll leben, Und der Brüggemann daneben, Und Levy Schmul dabei, Dann leben sie alle drei. Das ist die Grundformel der ganzen Dumont'schen Zeitung. Es ist das Geheimniß der ganzen Brüggemann'schen Politik und der Levy'schen Schengeisterei. — — — — — — — — — — — ich bin 'ne arme Dienstmagd Doch der „Ernst unserer Tage“ stimmt den Schengeist Levy ernst, und als „heiteres Gegengewicht gegen den Ernst unserer Tage“, wirft er einen Blick in die demokratischen Blätter, und erblickt „einen rothen Vorhang“. Ehe er diesen Vorhang lüftet, wirft er einen Blick in die demokratische Central-Kasse und zählt die Summe, und findet einen Betrag von 4 Thaler 6 Groschen 6 Pfennige“. Vier Thaler, sechs Groschen, sechs Pfennige! darin besteht die ganze demokratische Kasse, ruft Levy entsetzt, und dreimal kreuzt er sich und dreimal segnet er sich, nicht zu sein wie jene, die demokratischen Schriftsteller! Ihr ganze Kriegeskasse vier Thaler, 6 Silbergroschen, 6 Pfennige! Der Levy versteht das Einmaleins. Der Levy, der ist kein Spartaner! Liebster Levy, der DuMont ist zu sehr in dich hineingefahren; du hast keinen Manteuffel in dir. Um deinen Ernst zu zerstreuen, gehe hin, versenke dich in die schöne Zeit, wo es keine andere Revolutionen gab, als die der großen Wäsche, der Fitzbohnen und des saueren Kappes. Wahrlich, du hast keine böse Ader in dir, du wirst nie maliciös werden, nie eine Pointe treffen, unge- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0841"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 159. Köln, Sonntag, den 3. Dezember. 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div> <epigraph> <p> <hi rendition="#b">Keine Steuern mehr!!!</hi> </p> </epigraph> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Dortmund. (Windungen der „Kölnischen Zeitung.“) Trier. (Sebaldt und der Stadtrath. — Aufhetzung der Soldaten.) Coblenz. (Schwarz-weiße Adressen-Fabrikation. — Wiederholung der Soldatenexcesse) Düsseldorf. (Die Muse Drigalski. — Nähere Details über den vorgestrigen Soldatenvandalismus.) Jülich (Herr v. Mylius.) Münster. (Hammacher, Bonsi, Jakobi. — Verhaftungen der Volksmänner. — Gährung unter den Landwehrmännern. — Proklamationen der Camarilla. — Deputirtenwahl.) Berlin. (Schandthaten Wrangels gegen die Deputirten. — Schwankende Deputirte. — Ein Bauer und ein Bürgerlicher zu Brandenburg. — Reibungen. — Gagern und Wrangel. — Des Reichsverwesers Ansprache an das deutsche Volk. — Branburg-Manteuffelscher Plan. — Der Czar in Potsdam.) Brandenburg. (Club Brünneck.) Naumburg. (Erfurter Zustände.) Posen. (Husarenkrawall. — Schefers Demarkationsreise.) Ostrowo. (4 tscherkessische Ueberläufer ausgeliefert.) Wien. (Windischgrätz und der Gemeinderath. — Ungarn. Die Werbung. — Die „Presse.“ — Ernstliches Beginnen des Angriffs auf Ungarn. — Empfang einer Deputation durch Welden. — Verstärkung Simonic's. — Neue Rekrutirung. — Kosten für das Militair.) Kremsier. (Zweite Reichstagssitzung.) Prag. (Das volksthümliche Ministerium.) Frankfurt. (National-Versammlung.) Bremervörde. (Mißtrauens-Votum.)</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn</hi>. Herrmanstadt. (Püchner's Proklamation)</p> <p><hi rendition="#g">Donaufürstenthümer</hi>. Bukarest. (Zweck der russischen Truppen. — Bibesko. Russische Winterquartiere. — Benehmen des Adels. — Verhaftungen. — Note des Kotzebue.)</p> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Rom. (Programm des neuen Ministeriums. — Vermischtes.)</p> <p>Turin. (Stürmische Kammersitzung) Neapel. (Soldatenexcesse.)</p> <p><hi rendition="#g">Großbritanien</hi>. London. (Kindersterblichkeit.) Dublin. (Elend.)</p> <p><hi rendition="#g">Amerika</hi>. London. (Traurige Lage Canadas.) Newyork. (Bennetts über die europäische Revolution. — Reglung des Briefportos zwischen England und den Vereinigten Staaten. — Die Postdampfschifflinien der Union.</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar159_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>105</author></bibl> Dortmund, den 1. Dez.</head> <p>Die Nationalversammlung ist in Brandenburg <hi rendition="#g">nicht</hi> erschienen, also jammert Hr. Brüggemann in Nr. 320. der Kölnischen Zeitung.</p> <p>„Wir haben gewünscht“ — „Wir haben geglaubt“ — „<hi rendition="#g">Wir</hi>“ haben geliebt, „<hi rendition="#g">Wir</hi>“ haben gehofft, und dennoch, schrecklich! „ist eine Einigung auf diesen, von uns wiederholt nahmhaft gemachten Grundlagen nicht erfolgt.“ Das ist zuviel! Wrangel liestt die Brüggemann'sche Leitartikel nicht und richtet dadurch den enormen Politiker zu Grunde.