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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 159. Köln, 3. Dezember 1848.

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führer streng bestraft werden müssen, versteht sich von selbst. Wir wollen nur wünschen, daß den Regimentskommandeur kein begründeter Vorwurf treffe, und daß er nur die erforderliche Dienststrenge geltend gemacht, nicht aber die Leute mit unnützen Plackereien gequält habe.

Der zur Regulierung der Gränzangelegenheiten hierher gesendete Reichskommissar General v. Schefer bereist seit einigen Tagen die neu projektirte Gränze Deutschlands, wozu er wohl noch eine Woche gebrauchen wird.

Dem Vernehmen nach ist aus strategischen Gründen auch noch das Städtchen Xions, wo bekanntlich in der letzten Revolution eine blutige Affaire statthatte, bei welcher der ganze Ort mit Ausnahme der Kirchen und weniger Häuser in Flammen aufging, in die Demarkationslinie gezogen worden, wogegen wieder andere Orte ausgeschlossen sind. Man rechnet hier, daß die Ausführung der Demarkation etwa zu Neujahr beginnen könne; dann aber werden sich erst die innern Schwierigkeiten, die fast unbesiegbare Hindernisse darbieten, herausstellen; namentlich begreift man nicht, wie Polnisch-Posen von dem hiesigen Landschaftsverbande wird abgelöst werden können, ohne dem Ruin preisgegeben zu werden. Und doch soll Polnisch-Posen, als ein Nebenland des Königs von Preußen, nach §. 3 des neuen Reichsgrundgesetzes, der das Prinzip der Personalunion festhält, mit den deutschen Provinzen in keinem organischen Zusammenhange bleiben; auch werden die Einsassen Deutsch-Posens wenig geneigt sein, für die Grundbesitzer von Polnisch-Posen solidarisch mitverpflichtet zu bleiben. Auch die Einrichtung einer polnischen selbständigen Administration und Justiz wird außerordentliche Schwierigkeiten darbieten, des Militärwesens nicht einmal zu gedenken.

(D. A. Z.)
Ostrowo, 24. Nov.

Unsere monotone Ruhe ist heute plötzlich durch den Ruf: "Die Russen kommen!" unterbrochen worden. Und wirklich erschienen auch bald 4 Tscherkessen, nämlich 1 Offizier, 1 Unteroffizier und 2 Gemeine, vollständig bewaffnet mit mehreren Dolchen und Pistolen, in theils rother, theils blauer Uniform und gut beritten. Zwei von ihnen frugen nach der Polizei und die andern zwei begaben sich nach dem Wirthshause. Ihrer eigenen Aussage nach gehören sie zu dem russischen Freikorps und hätten den Entschluß gefaßt, aus eigenem Antriebe nach Berlin zu gehen, um daselbst Dienste zu nehmen. Sie wurden vorläufig unter Aufsicht gestellt, und alsbald eine Estafette nach Kalisch abgeschickt, um den wahren Grund ihres Uebertritts in das preußische Gebiet zu erfahren.

Nachschrift. So eben erhalte ich die Nachricht, daß diese vier Unglücklichen schon morgen früh zurücktransportirt und den russischen Henkern überliefert werden. Ihr Bitten, sie so lange hier zu lassen, bis eine Entscheidung unserer Regierung über sie angelangt wäre, scheiterte an der Pflichttreue unseres Landraths, der es mit seinem Gewissen so schnell abmachte, diese Leute recht schnell, vielleicht dem gewissen Tode zu überliefern. -- Die vier Muselmänner sind reiche Gutsbesitzer-Söhne und heißen: Mechtl, Kanabaralt, Machera und Haschem.

(Schles. Z.)
109 Wien, 27. Nov.

Windischgrätz soll den Gemeinderath stolz und kurz angebunden empfangen haben. "Ich bin General," soll er gesagt haben, "und habe als General meine Pflicht unter Euch gethan, Adieu!" damit ließ er den Gemeinderath stehen.

Wie es heißt, werden die Operationen wider Ungarn heute beginnen: ich glaube nicht, daß Windischgrätz dort mit einem Schlage siegen wird, sehe vielmehr einen Guerillakrieg voraus, bei welchem Ungarn, je nach Gestaltung der europäischen Zustände, viel gewinnen kann. Die energische Befestigung Wiens in Verbollwerkung namentlich der innern Stadt scheint zu zeigen, daß auch Windischgrätz mancherlei ungünstige Besorgnisse hegt. Noch gestern sind die Bastionen mit dem schwersten Belagerungsgeschütz befahren worden, welches aber auch auf die innere Stadt gerichtet ist Windischgrätz muß ja im Fall einer Niederlage in Ungarn eine neue Erhebung der Wiener um so mehr befürchten, als die abgeforderten Waffen trotz aller Strenge und trotz allem Suchen bei weitem nicht alle zurückgegeben worden sind, und insbesondere noch in den Vorstädten verborgen gehalten werden sollen. Darum sind diese Vorstädte denn auch mit Militär überschwemmt, manche Häuser haben an 80 Mann Einquartirung. Die Physionomie der Bevölkerung zeigt viel verbißenen Ingrimm; die frühere Sorglosigkeit ist ganz dahin. Die Werbung für Italien a. 10 fl. C. M. geht so schlecht von Statten, daß eine allgemeine Rekrutirung hat ausgeschrieben werden müssen.

Die Anzahl der in das große Krankenhaus in der Alservorstadt vom 26. Octbr. an gebrachten Todten beträgt 661. Die übrigen Krankenhäuser erhielten eine verhältnißmäßig kleinere Anzahl. Um die demokratische Parthei recht anzuschwärzen, haben die schwarzgelben das Lügengericht verbreitet, man habe drei fertige Guillotinen und in einem Busche auf der Wieden eine Höllenmaschine gefunden.

Die "Presse" hört nicht auf, sich täglich jedes unerheblichen Umstandes willen auf die zudringlichste Weise dem Publikum anzuempfehlen. Dabei hebt sie insbesondere als Beweis ihrer ausgezeichneten Tendenz hervor, daß Windischgrätz ihr sofort nach dem Einmarsch das Wiedererscheinen erlaubt habe.

Wien, 27. November.

In der ungarischen Sache wird es nun Ernst und es finden starke Truppenbewegungen statt; die Angriffe sind demnächst und zwar von allen Seiten zu gewärtigen. Kossuth soll erklärt haben, daß wenn nur noch zwei Ungarn verblieben, der eine ungarischer Kriegs- und der andere ungarischer Finanzminister verbleiben würden Trotz der starken Befestigungen von Komorn und Pest zweifeln indeß Wenige an einem baldigen Ausgang. -- Fürs Erste haben die Magyaren ihre Hauptstädte vor Verheerungen sicher gestellt, indem sie mit ihren Verschanzungen so weit als möglich herausrückten. Gegen den Gebrauch der Kettenkugeln, welcher sich die Ungarn auf unstatthafte Weise bedienen, hat Fürst Windischgrätz eine ernstliche Abmahnung an dieselben ergehen lassen (Kettenkugeln sind nämlich zwei durch eine Kette mit einander verbundene Kugeln von schwerem Kaliber, die durch die schwere Berechnung des Doppelgewichts zwar von einer weniger sichern, allein auch von einer um so mörderischeren Wirkung sind). Die Antwort war, daß sie zur Vertheidigung solches erlaubt hielten, sich aber davon enthalten wollten, wenn Fürst Windischgrätz ihnen dafür Congrevesche Raketen senden würde.

Wien, 27. November.

Denkwürdig ist die Art und Weise, in welcher der Gouverneur Welden gestern die Deputation der verschiedenen kaufmännischen Corporationen empfing, die ihm, sowie dem Fürsten Windischgrätz und dem Ban Jellachich Dankadressen überreicht hatten. "Dankadressen, meine Herren (so mögen ungefähr die Worte gelautet haben), wollen nicht viel sagen; heut zu Tage gilt es, durch Handlungen und nicht durch Worte seine Gesinnung zu bewähren. An andern Orten haben die Wähler Mißtrauensvoten an ihre Deputirten ergehen lassen, da sie deren Benehmen nicht gebilligt. Warum thaten Sie, warum -- thun Sie nicht dasselbe?" Es ist wohl in Erinnerung, daß die Repräsentanten Wiens am Reichstage meistens zur Linken zählen, darunter die Abg Violand, Goldmark, Füster, Pillersdorf. Letzterer erscheint allerhöchsten und höchsten Orts besonders übel angeschrieben, und man erfährt, daß seine Persönlichkeit den Fürsten Windischgrätz besonders abgehalten habe, der Deputation, die ihn bei der Uebergabe Wiens um mildere Bedingungen bat, dieselben zuzugestehen. Ja, als Pillersdorf ihn angeredet, soll er sich unwillig weggewendet und geäußert haben: Er spreche nicht mit Einem, der seinen Herrn und Kaiser verrathen.

Zwischen heute und morgen sollen die Hauptangriffe gegen Ungarn erfolgen; nicht weniger als 400 Geschütze, größtentheils vom schwersten Kaliber, rücken gegen dieselben vor.

24 Wien, 27. November.

Gestern haben 11 Schwadronen Kavallerie und 2 Bat. Infanterie bei Malatzka die Grenze überschritten, um sich dem Korps des F. M. L. Simonich anzuschließen. Die Börse glaubt an einen schnellen Sieg der Kontrerevolution in Ungarn. Die Regierung gedenkt bei allen 38 deutschen Infanterie-Regimentern 5te Bataillons zu bilden, um die Streitmacht der Gesammtmonarchie auf 600,000 Mann zu bringen. Zunächst wird eine Rekrutirung von 150,000 Mann vorgenommen und den Altersklassen von 19-30 Jahren ohne Schonung zu Leibe gegangen werden. -- Die nach Ungarn bestimmten Truppen erhalten, sobald sie die dortige Grenze überschritten, außer ihrer Feldgebühr noch Brod, Wein, Fleisch, Holz etc. Den Offizieren wird dafür baares Geld gezahlt, was für den Lieutenant immerhin monatlich 25. fl. betragen wird. Alle diese Auslagen soll Ungarn, sobald es niedergetreten und gefesselt ist, aufgehalst bekommen. Aber woher vorläufig die Gelder zu diesen Ausgaben nehmen? Das ist ein Räthsel, welches sich wahrscheinlich durch einen kolossalen Staatsbankrott lösen wird.

Kremsier, 27. November.

In der heutigen zweiten Sitzung des Reichstags brach der Sturm, den die czechischen Abgeordneten längst vorbereitet, los. Nachdem Abg. Paul bemerkt hatte: die stenographischen officiellen Berichte der vorigen Sitzung führen dieselbe als 52ste auf, betrachten also die in Wien stattgefundenen Sitzungen nach dem Austritte der Minorität als nicht geschehen und dies werde wohl ein Druckfehler sein, versichert der Präsident Smolka, er habe bereits Schritte zur Abstellung dieses Druckfehlers gethan und wollte nun die Protokolle der wiener Sitzungen vom 28., 29., 30. und 31. Oct. verlesen lassen. Abg. Hellriegel (aus Tyrol) erhob sich dagegen, indem diese Sitzungen nach der kaiserl. Prorogation vom 22. Oct. gehalten worden, folglich illegal seien. Abg. Rieger begnügte sich nicht damit, sondern erhob sich, um die in Wien verbliebenen Abgeordneten geradezu als Hochverräther anzuklagen. In einer einstudirten, überaus boshaften Rede entblödete sich Abg Rieger nicht, über die in Wien Hingerichteten Witze zu machen und daneben den ritterlichen Helden Jellachich zu preisen. Hierauf nahm Abg. Schuselka das Wort und erklärte, daß er es unter seiner und seiner Partei Würde halte, auf des Abg. Rieger Denunciantenrede etwas Anderes zu erwidern, als daß die Mitglieder, welche vom 6 Oct. bis 1. Nov. in Wien getagt, Alles, was sie gethan, zu verantworten bereit wären, daß namentlich er (Schuselka) nicht den geringsten Anstand nähme, sich vor das Standrecht des Fürsten Windischgrätz zu stellen. Dem Abg. Hellriegel entgegnete er, daß der Kaiser den Reichstag am 22. Oct. nicht sofort vertagt, sondern die alsbaldige Vertagung dem Präsidenten überlassen habe, daß ferner der Reichstag noch am 25 Oct. eine Protestationsadresse beschlossen und durch eine Deputation nach Olmütz gesendet, und daß diese Deputation noch am 26. Oct. vom Kaiser als eine Reichstagsdeputation empfangen worden sei. Abg. Brauner sprach dagegen im Sinne des Abg. Rieger und suchte die Versammlung dadurch einzuschüchtern, daß er vorgab, durch Verlesung der genannten Protokolle würde man die Revolution des 6. Oct. anerkennen. Dies hatte die Wirkung, daß die Lesung mit 143 gegen 124 Stimmen verweigert wurde. Nach dieser Debatte kündigte der Präsident den Eintritt des neuen Ministeriums an, und Fürst Schwarzenberg las von der Tribüne das Programm desselben. Gleichberechtigung aller Nationen und Staatsbürger, demokratisch-constitutionelle Verfassung, ein einiges mächtiges Oesterreich, inniger Verband mit Deutschland, aber erst herzustellen, nachdem Oesterreich und Deutschland für sich die neue Form ihres Staatslebens gefunden haben würden, bis dahin aber würde Oesterreich seine Bundespflicht gewissenhaft erfüllen. Dies die Hauptpunkte des Programms, welches mit rauschendem Beifall der ganzen Versammlung aufgenommen wurde. Hierauf erhielt Abg. Schuselka das Wort zu einer Interpellation an das Ministerium. Er begann damit, im Allgemeinen für das Programm zu danken; dennoch müsse er im Interesse der Monarchie seine Interpellation vorbringen Er stellte folgende Fragen:

1) Ob das Ministerium die Verantwortlichkeit übernähme für Alles, was jetzt in Wien, Lemberg etc. geschieht und in Ungarn geschehen wird, oder ob Oesterreich noch ferner unter der Soldatendiktatur bleiben solle? Eine solche sei nicht nur dem Begriff einer constitutionellen Monarchie völlig zuwider, sondern auch der Monarchie überhaupt höchst gefährlich, wie die Geschichte Oesterreichs in einem warnenden Beispiele (Wallenstein) deutlich beweise.
2) Ob das Blutgericht in Wien fortdauern solle? Es sei nicht nur unmenschlich, sondern noch nichts habe eben der Dynastie mehr geschadet als dieses Blutgericht.

