Neue Rheinische Zeitung. Nr. 172. Köln, 19. Dezember 1848.lungen, Hinrichtungen, nach wie vor. Einem weit verbreiteten Gerücht zufolge hat sich ein geheimer Verein gebildet, zu dem Zweck, für jeden Hingerichteten einen Offizier zu tödten. Ermordungen aus Rache werden jetzt so häufig, wie in dem heißblütigsten Theile Italiens. -- Nach der Erstürmung Wiens hatten die einrückenden Truppen der Statue Joseph's II. statt der deutschen Fahne eine schwarzgelbe in die Hand gegeben. Ein Wagehals hat in einer der letzen Nächte, trotz der dabei stehenden Schildwache, die schwarzgelbe Fahne herabgeholt. Entdeckt man ihn, so ist er einer Ladung von "Pulver und Blei" sofort gewiß. Aber dieser Eine Fall spricht über die hiesige Stimmung schon mehr als ein ganzer Bogen Raisonnements. -- Es heißt, daß Graf Schlick mit seinem Korps von 18,000 Mann von Gallizien aus in Ungarn eingedrungen sei und bereits Eperies bedeckt habe. So wird Ungarn von allen Seiten immer enger zusammengeschnürt. In Siebenbürgen sind die Russen eingerückt und drohen, im Einverständniß mit Windischgrätz und Konsorten, von Osten aus anzugreifen, wobei ihnen namentlich das servile Volk der Sachsen in Siebenbürgen hülfreiche Hand leisten wird. Im Süden dringen die Serben, Kroaten etc. vor; von Westen hier ziehen die Horden der Windischgrätze und wie die Spießgesellen des Absolutismus weiter heißen, mit großer Macht heran. Und Frankreich ist ruhig! Und Deutschland, dessen sogenannte Vertreter in Frankfurt so heuchlerischen Jubel über die Verbrüderungsanträge der Magyaren laut werden ließen, sind apathisch und stumm. Die Nemesis wird aber nur um so unvermutheter über sie kommen! Seit einigen Tagen finden auf dem Lande in der Nähe von Wien, ungemein viele Verhaftungen statt. Es sind größtentheils Studenten, welche sich Anfangs Novembers mit Passirscheinen versehen, aufs Land begaben, und nun von dort abgeholt werden. Die Ursache, daß man sie damals nicht verhaftete, war Mangel an Arrest-Lokalen. Pillau, 13. Dez. Von den 13 Militärs hiesiger Garnison (darunter Offiziere, Militärärzte, Feldwebel und Unteroffiziere) welche in Folge ihrer Unterschrift der Adresse an die National-Versammlung angeklagt und während der Untersuchung mit dem strengsten Festungsarrest belegt sind, haben am 9. d. Mts. drei Feldwebel ihre Freiheit erlangt und die Untersuchung gegen diese soll niedergeschlagen werden. Gegen die übrigen 10 wird die Untersuchung aber eifrig fortgesetzt und es bleibt der strengste Arrest über sie verhängt. (Osts.-Z.)Mähren. In Chorin bei Walachisch-Meseric nahmen Nationalgarden und Landvolk 56 Husaren, die aus Böhmen desertirt waren und durch Preußisch-Schlesien kommend nach Ungarn ziehen wollten, gefangen, und lieferten sie nach Meseric ab. 24 davon entliefen wieder. Ein Husar wurde erschlagen, Pferde wurden 80 eingefangen. Prag, 14. Dezember. Seit gestern circulirt in der Stadt das Gerücht, daß alle demokratischen Vereine aufgehoben werden, und daß die Slowanska Lipa und der Deutsche Verein darunter begriffen seien. Der Ministerialerlaß, der an den Vicepräsidenten erlassen wurde, lautet seinem wesentlichen Inhalte nach: Da alle unter dem Namen demokratische Vereine bestehenden und die andern, demokratische Tendenzen verfolgenden Vereine und Arbeiterklubs sowohl die öffentliche Ruhe als auch das Leben und Eigenthum Einzelner gefährden, werden Sie unter Ihrer Verantwortlichkeit aufgefodert, die in diese Kategorie gehörenden Vereine in Ihrer Provinz unverzüglich aufzulösen. Diese Nachricht brachte die ganze Stadt in Bewegung. In der Abends abgehaltenen Sitzung der Stadtverordneten theilte der Bürgermeister Dr. Wanka den Erlaß des Präsidiums an den Bürgermeister mit, worin ihm die Auflösung aufgetragen wird. Der Bürgermeister bemerkte aber, daß Vereine mit so destruktiven Tendenzen, wie sie das Präsidialschreiben bezeichnet, glücklicherweise in Prag nicht vorhanden, also auf Prag keine Anwendung fänden. Diese geschickte Wendung erhielt vielen Beifall, allein es ist dessenungeachtet nicht zu zweifeln, daß trotz derselben die Auflösung baldigst erfolgen werde. In derselben Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums kam ein Befehl des Fürsten Windischgrätz zur Sprache, um Einräumung der im Magistratsgebäude befindlichen Bürgerwehr-Hauptwache an das Militär. Man beschloß, dagegen energisch zu protestiren und es dem verantwortlichen Präsidenten der Landesstelle zu überlassen, ob er einen solchen Befehl auch in Ausführung bringen werde. (D. A. Z.) * Frankfurt, 16. Dez. Das offizielle Organ der Reichsohnmacht berichtet den Rücktritt des Hrn. Schmerling, bisherigen Hochverräthers am deutschen Volke und Intimus des Herrn Metternich; ferner die Entlassung des Herrn Würth, eines würdigen Kumpans des vorigen und drittens die Beseitigung eines Herrn Andrian, der sich in London auf Kosten des deutschen Volkes einige Zeit lang mit tiefen Studien über die beste Zubereitung von englischen Puddings, Pies, Jellies etc. beschäftigt hat. Frankfurt, 15. Dez. Ein böser Geist der Uneinigkeit ist mit unsern Frankfurter Linientruppen eingezogen. Diese und die Preußen stehen sich im feindlichsten Verhältniß einander gegenüber, und wenn nicht energisch eingeschritten wird, so haben wir noch stürmischere Ereignisse zu erwarten, als sie gestern Abend bei uns stattfanden. In mehreren Bier- und Apfelweinschenken entspann sich ein heftiger Streit zwischen den Frankfurtern und den mit ihnen verbündeten großherzoglich hessischen Soldaten und den Preußen. Letztere zogen überall den Kürzeren und wurden arg mißhandelt, aus den Wirthshäusern gejagt. Am tumultuarischsten ging es in der Nähe der sogenannten Konstablerwache her. Die Preußen, welche sich bisher von unsern Bürgern wohl verpflegt, sehr behaglich befunden haben, bezogen nur ungern die neue Kaserne im Graben, hinsichtlich deren Lage oder inneren Einrichtung sie bald dies, bald jenes auszusetzen hatten. Diese Unzufriedenheit, gepaart mit ihrer durch den Streit mit den Frankfurter und hessischen Soldaten veranlaßten Aufregung verleitete die Preußen, sich in ihrer Kaserne den größten Excessen zu überlassen. Sie zerschlugen hier Fenster und Möbel und was ihnen sonst unter die Hände kam, und der Schaden den sie anrichteten, ist um so empfindlicher, da sämmtliche Gegenstände mit vielem Geldaufwande neu angeschafft worden waren. Wie überall erzählt wird, so respektirten die wüthenden Soldaten weder die Warnungen noch die Befehle ihrer herbeigekommenen Oberen, indem sie höhnend das Heckerlied anstimmten und den Besungenen hoch leben ließen! Nur mit Mühe gelang es, die Ordnung wieder herzustellen. Der Groll der Frankfurter Soldaten gegen die Preußen soll in Schleswig-Holstein seinen Anfang genommen haben. Jene behaupten, von den Preußen mit Uebermuth behandelt worden zu sein, und auch die hessischen Soldaten glauben von den Preußen über die Achsel angesehen zu werden. Wie ich höre, vergingen sich die aufrührerischen Preußen in ihrer Kaserne selbst gegen den Stadtkommandanten, den preuß. Major Deetz. Morgen früh verlassen diese Truppen unsere Stadt und begeben sich -- wie man sagt zur Strafe -- nach Mainz! !!! Frankfurt, 16. Dezember. Sitzung der National-Versammlung. Tagesordnung: 1. Ergänzungswahl eines Mitgliedes in den völkerrechtlichen Ausschuß. (v. Vinke wurde gewählt). Es ist sehr leer und öde im Hause. Man zählt die Mitglieder. Beseler (aus Schleswig) sitzt auf dem Präsidentenstuhl. Schmerling ist nicht mehr, d. h. er ist nicht mehr Minister. Heinrich v. Gagern ist Ministerpräsident. Um 10 Uhr sind kaum 200 Abgeordnete da. Gagern ist nicht in der Sitzung, er hat angenommen, wie v. Beckerath gestern verbreitet hat. Präsident Beseler meldet, daß 20 Minuten vor 10 Uhr 123 Mitglieder anwesend waren und bittet, sich etwas früher einzufinden, da jede Stunde von Wichtigkeit sei. Hierauf genehmigt man das nie gehörte Protokoll. Linde wird beurlaubt, leider nur auf 8 Tage. Ein dringlicher Antrag von Schrott aus Wien wegen Ablösung des Bergzehnten wird nach langem Streit als nicht dringlich an den volkswirthschaftlichen Ausschuß verwiesen. Hierauf erledigt man die beiden ersten Punkte der Tagesordnung. Sehr viele Mitglieder der Linken erklären, sich bei der Wahl zum völkerrechtlichen Ausschuß nicht betheiligt zu haben, weil doch nie ein Abgeordneter von der Linken gewählt wird. Herr Riesser äußert hierüber von der Tribüne seine Entrüstung. Hierauf beginnt die Debatte über Punkt drei der Tagesordnung. Die Liste der Redner ist sehr bedeutend (durch ihre Zahl). Die Mitglieder der Minorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses v. Reden, Moritz Mohl, Eisenstuck, Schwarzenberg, v. Dieskau u. a. befinden sich unter den Rednern, welche die Vorlage eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands, entworfen vom Handelsminister von Duckwitz, bekämpfen. v. Reden spricht zuerst dagegen. Das Handelsministerium sei gar nicht geeignet, die Enquere zur Ausarbeitung des Handelsgesetzes zu übernehmen. Nur durch Einigung des Handelsministeriums mit den Betheiligten und dem volkswirthschaftlichen Ausschusse sei die Vorlage zu Stande zu bringen. (Centrum: