Neue Rheinische Zeitung. Nr. 170. Köln, 16. Dezember 1848.der Zeit; dann eile ich zu Euch und stelle mich in die ersten Reihen der Kämpfer und helfe Euch den einfarbigen Banner der goldenen Freiheit aufpflanzen. Lebt wohl deutsche Brüder und denkt an den 18. März. F. Feenburg, Studiosus. 14 Darmstadt, 11. Dez. Die Centralgewalt schießt nicht allein Böcke in Frankfurt, sie schießt auch Schweine und Schnepfen in unserer nächsten Umgebung. Der Mann, den die Tyroler Hans nennen, besucht sehr häufig unsern Großherzog; in seinem Gefolge sieht man Bediente in schwarz-gelber Livree. Was die häufigen Besuche am hiesigen Hofe betrifft, so bringt man diese hier mit den in neuester Zeit so vielfach auftauchenden Gerüchten von süddeutschen, antipreußischen Intriguen in Verbindung, welche bald ein permanentes, aus Oestreich, Preußen und Baiern (denn Baiern ist die Seele dieses Getriebes) bestehendes Direktorium, bald die fortdauernde Reichsverweserschaft des österreichischen Erzherzogs, bald nichts Geringeres als eine neue Auflage des alten Rheinbundes zum Zwecke haben sollen. 34 Darmstadt, 12. Dez. Die Demokratisirung unseres Militärs macht gute Fortschritte, bei der Wühlerei unseres Ministeriums ist das aber auch kaum anders möglich. Längst hat man die Soldaten unzufrieden gemacht durch Verweigerung der Kriegszulage für die badischen Feldzüge -- nur die Tapferkeit der Offiziere fand die gebührende Anerkennung -- durch ungleiche Einquartirung, durch das viele Herumjagen im Dienste der Reichspolizeigewalt, wodurch besonders die Unteroffiziere die oft sehr bedeutenden Nebenverdienste in ihrem Garnisonorte verlieren, und endlich durch ihre Verwendung als Polizeibüttel gegen Leute, die sich keines andern Verbrechens schuldig gemacht haben, als daß sie mit den Ansichten der Regierung nicht einverstanden sind. Der Kriegsminister, Graf Lehrbach, hatte aber doch immer noch eine gewisse Popularität bei ihnen behalten, seine Zustimmung zu einem Antrage des "vaterländischen Vereins" in Bezug auf das preußische Militär und der dadurch veranlaßte Streit mit dem Chef der Kamarilla hatten ihm sogar ein Ständchen des verrufenen 2. Regiments eingetragen; er beeilt sich, sich dieser Popularität zu entkleiden. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer verlangte der Auditeur Hoffmann "im Namen des Kriegsministeriums die Ermächtigung, auch in Friedenszeiten für die hessischen Truppen das Standrecht eintreten lassen zu können. Jeder Anführer einer Abtheilung soll nach dieser Vorlage das Recht haben, das Standrecht auf vier Wochen zu proklamiren, und nach Ablauf dieser Frist zu verlängern! d. h. also in infinitum zu proklamiren. Als Gründe für die ungeheuerlichen Maßregeln werden die Vorfälle vom 26. Nov. -- einige Katzenmusiken und Ständchen, ein Sturm auf die inzwischen verschlossene Kaserne und die Befreiung eines Gefangenen: Akteure die Soldaten des 2. Regiments -- und "die verbrecherischen Bestrebungen einer wühlerischen Partei" angeführt. Das Militär ist unser einziges konzentrirtes Proletariat, seine Demokratisirung daher für uns von noch größerer Wichtigkeit als bei Ihnen. Mainz, 12. Dezember. Die gestrige elfte Sitzung des rheinhessischen Bezirksraths ließ in hohem Grade die Wichtigkeit dieses neuen Instituts erscheinen. Schon in einer der ersten Sitzungen hatte ein Mitglied des Bezirksraths, Dr. Wittmann, den Antrag auf "Entfernung des jetzigen Dirigenten der rhein-hessischen Regierungs-Kommission, Freiherrn von Dalwigk, von seiner Stelle, da er das Vertrauen der Provinz nicht besitze", gestellt, und dieser Antrag wurde gestern vor einem zahlreichen Publikum, das sich auf dem engen Zuhörer-Raum zusammen gedrängt hatte, verhandelt und einstimmig angenommen. Obgleich der Präsident, Dr. Zitz, mehrmals die Zuhörer zur Ruhe ermahnt und ihnen jede laute Beifallsbezeugung verwiesen hatte, so war das Resultat der Abstimmung doch Allen so aus der Seele gesprochen, daß ein stürmischer Zuruf erfolgt. (Fr. J.) * Eßlingen. Adresse an einen Reichstagsabgeordneten. Der vaterländische Verein von Eßlingen erließ folgende Adresse an den Reichstags-Abgeordneten Wurm: "Verehrter Herr! Die Zeit ist gekommen, wo es die Pflicht des Volkes wird, seine Stimme wiederum zu erheben, um denen gegenüber, welche seine Angelegenheiten ordnen und leiten, seinen Willen freimüthig und entschieden in Erinnerung zu bringen, damit nach diesem und keinem andern Willen gehandelt werde. Eingedenk dieser Pflicht geben wir Ihnen, unserm Vertreter, ein Zeugniß von der Stimmung und Ansicht, die in unserm Kreise herrscht. Wir halten uns dabei nach bestem Wissen von jeder Uebertreibung und Einseitigkeit frei. Dies vorausgeschickt, müssen wir Ihnen erklären, daß nicht nur in unserem kleinen Vereine, sondern in der ganzen Gegend, die wir zu überschauen vermögen, eine tiefgehende Mißstimmung gegen die Nationalversammlung verbreitet ist, die über kurz oder lang zum Uebel führen wird. Wir haben seiner Zeit -- Sie selbst sind Zeuge -- die Nationalversammlung mit ehrlichem Vertrauen begrüßt. Ihr Beginn war uns der Aufgang eines neuen segenbringenden Gestirns und unsere Augen hingen glaubensvoll an seinem Gange. Aber wir sagen es mit Schmerz, es wird Nacht vor unsern Augen und wir fragen uns, ob das ein Blendwerk war, was ein Gestirn schien? Es ist ein böser Thau über unsere Saaten gegangen und die treuesten Freunde des Vaterlandes senken ihr Haupt. Die Nationalversammlung hat die Aufgabe, den Grund einer wahrhaften Einheit im Vaterlande zu legen und dem Volke die Einrichtungen und Sicherungsmittel einer würdigen Freiheit zu geben. Wir waren Mann für Mann bereit, für diesen Zweck die schwersten Opfer zu bringen. Wir nehmen Sie selbst zum Zeugen dieser Stimmung und erinnern Sie darin, daß unser Land bis jetzt jeder Reichspflicht vollkommen und ohne Widerrede nachgekommen ist. Betrachten wir aber den Gang, den die Nationalversammlung genommen hat, so müssen wir es aussprechen: Es fehlt ihr an innerer Kraft, ihre Aufgabe zu erfüllen. Wir haben keine Hoffnung, daß sie die deutsche Einheit und die deutsche Freiheit schaffen werde, wenn sie auf dem betretenen Wege bleibt. Wir sind der Ansicht, daß durch diese Versammlung Unwiderbringliches versäumt und Unverantwortliches gethan ist. Sagen Sie nicht, wir hätten überspannte Erwartungen gehegt. Wir erwarteten das, was auch Sie sich versprachen, als Sie hier zu uns redeten. Sagen Sie uns nicht, wir seien zu ungeduldig und wollten schon jetzt, was die Zukunft erst bringe. Die Ungeduld ist auch bei uns ausgebrochen und die Gefängnisse unseres Staates sind überfüllt mit solchen Ungeduldigen. Wir haben Andere gezügelt und haben selbst Maaß gehalten. Sprechen Sie uns nicht von den Schwierigkeiten, die sich der Nationalversammlung in den Weg stellen. Wir waren auf dieselben vorbereitet. Sie selbst und andere Männer unter uns haben es stets für ihre Pflicht gehalten, auf dieselben aufmerksam zu machen. Wir glauben, daß deren täglich neue entstehen, weil es der Versammlung an Entschiedenheit fehlt, sie tüchtig anzufassen. Hätte dieselbe sich muthig an den Volksgeist angeschlossen, sie hätte wie jener Titan aus der Berührung seiner Mutter, der Erde, immer neue Kräfte zur Besiegung aller Schwierigleiten geschöpft. Trösten Sie uns nicht mit dem Verfassungswerke, das seiner Vollendung mehr und mehr entgegen gehe. Wir fürchten, von dieser Versammlung werde den Deutschen keine lebensfähige Form der Einheit gegeben werden. Wenn endlich diese Verfassung fertig sein wird, wird sie vielleicht keine Parthei mehr annehmen und gebrauchen wollen Und selbst wenn trotz aller Verkümmerungen noch eine gute Verfassung zu Stande kommt, so wird bis dahin unter den Augen der Nationalversammlung die Macht der Fürsten wieder so erstarkt sein, daß die Verfassung nicht zur segensreichen Uebung kommen wird. Ein großer Theil der Deutschen hat zu lange unter Verfassungen gelebt, die nicht gehalten wurden, als daß er das nicht fürchten müßte. Als die Nationalversammlung an die Spitze der provisorischen Centralgewalt einen unverantwortlichen Fürsten setzte, da begann der Zweifel, ob diese Versammlung ihrer Aufgabe gewachsen sei. Viele Herzen wandten sich schon damals von ihr entschieden ab. Wir getrösteten uns, weil damit endlich ein sichtbarer und thatsächlicher Beginn der Einheit gemacht war. Seitdem erfolgte eine Anzahl Beschlüsse, welche mehr und mehr in das System des alten Bundestags einlenkten. Das Mißtrauen wuchs. Die Genehmigung des Vertrages von Malmö brachte die Versammlung mit dem Volke in entschiedenen Widerspruch. Das junge Ehrgefühl der neu belebten Nation ward verletzt, und die Versammlung verlor die Sympathie des Volkes, wir fürchten für immer. Es erfolgte die Erhebung des Volkes von Wien, um ein Netz zu zerreißen, das eine freiheitsfeindliche, undeutsche Aristokratie mit der Camarilla gesponnen hatte, um einen Volksstamm durch den andern zu unterjochen. Es war viele Unklarheit in dieser Bewegung und unreine Elemente mischten sich ein. Aber doch war es ein richtiger Instinkt, der die Massen zur Erhebung leitete. Es gab keine lohnendere Aufgabe für die Centralgewalt, als in dieses Chaos ein klares und reines deutsches Element zu bringen. Den natürlichen Anknüpfungspunkt bot der österreichische Reichstag. Ein Mann wie geschaffen zum Erlöser aus allen diesen Wirren steht an der Spitze der Centralgewalt. Eine Gelegenheit, wie sie so bald nicht wiederkehren wird, war vorhanden, Oesterreich zu retten und dadurch an Deutschland zu bringen. Dazu bedurfte es Energie. Davon aber sahen wir das Gegentheil: Eine verunglückte Sendung von Reichskommissären mit einer dürftigen Instruktion und halbe verspätete Maßregeln der Nationalversammlung. Oesterreich ist dadurch auf lange für Deutschland verloren. Oesterreich, ein deutsches Land, verlor nicht allein seine Freiheit, auch seine Civilisation ist barbarisch geschändet. Selbst die Gräuel von Wien, selbst die schauderhafte That, welche an einem Volksvertreter durch soldatische Willkür verübt worden ist, vermögen die Nationalversammlung nicht von dem Abgrund zurückzureißen, dem sie sich auf dem betretenen Pfade naht. Sie sollte der Ausdruck werden der ganzen Macht des verjüngten Deutschlands, und sie ward der Ausdruck der ganzen Unmacht Deutschlands, wie es war vor dem März dieses Jahres. Im mächtigen Staate Deutschland, in Preußen, beginnt auf das Zeichen vom Falle Wiens die Contre-Revolution Mit unerhörter Frechheit tritt die Reaktion alle Freiheiten des Landes, Ordnung und Gesetz vor sich nieder und schwingt den Säbel der Willkür über der Hauptstadt, weil deren Pöbel einzelnen Mißbrauch mit der neuen Freiheit getrieben. Die Vertreter des preußischen Volks ermannen sich und thun ihre Schuldigkeit mit einer Würde, welche ganz Deutschland mit Bewunderung erfüllt. Von der Brutalität auf jede Weise gekränkt, von der rohen Gewalt aufs Aeußerste getrieben, greifen sie zum Letzten, was das Recht den Vertretern eines Volkes in allen freien Ländern erlaubt, sie verweigern den hochverrätherischen Ministern die Steuer. Zum erstenmale hat die Nationalversammlung Gelegenheit, das abgesonderte und auf seines Staates Bestand eifersüchtige Volk in Preußen das Bestehen einer höheren Reichsgewalt fühlen zu lassen und durch die Beschutzung seiner Freiheit und seiner Vertreter für immer mit dieser neuen Gewalt zu versöhnen und mit Deutschland zu verbinden. Das Recht und die Staatsklugheit fordern gleich dringend eine Entscheidung zu Gunsten des preußischen Volkes. Die Nationalversammlung faßt den einseitigen und ungerechten Beschluß, wodurch die Steuerverweigerung der preußischen Volksvertreter für null und nichtig erklärt wird, ohne daß sie Gleiches ausspricht über die Willkürlichkeiten, welche von Seiten der Krone verübt sind. Könnte Preußen je für Deutschland verloren gehen, so wäre nun auch dieses dahin. Diese Nichtigkeits-Erklärung fühlen wir im Süden so tief, als unsere Brüder in Preußen, wenn sie uns auch nicht unmittelbar trifft. Die Steuerverweigerung ist bei uns keine Märzerrungenschaft, sie ist ein altes Recht unserer Verfassung. In den trübsten Zeiten, die hinter uns liegen, betrachtete sie bei uns das Volk stets als seinen letzten Hort, als das Kleinod seiner Rechte. Und nun ist auch dieses heilige Nothrecht der Völker durch die Nationalversammlung umgestürzt, durch dieselbe Versammlung, die bestimmt war, uns neue, lange vorenthaltene Freiheiten zu gewähren. Was sollen wir von dieser Versammlung noch erwarten? Verehrter Herr! Was wir Ihnen hier gesagt, es ist der treue Ausdruck der hier und allenthalben in unserem Lande ausgesprochenen Gesinnung. Wir konnen es nicht so gut wie Sie ermitteln, wie weit diese Stimmung in Deutschland verbreitet ist, aber das wissen Sie von uns, daß es uns aufrichtig und redlich um das Wohl des Vaterlandes zu thun ist, und daß u[unleserliches Material]er Ihren Wählern gemäßigte Ansichten und Bestrebungen stets die vorber[unleserliches Material]schenden waren. Auch von Ihnen sind wir überzeugt, daß Sie bei Ihrem Verhalten in der Nationalversammlung stets das Wohl des Vaterlandes im Auge haben und ihm dadurch zu dienen meinen. Daher