Abg. Schuselka fragte hier zunächst den Justizminister Bach, ob er nicht für seine Vaterstadt Wien dasselbe thun werde, was er für Prag gethan?

3) Welche Stellung das Ministerium in der traurigen Angelegenheit wegen Robert Blum zum deutschen Parlament und deutschen Volke einzunehmen gedenke.

Der Redner ließ die Frage, ob Blum schuldig oder unschuldig gewesen, bei Seite und nahm blos den politischen Standpunkt ein, welcher hätte gelten müssen, selbst wenn Blum Mitglied einer ganz fremden Nationalversammlung gewesen wäre. Der Ministerpräsident Schwarzenberg bat um schriftliche Mittheilung der Fragen und versprach ausführlich motivirte Antwort.

(D. A. Z.)
* Prag, 28. Nov.

Ein Kremsierer Korrespondent des "C. Bl. a. B." stellt unter Andern über das jetzige Ministerium folgende Betrachtungen an:

Die politische Welt erinnert sich wohl, daß der Reichstag "ein volksthümliches Ministerium" begehrte, es war eines schönen Abends am 6. Oktober. Der Kaiser versprach ein solches. -- Man urtheile nun, ob das jetzige Ministerium "ein volksthümliches" ist?! F. Schwarzenberg ist ein Diplomat aus der alten Schule, Stadion ein Gouverneur des alten Systems, Cordon ein General des alten Hofkriegsraths, Bach und Krauß sind Mitglieder des gestürzten Kabinets, und Thienfeld ist ein homo ignotus. Dies ist das neue "volksthümliche" Ministerium! Zwei Generäle, ein Graf, ein paar Barone -- das ist "volksthümlich!" -- Welche Haltung wird jener Theil der Kammer diesem Ministerium gegenüber einnehmen, welcher ein volksthümliches Ministerium als einziges Rettungsmittel aus den Oktoberwirren und für alle Zukunft dem Kaiser in Schönbrunn anempfahl?! Sollte man auf den Punkt gekommen sein, jedes Ministerium zu stützen, um nur irgend eine Regierung zu haben?

!!! Frankfurt, den 30. Nov.

Sitzung der National-Versammlung. Präsident Riesser.

Die ersten drei Punkte der Tagesordnung sind:

1) Ergänzungswahl in den Ausschuß für Geschäftsordnung.

2) Fortsetzung der Berathung über den vom Abgeordneten Löw aus Posen, Namens des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten erstatteten Berichts über verschiedene Anträge und eingebrachte Petitionen

3) Berathung über den vom Abgeordneten Francke erstatteten Bericht:
ein Wahlausschreiben des Landguberniums in Mähren betreffend.

Nach Verlesung des Protokolls sind ungefähr 100 Abgeordnete im Saal. Riesser läßt zählen, ob die Anzahl beschlußfähig. (Dies geschieht heut zum erstenmal) Venedey beantragt Namensaufruf. (Links: Ja! Ja!) Man entscheidet sich endlich für Stimmzettel.

Während der confusen Zählungen, ist die Gesellschaft vollzählig geworden, und genehmigt das Protokoll, was kein Mensch gehört hat.

Es erweist sich nachträglich, daß doch nur 195 Mitglieder da sind.

Es kommen noch fünf. Man ist wieder beschlußfähig.

Der Verfassungsausschuß zeigt die revidirten Grundrechte nebst Einführungsgesetz an, worauf man zur Tagesordnung übergeht, und zuerst Ergänzungswahlen für die Geschäftsordnung vornimmt. Gewählt wird Edel aus Würzburg.

Hierauf Berathung über die östreichische Angelegenheit. Es spricht nach geschlossener Debatte der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses, deren Anträge ich Ihnen bereits gestern gab.

Venedey. Er erklärt, daß das Votum der Minorität ein doppeltes Mißtrauensvotum ist, eins für die Reichscommissäre, eins für das Ministerium. Die Nothwendigkeit dieser Mißtrauensvoten weist Venedey nach. Der Nachweis enthält viel Wahres, aber nichts Neues Was das Ministerium anbelangt, so beweist er, daß das Ministerium die Versammlung verhöhnt. -- So z. B. hat das Ministerium ewig ein Programm versprochen, nie eins gegeben, dies mag der Versammlung genügen, der Nation genügt es nicht. Die Nation will wissen, was die Minister wollen!

Der Ton des Herrn Ministers ist humoristisch und le style c'est l'homme! Die englischen Minister wagen bisweilen einen solchen Ton gegen die Minorität, aber das sind mindestens Männer, die eine Geschichte für sich haben -- aber unsre 6 monatlichen Minister -- sie haben Deutschland auf einen Standpunkt gebracht, wohin es noch nie gekommen!

Das Ministerium hat das Reich gemißbraucht zur östreichischen Hauspolitik.

Venedey behauptet unter großen Störungen, daß das Reichsministerium und die berühmten Commissäre den Sieg des Windischgrätz absichtlich herbeigeführt haben.

Am 12. wurden von hieraus die Reichscommissäre nach Ollmütz geschickt, während noch kein Mensch wußte, daß der Kaiser daselbst sei. -- Also das Ministerium wußte es, wo der Kaiser hingehen würde. (Links: hört!) (Während Venedey's Anklage beschäftigt sich das Ministerium mit Zeitungslesen. -- Das ganze Centrum achtet nicht auf die Rede. -- Es will nichts hören gegen das Ministerium!) "Machen Sie ein Ende mit diesem Ministerium!" ruft Venedey unter Bravo links, "schicken Sie diesen Minister nach Oestreich, wohin er gehört, mag er Minister unter Windischgrätz sein. Sie sind nicht einverstanden mit diesem Ministerium, aber Sie haben nicht den Muth, es fortzuschicken. Alle Worte des Ministeriums widersprechen offenbar seinen Thaten" (Schmerling liest im rechten Centrum die Zeitung, aber er wird sehr blaß. -- Links Bemerkungen, Präsident Riesser nennt diese Bemerkungen unanständig. Links: Lärm.) Während Sie, schließt Venedey, Königthum und Reaktion stützen, wird Republik und Anarchie über Sie weggehen wie der Wind über die Wüste. (Langer Beifall links.)

Löw aus Posen spricht für die Anträge der Majorität des Ausschusses als Berichterstatter. Er bringt nichts Neues.

Folgt Abstimmung. v. Gold's Antrag auf einfache Tagesordnung wird fast einstimmig verworfen. Phillips motivirte Tagesordnung ebenso. (Kaum 30 auf der Rechten standen auf.)

Die Anträge des Abgeordneten Wiesner und Genossen.

Ich stelle den Antrag, die hohe Nationalversammlung möge beschließen:

I. der über Wien verhängte Belagerungszustand ist sofort aufzuheben, und zwar:

a) weil die österreichischen Gesetze zwar das außerordentliche Verfahren des Standrechts, keineswegs aber ein außerordentliches Verfahren des Belagerungszustandes kennen ein solches Verfahren somit in Oesterreich ganz ungesetzlich ist;
b) weil die ungesetzliche Maaßregel von keinem der constitutionellen Regierungsorgane verhängt oder bestätigt wurde;

II. die österreichische Reichsversammlung ist von allen inconstitutionellen Einflüssen zu befreien und in das Recht der freien Volksvertretung wieder einzusetzen;

III. alle in Wien von der Militärgewalt eingeleiteten, noch schwebenden Untersuchungen wegen der letzten Ereignisse sind sofort aufzuheben und zwar:

1) weil die Proclamationen des Fürsten Windischgrätz, durch welche man sie zu begründen versucht, von keinem der verantwortlichen Regierungsorgane ausgingen, und es dem Geiste des constitutionellen Prinzips widerspricht, daß es mit Uebergehung der verantwortlichen Regierungsorgane dem bloßen Ermessen eines k. k. Generals anheimgestellt werden könnte, Proclamationen zu erlassen, durch welche den Staatsbürgern die gewährten Freiheiten entzogen werden;
2) weil diese Proclamationen des Fürsten Windischgrätz dem Manifeste Sr. Majestät vom 19. November wiedersprechen, ja dasselbe gänzlich aufheben, folglich auch in einem absolut regierten Staate vollkommen ungesetzlich wären;
3) weil selbst das in dem österreichischen Gesetzbuche über Verbrechen begründete außerordentliche Verfahren des Standrechts, nach welchem das Verbrechen auf das Kürzeste untersucht, der Schuldige sogleich verurtheilt, und die Strafe auf der Stelle vollzogen wird, nach gestillter Unruhe weder angefangen, noch, wenn es schon im Zuge wäre, fortgesetzt werden darf, da es nur in einem dringenden Nothfalle verfügt werden kann.

Aus den oben angeführten Gründen ist auch:

IV. die Wiederaufnahme der Untersuchung von Seite des außerordentlichen Richters gegen alle Jene einzuleiten, die von der Militärgewalt auf Grund der erwähnten Proclamation zu Kerkerstrafen verurtheilt wurden, da es in den Principien des Strafprocesses gegründet ist, daß wenn durch ein gefälltes, und in Vollzug gesetztes Urtheil Einzelne verletzt erscheinen, den Verletzten Abhülfe verschafft werden müsse.

wird verworfen.

Die ganze Linke stimmte dafür.

Der Antrag der Minorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) wird in nmentlicher Abstimmung mit 270 Stimmen gegen 185 verworfen. (Also 85 Stimmen fürs Ministerium).

Hierauf erhebt sich eine stürmische Debatte von einer vollen Stunde über die weitere Abstimmung, wobei sich manches Komische ereignet, u. a. Jordan aus Berlin von der Tribüne getrommelt wird, oder vielmehr auf derselben ein musikalisches Mißtrauensvotum von bedeutender Ausdehnung erhält.

Ein Amendement von Vischer (Linke) wird verworfen.

Eins dito von Wagner:

"Zugleich fordert die konstituirende Reichsversammlung die Centralgewalt auf, zu erwirken, daß die von der Reichsversammlung erlassenen Gesetze und Beschlüsse, namentlich das Gesetz vom 23. Sept. d. J., betreffend die Kundmachung der Reichsgesetze und der Verfügungen der provisorischen Centralgewalt in Deutsch-Oesterreich landesüblicher Weise verkündet werden,"

wird mit 224 Stimmen gegen 221 verworfen.

Also die Gesetze sollen in Oesterreich nicht promulgirt werden.

Die Anträge der Majorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) werden in namentlicher Abstimmung mit 220 Stimmen gegen 210 ebenfalls verworfen.

Das rechte Centrum, die Rechte, das Ministerium und die äußerste Linke stimmten mit Nein, Zehn Abgeordnete, u. a. Jordan von Berlin, enthielten sich der Abstimmung. Eine Menge von Erklärungen über die Motive zu den Abstimmungen werden verlesen. Sie sind des verschiedensten Inhalts. Unter andern haben ungefähr 80 Abgeordnete von der Linken gegen den Antrag gestimmt, weil er nichts als ein Vertrauensvotum für Windisch-Grätz ist.

Der Antrag des Abg. Osterrath:

"Die National-Versammlung wolle beschließen:
"Die vorliegenden, das Verhältniß der Centralgewalt zu Oesterreich berührenden Anträge und Petitionen der provisorischen Centralgewalt mit dem Auftrage zu überweisen,
1. dahin zu wirken, daß die über Wien verhängten Ausnahmsmaßregeln nach wiederhergestellter Ordnung und Ruhe alsbald aufgehoben werden;
2. die Ausführung des Beschlusses vom 3. November d. J. nachdrücklich zu beschleunigen und über den Erfolg der desfallsigen Verhandlungen ehebaldigst der National-Versammlung Vorlage zu machen,"

wird ebenfalls verworfen. (Links langer Beifall).

Also ist kein einziger Antrag angenommen und eine gewaltsame Tagesordnung nach 2 Sitzungen herbeigeführt. (Ha, ha, ha!)

Der Präsident will die Anträge zu nochmaliger Begutachtung an den Ausschuß zurückweisen.

Graf Deym spricht dagegen, Rösler dafür.

Die Anträge werden an den Ausschuß zurückgewiesen zu neuer Antragstellung.

Punkt 3 der Tagesordnung (s. oben) wird durch Annahme des nachfolgenden Ausschußantrages erledigt:

"In Erwägung, daß bei Wahlhandlungen, als nothwendige Bedingung des Vertrauens in die Wahl, die Wahlbehörde eines jeden Einflusses sich zu enthalten hat, der Erlaß des mährisch-schlesischen Landesgubernium zu Brünn vom 20. v. M. aber die Wahlbehörde zu einem Einflusse auffordert, erklärt die National-Versammlung: daß der genannte Erlaß zu mißbilligen ist und fordert das Reichsministerium auf, in diesem Sinne das Erforderliche wahrzunehmen."

Gegen den Antrag sprach Graf Deym, ein sehr entschiedenes und ehrenhaftes Mitglied der äußersten Rechten. Er wollte Tagesordnung. Er erklärte frank und frei, daß Oesterreich nur das von der Reichsversammlung und Centralgewalt annehmen werde was ihm gut dünkt und beliebt. So werde Oesterreich stets handeln. Wenn die Centralgewalt anders wolle, solle sie ein Heer aufstellen. (Lautes Bravo links. Die Centren entsetzen sich.) Entweder -- oder, sagt Deym, wir brauchen uns keine Illusionen zu machen. Alle Reichskommissäre und Beschlüsse, welche Oesterreich betreffen, sind vorläufig von Oesterreich gar nicht beachtet worden. -- Einen Mißbrauch, wie den gegenwärtigen, herauszugreifen, ist müßig, es finden noch eine Masse solcher Mißbräuche Statt, setzen Sie also das ganze Gubernium ab, oder gehen Sie zur Tagesordnung über. Meine Herren, solche einzelne Mißbräuche herauszureißen, und Phrasen dagegen loszulassen, führt zur Anarchie, und Anarchie ist, die Wiege der Reaktion. -- Zum Schluß entwickelte der Redner noch seine Ansicht über das Verhältniß Deutschlands zu Oesterreich freimüthig. Sie können sich dieselbe denken. Wenn Sie

Hierzu eine Beilage.

führer streng bestraft werden müssen, versteht sich von selbst. Wir wollen nur wünschen, daß den Regimentskommandeur kein begründeter Vorwurf treffe, und daß er nur die erforderliche Dienststrenge geltend gemacht, nicht aber die Leute mit unnützen Plackereien gequält habe.