Schluß:) Reden beweist u. a. daß sehr viele Handelsverträge, welche annoch zwischen den Staaten Deutschlands und auswärtigen bestehen, im Widerspruch sind mit den von der Majorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses vorgeschlagenen Anträgen. Diese Anträge der sehr schwachen Majorität lauten: 1. Die National-Versammlung ermächtiget die Centralgewalt, die Lösung der zwischen deutschen Einzelstaaten und fremden Nationen bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge, und erforderlichen Falles deren Umwandlung in Reichsverträge zu bewirken, auch neue Verträge dieser Art abzuschließen, alles unter Vorbehalt der Genehmigung der National-Versammlung. Dagegen der Entwurf der sehr starken Minorität dieses Ausschusses (Degenkolb, v. Dieskau, Eisenstuck, Hildebrand, Holland, Makowiczka, M. Mohl, Muller, v. R[e]den, Schwarzenberg): Entwurf eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands. 1. Die Einzelstaaten des deutschen Reichs werden zu einem Zoll- und Handelsgebiet vereinigt, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgränze, mit Wegfall aller Binnenzolle. Franke aus Schleswig spricht für die Majorität des Ausschusses, indem er Hrn. v. Reden angeifert. Er weiß nicht, ob v. Reden pro domo oder pro ministerio gesprochen hat. (Links: Oh!) Der Handelsminister von Duckwitz hat die Ueberzeugung, daß der Handelsminister eine Null ist, wenn er das Vertrauen dieses Hauses nicht hat, wie die Centralgewalt eine Null, wenn sie nicht ihre Stütze in diesem Hause hat. Er geht nun seine Wirksamkeit bisheran durch, und ist überzeugt, daß er das Vertrauen des Hauses verdient und hat. -- Er wird bei der Entscheidung der Handelsfragen Sachverständige zusammenberufen. Eine Diskussion über die vorliegenden Gesetze würde zu spät sein, weil die Gesetze schon vorliegen, er empfiehlt die Annahme des vorliegenden Entwurfs der Majorität. Er bekämpft schlüßlich die Einwande des Herrn von Reden und rechtfertigt seine Aufsätze in der Oberpostamtszeitung. Zu dieser Rechtfertigung bildet das rechte Centrum (besonders der Landsberg) das Echo! -- Die Annahme des Gesetzes der Minorität würde den Norden Deutschlands, dem er (der Minister) selbst angehört, verletzen! (Nun Herr Franke pro domo oder pro ministerio?) Er empfiehlt, nicht weiter zu diskutiren. Hierauf antwortet die Rechte und die Centren mit wüthendem Schlußruf, welcher sich, als dennoch Moritz Mohl die Tribüne besteigt, zur Raserei steigert. Das Vertrauensvotum für das Handelsministerium ist dennoch -- wenigstens nicht laut genug, denn Mohl gelangt zum Sprechen. Hierauf leert sich das ganze rechte Centrum und Mohl spricht für den Entwurf der Minorität des Ausschusses. Man schließt sodann die Debatte, und es spricht der Berichterstatter der Minorität. Eisenstuck. Die Blüthen des März sind vom Winterfrost dieses Hauses geknickt. Wegen dreier Fragen hat tagtaglich das Volk an die Thüren dieses Hauses geklopft, 1) wegen der Befreiung des Grund und Bodens, 2) wegen der Gewerbefreiheit und endlich 3) wegen der komerziellen Einheit Deutschlands. In dieser letzten Angelegenheit sind zahllose Petitionen mit 29,000 Unterschriften an das Haus gelangt. Das Wirken des Handelsministeriums sei so bedeutend nicht, jedenfalls habe es bei seinem Wirken für die Zolleinheit, vulgär zu reden, die Sache beim Schwanz angefaßt. Man habe nichts zu fragen nach einem Vertrauensvotum für das Handelsministerium, sondern nach der Rechtsfrage. Er schließt, wenn wirklich noch einmal das Gebäude der politischen deutschen Einheit (was zweifellos ist!) über unsern Häuptern zusammenbricht, dann gehe ich weiter als meine politischen Freunde, dann will ich mindestens es fur unsere Pflicht ansehen, aus diesen zusammenbrechenden Trümmern deutscher Einheit soviel als möglich von der materiellen Einheit für unser Volk zu retten, (warmer Beifall). Meine Herren, es liegen zwei motivirte Tagesordnungen vor; ich frage Sie, ob Sie über die für nächste Woche vorliegende Büdgetvorlage von 30 Millionen Gulden auch zur Tagesordnung überzugehen gedenken, über jene 30 Millionen Gulden, die man vom deutschen Volke verlangt, ohne ihm auch nur fur einen Pfennig Erleichterung verschafft zu haben? (Tiefe Stille -- sehr wahr! einzelne Stimmen.) Eisenstuck sagt, meine Herren ich schließe, (rechts Bravo -- links sehr laut: Ruhe!) nehmen Sie diesmal die Anträge der Majorität nicht an. -- (Die Rechte war sehr erbittert über diese Rede, sie muß wohl sehr gut gewesen sein. Dem kräftigen Schluß derselben folgte lang anhaltender Beifall vom halben Hause und den Tribünen.) -- Endlich sprach Stahl der Berichterstatter der Majorität des Ausschusses für diese. Bei der Abstimmung wurde dieser Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Majorität fast einstimmig verworfen. (Jordan von Berlin stand auf.) Der Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Minorität mit 262 Stimmen gegen 175 angenommen, und hierauf die 5 Anträge der Majorität des Ausschusses (wie oben) angenommen. Ein Zusatz von Höfken "Spätestens am 1. Mai 1849 sollen alle inneren Zollinien in Deutschland fallen u. s. f." wurde nur von der Linken angenommen, also verworfen. Einer von Moritz Mohl dito. Präsident Beseler theilt ein Schreiben des Erzherzogs Johann (Reichsverweser) mit, durch welches dem Ritter Anton von Schm[e]rling und dem Unterstaatssekretär von Würth Dimission ertheilt wird. H. von Gagern meldet dem Hause mit tiefgerührter Stimme, daß, nachdem zu seinem Schmerz Männer wie von Schmerling und von Würth abgedankt, er ins Ministerium getreten, und heut seine Stelle als Präsident der hohen Versammlung niederlege. Noch gerührter fährt er fort: Nicht Ehrgeiz spornt mich, mein Ehrgeiz hatte hier an dieser Stelle volle Befriedigung gefunden; auch nicht Ueberschätzung meiner schwachen Kräfte, ich rechne auf die starke Unterstützung des Reichsverwesers und dieses hohen Hauses. (3/4 des Hauses klatschten gewaltig in die Hände -- hierauf beschließt man ehrfurchtsvoll sich zu vertagen, und alles ist wieder gut! -- Gott schütze Deutschland! --) Tagesordnung für Montag: 1) Wahl des ersten Präsidenten an Gagerns Stelle, 2) Fortsetzung des Entwurfs "der Reichstag". 126 Hamburg, 14. Dez. Die konstitutionelle Versammlung ward heute 1/4 nach 2 Uhr durch den Alterspräsidenten, Oberstlieutenant Mettlerkamp eröffnet und für konstituirt erklärt. Die provisorische Geschäftsordnung ward nach Hinzufügung eines Amendements, daß dieselbe keinen Einfluß auf die Debatte über die Eidesleistung haben soll, angenommen, und wird bis zur Berathung der Geschäftsordnung als wirklich provisorische fortbestehen. Nach der Geschäftsordnung werden die Vorstandsmitglieder auf 4 Wochen gewählt. Zum ersten Präsidenten wurde ernannt Dr. Baumeister mit 141 Stimmen von 181. Zum ersten Vicepräsidenten Senator Lutteroth mit 132 Stimmen von 181; zum zweiten Vecepräsidenten Dr. Versmann mit 129 Stimmen von 181. Zum ersten Sekretär Dr. Cropp mit 157, zum zweiten Dr. Lazarus mit 151, zum dritten Dr. Beckendorf mit 133, und zum vierten Sekretär W. F. Schütt mit 133 Stimmen ernannt. Somit ist denn allen Parteien bei dem Vorstande vorgestanden. Der Präsident Dr. Baumeister, Präsident des deutschen Klubs und der eigentliche Führer der ganzen Bewegung, ist ein Mann des linken Centrums, der 2te Präsident, Senator Lutteroth, ist ein Mann des rechten Centrums, der 3te Präsident, Dr. Versmann, gehört der Linken an; ebenso vertreten die 4 Sekretäre die verschiedenen Parteien, Dr. Cropp die Rechte, Dr. Lazarus das linke Centrum, Dr. Beckendorf das rechte Centrum und W. F. Schütt die Linke. Die äußerste Linke scheint sich jede Wahl vorerst verboten zu haben, um sich desto eifriger bei der Debatte betheiligen zu können; ihr gehören an W. Marr, Hagen, Löwe, Dr. Trittau und Dr. Galwis. * Hamburg, 15. Dez. Die konstituirende Versammlung beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit Anträgen über den im Rath- und Bürgerschluß vom 7. Sept. für die Mitglieder der Konstituante festgesetzten Eid. Ein Theil der Anträge will "Vereinbarung" mit der annoch regierenden Sippschaft, ein anderer Theil der Anträge dringt energisch auf Wahrung der Volkssouverainetät. Namentlich sind es die H. H. Jacobsen, Dr. Ree und Dr. Wille, welche die Vereinbarungsideen auf's kräftigste bekämpfen. Ungarn. 68 Preßburg, 13. Dez. Was längst vorausgesehen wurde, ist geschehen. Die Russen sind in Siebenbürgen eingerückt und haben Kronstadt besetzt. Somit sind sie Herr einer Festung, die wegen des nach der Walachei führenden Gebirgspasses höchst wichtig ist. Jetzt werden wohl auch dem Blödesten die Augen aufgehen über die zwischen Rußland, Oestreich und Preußen verabredeten Pläne, über die Verschwörung des Absolutismus gegen alle und jede Freiheitsbestrebungen in Mittel-, Süd- und West-Europa. Französische Republik. 