versuchen wir es uns mit Ihnen zu verständigen. Eine Hauptursache, weshalb die Nationalversammlung in ihre jetzige beklagenswerthe Richtung gekommen ist, scheint uns, daß ein großer Theil ihrer Mitglieder auf die gegebenen Schwierigkeiten und auf etwaige dem neu zu schaffenden Gebäude drohende Gefahren zu große Rücksicht genommen und sich dadurch die klare Offenheit der Anschauung und den kecken Muth des Schaffens hat rauben lassen. Es sind ihrer zu viele in der Nationalversammlung, welche sich einbilden Staatsmänner sein zu müssen, während sie eitle Pfuscher in der Staatskunst sind, engbrüstige Stubengelehrte, die den frischen Athem der Revolution nicht ertragen können. Die Versammlung aber folgt zu viel den Rathschlägen solcher Stimmen. Das Ministerium, welches den Reichsverweser umgiebt, ist wesentlich noch dasselbe, welches sich mit dem Vertrage von Malmö identifizirte. Dieses Ministerium, hat alles Vertrauen im Volke verloren und das Gefühl der Nation mehr als einmal verletzt. Wir halten es daher für einen großen Fehler, wenn aus Klugheitsgründen und Rücksichten ein solches Ministerium gestützt und getragen wird. So lange es an der Spitze der Centralgewalt steht, ist kein Heil für Deutschland zu hoffen, dies ist unsere feste Ueberzeugung. Es ist einer großen Nation nicht würdig, ihre Angelegenheiten in den Händen eines Mannes zu sehen, der mit einem Alltagsspruche über den Mord eines Volksvertreters wegschlüpft. Wir bitten Sie, verwenden Sie Ihren Einfluß bei Ihren Freunden dahin, daß dem Ministerium Schmerling jede parlamentarische Unterstützung entzogen werde. Uebergeben Sie der Auflösung, was des eigenen zeugenden Lebens nicht fähig und des Erhaltens nicht werth ist. Dies soll dem Volke ein Pfand sein, daß die Versammlung seiner Vertreter sich zum Besseren wende. Wir haben es in Berlin erlebt, daß eine große Versammlung sich mit einem Male aufraffen und sich weit über ihre bisherigen Leistungen erheben kann. Tragen Sie dazu bei, daß die Nationalversammlung in ein solches neues Stadium trete und mit Muth und Entschlossenheit ihre Versäumnisse einbringe, ehe auch ihr die Weltgeschichte ein "zu spät" entgegenhält. Auf der vereinigten linken Seite der Nationalversammlung beruht jetzt allein unser Vertrauen und unsere Hoffnung. Sie ist allein der Anker, der die Versammlung noch mit dem festen Volksboden verkettet. Bricht auch dieser Halt, wird die Linke gezwungen, hoffnungslos das Parlament aufzugeben und vereint die Versammlung zu verlassen, alsdann ist das Zeichen gegeben zum zweiten Akte der deutschen Revolution. Wir haben zu Ihnen gesprochen, so lange es noch Zeit war. Alsdann werden wir wie Männer zu handeln wissen. Verehrtester Herr! Es ist die Stimme von Freunden, die Sie hier vernommen haben. Schließen Sie sich an das Volk an, aus dem Sie hervorgegangen sind. Es wird seine Freunde ehren. Dienen Sie der Freiheit, Sie werden Ihren Lohn in sich selbst finden. Wir hoffen, daß es von diesen unsern herzlichen Worten nicht heißen möge. daß wir die Luft erschüttert, weiter nichts gewonnen haben. Mit deutschem Gruß. Belgien. X Lüttich, 14. December. Im Anfange dieses Monats hat sich hier ein demokratisch-sozialer Verein gebildet, der zu großen Hoffnungen berechtigt. Der Kern der Gesellschaft besteht, wie in diesem Lande der Bourgeois nicht anders zu erwarten, aus Arbeitern. Die erste Sitzung war sehr interessant. Der Präsident eröffnete dieselbe mit einer Rede, in der er die Republik als die erste Bedingung zu jedem sozialen Fortschritt schilderte und sodann das angeborne Recht des Menschen auf Arbeit nachwies. Ein Mitglied sprach hierauf über die fraternite und bewies in einer glänzenden Rede, daß die soziale Republik das einzige Mittel sei, um Belgien aus der kritischsten Lage, in der sich jemals ein Land befunden, zu retten. Ein anderes Mitglied gab ein herzzerreißendes Gemälde von dem Elende in Belgien, namentlich in Flandern und prieß gleichfalls die soziale Republik als einziges Abhülfemittel. Endlich sprach noch ein Mitglied sehr bündig über das Recht zu leben, das Recht auf Arbeit und das Recht, als ein Mitglied der menschlichen Gesellschaft behandelt zu werden. "Es steht nicht in der freien Wahl des Menschen -- sprach er -- geboren oder nicht geboren zu werden; seine Geburt begreift das Recht zu leben in sich. Zu dem Alter gelangt, wo er Gebrauch von seinen Kräften machen kann, hat der Arme kein anderes Hülfsmittel, als seine Arme; sein Eigenthum ist seine Arbeit; darf man dem Reichen sein Eigenthum nicht nehmen, wie darf man's dem Armen? Das Recht auf Arbeit entspringt aus der Nothwendigkeit, zu existiren, ein Jeder in seiner Sphäre und nach seinen Mitteln. Dieses Recht nicht anerkennen wollen, ist um so ungerechter, als die Arbeit des Arbeiters die Quelle des Reichthums der Eigenthümer und der Fabrikherrn ist. Diesen Zustand der Dinge verewigen wollen, heißt, für die Arbeiter nur Arbeit ohne Lohn, und für die Reichen nur Lohn ohne Arbeit wollen. Arbeiter, vereinigt euch!" Die Sitzungen dieser Gesellschaft finden jeden Montag in dem Gesellschaftslokal, rue Peronstree Nr. 83 statt. Französische Republik. 12 Paris, 12. Decbr. Louis Napoleon wird Präsident; das ist die allgemeine Stimmung in Paris, und die Wahlen, soweit sie aus einzelnen Ortschaften und Abschätzungen bekannt sind, bestätigen vollkommen dieses Resultat. In gewissen Distrikten des Somme-Departements hat Louis Napoleon fast alle Stimmen; das 18. Regiment in Versailles hat bis auf wenige Mann ganz für ihn gestimmt, und selbst in Paris läßt er an Stimmenzahl Cavaignac weit hinter sich. Gervais, der Polizeipräfekt will allein an dieses Resultat nicht glauben und läßt der Börse ein Bülletin zugehen, worin er von den ungeheuren Chancen seines Freundes und Gönners Cavaignac spricht. Aber die Börse hat in diesen Dingen einen weit richtigern Takt als der ehemalige Arzt und jetzige Polizeipräfekt, sie weigerte sich, das Bulletin an der Börsenhalle anheften zu lassen, weil sie selbst schon die Gewißheit hat von der bevorstehenden Wahl Napoleon's zum Präsidenten. Die Bauern ziehen mit Fahnen und Trommeln in ihren betreffenden Canton und stimmen alle wie ein Mann für den Mann, der ihnen die Steuerlast abnehmen will. Die Soldaten, in der Alternative wo sie gestellt sind, zwischen Cavaignac und Louis Napoleon zu stimmen, geben allgemein Letzterem den Vorzug. Auf einem ungeheuren Karren, mit riesenhaften Ballen beladen, witterte das Volk Stimmzettel für Cavaignac. Auf der Stelle warf die immerwachsende Volksmenge die Ballen vom Karren, öffnete sie, und in einem Nu waren die Boulevards mit diesen Papierschnitzeln wahrhaft beschneit: mit einem Schwefelhölzchen steckte ein Junge diese zündbaren Cavaignac's an; das Feuer theilte sich mit Blitzesschnelle der ganzen Papiermasse mit, und mit Jauchzen sah die umstehende Menge den Cavaignae auf diesem ungeheuren Scheiterhaufen verbrennen. Die Dynastie des Nationals sieht ihren Untergang vor Augen. Der Hohn folgt ihrem Falle; denn schon wird Cavaignac als der Einzige bezeichnet, den Louis Napoleon füglicher Weise zu seinem Vizepräsidenten erwählen könnte. Die Bestürzung im Lager des Nationals ist groß. Cavaignac, der so viel für Frankreich und noch mehr für die honnette Republik gethan hat, muß das Feld räumen vor einem Neulinge. In den Kasematten und Pontons der Marine schmachten 10,000 Republikaner, Arbeiter, Proletarier. Diese 10,000 Proletarier wurzeln ein in die Familien von wenigstens 100,000 andern Proletariern und diese Familien der 100,000 andern Proletarier sind von Wuth entbrannt gegen die Republik die sie gegründet! Für diese handelt es sich zunächst um einen Umsturz, um den Sturz der ehrlichen Bourgeois-Republik, um den Sturz von Cavaignac, Marrast u. Consorten, die, nachdem sie das Proletariat niedergeschmettert und die Männer, welche es vertraten, wie Louis Blanc, Barbes und Raspail verbannt oder verhaftet hatten, nun sich einzuwurzeln suchten in die Rothschild's und Consorten. Der Sturz dieser Republik ist nahe. Die Schlange reckt sich. Die Schlange Napoleon's ist die Riesenschlange, welche ihren Leib über ganz Frankreich ausdehnt, und die nun die Cavaignac'sche in ihren unendlichen Krümmungen umstrickt hält. Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist zunächst die Vernichtung der königlichen Reste und königlichen Pratendenten, es ist die Rache, welche sich jetzt erst vollstreckt an den Bourbons und Orleans. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist die Vernichtung der "honnetten Republik," welche die ganze Nation in die Gränzen des Nationals umstricken wollte. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum; sondern es ist die Vernichtung des Kaiserthums; denn schon regt und wegt sich der lange Schweif: schon zuckt er in furchtbaren Schwingungen bis zu den äußersten Gränzen des ganzen Frankreich's. Die Franzosen sind wieder die alten Franzosen geworden, sie hüpfen, tanzen und springen, aber nicht um den Kaiser; sondern in dem Vorgefühle, in der Luft, aus dem engen Raume herauszutreten, und niederzustürzen alle die feigen Berechnungen bürgerlicher Klugheit und Staatsweisheit. Napoleon, der Name Napoleon, an dessen Deutung sich alle Köpfe zerbrachen, Napoleon der vielgedeutete und niebegriffene, ist nicht das Kaiserthum. Napoleon ist die Vernichtung des Kaiserthums, Napoleon ist die Vernichtung Napoleons, die Vernichtung seiner selbst. Napoleon ist die rothe Republik, die ihren Anfang nimmt in den Pontons der Marine und den verzweifelten Arbeitern, um sich fortzusetzen mit dem abgelösten Schweife der napoleonischen Riesenschlange. 19 Paris, 13. Dez. Gestern Abend zwischen 7 und 8 Uhr begannen auf den Boulevards St. Denis, St. Martin und St. Antoine wieder dieselben Attroupements wie an den vorigen Abenden. Im Faubourg St. Antoine zog ein Trupp mit einer rothen Fahne, unter dem Geschrei: Vive la Republique rouge! durch die Straßen. Um 8 Uhr waren die Boulevards von der Porte St. Denis bis zum Bastillenplatz mit Volksmassen bedeckt, welche die Losungsworte: "Droit au travail! Du pain ou du plomb! ausstießen. Zwei Puppen, die eine Louis-Napoleon, die andere Cavaignac vorstellend, wurden im Triumph herumgetragen und dann im Faubourg verbrannt. Später zog ein Trupp von mehreren Hundert Gamins nach dem Vendome-Platz, wo das Hotel des Prinzen ist, und in die aristocratischen Faubourgs St. Germain und St. Honore, wobei sie nach der Melodie der "Lampions" Cavaignac S'en ira, Cavaignac Ou l' pendra. Auf dem Vendome-Platz, unter der Säule des Kaisers, fand eine kolossale Prügelei zwischen den Freunden des Londoner Constablers und den republikanischen Polizisten, den "Tyroliens" statt, wie sie das Volk nach ihren spitzen Freischäler-Hüten nennt. Auch in den Gallerien des Palais-Royal zeigten sich starke, drohende Gruppen; Patrouillen von Mobilen wurden zu ihrer Vertreibung beordert und die Bourgeois schlossen ihre Läden. Sämmtliche Clubs waren geschlossen. Ueber die Stimmung der Mobilen giebt folgender Brief Aufschluß, den ein Sergeant des 15. Bataillons derselben an die Redaktion des "Peuple" richtet. "Bürger Redakteur! Nach einem Kampf, den wir nicht provozirt haben, sind wir ein Gegenstand des Hasses der Parteien geworden, die sich gegen uns schlugen. Wir glaubten unsere Pflicht zu thun, wenn wir die Republik vertheidigten, für welche wir im Februar die Barrikaden errichtet hatten. Wir werden sie auch ferner mit derselben Energie vertheidigen, wenn Ränkemacher und Trabanten der Könige es wagen sollten, einen Thron wieder aufzurichten, den wir unter den Ruf: "Es lebe die Republik!" verbrannt haben. Konnten wir im Juni anders handeln, da man uns versicherte, daß sich die Barrikaden nur im Ramen und durch das Geld der uns blutig verhaßten Prätendenten erhoben? Als freie Republikaner beklagen wir den Irrthum, der das Blut von Republikanern vergießen ließ.... Mögen sich die Demokraten nicht über uns täuschen: wir sind Niemandes prätorianische Leibgarden, sondern nur die Soldaten der Zukunft, und wir werden mit Aufopferung unseres Lebens jedem monarchischen Attentat zu begegnen wissen!" In den Wahlen scheint, wie nach dem gestern Abend bekannt gewordenen Stimmenverhältniß fast alle Morgenblätter zugestehen, Louis Napoleon die absolute Majorität über alle Concurrenten davon getragen zu haben. Der "Prinz" soll bereits Hrn. Pages zum Vize-Präsidenten designirt haben. Wie ein rothes Blatt dazu bemerkt, wäre dies ein Beweis von Dankbarkeit, denn Hr. Garnier-Pages hat als Erfinder der 45 Centimen-Steuer nicht wenig dazu beigetragen, die Bauern gegen die Republik einzunehmen. Was Hr. Ledru-Rollin und Raspail betrifft, so haben sich die Stimmen wider Erwarten getheilt; am ersten Tage der Wahl der Zeit; dann eile ich zu Euch und stelle mich in die ersten Reihen der Kämpfer und helfe Euch den einfarbigen Banner der goldenen Freiheit aufpflanzen. Lebt wohl deutsche Brüder und denkt an den 18. März. F. Feenburg, Studiosus. 