Der zur Regulierung der Gränzangelegenheiten hierher gesendete Reichskommissar General v. Schefer bereist seit einigen Tagen die neu projektirte Gränze Deutschlands, wozu er wohl noch eine Woche gebrauchen wird.

Dem Vernehmen nach ist aus strategischen Gründen auch noch das Städtchen Xions, wo bekanntlich in der letzten Revolution eine blutige Affaire statthatte, bei welcher der ganze Ort mit Ausnahme der Kirchen und weniger Häuser in Flammen aufging, in die Demarkationslinie gezogen worden, wogegen wieder andere Orte ausgeschlossen sind. Man rechnet hier, daß die Ausführung der Demarkation etwa zu Neujahr beginnen könne; dann aber werden sich erst die innern Schwierigkeiten, die fast unbesiegbare Hindernisse darbieten, herausstellen; namentlich begreift man nicht, wie Polnisch-Posen von dem hiesigen Landschaftsverbande wird abgelöst werden können, ohne dem Ruin preisgegeben zu werden. Und doch soll Polnisch-Posen, als ein Nebenland des Königs von Preußen, nach §. 3 des neuen Reichsgrundgesetzes, der das Prinzip der Personalunion festhält, mit den deutschen Provinzen in keinem organischen Zusammenhange bleiben; auch werden die Einsassen Deutsch-Posens wenig geneigt sein, für die Grundbesitzer von Polnisch-Posen solidarisch mitverpflichtet zu bleiben. Auch die Einrichtung einer polnischen selbständigen Administration und Justiz wird außerordentliche Schwierigkeiten darbieten, des Militärwesens nicht einmal zu gedenken.

(D. A. Z.)
Ostrowo, 24. Nov.

Unsere monotone Ruhe ist heute plötzlich durch den Ruf: „Die Russen kommen!“ unterbrochen worden. Und wirklich erschienen auch bald 4 Tscherkessen, nämlich 1 Offizier, 1 Unteroffizier und 2 Gemeine, vollständig bewaffnet mit mehreren Dolchen und Pistolen, in theils rother, theils blauer Uniform und gut beritten. Zwei von ihnen frugen nach der Polizei und die andern zwei begaben sich nach dem Wirthshause. Ihrer eigenen Aussage nach gehören sie zu dem russischen Freikorps und hätten den Entschluß gefaßt, aus eigenem Antriebe nach Berlin zu gehen, um daselbst Dienste zu nehmen. Sie wurden vorläufig unter Aufsicht gestellt, und alsbald eine Estafette nach Kalisch abgeschickt, um den wahren Grund ihres Uebertritts in das preußische Gebiet zu erfahren.

Nachschrift. So eben erhalte ich die Nachricht, daß diese vier Unglücklichen schon morgen früh zurücktransportirt und den russischen Henkern überliefert werden. Ihr Bitten, sie so lange hier zu lassen, bis eine Entscheidung unserer Regierung über sie angelangt wäre, scheiterte an der Pflichttreue unseres Landraths, der es mit seinem Gewissen so schnell abmachte, diese Leute recht schnell, vielleicht dem gewissen Tode zu überliefern. — Die vier Muselmänner sind reiche Gutsbesitzer-Söhne und heißen: Mechtl, Kanabaralt, Machera und Haschem.

(Schles. Z.)
109 Wien, 27. Nov.

Windischgrätz soll den Gemeinderath stolz und kurz angebunden empfangen haben. „Ich bin General,“ soll er gesagt haben, „und habe als General meine Pflicht unter Euch gethan, Adieu!“ damit ließ er den Gemeinderath stehen.

Wie es heißt, werden die Operationen wider Ungarn heute beginnen: ich glaube nicht, daß Windischgrätz dort mit einem Schlage siegen wird, sehe vielmehr einen Guerillakrieg voraus, bei welchem Ungarn, je nach Gestaltung der europäischen Zustände, viel gewinnen kann. Die energische Befestigung Wiens in Verbollwerkung namentlich der innern Stadt scheint zu zeigen, daß auch Windischgrätz mancherlei ungünstige Besorgnisse hegt. Noch gestern sind die Bastionen mit dem schwersten Belagerungsgeschütz befahren worden, welches aber auch auf die innere Stadt gerichtet ist Windischgrätz muß ja im Fall einer Niederlage in Ungarn eine neue Erhebung der Wiener um so mehr befürchten, als die abgeforderten Waffen trotz aller Strenge und trotz allem Suchen bei weitem nicht alle zurückgegeben worden sind, und insbesondere noch in den Vorstädten verborgen gehalten werden sollen. Darum sind diese Vorstädte denn auch mit Militär überschwemmt, manche Häuser haben an 80 Mann Einquartirung. Die Physionomie der Bevölkerung zeigt viel verbißenen Ingrimm; die frühere Sorglosigkeit ist ganz dahin. Die Werbung für Italien à. 10 fl. C. M. geht so schlecht von Statten, daß eine allgemeine Rekrutirung hat ausgeschrieben werden müssen.

Die Anzahl der in das große Krankenhaus in der Alservorstadt vom 26. Octbr. an gebrachten Todten beträgt 661. Die übrigen Krankenhäuser erhielten eine verhältnißmäßig kleinere Anzahl. Um die demokratische Parthei recht anzuschwärzen, haben die schwarzgelben das Lügengericht verbreitet, man habe drei fertige Guillotinen und in einem Busche auf der Wieden eine Höllenmaschine gefunden.

Die „Presse“ hört nicht auf, sich täglich jedes unerheblichen Umstandes willen auf die zudringlichste Weise dem Publikum anzuempfehlen. Dabei hebt sie insbesondere als Beweis ihrer ausgezeichneten Tendenz hervor, daß Windischgrätz ihr sofort nach dem Einmarsch das Wiedererscheinen erlaubt habe.

Wien, 27. November.

In der ungarischen Sache wird es nun Ernst und es finden starke Truppenbewegungen statt; die Angriffe sind demnächst und zwar von allen Seiten zu gewärtigen. Kossuth soll erklärt haben, daß wenn nur noch zwei Ungarn verblieben, der eine ungarischer Kriegs- und der andere ungarischer Finanzminister verbleiben würden Trotz der starken Befestigungen von Komorn und Pest zweifeln indeß Wenige an einem baldigen Ausgang. — Fürs Erste haben die Magyaren ihre Hauptstädte vor Verheerungen sicher gestellt, indem sie mit ihren Verschanzungen so weit als möglich herausrückten. Gegen den Gebrauch der Kettenkugeln, welcher sich die Ungarn auf unstatthafte Weise bedienen, hat Fürst Windischgrätz eine ernstliche Abmahnung an dieselben ergehen lassen (Kettenkugeln sind nämlich zwei durch eine Kette mit einander verbundene Kugeln von schwerem Kaliber, die durch die schwere Berechnung des Doppelgewichts zwar von einer weniger sichern, allein auch von einer um so mörderischeren Wirkung sind). Die Antwort war, daß sie zur Vertheidigung solches erlaubt hielten, sich aber davon enthalten wollten, wenn Fürst Windischgrätz ihnen dafür Congrevesche Raketen senden würde.

Wien, 27. November.

Denkwürdig ist die Art und Weise, in welcher der Gouverneur Welden gestern die Deputation der verschiedenen kaufmännischen Corporationen empfing, die ihm, sowie dem Fürsten Windischgrätz und dem Ban Jellachich Dankadressen überreicht hatten. „Dankadressen, meine Herren (so mögen ungefähr die Worte gelautet haben), wollen nicht viel sagen; heut zu Tage gilt es, durch Handlungen und nicht durch Worte seine Gesinnung zu bewähren. An andern Orten haben die Wähler Mißtrauensvoten an ihre Deputirten ergehen lassen, da sie deren Benehmen nicht gebilligt. Warum thaten Sie, warum — thun Sie nicht dasselbe?“ Es ist wohl in Erinnerung, daß die Repräsentanten Wiens am Reichstage meistens zur Linken zählen, darunter die Abg Violand, Goldmark, Füster, Pillersdorf. Letzterer erscheint allerhöchsten und höchsten Orts besonders übel angeschrieben, und man erfährt, daß seine Persönlichkeit den Fürsten Windischgrätz besonders abgehalten habe, der Deputation, die ihn bei der Uebergabe Wiens um mildere Bedingungen bat, dieselben zuzugestehen. Ja, als Pillersdorf ihn angeredet, soll er sich unwillig weggewendet und geäußert haben: Er spreche nicht mit Einem, der seinen Herrn und Kaiser verrathen.

Zwischen heute und morgen sollen die Hauptangriffe gegen Ungarn erfolgen; nicht weniger als 400 Geschütze, größtentheils vom schwersten Kaliber, rücken gegen dieselben vor.

24 Wien, 27. November.

Gestern haben 11 Schwadronen Kavallerie und 2 Bat. Infanterie bei Malatzka die Grenze überschritten, um sich dem Korps des F. M. L. Simonich anzuschließen. Die Börse glaubt an einen schnellen Sieg der Kontrerevolution in Ungarn. Die Regierung gedenkt bei allen 38 deutschen Infanterie-Regimentern 5te Bataillons zu bilden, um die Streitmacht der Gesammtmonarchie auf 600,000 Mann zu bringen. Zunächst wird eine Rekrutirung von 150,000 Mann vorgenommen und den Altersklassen von 19-30 Jahren ohne Schonung zu Leibe gegangen werden. — Die nach Ungarn bestimmten Truppen erhalten, sobald sie die dortige Grenze überschritten, außer ihrer Feldgebühr noch Brod, Wein, Fleisch, Holz etc. Den Offizieren wird dafür baares Geld gezahlt, was für den Lieutenant immerhin monatlich 25. fl. betragen wird. Alle diese Auslagen soll Ungarn, sobald es niedergetreten und gefesselt ist, aufgehalst bekommen. Aber woher vorläufig die Gelder zu diesen Ausgaben nehmen? Das ist ein Räthsel, welches sich wahrscheinlich durch einen kolossalen Staatsbankrott lösen wird.

Kremsier, 27. November.

In der heutigen zweiten Sitzung des Reichstags brach der Sturm, den die czechischen Abgeordneten längst vorbereitet, los. Nachdem Abg. Paul bemerkt hatte: die stenographischen officiellen Berichte der vorigen Sitzung führen dieselbe als 52ste auf, betrachten also die in Wien stattgefundenen Sitzungen nach dem Austritte der Minorität als nicht geschehen und dies werde wohl ein Druckfehler sein, versichert der Präsident Smolka, er habe bereits Schritte zur Abstellung dieses Druckfehlers gethan und wollte nun die Protokolle der wiener Sitzungen vom 28., 29., 30. und 31. Oct. verlesen lassen. Abg. Hellriegel (aus Tyrol) erhob sich dagegen, indem diese Sitzungen nach der kaiserl. Prorogation vom 22. Oct. gehalten worden, folglich illegal seien. Abg. Rieger begnügte sich nicht damit, sondern erhob sich, um die in Wien verbliebenen Abgeordneten geradezu als Hochverräther anzuklagen. In einer einstudirten, überaus boshaften Rede entblödete sich Abg Rieger nicht, über die in Wien Hingerichteten Witze zu machen und daneben den ritterlichen Helden Jellachich zu preisen. Hierauf nahm Abg. Schuselka das Wort und erklärte, daß er es unter seiner und seiner Partei Würde halte, auf des Abg. Rieger Denunciantenrede etwas Anderes zu erwidern, als daß die Mitglieder, welche vom 6 Oct. bis 1. Nov. in Wien getagt, Alles, was sie gethan, zu verantworten bereit wären, daß namentlich er (Schuselka) nicht den geringsten Anstand nähme, sich vor das Standrecht des Fürsten Windischgrätz zu stellen. Dem Abg. Hellriegel entgegnete er, daß der Kaiser den Reichstag am 22. Oct. nicht sofort vertagt, sondern die alsbaldige Vertagung dem Präsidenten überlassen habe, daß ferner der Reichstag noch am 25 Oct. eine Protestationsadresse beschlossen und durch eine Deputation nach Olmütz gesendet, und daß diese Deputation noch am 26. Oct. vom Kaiser als eine Reichstagsdeputation empfangen worden sei. Abg. Brauner sprach dagegen im Sinne des Abg. Rieger und suchte die Versammlung dadurch einzuschüchtern, daß er vorgab, durch Verlesung der genannten Protokolle würde man die Revolution des 6. Oct. anerkennen. Dies hatte die Wirkung, daß die Lesung mit 143 gegen 124 Stimmen verweigert wurde. Nach dieser Debatte kündigte der Präsident den Eintritt des neuen Ministeriums an, und Fürst Schwarzenberg las von der Tribüne das Programm desselben. Gleichberechtigung aller Nationen und Staatsbürger, demokratisch-constitutionelle Verfassung, ein einiges mächtiges Oesterreich, inniger Verband mit Deutschland, aber erst herzustellen, nachdem Oesterreich und Deutschland für sich die neue Form ihres Staatslebens gefunden haben würden, bis dahin aber würde Oesterreich seine Bundespflicht gewissenhaft erfüllen. Dies die Hauptpunkte des Programms, welches mit rauschendem Beifall der ganzen Versammlung aufgenommen wurde. Hierauf erhielt Abg. Schuselka das Wort zu einer Interpellation an das Ministerium. Er begann damit, im Allgemeinen für das Programm zu danken; dennoch müsse er im Interesse der Monarchie seine Interpellation vorbringen Er stellte folgende Fragen:

1) Ob das Ministerium die Verantwortlichkeit übernähme für Alles, was jetzt in Wien, Lemberg etc. geschieht und in Ungarn geschehen wird, oder ob Oesterreich noch ferner unter der Soldatendiktatur bleiben solle? Eine solche sei nicht nur dem Begriff einer constitutionellen Monarchie völlig zuwider, sondern auch der Monarchie überhaupt höchst gefährlich, wie die Geschichte Oesterreichs in einem warnenden Beispiele (Wallenstein) deutlich beweise.
2) Ob das Blutgericht in Wien fortdauern solle? Es sei nicht nur unmenschlich, sondern noch nichts habe eben der Dynastie mehr geschadet als dieses Blutgericht.

Abg. Schuselka fragte hier zunächst den Justizminister Bach, ob er nicht für seine Vaterstadt Wien dasselbe thun werde, was er für Prag gethan?