19 Paris, 16. Dez. Seit vorgestern Abend hat das Gouvernement wieder die großartigsten Anstalten zu einer Straßenschlacht getroffen. Die Mobilen und Nationalgarden marschiren von 6 Uhr bis Mitternacht durch alle Quartiers, an ihrer Spitze eine Kolonne Polizisten, welche "zuerst allein" den Versuch machen sollen, die Attroupements zu zerstreuen. Maueranschläge sind erlassen, worin die freien Citoyens bei Strafe von drei bis zwölf Monaten vor Betheiligung an "Zusammenkünften", bei 1-5 Jahren vor Tragen von Waffen vor oder nach Mitternacht u s. w. gewarnt werden. In den meisten Stadttheilen, sogar in Straßen wie die Rue Lafitte, sind von 20-20 Schritten Schildwachen aufgestellt; nach dem Hotel-de-Ville, welches den ganzen Tag von Bajonetten umzäumt war, und dem Faubourg St. Antoine sah ich am Donnerstag Morgen ganze Reihen Munitionswagen unter der Eskorte des 14. Regiments sich bewegen, desselben Regiments, welches im Februar vor dem Hotel Guizots zuerst auf das Volk schoß; und selbst die ehrbare Nationalversammlung, Montagne wie Rue Poitiers hat sich außer den gewöhnlichen Nationalgarden (bekanntlich werden zu diesem Elitendienst die Juden und Banquiersjungen kommandirt, die kein Pulver riechen können,) noch ein Bataillon Infanterie und und eine Schwadron Dragoner zu Thürstehern genommen. Gestern Morgen dirigirte man neue Truppen nach dem Hotel der Invaliden, vor welchen in den ehemaligen breiten Alleen bis zur Seine bereits seit dem Juni ein vollständiges Winterlager von kleinen steinernen Hütten für die Mobilen errichtet ist. Die armen Invaliden! Es handelte sich um nichts Geringeres, als den Jahrestag der Ankunft der kaiserlichen Asche, um eine "stille Messe" im Dom, an welcher der Exkönig von Westphalen, der Deputirte Jerome, die Invalidengenerale Montholon, Pyat und einige neuerwachsene Champions der "Kaiserfamilie" Theil nahmen. Der "Prinz Napoleon", der neue Keuschheitswächter unserer prostituirten Bourgeois-Republik, nahm an dieser Messe gar keinen Theil; er hatte bereits am Abend vorher "im Stillen" an dem Grabe sein Gebet verrichtet, ohne Zweifel, um die Manen seines Oheims für die ihm gespielte Farce um Verzeihung zu bitten. Nur das Gouvernement der honetten Boutiken-Republik zitterte auch hier vor den Ausbrüchen der gewitterheißen Pariser Luft, vor den Gespenstern der Zerstörung, die es hinter den Stelzfüßen und Armstummeln der armen kaiserlichen Invaliden zu sehen glaubte. Das Volk behält indeß seine drohende Haltung bei. Von dem Boulevard St. Denis bis zum Bastillenplatz, in den Faubourgs und an den Barrieren dieselben lauten, stürmischen Versammlungen jeden Abend. Wie sie an dem einen Ende auseinandergedrängt werden, sind sie an dem andern in derselben Gestalt schon wieder beisammen. Die Klubführer, die einen neuen Plan gefaßt haben, thuen übrigens das Ihrige, um vor der Hand den Ausbruch des Kampfes noch zu verschieben, und bei der fast militärischen Organisation der ganzen revolutionären Partei in Paris wird es ihnen wahrscheinlich gelingen. Ihre Absicht, die ihnen die doktrinären Montagnards eingeblasen haben, ist, die zwei Wintermonate noch zu warten, bis Napoleon sich durch seine jesuitische Umgebung unpopulär gemacht hat und seine Partei wieder in ihre "Elemente" zerfallen ist. Die Klubführer und Montagnards fürchten sich Angesichts der ungeheuern Majorität für die Napoleonische Kandidatur; die Furcht ist überhaupt in diesem Augenblick die Führerin aller Führer. Napolen fürchtet Cavaignac, den er für entschlossen hält, durch Provocation einer Emeute den Bonapartisten sowohl wie den Rothen einen Kampf auf Leben und Tod zu bieten; Grund, weshalb sich der "Prinz" dem Junischlächter genähert und ihm das Hierzu eine Beilage. lungen, Hinrichtungen, nach wie vor. Einem weit verbreiteten Gerücht zufolge hat sich ein geheimer Verein gebildet, zu dem Zweck, für jeden Hingerichteten einen Offizier zu tödten. Ermordungen aus Rache werden jetzt so häufig, wie in dem heißblütigsten Theile Italiens. — Nach der Erstürmung Wiens hatten die einrückenden Truppen der Statue Joseph's II. statt der deutschen Fahne eine schwarzgelbe in die Hand gegeben. Ein Wagehals hat in einer der letzen Nächte, trotz der dabei stehenden Schildwache, die schwarzgelbe Fahne herabgeholt. Entdeckt man ihn, so ist er einer Ladung von „Pulver und Blei“ sofort gewiß. Aber dieser Eine Fall spricht über die hiesige Stimmung schon mehr als ein ganzer Bogen Raisonnements. — Es heißt, daß Graf Schlick mit seinem Korps von 18,000 Mann von Gallizien aus in Ungarn eingedrungen sei und bereits Eperies bedeckt habe. So wird Ungarn von allen Seiten immer enger zusammengeschnürt. In Siebenbürgen sind die Russen eingerückt und drohen, im Einverständniß mit Windischgrätz und Konsorten, von Osten aus anzugreifen, wobei ihnen namentlich das servile Volk der Sachsen in Siebenbürgen hülfreiche Hand leisten wird. Im Süden dringen die Serben, Kroaten etc. vor; von Westen hier ziehen die Horden der Windischgrätze und wie die Spießgesellen des Absolutismus weiter heißen, mit großer Macht heran. Und Frankreich ist ruhig! Und Deutschland, dessen sogenannte Vertreter in Frankfurt so heuchlerischen Jubel über die Verbrüderungsanträge der Magyaren laut werden ließen, sind apathisch und stumm. Die Nemesis wird aber nur um so unvermutheter über sie kommen! Seit einigen Tagen finden auf dem Lande in der Nähe von Wien, ungemein viele Verhaftungen statt. Es sind größtentheils Studenten, welche sich Anfangs Novembers mit Passirscheinen versehen, aufs Land begaben, und nun von dort abgeholt werden. Die Ursache, daß man sie damals nicht verhaftete, war Mangel an Arrest-Lokalen. Pillau, 13. Dez. Von den 13 Militärs hiesiger Garnison (darunter Offiziere, Militärärzte, Feldwebel und Unteroffiziere) welche in Folge ihrer Unterschrift der Adresse an die National-Versammlung angeklagt und während der Untersuchung mit dem strengsten Festungsarrest belegt sind, haben am 9. d. Mts. drei Feldwebel ihre Freiheit erlangt und die Untersuchung gegen diese soll niedergeschlagen werden. Gegen die übrigen 10 wird die Untersuchung aber eifrig fortgesetzt und es bleibt der strengste Arrest über sie verhängt. (Osts.-Z.)Mähren. In Chorin bei Walachisch-Meseric nahmen Nationalgarden und Landvolk 56 Husaren, die aus Böhmen desertirt waren und durch Preußisch-Schlesien kommend nach Ungarn ziehen wollten, gefangen, und lieferten sie nach Meseric ab. 24 davon entliefen wieder. Ein Husar wurde erschlagen, Pferde wurden 80 eingefangen. Prag, 14. Dezember. Seit gestern circulirt in der Stadt das Gerücht, daß alle demokratischen Vereine aufgehoben werden, und daß die Slowanska Lipa und der Deutsche Verein darunter begriffen seien. Der Ministerialerlaß, der an den Vicepräsidenten erlassen wurde, lautet seinem wesentlichen Inhalte nach: Da alle unter dem Namen demokratische Vereine bestehenden und die andern, demokratische Tendenzen verfolgenden Vereine und Arbeiterklubs sowohl die öffentliche Ruhe als auch das Leben und Eigenthum Einzelner gefährden, werden Sie unter Ihrer Verantwortlichkeit aufgefodert, die in diese Kategorie gehörenden Vereine in Ihrer Provinz unverzüglich aufzulösen. Diese Nachricht brachte die ganze Stadt in Bewegung. In der Abends abgehaltenen Sitzung der Stadtverordneten theilte der Bürgermeister Dr. Wanka den Erlaß des Präsidiums an den Bürgermeister mit, worin ihm die Auflösung aufgetragen wird. Der Bürgermeister bemerkte aber, daß Vereine mit so destruktiven Tendenzen, wie sie das Präsidialschreiben bezeichnet, glücklicherweise in Prag nicht vorhanden, also auf Prag keine Anwendung fänden. Diese geschickte Wendung erhielt vielen Beifall, allein es ist dessenungeachtet nicht zu zweifeln, daß trotz derselben die Auflösung baldigst erfolgen werde. In derselben Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums kam ein Befehl des Fürsten Windischgrätz zur Sprache, um Einräumung der im Magistratsgebäude befindlichen Bürgerwehr-Hauptwache an das Militär. Man beschloß, dagegen energisch zu protestiren und es dem verantwortlichen Präsidenten der Landesstelle zu überlassen, ob er einen solchen Befehl auch in Ausführung bringen werde. (D. A. Z.) * Frankfurt, 16. Dez. Das offizielle Organ der Reichsohnmacht berichtet den Rücktritt des Hrn. Schmerling, bisherigen Hochverräthers am deutschen Volke und Intimus des Herrn Metternich; ferner die Entlassung des Herrn Würth, eines würdigen Kumpans des vorigen und drittens die Beseitigung eines Herrn Andrian, der sich in London auf Kosten des deutschen Volkes einige Zeit lang mit tiefen Studien über die beste Zubereitung von englischen Puddings, Pies, Jellies etc. beschäftigt hat. Frankfurt, 15. Dez. Ein böser Geist der Uneinigkeit ist mit unsern Frankfurter Linientruppen eingezogen. Diese und die Preußen stehen sich im feindlichsten Verhältniß einander gegenüber, und wenn nicht energisch eingeschritten wird, so haben wir noch stürmischere Ereignisse zu erwarten, als sie gestern Abend bei uns stattfanden. In mehreren Bier- und Apfelweinschenken entspann sich ein heftiger Streit zwischen den Frankfurtern und den mit ihnen verbündeten großherzoglich hessischen Soldaten und den Preußen. Letztere zogen überall den Kürzeren und wurden arg mißhandelt, aus den Wirthshäusern gejagt. Am tumultuarischsten ging es in der Nähe der sogenannten Konstablerwache her. Die Preußen, welche sich bisher von unsern Bürgern wohl verpflegt, sehr behaglich befunden haben, bezogen