14 Darmstadt, 11. Dez. Die Centralgewalt schießt nicht allein Böcke in Frankfurt, sie schießt auch Schweine und Schnepfen in unserer nächsten Umgebung. Der Mann, den die Tyroler Hans nennen, besucht sehr häufig unsern Großherzog; in seinem Gefolge sieht man Bediente in schwarz-gelber Livree. Was die häufigen Besuche am hiesigen Hofe betrifft, so bringt man diese hier mit den in neuester Zeit so vielfach auftauchenden Gerüchten von süddeutschen, antipreußischen Intriguen in Verbindung, welche bald ein permanentes, aus Oestreich, Preußen und Baiern (denn Baiern ist die Seele dieses Getriebes) bestehendes Direktorium, bald die fortdauernde Reichsverweserschaft des österreichischen Erzherzogs, bald nichts Geringeres als eine neue Auflage des alten Rheinbundes zum Zwecke haben sollen. 34 Darmstadt, 12. Dez. Die Demokratisirung unseres Militärs macht gute Fortschritte, bei der Wühlerei unseres Ministeriums ist das aber auch kaum anders möglich. Längst hat man die Soldaten unzufrieden gemacht durch Verweigerung der Kriegszulage für die badischen Feldzüge — nur die Tapferkeit der Offiziere fand die gebührende Anerkennung — durch ungleiche Einquartirung, durch das viele Herumjagen im Dienste der Reichspolizeigewalt, wodurch besonders die Unteroffiziere die oft sehr bedeutenden Nebenverdienste in ihrem Garnisonorte verlieren, und endlich durch ihre Verwendung als Polizeibüttel gegen Leute, die sich keines andern Verbrechens schuldig gemacht haben, als daß sie mit den Ansichten der Regierung nicht einverstanden sind. Der Kriegsminister, Graf Lehrbach, hatte aber doch immer noch eine gewisse Popularität bei ihnen behalten, seine Zustimmung zu einem Antrage des „vaterländischen Vereins“ in Bezug auf das preußische Militär und der dadurch veranlaßte Streit mit dem Chef der Kamarilla hatten ihm sogar ein Ständchen des verrufenen 2. Regiments eingetragen; er beeilt sich, sich dieser Popularität zu entkleiden. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer verlangte der Auditeur Hoffmann „im Namen des Kriegsministeriums die Ermächtigung, auch in Friedenszeiten für die hessischen Truppen das Standrecht eintreten lassen zu können. Jeder Anführer einer Abtheilung soll nach dieser Vorlage das Recht haben, das Standrecht auf vier Wochen zu proklamiren, und nach Ablauf dieser Frist zu verlängern! d. h. also in infinitum zu proklamiren. Als Gründe für die ungeheuerlichen Maßregeln werden die Vorfälle vom 26. Nov. — einige Katzenmusiken und Ständchen, ein Sturm auf die inzwischen verschlossene Kaserne und die Befreiung eines Gefangenen: Akteure die Soldaten des 2. Regiments — und „die verbrecherischen Bestrebungen einer wühlerischen Partei“ angeführt. Das Militär ist unser einziges konzentrirtes Proletariat, seine Demokratisirung daher für uns von noch größerer Wichtigkeit als bei Ihnen. Mainz, 12. Dezember. Die gestrige elfte Sitzung des rheinhessischen Bezirksraths ließ in hohem Grade die Wichtigkeit dieses neuen Instituts erscheinen. Schon in einer der ersten Sitzungen hatte ein Mitglied des Bezirksraths, Dr. Wittmann, den Antrag auf „Entfernung des jetzigen Dirigenten der rhein-hessischen Regierungs-Kommission, Freiherrn von Dalwigk, von seiner Stelle, da er das Vertrauen der Provinz nicht besitze“, gestellt, und dieser Antrag wurde gestern vor einem zahlreichen Publikum, das sich auf dem engen Zuhörer-Raum zusammen gedrängt hatte, verhandelt und einstimmig angenommen. Obgleich der Präsident, Dr. Zitz, mehrmals die Zuhörer zur Ruhe ermahnt und ihnen jede laute Beifallsbezeugung verwiesen hatte, so war das Resultat der Abstimmung doch Allen so aus der Seele gesprochen, daß ein stürmischer Zuruf erfolgt. (Fr. J.) * Eßlingen. Adresse an einen Reichstagsabgeordneten. Der vaterländische Verein von Eßlingen erließ folgende Adresse an den Reichstags-Abgeordneten Wurm: „Verehrter Herr! Die Zeit ist gekommen, wo es die Pflicht des Volkes wird, seine Stimme wiederum zu erheben, um denen gegenüber, welche seine Angelegenheiten ordnen und leiten, seinen Willen freimüthig und entschieden in Erinnerung zu bringen, damit nach diesem und keinem andern Willen gehandelt werde. Eingedenk dieser Pflicht geben wir Ihnen, unserm Vertreter, ein Zeugniß von der Stimmung und Ansicht, die in unserm Kreise herrscht. Wir halten uns dabei nach bestem Wissen von jeder Uebertreibung und Einseitigkeit frei. Dies vorausgeschickt, müssen wir Ihnen erklären, daß nicht nur in unserem kleinen Vereine, sondern in der ganzen Gegend, die wir zu überschauen vermögen, eine tiefgehende Mißstimmung gegen die Nationalversammlung verbreitet ist, die über kurz oder lang zum Uebel führen wird. Wir haben seiner Zeit — Sie selbst sind Zeuge — die Nationalversammlung mit ehrlichem Vertrauen begrüßt. Ihr Beginn war uns der Aufgang eines neuen segenbringenden Gestirns und unsere Augen hingen glaubensvoll an seinem Gange. Aber wir sagen es mit Schmerz, es wird Nacht vor unsern Augen und wir fragen uns, ob das ein Blendwerk war, was ein Gestirn schien? Es ist ein böser Thau über unsere Saaten gegangen und die treuesten Freunde des Vaterlandes senken ihr Haupt. Die Nationalversammlung hat die Aufgabe, den Grund einer wahrhaften Einheit im Vaterlande zu legen und dem Volke die Einrichtungen und Sicherungsmittel einer würdigen Freiheit zu geben. Wir waren Mann für Mann bereit, für diesen Zweck die schwersten Opfer zu bringen. Wir nehmen Sie selbst zum Zeugen dieser Stimmung und erinnern Sie darin, daß unser Land bis jetzt jeder Reichspflicht vollkommen und ohne Widerrede nachgekommen ist. Betrachten wir aber den Gang, den die Nationalversammlung genommen hat, so müssen wir es aussprechen: Es fehlt ihr an innerer Kraft, ihre Aufgabe zu erfüllen. Wir haben keine Hoffnung, daß sie die deutsche Einheit und die deutsche Freiheit schaffen werde, wenn sie auf dem betretenen Wege bleibt. Wir sind der Ansicht, daß durch diese Versammlung Unwiderbringliches versäumt und Unverantwortliches gethan ist. Sagen Sie nicht, wir hätten überspannte Erwartungen gehegt. Wir erwarteten das, was auch Sie sich versprachen, als Sie hier zu uns redeten. Sagen Sie uns nicht, wir seien zu ungeduldig und wollten schon jetzt, was die Zukunft erst bringe. Die Ungeduld ist auch bei uns ausgebrochen und die Gefängnisse unseres Staates sind überfüllt mit solchen Ungeduldigen. Wir haben Andere gezügelt und haben selbst Maaß gehalten. Sprechen Sie uns nicht von den Schwierigkeiten, die sich der Nationalversammlung in den Weg stellen. Wir waren auf dieselben vorbereitet. Sie selbst und andere Männer unter uns haben es stets für ihre Pflicht gehalten, auf dieselben aufmerksam zu machen. Wir glauben, daß deren täglich neue entstehen, weil es der Versammlung an Entschiedenheit fehlt, sie tüchtig anzufassen. Hätte dieselbe sich muthig an den Volksgeist angeschlossen, sie hätte wie jener Titan aus der Berührung seiner Mutter, der Erde, immer neue Kräfte zur Besiegung aller Schwierigleiten geschöpft. Trösten Sie uns nicht mit dem Verfassungswerke, das seiner Vollendung mehr und mehr entgegen gehe. Wir fürchten, von dieser Versammlung werde den Deutschen keine lebensfähige Form der Einheit gegeben werden. Wenn endlich diese Verfassung fertig sein wird, wird sie vielleicht keine Parthei mehr annehmen und gebrauchen wollen Und selbst wenn trotz aller Verkümmerungen noch eine gute Verfassung zu Stande kommt, so wird bis dahin unter den Augen der Nationalversammlung die Macht der Fürsten wieder so erstarkt sein, daß die Verfassung nicht zur segensreichen Uebung kommen wird. Ein großer Theil der Deutschen hat zu lange unter Verfassungen gelebt, die nicht gehalten wurden, als daß er das nicht fürchten müßte. Als die Nationalversammlung an die Spitze der provisorischen Centralgewalt einen unverantwortlichen Fürsten setzte, da begann der Zweifel, ob diese Versammlung ihrer Aufgabe gewachsen sei. Viele Herzen wandten sich schon damals von ihr entschieden ab. Wir getrösteten uns, weil damit endlich ein sichtbarer und thatsächlicher Beginn der Einheit gemacht war. Seitdem erfolgte eine Anzahl Beschlüsse, welche mehr und mehr in das System des alten Bundestags einlenkten. Das Mißtrauen wuchs. Die Genehmigung des Vertrages von Malmö brachte die Versammlung mit dem Volke in entschiedenen Widerspruch. Das junge Ehrgefühl der neu belebten Nation ward verletzt, und die Versammlung verlor die Sympathie des Volkes, wir fürchten für immer. Es erfolgte die Erhebung des Volkes von Wien, um ein Netz zu zerreißen, das eine freiheitsfeindliche, undeutsche Aristokratie mit der Camarilla gesponnen hatte, um einen Volksstamm durch den andern zu unterjochen. Es war viele Unklarheit in dieser Bewegung und unreine Elemente mischten sich ein. Aber doch war es ein richtiger Instinkt, der die Massen zur Erhebung leitete. Es gab keine lohnendere Aufgabe für die Centralgewalt, als in dieses Chaos ein klares und reines deutsches Element zu bringen. Den natürlichen Anknüpfungspunkt bot der österreichische Reichstag. Ein Mann wie geschaffen zum Erlöser aus allen diesen Wirren steht an der Spitze der Centralgewalt. Eine Gelegenheit, wie sie so bald nicht wiederkehren wird, war vorhanden, Oesterreich zu retten und dadurch an Deutschland zu bringen. Dazu bedurfte es Energie. Davon aber sahen wir das Gegentheil: Eine verunglückte Sendung von Reichskommissären mit einer dürftigen Instruktion und halbe verspätete Maßregeln der Nationalversammlung. Oesterreich ist dadurch auf lange für Deutschland verloren. Oesterreich, ein deutsches Land, verlor nicht allein seine Freiheit, auch seine Civilisation ist barbarisch geschändet. Selbst die Gräuel von Wien, selbst die schauderhafte That, welche an einem Volksvertreter durch soldatische Willkür verübt worden ist, vermögen die Nationalversammlung nicht von dem Abgrund zurückzureißen, dem sie sich auf dem betretenen Pfade naht. Sie sollte der Ausdruck werden der ganzen Macht des verjüngten Deutschlands, und sie ward der Ausdruck der ganzen Unmacht Deutschlands, wie es war vor dem März dieses Jahres. Im mächtigen Staate Deutschland, in Preußen, beginnt auf das Zeichen vom Falle Wiens die Contre-Revolution Mit unerhörter Frechheit tritt die Reaktion alle Freiheiten des Landes, Ordnung und Gesetz vor sich nieder und schwingt den Säbel der Willkür über der Hauptstadt, weil deren Pöbel einzelnen Mißbrauch mit der neuen Freiheit getrieben. Die Vertreter des preußischen Volks ermannen sich und thun ihre Schuldigkeit mit einer Würde, welche ganz Deutschland mit Bewunderung erfüllt. Von der Brutalität auf jede Weise gekränkt, von der rohen Gewalt aufs Aeußerste getrieben, greifen sie zum Letzten, was das Recht den Vertretern eines Volkes in allen freien Ländern erlaubt, sie verweigern den hochverrätherischen Ministern die Steuer. Zum erstenmale hat die Nationalversammlung Gelegenheit, das abgesonderte und auf seines Staates Bestand eifersüchtige Volk in Preußen das Bestehen einer höheren Reichsgewalt fühlen zu lassen und durch die Beschutzung seiner Freiheit und seiner Vertreter für immer mit dieser neuen Gewalt zu versöhnen und mit Deutschland zu verbinden. Das Recht und die Staatsklugheit fordern gleich dringend eine Entscheidung zu Gunsten des preußischen Volkes. Die Nationalversammlung faßt den einseitigen und ungerechten Beschluß, wodurch die Steuerverweigerung der preußischen Volksvertreter für null und nichtig erklärt wird, ohne daß sie Gleiches ausspricht über die Willkürlichkeiten, welche von Seiten der Krone verübt sind. Könnte Preußen je für Deutschland verloren gehen, so wäre nun auch dieses dahin. Diese Nichtigkeits-Erklärung fühlen wir im Süden so tief, als unsere Brüder in Preußen, wenn sie uns auch nicht unmittelbar trifft. Die Steuerverweigerung ist bei uns keine Märzerrungenschaft, sie ist ein altes Recht unserer Verfassung. In den trübsten Zeiten, die hinter uns liegen, betrachtete sie bei uns das Volk stets als seinen letzten Hort, als das Kleinod seiner Rechte. Und nun ist auch dieses heilige Nothrecht der Völker durch die Nationalversammlung umgestürzt, durch dieselbe Versammlung, die bestimmt war, uns neue, lange vorenthaltene Freiheiten zu gewähren. Was sollen wir von dieser Versammlung noch erwarten? Verehrter Herr! Was wir Ihnen hier gesagt, es ist der treue Ausdruck der hier und allenthalben in unserem Lande ausgesprochenen Gesinnung. Wir konnen es nicht so gut wie Sie ermitteln, wie weit diese Stimmung in Deutschland verbreitet ist, aber das wissen Sie von uns, daß es uns aufrichtig und redlich um das Wohl des Vaterlandes zu thun ist, und daß u[unleserliches Material]er Ihren Wählern gemäßigte Ansichten und Bestrebungen stets die vorber[unleserliches Material]schenden waren. Auch von Ihnen sind wir überzeugt, daß Sie bei Ihrem Verhalten in der Nationalversammlung stets das Wohl des Vaterlandes im Auge haben und ihm dadurch zu dienen meinen. Daher versuchen wir es uns mit Ihnen zu verständigen. Eine Hauptursache, weshalb die Nationalversammlung in ihre jetzige beklagenswerthe Richtung gekommen ist, scheint uns, daß ein großer Theil ihrer Mitglieder auf die gegebenen Schwierigkeiten und auf etwaige dem neu zu schaffenden Gebäude drohende Gefahren zu große Rücksicht genommen und sich dadurch die klare Offenheit der Anschauung und den kecken Muth des Schaffens hat rauben lassen. Es sind ihrer zu viele in der Nationalversammlung, welche