</p> <p>Her. Brüggemann „kann nicht profezeien“ trotz seiner beiden Dreifüße, der „Deutschen Reform“ und der „Fr. O. P. A. Ztg.“ Die Pythia Reform hat den Alexander Brüggemann mit falschen Sprüchen betrogen. Der große Redakteur der „Kölnischen Zeitung“ ist gefoppt, geschlagen, total blamirt.</p> <p>An den 280 „mittelmäßigen Politikern“ der Nationalversammlung scheitert der übermäßige Politiker Brüggemann.</p> <p>„Welche Hindernisse im Wege standen — die Reichskommissarien und v. Gagern werden darüber bald Bericht erstatten“ (früher Bassermann).</p> <p>„Allein — was jetzt?“</p> <p>Was jetzt! Will denn Niemand Hrn. Brüggemann retten? Herbei Stedtmann, Welker-Mosle, Bassermann, edler v. Gagern oder auch du schwertkundiger Wrangel. Helft eurem treuen Freunde, der „<hi rendition="#g">jetzt in so bitterer Klemme sitzt</hi>.“ Einen Ausweg! Einen Leitartikel für einen Ausweg!</p> <p>Bei Auflehnung der Reichs-Allmacht erscheinen dem gepeinigten Manne zwei Halbengel in der Gestalt zweier Hohlwege. Beide eider — „nicht ohne Bedenken.“</p> <p><hi rendition="#g">Erster Hohlweg:</hi> „Einberufung der Stellvertreter oder Veranstaltung von Neuwahlen für die sich definitiv Weigernden.“ „<hi rendition="#g">Sehr einfach</hi>“ und dennoch „<hi rendition="#g">nicht ohne Bedenken,</hi>“ denn „der bereits <hi rendition="#g">positiv gesetzlich gewordenen Rechtsboden</hi> ist leider noch sehr <hi rendition="#g">schmal,</hi> und selbst jener schmale Boden hat auch seine <hi rendition="#g">Lücken</hi>“ durch den <hi rendition="#g">Belagerungszustand</hi>“ bekommen.</p> <p>Trotz der eingestandenen Enge und Lückenhaftigkeit seines „Rechtsbodens“ zweifelt Hr. Brüggemann keineswegs an dem „ehrlichen Willen der Regierung“ und zwar deshalb „weil <hi rendition="#g">Wir</hi> ohnehin von der Unmöglichkeit der Reaktion überzeugt sind.“ „<hi rendition="#g">Wir</hi>“ argumentiren: ich zweifle nicht an der Ehrlichkeit eines Brigands — weil ich geladene Pistolen bei mir habe, und „<hi rendition="#g">wir</hi>“ beklagen uns hinterher, daß „<hi rendition="#g">wir</hi>“ mit solchen Argumenten nichts „<hi rendition="#g">ersichtlich und Handgreiflich</hi>“ machen können. Unglaubliche Blindheit!</p> <p>Uebrigens hatte Hr. Brüggemann noch vor 5 Tagen (Nr. 316 der Köln. Ztg.) einen ganz soliden „<hi rendition="#g">guten festen Rechtsboden</hi> des Gesetzes vom 8. April“, worauf er die „<hi rendition="#g">gesunde</hi> Majorität“ zu stellen projektirte.</p> <p><hi rendition="#g">Zweiter Hohlweg:</hi> „<hi rendition="#g">unbedingte Berufung auf die Centralgewalt</hi>.“</p> <p>„Auch dieser Weg hat sein <hi rendition="#g">Bedenken,</hi> weil jedes Verlassen des <hi rendition="#g">positiven Rechts</hi>“ u. s. w.</p> <p>Die Blamage hat Hrn. Brüggemann offenbar ganz heruntergebracht. Obschon er so eben zugab, daß sein „Rechtsboden“ sehr schmal, lückenhaft, „nicht ohne Bedenken sei,“ will er dennoch darauf kämpfen, er hat sich ganz und gar in seinen Rechtsboden verbissen,</p> <p rendition="#et">Ist wie ein Thier, das spekulirt<lb/> Und ringsum grünet fette Weide.</p> <p>Aber Hr. Brüggemann hat im Hinterhalte den letzten Gedanken der Bourgeoisie. „Unbedingte Berufung auf die Centralgewalt“ soll heißen: „in der Reichssprache zu sprechen.“: belagert eine Stadt, eine Provinz nach der andern und windischgrätzt so lange, bis daß sämmtliches Demokratengelichter füsilirt ist. Dann führen wir das unbestrittene Regiment.</p> <p>Die deutsche Bourgeoisie wird sich täuschen, sie ist zu dumm und zu feige, um auch nur vorübergehend zu herrschen. Die Parole heißt: Monarchie oder Republik.</p> <p>Was aber Herrn <hi rendition="#g">Brüggemann</hi> betrifft, so wird trotz seiner allerneuesten Prophezeiung die Nationalversammlung in Brandenburg tagen. Vor Gott ist alles möglich.</p> </div> <div xml:id="ar159_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>43</author></bibl> Trier, 1. Dezember.</head> <p>Der saubre mit St. Wendel an Preußen von Koburg überkommene <hi rendition="#g">Sebaldt,</hi> Regierungspräsidium, fährt fort, Europa in Athem zu halten. Heute erscheint folgender neue Erlaß des von Koburg an Preußen abgetretenen schöngeistelnden Pascha's:</p> <p>Der Stadtrath von Trier hat aus der von mir angeordnetern Verlegung des städtischen Waffendepots eine Rechtsfrage gemacht, während die ganze Maaßregel nichts ist, als ein Ausfluß der der Regierung zustehenden Oberaufsichtsgewalt über die Gemeindeverwaltung, folglich gar nicht in das Gebiet juristischer Eröterungen gehört. Es fällt der Regierung nicht im Entferntesten ein, die fraglichen Waffen der Stadt zu entziehen: nur