nur ungern die neue Kaserne im Graben, hinsichtlich deren Lage oder inneren Einrichtung sie bald dies, bald jenes auszusetzen hatten. Diese Unzufriedenheit, gepaart mit ihrer durch den Streit mit den Frankfurter und hessischen Soldaten veranlaßten Aufregung verleitete die Preußen, sich in ihrer Kaserne den größten Excessen zu überlassen. Sie zerschlugen hier Fenster und Möbel und was ihnen sonst unter die Hände kam, und der Schaden den sie anrichteten, ist um so empfindlicher, da sämmtliche Gegenstände mit vielem Geldaufwande neu angeschafft worden waren. Wie überall erzählt wird, so respektirten die wüthenden Soldaten weder die Warnungen noch die Befehle ihrer herbeigekommenen Oberen, indem sie höhnend das Heckerlied anstimmten und den Besungenen hoch leben ließen! Nur mit Mühe gelang es, die Ordnung wieder herzustellen. Der Groll der Frankfurter Soldaten gegen die Preußen soll in Schleswig-Holstein seinen Anfang genommen haben. Jene behaupten, von den Preußen mit Uebermuth behandelt worden zu sein, und auch die hessischen Soldaten glauben von den Preußen über die Achsel angesehen zu werden. Wie ich höre, vergingen sich die aufrührerischen Preußen in ihrer Kaserne selbst gegen den Stadtkommandanten, den preuß. Major Deetz. Morgen früh verlassen diese Truppen unsere Stadt und begeben sich — wie man sagt zur Strafe — nach Mainz! !!! Frankfurt, 16. Dezember. Sitzung der National-Versammlung. Tagesordnung: 1. Ergänzungswahl eines Mitgliedes in den völkerrechtlichen Ausschuß. (v. Vinke wurde gewählt). Es ist sehr leer und öde im Hause. Man zählt die Mitglieder. Beseler (aus Schleswig) sitzt auf dem Präsidentenstuhl. Schmerling ist nicht mehr, d. h. er ist nicht mehr Minister. Heinrich v. Gagern ist Ministerpräsident. Um 10 Uhr sind kaum 200 Abgeordnete da. Gagern ist nicht in der Sitzung, er hat angenommen, wie v. Beckerath gestern verbreitet hat. Präsident Beseler meldet, daß 20 Minuten vor 10 Uhr 123 Mitglieder anwesend waren und bittet, sich etwas früher einzufinden, da jede Stunde von Wichtigkeit sei. Hierauf genehmigt man das nie gehörte Protokoll. Linde wird beurlaubt, leider nur auf 8 Tage. Ein dringlicher Antrag von Schrott aus Wien wegen Ablösung des Bergzehnten wird nach langem Streit als nicht dringlich an den volkswirthschaftlichen Ausschuß verwiesen. Hierauf erledigt man die beiden ersten Punkte der Tagesordnung. Sehr viele Mitglieder der Linken erklären, sich bei der Wahl zum völkerrechtlichen Ausschuß nicht betheiligt zu haben, weil doch nie ein Abgeordneter von der Linken gewählt wird. Herr Riesser äußert hierüber von der Tribüne seine Entrüstung. Hierauf beginnt die Debatte über Punkt drei der Tagesordnung. Die Liste der Redner ist sehr bedeutend (durch ihre Zahl). Die Mitglieder der Minorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses v. Reden, Moritz Mohl, Eisenstuck, Schwarzenberg, v. Dieskau u. a. befinden sich unter den Rednern, welche die Vorlage eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands, entworfen vom Handelsminister von Duckwitz, bekämpfen. v. Reden spricht zuerst dagegen. Das Handelsministerium sei gar nicht geeignet, die Enquere zur Ausarbeitung des Handelsgesetzes zu übernehmen. Nur durch Einigung des Handelsministeriums mit den Betheiligten und dem volkswirthschaftlichen Ausschusse sei die Vorlage zu Stande zu bringen. (Centrum: Schluß:) Reden beweist u. a. daß sehr viele Handelsverträge, welche annoch zwischen den Staaten Deutschlands und auswärtigen bestehen, im Widerspruch sind mit den von der Majorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses vorgeschlagenen Anträgen. Diese Anträge der sehr schwachen Majorität lauten: 1. Die National-Versammlung ermächtiget die Centralgewalt, die Lösung der zwischen deutschen Einzelstaaten und fremden Nationen bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge, und erforderlichen Falles deren Umwandlung in Reichsverträge zu bewirken, auch neue Verträge dieser Art abzuschließen, alles unter Vorbehalt der Genehmigung der National-Versammlung. Dagegen der Entwurf der sehr starken Minorität dieses Ausschusses (Degenkolb, v. Dieskau, Eisenstuck, Hildebrand, Holland, Makowiczka, M. Mohl, Muller, v. R[e]den, Schwarzenberg): Entwurf eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands. 1. Die Einzelstaaten des deutschen Reichs werden zu einem Zoll- und Handelsgebiet vereinigt, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgränze, mit Wegfall aller Binnenzolle. Franke aus Schleswig spricht für die Majorität des Ausschusses, indem er Hrn. v. Reden angeifert. Er weiß nicht, ob v. Reden pro domo oder pro ministerio gesprochen hat. (Links: Oh!) Der Handelsminister von Duckwitz hat die Ueberzeugung, daß der Handelsminister eine Null ist, wenn er das Vertrauen dieses Hauses nicht hat, wie die Centralgewalt eine Null, wenn sie nicht ihre Stütze in diesem Hause hat. Er geht nun seine Wirksamkeit bisheran durch, und ist überzeugt, daß er das Vertrauen des Hauses verdient und hat. — Er wird bei der Entscheidung der Handelsfragen Sachverständige zusammenberufen. Eine Diskussion über die vorliegenden Gesetze würde zu spät sein, weil die Gesetze schon vorliegen, er empfiehlt die Annahme des vorliegenden Entwurfs der Majorität. Er bekämpft schlüßlich die Einwande des Herrn von Reden und rechtfertigt seine Aufsätze in der Oberpostamtszeitung. Zu dieser Rechtfertigung bildet das rechte Centrum (besonders der Landsberg) das Echo! — Die Annahme des Gesetzes der Minorität würde den Norden Deutschlands, dem er (der Minister) selbst angehört, verletzen! (Nun Herr Franke pro domo oder pro ministerio?) Er empfiehlt, nicht weiter zu diskutiren. Hierauf antwortet die Rechte und die Centren mit wüthendem Schlußruf, welcher sich, als dennoch Moritz Mohl die Tribüne besteigt, zur Raserei steigert. Das Vertrauensvotum für das Handelsministerium ist dennoch — wenigstens nicht laut genug, denn Mohl gelangt zum Sprechen. Hierauf leert sich das ganze rechte Centrum und Mohl spricht für den Entwurf der Minorität des Ausschusses. Man schließt sodann die Debatte, und es spricht der Berichterstatter der Minorität. Eisenstuck. Die Blüthen des März sind vom Winterfrost dieses Hauses geknickt. Wegen dreier Fragen hat tagtaglich das Volk an die Thüren dieses Hauses geklopft, 1) wegen der Befreiung des Grund und Bodens, 2) wegen der Gewerbefreiheit und endlich 3) wegen der komerziellen Einheit Deutschlands. In dieser letzten Angelegenheit sind zahllose Petitionen mit 29,000 Unterschriften an das Haus gelangt. Das Wirken des Handelsministeriums sei so bedeutend nicht, jedenfalls habe es bei seinem Wirken für die Zolleinheit, vulgär zu reden, die Sache beim Schwanz angefaßt. Man habe nichts zu fragen nach einem Vertrauensvotum für das Handelsministerium, sondern nach der Rechtsfrage. Er schließt, wenn wirklich noch einmal das Gebäude der politischen deutschen Einheit (was zweifellos ist!) über unsern Häuptern zusammenbricht, dann gehe ich weiter als meine politischen Freunde, dann will ich mindestens es fur unsere Pflicht ansehen, aus diesen zusammenbrechenden Trümmern deutscher Einheit soviel als möglich von der materiellen Einheit für unser Volk zu retten, (warmer Beifall). Meine Herren, es liegen zwei motivirte Tagesordnungen vor; ich frage Sie, ob Sie über die für nächste Woche vorliegende Büdgetvorlage von 30 Millionen Gulden auch zur Tagesordnung überzugehen gedenken, über jene 30 Millionen Gulden, die man vom deutschen Volke verlangt, ohne ihm auch nur fur einen Pfennig Erleichterung verschafft zu haben? (Tiefe Stille — sehr wahr! einzelne Stimmen.) Eisenstuck sagt, meine Herren ich schließe, (rechts Bravo — links sehr laut: Ruhe!) nehmen Sie diesmal die Anträge der Majorität nicht an. — (Die Rechte war sehr erbittert über diese Rede, sie muß wohl sehr gut gewesen sein. Dem kräftigen Schluß derselben folgte lang anhaltender Beifall vom halben Hause und den Tribünen.) — Endlich sprach Stahl der Berichterstatter der Majorität des Ausschusses für diese. Bei der Abstimmung wurde dieser Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Majorität fast einstimmig verworfen. (Jordan von Berlin stand auf.) Der Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Minorität mit 262 Stimmen gegen 175 angenommen, und hierauf die 5 Anträge der Majorität des Ausschusses (wie oben) angenommen. Ein Zusatz von Höfken „Spätestens am 1. Mai 1849 sollen alle inneren Zollinien in Deutschland fallen u. s. f.“ wurde nur von der Linken angenommen, also verworfen. Einer von Moritz Mohl dito. Präsident Beseler theilt ein Schreiben des Erzherzogs Johann (Reichsverweser) mit, durch welches dem Ritter Anton von Schm[e]rling und dem Unterstaatssekretär von Würth Dimission ertheilt wird. H. von Gagern meldet dem Hause mit tiefgerührter Stimme, daß, nachdem zu seinem Schmerz Männer wie von Schmerling und von Würth abgedankt, er ins Ministerium getreten, und heut seine Stelle als Präsident der hohen Versammlung niederlege. Noch gerührter fährt er fort: Nicht Ehrgeiz spornt mich, mein Ehrgeiz hatte hier an dieser Stelle volle Befriedigung gefunden; auch nicht Ueberschätzung meiner schwachen Kräfte, ich rechne auf die starke Unterstützung des Reichsverwesers und dieses hohen Hauses. (3/4 des Hauses klatschten gewaltig in die Hände — hierauf beschließt man ehrfurchtsvoll sich zu vertagen, und alles ist wieder gut! — Gott schütze Deutschland! —) Tagesordnung für Montag: 1) Wahl des ersten Präsidenten an Gagerns Stelle, 2) Fortsetzung des Entwurfs „der Reichstag“. 