sich einbilden Staatsmänner sein zu müssen, während sie eitle Pfuscher in der Staatskunst sind, engbrüstige Stubengelehrte, die den frischen Athem der Revolution nicht ertragen können. Die Versammlung aber folgt zu viel den Rathschlägen solcher Stimmen. Das Ministerium, welches den Reichsverweser umgiebt, ist wesentlich noch dasselbe, welches sich mit dem Vertrage von Malmö identifizirte. Dieses Ministerium, hat alles Vertrauen im Volke verloren und das Gefühl der Nation mehr als einmal verletzt. Wir halten es daher für einen großen Fehler, wenn aus Klugheitsgründen und Rücksichten ein solches Ministerium gestützt und getragen wird. So lange es an der Spitze der Centralgewalt steht, ist kein Heil für Deutschland zu hoffen, dies ist unsere feste Ueberzeugung. Es ist einer großen Nation nicht würdig, ihre Angelegenheiten in den Händen eines Mannes zu sehen, der mit einem Alltagsspruche über den Mord eines Volksvertreters wegschlüpft. Wir bitten Sie, verwenden Sie Ihren Einfluß bei Ihren Freunden dahin, daß dem Ministerium Schmerling jede parlamentarische Unterstützung entzogen werde. Uebergeben Sie der Auflösung, was des eigenen zeugenden Lebens nicht fähig und des Erhaltens nicht werth ist. Dies soll dem Volke ein Pfand sein, daß die Versammlung seiner Vertreter sich zum Besseren wende. Wir haben es in Berlin erlebt, daß eine große Versammlung sich mit einem Male aufraffen und sich weit über ihre bisherigen Leistungen erheben kann. Tragen Sie dazu bei, daß die Nationalversammlung in ein solches neues Stadium trete und mit Muth und Entschlossenheit ihre Versäumnisse einbringe, ehe auch ihr die Weltgeschichte ein „zu spät“ entgegenhält. Auf der vereinigten linken Seite der Nationalversammlung beruht jetzt allein unser Vertrauen und unsere Hoffnung. Sie ist allein der Anker, der die Versammlung noch mit dem festen Volksboden verkettet. Bricht auch dieser Halt, wird die Linke gezwungen, hoffnungslos das Parlament aufzugeben und vereint die Versammlung zu verlassen, alsdann ist das Zeichen gegeben zum zweiten Akte der deutschen Revolution. Wir haben zu Ihnen gesprochen, so lange es noch Zeit war. Alsdann werden wir wie Männer zu handeln wissen. Verehrtester Herr! Es ist die Stimme von Freunden, die Sie hier vernommen haben. Schließen Sie sich an das Volk an, aus dem Sie hervorgegangen sind. Es wird seine Freunde ehren. Dienen Sie der Freiheit, Sie werden Ihren Lohn in sich selbst finden. Wir hoffen, daß es von diesen unsern herzlichen Worten nicht heißen möge. daß wir die Luft erschüttert, weiter nichts gewonnen haben. Mit deutschem Gruß. Belgien. X Lüttich, 14. December. Im Anfange dieses Monats hat sich hier ein demokratisch-sozialer Verein gebildet, der zu großen Hoffnungen berechtigt. Der Kern der Gesellschaft besteht, wie in diesem Lande der Bourgeois nicht anders zu erwarten, aus Arbeitern. Die erste Sitzung war sehr interessant. Der Präsident eröffnete dieselbe mit einer Rede, in der er die Republik als die erste Bedingung zu jedem sozialen Fortschritt schilderte und sodann das angeborne Recht des Menschen auf Arbeit nachwies. Ein Mitglied sprach hierauf über die fraternité und bewies in einer glänzenden Rede, daß die soziale Republik das einzige Mittel sei, um Belgien aus der kritischsten Lage, in der sich jemals ein Land befunden, zu retten. Ein anderes Mitglied gab ein herzzerreißendes Gemälde von dem Elende in Belgien, namentlich in Flandern und prieß gleichfalls die soziale Republik als einziges Abhülfemittel. Endlich sprach noch ein Mitglied sehr bündig über das Recht zu leben, das Recht auf Arbeit und das Recht, als ein Mitglied der menschlichen Gesellschaft behandelt zu werden. „Es steht nicht in der freien Wahl des Menschen — sprach er — geboren oder nicht geboren zu werden; seine Geburt begreift das Recht zu leben in sich. Zu dem Alter gelangt, wo er Gebrauch von seinen Kräften machen kann, hat der Arme kein anderes Hülfsmittel, als seine Arme; sein Eigenthum ist seine Arbeit; darf man dem Reichen sein Eigenthum nicht nehmen, wie darf man's dem Armen? Das Recht auf Arbeit entspringt aus der Nothwendigkeit, zu existiren, ein Jeder in seiner Sphäre und nach seinen Mitteln. Dieses Recht nicht anerkennen wollen, ist um so ungerechter, als die Arbeit des Arbeiters die Quelle des Reichthums der Eigenthümer und der Fabrikherrn ist. Diesen Zustand der Dinge verewigen wollen, heißt, für die Arbeiter nur Arbeit ohne Lohn, und für die Reichen nur Lohn ohne Arbeit wollen. Arbeiter, vereinigt euch!“ Die Sitzungen dieser Gesellschaft finden jeden Montag in dem Gesellschaftslokal, rue Peronstréé Nr. 83 statt. Französische Republik. 12 Paris, 12. Decbr. Louis Napoleon wird Präsident; das ist die allgemeine Stimmung in Paris, und die Wahlen, soweit sie aus einzelnen Ortschaften und Abschätzungen bekannt sind, bestätigen vollkommen dieses Resultat. In gewissen Distrikten des Somme-Departements hat Louis Napoleon fast alle Stimmen; das 18. Regiment in Versailles hat bis auf wenige Mann ganz für ihn gestimmt, und selbst in Paris läßt er an Stimmenzahl Cavaignac weit hinter sich. Gervais, der Polizeipräfekt will allein an dieses Resultat nicht glauben und läßt der Börse ein Bülletin zugehen, worin er von den ungeheuren Chancen seines Freundes und Gönners Cavaignac spricht. Aber die Börse hat in diesen Dingen einen weit richtigern Takt als der ehemalige Arzt und jetzige Polizeipräfekt, sie weigerte sich, das Bulletin an der Börsenhalle anheften zu lassen, weil sie selbst schon die Gewißheit hat von der bevorstehenden Wahl Napoleon's zum Präsidenten. Die Bauern ziehen mit Fahnen und Trommeln in ihren betreffenden Canton und stimmen alle wie ein Mann für den Mann, der ihnen die Steuerlast abnehmen will. Die Soldaten, in der Alternative wo sie gestellt sind, zwischen Cavaignac und Louis Napoleon zu stimmen, geben allgemein Letzterem den Vorzug. Auf einem ungeheuren Karren, mit riesenhaften Ballen beladen, witterte das Volk Stimmzettel für Cavaignac. Auf der Stelle warf die immerwachsende Volksmenge die Ballen vom Karren, öffnete sie, und in einem Nu waren die Boulevards mit diesen Papierschnitzeln wahrhaft beschneit: mit einem Schwefelhölzchen steckte ein Junge diese zündbaren Cavaignac's an; das Feuer theilte sich mit Blitzesschnelle der ganzen Papiermasse mit, und mit Jauchzen sah die umstehende Menge den Cavaignae auf diesem ungeheuren Scheiterhaufen verbrennen. Die Dynastie des Nationals sieht ihren Untergang vor Augen. Der Hohn folgt ihrem Falle; denn schon wird Cavaignac als der Einzige bezeichnet, den Louis Napoleon füglicher Weise zu seinem Vizepräsidenten erwählen könnte. Die Bestürzung im Lager des Nationals ist groß. Cavaignac, der so viel für Frankreich und noch mehr für die honnette Republik gethan hat, muß das Feld räumen vor einem Neulinge. In den Kasematten und Pontons der Marine schmachten 10,000 Republikaner, Arbeiter, Proletarier. Diese 10,000 Proletarier wurzeln ein in die Familien von wenigstens 100,000 andern Proletariern und diese Familien der 100,000 andern Proletarier sind von Wuth entbrannt gegen die Republik die sie gegründet! Für diese handelt es sich zunächst um einen Umsturz, um den Sturz der ehrlichen Bourgeois-Republik, um den Sturz von Cavaignac, Marrast u. Consorten, die, nachdem sie das Proletariat niedergeschmettert und die Männer, welche es vertraten, wie Louis Blanc, Barbés und Raspail verbannt oder verhaftet hatten, nun sich einzuwurzeln suchten in die Rothschild's und Consorten. Der Sturz dieser Republik ist nahe. Die Schlange reckt sich. Die Schlange Napoleon's ist die Riesenschlange, welche ihren Leib über ganz Frankreich ausdehnt, und die nun die Cavaignac'sche in ihren unendlichen Krümmungen umstrickt hält. Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist zunächst die Vernichtung der königlichen Reste und königlichen Pratendenten, es ist die Rache, welche sich jetzt erst vollstreckt an den Bourbons und Orleans. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist die Vernichtung der „honnetten Republik,“ welche die ganze Nation in die Gränzen des Nationals umstricken wollte. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum; sondern es ist die Vernichtung des Kaiserthums; denn schon regt und wegt sich der lange Schweif: schon zuckt er in furchtbaren Schwingungen bis zu den äußersten Gränzen des ganzen Frankreich's. Die Franzosen sind wieder die alten Franzosen geworden, sie hüpfen, tanzen und springen, aber nicht um den Kaiser; sondern in dem Vorgefühle, in der Luft, aus dem engen Raume herauszutreten, und niederzustürzen alle die feigen Berechnungen bürgerlicher Klugheit und Staatsweisheit. Napoleon, der Name Napoleon, an dessen Deutung sich alle Köpfe zerbrachen, Napoleon der vielgedeutete und niebegriffene, ist nicht das Kaiserthum. Napoleon ist die Vernichtung des Kaiserthums, Napoleon ist die Vernichtung Napoleons, die Vernichtung seiner selbst. Napoleon ist die rothe Republik, die ihren Anfang nimmt in den Pontons der Marine und den verzweifelten Arbeitern, um sich fortzusetzen mit dem abgelösten Schweife der napoleonischen Riesenschlange. 19 Paris, 13. Dez. Gestern Abend zwischen 7 und 8 Uhr begannen auf den Boulevards St. Denis, St. Martin und St. Antoine wieder dieselben Attroupements wie an den vorigen Abenden. Im Faubourg St. Antoine zog ein Trupp mit einer rothen Fahne, unter dem Geschrei: Vive la Republique rouge! durch die Straßen. Um 8 Uhr waren die Boulevards von der Porte St. Denis bis zum Bastillenplatz mit Volksmassen bedeckt, welche die Losungsworte: „Droit au travail! Du pain ou du plomb! ausstießen. Zwei Puppen, die eine Louis-Napoleon, die andere Cavaignac vorstellend, wurden im Triumph herumgetragen und dann im Faubourg verbrannt. Später zog ein Trupp von mehreren Hundert Gamins nach dem Vendome-Platz, wo das Hotel des Prinzen ist, und in die aristocratischen Faubourgs St. Germain und St. Honoré, wobei sie nach der Melodie der „Lampions“ Cavaignac S'en ira, Cavaignac Ou l' pendra. Auf dem Vendome-Platz, unter der Säule des Kaisers, fand eine kolossale Prügelei zwischen den Freunden des Londoner Constablers und den republikanischen Polizisten, den „Tyroliens“ statt, wie sie das Volk nach ihren spitzen Freischäler-Hüten nennt. Auch in den Gallerien des Palais-Royal zeigten sich starke, drohende Gruppen; Patrouillen von Mobilen wurden zu ihrer Vertreibung beordert und die Bourgeois schlossen ihre Läden. Sämmtliche Clubs waren geschlossen. Ueber die Stimmung der Mobilen giebt folgender Brief Aufschluß, den ein Sergeant des 15. Bataillons derselben an die Redaktion des „Peuple“ richtet. „Bürger Redakteur! Nach einem Kampf, den wir nicht provozirt haben, sind wir ein Gegenstand des Hasses der Parteien geworden, die sich gegen uns schlugen. Wir glaubten unsere Pflicht zu thun, wenn wir die Republik vertheidigten, für welche wir im Februar die Barrikaden errichtet hatten. Wir werden sie auch ferner mit derselben Energie vertheidigen, wenn Ränkemacher und Trabanten der Könige es wagen sollten, einen Thron wieder aufzurichten, den wir unter den Ruf: „Es lebe die Republik!“ verbrannt haben. Konnten wir im Juni anders handeln, da man uns versicherte, daß sich die Barrikaden nur im Ramen und durch das Geld der uns blutig verhaßten Prätendenten erhoben? Als freie Republikaner beklagen wir den Irrthum, der das Blut von Republikanern vergießen ließ‥‥ Mögen sich die Demokraten nicht über uns täuschen: wir sind Niemandes prätorianische Leibgarden, sondern nur die Soldaten der Zukunft, und wir werden mit Aufopferung unseres Lebens jedem monarchischen Attentat zu begegnen wissen!“ In den Wahlen scheint, wie nach dem gestern Abend bekannt gewordenen Stimmenverhältniß fast alle Morgenblätter zugestehen, Louis Napoleon die absolute Majorität über alle Concurrenten davon getragen zu haben. Der „Prinz“ soll bereits Hrn. Pagés zum Vize-Präsidenten designirt haben. Wie ein rothes Blatt dazu bemerkt, wäre dies ein Beweis von Dankbarkeit, denn Hr. Garnier-Pagés hat als Erfinder der 45 Centimen-Steuer nicht wenig dazu beigetragen, die Bauern gegen die Republik einzunehmen. Was Hr. Ledru-Rollin und Raspail betrifft, so haben sich die Stimmen wider Erwarten getheilt; am ersten Tage der Wahl <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar170_013" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0915"/> der Zeit; dann eile ich zu Euch und stelle mich in die ersten Reihen der Kämpfer und helfe Euch den einfarbigen Banner der goldenen Freiheit aufpflanzen.</p> <p>Lebt wohl deutsche Brüder und denkt an den 18. März.</p> <p>F. <hi rendition="#g">Feenburg,</hi> Studiosus.</p> </div> <div xml:id="ar170_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Darmstadt, 11. Dez.</head> <p>Die Centralgewalt schießt nicht allein Böcke in Frankfurt, sie schießt auch Schweine und Schnepfen in unserer nächsten Umgebung. Der Mann, den die Tyroler Hans nennen, besucht sehr häufig unsern Großherzog; in seinem Gefolge sieht man Bediente in schwarz-gelber Livree. Was die häufigen Besuche am hiesigen Hofe betrifft, so bringt man diese hier mit den in neuester Zeit so vielfach auftauchenden Gerüchten von süddeutschen, antipreußischen Intriguen in Verbindung, welche bald ein permanentes, aus Oestreich, Preußen und Baiern (denn Baiern ist die Seele dieses Getriebes) bestehendes Direktorium, bald die fortdauernde Reichsverweserschaft des österreichischen Erzherzogs, bald nichts Geringeres als eine neue Auflage des alten Rheinbundes zum Zwecke haben sollen.