auf Sicherstellung des Depots ist sie bedacht und schritt vor, nachdem es die Stadt verabsäumt hatte, ihrerseits vorsorgliche Schritte zu thun. Der bestimmteste Revers ist der Stadt zur Wahrung ihrer Ansprüche schon vor Abnahme der Waffen präsentirt worden, und unbedenklich füge ich noch die beruhigende Erklärung bei, daß, wenn die legale Repräsentation der Stadt heute für sichere Verwahrung der Waffen in einem städtischen Locale persönlich Gewähr leistet, morgen die Waffen zurückgestellt werden sollen; indessen muß ich erwarten, daß die verlangte persönliche Garantie nicht wieder mit dem nichtssagenden Wunsche abgefunden werde, man möge das Depot wie bisher bewachen lassen, denn hierzu hat weder der Staat eine Verpflichtung noch unsere ohnedies mit schwerem Dienste geplagte Garnison überflüssige Kräfte.</p> <p>Irre ich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden, statt eines auf advocatorische Subtilitäten gebauten Protestes die materielle Frage des Augenblicks: „was der Stadt frommt“ in Betracht und dabei in Erwägung zu ziehen, daß in der letzten Zeit überzeugende Merkmale einer verbrecherischen Lüsternheit nach Waffen hervorgetreten sind. Ich überschätze die Kräfte des Feindes nicht so sehr, um es irgend wahrscheinlich zu finden, daß ein unsinniges Attentat gegen das Waffendepot von Erfolg gewesen sein würde: immerhin würde aber ein solches Unternehmen blutige Conflikte und Verwickelungen in Begleitung haben, und unverantwortlich würde es sein, wenn man solchen extremen Fällen nicht zuvorzukommen suchte.</p> <p>Von einer gerichtlichen Klage kann, wie Eingangs bemerkt, gar keine Rede sein; wäre dies aber der Fall, so würde ich kein Bedenken tragen, an das Gewissen, und die gesunde Vernunft meiner Ankläger zu appelliren.</p> <p>Trier, den 30. October 1848.</p> <p><hi rendition="#g">Regierungs-Präsidium</hi>.</p> <p><hi rendition="#g">Sebaldt</hi>.</p> <p>An das königl. Landraths- und Oberbürgermeisterei-Amt hierselbst.</p> <p>Nr. 1916.</p> <p>Der Mangel des <hi rendition="#g">Staatsexamens</hi> macht sich immer fühlbarer. Der Belletrist <hi rendition="#g">Sebaldt,</hi> statt sich vor den <hi rendition="#g">Gerichten</hi> zu vertheidigen, apellirt an das „<hi rendition="#g">Gewissen</hi>“ seiner „Ankläger“. Man belästige den Koburger Napoleon doch nicht mit juristischen questiunculis, mit „<hi rendition="#g">advokatarischen Subtilitäten</hi>.“ Was Teufel, soll sich ein <hi rendition="#g">Sebaldt</hi> um „advokatorische Subtilitäten“ scheren? Seine „<hi rendition="#g">Gewalt</hi>“ gehört „<hi rendition="#g">gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen</hi>.“ Er verlegt das städtische Waffendepot aus dem Gemeindehaus, wohin sie nach dem Bürgerwehrgesetz gehören, gewaltsam in ein andres Lokal. Er hebt die „Preßfreiheit“ auf, car tel est son plaisir, indem er alle Plakate außer seinen eignen schlecht-stylisirten Machwerken für verfehmt erklärt. Er verwandelt die Soldaten nicht nur in „<hi rendition="#g">Censoren</hi>“: Er, <hi rendition="#g">das</hi> Regierungspräsidium, er <hi rendition="#g">Sebaldt,</hi> ertheilt aus einer „Gewalt“, die „gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen gehört“, den <hi rendition="#g">Soldaten</hi> das Privilegium, jeden beliebigen Bürger zu <hi rendition="#g">verhaften</hi>, unter dem Vorwande, selbigen Bürger mit „Anklebung, <hi rendition="#g">Verleitung</hi> (!) oder Vertreibung“ dem Sebaldt oder dem Soldaten mißliebiger Plakate beschäftigt gefunden zu haben. <hi rendition="#g">Sebaldt</hi> erläßt neue Gesetze und scheert sich natürlich nicht nach den „advokatorischen Subtilitäten“ der alten Gesetzgebung. Und der Cerberus der Gerechtigkeit, das <hi rendition="#g">Parquet?</hi> Es ist stummer wie der griechische Cerberus, als Herkules ihn aus der Unterwelt herausholte. Aber <hi rendition="#g">Sebaldt, Sebaldt</hi> ist auch ein andrer Kerl wie Herkules,</p> <p>„Irrt er sich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden“, statt dem <hi rendition="#g">Sebaldt</hi> eine juristische Falle zu stellen, „die <hi rendition="#g">materielle Frage des Augenblicks: was der Stadt frommt,</hi> in Betracht zu ziehn.“</p> <p>Die <hi rendition="#g">materielle Frage</hi> des Augenblicks: <hi rendition="#g">was der Stadt frommt</hi>!!!</p> <p>Das Staatsexamen! Das Staatsexamen!</p> <p>Die „<hi rendition="#g">materielle</hi>“ Frage, was dem „<hi rendition="#g">Sebaldt</hi>“ frommt, hätte der Stadtrath in Betracht und auch in Erwägung ziehn sollen.</p> <p>Sebaldt ist einstweilen noch bloser Regierungsrath, und dazu von Koburg überkommener.