126 Hamburg, 14. Dez. Die konstitutionelle Versammlung ward heute 1/4 nach 2 Uhr durch den Alterspräsidenten, Oberstlieutenant Mettlerkamp eröffnet und für konstituirt erklärt. Die provisorische Geschäftsordnung ward nach Hinzufügung eines Amendements, daß dieselbe keinen Einfluß auf die Debatte über die Eidesleistung haben soll, angenommen, und wird bis zur Berathung der Geschäftsordnung als wirklich provisorische fortbestehen. Nach der Geschäftsordnung werden die Vorstandsmitglieder auf 4 Wochen gewählt. Zum ersten Präsidenten wurde ernannt Dr. Baumeister mit 141 Stimmen von 181. Zum ersten Vicepräsidenten Senator Lutteroth mit 132 Stimmen von 181; zum zweiten Vecepräsidenten Dr. Versmann mit 129 Stimmen von 181. Zum ersten Sekretär Dr. Cropp mit 157, zum zweiten Dr. Lazarus mit 151, zum dritten Dr. Beckendorf mit 133, und zum vierten Sekretär W. F. Schütt mit 133 Stimmen ernannt. Somit ist denn allen Parteien bei dem Vorstande vorgestanden. Der Präsident Dr. Baumeister, Präsident des deutschen Klubs und der eigentliche Führer der ganzen Bewegung, ist ein Mann des linken Centrums, der 2te Präsident, Senator Lutteroth, ist ein Mann des rechten Centrums, der 3te Präsident, Dr. Versmann, gehört der Linken an; ebenso vertreten die 4 Sekretäre die verschiedenen Parteien, Dr. Cropp die Rechte, Dr. Lazarus das linke Centrum, Dr. Beckendorf das rechte Centrum und W. F. Schütt die Linke. Die äußerste Linke scheint sich jede Wahl vorerst verboten zu haben, um sich desto eifriger bei der Debatte betheiligen zu können; ihr gehören an W. Marr, Hagen, Löwe, Dr. Trittau und Dr. Galwis. * Hamburg, 15. Dez. Die konstituirende Versammlung beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit Anträgen über den im Rath- und Bürgerschluß vom 7. Sept. für die Mitglieder der Konstituante festgesetzten Eid. Ein Theil der Anträge will „Vereinbarung“ mit der annoch regierenden Sippschaft, ein anderer Theil der Anträge dringt energisch auf Wahrung der Volkssouverainetät. Namentlich sind es die H. H. Jacobsen, Dr. Ree und Dr. Wille, welche die Vereinbarungsideen auf's kräftigste bekämpfen. Ungarn. 68 Preßburg, 13. Dez. Was längst vorausgesehen wurde, ist geschehen. Die Russen sind in Siebenbürgen eingerückt und haben Kronstadt besetzt. Somit sind sie Herr einer Festung, die wegen des nach der Walachei führenden Gebirgspasses höchst wichtig ist. Jetzt werden wohl auch dem Blödesten die Augen aufgehen über die zwischen Rußland, Oestreich und Preußen verabredeten Pläne, über die Verschwörung des Absolutismus gegen alle und jede Freiheitsbestrebungen in Mittel-, Süd- und West-Europa. Französische Republik. 19 Paris, 16. Dez. Seit vorgestern Abend hat das Gouvernement wieder die großartigsten Anstalten zu einer Straßenschlacht getroffen. Die Mobilen und Nationalgarden marschiren von 6 Uhr bis Mitternacht durch alle Quartiers, an ihrer Spitze eine Kolonne Polizisten, welche „zuerst allein“ den Versuch machen sollen, die Attroupements zu zerstreuen. Maueranschläge sind erlassen, worin die freien Citoyens bei Strafe von drei bis zwölf Monaten vor Betheiligung an „Zusammenkünften“, bei 1-5 Jahren vor Tragen von Waffen vor oder nach Mitternacht u s. w. gewarnt werden. In den meisten Stadttheilen, sogar in Straßen wie die Rue Lafitte, sind von 20-20 Schritten Schildwachen aufgestellt; nach dem Hotel-de-Ville, welches den ganzen Tag von Bajonetten umzäumt war, und dem Faubourg St. Antoine sah ich am Donnerstag Morgen ganze Reihen Munitionswagen unter der Eskorte des 14. Regiments sich bewegen, desselben Regiments, welches im Februar vor dem Hotel Guizots zuerst auf das Volk schoß; und selbst die ehrbare Nationalversammlung, Montagne wie Rue Poitiers hat sich außer den gewöhnlichen Nationalgarden (bekanntlich werden zu diesem Elitendienst die Juden und Banquiersjungen kommandirt, die kein Pulver riechen können,) noch ein Bataillon Infanterie und und eine Schwadron Dragoner zu Thürstehern genommen. Gestern Morgen dirigirte man neue Truppen nach dem Hotel der Invaliden, vor welchen in den ehemaligen breiten Alleen bis zur Seine bereits seit dem Juni ein vollständiges Winterlager von kleinen steinernen Hütten für die Mobilen errichtet ist. Die armen Invaliden! Es handelte sich um nichts Geringeres, als den Jahrestag der Ankunft der kaiserlichen Asche, um eine „stille Messe“ im Dom, an welcher der Exkönig von Westphalen, der Deputirte Jerome, die Invalidengenerale Montholon, Pyat und einige neuerwachsene Champions der „Kaiserfamilie“ Theil nahmen. Der „Prinz Napoleon“, der neue Keuschheitswächter unserer prostituirten Bourgeois-Republik, nahm an dieser Messe gar keinen Theil; er hatte bereits am Abend vorher „im Stillen“ an dem Grabe sein Gebet verrichtet, ohne Zweifel, um die Manen seines Oheims für die ihm gespielte Farce um Verzeihung zu bitten. Nur das Gouvernement der honetten Boutiken-Republik zitterte auch hier vor den Ausbrüchen der gewitterheißen Pariser Luft, vor den Gespenstern der Zerstörung, die es hinter den Stelzfüßen und Armstummeln der armen kaiserlichen Invaliden zu sehen glaubte. Das Volk behält indeß seine drohende Haltung bei. Von dem Boulevard St. Denis bis zum Bastillenplatz, in den Faubourgs und an den Barrieren dieselben lauten, stürmischen Versammlungen jeden Abend. Wie sie an dem einen Ende auseinandergedrängt werden, sind sie an dem andern in derselben Gestalt schon wieder beisammen. Die Klubführer, die einen neuen Plan gefaßt haben, thuen übrigens das Ihrige, um vor der Hand den Ausbruch des Kampfes noch zu verschieben, und bei der fast militärischen Organisation der ganzen revolutionären Partei in Paris wird es ihnen wahrscheinlich gelingen. Ihre Absicht, die ihnen die doktrinären Montagnards eingeblasen haben, ist, die zwei Wintermonate noch zu warten, bis Napoleon sich durch seine jesuitische Umgebung unpopulär gemacht hat und seine Partei wieder in ihre „Elemente“ zerfallen ist. Die Klubführer und Montagnards fürchten sich Angesichts der ungeheuern Majorität für die Napoleonische Kandidatur; die Furcht ist überhaupt in diesem Augenblick die Führerin aller Führer. Napolen fürchtet Cavaignac, den er für entschlossen hält, durch Provocation einer Emeute den Bonapartisten sowohl wie den Rothen einen Kampf auf Leben und Tod zu bieten; Grund, weshalb sich der „Prinz“ dem Junischlächter genähert und ihm das Hierzu eine Beilage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar172_015" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="0930"/> lungen, Hinrichtungen, nach wie vor. Einem weit verbreiteten Gerücht zufolge hat sich ein geheimer Verein gebildet, zu dem Zweck, für jeden Hingerichteten einen Offizier zu tödten. Ermordungen aus Rache werden jetzt so häufig, wie in dem heißblütigsten Theile Italiens. — Nach der Erstürmung Wiens hatten die einrückenden Truppen der Statue Joseph's II. statt der <hi rendition="#g">deutschen</hi> Fahne eine <hi rendition="#g">schwarzgelbe</hi> in die Hand gegeben. Ein Wagehals hat in einer der letzen Nächte, trotz der dabei stehenden Schildwache, die schwarzgelbe Fahne herabgeholt. Entdeckt man ihn, so ist er einer Ladung von „Pulver und Blei“ sofort gewiß. Aber dieser Eine Fall spricht über die hiesige Stimmung schon mehr als ein ganzer Bogen Raisonnements. — Es heißt, daß Graf Schlick mit seinem Korps von 18,000 Mann von Gallizien aus in Ungarn eingedrungen sei und bereits Eperies bedeckt habe. So wird Ungarn von allen Seiten immer enger zusammengeschnürt. In Siebenbürgen sind die Russen eingerückt und drohen, im Einverständniß mit Windischgrätz und Konsorten, von Osten aus anzugreifen, wobei ihnen namentlich das servile Volk der Sachsen in Siebenbürgen hülfreiche Hand leisten wird. Im Süden dringen die Serben, Kroaten etc. vor; von Westen hier ziehen die Horden der Windischgrätze und wie die Spießgesellen des Absolutismus weiter heißen, mit großer Macht heran. Und Frankreich ist ruhig! Und Deutschland, dessen sogenannte Vertreter in Frankfurt so heuchlerischen Jubel über die Verbrüderungsanträge der Magyaren laut werden ließen, sind apathisch und stumm. Die Nemesis wird aber nur um so unvermutheter über sie kommen!</p> <p>Seit einigen Tagen finden auf dem Lande in der Nähe von Wien, ungemein viele Verhaftungen statt. Es sind größtentheils Studenten, welche sich Anfangs Novembers mit Passirscheinen versehen, aufs Land begaben, und nun von dort abgeholt werden. Die Ursache, daß man sie damals nicht verhaftete, war Mangel an Arrest-Lokalen.</p> </div> <div xml:id="ar172_016" type="jArticle"> <head>Pillau, 13. Dez.