</p> </div> <div xml:id="ar170_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>34</author></bibl> Darmstadt, 12. Dez.</head> <p>Die Demokratisirung unseres Militärs macht gute Fortschritte, bei der Wühlerei unseres Ministeriums ist das aber auch kaum anders möglich. Längst hat man die Soldaten unzufrieden gemacht durch Verweigerung der Kriegszulage für die badischen Feldzüge — nur die Tapferkeit der Offiziere fand die gebührende Anerkennung — durch ungleiche Einquartirung, durch das viele Herumjagen im Dienste der Reichspolizeigewalt, wodurch besonders die Unteroffiziere die oft sehr bedeutenden Nebenverdienste in ihrem Garnisonorte verlieren, und endlich durch ihre Verwendung als Polizeibüttel gegen Leute, die sich keines andern Verbrechens schuldig gemacht haben, als daß sie mit den Ansichten der Regierung nicht einverstanden sind. Der Kriegsminister, Graf Lehrbach, hatte aber doch immer noch eine gewisse Popularität bei ihnen behalten, seine Zustimmung zu einem Antrage des „vaterländischen Vereins“ in Bezug auf das preußische Militär und der dadurch veranlaßte Streit mit dem Chef der Kamarilla hatten ihm sogar ein Ständchen des verrufenen 2. Regiments eingetragen; er beeilt sich, sich dieser Popularität zu entkleiden. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer verlangte der Auditeur Hoffmann „im Namen des Kriegsministeriums die Ermächtigung, auch in Friedenszeiten für die hessischen Truppen das Standrecht eintreten lassen zu können. Jeder Anführer einer Abtheilung soll nach dieser Vorlage das Recht haben, das Standrecht auf vier Wochen zu proklamiren, und nach Ablauf dieser Frist zu verlängern! d. h. also in infinitum zu proklamiren. Als Gründe für die ungeheuerlichen Maßregeln werden die Vorfälle vom 26. Nov. — einige Katzenmusiken und Ständchen, ein Sturm auf die inzwischen verschlossene Kaserne und die Befreiung eines Gefangenen: Akteure die Soldaten des 2. Regiments — und „die verbrecherischen Bestrebungen einer wühlerischen Partei“ angeführt.</p> <p>Das Militär ist unser einziges konzentrirtes Proletariat, seine Demokratisirung daher für uns von noch größerer Wichtigkeit als bei Ihnen.</p> </div> <div xml:id="ar170_016" type="jArticle"> <head>Mainz, 12. Dezember.</head> <p>Die gestrige elfte Sitzung des rheinhessischen Bezirksraths ließ in hohem Grade die Wichtigkeit dieses neuen Instituts erscheinen. Schon in einer der ersten Sitzungen hatte ein Mitglied des Bezirksraths, Dr. Wittmann, den Antrag auf „Entfernung des jetzigen Dirigenten der rhein-hessischen Regierungs-Kommission, Freiherrn von Dalwigk, von seiner Stelle, da er das Vertrauen der Provinz nicht besitze“, gestellt, und dieser Antrag wurde gestern vor einem zahlreichen Publikum, das sich auf dem engen Zuhörer-Raum zusammen gedrängt hatte, verhandelt und einstimmig angenommen. Obgleich der Präsident, Dr. Zitz, mehrmals die Zuhörer zur Ruhe ermahnt und ihnen jede laute Beifallsbezeugung verwiesen hatte, so war das Resultat der Abstimmung doch Allen so aus der Seele gesprochen, daß ein stürmischer Zuruf erfolgt.</p> <bibl>(Fr. J.)</bibl> </div> <div xml:id="ar170_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Eßlingen.</head> <p>Adresse an einen Reichstagsabgeordneten.</p> <p>Der vaterländische Verein von Eßlingen erließ folgende Adresse an den Reichstags-Abgeordneten <hi rendition="#g">Wurm:</hi> „Verehrter Herr! Die Zeit ist gekommen, wo es die Pflicht des Volkes wird, seine Stimme wiederum zu erheben, um denen gegenüber, welche seine Angelegenheiten ordnen und leiten, seinen Willen freimüthig und entschieden in Erinnerung zu bringen, damit nach diesem und keinem andern Willen gehandelt werde. Eingedenk dieser Pflicht geben wir Ihnen, unserm Vertreter, ein Zeugniß von der Stimmung und Ansicht, die in unserm Kreise herrscht. Wir halten uns <choice><sic>dadei</sic><corr>dabei</corr></choice> nach bestem Wissen von jeder Uebertreibung und Einseitigkeit frei. Dies vorausgeschickt, müssen wir Ihnen erklären, daß nicht nur in unserem kleinen Vereine, sondern in der ganzen Gegend, die wir zu überschauen vermögen, eine tiefgehende Mißstimmung gegen die Nationalversammlung verbreitet ist, die über kurz oder lang zum Uebel führen wird. Wir haben seiner Zeit — Sie selbst sind Zeuge — die Nationalversammlung mit ehrlichem Vertrauen begrüßt. Ihr Beginn war uns der Aufgang eines neuen segenbringenden Gestirns und unsere Augen hingen glaubensvoll an seinem Gange. Aber wir sagen es mit Schmerz, es wird Nacht vor unsern Augen und wir fragen uns, ob das ein Blendwerk war, was ein Gestirn schien? Es ist ein böser Thau über unsere Saaten gegangen und die treuesten Freunde des Vaterlandes senken ihr Haupt.</p> <p>Die Nationalversammlung hat die Aufgabe, den Grund einer wahrhaften Einheit im Vaterlande zu legen und dem Volke die Einrichtungen und Sicherungsmittel einer würdigen Freiheit zu geben. Wir waren Mann für Mann bereit, für diesen Zweck die schwersten Opfer zu bringen. Wir nehmen Sie selbst zum Zeugen dieser Stimmung und erinnern Sie darin, daß unser Land bis jetzt jeder Reichspflicht vollkommen und ohne Widerrede nachgekommen ist. Betrachten wir aber den Gang, den die Nationalversammlung genommen hat, so müssen wir es aussprechen: Es fehlt ihr an innerer Kraft, ihre Aufgabe zu erfüllen. Wir haben keine Hoffnung, daß sie die deutsche Einheit und die deutsche Freiheit schaffen werde, wenn sie auf dem betretenen Wege bleibt. Wir sind der Ansicht, daß durch diese Versammlung Unwiderbringliches versäumt und Unverantwortliches gethan ist.</p> <p>Sagen Sie nicht, wir hätten überspannte Erwartungen gehegt. Wir erwarteten das, was auch Sie sich versprachen, als Sie hier zu uns redeten. Sagen Sie uns nicht, wir seien zu ungeduldig und wollten schon jetzt, was die Zukunft erst bringe. Die Ungeduld ist auch bei uns ausgebrochen und die Gefängnisse unseres Staates sind überfüllt mit solchen Ungeduldigen. Wir haben Andere gezügelt und haben selbst Maaß gehalten. Sprechen Sie uns nicht von den Schwierigkeiten, die sich der Nationalversammlung in den Weg stellen. Wir waren auf dieselben vorbereitet. Sie selbst und andere Männer unter uns haben es stets für ihre Pflicht gehalten, auf dieselben aufmerksam zu machen. Wir glauben, daß deren täglich neue entstehen, weil es der Versammlung an Entschiedenheit fehlt, sie tüchtig anzufassen. Hätte dieselbe sich muthig an den Volksgeist angeschlossen, sie hätte wie jener Titan aus der Berührung seiner Mutter, der Erde, immer neue Kräfte zur Besiegung aller Schwierigleiten geschöpft. Trösten Sie uns nicht mit dem Verfassungswerke, das seiner Vollendung mehr und mehr entgegen gehe. Wir fürchten, von dieser Versammlung werde den Deutschen keine lebensfähige Form der Einheit gegeben werden. Wenn endlich diese Verfassung fertig sein wird, wird sie vielleicht keine Parthei mehr annehmen und gebrauchen wollen Und selbst wenn trotz aller Verkümmerungen noch eine gute Verfassung zu Stande kommt, so wird bis dahin unter den Augen der Nationalversammlung die Macht der Fürsten wieder so erstarkt sein, daß die Verfassung nicht zur segensreichen Uebung kommen wird. Ein großer Theil der Deutschen hat zu lange unter Verfassungen gelebt, die nicht gehalten wurden, als daß er das nicht fürchten müßte. Als die Nationalversammlung an die Spitze der provisorischen Centralgewalt einen unverantwortlichen Fürsten setzte, da begann der Zweifel, ob diese Versammlung ihrer Aufgabe gewachsen sei. Viele Herzen wandten sich schon damals von ihr entschieden ab. Wir getrösteten uns, weil damit endlich ein sichtbarer und thatsächlicher Beginn der Einheit gemacht war. Seitdem erfolgte eine Anzahl Beschlüsse, welche mehr und mehr in das System des alten Bundestags einlenkten. Das Mißtrauen wuchs. Die Genehmigung des Vertrages von Malmö brachte die Versammlung mit dem Volke in entschiedenen Widerspruch. Das junge Ehrgefühl der neu belebten Nation ward verletzt, und die Versammlung verlor die Sympathie des Volkes, wir fürchten für immer. Es erfolgte die Erhebung des Volkes von Wien, um ein Netz zu zerreißen, das eine freiheitsfeindliche, undeutsche Aristokratie mit der Camarilla gesponnen hatte, um einen Volksstamm durch den andern zu unterjochen. Es war viele Unklarheit in dieser Bewegung und unreine Elemente mischten sich ein. Aber doch war es ein richtiger Instinkt, der die Massen zur Erhebung leitete. Es gab keine lohnendere Aufgabe für die Centralgewalt, als in dieses Chaos ein klares und reines deutsches Element zu bringen. Den natürlichen Anknüpfungspunkt bot der österreichische Reichstag. Ein Mann wie geschaffen zum Erlöser aus allen diesen Wirren steht an der Spitze der Centralgewalt. Eine Gelegenheit, wie sie so bald nicht wiederkehren wird, war vorhanden, Oesterreich zu retten und dadurch an Deutschland zu bringen. Dazu bedurfte es Energie. Davon aber sahen wir das Gegentheil: Eine verunglückte Sendung von Reichskommissären mit einer dürftigen Instruktion und halbe verspätete Maßregeln der Nationalversammlung. Oesterreich ist dadurch auf lange für Deutschland verloren. Oesterreich, ein deutsches Land, verlor nicht allein seine Freiheit, auch seine Civilisation ist barbarisch geschändet. Selbst die Gräuel von Wien, selbst die schauderhafte That, welche an einem Volksvertreter durch soldatische Willkür verübt worden ist, vermögen die Nationalversammlung nicht von dem Abgrund zurückzureißen, dem sie sich auf dem betretenen Pfade naht.</p> <p>Sie sollte der Ausdruck werden der ganzen Macht des verjüngten Deutschlands, und sie ward der Ausdruck der ganzen Unmacht Deutschlands, wie es war vor dem März dieses Jahres. Im mächtigen Staate Deutschland, in Preußen, beginnt auf das Zeichen vom Falle Wiens die Contre-Revolution Mit unerhörter Frechheit tritt die Reaktion alle Freiheiten des Landes, Ordnung und Gesetz vor sich nieder und schwingt den Säbel der Willkür über der Hauptstadt, weil deren Pöbel einzelnen Mißbrauch mit der neuen Freiheit getrieben. Die Vertreter des preußischen Volks ermannen sich und thun ihre Schuldigkeit mit einer Würde, welche ganz Deutschland mit Bewunderung erfüllt. Von der Brutalität auf jede Weise gekränkt, von der rohen Gewalt aufs Aeußerste getrieben, greifen sie zum Letzten, was das Recht den Vertretern eines Volkes in allen freien Ländern erlaubt, sie verweigern den hochverrätherischen Ministern die Steuer. Zum erstenmale hat die Nationalversammlung Gelegenheit, das abgesonderte und auf seines Staates Bestand eifersüchtige Volk in Preußen das Bestehen einer höheren Reichsgewalt fühlen zu lassen und durch die Beschutzung seiner Freiheit und seiner Vertreter für immer mit dieser neuen Gewalt zu versöhnen und mit Deutschland zu verbinden. Das Recht und die Staatsklugheit fordern gleich dringend eine Entscheidung zu Gunsten des preußischen Volkes. Die Nationalversammlung faßt den einseitigen und ungerechten Beschluß, wodurch die Steuerverweigerung der preußischen Volksvertreter für null und nichtig erklärt wird, ohne daß sie Gleiches ausspricht über die Willkürlichkeiten, welche von Seiten der Krone verübt sind. Könnte Preußen je für Deutschland verloren gehen, so wäre nun auch dieses dahin. Diese Nichtigkeits-Erklärung fühlen wir im Süden so tief, als unsere Brüder in Preußen, wenn sie uns auch nicht unmittelbar trifft. Die Steuerverweigerung ist bei uns keine Märzerrungenschaft, sie ist ein altes Recht unserer Verfassung. In den trübsten Zeiten, die hinter uns liegen, betrachtete sie bei uns das Volk stets als seinen letzten Hort, als das Kleinod seiner Rechte. Und nun ist auch dieses heilige Nothrecht der Völker durch die Nationalversammlung umgestürzt, durch dieselbe Versammlung, die bestimmt war, uns neue, lange vorenthaltene Freiheiten zu gewähren. Was sollen wir von dieser Versammlung noch erwarten? Verehrter Herr! Was wir Ihnen hier gesagt, es ist der treue Ausdruck der hier und allenthalben in unserem Lande ausgesprochenen Gesinnung. Wir konnen es nicht so gut wie Sie ermitteln, wie weit diese Stimmung in Deutschland verbreitet ist, aber das wissen Sie von uns, daß es uns aufrichtig und redlich um das Wohl des Vaterlandes zu thun ist, und daß u<gap reason="illegible"/>er Ihren Wählern gemäßigte Ansichten und Bestrebungen stets die vorber<gap reason="illegible"/>schenden waren. Auch von Ihnen sind wir überzeugt, daß Sie bei Ihrem Verhalten in der Nationalversammlung stets das Wohl des Vaterlandes im Auge haben und ihm dadurch zu dienen meinen. Daher versuchen wir es uns mit Ihnen zu verständigen. Eine Hauptursache, weshalb die Nationalversammlung in ihre jetzige beklagenswerthe Richtung gekommen ist, scheint uns, daß ein großer Theil ihrer Mitglieder auf die gegebenen Schwierigkeiten und auf etwaige dem neu zu schaffenden Gebäude drohende Gefahren zu große Rücksicht genommen und sich dadurch die klare Offenheit der Anschauung und den kecken Muth des Schaffens hat rauben lassen.