</p> <p>Er ist noch bloßes „<hi rendition="#g">Regierungspräsidium</hi>“. Die <hi rendition="#g">materielle</hi> Frage, die ihm „<hi rendition="#g">frommt</hi>“, ist die Frage, wie das abstrakte „Regierungspräsidium“ in einen „konkreten <hi rendition="#g">Regierungspräsidenten</hi>“ verwandeln? Das ist die „materielle“ Frage.</p> <p>Von einer „<hi rendition="#g">gerichtlichen Klage</hi>“ kann bei einem Manne, dessen „<hi rendition="#g">Gewalt gar nicht</hi> in das Gebiet gerichtlicher Erörte- <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> </p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar159_003" type="jArticle"> <head>Etwas von der demokratischen Presse von Levi Schmul.</head> <p rendition="#et">Mach' dir einen Bart mit schwarzer Dinte<lb/> Steck' dir auf den Hut einen Häringskopf.</p> <p>Der <hi rendition="#g">Schengeist</hi> Levy Schmuhl ist im Begriff ein Manteufel zu werden. Die demokratische Presse hat sein ästhetisches Gefühl verletzt, er wirft sich in die satyrische Politik mit „liebenswürdigem“ Unwillen, und eifert gegen seinen Conkurrenten, auch einen Schengeist, „den liebenswürdigen Judenjungen in Mainz, mit dessen Namen er seine Feder nicht besudeln will“; aber er eifert gegen ihn mit Anstand und Sittlichkeit, ohne fette Schrift, ohne Ausrufungszeichen. Er verschmäht diese Mittel der demokratischen Presse die Keilschrift und die fette Schrift, mit welcher man das wiederstrebende Auge fesseln will. Wenn die demokratische Presse so sehr fesselt, so ist das die Schuld der Keilschrift. Wenn die Feuilleton's des Herrn Levi sich auflösen in den allgemeinen Brei der kölnischen Zeitung, so ist dieses blos ein typographischer Mangel, es ist die Schuld der Setzer welche die Pointe nicht gehörig hervorheben durch Gedankenstriche. „Die demokratische Presse ist ein vollständiger Schlamm-Vulkan geworden.“ Ihr seht, Herr Levi hat sich hinaufgearbeitet zum großen Brüggemann; sie hüpfen und tanzen gemeinsam auf dem Rechtsboden, der jetzt „wiedergewonnen ist in ausreichender Ausdehnung.“ Jetzt ist keine Gefahr mehr zu stolpern; die „unverbrüchliche Behauptung des Rechtsbodens“ in Brandenburg hat beiden auf die Beine geholfen. „Mein Levy, ruft Dumont mit strahlender Freude aus, ist Einer von unsern Leuten. Seitdem seine Feuilleton's in die Politik hinüberstreifen, ist er mir doppelt lieb geworden. Der arme Mann! als Schengeist verlor er sich ganz unter den Schellfischen und Kabeljau, unter Poesie, die ich bezahle, und der Poesie, welche mir zahlt. Er stand so in der Mitte zwischen den Oehrchen und Schnüßchen; und ließ mir manchmal zu viel Stockfisch vorn auf der ersten Seite durchlaufen. Damals hatte mein Levi noch keine politische Bildung: er wußte nicht, daß die Stockfische zahlen müssen unter den Annoncen, aber nie bezahlt werden. Ich bezahle nur Leute wie Brüggemann, Leute von reinen, „unverbrüchlichem Rechtsboden;“ und es ist ihre Pflicht, Alles was davon abweicht, zur Zahlung anzuhalten. Den Teufel auch. wie soll ich sonst zu meinen Auslagen wiederkommen? jetzt aber ist mir mein Levi doppelt werth und theuer. O! er hat große Fortschritte gemacht; mit kritischem Eifer sondert er die Gedichte, die hintenhin gehören, und stutzt mir manchmal die Namenstagsgedichte recht artig zu, daß die armen Liebhaber in der Trunkenheit ihres Erfolgs manchmal mir zu den Insertions-Gebühren noch ein besonderes Trinkgeld in die Hände drücken.</p> <p>Brüggemann, der Eifersüchtige, meint, mein Levy sei manchmal etwas breit, zumal auf der ersten Seite; so z. B. wie heute, wo mein Samuelchen Manteuffelche Angriffe auf die demokratische Presse und den Kommunismus und die allgemeine Theilung macht. Freilich wäre es zu wünschen, daß die Redaktoren und Brüggemann an der Spitze, daß überhaupt die Redaktoren der ersten Seite den Styl der vierten Seite und namentlich den Styl der Beilagen mehr zum Muster nähmen, und sich eben so bündig und kurzgefaßt aussprächen, wie die Annoncen; dann wären sie für den Leser verständlicher und für mich wohlfeiler. Aber die Literaten sind nicht immer praktische Leute, und ich kann es ihnen wahrhaftig unter den jetzigen Umständen nicht verargen, wenn sie den klaren, bestimmten Styl der Annoncen-Literatur verlassen und ein wenig politischduselnd schreiben. Das wird sich alles später legen, überhaupt werde ich später eine ganz andere Ordnung in meinem Journal einführen und gleich mit den Annoncen anfangen, um den Leuten das Umschlagen und mir die Kosten zu ersparen. So lange noch gut-bezahlte Adressen gegen die Berliner Versammlung und Gedichte gegen Freiligrath einlaufen, thue ich gut, bei dem alten Verfahren zu bleiben.