</head> <p>Von den 13 Militärs hiesiger Garnison (darunter Offiziere, Militärärzte, Feldwebel und Unteroffiziere) welche in Folge ihrer Unterschrift der Adresse an die National-Versammlung angeklagt und während der Untersuchung mit dem strengsten Festungsarrest belegt sind, haben am 9. d. Mts. drei Feldwebel ihre Freiheit erlangt und die Untersuchung gegen diese soll niedergeschlagen werden. Gegen die übrigen 10 wird die Untersuchung aber eifrig fortgesetzt und es bleibt der strengste Arrest über sie verhängt.</p> <bibl>(Osts.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar172_017" type="jArticle"> <head>Mähren.</head> <p>In Chorin bei Walachisch-Meseric nahmen Nationalgarden und Landvolk 56 Husaren, die aus Böhmen desertirt waren und durch Preußisch-Schlesien kommend nach Ungarn ziehen wollten, gefangen, und lieferten sie nach Meseric ab. 24 davon entliefen wieder. Ein Husar wurde erschlagen, Pferde wurden 80 eingefangen.</p> </div> <div xml:id="ar172_018" type="jArticle"> <head>Prag, 14. Dezember.</head> <p>Seit gestern circulirt in der Stadt das Gerücht, daß alle demokratischen Vereine aufgehoben werden, und daß die Slowanska Lipa und der Deutsche Verein darunter begriffen seien. Der Ministerialerlaß, der an den Vicepräsidenten erlassen wurde, lautet seinem wesentlichen Inhalte nach: Da alle unter dem Namen demokratische Vereine bestehenden und die andern, demokratische Tendenzen verfolgenden Vereine und Arbeiterklubs sowohl die öffentliche Ruhe als auch das Leben und Eigenthum Einzelner gefährden, werden Sie unter Ihrer Verantwortlichkeit aufgefodert, die in diese Kategorie gehörenden Vereine in Ihrer Provinz unverzüglich aufzulösen.</p> <p>Diese Nachricht brachte die ganze Stadt in Bewegung. In der Abends abgehaltenen Sitzung der Stadtverordneten theilte der Bürgermeister Dr. Wanka den Erlaß des Präsidiums an den Bürgermeister mit, worin ihm die Auflösung aufgetragen wird. Der Bürgermeister bemerkte aber, daß Vereine mit so destruktiven Tendenzen, wie sie das Präsidialschreiben bezeichnet, glücklicherweise in Prag nicht vorhanden, also auf Prag keine Anwendung fänden. Diese geschickte Wendung erhielt vielen Beifall, allein es ist dessenungeachtet nicht zu zweifeln, daß trotz derselben die Auflösung baldigst erfolgen werde. In derselben Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums kam ein Befehl des Fürsten Windischgrätz zur Sprache, um Einräumung der im Magistratsgebäude befindlichen Bürgerwehr-Hauptwache an das Militär. Man beschloß, dagegen energisch zu protestiren und es dem verantwortlichen Präsidenten der Landesstelle zu überlassen, ob er einen solchen Befehl auch in Ausführung bringen werde.</p> <bibl>(D. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar172_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 16. Dez.</head> <p>Das offizielle Organ der Reichsohnmacht berichtet den Rücktritt des Hrn. Schmerling, bisherigen Hochverräthers am deutschen Volke und Intimus des Herrn Metternich; ferner die Entlassung des Herrn Würth, eines würdigen Kumpans des vorigen und drittens die Beseitigung eines Herrn Andrian, der sich in London auf Kosten des deutschen Volkes einige Zeit lang mit tiefen Studien über die beste Zubereitung von englischen Puddings, Pies, Jellies etc. beschäftigt hat.</p> </div> <div xml:id="ar172_020" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 15. Dez.</head> <p>Ein böser Geist der Uneinigkeit ist mit unsern Frankfurter Linientruppen eingezogen. Diese und die Preußen stehen sich im feindlichsten Verhältniß einander gegenüber, und wenn nicht energisch eingeschritten wird, so haben wir noch stürmischere Ereignisse zu erwarten, als sie gestern Abend bei uns stattfanden. In mehreren Bier- und Apfelweinschenken entspann sich ein heftiger Streit zwischen den Frankfurtern und den mit ihnen verbündeten großherzoglich hessischen Soldaten und den Preußen. Letztere zogen überall den Kürzeren und wurden arg mißhandelt, aus den Wirthshäusern gejagt. Am tumultuarischsten ging es in der Nähe der sogenannten Konstablerwache her. Die Preußen, welche sich bisher von unsern Bürgern wohl verpflegt, sehr behaglich befunden haben, bezogen nur ungern die neue Kaserne im Graben, hinsichtlich deren Lage oder inneren Einrichtung sie bald dies, bald jenes auszusetzen hatten. Diese Unzufriedenheit, gepaart mit ihrer durch den Streit mit den Frankfurter und hessischen Soldaten veranlaßten Aufregung verleitete die Preußen, sich in ihrer Kaserne den größten Excessen zu überlassen. Sie zerschlugen hier Fenster und Möbel und was ihnen sonst unter die Hände kam, und der Schaden den sie anrichteten, ist um so empfindlicher, da sämmtliche Gegenstände mit vielem Geldaufwande neu angeschafft worden waren. Wie überall erzählt wird, so respektirten die wüthenden Soldaten weder die Warnungen noch die Befehle ihrer herbeigekommenen Oberen, indem sie höhnend das Heckerlied anstimmten und den Besungenen hoch leben ließen! Nur mit Mühe gelang es, die Ordnung wieder herzustellen.</p> <p>Der Groll der Frankfurter Soldaten gegen die Preußen soll in Schleswig-Holstein seinen Anfang genommen haben. Jene behaupten, von den Preußen mit Uebermuth behandelt worden zu sein, und auch die hessischen Soldaten glauben von den Preußen über die Achsel angesehen zu werden. Wie ich höre, vergingen sich die aufrührerischen Preußen in ihrer Kaserne selbst gegen den Stadtkommandanten, den preuß. Major Deetz. Morgen früh verlassen diese Truppen unsere Stadt und begeben sich — wie man sagt zur Strafe — nach Mainz!</p> </div> <div xml:id="ar172_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 16. Dezember.</head> <p>Sitzung der National-Versammlung.</p> <p>Tagesordnung:</p> <p rendition="#et">1. Ergänzungswahl eines Mitgliedes in den völkerrechtlichen Ausschuß. (v. Vinke wurde gewählt).<lb/> 2. Wahl eines Schriftführers an die Stelle des Hrn. Schuler. (Koch aus Leipzig wurde gewählt).<lb/> 3. Berathung des vom Abgeordneten Stahl, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Berichts über die in der Sitzung vom 23. September gemachte Vorlage des Reichshandelsministers Duckwitz, die kommerzielle Einheit Deutschlands bertreffend.<lb/> 4. Fortsetzung der Berathung über die Vorlage zur zweiten Lesung der Grundrechte.</p> <p>Es ist sehr leer und öde im Hause. Man zählt die Mitglieder. Beseler (aus Schleswig) sitzt auf dem Präsidentenstuhl. Schmerling ist nicht mehr, d. h. er ist <hi rendition="#g">nicht mehr Minister</hi>. Heinrich v. Gagern ist Ministerpräsident. Um 10 Uhr sind kaum 200 Abgeordnete da. Gagern ist nicht in der Sitzung, er hat angenommen, wie v. Beckerath gestern verbreitet hat.</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Beseler</hi> meldet, daß 20 Minuten vor 10 Uhr 123 Mitglieder anwesend waren und bittet, sich etwas früher einzufinden, da jede Stunde von Wichtigkeit sei.</p> <p>Hierauf genehmigt man das nie gehörte Protokoll.</p> <p>Linde wird beurlaubt, leider nur auf 8 Tage.</p> <p>Ein dringlicher Antrag von Schrott aus Wien wegen Ablösung des Bergzehnten wird nach langem Streit als nicht dringlich an den volkswirthschaftlichen Ausschuß verwiesen.</p> <p>Hierauf erledigt man die beiden ersten Punkte der Tagesordnung.</p> <p>Sehr viele Mitglieder der Linken erklären, sich bei der Wahl zum völkerrechtlichen Ausschuß nicht betheiligt zu haben, weil doch nie ein Abgeordneter von der Linken gewählt wird.</p> <p>Herr <hi rendition="#g">Riesser</hi> äußert hierüber von der Tribüne seine Entrüstung.</p> <p>Hierauf beginnt die Debatte über Punkt drei der Tagesordnung. Die Liste der Redner ist sehr bedeutend (durch ihre Zahl). Die Mitglieder der Minorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses v. Reden, Moritz Mohl, Eisenstuck, Schwarzenberg, v. Dieskau u. a. befinden sich unter den Rednern, welche die Vorlage eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands, entworfen vom Handelsminister von Duckwitz, bekämpfen.</p> <p>v. <hi rendition="#g">Reden</hi> spricht zuerst dagegen. Das Handelsministerium sei gar nicht geeignet, die Enquere zur Ausarbeitung des Handelsgesetzes zu übernehmen. Nur durch Einigung des Handelsministeriums mit den Betheiligten und dem volkswirthschaftlichen Ausschusse sei die Vorlage zu Stande zu bringen. (Centrum: Schluß:) Reden beweist u. a. daß sehr viele Handelsverträge, welche annoch zwischen den Staaten Deutschlands und auswärtigen bestehen, im Widerspruch sind mit den von der Majorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses vorgeschlagenen Anträgen.</p> <p>Diese Anträge der sehr schwachen Majorität lauten:</p> <p rendition="#et">1. Die National-Versammlung ermächtiget die Centralgewalt, die Lösung der zwischen deutschen Einzelstaaten und fremden Nationen bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge, und erforderlichen Falles deren Umwandlung in Reichsverträge zu bewirken, auch neue Verträge dieser Art abzuschließen, alles unter Vorbehalt der Genehmigung der National-Versammlung.<lb/> 2. Die National-Versammlung beschließt, daß der Ausschuß der Centralgewalt die zur Bearbeitung von Reichsgesetzen über deutsche Schifffahrt, Eisenbahnen und Postwesen in seinen Akten vorhandenen Materialien zu dem Zwecke uberweise, die diese Verhältnisse betreffenden Gesetzentwürfe baldthunlichst der National-Versammlung zur Beschlußnahme vorzulegen.