</p> <p>Es sind ihrer zu viele in der Nationalversammlung, welche sich einbilden Staatsmänner sein zu müssen, während sie eitle Pfuscher in der Staatskunst sind, engbrüstige Stubengelehrte, die den frischen Athem der Revolution nicht ertragen können. Die Versammlung aber folgt zu viel den Rathschlägen solcher Stimmen. Das Ministerium, welches den Reichsverweser umgiebt, ist wesentlich noch dasselbe, welches sich mit dem Vertrage von Malmö identifizirte. Dieses Ministerium, hat alles Vertrauen im Volke verloren und das Gefühl der Nation mehr als einmal verletzt. Wir halten es daher für einen großen Fehler, wenn aus Klugheitsgründen und Rücksichten ein solches Ministerium gestützt und getragen wird. So lange es an der Spitze der Centralgewalt steht, ist kein Heil für Deutschland zu hoffen, dies ist unsere feste Ueberzeugung. Es ist einer großen Nation nicht würdig, ihre Angelegenheiten in den Händen eines Mannes zu sehen, der mit einem Alltagsspruche über den Mord eines Volksvertreters wegschlüpft. Wir bitten Sie, verwenden Sie Ihren Einfluß bei Ihren Freunden dahin, daß dem Ministerium Schmerling jede parlamentarische Unterstützung entzogen werde. Uebergeben Sie der Auflösung, was des eigenen zeugenden Lebens nicht fähig und des Erhaltens nicht werth ist. Dies soll dem Volke ein Pfand sein, daß die Versammlung seiner Vertreter sich zum Besseren wende. Wir haben es in Berlin erlebt, daß eine große Versammlung sich mit einem Male aufraffen und sich weit über ihre bisherigen Leistungen erheben kann. Tragen Sie dazu bei, daß die Nationalversammlung in ein solches neues Stadium trete und mit Muth und Entschlossenheit ihre Versäumnisse einbringe, ehe auch ihr die Weltgeschichte ein „zu spät“ entgegenhält. Auf der vereinigten linken Seite der Nationalversammlung beruht jetzt allein unser Vertrauen und unsere Hoffnung. Sie ist allein der Anker, der die Versammlung noch mit dem festen Volksboden verkettet. Bricht auch dieser Halt, wird die Linke gezwungen, hoffnungslos das Parlament aufzugeben und vereint die Versammlung zu verlassen, alsdann ist das Zeichen gegeben zum zweiten Akte der deutschen Revolution. Wir haben zu Ihnen gesprochen, so lange es noch Zeit war. Alsdann werden wir wie Männer zu handeln wissen. Verehrtester Herr! Es ist die Stimme von Freunden, die Sie hier vernommen haben. Schließen Sie sich an das Volk an, aus dem Sie hervorgegangen sind. Es wird seine Freunde ehren. Dienen Sie der Freiheit, Sie werden Ihren Lohn in sich selbst finden. Wir hoffen, daß es von diesen unsern herzlichen Worten nicht heißen möge. daß wir die Luft erschüttert, weiter nichts gewonnen haben.</p> <p>Mit deutschem Gruß.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Belgien.</head> <div xml:id="ar170_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Lüttich, 14. December.</head> <p>Im Anfange dieses Monats hat sich hier ein demokratisch-sozialer Verein gebildet, der zu großen Hoffnungen berechtigt. Der Kern der Gesellschaft besteht, wie in diesem Lande der Bourgeois nicht anders zu erwarten, aus Arbeitern. Die erste Sitzung war sehr interessant. Der Präsident eröffnete dieselbe mit einer Rede, in der er die Republik als die erste Bedingung zu jedem sozialen Fortschritt schilderte und sodann das angeborne Recht des Menschen auf Arbeit nachwies. Ein Mitglied sprach hierauf über die fraternité und bewies in einer glänzenden Rede, daß die soziale Republik das einzige Mittel sei, um Belgien aus der kritischsten Lage, in der sich jemals ein Land befunden, zu retten. Ein anderes Mitglied gab ein herzzerreißendes Gemälde von dem Elende in Belgien, namentlich in Flandern und prieß gleichfalls die soziale Republik als einziges Abhülfemittel. Endlich sprach noch ein Mitglied sehr bündig über das Recht zu leben, das Recht auf Arbeit und das Recht, als ein Mitglied der menschlichen Gesellschaft behandelt zu werden. „Es steht nicht in der freien Wahl des Menschen — sprach er — geboren oder nicht geboren zu werden; seine Geburt begreift das Recht zu leben in sich. Zu dem Alter gelangt, wo er Gebrauch von seinen Kräften machen kann, hat der Arme kein anderes Hülfsmittel, als seine Arme; sein Eigenthum ist seine <hi rendition="#g">Arbeit</hi>; darf man dem Reichen sein Eigenthum nicht nehmen, wie darf man's dem Armen? Das Recht auf Arbeit entspringt aus der Nothwendigkeit, zu existiren, ein Jeder in seiner Sphäre und nach seinen Mitteln. Dieses Recht nicht anerkennen wollen, ist um so ungerechter, als die Arbeit des Arbeiters die Quelle des Reichthums der Eigenthümer und der Fabrikherrn ist. Diesen Zustand der Dinge verewigen wollen, heißt, für die Arbeiter nur Arbeit ohne Lohn, und für die Reichen nur Lohn ohne Arbeit wollen. Arbeiter, vereinigt euch!“</p> <p>Die Sitzungen dieser Gesellschaft finden jeden Montag in dem Gesellschaftslokal, rue Peronstréé Nr. 83 statt.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar170_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 12. Decbr.</head> <p>Louis Napoleon wird Präsident; das ist die allgemeine Stimmung in Paris, und die Wahlen, soweit sie aus einzelnen Ortschaften und Abschätzungen bekannt sind, bestätigen vollkommen dieses Resultat. In gewissen Distrikten des Somme-Departements hat Louis Napoleon fast alle Stimmen; das 18. Regiment in Versailles hat bis auf wenige Mann ganz für ihn gestimmt, und selbst in Paris läßt er an Stimmenzahl Cavaignac weit hinter sich. Gervais, der Polizeipräfekt will allein an dieses Resultat nicht glauben und läßt der Börse ein Bülletin zugehen, worin er von den ungeheuren Chancen seines Freundes und Gönners Cavaignac spricht. Aber die Börse hat in diesen Dingen einen weit richtigern Takt als der ehemalige Arzt und jetzige Polizeipräfekt, sie weigerte sich, das Bulletin an der Börsenhalle anheften zu lassen, weil sie selbst schon die Gewißheit hat von der bevorstehenden Wahl Napoleon's zum Präsidenten. Die Bauern ziehen mit Fahnen und Trommeln in ihren betreffenden Canton und stimmen alle wie ein Mann für den Mann, der ihnen die Steuerlast abnehmen will. Die Soldaten, in der Alternative wo sie gestellt sind, zwischen Cavaignac und Louis Napoleon zu stimmen, geben allgemein Letzterem den Vorzug. Auf einem ungeheuren Karren, mit riesenhaften Ballen beladen, witterte das Volk Stimmzettel für Cavaignac. Auf der Stelle warf die immerwachsende Volksmenge die Ballen vom Karren, öffnete sie, und in einem Nu waren die Boulevards mit diesen Papierschnitzeln wahrhaft beschneit: mit einem Schwefelhölzchen steckte ein Junge diese zündbaren Cavaignac's an; das Feuer theilte sich mit Blitzesschnelle der ganzen Papiermasse mit, und mit Jauchzen sah die umstehende Menge den Cavaignae auf diesem ungeheuren Scheiterhaufen verbrennen. Die Dynastie des Nationals sieht ihren Untergang vor Augen. Der Hohn folgt ihrem Falle; denn schon wird Cavaignac als der Einzige bezeichnet, den Louis Napoleon füglicher Weise zu seinem Vizepräsidenten erwählen könnte. Die Bestürzung im Lager des Nationals ist groß. Cavaignac, der so viel für Frankreich und noch mehr für die honnette Republik gethan hat, muß das Feld räumen vor einem Neulinge.</p> <p>In den Kasematten und Pontons der Marine schmachten 10,000 Republikaner, Arbeiter, Proletarier. Diese 10,000 Proletarier wurzeln ein in die Familien von wenigstens 100,000 andern Proletariern und diese Familien der 100,000 andern Proletarier sind von Wuth entbrannt gegen die Republik die sie gegründet! Für diese handelt es sich zunächst um einen Umsturz, um den Sturz der ehrlichen Bourgeois-Republik, um den Sturz von Cavaignac, Marrast u. Consorten, die, nachdem sie das Proletariat niedergeschmettert und die Männer, welche es vertraten, wie Louis Blanc, Barbés und Raspail verbannt oder verhaftet hatten, nun sich einzuwurzeln suchten in die Rothschild's und Consorten. Der Sturz <hi rendition="#g">dieser</hi> Republik ist nahe. Die Schlange reckt sich. Die Schlange Napoleon's ist die Riesenschlange, welche ihren Leib über ganz Frankreich ausdehnt, und die nun die Cavaignac'sche in ihren unendlichen Krümmungen umstrickt hält. Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist zunächst die Vernichtung der königlichen Reste und königlichen Pratendenten, es ist die Rache, welche sich jetzt erst vollstreckt an den Bourbons und Orleans. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist die Vernichtung der „honnetten Republik,“ welche die ganze Nation in die Gränzen des Nationals umstricken wollte. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum; sondern es ist die Vernichtung des Kaiserthums; denn schon regt und wegt sich der lange Schweif: schon zuckt er in furchtbaren Schwingungen bis zu den äußersten Gränzen des ganzen Frankreich's. Die Franzosen sind wieder die alten Franzosen geworden, sie hüpfen, tanzen und springen, aber nicht um den Kaiser; sondern in dem Vorgefühle, in der Luft, aus dem engen Raume herauszutreten, und niederzustürzen alle die feigen Berechnungen bürgerlicher Klugheit und Staatsweisheit. Napoleon, der Name Napoleon, an dessen Deutung sich alle Köpfe zerbrachen, Napoleon der vielgedeutete und niebegriffene, ist nicht das Kaiserthum. Napoleon ist die Vernichtung des Kaiserthums, Napoleon ist die Vernichtung Napoleons, die Vernichtung seiner selbst. Napoleon ist die rothe Republik, die ihren Anfang nimmt in den Pontons der Marine und den verzweifelten Arbeitern, um sich fortzusetzen mit dem abgelösten Schweife der napoleonischen Riesenschlange.</p> </div> <div xml:id="ar170_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>19</author></bibl> Paris, 13. Dez.</head> <p>Gestern Abend zwischen 7 und 8 Uhr begannen auf den Boulevards St. Denis, St. Martin und St. Antoine wieder dieselben Attroupements wie an den vorigen Abenden. Im Faubourg St. Antoine zog ein Trupp mit einer rothen Fahne, unter dem Geschrei: Vive la Republique rouge! durch die Straßen. Um 8 Uhr waren die Boulevards von der Porte St. Denis bis zum Bastillenplatz mit Volksmassen bedeckt, welche die Losungsworte: „Droit au travail! Du pain ou du plomb! ausstießen. Zwei Puppen, die eine Louis-Napoleon, die andere Cavaignac vorstellend, wurden im Triumph herumgetragen und dann im Faubourg verbrannt. Später zog ein Trupp von mehreren Hundert Gamins nach dem Vendome-Platz, wo das Hotel des Prinzen ist, und in die aristocratischen Faubourgs St. Germain und St. Honoré, wobei sie nach der Melodie der „Lampions“</p> <lg type="poem"> <l>Cavaignac</l><lb/> <l>S'en ira,</l><lb/> <l>Cavaignac</l><lb/> <l>Ou l' pendra.</l><lb/> </lg> <p>Auf dem Vendome-Platz, unter der Säule des Kaisers, fand eine kolossale Prügelei zwischen den Freunden des Londoner Constablers und den republikanischen Polizisten, den „Tyroliens“ statt, wie sie das Volk nach ihren spitzen Freischäler-Hüten nennt. Auch in den Gallerien des Palais-Royal zeigten sich starke, drohende Gruppen; Patrouillen von Mobilen wurden zu ihrer Vertreibung beordert und die Bourgeois schlossen ihre Läden. <hi rendition="#g">Sämmtliche Clubs waren geschlossen</hi>.</p> <p>Ueber die Stimmung der Mobilen giebt folgender Brief Aufschluß, den ein Sergeant des 15. Bataillons derselben an die Redaktion des „Peuple“ richtet. „Bürger Redakteur! Nach einem Kampf, den wir nicht provozirt haben, sind wir ein Gegenstand des Hasses der Parteien geworden, die sich gegen uns schlugen. Wir glaubten unsere Pflicht zu thun, wenn wir die Republik vertheidigten, für welche wir im Februar die Barrikaden errichtet hatten. Wir werden sie auch ferner mit derselben Energie vertheidigen, wenn Ränkemacher und Trabanten der Könige es wagen sollten, einen Thron wieder aufzurichten, den wir unter den Ruf: „Es lebe die Republik!“ verbrannt haben. Konnten wir im Juni anders handeln, <hi rendition="#g">da man uns versicherte, daß sich die Barrikaden nur im Ramen und durch das Geld der uns blutig verhaßten Prätendenten erhoben?</hi> Als freie Republikaner beklagen wir den Irrthum, der das Blut von Republikanern vergießen ließ‥‥ Mögen sich die Demokraten nicht über uns täuschen: wir sind Niemandes prätorianische Leibgarden, sondern nur die Soldaten der Zukunft, und wir werden mit Aufopferung unseres Lebens jedem monarchischen Attentat zu begegnen wissen!“</p> <p>In den Wahlen scheint, wie nach dem gestern Abend bekannt gewordenen Stimmenverhältniß fast alle Morgenblätter zugestehen, Louis Napoleon die absolute Majorität über alle Concurrenten davon getragen zu haben. Der „Prinz“ soll bereits Hrn. Pagés zum Vize-Präsidenten designirt haben. Wie ein rothes Blatt dazu bemerkt, wäre dies ein Beweis von Dankbarkeit, denn Hr. Garnier-Pagés hat als Erfinder der 45 Centimen-Steuer nicht wenig dazu beigetragen, die Bauern gegen die Republik einzunehmen.</p> <p>Was Hr. Ledru-Rollin und Raspail betrifft, so haben sich die Stimmen wider Erwarten getheilt; am ersten Tage der Wahl </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0915/0003]
der Zeit; dann eile ich zu Euch und stelle mich in die ersten Reihen der Kämpfer und helfe Euch den einfarbigen Banner der goldenen Freiheit aufpflanzen.