“</p> <p>Dumont kennt seine Redaktoren, er weiß sie ganz genau und nach seinem eigenen Werthe zu schätzen.</p> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#g">Der Joseph Dumont der soll leben</hi>,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Und der Brüggemann daneben</hi>,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Und Levy Schmul dabei</hi>,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Dann leben sie alle drei</hi>.</l><lb/> </lg> <p>Das ist die Grundformel der ganzen Dumont'schen Zeitung. Es ist das Geheimniß der ganzen Brüggemann'schen Politik und der Levy'schen Schengeisterei.</p> <p>— — — — — — — — — — —</p> <p rendition="#et">ich bin 'ne arme Dienstmagd<lb/> und muß ja davon leben.</p> <p>Doch der „Ernst unserer Tage“ stimmt den Schengeist Levy ernst, und als „heiteres Gegengewicht gegen den Ernst unserer Tage“, wirft er einen Blick in die demokratischen Blätter, und erblickt „einen rothen Vorhang“. Ehe er diesen Vorhang lüftet, wirft er einen Blick in die demokratische Central-Kasse und zählt die Summe, und findet einen Betrag von <hi rendition="#g">4 Thaler 6 Groschen 6 Pfennige</hi>“. Vier Thaler, sechs Groschen, sechs Pfennige! darin besteht die ganze demokratische Kasse, ruft Levy entsetzt, und dreimal kreuzt er sich und dreimal segnet er sich, nicht zu sein wie jene, die demokratischen Schriftsteller! Ihr ganze Kriegeskasse vier Thaler, 6 Silbergroschen, 6 Pfennige! Der Levy versteht das Einmaleins. <hi rendition="#g">Der</hi> Levy, der ist kein Spartaner!</p> <p>Liebster Levy, der DuMont ist zu sehr in dich hineingefahren; du hast keinen Manteuffel in dir. Um deinen Ernst zu zerstreuen, gehe hin, versenke dich in die schöne Zeit, wo es keine andere Revolutionen gab, als die der großen Wäsche, der Fitzbohnen und des saueren Kappes. Wahrlich, du hast keine böse Ader in dir, du wirst nie maliciös werden, nie eine Pointe treffen, unge- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0841/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 159. Köln, Sonntag, den 3. Dezember. 1848. Keine Steuern mehr!!!
Uebersicht. Deutschland. Dortmund. (Windungen der „Kölnischen Zeitung.“) Trier. (Sebaldt und der Stadtrath. — Aufhetzung der Soldaten.) Coblenz. (Schwarz-weiße Adressen-Fabrikation. — Wiederholung der Soldatenexcesse) Düsseldorf. (Die Muse Drigalski. — Nähere Details über den vorgestrigen Soldatenvandalismus.) Jülich (Herr v. Mylius.) Münster. (Hammacher, Bonsi, Jakobi. — Verhaftungen der Volksmänner. — Gährung unter den Landwehrmännern. — Proklamationen der Camarilla. — Deputirtenwahl.) Berlin. (Schandthaten Wrangels gegen die Deputirten. — Schwankende Deputirte. — Ein Bauer und ein Bürgerlicher zu Brandenburg. — Reibungen. — Gagern und Wrangel. — Des Reichsverwesers Ansprache an das deutsche Volk. — Branburg-Manteuffelscher Plan. — Der Czar in Potsdam.) Brandenburg. (Club Brünneck.) Naumburg. (Erfurter Zustände.) Posen. (Husarenkrawall. — Schefers Demarkationsreise.) Ostrowo. (4 tscherkessische Ueberläufer ausgeliefert.) Wien. (Windischgrätz und der Gemeinderath. — Ungarn. Die Werbung. — Die „Presse.“ — Ernstliches Beginnen des Angriffs auf Ungarn. — Empfang einer Deputation durch Welden. — Verstärkung Simonic's. — Neue Rekrutirung. — Kosten für das Militair.) Kremsier. (Zweite Reichstagssitzung.) Prag. (Das volksthümliche Ministerium.) Frankfurt. (National-Versammlung.) Bremervörde. (Mißtrauens-Votum.)
Ungarn. Herrmanstadt. (Püchner's Proklamation)
Donaufürstenthümer. Bukarest. (Zweck der russischen Truppen. — Bibesko. Russische Winterquartiere. — Benehmen des Adels. — Verhaftungen. — Note des Kotzebue.)
Italien. Rom. (Programm des neuen Ministeriums. — Vermischtes.)
Turin. (Stürmische Kammersitzung) Neapel. (Soldatenexcesse.)
Großbritanien. London. (Kindersterblichkeit.) Dublin. (Elend.)
Amerika. London. (Traurige Lage Canadas.) Newyork. (Bennetts über die europäische Revolution. — Reglung des Briefportos zwischen England und den Vereinigten Staaten. — Die Postdampfschifflinien der Union.
Deutschland. 105 Dortmund, den 1. Dez. Die Nationalversammlung ist in Brandenburg nicht erschienen, also jammert Hr. Brüggemann in Nr. 320. der Kölnischen Zeitung.
„Wir haben gewünscht“ — „Wir haben geglaubt“ — „Wir“ haben geliebt, „Wir“ haben gehofft, und dennoch, schrecklich! „ist eine Einigung auf diesen, von uns wiederholt nahmhaft gemachten Grundlagen nicht erfolgt.“ Das ist zuviel! Wrangel liestt die Brüggemann'sche Leitartikel nicht und richtet dadurch den enormen Politiker zu Grunde.