3) Welche Stellung das Ministerium in der traurigen Angelegenheit wegen Robert Blum zum deutschen Parlament und deutschen Volke einzunehmen gedenke.

Der Redner ließ die Frage, ob Blum schuldig oder unschuldig gewesen, bei Seite und nahm blos den politischen Standpunkt ein, welcher hätte gelten müssen, selbst wenn Blum Mitglied einer ganz fremden Nationalversammlung gewesen wäre. Der Ministerpräsident Schwarzenberg bat um schriftliche Mittheilung der Fragen und versprach ausführlich motivirte Antwort.

(D. A. Z.)
* Prag, 28. Nov.

Ein Kremsierer Korrespondent des „C. Bl. a. B.“ stellt unter Andern über das jetzige Ministerium folgende Betrachtungen an:

Die politische Welt erinnert sich wohl, daß der Reichstag „ein volksthümliches Ministerium“ begehrte, es war eines schönen Abends am 6. Oktober. Der Kaiser versprach ein solches. — Man urtheile nun, ob das jetzige Ministerium „ein volksthümliches“ ist?! F. Schwarzenberg ist ein Diplomat aus der alten Schule, Stadion ein Gouverneur des alten Systems, Cordon ein General des alten Hofkriegsraths, Bach und Krauß sind Mitglieder des gestürzten Kabinets, und Thienfeld ist ein homo ignotus. Dies ist das neue „volksthümliche“ Ministerium! Zwei Generäle, ein Graf, ein paar Barone — das ist „volksthümlich!“ — Welche Haltung wird jener Theil der Kammer diesem Ministerium gegenüber einnehmen, welcher ein volksthümliches Ministerium als einziges Rettungsmittel aus den Oktoberwirren und für alle Zukunft dem Kaiser in Schönbrunn anempfahl?! Sollte man auf den Punkt gekommen sein, jedes Ministerium zu stützen, um nur irgend eine Regierung zu haben?

!!! Frankfurt, den 30. Nov.

Sitzung der National-Versammlung. Präsident Riesser.

Die ersten drei Punkte der Tagesordnung sind:

1) Ergänzungswahl in den Ausschuß für Geschäftsordnung.

2) Fortsetzung der Berathung über den vom Abgeordneten Löw aus Posen, Namens des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten erstatteten Berichts über verschiedene Anträge und eingebrachte Petitionen

3) Berathung über den vom Abgeordneten Francke erstatteten Bericht:
ein Wahlausschreiben des Landguberniums in Mähren betreffend.

Nach Verlesung des Protokolls sind ungefähr 100 Abgeordnete im Saal. Riesser läßt zählen, ob die Anzahl beschlußfähig. (Dies geschieht heut zum erstenmal) Venedey beantragt Namensaufruf. (Links: Ja! Ja!) Man entscheidet sich endlich für Stimmzettel.

Während der confusen Zählungen, ist die Gesellschaft vollzählig geworden, und genehmigt das Protokoll, was kein Mensch gehört hat.

Es erweist sich nachträglich, daß doch nur 195 Mitglieder da sind.

Es kommen noch fünf. Man ist wieder beschlußfähig.

Der Verfassungsausschuß zeigt die revidirten Grundrechte nebst Einführungsgesetz an, worauf man zur Tagesordnung übergeht, und zuerst Ergänzungswahlen für die Geschäftsordnung vornimmt. Gewählt wird Edel aus Würzburg.

Hierauf Berathung über die östreichische Angelegenheit. Es spricht nach geschlossener Debatte der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses, deren Anträge ich Ihnen bereits gestern gab.

Venedey. Er erklärt, daß das Votum der Minorität ein doppeltes Mißtrauensvotum ist, eins für die Reichscommissäre, eins für das Ministerium. Die Nothwendigkeit dieser Mißtrauensvoten weist Venedey nach. Der Nachweis enthält viel Wahres, aber nichts Neues Was das Ministerium anbelangt, so beweist er, daß das Ministerium die Versammlung verhöhnt. — So z. B. hat das Ministerium ewig ein Programm versprochen, nie eins gegeben, dies mag der Versammlung genügen, der Nation genügt es nicht. Die Nation will wissen, was die Minister wollen!

Der Ton des Herrn Ministers ist humoristisch und le style c'est l'homme! Die englischen Minister wagen bisweilen einen solchen Ton gegen die Minorität, aber das sind mindestens Männer, die eine Geschichte für sich haben — aber unsre 6 monatlichen Minister — sie haben Deutschland auf einen Standpunkt gebracht, wohin es noch nie gekommen!

Das Ministerium hat das Reich gemißbraucht zur östreichischen Hauspolitik.

Venedey behauptet unter großen Störungen, daß das Reichsministerium und die berühmten Commissäre den Sieg des Windischgrätz absichtlich herbeigeführt haben.

Am 12. wurden von hieraus die Reichscommissäre nach Ollmütz geschickt, während noch kein Mensch wußte, daß der Kaiser daselbst sei. — Also das Ministerium wußte es, wo der Kaiser hingehen würde. (Links: hört!) (Während Venedey's Anklage beschäftigt sich das Ministerium mit Zeitungslesen. — Das ganze Centrum achtet nicht auf die Rede. — Es will nichts hören gegen das Ministerium!) „Machen Sie ein Ende mit diesem Ministerium!“ ruft Venedey unter Bravo links, „schicken Sie diesen Minister nach Oestreich, wohin er gehört, mag er Minister unter Windischgrätz sein. Sie sind nicht einverstanden mit diesem Ministerium, aber Sie haben nicht den Muth, es fortzuschicken. Alle Worte des Ministeriums widersprechen offenbar seinen Thaten“ (Schmerling liest im rechten Centrum die Zeitung, aber er wird sehr blaß. — Links Bemerkungen, Präsident Riesser nennt diese Bemerkungen unanständig. Links: Lärm.) Während Sie, schließt Venedey, Königthum und Reaktion stützen, wird Republik und Anarchie über Sie weggehen wie der Wind über die Wüste. (Langer Beifall links.)

Löw aus Posen spricht für die Anträge der Majorität des Ausschusses als Berichterstatter. Er bringt nichts Neues.

Folgt Abstimmung. v. Gold's Antrag auf einfache Tagesordnung wird fast einstimmig verworfen. Phillips motivirte Tagesordnung ebenso. (Kaum 30 auf der Rechten standen auf.)

Die Anträge des Abgeordneten Wiesner und Genossen.

Ich stelle den Antrag, die hohe Nationalversammlung möge beschließen:

I. der über Wien verhängte Belagerungszustand ist sofort aufzuheben, und zwar:

a) weil die österreichischen Gesetze zwar das außerordentliche Verfahren des Standrechts, keineswegs aber ein außerordentliches Verfahren des Belagerungszustandes kennen ein solches Verfahren somit in Oesterreich ganz ungesetzlich ist;
b) weil die ungesetzliche Maaßregel von keinem der constitutionellen Regierungsorgane verhängt oder bestätigt wurde;

II. die österreichische Reichsversammlung ist von allen inconstitutionellen Einflüssen zu befreien und in das Recht der freien Volksvertretung wieder einzusetzen;

III. alle in Wien von der Militärgewalt eingeleiteten, noch schwebenden Untersuchungen wegen der letzten Ereignisse sind sofort aufzuheben und zwar:

1) weil die Proclamationen des Fürsten Windischgrätz, durch welche man sie zu begründen versucht, von keinem der verantwortlichen Regierungsorgane ausgingen, und es dem Geiste des constitutionellen Prinzips widerspricht, daß es mit Uebergehung der verantwortlichen Regierungsorgane dem bloßen Ermessen eines k. k. Generals anheimgestellt werden könnte, Proclamationen zu erlassen, durch welche den Staatsbürgern die gewährten Freiheiten entzogen werden;
2) weil diese Proclamationen des Fürsten Windischgrätz dem Manifeste Sr. Majestät vom 19. November wiedersprechen, ja dasselbe gänzlich aufheben, folglich auch in einem absolut regierten Staate vollkommen ungesetzlich wären;
3) weil selbst das in dem österreichischen Gesetzbuche über Verbrechen begründete außerordentliche Verfahren des Standrechts, nach welchem das Verbrechen auf das Kürzeste untersucht, der Schuldige sogleich verurtheilt, und die Strafe auf der Stelle vollzogen wird, nach gestillter Unruhe weder angefangen, noch, wenn es schon im Zuge wäre, fortgesetzt werden darf, da es nur in einem dringenden Nothfalle verfügt werden kann.

Aus den oben angeführten Gründen ist auch:

IV. die Wiederaufnahme der Untersuchung von Seite des außerordentlichen Richters gegen alle Jene einzuleiten, die von der Militärgewalt auf Grund der erwähnten Proclamation zu Kerkerstrafen verurtheilt wurden, da es in den Principien des Strafprocesses gegründet ist, daß wenn durch ein gefälltes, und in Vollzug gesetztes Urtheil Einzelne verletzt erscheinen, den Verletzten Abhülfe verschafft werden müsse.

wird verworfen.

Die ganze Linke stimmte dafür.

Der Antrag der Minorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) wird in nmentlicher Abstimmung mit 270 Stimmen gegen 185 verworfen. (Also 85 Stimmen fürs Ministerium).

Hierauf erhebt sich eine stürmische Debatte von einer vollen Stunde über die weitere Abstimmung, wobei sich manches Komische ereignet, u. a. Jordan aus Berlin von der Tribüne getrommelt wird, oder vielmehr auf derselben ein musikalisches Mißtrauensvotum von bedeutender Ausdehnung erhält.

Ein Amendement von Vischer (Linke) wird verworfen.

Eins dito von Wagner:

„Zugleich fordert die konstituirende Reichsversammlung die Centralgewalt auf, zu erwirken, daß die von der Reichsversammlung erlassenen Gesetze und Beschlüsse, namentlich das Gesetz vom 23. Sept. d. J., betreffend die Kundmachung der Reichsgesetze und der Verfügungen der provisorischen Centralgewalt in Deutsch-Oesterreich landesüblicher Weise verkündet werden,“

wird mit 224 Stimmen gegen 221 verworfen.

Also die Gesetze sollen in Oesterreich nicht promulgirt werden.

Die Anträge der Majorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) werden in namentlicher Abstimmung mit 220 Stimmen gegen 210 ebenfalls verworfen.

Das rechte Centrum, die Rechte, das Ministerium und die äußerste Linke stimmten mit Nein, Zehn Abgeordnete, u. a. Jordan von Berlin, enthielten sich der Abstimmung. Eine Menge von Erklärungen über die Motive zu den Abstimmungen werden verlesen. Sie sind des verschiedensten Inhalts. Unter andern haben ungefähr 80 Abgeordnete von der Linken gegen den Antrag gestimmt, weil er nichts als ein Vertrauensvotum für Windisch-Grätz ist.

Der Antrag des Abg. Osterrath:

„Die National-Versammlung wolle beschließen:
„Die vorliegenden, das Verhältniß der Centralgewalt zu Oesterreich berührenden Anträge und Petitionen der provisorischen Centralgewalt mit dem Auftrage zu überweisen,
1. dahin zu wirken, daß die über Wien verhängten Ausnahmsmaßregeln nach wiederhergestellter Ordnung und Ruhe alsbald aufgehoben werden;
2. die Ausführung des Beschlusses vom 3. November d. J. nachdrücklich zu beschleunigen und über den Erfolg der desfallsigen Verhandlungen ehebaldigst der National-Versammlung Vorlage zu machen,“

wird ebenfalls verworfen. (Links langer Beifall).

Also ist kein einziger Antrag angenommen und eine gewaltsame Tagesordnung nach 2 Sitzungen herbeigeführt. (Ha, ha, ha!)

Der Präsident will die Anträge zu nochmaliger Begutachtung an den Ausschuß zurückweisen.

Graf Deym spricht dagegen, Rösler dafür.

Die Anträge werden an den Ausschuß zurückgewiesen zu neuer Antragstellung.

Punkt 3 der Tagesordnung (s. oben) wird durch Annahme des nachfolgenden Ausschußantrages erledigt:

„In Erwägung, daß bei Wahlhandlungen, als nothwendige Bedingung des Vertrauens in die Wahl, die Wahlbehörde eines jeden Einflusses sich zu enthalten hat, der Erlaß des mährisch-schlesischen Landesgubernium zu Brünn vom 20. v. M. aber die Wahlbehörde zu einem Einflusse auffordert, erklärt die National-Versammlung: daß der genannte Erlaß zu mißbilligen ist und fordert das Reichsministerium auf, in diesem Sinne das Erforderliche wahrzunehmen.“

Gegen den Antrag sprach Graf Deym, ein sehr entschiedenes und ehrenhaftes Mitglied der äußersten Rechten. Er wollte Tagesordnung. Er erklärte frank und frei, daß Oesterreich nur das von der Reichsversammlung und Centralgewalt annehmen werde was ihm gut dünkt und beliebt. So werde Oesterreich stets handeln. Wenn die Centralgewalt anders wolle, solle sie ein Heer aufstellen. (Lautes Bravo links. Die Centren entsetzen sich.) Entweder — oder, sagt Deym, wir brauchen uns keine Illusionen zu machen. Alle Reichskommissäre und Beschlüsse, welche Oesterreich betreffen, sind vorläufig von Oesterreich gar nicht beachtet worden. — Einen Mißbrauch, wie den gegenwärtigen, herauszugreifen, ist müßig, es finden noch eine Masse solcher Mißbräuche Statt, setzen Sie also das ganze Gubernium ab, oder gehen Sie zur Tagesordnung über. Meine Herren, solche einzelne Mißbräuche herauszureißen, und Phrasen dagegen loszulassen, führt zur Anarchie, und Anarchie ist, die Wiege der Reaktion. — Zum Schluß entwickelte der Redner noch seine Ansicht über das Verhältniß Deutschlands zu Oesterreich freimüthig. Sie können sich dieselbe denken. Wenn Sie

Hierzu eine Beilage.