<lb/> 3. Die National-Versammlung beauftragt die provisorische Centralgewalt, mit möglichster Beschleunigung Gesetzesvorlagen zur Begründung einer Zolleinheit Deutschlands zu machen.<lb/> 4. Die National-Versammlung beauftragt die Centralgewalt, ein Zollgesetz und einen Zolltarif zu entwerfen und der National-Versammlung vorzulegen.<lb/> 5. Die National-Versammlung erklärt, daß sie durch die vorstehend ertheilten Aufträge in keiner Weise das ihr zustehende Recht der Initiative gefährdet wissen will. (Höchst naiv).</p> <p>Dagegen der Entwurf der sehr starken Minorität dieses Ausschusses (Degenkolb, v. Dieskau, Eisenstuck, Hildebrand, Holland, Makowiczka, M. Mohl, Muller, v. R[e]den, Schwarzenberg):</p> <p> <hi rendition="#g">Entwurf</hi> </p> <p>eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands.</p> <p rendition="#et">1. Die Einzelstaaten des deutschen Reichs werden zu einem Zoll- und Handelsgebiet vereinigt, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgränze, mit Wegfall aller Binnenzolle.<lb/> 2. Die zur Ausführung erforderlichen Reichszoll- und Schifffahrtsgesetze und Tarife werden der verfassunggebenden Reichsversammlung zur Genehmigung schleunigst vorgelegt.<lb/> 3. Durch besondere Reichsgesetze sollen die von Reichswegen zu erhebenden Produktions- und Verbrauchssteuern angeordnet werden. Auf gleiche Weise soll bestimmt werden, welche Gegenstande die Einzelstaaten Produktions- oder Verbrauchssteuern für Rechnung des Staates oder einzelner Gemeinden unterwerfen dürfen, und welche Bedingungen und Beschränkungen dabei eintreten sollen.<lb/> 4. Mit Einführung der, § 2 bezeichneten Gesetze hören alle von einzelnen Staaten bisher erhobenen Ein-, Aus- und Durchfuhrzolle auf. Gleichzeitig hört das Recht der Einzelstaaten auf, Gesetze über Zoll-, Handels- und Schifffahrtsangelegenheiten zu erlassen.<lb/> 5. Von Verkündigung dieses Gesetzes an, darf kein deutscher Staat die, zwischen ihm und nicht-deutschen Staaten bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge erneuern oder verlängern, noch dergleichen Verträge abschließen<lb/> 6. Die Lösung oder Umwandlung der, zwischen deutschen und fremden Staaten bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge, wird hiermit der provisorischen Centralgewalt übertragen. Die Genehmigung diesfallsiger Uebereinkünfte bleibt der Reichsversammlung vorbehalten.</p> <p><hi rendition="#g">Franke</hi> aus Schleswig spricht für die Majorität des Ausschusses, indem er Hrn. v. Reden angeifert. Er weiß nicht, ob v. Reden pro domo oder pro ministerio gesprochen hat. (Links: Oh!)</p> <p>Der Handelsminister <hi rendition="#g">von Duckwitz</hi> hat die Ueberzeugung, daß der Handelsminister eine Null ist, wenn er das Vertrauen dieses Hauses nicht hat, wie die Centralgewalt eine Null, wenn sie nicht ihre Stütze in diesem Hause hat. Er geht nun seine Wirksamkeit bisheran durch, und ist überzeugt, daß er das Vertrauen des Hauses verdient und hat. — Er wird bei der Entscheidung der Handelsfragen Sachverständige zusammenberufen. Eine Diskussion über die vorliegenden Gesetze würde zu spät sein, weil die Gesetze schon vorliegen, er empfiehlt die Annahme des vorliegenden Entwurfs der Majorität. Er bekämpft schlüßlich die Einwande des Herrn von Reden und rechtfertigt seine Aufsätze in der Oberpostamtszeitung. Zu dieser Rechtfertigung bildet das rechte Centrum (besonders der Landsberg) das Echo! — Die Annahme des Gesetzes der Minorität würde den Norden Deutschlands, dem er (der Minister) selbst angehört, verletzen! (Nun Herr Franke pro domo oder pro ministerio?) Er empfiehlt, nicht weiter zu diskutiren.</p> <p>Hierauf antwortet die Rechte und die Centren mit wüthendem Schlußruf, welcher sich, als dennoch Moritz Mohl die Tribüne besteigt, zur Raserei steigert. Das Vertrauensvotum für das Handelsministerium ist dennoch — wenigstens nicht laut genug, denn Mohl gelangt zum Sprechen. Hierauf leert sich das ganze rechte Centrum und Mohl spricht für den Entwurf der Minorität des Ausschusses. Man schließt sodann die Debatte, und es spricht der Berichterstatter der Minorität.</p> <p><hi rendition="#g">Eisenstuck</hi>. Die Blüthen des März sind vom Winterfrost dieses Hauses geknickt. Wegen dreier Fragen hat tagtaglich das Volk an die Thüren dieses Hauses geklopft, 1) wegen der Befreiung des Grund und Bodens, 2) wegen der Gewerbefreiheit und endlich 3) wegen der komerziellen Einheit Deutschlands. In dieser letzten Angelegenheit sind zahllose Petitionen mit 29,000 Unterschriften an das Haus gelangt. Das Wirken des Handelsministeriums sei so bedeutend nicht, jedenfalls habe es bei seinem Wirken für die Zolleinheit, vulgär zu reden, die Sache beim Schwanz angefaßt.</p> <p>Man habe nichts zu fragen nach einem Vertrauensvotum für das Handelsministerium, sondern nach der Rechtsfrage. Er schließt, wenn wirklich noch einmal das Gebäude der politischen deutschen Einheit (was zweifellos ist!) über unsern Häuptern zusammenbricht, dann gehe ich weiter als meine politischen Freunde, dann will ich mindestens es fur unsere Pflicht ansehen, aus diesen zusammenbrechenden Trümmern deutscher Einheit soviel als möglich von der materiellen Einheit für unser Volk zu retten, (warmer Beifall). Meine Herren, es liegen zwei motivirte Tagesordnungen vor; ich frage Sie, ob Sie über die für nächste Woche vorliegende Büdgetvorlage von 30 Millionen Gulden auch zur Tagesordnung überzugehen gedenken, über jene 30 Millionen Gulden, die man vom deutschen Volke verlangt, ohne ihm auch nur fur einen Pfennig Erleichterung verschafft zu haben? (Tiefe Stille — sehr wahr! einzelne Stimmen.) Eisenstuck sagt, meine Herren ich schließe, (rechts Bravo — links sehr laut: Ruhe!) nehmen Sie diesmal die Anträge der Majorität nicht an. — (Die Rechte war sehr erbittert über diese Rede, sie muß wohl sehr gut gewesen sein. Dem kräftigen Schluß derselben folgte lang anhaltender Beifall vom halben Hause und den Tribünen.) — Endlich sprach <hi rendition="#g">Stahl</hi> der Berichterstatter der Majorität des Ausschusses für diese. Bei der Abstimmung wurde dieser Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Majorität fast einstimmig verworfen. (Jordan von Berlin stand auf.) Der Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Minorität mit 262 Stimmen gegen 175 angenommen, und hierauf die 5 Anträge der Majorität des Ausschusses (wie oben) angenommen. Ein Zusatz von <hi rendition="#g">Höfken</hi> „Spätestens am 1. Mai 1849 sollen alle inneren Zollinien in Deutschland fallen u. s. f.“ wurde nur von der Linken angenommen, also verworfen. Einer von Moritz Mohl dito.</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Beseler</hi> theilt ein Schreiben des Erzherzogs Johann (Reichsverweser) mit, durch welches dem Ritter Anton von Schm[e]rling und dem Unterstaatssekretär von Würth Dimission ertheilt wird.</p> <p>H. <hi rendition="#g">von Gagern</hi> meldet dem Hause mit tiefgerührter Stimme, daß, nachdem zu seinem Schmerz Männer wie von Schmerling und von Würth abgedankt, er ins Ministerium getreten, und heut seine Stelle als Präsident der hohen Versammlung niederlege. Noch gerührter fährt er fort: Nicht Ehrgeiz spornt mich, mein Ehrgeiz hatte hier an dieser Stelle volle Befriedigung gefunden; auch nicht Ueberschätzung meiner schwachen Kräfte, ich rechne auf die starke Unterstützung des Reichsverwesers und dieses hohen Hauses. (3/4 des Hauses klatschten gewaltig in die Hände — hierauf beschließt man ehrfurchtsvoll sich zu vertagen, und alles ist wieder gut! — Gott schütze Deutschland! —)</p> <p>Tagesordnung für Montag: 1) Wahl des ersten Präsidenten an Gagerns Stelle, 2) Fortsetzung des Entwurfs „der Reichstag“.</p> </div> <div xml:id="ar172_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>126</author></bibl> Hamburg, 14. Dez.</head> <p>Die konstitutionelle Versammlung ward heute 1/4 nach 2 Uhr durch den Alterspräsidenten, Oberstlieutenant Mettlerkamp eröffnet und für konstituirt erklärt.</p> <p>Die provisorische Geschäftsordnung ward nach Hinzufügung eines Amendements, daß dieselbe keinen Einfluß auf die Debatte über die Eidesleistung haben soll, angenommen, und wird bis zur Berathung der Geschäftsordnung als wirklich provisorische fortbestehen.</p> <p>Nach der Geschäftsordnung werden die Vorstandsmitglieder auf 4 Wochen gewählt.</p> <p>Zum ersten Präsidenten wurde ernannt Dr. Baumeister mit 141 Stimmen von 181. Zum ersten Vicepräsidenten Senator Lutteroth mit 132 Stimmen von 181; zum zweiten Vecepräsidenten Dr. Versmann mit 129 Stimmen von 181. Zum ersten Sekretär Dr. Cropp mit 157, zum zweiten Dr. Lazarus mit 151, zum dritten Dr. Beckendorf mit 133, und zum vierten Sekretär W. F. Schütt mit 133 Stimmen ernannt.</p> <p>Somit ist denn allen Parteien bei dem Vorstande vorgestanden. Der Präsident Dr. Baumeister, Präsident des deutschen Klubs und der eigentliche Führer der ganzen Bewegung, ist ein Mann des linken Centrums, der 2te Präsident, Senator Lutteroth, ist ein Mann des rechten Centrums, der 3te Präsident, Dr. Versmann, gehört der Linken an; ebenso vertreten die 4 Sekretäre die verschiedenen Parteien, Dr. Cropp die Rechte, Dr. Lazarus das linke Centrum, Dr. Beckendorf das rechte Centrum und W. F. Schütt die Linke. Die äußerste Linke scheint sich jede Wahl vorerst verboten zu haben, um sich desto eifriger bei der Debatte betheiligen zu können; ihr gehören an W. Marr, Hagen, Löwe, Dr. Trittau und Dr. Galwis.