Her. Brüggemann „kann nicht profezeien“ trotz seiner beiden Dreifüße, der „Deutschen Reform“ und der „Fr. O. P. A. Ztg.“ Die Pythia Reform hat den Alexander Brüggemann mit falschen Sprüchen betrogen. Der große Redakteur der „Kölnischen Zeitung“ ist gefoppt, geschlagen, total blamirt.
An den 280 „mittelmäßigen Politikern“ der Nationalversammlung scheitert der übermäßige Politiker Brüggemann.
„Welche Hindernisse im Wege standen — die Reichskommissarien und v. Gagern werden darüber bald Bericht erstatten“ (früher Bassermann).
„Allein — was jetzt?“
Was jetzt! Will denn Niemand Hrn. Brüggemann retten? Herbei Stedtmann, Welker-Mosle, Bassermann, edler v. Gagern oder auch du schwertkundiger Wrangel. Helft eurem treuen Freunde, der „jetzt in so bitterer Klemme sitzt.“ Einen Ausweg! Einen Leitartikel für einen Ausweg!
Bei Auflehnung der Reichs-Allmacht erscheinen dem gepeinigten Manne zwei Halbengel in der Gestalt zweier Hohlwege. Beide eider — „nicht ohne Bedenken.“
Erster Hohlweg: „Einberufung der Stellvertreter oder Veranstaltung von Neuwahlen für die sich definitiv Weigernden.“ „Sehr einfach“ und dennoch „nicht ohne Bedenken,“ denn „der bereits positiv gesetzlich gewordenen Rechtsboden ist leider noch sehr schmal, und selbst jener schmale Boden hat auch seine Lücken“ durch den Belagerungszustand“ bekommen.
Trotz der eingestandenen Enge und Lückenhaftigkeit seines „Rechtsbodens“ zweifelt Hr. Brüggemann keineswegs an dem „ehrlichen Willen der Regierung“ und zwar deshalb „weil Wir ohnehin von der Unmöglichkeit der Reaktion überzeugt sind.“ „Wir“ argumentiren: ich zweifle nicht an der Ehrlichkeit eines Brigands — weil ich geladene Pistolen bei mir habe, und „wir“ beklagen uns hinterher, daß „wir“ mit solchen Argumenten nichts „ersichtlich und Handgreiflich“ machen können. Unglaubliche Blindheit!
Uebrigens hatte Hr. Brüggemann noch vor 5 Tagen (Nr. 316 der Köln. Ztg.) einen ganz soliden „guten festen Rechtsboden des Gesetzes vom 8. April“, worauf er die „gesunde Majorität“ zu stellen projektirte.
Zweiter Hohlweg: „unbedingte Berufung auf die Centralgewalt.“
„Auch dieser Weg hat sein Bedenken, weil jedes Verlassen des positiven Rechts“ u. s. w.
Die Blamage hat Hrn. Brüggemann offenbar ganz heruntergebracht. Obschon er so eben zugab, daß sein „Rechtsboden“ sehr schmal, lückenhaft, „nicht ohne Bedenken sei,“ will er dennoch darauf kämpfen, er hat sich ganz und gar in seinen Rechtsboden verbissen,
Ist wie ein Thier, das spekulirt
Und ringsum grünet fette Weide.
Aber Hr. Brüggemann hat im Hinterhalte den letzten Gedanken der Bourgeoisie. „Unbedingte Berufung auf die Centralgewalt“ soll heißen: „in der Reichssprache zu sprechen.“: belagert eine Stadt, eine Provinz nach der andern und windischgrätzt so lange, bis daß sämmtliches Demokratengelichter füsilirt ist. Dann führen wir das unbestrittene Regiment.
Die deutsche Bourgeoisie wird sich täuschen, sie ist zu dumm und zu feige, um auch nur vorübergehend zu herrschen. Die Parole heißt: Monarchie oder Republik.
Was aber Herrn Brüggemann betrifft, so wird trotz seiner allerneuesten Prophezeiung die Nationalversammlung in Brandenburg tagen. Vor Gott ist alles möglich.
43 Trier, 1. Dezember. Der saubre mit St. Wendel an Preußen von Koburg überkommene Sebaldt, Regierungspräsidium, fährt fort, Europa in Athem zu halten. Heute erscheint folgender neue Erlaß des von Koburg an Preußen abgetretenen schöngeistelnden Pascha's:
Der Stadtrath von Trier hat aus der von mir angeordnetern Verlegung des städtischen Waffendepots eine Rechtsfrage gemacht, während die ganze Maaßregel nichts ist, als ein Ausfluß der der Regierung zustehenden Oberaufsichtsgewalt über die Gemeindeverwaltung, folglich gar nicht in das Gebiet juristischer Eröterungen gehört. Es fällt der Regierung nicht im Entferntesten ein, die fraglichen Waffen der Stadt zu entziehen: nur auf Sicherstellung des Depots ist sie bedacht und schritt vor, nachdem es die Stadt verabsäumt hatte, ihrerseits vorsorgliche Schritte zu thun. Der bestimmteste Revers ist der Stadt zur Wahrung ihrer Ansprüche schon vor Abnahme der Waffen präsentirt worden, und unbedenklich füge ich noch die beruhigende Erklärung bei, daß, wenn die legale Repräsentation der Stadt heute für sichere Verwahrung der Waffen in einem städtischen Locale persönlich Gewähr leistet, morgen die Waffen zurückgestellt werden sollen; indessen muß ich erwarten, daß die verlangte persönliche Garantie nicht wieder mit dem nichtssagenden Wunsche abgefunden werde, man möge das Depot wie bisher bewachen lassen, denn hierzu hat weder der Staat eine Verpflichtung noch unsere ohnedies mit schwerem Dienste geplagte Garnison überflüssige Kräfte.