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0005" n="0844"/>
führer streng bestraft werden müssen, versteht sich von selbst. Wir wollen nur wünschen, daß den Regimentskommandeur kein begründeter Vorwurf treffe, und daß er nur die erforderliche Dienststrenge geltend gemacht, nicht aber die Leute mit unnützen Plackereien gequält habe.</p>
          <p>Der zur Regulierung der Gränzangelegenheiten hierher gesendete Reichskommissar General v. <hi rendition="#g">Schefer</hi> bereist seit einigen Tagen die neu projektirte Gränze Deutschlands, wozu er wohl noch eine Woche gebrauchen wird.</p>
          <p>Dem Vernehmen nach ist aus strategischen Gründen auch noch das Städtchen Xions, wo bekanntlich in der letzten Revolution eine blutige Affaire statthatte, bei welcher der ganze Ort mit Ausnahme der Kirchen und weniger Häuser in Flammen aufging, in die Demarkationslinie gezogen worden, wogegen wieder andere Orte ausgeschlossen sind. Man rechnet hier, daß die Ausführung der Demarkation etwa zu Neujahr beginnen könne; dann aber werden sich erst die innern Schwierigkeiten, die fast unbesiegbare Hindernisse darbieten, herausstellen; namentlich begreift man nicht, wie Polnisch-Posen von dem hiesigen Landschaftsverbande wird abgelöst werden können, ohne dem Ruin preisgegeben zu werden. Und doch soll Polnisch-Posen, als ein Nebenland des Königs von Preußen, nach §. 3 des neuen Reichsgrundgesetzes, der das Prinzip der Personalunion festhält, mit den deutschen Provinzen in keinem organischen Zusammenhange bleiben; auch werden die Einsassen Deutsch-Posens wenig geneigt sein, für die Grundbesitzer von Polnisch-Posen solidarisch mitverpflichtet zu bleiben. Auch die Einrichtung einer polnischen selbständigen Administration und Justiz wird außerordentliche Schwierigkeiten darbieten, des Militärwesens nicht einmal zu gedenken.</p>
          <bibl>(D. A. Z.)</bibl>
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          <head>Ostrowo, 24. Nov.</head>
          <p>Unsere monotone Ruhe ist heute plötzlich durch den Ruf: &#x201E;Die Russen kommen!&#x201C; unterbrochen worden. Und wirklich erschienen auch bald 4 Tscherkessen, nämlich 1 Offizier, 1 Unteroffizier und 2 Gemeine, vollständig bewaffnet mit mehreren Dolchen und Pistolen, in theils rother, theils blauer Uniform und gut beritten. Zwei von ihnen frugen nach der Polizei und die andern zwei begaben sich nach dem Wirthshause. Ihrer eigenen Aussage nach gehören sie zu dem russischen Freikorps und hätten den Entschluß gefaßt, aus eigenem Antriebe nach Berlin zu gehen, um daselbst Dienste zu nehmen. Sie wurden vorläufig unter Aufsicht gestellt, und alsbald eine Estafette nach Kalisch abgeschickt, um den wahren Grund ihres Uebertritts in das preußische Gebiet zu erfahren.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nachschrift</hi>. So eben erhalte ich die Nachricht, daß diese vier Unglücklichen schon morgen früh zurücktransportirt und den russischen Henkern überliefert werden. Ihr Bitten, sie so lange hier zu lassen, bis eine Entscheidung unserer Regierung über sie angelangt wäre, scheiterte an der Pflichttreue unseres Landraths, der es mit seinem Gewissen so schnell abmachte, diese Leute recht schnell, vielleicht dem gewissen Tode zu überliefern. &#x2014; Die vier Muselmänner sind reiche Gutsbesitzer-Söhne und heißen: Mechtl, Kanabaralt, Machera und Haschem.</p>
          <bibl>(Schles. Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>109</author></bibl> Wien, 27. Nov.</head>
          <p>Windischgrätz soll den Gemeinderath stolz und kurz angebunden empfangen haben. &#x201E;Ich bin General,&#x201C; soll er gesagt haben, &#x201E;und habe als General meine Pflicht unter Euch gethan, Adieu!&#x201C; damit ließ er den Gemeinderath stehen.</p>
          <p>Wie es heißt, werden die Operationen wider Ungarn heute beginnen: ich glaube nicht, daß Windischgrätz dort mit einem Schlage siegen wird, sehe vielmehr einen Guerillakrieg voraus, bei welchem Ungarn, je nach Gestaltung der europäischen Zustände, viel gewinnen kann. Die energische Befestigung Wiens in Verbollwerkung namentlich der innern Stadt scheint zu zeigen, daß auch Windischgrätz mancherlei ungünstige Besorgnisse hegt. Noch gestern sind die Bastionen mit dem schwersten Belagerungsgeschütz befahren worden, welches aber auch auf die innere Stadt gerichtet ist Windischgrätz muß ja im Fall einer Niederlage in Ungarn eine neue Erhebung der Wiener um so mehr befürchten, als die abgeforderten Waffen trotz aller Strenge und trotz allem Suchen bei weitem nicht alle zurückgegeben worden sind, und insbesondere noch in den Vorstädten verborgen gehalten werden sollen. Darum sind diese Vorstädte denn auch mit Militär überschwemmt, manche Häuser haben an 80 Mann Einquartirung. Die Physionomie der Bevölkerung zeigt viel verbißenen Ingrimm; die frühere Sorglosigkeit ist ganz dahin. Die Werbung für Italien à. 10 fl. C. M. geht so schlecht von Statten, daß eine allgemeine Rekrutirung hat ausgeschrieben werden müssen.</p>
          <p>Die Anzahl der in das große Krankenhaus in der Alservorstadt vom 26. Octbr. an gebrachten Todten beträgt 661. Die übrigen Krankenhäuser erhielten eine verhältnißmäßig kleinere Anzahl. Um die demokratische Parthei recht anzuschwärzen, haben die schwarzgelben das Lügengericht verbreitet, man habe drei fertige Guillotinen und in einem Busche auf der Wieden eine Höllenmaschine gefunden.</p>
          <p>Die &#x201E;Presse&#x201C; hört nicht auf, sich täglich jedes unerheblichen Umstandes willen auf die zudringlichste Weise dem Publikum anzuempfehlen. Dabei hebt sie insbesondere als Beweis ihrer ausgezeichneten Tendenz hervor, daß Windischgrätz ihr sofort nach dem Einmarsch das Wiedererscheinen erlaubt habe.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar159_023" type="jArticle">
          <head>Wien, 27. November.</head>
          <p>In der ungarischen Sache wird es nun Ernst und es finden starke Truppenbewegungen statt; die Angriffe sind demnächst und zwar von allen Seiten zu gewärtigen. Kossuth soll erklärt haben, daß wenn nur noch zwei Ungarn verblieben, der eine ungarischer Kriegs- und der andere ungarischer Finanzminister verbleiben würden Trotz der starken Befestigungen von Komorn und Pest zweifeln indeß Wenige an einem baldigen Ausgang. &#x2014; Fürs Erste haben die Magyaren ihre Hauptstädte vor Verheerungen sicher gestellt, indem sie mit ihren Verschanzungen so weit als möglich herausrückten. Gegen den Gebrauch der Kettenkugeln, welcher sich die Ungarn auf unstatthafte Weise bedienen, hat Fürst Windischgrätz eine ernstliche Abmahnung an dieselben ergehen lassen (Kettenkugeln sind nämlich zwei durch eine Kette mit einander verbundene Kugeln von schwerem Kaliber, die durch die schwere Berechnung des Doppelgewichts zwar von einer weniger sichern, allein auch von einer um so mörderischeren Wirkung sind). Die Antwort war, daß sie zur Vertheidigung solches erlaubt hielten, sich aber davon enthalten wollten, wenn Fürst Windischgrätz ihnen dafür Congrevesche Raketen senden würde.</p>
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          <head>Wien, 27. November.</head>
          <p>Denkwürdig ist die Art und Weise, in welcher der Gouverneur Welden gestern die Deputation der verschiedenen kaufmännischen Corporationen empfing, die ihm, sowie dem Fürsten Windischgrätz und dem Ban Jellachich Dankadressen überreicht hatten. &#x201E;Dankadressen, meine Herren (so mögen ungefähr die Worte gelautet haben), wollen nicht viel sagen; heut zu Tage gilt es, durch Handlungen und nicht durch Worte seine Gesinnung zu bewähren. An andern Orten haben die Wähler Mißtrauensvoten an ihre Deputirten ergehen lassen, da sie deren Benehmen nicht gebilligt. Warum thaten Sie, warum &#x2014; thun Sie nicht dasselbe?&#x201C; Es ist wohl in Erinnerung, daß die Repräsentanten Wiens am Reichstage meistens zur Linken zählen, darunter die Abg Violand, Goldmark, Füster, Pillersdorf. Letzterer erscheint allerhöchsten und höchsten Orts besonders übel angeschrieben, und man erfährt, daß seine Persönlichkeit den Fürsten Windischgrätz besonders abgehalten habe, der Deputation, die ihn bei der Uebergabe Wiens um mildere Bedingungen bat, dieselben zuzugestehen. Ja, als Pillersdorf ihn angeredet, soll er sich unwillig weggewendet und geäußert haben: Er spreche nicht mit Einem, der seinen Herrn und Kaiser verrathen.</p>
          <p>Zwischen heute und morgen sollen die <hi rendition="#g">Hauptangriffe gegen Ungarn</hi> erfolgen; nicht weniger als 400 Geschütze, größtentheils vom schwersten Kaliber, rücken gegen dieselben vor.</p>
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          <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 27. November.</head>
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          <head>Kremsier, 27. November.</head>
          <p>In der heutigen zweiten Sitzung des Reichstags brach der Sturm, den die czechischen Abgeordneten längst vorbereitet, los. Nachdem Abg. Paul bemerkt hatte: die stenographischen officiellen Berichte der vorigen Sitzung führen dieselbe als 52ste auf, betrachten also die in Wien stattgefundenen Sitzungen nach dem Austritte der Minorität als nicht geschehen und dies werde wohl ein Druckfehler sein, versichert der Präsident Smolka, er habe bereits Schritte zur Abstellung dieses Druckfehlers gethan und wollte nun die Protokolle der wiener Sitzungen vom 28., 29., 30. und 31. Oct. verlesen lassen. Abg. Hellriegel (aus Tyrol) erhob sich dagegen, indem diese Sitzungen nach der kaiserl. Prorogation vom 22. Oct. gehalten worden, folglich illegal seien. Abg. Rieger begnügte sich nicht damit, sondern erhob sich, um die in Wien verbliebenen Abgeordneten geradezu als Hochverräther anzuklagen. In einer einstudirten, überaus boshaften Rede entblödete sich Abg Rieger nicht, über die in Wien Hingerichteten Witze zu machen und daneben den ritterlichen Helden Jellachich zu preisen. Hierauf nahm Abg. Schuselka das Wort und erklärte, daß er es unter seiner und seiner Partei Würde halte, auf des Abg. Rieger Denunciantenrede etwas Anderes zu erwidern, als daß die Mitglieder, welche vom 6 Oct. bis 1. Nov. in Wien getagt, Alles, was sie gethan, zu verantworten bereit wären, daß namentlich er (Schuselka) nicht den geringsten Anstand nähme, sich vor das Standrecht des Fürsten Windischgrätz zu stellen. Dem Abg. Hellriegel entgegnete er, daß der Kaiser den Reichstag am 22. Oct. nicht sofort vertagt, sondern die alsbaldige Vertagung dem Präsidenten überlassen habe, daß ferner der Reichstag noch am 25 Oct. eine Protestationsadresse beschlossen und durch eine Deputation nach Olmütz gesendet, und daß diese Deputation noch am 26. Oct. vom Kaiser als eine Reichstagsdeputation empfangen worden sei. Abg. Brauner sprach dagegen im Sinne des Abg. Rieger und suchte die Versammlung dadurch einzuschüchtern, daß er vorgab, durch Verlesung der genannten Protokolle würde man die Revolution des 6. Oct. anerkennen. Dies hatte die Wirkung, daß die Lesung mit 143 gegen 124 Stimmen verweigert wurde. Nach dieser Debatte kündigte der Präsident den Eintritt des neuen Ministeriums an, und Fürst Schwarzenberg las von der Tribüne das Programm desselben. Gleichberechtigung aller Nationen und Staatsbürger, demokratisch-constitutionelle Verfassung, ein einiges mächtiges Oesterreich, inniger Verband mit Deutschland, aber erst herzustellen, nachdem Oesterreich und Deutschland für sich die neue Form ihres Staatslebens gefunden haben würden, bis dahin aber würde Oesterreich seine Bundespflicht gewissenhaft erfüllen. Dies die Hauptpunkte des Programms, welches mit rauschendem Beifall der ganzen Versammlung aufgenommen wurde. Hierauf erhielt Abg. Schuselka das Wort zu einer Interpellation an das Ministerium. Er begann damit, im Allgemeinen für das Programm zu danken; dennoch müsse er im Interesse der Monarchie seine Interpellation vorbringen Er stellte folgende Fragen:</p>
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2) Ob das Blutgericht in Wien fortdauern solle? Es sei nicht nur unmenschlich, sondern noch nichts habe eben der Dynastie mehr geschadet als dieses Blutgericht.</p>
          <p>Abg. Schuselka fragte hier zunächst den Justizminister Bach, ob er nicht für seine Vaterstadt Wien dasselbe thun werde, was er für Prag gethan?</p>
          <p rendition="#et">3) Welche Stellung das Ministerium in der traurigen Angelegenheit wegen Robert Blum zum deutschen Parlament und deutschen Volke einzunehmen gedenke.</p>
          <p>Der Redner ließ die Frage, ob Blum schuldig oder unschuldig gewesen, bei Seite und nahm blos den politischen Standpunkt ein, welcher hätte gelten müssen, selbst wenn Blum Mitglied einer ganz fremden Nationalversammlung gewesen wäre. Der Ministerpräsident Schwarzenberg bat um schriftliche Mittheilung der Fragen und versprach ausführlich motivirte Antwort.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Prag, 28. Nov.</head>