Lebt wohl deutsche Brüder und denkt an den 18. März.
F. Feenburg, Studiosus.
14 Darmstadt, 11. Dez. Die Centralgewalt schießt nicht allein Böcke in Frankfurt, sie schießt auch Schweine und Schnepfen in unserer nächsten Umgebung. Der Mann, den die Tyroler Hans nennen, besucht sehr häufig unsern Großherzog; in seinem Gefolge sieht man Bediente in schwarz-gelber Livree. Was die häufigen Besuche am hiesigen Hofe betrifft, so bringt man diese hier mit den in neuester Zeit so vielfach auftauchenden Gerüchten von süddeutschen, antipreußischen Intriguen in Verbindung, welche bald ein permanentes, aus Oestreich, Preußen und Baiern (denn Baiern ist die Seele dieses Getriebes) bestehendes Direktorium, bald die fortdauernde Reichsverweserschaft des österreichischen Erzherzogs, bald nichts Geringeres als eine neue Auflage des alten Rheinbundes zum Zwecke haben sollen.
34 Darmstadt, 12. Dez. Die Demokratisirung unseres Militärs macht gute Fortschritte, bei der Wühlerei unseres Ministeriums ist das aber auch kaum anders möglich. Längst hat man die Soldaten unzufrieden gemacht durch Verweigerung der Kriegszulage für die badischen Feldzüge — nur die Tapferkeit der Offiziere fand die gebührende Anerkennung — durch ungleiche Einquartirung, durch das viele Herumjagen im Dienste der Reichspolizeigewalt, wodurch besonders die Unteroffiziere die oft sehr bedeutenden Nebenverdienste in ihrem Garnisonorte verlieren, und endlich durch ihre Verwendung als Polizeibüttel gegen Leute, die sich keines andern Verbrechens schuldig gemacht haben, als daß sie mit den Ansichten der Regierung nicht einverstanden sind. Der Kriegsminister, Graf Lehrbach, hatte aber doch immer noch eine gewisse Popularität bei ihnen behalten, seine Zustimmung zu einem Antrage des „vaterländischen Vereins“ in Bezug auf das preußische Militär und der dadurch veranlaßte Streit mit dem Chef der Kamarilla hatten ihm sogar ein Ständchen des verrufenen 2. Regiments eingetragen; er beeilt sich, sich dieser Popularität zu entkleiden. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer verlangte der Auditeur Hoffmann „im Namen des Kriegsministeriums die Ermächtigung, auch in Friedenszeiten für die hessischen Truppen das Standrecht eintreten lassen zu können. Jeder Anführer einer Abtheilung soll nach dieser Vorlage das Recht haben, das Standrecht auf vier Wochen zu proklamiren, und nach Ablauf dieser Frist zu verlängern! d. h. also in infinitum zu proklamiren. Als Gründe für die ungeheuerlichen Maßregeln werden die Vorfälle vom 26. Nov. — einige Katzenmusiken und Ständchen, ein Sturm auf die inzwischen verschlossene Kaserne und die Befreiung eines Gefangenen: Akteure die Soldaten des 2. Regiments — und „die verbrecherischen Bestrebungen einer wühlerischen Partei“ angeführt.
Das Militär ist unser einziges konzentrirtes Proletariat, seine Demokratisirung daher für uns von noch größerer Wichtigkeit als bei Ihnen.
Mainz, 12. Dezember. Die gestrige elfte Sitzung des rheinhessischen Bezirksraths ließ in hohem Grade die Wichtigkeit dieses neuen Instituts erscheinen. Schon in einer der ersten Sitzungen hatte ein Mitglied des Bezirksraths, Dr. Wittmann, den Antrag auf „Entfernung des jetzigen Dirigenten der rhein-hessischen Regierungs-Kommission, Freiherrn von Dalwigk, von seiner Stelle, da er das Vertrauen der Provinz nicht besitze“, gestellt, und dieser Antrag wurde gestern vor einem zahlreichen Publikum, das sich auf dem engen Zuhörer-Raum zusammen gedrängt hatte, verhandelt und einstimmig angenommen. Obgleich der Präsident, Dr. Zitz, mehrmals die Zuhörer zur Ruhe ermahnt und ihnen jede laute Beifallsbezeugung verwiesen hatte, so war das Resultat der Abstimmung doch Allen so aus der Seele gesprochen, daß ein stürmischer Zuruf erfolgt.
(Fr. J.) * Eßlingen. Adresse an einen Reichstagsabgeordneten.
Der vaterländische Verein von Eßlingen erließ folgende Adresse an den Reichstags-Abgeordneten Wurm: „Verehrter Herr! Die Zeit ist gekommen, wo es die Pflicht des Volkes wird, seine Stimme wiederum zu erheben, um denen gegenüber, welche seine Angelegenheiten ordnen und leiten, seinen Willen freimüthig und entschieden in Erinnerung zu bringen, damit nach diesem und keinem andern Willen gehandelt werde. Eingedenk dieser Pflicht geben wir Ihnen, unserm Vertreter, ein Zeugniß von der Stimmung und Ansicht, die in unserm Kreise herrscht. Wir halten uns dabei nach bestem Wissen von jeder Uebertreibung und Einseitigkeit frei. Dies vorausgeschickt, müssen wir Ihnen erklären, daß nicht nur in unserem kleinen Vereine, sondern in der ganzen Gegend, die wir zu überschauen vermögen, eine tiefgehende Mißstimmung gegen die Nationalversammlung verbreitet ist, die über kurz oder lang zum Uebel führen wird. Wir haben seiner Zeit — Sie selbst sind Zeuge — die Nationalversammlung mit ehrlichem Vertrauen begrüßt. Ihr Beginn war uns der Aufgang eines neuen segenbringenden Gestirns und unsere Augen hingen glaubensvoll an seinem Gange. Aber wir sagen es mit Schmerz, es wird Nacht vor unsern Augen und wir fragen uns, ob das ein Blendwerk war, was ein Gestirn schien? Es ist ein böser Thau über unsere Saaten gegangen und die treuesten Freunde des Vaterlandes senken ihr Haupt.
Die Nationalversammlung hat die Aufgabe, den Grund einer wahrhaften Einheit im Vaterlande zu legen und dem Volke die Einrichtungen und Sicherungsmittel einer würdigen Freiheit zu geben. Wir waren Mann für Mann bereit, für diesen Zweck die schwersten Opfer zu bringen. Wir nehmen Sie selbst zum Zeugen dieser Stimmung und erinnern Sie darin, daß unser Land bis jetzt jeder Reichspflicht vollkommen und ohne Widerrede nachgekommen ist. Betrachten wir aber den Gang, den die Nationalversammlung genommen hat, so müssen wir es aussprechen: Es fehlt ihr an innerer Kraft, ihre Aufgabe zu erfüllen. Wir haben keine Hoffnung, daß sie die deutsche Einheit und die deutsche Freiheit schaffen werde, wenn sie auf dem betretenen Wege bleibt. Wir sind der Ansicht, daß durch diese Versammlung Unwiderbringliches versäumt und Unverantwortliches gethan ist.
Sagen Sie nicht, wir hätten überspannte Erwartungen gehegt. Wir erwarteten das, was auch Sie sich versprachen, als Sie hier zu uns redeten. Sagen Sie uns nicht, wir seien zu ungeduldig und wollten schon jetzt, was die Zukunft erst bringe. Die Ungeduld ist auch bei uns ausgebrochen und die Gefängnisse unseres Staates sind überfüllt mit solchen Ungeduldigen. Wir haben Andere gezügelt und haben selbst Maaß gehalten. Sprechen Sie uns nicht von den Schwierigkeiten, die sich der Nationalversammlung in den Weg stellen. Wir waren auf dieselben vorbereitet. Sie selbst und andere Männer unter uns haben es stets für ihre Pflicht gehalten, auf dieselben aufmerksam zu machen. Wir glauben, daß deren täglich neue entstehen, weil es der Versammlung an Entschiedenheit fehlt, sie tüchtig anzufassen. Hätte dieselbe sich muthig an den Volksgeist angeschlossen, sie hätte wie jener Titan aus der Berührung seiner Mutter, der Erde, immer neue Kräfte zur Besiegung aller Schwierigleiten geschöpft. Trösten Sie uns nicht mit dem Verfassungswerke, das seiner Vollendung mehr und mehr entgegen gehe. Wir fürchten, von dieser Versammlung werde den Deutschen keine lebensfähige Form der Einheit gegeben werden. Wenn endlich diese Verfassung fertig sein wird, wird sie vielleicht keine Parthei mehr annehmen und gebrauchen wollen Und selbst wenn trotz aller Verkümmerungen noch eine gute Verfassung zu Stande kommt, so wird bis dahin unter den Augen der Nationalversammlung die Macht der Fürsten wieder so erstarkt sein, daß die Verfassung nicht zur segensreichen Uebung kommen wird. Ein großer Theil der Deutschen hat zu lange unter Verfassungen gelebt, die nicht gehalten wurden, als daß er das nicht fürchten müßte. Als die Nationalversammlung an die Spitze der provisorischen Centralgewalt einen unverantwortlichen Fürsten setzte, da begann der Zweifel, ob diese Versammlung ihrer Aufgabe gewachsen sei. Viele Herzen wandten sich schon damals von ihr entschieden ab. Wir getrösteten uns, weil damit endlich ein sichtbarer und thatsächlicher Beginn der Einheit gemacht war. Seitdem erfolgte eine Anzahl Beschlüsse, welche mehr und mehr in das System des alten Bundestags einlenkten. Das Mißtrauen wuchs. Die Genehmigung des Vertrages von Malmö brachte die Versammlung mit dem Volke in entschiedenen Widerspruch. Das junge Ehrgefühl der neu belebten Nation ward verletzt, und die Versammlung verlor die Sympathie des Volkes, wir fürchten für immer. Es erfolgte die Erhebung des Volkes von Wien, um ein Netz zu zerreißen, das eine freiheitsfeindliche, undeutsche Aristokratie mit der Camarilla gesponnen hatte, um einen Volksstamm durch den andern zu unterjochen. Es war viele Unklarheit in dieser Bewegung und unreine Elemente mischten sich ein. Aber doch war es ein richtiger Instinkt, der die Massen zur Erhebung leitete. Es gab keine lohnendere Aufgabe für die Centralgewalt, als in dieses Chaos ein klares und reines deutsches Element zu bringen. Den natürlichen Anknüpfungspunkt bot der österreichische Reichstag. Ein Mann wie geschaffen zum Erlöser aus allen diesen Wirren steht an der Spitze der Centralgewalt. Eine Gelegenheit, wie sie so bald nicht wiederkehren wird, war vorhanden, Oesterreich zu retten und dadurch an Deutschland zu bringen. Dazu bedurfte es Energie. Davon aber sahen wir das Gegentheil: Eine verunglückte Sendung von Reichskommissären mit einer dürftigen Instruktion und halbe verspätete Maßregeln der Nationalversammlung. Oesterreich ist dadurch auf lange für Deutschland verloren. Oesterreich, ein deutsches Land, verlor nicht allein seine Freiheit, auch seine Civilisation ist barbarisch geschändet. Selbst die Gräuel von Wien, selbst die schauderhafte That, welche an einem Volksvertreter durch soldatische Willkür verübt worden ist, vermögen die Nationalversammlung nicht von dem Abgrund zurückzureißen, dem sie sich auf dem betretenen Pfade naht.
Sie sollte der Ausdruck werden der ganzen Macht des verjüngten Deutschlands, und sie ward der Ausdruck der ganzen Unmacht Deutschlands, wie es war vor dem März dieses Jahres. Im mächtigen Staate Deutschland, in Preußen, beginnt auf das Zeichen vom Falle Wiens die Contre-Revolution Mit unerhörter Frechheit tritt die Reaktion alle Freiheiten des Landes, Ordnung und Gesetz vor sich nieder und schwingt den Säbel der Willkür über der Hauptstadt, weil deren Pöbel einzelnen Mißbrauch mit der neuen Freiheit getrieben. Die Vertreter des preußischen Volks ermannen sich und thun ihre Schuldigkeit mit einer Würde, welche ganz Deutschland mit Bewunderung erfüllt. Von der Brutalität auf jede Weise gekränkt, von der rohen Gewalt aufs Aeußerste getrieben, greifen sie zum Letzten, was das Recht den Vertretern eines Volkes in allen freien Ländern erlaubt, sie verweigern den hochverrätherischen Ministern die Steuer. Zum erstenmale hat die Nationalversammlung Gelegenheit, das abgesonderte und auf seines Staates Bestand eifersüchtige Volk in Preußen das Bestehen einer höheren Reichsgewalt fühlen zu lassen und durch die Beschutzung seiner Freiheit und seiner Vertreter für immer mit dieser neuen Gewalt zu versöhnen und mit Deutschland zu verbinden. Das Recht und die Staatsklugheit fordern gleich dringend eine Entscheidung zu Gunsten des preußischen Volkes. Die Nationalversammlung faßt den einseitigen und ungerechten Beschluß, wodurch die Steuerverweigerung der preußischen Volksvertreter für null und nichtig erklärt wird, ohne daß sie Gleiches ausspricht über die Willkürlichkeiten, welche von Seiten der Krone verübt sind. Könnte Preußen je für Deutschland verloren gehen, so wäre nun auch dieses dahin. Diese Nichtigkeits-Erklärung fühlen wir im Süden so tief, als unsere Brüder in Preußen, wenn sie uns auch nicht unmittelbar trifft. Die Steuerverweigerung ist bei uns keine Märzerrungenschaft, sie ist ein altes Recht unserer Verfassung. In den trübsten Zeiten, die hinter uns liegen, betrachtete sie bei uns das Volk stets als seinen letzten Hort, als das Kleinod seiner Rechte. Und nun ist auch dieses heilige Nothrecht der Völker durch die Nationalversammlung umgestürzt, durch dieselbe Versammlung, die bestimmt war, uns neue, lange vorenthaltene Freiheiten zu gewähren. Was sollen wir von dieser Versammlung noch erwarten? Verehrter Herr! Was wir Ihnen hier gesagt, es ist der treue Ausdruck der hier und allenthalben in unserem Lande ausgesprochenen Gesinnung. Wir konnen es nicht so gut wie Sie ermitteln, wie weit diese Stimmung in Deutschland verbreitet ist, aber das wissen Sie von uns, daß es uns aufrichtig und redlich um das Wohl des Vaterlandes zu thun ist, und daß u_ er Ihren Wählern gemäßigte Ansichten und Bestrebungen stets die vorber_ schenden waren. Auch von Ihnen sind wir überzeugt, daß Sie bei Ihrem Verhalten in der Nationalversammlung stets das Wohl des Vaterlandes im Auge haben und ihm dadurch zu dienen meinen. Daher versuchen wir es uns mit Ihnen zu verständigen. Eine Hauptursache, weshalb die Nationalversammlung in ihre jetzige beklagenswerthe Richtung gekommen ist, scheint uns, daß ein großer Theil ihrer Mitglieder auf die gegebenen Schwierigkeiten und auf etwaige dem neu zu schaffenden Gebäude drohende Gefahren zu große Rücksicht genommen und sich dadurch die klare Offenheit der Anschauung und den kecken Muth des Schaffens hat rauben lassen.