Irre ich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden, statt eines auf advocatorische Subtilitäten gebauten Protestes die materielle Frage des Augenblicks: „was der Stadt frommt“ in Betracht und dabei in Erwägung zu ziehen, daß in der letzten Zeit überzeugende Merkmale einer verbrecherischen Lüsternheit nach Waffen hervorgetreten sind. Ich überschätze die Kräfte des Feindes nicht so sehr, um es irgend wahrscheinlich zu finden, daß ein unsinniges Attentat gegen das Waffendepot von Erfolg gewesen sein würde: immerhin würde aber ein solches Unternehmen blutige Conflikte und Verwickelungen in Begleitung haben, und unverantwortlich würde es sein, wenn man solchen extremen Fällen nicht zuvorzukommen suchte.
Von einer gerichtlichen Klage kann, wie Eingangs bemerkt, gar keine Rede sein; wäre dies aber der Fall, so würde ich kein Bedenken tragen, an das Gewissen, und die gesunde Vernunft meiner Ankläger zu appelliren.
Trier, den 30. October 1848.
Regierungs-Präsidium.
Sebaldt.
An das königl. Landraths- und Oberbürgermeisterei-Amt hierselbst.
Nr. 1916.
Der Mangel des Staatsexamens macht sich immer fühlbarer. Der Belletrist Sebaldt, statt sich vor den Gerichten zu vertheidigen, apellirt an das „Gewissen“ seiner „Ankläger“. Man belästige den Koburger Napoleon doch nicht mit juristischen questiunculis, mit „advokatarischen Subtilitäten.“ Was Teufel, soll sich ein Sebaldt um „advokatorische Subtilitäten“ scheren? Seine „Gewalt“ gehört „gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen.“ Er verlegt das städtische Waffendepot aus dem Gemeindehaus, wohin sie nach dem Bürgerwehrgesetz gehören, gewaltsam in ein andres Lokal. Er hebt die „Preßfreiheit“ auf, car tel est son plaisir, indem er alle Plakate außer seinen eignen schlecht-stylisirten Machwerken für verfehmt erklärt. Er verwandelt die Soldaten nicht nur in „Censoren“: Er, das Regierungspräsidium, er Sebaldt, ertheilt aus einer „Gewalt“, die „gar nicht in das Gebiet juristischer Erörterungen gehört“, den Soldaten das Privilegium, jeden beliebigen Bürger zu verhaften, unter dem Vorwande, selbigen Bürger mit „Anklebung, Verleitung (!) oder Vertreibung“ dem Sebaldt oder dem Soldaten mißliebiger Plakate beschäftigt gefunden zu haben. Sebaldt erläßt neue Gesetze und scheert sich natürlich nicht nach den „advokatorischen Subtilitäten“ der alten Gesetzgebung. Und der Cerberus der Gerechtigkeit, das Parquet? Es ist stummer wie der griechische Cerberus, als Herkules ihn aus der Unterwelt herausholte. Aber Sebaldt, Sebaldt ist auch ein andrer Kerl wie Herkules,
„Irrt er sich nicht, so hätte es dem Stadtrath von Trier besser angestanden“, statt dem Sebaldt eine juristische Falle zu stellen, „die materielle Frage des Augenblicks: was der Stadt frommt, in Betracht zu ziehn.“
Die materielle Frage des Augenblicks: was der Stadt frommt!!!
Das Staatsexamen! Das Staatsexamen!
Die „materielle“ Frage, was dem „Sebaldt“ frommt, hätte der Stadtrath in Betracht und auch in Erwägung ziehn sollen.
Sebaldt ist einstweilen noch bloser Regierungsrath, und dazu von Koburg überkommener.
Er ist noch bloßes „Regierungspräsidium“. Die materielle Frage, die ihm „frommt“, ist die Frage, wie das abstrakte „Regierungspräsidium“ in einen „konkreten Regierungspräsidenten“ verwandeln? Das ist die „materielle“ Frage.
Von einer „gerichtlichen Klage“ kann bei einem Manne, dessen „Gewalt gar nicht in das Gebiet gerichtlicher Erörte- [Fortsetzung]
Etwas von der demokratischen Presse von Levi Schmul. Mach' dir einen Bart mit schwarzer Dinte
Steck' dir auf den Hut einen Häringskopf.