          <p>Ein Kremsierer Korrespondent des &#x201E;C. Bl. a. B.&#x201C; stellt unter Andern über das jetzige Ministerium folgende Betrachtungen an:</p>
          <p>Die politische Welt erinnert sich wohl, daß der Reichstag &#x201E;ein volksthümliches Ministerium&#x201C; begehrte, es war eines schönen Abends am 6. Oktober. Der Kaiser versprach ein solches. &#x2014; Man urtheile nun, ob das jetzige Ministerium &#x201E;ein volksthümliches&#x201C; ist?! F. Schwarzenberg ist ein Diplomat aus der alten Schule, Stadion ein Gouverneur des alten Systems, Cordon ein General des alten Hofkriegsraths, Bach und Krauß sind Mitglieder des gestürzten Kabinets, und Thienfeld ist ein homo ignotus. Dies ist das neue &#x201E;volksthümliche&#x201C; Ministerium! Zwei Generäle, ein Graf, ein paar Barone &#x2014; das ist &#x201E;volksthümlich!&#x201C; &#x2014; Welche Haltung wird jener Theil der Kammer diesem Ministerium gegenüber einnehmen, welcher ein volksthümliches Ministerium als einziges Rettungsmittel aus den Oktoberwirren und für alle Zukunft dem Kaiser in Schönbrunn anempfahl?! Sollte man auf den Punkt gekommen sein, jedes Ministerium zu stützen, um nur irgend eine Regierung zu haben?</p>
        </div>
        <div xml:id="ar159_028" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, den 30. Nov.</head>
          <p>Sitzung der National-Versammlung. Präsident Riesser.</p>
          <p>Die ersten drei Punkte der Tagesordnung sind:</p>
          <p>1) Ergänzungswahl in den Ausschuß für Geschäftsordnung.</p>
          <p>2) Fortsetzung der Berathung über den vom Abgeordneten <hi rendition="#g">Löw</hi> aus Posen, Namens des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten erstatteten Berichts über verschiedene Anträge und eingebrachte Petitionen</p>
          <p>3) Berathung über den vom Abgeordneten <hi rendition="#g">Francke</hi> erstatteten Bericht:<lb/>
ein Wahlausschreiben des Landguberniums in Mähren betreffend.</p>
          <p>Nach Verlesung des Protokolls sind ungefähr 100 Abgeordnete im Saal. Riesser läßt zählen, ob die Anzahl beschlußfähig. (Dies geschieht heut zum erstenmal) Venedey beantragt Namensaufruf. (Links: Ja! Ja!) Man entscheidet sich endlich für Stimmzettel.</p>
          <p>Während der confusen Zählungen, ist die Gesellschaft vollzählig geworden, und genehmigt das Protokoll, was kein Mensch gehört hat.</p>
          <p>Es erweist sich nachträglich, daß doch nur 195 Mitglieder da sind.</p>
          <p>Es kommen noch fünf. Man ist wieder beschlußfähig.</p>
          <p>Der Verfassungsausschuß zeigt die revidirten Grundrechte nebst Einführungsgesetz an, worauf man zur Tagesordnung übergeht, und zuerst Ergänzungswahlen für die Geschäftsordnung vornimmt. Gewählt wird Edel aus Würzburg.</p>
          <p>Hierauf Berathung über die östreichische Angelegenheit. Es spricht nach geschlossener Debatte der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses, deren Anträge ich Ihnen bereits gestern gab.</p>
          <p><hi rendition="#g">Venedey</hi>. Er erklärt, daß das Votum der Minorität ein doppeltes Mißtrauensvotum ist, eins für die Reichscommissäre, eins für das Ministerium. Die Nothwendigkeit dieser Mißtrauensvoten weist Venedey nach. Der Nachweis enthält viel Wahres, aber nichts Neues Was das Ministerium anbelangt, so beweist er, daß das Ministerium die Versammlung <hi rendition="#g">verhöhnt</hi>. &#x2014; So z. B. hat das Ministerium ewig ein Programm versprochen, nie eins gegeben, dies mag der Versammlung genügen, der Nation genügt es nicht. Die Nation will wissen, was die Minister wollen!</p>
          <p>Der Ton des Herrn Ministers ist humoristisch und le style c'est l'homme! Die englischen Minister wagen bisweilen einen solchen Ton gegen die Minorität, aber das sind mindestens Männer, die eine Geschichte für sich haben &#x2014; aber unsre 6 monatlichen Minister &#x2014; sie haben Deutschland auf einen Standpunkt gebracht, wohin es noch nie gekommen!</p>
          <p>Das Ministerium hat das Reich gemißbraucht zur östreichischen Hauspolitik.</p>
          <p>Venedey behauptet unter großen Störungen, daß das Reichsministerium und die berühmten Commissäre den Sieg des Windischgrätz <hi rendition="#g">absichtlich</hi> herbeigeführt haben.</p>
          <p>Am 12. wurden von hieraus die Reichscommissäre nach Ollmütz geschickt, während noch kein Mensch wußte, daß der Kaiser daselbst sei. &#x2014; Also das Ministerium wußte es, wo der Kaiser hingehen <hi rendition="#g">würde</hi>. (Links: hört!) (Während Venedey's Anklage beschäftigt sich das Ministerium mit Zeitungslesen. &#x2014; Das ganze Centrum achtet nicht auf die Rede. &#x2014; Es will nichts hören gegen das Ministerium!) &#x201E;Machen Sie ein Ende mit diesem Ministerium!&#x201C; ruft Venedey unter Bravo links, &#x201E;schicken Sie diesen Minister nach Oestreich, wohin er gehört, mag er Minister unter Windischgrätz sein. Sie sind nicht einverstanden mit diesem Ministerium, aber Sie haben nicht den Muth, es fortzuschicken. Alle Worte des Ministeriums widersprechen offenbar seinen Thaten&#x201C; (Schmerling liest im rechten Centrum die Zeitung, aber er wird sehr blaß. &#x2014; Links Bemerkungen, Präsident Riesser nennt diese Bemerkungen unanständig. Links: Lärm.) Während Sie, schließt Venedey, Königthum und Reaktion stützen, wird Republik und Anarchie über Sie weggehen wie der Wind über die Wüste. (Langer Beifall links.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Löw</hi> aus Posen spricht für die Anträge der Majorität des Ausschusses als Berichterstatter. Er bringt nichts Neues.</p>
          <p><hi rendition="#g">Folgt Abstimmung</hi>. v. Gold's Antrag auf einfache Tagesordnung wird fast <hi rendition="#g">einstimmig verworfen</hi>. Phillips motivirte Tagesordnung ebenso. (Kaum 30 auf der Rechten standen auf.)</p>
          <p>Die Anträge des Abgeordneten <hi rendition="#g">Wiesner</hi> und Genossen.</p>
          <p>Ich stelle den Antrag, die hohe Nationalversammlung möge beschließen:</p>
          <p>I. der über Wien verhängte Belagerungszustand ist sofort aufzuheben, und zwar:</p>
          <p rendition="#et">a) weil die österreichischen Gesetze zwar das außerordentliche Verfahren des Standrechts, keineswegs aber ein außerordentliches Verfahren des Belagerungszustandes kennen ein solches Verfahren somit in Oesterreich ganz ungesetzlich ist;<lb/>
b) weil die ungesetzliche Maaßregel von keinem der constitutionellen Regierungsorgane verhängt oder bestätigt wurde;</p>
          <p>II. die österreichische Reichsversammlung ist von allen inconstitutionellen Einflüssen zu befreien und in das Recht der freien Volksvertretung wieder einzusetzen;</p>
          <p>III. alle in Wien von der Militärgewalt eingeleiteten, noch schwebenden Untersuchungen wegen der letzten Ereignisse sind sofort aufzuheben und zwar:</p>
          <p rendition="#et">1) weil die Proclamationen des Fürsten Windischgrätz, durch welche man sie zu begründen versucht, von keinem der verantwortlichen Regierungsorgane ausgingen, und es dem Geiste des constitutionellen Prinzips widerspricht, daß es mit Uebergehung der verantwortlichen Regierungsorgane dem bloßen Ermessen eines k. k. Generals anheimgestellt werden könnte, Proclamationen zu erlassen, durch welche den Staatsbürgern die gewährten Freiheiten entzogen werden;<lb/>
2) weil diese Proclamationen des Fürsten Windischgrätz dem Manifeste Sr. Majestät vom 19. November wiedersprechen, ja dasselbe gänzlich aufheben, folglich auch in einem absolut regierten Staate vollkommen ungesetzlich wären;<lb/>
3) weil selbst das in dem österreichischen Gesetzbuche über Verbrechen begründete außerordentliche Verfahren des <hi rendition="#g">Standrechts,</hi> nach welchem <hi rendition="#g">das Verbrechen auf das Kürzeste untersucht, der Schuldige sogleich verurtheilt, und die Strafe auf der Stelle vollzogen wird,</hi> nach gestillter Unruhe weder angefangen, noch, wenn es schon im Zuge wäre, fortgesetzt werden darf, da es nur in einem <hi rendition="#g">dringenden Nothfalle</hi> verfügt werden kann.</p>
          <p>Aus den oben angeführten Gründen ist auch:</p>
          <p>IV. die Wiederaufnahme der Untersuchung von Seite des außerordentlichen Richters gegen alle Jene einzuleiten, die von der Militärgewalt auf Grund der erwähnten Proclamation zu Kerkerstrafen verurtheilt wurden, da es in den Principien des Strafprocesses gegründet ist, daß wenn durch ein gefälltes, und in Vollzug gesetztes Urtheil Einzelne verletzt erscheinen, den Verletzten Abhülfe verschafft werden müsse.</p>
          <p>wird verworfen.</p>
          <p>Die ganze Linke stimmte dafür.</p>
          <p>Der Antrag der Minorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) wird in nmentlicher Abstimmung mit 270 Stimmen gegen 185 verworfen. (Also 85 Stimmen fürs Ministerium).</p>
          <p>Hierauf erhebt sich eine stürmische Debatte von einer vollen Stunde über die weitere Abstimmung, wobei sich manches Komische ereignet, u. a. Jordan aus Berlin von der Tribüne getrommelt wird, oder vielmehr auf derselben ein musikalisches Mißtrauensvotum von bedeutender Ausdehnung erhält.</p>
          <p>Ein Amendement von Vischer (Linke) wird verworfen.</p>
          <p>Eins dito von Wagner:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Zugleich fordert die konstituirende Reichsversammlung die Centralgewalt auf, zu erwirken, daß die von der Reichsversammlung erlassenen Gesetze und Beschlüsse, namentlich das Gesetz vom 23. Sept. d. J., betreffend die Kundmachung der Reichsgesetze und der Verfügungen der provisorischen Centralgewalt in Deutsch-Oesterreich landesüblicher Weise verkündet werden,&#x201C;</p>
          <p>wird mit 224 Stimmen gegen 221 verworfen.</p>
          <p>Also die Gesetze sollen in Oesterreich nicht promulgirt werden.</p>
          <p>Die Anträge der Majorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) werden in namentlicher Abstimmung mit 220 Stimmen gegen 210 ebenfalls verworfen.</p>
          <p>Das rechte Centrum, die Rechte, das Ministerium und die äußerste Linke stimmten mit Nein, Zehn Abgeordnete, u. a. Jordan von Berlin, enthielten sich der Abstimmung. Eine Menge von Erklärungen über die Motive zu den Abstimmungen werden verlesen. Sie sind des verschiedensten Inhalts. Unter andern haben ungefähr 80 Abgeordnete von der Linken gegen den Antrag gestimmt, weil er nichts als ein Vertrauensvotum für Windisch-Grätz ist.</p>
          <p>Der Antrag des Abg. Osterrath:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die National-Versammlung wolle beschließen:<lb/>
&#x201E;Die vorliegenden, das Verhältniß der Centralgewalt zu Oesterreich berührenden Anträge und Petitionen der provisorischen Centralgewalt mit dem Auftrage zu überweisen,<lb/>
1. dahin zu wirken, daß die über Wien verhängten Ausnahmsmaßregeln nach wiederhergestellter Ordnung und Ruhe alsbald aufgehoben werden;<lb/>
2. die Ausführung des Beschlusses vom 3. November d. J. nachdrücklich zu beschleunigen und über den Erfolg der desfallsigen Verhandlungen ehebaldigst der National-Versammlung Vorlage zu machen,&#x201C;</p>
          <p>wird ebenfalls verworfen. (Links langer Beifall).</p>
          <p>Also ist kein einziger Antrag angenommen und eine gewaltsame Tagesordnung nach 2 Sitzungen herbeigeführt. (Ha, ha, ha!)</p>
          <p>Der <hi rendition="#g">Präsident</hi> will die Anträge zu nochmaliger Begutachtung an den Ausschuß zurückweisen.</p>
          <p>Graf <hi rendition="#g">Deym</hi> spricht dagegen, <hi rendition="#g">Rösler</hi> dafür.</p>
          <p>Die Anträge werden an den Ausschuß zurückgewiesen zu neuer Antragstellung.</p>
          <p>Punkt 3 der Tagesordnung (s. oben) wird durch Annahme des nachfolgenden Ausschußantrages erledigt:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;In Erwägung, daß bei Wahlhandlungen, als nothwendige Bedingung des Vertrauens in die Wahl, die Wahlbehörde eines jeden Einflusses sich zu enthalten hat, der Erlaß des mährisch-schlesischen Landesgubernium zu Brünn vom 20. v. M. aber die Wahlbehörde zu einem Einflusse auffordert, erklärt die National-Versammlung: daß der genannte Erlaß zu mißbilligen ist und fordert das Reichsministerium auf, in diesem Sinne das Erforderliche wahrzunehmen.&#x201C;</p>
          <p>Gegen den Antrag sprach Graf Deym, ein sehr entschiedenes und ehrenhaftes Mitglied der äußersten Rechten. Er wollte Tagesordnung. Er erklärte frank und frei, daß Oesterreich nur das von der Reichsversammlung und Centralgewalt annehmen werde was ihm gut dünkt und beliebt. So werde Oesterreich stets handeln. Wenn die Centralgewalt anders wolle, solle sie ein Heer aufstellen. (Lautes Bravo links. Die Centren entsetzen sich.) Entweder &#x2014; oder, sagt Deym, wir brauchen uns keine Illusionen zu machen. Alle Reichskommissäre und Beschlüsse, welche Oesterreich betreffen, sind vorläufig von Oesterreich gar nicht beachtet worden. &#x2014; Einen Mißbrauch, wie den gegenwärtigen, herauszugreifen, ist <hi rendition="#g">müßig</hi>, es finden noch eine Masse solcher Mißbräuche Statt, setzen Sie also das ganze Gubernium ab, oder gehen Sie zur Tagesordnung über. Meine Herren, solche einzelne Mißbräuche herauszureißen, und Phrasen dagegen loszulassen, führt zur Anarchie, und Anarchie ist, die Wiege der Reaktion. &#x2014; Zum Schluß entwickelte der Redner noch seine Ansicht über das Verhältniß Deutschlands zu Oesterreich freimüthig. Sie können sich dieselbe denken. Wenn Sie</p>