Es sind ihrer zu viele in der Nationalversammlung, welche sich einbilden Staatsmänner sein zu müssen, während sie eitle Pfuscher in der Staatskunst sind, engbrüstige Stubengelehrte, die den frischen Athem der Revolution nicht ertragen können. Die Versammlung aber folgt zu viel den Rathschlägen solcher Stimmen. Das Ministerium, welches den Reichsverweser umgiebt, ist wesentlich noch dasselbe, welches sich mit dem Vertrage von Malmö identifizirte. Dieses Ministerium, hat alles Vertrauen im Volke verloren und das Gefühl der Nation mehr als einmal verletzt. Wir halten es daher für einen großen Fehler, wenn aus Klugheitsgründen und Rücksichten ein solches Ministerium gestützt und getragen wird. So lange es an der Spitze der Centralgewalt steht, ist kein Heil für Deutschland zu hoffen, dies ist unsere feste Ueberzeugung. Es ist einer großen Nation nicht würdig, ihre Angelegenheiten in den Händen eines Mannes zu sehen, der mit einem Alltagsspruche über den Mord eines Volksvertreters wegschlüpft. Wir bitten Sie, verwenden Sie Ihren Einfluß bei Ihren Freunden dahin, daß dem Ministerium Schmerling jede parlamentarische Unterstützung entzogen werde. Uebergeben Sie der Auflösung, was des eigenen zeugenden Lebens nicht fähig und des Erhaltens nicht werth ist. Dies soll dem Volke ein Pfand sein, daß die Versammlung seiner Vertreter sich zum Besseren wende. Wir haben es in Berlin erlebt, daß eine große Versammlung sich mit einem Male aufraffen und sich weit über ihre bisherigen Leistungen erheben kann. Tragen Sie dazu bei, daß die Nationalversammlung in ein solches neues Stadium trete und mit Muth und Entschlossenheit ihre Versäumnisse einbringe, ehe auch ihr die Weltgeschichte ein „zu spät“ entgegenhält. Auf der vereinigten linken Seite der Nationalversammlung beruht jetzt allein unser Vertrauen und unsere Hoffnung. Sie ist allein der Anker, der die Versammlung noch mit dem festen Volksboden verkettet. Bricht auch dieser Halt, wird die Linke gezwungen, hoffnungslos das Parlament aufzugeben und vereint die Versammlung zu verlassen, alsdann ist das Zeichen gegeben zum zweiten Akte der deutschen Revolution. Wir haben zu Ihnen gesprochen, so lange es noch Zeit war. Alsdann werden wir wie Männer zu handeln wissen. Verehrtester Herr! Es ist die Stimme von Freunden, die Sie hier vernommen haben. Schließen Sie sich an das Volk an, aus dem Sie hervorgegangen sind. Es wird seine Freunde ehren. Dienen Sie der Freiheit, Sie werden Ihren Lohn in sich selbst finden. Wir hoffen, daß es von diesen unsern herzlichen Worten nicht heißen möge. daß wir die Luft erschüttert, weiter nichts gewonnen haben.
Mit deutschem Gruß.
Belgien. X Lüttich, 14. December. Im Anfange dieses Monats hat sich hier ein demokratisch-sozialer Verein gebildet, der zu großen Hoffnungen berechtigt. Der Kern der Gesellschaft besteht, wie in diesem Lande der Bourgeois nicht anders zu erwarten, aus Arbeitern. Die erste Sitzung war sehr interessant. Der Präsident eröffnete dieselbe mit einer Rede, in der er die Republik als die erste Bedingung zu jedem sozialen Fortschritt schilderte und sodann das angeborne Recht des Menschen auf Arbeit nachwies. Ein Mitglied sprach hierauf über die fraternité und bewies in einer glänzenden Rede, daß die soziale Republik das einzige Mittel sei, um Belgien aus der kritischsten Lage, in der sich jemals ein Land befunden, zu retten. Ein anderes Mitglied gab ein herzzerreißendes Gemälde von dem Elende in Belgien, namentlich in Flandern und prieß gleichfalls die soziale Republik als einziges Abhülfemittel. Endlich sprach noch ein Mitglied sehr bündig über das Recht zu leben, das Recht auf Arbeit und das Recht, als ein Mitglied der menschlichen Gesellschaft behandelt zu werden. „Es steht nicht in der freien Wahl des Menschen — sprach er — geboren oder nicht geboren zu werden; seine Geburt begreift das Recht zu leben in sich. Zu dem Alter gelangt, wo er Gebrauch von seinen Kräften machen kann, hat der Arme kein anderes Hülfsmittel, als seine Arme; sein Eigenthum ist seine Arbeit; darf man dem Reichen sein Eigenthum nicht nehmen, wie darf man's dem Armen? Das Recht auf Arbeit entspringt aus der Nothwendigkeit, zu existiren, ein Jeder in seiner Sphäre und nach seinen Mitteln. Dieses Recht nicht anerkennen wollen, ist um so ungerechter, als die Arbeit des Arbeiters die Quelle des Reichthums der Eigenthümer und der Fabrikherrn ist. Diesen Zustand der Dinge verewigen wollen, heißt, für die Arbeiter nur Arbeit ohne Lohn, und für die Reichen nur Lohn ohne Arbeit wollen. Arbeiter, vereinigt euch!“
Die Sitzungen dieser Gesellschaft finden jeden Montag in dem Gesellschaftslokal, rue Peronstréé Nr. 83 statt.
Französische Republik. 12 Paris, 12. Decbr. Louis Napoleon wird Präsident; das ist die allgemeine Stimmung in Paris, und die Wahlen, soweit sie aus einzelnen Ortschaften und Abschätzungen bekannt sind, bestätigen vollkommen dieses Resultat. In gewissen Distrikten des Somme-Departements hat Louis Napoleon fast alle Stimmen; das 18. Regiment in Versailles hat bis auf wenige Mann ganz für ihn gestimmt, und selbst in Paris läßt er an Stimmenzahl Cavaignac weit hinter sich. Gervais, der Polizeipräfekt will allein an dieses Resultat nicht glauben und läßt der Börse ein Bülletin zugehen, worin er von den ungeheuren Chancen seines Freundes und Gönners Cavaignac spricht. Aber die Börse hat in diesen Dingen einen weit richtigern Takt als der ehemalige Arzt und jetzige Polizeipräfekt, sie weigerte sich, das Bulletin an der Börsenhalle anheften zu lassen, weil sie selbst schon die Gewißheit hat von der bevorstehenden Wahl Napoleon's zum Präsidenten. Die Bauern ziehen mit Fahnen und Trommeln in ihren betreffenden Canton und stimmen alle wie ein Mann für den Mann, der ihnen die Steuerlast abnehmen will. Die Soldaten, in der Alternative wo sie gestellt sind, zwischen Cavaignac und Louis Napoleon zu stimmen, geben allgemein Letzterem den Vorzug. Auf einem ungeheuren Karren, mit riesenhaften Ballen beladen, witterte das Volk Stimmzettel für Cavaignac. Auf der Stelle warf die immerwachsende Volksmenge die Ballen vom Karren, öffnete sie, und in einem Nu waren die Boulevards mit diesen Papierschnitzeln wahrhaft beschneit: mit einem Schwefelhölzchen steckte ein Junge diese zündbaren Cavaignac's an; das Feuer theilte sich mit Blitzesschnelle der ganzen Papiermasse mit, und mit Jauchzen sah die umstehende Menge den Cavaignae auf diesem ungeheuren Scheiterhaufen verbrennen. Die Dynastie des Nationals sieht ihren Untergang vor Augen. Der Hohn folgt ihrem Falle; denn schon wird Cavaignac als der Einzige bezeichnet, den Louis Napoleon füglicher Weise zu seinem Vizepräsidenten erwählen könnte. Die Bestürzung im Lager des Nationals ist groß. Cavaignac, der so viel für Frankreich und noch mehr für die honnette Republik gethan hat, muß das Feld räumen vor einem Neulinge.
In den Kasematten und Pontons der Marine schmachten 10,000 Republikaner, Arbeiter, Proletarier. Diese 10,000 Proletarier wurzeln ein in die Familien von wenigstens 100,000 andern Proletariern und diese Familien der 100,000 andern Proletarier sind von Wuth entbrannt gegen die Republik die sie gegründet! Für diese handelt es sich zunächst um einen Umsturz, um den Sturz der ehrlichen Bourgeois-Republik, um den Sturz von Cavaignac, Marrast u. Consorten, die, nachdem sie das Proletariat niedergeschmettert und die Männer, welche es vertraten, wie Louis Blanc, Barbés und Raspail verbannt oder verhaftet hatten, nun sich einzuwurzeln suchten in die Rothschild's und Consorten. Der Sturz dieser Republik ist nahe. Die Schlange reckt sich. Die Schlange Napoleon's ist die Riesenschlange, welche ihren Leib über ganz Frankreich ausdehnt, und die nun die Cavaignac'sche in ihren unendlichen Krümmungen umstrickt hält. Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist zunächst die Vernichtung der königlichen Reste und königlichen Pratendenten, es ist die Rache, welche sich jetzt erst vollstreckt an den Bourbons und Orleans. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum, sondern es ist die Vernichtung der „honnetten Republik,“ welche die ganze Nation in die Gränzen des Nationals umstricken wollte. Louis Napoleon ist nicht das Kaiserthum; sondern es ist die Vernichtung des Kaiserthums; denn schon regt und wegt sich der lange Schweif: schon zuckt er in furchtbaren Schwingungen bis zu den äußersten Gränzen des ganzen Frankreich's. Die Franzosen sind wieder die alten Franzosen geworden, sie hüpfen, tanzen und springen, aber nicht um den Kaiser; sondern in dem Vorgefühle, in der Luft, aus dem engen Raume herauszutreten, und niederzustürzen alle die feigen Berechnungen bürgerlicher Klugheit und Staatsweisheit. Napoleon, der Name Napoleon, an dessen Deutung sich alle Köpfe zerbrachen, Napoleon der vielgedeutete und niebegriffene, ist nicht das Kaiserthum. Napoleon ist die Vernichtung des Kaiserthums, Napoleon ist die Vernichtung Napoleons, die Vernichtung seiner selbst. Napoleon ist die rothe Republik, die ihren Anfang nimmt in den Pontons der Marine und den verzweifelten Arbeitern, um sich fortzusetzen mit dem abgelösten Schweife der napoleonischen Riesenschlange.
19 Paris, 13. Dez. Gestern Abend zwischen 7 und 8 Uhr begannen auf den Boulevards St. Denis, St. Martin und St. Antoine wieder dieselben Attroupements wie an den vorigen Abenden. Im Faubourg St. Antoine zog ein Trupp mit einer rothen Fahne, unter dem Geschrei: Vive la Republique rouge! durch die Straßen. Um 8 Uhr waren die Boulevards von der Porte St. Denis bis zum Bastillenplatz mit Volksmassen bedeckt, welche die Losungsworte: „Droit au travail! Du pain ou du plomb! ausstießen. Zwei Puppen, die eine Louis-Napoleon, die andere Cavaignac vorstellend, wurden im Triumph herumgetragen und dann im Faubourg verbrannt. Später zog ein Trupp von mehreren Hundert Gamins nach dem Vendome-Platz, wo das Hotel des Prinzen ist, und in die aristocratischen Faubourgs St. Germain und St. Honoré, wobei sie nach der Melodie der „Lampions“
Cavaignac
S'en ira,
Cavaignac
Ou l' pendra.
Auf dem Vendome-Platz, unter der Säule des Kaisers, fand eine kolossale Prügelei zwischen den Freunden des Londoner Constablers und den republikanischen Polizisten, den „Tyroliens“ statt, wie sie das Volk nach ihren spitzen Freischäler-Hüten nennt. Auch in den Gallerien des Palais-Royal zeigten sich starke, drohende Gruppen; Patrouillen von Mobilen wurden zu ihrer Vertreibung beordert und die Bourgeois schlossen ihre Läden. Sämmtliche Clubs waren geschlossen.
Ueber die Stimmung der Mobilen giebt folgender Brief Aufschluß, den ein Sergeant des 15. Bataillons derselben an die Redaktion des „Peuple“ richtet. „Bürger Redakteur! Nach einem Kampf, den wir nicht provozirt haben, sind wir ein Gegenstand des Hasses der Parteien geworden, die sich gegen uns schlugen. Wir glaubten unsere Pflicht zu thun, wenn wir die Republik vertheidigten, für welche wir im Februar die Barrikaden errichtet hatten. Wir werden sie auch ferner mit derselben Energie vertheidigen, wenn Ränkemacher und Trabanten der Könige es wagen sollten, einen Thron wieder aufzurichten, den wir unter den Ruf: „Es lebe die Republik!“ verbrannt haben. Konnten wir im Juni anders handeln, da man uns versicherte, daß sich die Barrikaden nur im Ramen und durch das Geld der uns blutig verhaßten Prätendenten erhoben? Als freie Republikaner beklagen wir den Irrthum, der das Blut von Republikanern vergießen ließ‥‥ Mögen sich die Demokraten nicht über uns täuschen: wir sind Niemandes prätorianische Leibgarden, sondern nur die Soldaten der Zukunft, und wir werden mit Aufopferung unseres Lebens jedem monarchischen Attentat zu begegnen wissen!“
In den Wahlen scheint, wie nach dem gestern Abend bekannt gewordenen Stimmenverhältniß fast alle Morgenblätter zugestehen, Louis Napoleon die absolute Majorität über alle Concurrenten davon getragen zu haben. Der „Prinz“ soll bereits Hrn. Pagés zum Vize-Präsidenten designirt haben. Wie ein rothes Blatt dazu bemerkt, wäre dies ein Beweis von Dankbarkeit, denn Hr. Garnier-Pagés hat als Erfinder der 45 Centimen-Steuer nicht wenig dazu beigetragen, die Bauern gegen die Republik einzunehmen.
Was Hr. Ledru-Rollin und Raspail betrifft, so haben sich die Stimmen wider Erwarten getheilt; am ersten Tage der Wahl
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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