Der Schengeist Levy Schmuhl ist im Begriff ein Manteufel zu werden. Die demokratische Presse hat sein ästhetisches Gefühl verletzt, er wirft sich in die satyrische Politik mit „liebenswürdigem“ Unwillen, und eifert gegen seinen Conkurrenten, auch einen Schengeist, „den liebenswürdigen Judenjungen in Mainz, mit dessen Namen er seine Feder nicht besudeln will“; aber er eifert gegen ihn mit Anstand und Sittlichkeit, ohne fette Schrift, ohne Ausrufungszeichen. Er verschmäht diese Mittel der demokratischen Presse die Keilschrift und die fette Schrift, mit welcher man das wiederstrebende Auge fesseln will. Wenn die demokratische Presse so sehr fesselt, so ist das die Schuld der Keilschrift. Wenn die Feuilleton's des Herrn Levi sich auflösen in den allgemeinen Brei der kölnischen Zeitung, so ist dieses blos ein typographischer Mangel, es ist die Schuld der Setzer welche die Pointe nicht gehörig hervorheben durch Gedankenstriche. „Die demokratische Presse ist ein vollständiger Schlamm-Vulkan geworden.“ Ihr seht, Herr Levi hat sich hinaufgearbeitet zum großen Brüggemann; sie hüpfen und tanzen gemeinsam auf dem Rechtsboden, der jetzt „wiedergewonnen ist in ausreichender Ausdehnung.“ Jetzt ist keine Gefahr mehr zu stolpern; die „unverbrüchliche Behauptung des Rechtsbodens“ in Brandenburg hat beiden auf die Beine geholfen. „Mein Levy, ruft Dumont mit strahlender Freude aus, ist Einer von unsern Leuten. Seitdem seine Feuilleton's in die Politik hinüberstreifen, ist er mir doppelt lieb geworden. Der arme Mann! als Schengeist verlor er sich ganz unter den Schellfischen und Kabeljau, unter Poesie, die ich bezahle, und der Poesie, welche mir zahlt. Er stand so in der Mitte zwischen den Oehrchen und Schnüßchen; und ließ mir manchmal zu viel Stockfisch vorn auf der ersten Seite durchlaufen. Damals hatte mein Levi noch keine politische Bildung: er wußte nicht, daß die Stockfische zahlen müssen unter den Annoncen, aber nie bezahlt werden. Ich bezahle nur Leute wie Brüggemann, Leute von reinen, „unverbrüchlichem Rechtsboden;“ und es ist ihre Pflicht, Alles was davon abweicht, zur Zahlung anzuhalten. Den Teufel auch. wie soll ich sonst zu meinen Auslagen wiederkommen? jetzt aber ist mir mein Levi doppelt werth und theuer. O! er hat große Fortschritte gemacht; mit kritischem Eifer sondert er die Gedichte, die hintenhin gehören, und stutzt mir manchmal die Namenstagsgedichte recht artig zu, daß die armen Liebhaber in der Trunkenheit ihres Erfolgs manchmal mir zu den Insertions-Gebühren noch ein besonderes Trinkgeld in die Hände drücken.
Brüggemann, der Eifersüchtige, meint, mein Levy sei manchmal etwas breit, zumal auf der ersten Seite; so z. B. wie heute, wo mein Samuelchen Manteuffelche Angriffe auf die demokratische Presse und den Kommunismus und die allgemeine Theilung macht. Freilich wäre es zu wünschen, daß die Redaktoren und Brüggemann an der Spitze, daß überhaupt die Redaktoren der ersten Seite den Styl der vierten Seite und namentlich den Styl der Beilagen mehr zum Muster nähmen, und sich eben so bündig und kurzgefaßt aussprächen, wie die Annoncen; dann wären sie für den Leser verständlicher und für mich wohlfeiler. Aber die Literaten sind nicht immer praktische Leute, und ich kann es ihnen wahrhaftig unter den jetzigen Umständen nicht verargen, wenn sie den klaren, bestimmten Styl der Annoncen-Literatur verlassen und ein wenig politischduselnd schreiben. Das wird sich alles später legen, überhaupt werde ich später eine ganz andere Ordnung in meinem Journal einführen und gleich mit den Annoncen anfangen, um den Leuten das Umschlagen und mir die Kosten zu ersparen. So lange noch gut-bezahlte Adressen gegen die Berliner Versammlung und Gedichte gegen Freiligrath einlaufen, thue ich gut, bei dem alten Verfahren zu bleiben.“
Dumont kennt seine Redaktoren, er weiß sie ganz genau und nach seinem eigenen Werthe zu schätzen.
Der Joseph Dumont der soll leben,
Und der Brüggemann daneben,
Und Levy Schmul dabei,
Dann leben sie alle drei.
Das ist die Grundformel der ganzen Dumont'schen Zeitung. Es ist das Geheimniß der ganzen Brüggemann'schen Politik und der Levy'schen Schengeisterei.
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ich bin 'ne arme Dienstmagd
und muß ja davon leben.
Doch der „Ernst unserer Tage“ stimmt den Schengeist Levy ernst, und als „heiteres Gegengewicht gegen den Ernst unserer Tage“, wirft er einen Blick in die demokratischen Blätter, und erblickt „einen rothen Vorhang“. Ehe er diesen Vorhang lüftet, wirft er einen Blick in die demokratische Central-Kasse und zählt die Summe, und findet einen Betrag von 4 Thaler 6 Groschen 6 Pfennige“. Vier Thaler, sechs Groschen, sechs Pfennige! darin besteht die ganze demokratische Kasse, ruft Levy entsetzt, und dreimal kreuzt er sich und dreimal segnet er sich, nicht zu sein wie jene, die demokratischen Schriftsteller! Ihr ganze Kriegeskasse vier Thaler, 6 Silbergroschen, 6 Pfennige! Der Levy versteht das Einmaleins. Der Levy, der ist kein Spartaner!
Liebster Levy, der DuMont ist zu sehr in dich hineingefahren; du hast keinen Manteuffel in dir. Um deinen Ernst zu zerstreuen, gehe hin, versenke dich in die schöne Zeit, wo es keine andere Revolutionen gab, als die der großen Wäsche, der Fitzbohnen und des saueren Kappes. Wahrlich, du hast keine böse Ader in dir, du wirst nie maliciös werden, nie eine Pointe treffen, unge-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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