          <p>
            <ref type="link"> <hi rendition="#b">Hierzu eine Beilage.</hi> </ref>
          </p>
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      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0844/0005] führer streng bestraft werden müssen, versteht sich von selbst. Wir wollen nur wünschen, daß den Regimentskommandeur kein begründeter Vorwurf treffe, und daß er nur die erforderliche Dienststrenge geltend gemacht, nicht aber die Leute mit unnützen Plackereien gequält habe. Der zur Regulierung der Gränzangelegenheiten hierher gesendete Reichskommissar General v. Schefer bereist seit einigen Tagen die neu projektirte Gränze Deutschlands, wozu er wohl noch eine Woche gebrauchen wird. Dem Vernehmen nach ist aus strategischen Gründen auch noch das Städtchen Xions, wo bekanntlich in der letzten Revolution eine blutige Affaire statthatte, bei welcher der ganze Ort mit Ausnahme der Kirchen und weniger Häuser in Flammen aufging, in die Demarkationslinie gezogen worden, wogegen wieder andere Orte ausgeschlossen sind. Man rechnet hier, daß die Ausführung der Demarkation etwa zu Neujahr beginnen könne; dann aber werden sich erst die innern Schwierigkeiten, die fast unbesiegbare Hindernisse darbieten, herausstellen; namentlich begreift man nicht, wie Polnisch-Posen von dem hiesigen Landschaftsverbande wird abgelöst werden können, ohne dem Ruin preisgegeben zu werden. Und doch soll Polnisch-Posen, als ein Nebenland des Königs von Preußen, nach §. 3 des neuen Reichsgrundgesetzes, der das Prinzip der Personalunion festhält, mit den deutschen Provinzen in keinem organischen Zusammenhange bleiben; auch werden die Einsassen Deutsch-Posens wenig geneigt sein, für die Grundbesitzer von Polnisch-Posen solidarisch mitverpflichtet zu bleiben. Auch die Einrichtung einer polnischen selbständigen Administration und Justiz wird außerordentliche Schwierigkeiten darbieten, des Militärwesens nicht einmal zu gedenken. (D. A. Z.) Ostrowo, 24. Nov. Unsere monotone Ruhe ist heute plötzlich durch den Ruf: „Die Russen kommen!“ unterbrochen worden. Und wirklich erschienen auch bald 4 Tscherkessen, nämlich 1 Offizier, 1 Unteroffizier und 2 Gemeine, vollständig bewaffnet mit mehreren Dolchen und Pistolen, in theils rother, theils blauer Uniform und gut beritten. Zwei von ihnen frugen nach der Polizei und die andern zwei begaben sich nach dem Wirthshause. Ihrer eigenen Aussage nach gehören sie zu dem russischen Freikorps und hätten den Entschluß gefaßt, aus eigenem Antriebe nach Berlin zu gehen, um daselbst Dienste zu nehmen. Sie wurden vorläufig unter Aufsicht gestellt, und alsbald eine Estafette nach Kalisch abgeschickt, um den wahren Grund ihres Uebertritts in das preußische Gebiet zu erfahren. Nachschrift. So eben erhalte ich die Nachricht, daß diese vier Unglücklichen schon morgen früh zurücktransportirt und den russischen Henkern überliefert werden. Ihr Bitten, sie so lange hier zu lassen, bis eine Entscheidung unserer Regierung über sie angelangt wäre, scheiterte an der Pflichttreue unseres Landraths, der es mit seinem Gewissen so schnell abmachte, diese Leute recht schnell, vielleicht dem gewissen Tode zu überliefern. — Die vier Muselmänner sind reiche Gutsbesitzer-Söhne und heißen: Mechtl, Kanabaralt, Machera und Haschem. (Schles. Z.) 109 Wien, 27. Nov. Windischgrätz soll den Gemeinderath stolz und kurz angebunden empfangen haben. „Ich bin General,“ soll er gesagt haben, „und habe als General meine Pflicht unter Euch gethan, Adieu!“ damit ließ er den Gemeinderath stehen. Wie es heißt, werden die Operationen wider Ungarn heute beginnen: ich glaube nicht, daß Windischgrätz dort mit einem Schlage siegen wird, sehe vielmehr einen Guerillakrieg voraus, bei welchem Ungarn, je nach Gestaltung der europäischen Zustände, viel gewinnen kann. Die energische Befestigung Wiens in Verbollwerkung namentlich der innern Stadt scheint zu zeigen, daß auch Windischgrätz mancherlei ungünstige Besorgnisse hegt. Noch gestern sind die Bastionen mit dem schwersten Belagerungsgeschütz befahren worden, welches aber auch auf die innere Stadt gerichtet ist Windischgrätz muß ja im Fall einer Niederlage in Ungarn eine neue Erhebung der Wiener um so mehr befürchten, als die abgeforderten Waffen trotz aller Strenge und trotz allem Suchen bei weitem nicht alle zurückgegeben worden sind, und insbesondere noch in den Vorstädten verborgen gehalten werden sollen. Darum sind diese Vorstädte denn auch mit Militär überschwemmt, manche Häuser haben an 80 Mann Einquartirung. Die Physionomie der Bevölkerung zeigt viel verbißenen Ingrimm; die frühere Sorglosigkeit ist ganz dahin. Die Werbung für Italien à. 10 fl. C. M. geht so schlecht von Statten, daß eine allgemeine Rekrutirung hat ausgeschrieben werden müssen. Die Anzahl der in das große Krankenhaus in der Alservorstadt vom 26. Octbr. an gebrachten Todten beträgt 661. Die übrigen Krankenhäuser erhielten eine verhältnißmäßig kleinere Anzahl. Um die demokratische Parthei recht anzuschwärzen, haben die schwarzgelben das Lügengericht verbreitet, man habe drei fertige Guillotinen und in einem Busche auf der Wieden eine Höllenmaschine gefunden. Die „Presse“ hört nicht auf, sich täglich jedes unerheblichen Umstandes willen auf die zudringlichste Weise dem Publikum anzuempfehlen. Dabei hebt sie insbesondere als Beweis ihrer ausgezeichneten Tendenz hervor, daß Windischgrätz ihr sofort nach dem Einmarsch das Wiedererscheinen erlaubt habe. Wien, 27. November. In der ungarischen Sache wird es nun Ernst und es finden starke Truppenbewegungen statt; die Angriffe sind demnächst und zwar von allen Seiten zu gewärtigen. Kossuth soll erklärt haben, daß wenn nur noch zwei Ungarn verblieben, der eine ungarischer Kriegs- und der andere ungarischer Finanzminister verbleiben würden Trotz der starken Befestigungen von Komorn und Pest zweifeln indeß Wenige an einem baldigen Ausgang. — Fürs Erste haben die Magyaren ihre Hauptstädte vor Verheerungen sicher gestellt, indem sie mit ihren Verschanzungen so weit als möglich herausrückten. Gegen den Gebrauch der Kettenkugeln, welcher sich die Ungarn auf unstatthafte Weise bedienen, hat Fürst Windischgrätz eine ernstliche Abmahnung an dieselben ergehen lassen (Kettenkugeln sind nämlich zwei durch eine Kette mit einander verbundene Kugeln von schwerem Kaliber, die durch die schwere Berechnung des Doppelgewichts zwar von einer weniger sichern, allein auch von einer um so mörderischeren Wirkung sind). Die Antwort war, daß sie zur Vertheidigung solches erlaubt hielten, sich aber davon enthalten wollten, wenn Fürst Windischgrätz ihnen dafür Congrevesche Raketen senden würde. Wien, 27. November. Denkwürdig ist die Art und Weise, in welcher der Gouverneur Welden gestern die Deputation der verschiedenen kaufmännischen Corporationen empfing, die ihm, sowie dem Fürsten Windischgrätz und dem Ban Jellachich Dankadressen überreicht hatten. „Dankadressen, meine Herren (so mögen ungefähr die Worte gelautet haben), wollen nicht viel sagen; heut zu Tage gilt es, durch Handlungen und nicht durch Worte seine Gesinnung zu bewähren. An andern Orten haben die Wähler Mißtrauensvoten an ihre Deputirten ergehen lassen, da sie deren Benehmen nicht gebilligt. Warum thaten Sie, warum — thun Sie nicht dasselbe?“ Es ist wohl in Erinnerung, daß die Repräsentanten Wiens am Reichstage meistens zur Linken zählen, darunter die Abg Violand, Goldmark, Füster, Pillersdorf. Letzterer erscheint allerhöchsten und höchsten Orts besonders übel angeschrieben, und man erfährt, daß seine Persönlichkeit den Fürsten Windischgrätz besonders abgehalten habe, der Deputation, die ihn bei der Uebergabe Wiens um mildere Bedingungen bat, dieselben zuzugestehen. Ja, als Pillersdorf ihn angeredet, soll er sich unwillig weggewendet und geäußert haben: Er spreche nicht mit Einem, der seinen Herrn und Kaiser verrathen. Zwischen heute und morgen sollen die Hauptangriffe gegen Ungarn erfolgen; nicht weniger als 400 Geschütze, größtentheils vom schwersten Kaliber, rücken gegen dieselben vor. 24 Wien, 27. November. Gestern haben 11 Schwadronen Kavallerie und 2 Bat. Infanterie bei Malatzka die Grenze überschritten, um sich dem Korps des F. M. L. Simonich anzuschließen. Die Börse glaubt an einen schnellen Sieg der Kontrerevolution in Ungarn. Die Regierung gedenkt bei allen 38 deutschen Infanterie-Regimentern 5te Bataillons zu bilden, um die Streitmacht der Gesammtmonarchie auf 600,000 Mann zu bringen. Zunächst wird eine Rekrutirung von 150,000 Mann vorgenommen und den Altersklassen von 19-30 Jahren ohne Schonung zu Leibe gegangen werden. — Die nach Ungarn bestimmten Truppen erhalten, sobald sie die dortige Grenze überschritten, außer ihrer Feldgebühr noch Brod, Wein, Fleisch, Holz etc. Den Offizieren wird dafür baares Geld gezahlt, was für den Lieutenant immerhin monatlich 25. fl. betragen wird. Alle diese Auslagen soll Ungarn, sobald es niedergetreten und gefesselt ist, aufgehalst bekommen. Aber woher vorläufig die Gelder zu diesen Ausgaben nehmen? Das ist ein Räthsel, welches sich wahrscheinlich durch einen kolossalen Staatsbankrott lösen wird. Kremsier, 27. November. In der heutigen zweiten Sitzung des Reichstags brach der Sturm, den die czechischen Abgeordneten längst vorbereitet, los. Nachdem Abg. Paul bemerkt hatte: die stenographischen officiellen Berichte der vorigen Sitzung führen dieselbe als 52ste auf, betrachten also die in Wien stattgefundenen Sitzungen nach dem Austritte der Minorität als nicht geschehen und dies werde wohl ein Druckfehler sein, versichert der Präsident Smolka, er habe bereits Schritte zur Abstellung dieses Druckfehlers gethan und wollte nun die Protokolle der wiener Sitzungen vom 28., 29., 30. und 31. Oct. verlesen lassen. Abg. Hellriegel (aus Tyrol) erhob sich dagegen, indem diese Sitzungen nach der kaiserl. Prorogation vom 22. Oct. gehalten worden, folglich illegal seien. Abg. Rieger begnügte sich nicht damit, sondern erhob sich, um die in Wien verbliebenen Abgeordneten geradezu als Hochverräther anzuklagen. In einer einstudirten, überaus boshaften Rede entblödete sich Abg Rieger nicht, über die in Wien Hingerichteten Witze zu machen und daneben den ritterlichen Helden Jellachich zu preisen. Hierauf nahm Abg. Schuselka das Wort und erklärte, daß er es unter seiner und seiner Partei Würde halte, auf des Abg. Rieger Denunciantenrede etwas Anderes zu erwidern, als daß die Mitglieder, welche vom 6 Oct. bis 1. Nov. in Wien getagt, Alles, was sie gethan, zu verantworten bereit wären, daß namentlich er (Schuselka) nicht den geringsten Anstand nähme, sich vor das Standrecht des Fürsten Windischgrätz zu stellen. Dem Abg. Hellriegel entgegnete er, daß der Kaiser den Reichstag am 22. Oct. nicht sofort vertagt, sondern die alsbaldige Vertagung dem Präsidenten überlassen habe, daß ferner der Reichstag noch am 25 Oct. eine Protestationsadresse beschlossen und durch eine Deputation nach Olmütz gesendet, und daß diese Deputation noch am 26. Oct. vom Kaiser als eine Reichstagsdeputation empfangen worden sei. Abg. Brauner sprach dagegen im Sinne des Abg. Rieger und suchte die Versammlung dadurch einzuschüchtern, daß er vorgab, durch Verlesung der genannten Protokolle würde man die Revolution des 6. Oct. anerkennen. Dies hatte die Wirkung, daß die Lesung mit 143 gegen 124 Stimmen verweigert wurde. Nach dieser Debatte kündigte der Präsident den Eintritt des neuen Ministeriums an, und Fürst Schwarzenberg las von der Tribüne das Programm desselben. Gleichberechtigung aller Nationen und Staatsbürger, demokratisch-constitutionelle Verfassung, ein einiges mächtiges Oesterreich, inniger Verband mit Deutschland, aber erst herzustellen, nachdem Oesterreich und Deutschland für sich die neue Form ihres Staatslebens gefunden haben würden, bis dahin aber würde Oesterreich seine Bundespflicht gewissenhaft erfüllen. Dies die Hauptpunkte des Programms, welches mit rauschendem Beifall der ganzen Versammlung aufgenommen wurde. Hierauf erhielt Abg. Schuselka das Wort zu einer Interpellation an das Ministerium. Er begann damit, im Allgemeinen für das Programm zu danken; dennoch müsse er im Interesse der Monarchie seine Interpellation vorbringen Er stellte folgende Fragen: 1) Ob das Ministerium die Verantwortlichkeit übernähme für Alles, was jetzt in Wien, Lemberg etc. geschieht und in Ungarn geschehen wird, oder ob Oesterreich noch ferner unter der Soldatendiktatur bleiben solle? Eine solche sei nicht nur dem Begriff einer constitutionellen Monarchie völlig zuwider, sondern auch der Monarchie überhaupt höchst gefährlich, wie die Geschichte Oesterreichs in einem warnenden Beispiele (Wallenstein) deutlich beweise. 2) Ob das Blutgericht in Wien fortdauern solle? Es sei nicht nur unmenschlich, sondern noch nichts habe eben der Dynastie mehr geschadet als dieses Blutgericht. Abg. Schuselka fragte hier zunächst den Justizminister Bach, ob er nicht für seine Vaterstadt Wien dasselbe thun werde, was er für Prag gethan? 3) Welche Stellung das Ministerium in der traurigen Angelegenheit wegen Robert Blum zum deutschen Parlament und deutschen Volke einzunehmen gedenke. Der Redner ließ die Frage, ob Blum schuldig oder unschuldig gewesen, bei Seite und nahm blos den politischen Standpunkt ein, welcher hätte gelten müssen, selbst wenn Blum Mitglied einer ganz fremden Nationalversammlung gewesen wäre. Der Ministerpräsident Schwarzenberg bat um schriftliche Mittheilung der Fragen und versprach ausführlich motivirte Antwort. (D. A. Z.) * Prag, 28. Nov. Ein Kremsierer Korrespondent des „C. Bl. a. B.“ stellt unter Andern über das jetzige Ministerium folgende Betrachtungen an: Die politische Welt erinnert sich wohl, daß der Reichstag „ein volksthümliches Ministerium“ begehrte, es war eines schönen Abends am 6. Oktober. Der Kaiser versprach ein solches. — Man urtheile nun, ob das jetzige Ministerium „ein volksthümliches“ ist?! F. Schwarzenberg ist ein Diplomat aus der alten Schule, Stadion ein Gouverneur des alten Systems, Cordon ein General des alten Hofkriegsraths, Bach und Krauß sind Mitglieder des gestürzten Kabinets, und Thienfeld ist ein homo ignotus. Dies ist das neue „volksthümliche“ Ministerium! Zwei Generäle, ein Graf, ein paar Barone — das ist „volksthümlich!“ — Welche Haltung wird jener Theil der Kammer diesem Ministerium gegenüber einnehmen, welcher ein volksthümliches Ministerium als einziges Rettungsmittel aus den Oktoberwirren und für alle Zukunft dem Kaiser in Schönbrunn anempfahl?! Sollte man auf den Punkt gekommen sein, jedes Ministerium zu stützen, um nur irgend eine Regierung zu haben? !!! Frankfurt, den 30. Nov. Sitzung der National-Versammlung. Präsident Riesser. Die ersten drei Punkte der Tagesordnung sind: 1) Ergänzungswahl in den Ausschuß für Geschäftsordnung. 2) Fortsetzung der Berathung über den vom Abgeordneten Löw aus Posen, Namens des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten erstatteten Berichts über verschiedene Anträge und eingebrachte Petitionen 3) Berathung über den vom Abgeordneten Francke erstatteten Bericht: ein Wahlausschreiben des Landguberniums in Mähren betreffend. Nach Verlesung des Protokolls sind ungefähr 100 Abgeordnete im Saal. Riesser läßt zählen, ob die Anzahl beschlußfähig. (Dies geschieht heut zum erstenmal) Venedey beantragt Namensaufruf. (Links: Ja! Ja!) Man entscheidet sich endlich für Stimmzettel. Während der confusen Zählungen, ist die Gesellschaft vollzählig geworden, und genehmigt das Protokoll, was kein Mensch gehört hat. Es erweist sich nachträglich, daß doch nur 195 Mitglieder da sind. Es kommen noch fünf. Man ist wieder beschlußfähig. Der Verfassungsausschuß zeigt die revidirten Grundrechte nebst Einführungsgesetz an, worauf man zur Tagesordnung übergeht, und zuerst Ergänzungswahlen für die Geschäftsordnung vornimmt. Gewählt wird Edel aus Würzburg. Hierauf Berathung über die östreichische Angelegenheit. Es spricht nach geschlossener Debatte der Berichterstatter der Minorität des Ausschusses, deren Anträge ich Ihnen bereits gestern gab. Venedey. Er erklärt, daß das Votum der Minorität ein doppeltes Mißtrauensvotum ist, eins für die Reichscommissäre, eins für das Ministerium. Die Nothwendigkeit dieser Mißtrauensvoten weist Venedey nach. Der Nachweis enthält viel Wahres, aber nichts Neues Was das Ministerium anbelangt, so beweist er, daß das Ministerium die Versammlung verhöhnt. — So z. B. hat das Ministerium ewig ein Programm versprochen, nie eins gegeben, dies mag der Versammlung genügen, der Nation genügt es nicht. Die Nation will wissen, was die Minister wollen! Der Ton des Herrn Ministers ist humoristisch und le style c'est l'homme! Die englischen Minister wagen bisweilen einen solchen Ton gegen die Minorität, aber das sind mindestens Männer, die eine Geschichte für sich haben — aber unsre 6 monatlichen Minister — sie haben Deutschland auf einen Standpunkt gebracht, wohin es noch nie gekommen! Das Ministerium hat das Reich gemißbraucht zur östreichischen Hauspolitik. Venedey behauptet unter großen Störungen, daß das Reichsministerium und die berühmten Commissäre den Sieg des Windischgrätz absichtlich herbeigeführt haben. Am 12. wurden von hieraus die Reichscommissäre nach Ollmütz geschickt, während noch kein Mensch wußte, daß der Kaiser daselbst sei. — Also das Ministerium wußte es, wo der Kaiser hingehen würde. (Links: hört!) (Während Venedey's Anklage beschäftigt sich das Ministerium mit Zeitungslesen. — Das ganze Centrum achtet nicht auf die Rede. — Es will nichts hören gegen das Ministerium!) „Machen Sie ein Ende mit diesem Ministerium!“ ruft Venedey unter Bravo links, „schicken Sie diesen Minister nach Oestreich, wohin er gehört, mag er Minister unter Windischgrätz sein. Sie sind nicht einverstanden mit diesem Ministerium, aber Sie haben nicht den Muth, es fortzuschicken. Alle Worte des Ministeriums widersprechen offenbar seinen Thaten“ (Schmerling liest im rechten Centrum die Zeitung, aber er wird sehr blaß. — Links Bemerkungen, Präsident Riesser nennt diese Bemerkungen unanständig. Links: Lärm.) Während Sie, schließt Venedey, Königthum und Reaktion stützen, wird Republik und Anarchie über Sie weggehen wie der Wind über die Wüste. (Langer Beifall links.) Löw aus Posen spricht für die Anträge der Majorität des Ausschusses als Berichterstatter. Er bringt nichts Neues. Folgt Abstimmung. v. Gold's Antrag auf einfache Tagesordnung wird fast einstimmig verworfen. Phillips motivirte Tagesordnung ebenso. (Kaum 30 auf der Rechten standen auf.) Die Anträge des Abgeordneten Wiesner und Genossen. Ich stelle den Antrag, die hohe Nationalversammlung möge beschließen: I. der über Wien verhängte Belagerungszustand ist sofort aufzuheben, und zwar: a) weil die österreichischen Gesetze zwar das außerordentliche Verfahren des Standrechts, keineswegs aber ein außerordentliches Verfahren des Belagerungszustandes kennen ein solches Verfahren somit in Oesterreich ganz ungesetzlich ist; b) weil die ungesetzliche Maaßregel von keinem der constitutionellen Regierungsorgane verhängt oder bestätigt wurde; II. die österreichische Reichsversammlung ist von allen inconstitutionellen Einflüssen zu befreien und in das Recht der freien Volksvertretung wieder einzusetzen; III. alle in Wien von der Militärgewalt eingeleiteten, noch schwebenden Untersuchungen wegen der letzten Ereignisse sind sofort aufzuheben und zwar: 1) weil die Proclamationen des Fürsten Windischgrätz, durch welche man sie zu begründen versucht, von keinem der verantwortlichen Regierungsorgane ausgingen, und es dem Geiste des constitutionellen Prinzips widerspricht, daß es mit Uebergehung der verantwortlichen Regierungsorgane dem bloßen Ermessen eines k. k. Generals anheimgestellt werden könnte, Proclamationen zu erlassen, durch welche den Staatsbürgern die gewährten Freiheiten entzogen werden; 2) weil diese Proclamationen des Fürsten Windischgrätz dem Manifeste Sr. Majestät vom 19. November wiedersprechen, ja dasselbe gänzlich aufheben, folglich auch in einem absolut regierten Staate vollkommen ungesetzlich wären; 3) weil selbst das in dem österreichischen Gesetzbuche über Verbrechen begründete außerordentliche Verfahren des Standrechts, nach welchem das Verbrechen auf das Kürzeste untersucht, der Schuldige sogleich verurtheilt, und die Strafe auf der Stelle vollzogen wird, nach gestillter Unruhe weder angefangen, noch, wenn es schon im Zuge wäre, fortgesetzt werden darf, da es nur in einem dringenden Nothfalle verfügt werden kann. Aus den oben angeführten Gründen ist auch: IV. die Wiederaufnahme der Untersuchung von Seite des außerordentlichen Richters gegen alle Jene einzuleiten, die von der Militärgewalt auf Grund der erwähnten Proclamation zu Kerkerstrafen verurtheilt wurden, da es in den Principien des Strafprocesses gegründet ist, daß wenn durch ein gefälltes, und in Vollzug gesetztes Urtheil Einzelne verletzt erscheinen, den Verletzten Abhülfe verschafft werden müsse. wird verworfen. Die ganze Linke stimmte dafür. Der Antrag der Minorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) wird in nmentlicher Abstimmung mit 270 Stimmen gegen 185 verworfen. (Also 85 Stimmen fürs Ministerium). Hierauf erhebt sich eine stürmische Debatte von einer vollen Stunde über die weitere Abstimmung, wobei sich manches Komische ereignet, u. a. Jordan aus Berlin von der Tribüne getrommelt wird, oder vielmehr auf derselben ein musikalisches Mißtrauensvotum von bedeutender Ausdehnung erhält. Ein Amendement von Vischer (Linke) wird verworfen. Eins dito von Wagner: „Zugleich fordert die konstituirende Reichsversammlung die Centralgewalt auf, zu erwirken, daß die von der Reichsversammlung erlassenen Gesetze und Beschlüsse, namentlich das Gesetz vom 23. Sept. d. J., betreffend die Kundmachung der Reichsgesetze und der Verfügungen der provisorischen Centralgewalt in Deutsch-Oesterreich landesüblicher Weise verkündet werden,“ wird mit 224 Stimmen gegen 221 verworfen. Also die Gesetze sollen in Oesterreich nicht promulgirt werden. Die Anträge der Majorität des Ausschusses (s. gestr. Sitzung) werden in namentlicher Abstimmung mit 220 Stimmen gegen 210 ebenfalls verworfen. Das rechte Centrum, die Rechte, das Ministerium und die äußerste Linke stimmten mit Nein, Zehn Abgeordnete, u. a. Jordan von Berlin, enthielten sich der Abstimmung. Eine Menge von Erklärungen über die Motive zu den Abstimmungen werden verlesen. Sie sind des verschiedensten Inhalts. Unter andern haben ungefähr 80 Abgeordnete von der Linken gegen den Antrag gestimmt, weil er nichts als ein Vertrauensvotum für Windisch-Grätz ist. Der Antrag des Abg. Osterrath: „Die National-Versammlung wolle beschließen: „Die vorliegenden, das Verhältniß der Centralgewalt zu Oesterreich berührenden Anträge und Petitionen der provisorischen Centralgewalt mit dem Auftrage zu überweisen, 1. dahin zu wirken, daß die über Wien verhängten Ausnahmsmaßregeln nach wiederhergestellter Ordnung und Ruhe alsbald aufgehoben werden; 2. die Ausführung des Beschlusses vom 3. November d. J. nachdrücklich zu beschleunigen und über den Erfolg der desfallsigen Verhandlungen ehebaldigst der National-Versammlung Vorlage zu machen,“ wird ebenfalls verworfen. (Links langer Beifall). Also ist kein einziger Antrag angenommen und eine gewaltsame Tagesordnung nach 2 Sitzungen herbeigeführt. (Ha, ha, ha!) Der Präsident will die Anträge zu nochmaliger Begutachtung an den Ausschuß zurückweisen. Graf Deym spricht dagegen, Rösler dafür. Die Anträge werden an den Ausschuß zurückgewiesen zu neuer Antragstellung. Punkt 3 der Tagesordnung (s. oben) wird durch Annahme des nachfolgenden Ausschußantrages erledigt: „In Erwägung, daß bei Wahlhandlungen, als nothwendige Bedingung des Vertrauens in die Wahl, die Wahlbehörde eines jeden Einflusses sich zu enthalten hat, der Erlaß des mährisch-schlesischen Landesgubernium zu Brünn vom 20. v. M. aber die Wahlbehörde zu einem Einflusse auffordert, erklärt die National-Versammlung: daß der genannte Erlaß zu mißbilligen ist und fordert das Reichsministerium auf, in diesem Sinne das Erforderliche wahrzunehmen.“ Gegen den Antrag sprach Graf Deym, ein sehr entschiedenes und ehrenhaftes Mitglied der äußersten Rechten. Er wollte Tagesordnung. Er erklärte frank und frei, daß Oesterreich nur das von der Reichsversammlung und Centralgewalt annehmen werde was ihm gut dünkt und beliebt. So werde Oesterreich stets handeln. Wenn die Centralgewalt anders wolle, solle sie ein Heer aufstellen. (Lautes Bravo links. Die Centren entsetzen sich.) Entweder — oder, sagt Deym, wir brauchen uns keine Illusionen zu machen. Alle Reichskommissäre und Beschlüsse, welche Oesterreich betreffen, sind vorläufig von Oesterreich gar nicht beachtet worden. — Einen Mißbrauch, wie den gegenwärtigen, herauszugreifen, ist müßig, es finden noch eine Masse solcher Mißbräuche Statt, setzen Sie also das ganze Gubernium ab, oder gehen Sie zur Tagesordnung über. Meine Herren, solche einzelne Mißbräuche herauszureißen, und Phrasen dagegen loszulassen, führt zur Anarchie, und Anarchie ist, die Wiege der Reaktion. — Zum Schluß entwickelte der Redner noch seine Ansicht über das Verhältniß Deutschlands zu Oesterreich freimüthig. Sie können sich dieselbe denken. Wenn Sie Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 159. Köln, 3. Dezember 1848, S. 0844. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz159i_1848/5>, abgerufen am 21.11.2024.