</p> </div> <div xml:id="ar172_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Hamburg, 15. Dez.</head> <p>Die konstituirende Versammlung beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit Anträgen über den im Rath- und Bürgerschluß vom 7. Sept. für die Mitglieder der Konstituante festgesetzten Eid. Ein Theil der Anträge will „Vereinbarung“ mit der annoch regierenden Sippschaft, ein anderer Theil der Anträge dringt energisch auf Wahrung der Volkssouverainetät. Namentlich sind es die H. H. Jacobsen, Dr. Ree und Dr. Wille, welche die Vereinbarungsideen auf's kräftigste bekämpfen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar172_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> Preßburg, 13. Dez.</head> <p>Was längst vorausgesehen wurde, ist geschehen. Die <hi rendition="#g">Russen</hi> sind in <hi rendition="#g">Siebenbürgen</hi> eingerückt und haben <hi rendition="#g">Kronstadt</hi> besetzt. Somit sind sie Herr einer Festung, die wegen des nach der Walachei führenden Gebirgspasses höchst wichtig ist. Jetzt werden wohl auch dem Blödesten die Augen aufgehen über die zwischen Rußland, Oestreich und Preußen verabredeten Pläne, über die Verschwörung des Absolutismus gegen alle und jede Freiheitsbestrebungen in Mittel-, Süd- und West-Europa.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar172_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>19</author></bibl> Paris, 16. Dez.</head> <p>Seit vorgestern Abend hat das Gouvernement wieder die großartigsten Anstalten zu einer Straßenschlacht getroffen. Die Mobilen und Nationalgarden marschiren von 6 Uhr bis Mitternacht durch alle Quartiers, an ihrer Spitze eine Kolonne Polizisten, welche „<hi rendition="#g">zuerst allein</hi>“ den Versuch machen sollen, die Attroupements zu zerstreuen. Maueranschläge sind erlassen, worin die freien Citoyens bei Strafe von drei bis zwölf Monaten vor Betheiligung an „Zusammenkünften“, bei 1-5 Jahren vor Tragen von Waffen vor oder nach Mitternacht u s. w. gewarnt werden. In den meisten Stadttheilen, sogar in Straßen wie die Rue Lafitte, sind von 20-20 Schritten Schildwachen aufgestellt; nach dem Hotel-de-Ville, welches den ganzen Tag von Bajonetten umzäumt war, und dem Faubourg St. Antoine sah ich am Donnerstag Morgen ganze Reihen Munitionswagen unter der Eskorte des 14. Regiments sich bewegen, desselben Regiments, welches im Februar vor dem Hotel Guizots zuerst auf das Volk schoß; und selbst die ehrbare Nationalversammlung, Montagne wie Rue Poitiers hat sich außer den gewöhnlichen Nationalgarden (bekanntlich werden zu diesem Elitendienst die Juden und Banquiersjungen kommandirt, die kein Pulver riechen können,) noch ein Bataillon Infanterie und und eine Schwadron Dragoner zu Thürstehern genommen. Gestern Morgen dirigirte man neue Truppen nach dem Hotel der Invaliden, vor welchen in den ehemaligen breiten Alleen bis zur Seine bereits seit dem Juni ein vollständiges Winterlager von kleinen steinernen Hütten für die Mobilen errichtet ist. Die armen Invaliden! Es handelte sich um nichts Geringeres, als den Jahrestag der Ankunft der kaiserlichen Asche, um eine „stille Messe“ im Dom, an welcher der Exkönig von Westphalen, der Deputirte Jerome, die Invalidengenerale Montholon, Pyat und einige neuerwachsene Champions der „Kaiserfamilie“ Theil nahmen. Der „Prinz Napoleon“, der neue Keuschheitswächter unserer prostituirten Bourgeois-Republik, nahm an dieser Messe gar keinen Theil; er hatte bereits am Abend vorher „im Stillen“ an dem Grabe sein Gebet verrichtet, ohne Zweifel, um die Manen seines Oheims für die ihm gespielte Farce um Verzeihung zu bitten. Nur das Gouvernement der honetten Boutiken-Republik zitterte auch hier vor den Ausbrüchen der gewitterheißen Pariser Luft, vor den Gespenstern der Zerstörung, die es hinter den Stelzfüßen und Armstummeln der armen kaiserlichen Invaliden zu sehen glaubte.</p> <p>Das Volk behält indeß seine drohende Haltung bei. Von dem Boulevard St. Denis bis zum Bastillenplatz, in den Faubourgs und an den Barrieren dieselben lauten, stürmischen Versammlungen jeden Abend. Wie sie an dem einen Ende auseinandergedrängt werden, sind sie an dem andern in derselben Gestalt schon wieder beisammen. Die Klubführer, die einen neuen Plan gefaßt haben, thuen übrigens das Ihrige, um vor der Hand den Ausbruch des Kampfes noch zu verschieben, und bei der fast militärischen Organisation der ganzen revolutionären Partei in Paris wird es ihnen wahrscheinlich gelingen. Ihre Absicht, die ihnen die doktrinären Montagnards eingeblasen haben, ist, die zwei Wintermonate noch zu warten, bis Napoleon sich durch seine jesuitische Umgebung unpopulär gemacht hat und seine Partei wieder in ihre „Elemente“ zerfallen ist. Die Klubführer und Montagnards <hi rendition="#g">fürchten sich</hi> Angesichts der ungeheuern Majorität für die Napoleonische Kandidatur; die Furcht ist überhaupt in diesem Augenblick die Führerin aller Führer.</p> <p>Napolen fürchtet Cavaignac, den er für entschlossen hält, durch Provocation einer Emeute den Bonapartisten sowohl wie den Rothen einen Kampf auf Leben und Tod zu bieten; Grund, weshalb sich der „Prinz“ dem Junischlächter genähert und ihm das</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">Hierzu eine Beilage.</hi> </ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0930/0004]
lungen, Hinrichtungen, nach wie vor. Einem weit verbreiteten Gerücht zufolge hat sich ein geheimer Verein gebildet, zu dem Zweck, für jeden Hingerichteten einen Offizier zu tödten. Ermordungen aus Rache werden jetzt so häufig, wie in dem heißblütigsten Theile Italiens. — Nach der Erstürmung Wiens hatten die einrückenden Truppen der Statue Joseph's II. statt der deutschen Fahne eine schwarzgelbe in die Hand gegeben. Ein Wagehals hat in einer der letzen Nächte, trotz der dabei stehenden Schildwache, die schwarzgelbe Fahne herabgeholt. Entdeckt man ihn, so ist er einer Ladung von „Pulver und Blei“ sofort gewiß. Aber dieser Eine Fall spricht über die hiesige Stimmung schon mehr als ein ganzer Bogen Raisonnements. — Es heißt, daß Graf Schlick mit seinem Korps von 18,000 Mann von Gallizien aus in Ungarn eingedrungen sei und bereits Eperies bedeckt habe. So wird Ungarn von allen Seiten immer enger zusammengeschnürt. In Siebenbürgen sind die Russen eingerückt und drohen, im Einverständniß mit Windischgrätz und Konsorten, von Osten aus anzugreifen, wobei ihnen namentlich das servile Volk der Sachsen in Siebenbürgen hülfreiche Hand leisten wird. Im Süden dringen die Serben, Kroaten etc. vor; von Westen hier ziehen die Horden der Windischgrätze und wie die Spießgesellen des Absolutismus weiter heißen, mit großer Macht heran. Und Frankreich ist ruhig! Und Deutschland, dessen sogenannte Vertreter in Frankfurt so heuchlerischen Jubel über die Verbrüderungsanträge der Magyaren laut werden ließen, sind apathisch und stumm. Die Nemesis wird aber nur um so unvermutheter über sie kommen!
Seit einigen Tagen finden auf dem Lande in der Nähe von Wien, ungemein viele Verhaftungen statt. Es sind größtentheils Studenten, welche sich Anfangs Novembers mit Passirscheinen versehen, aufs Land begaben, und nun von dort abgeholt werden. Die Ursache, daß man sie damals nicht verhaftete, war Mangel an Arrest-Lokalen.
Pillau, 13. Dez. Von den 13 Militärs hiesiger Garnison (darunter Offiziere, Militärärzte, Feldwebel und Unteroffiziere) welche in Folge ihrer Unterschrift der Adresse an die National-Versammlung angeklagt und während der Untersuchung mit dem strengsten Festungsarrest belegt sind, haben am 9. d. Mts. drei Feldwebel ihre Freiheit erlangt und die Untersuchung gegen diese soll niedergeschlagen werden. Gegen die übrigen 10 wird die Untersuchung aber eifrig fortgesetzt und es bleibt der strengste Arrest über sie verhängt.
(Osts.-Z.) Mähren. In Chorin bei Walachisch-Meseric nahmen Nationalgarden und Landvolk 56 Husaren, die aus Böhmen desertirt waren und durch Preußisch-Schlesien kommend nach Ungarn ziehen wollten, gefangen, und lieferten sie nach Meseric ab. 24 davon entliefen wieder. Ein Husar wurde erschlagen, Pferde wurden 80 eingefangen.
Prag, 14. Dezember. Seit gestern circulirt in der Stadt das Gerücht, daß alle demokratischen Vereine aufgehoben werden, und daß die Slowanska Lipa und der Deutsche Verein darunter begriffen seien. Der Ministerialerlaß, der an den Vicepräsidenten erlassen wurde, lautet seinem wesentlichen Inhalte nach: Da alle unter dem Namen demokratische Vereine bestehenden und die andern, demokratische Tendenzen verfolgenden Vereine und Arbeiterklubs sowohl die öffentliche Ruhe als auch das Leben und Eigenthum Einzelner gefährden, werden Sie unter Ihrer Verantwortlichkeit aufgefodert, die in diese Kategorie gehörenden Vereine in Ihrer Provinz unverzüglich aufzulösen.
Diese Nachricht brachte die ganze Stadt in Bewegung. In der Abends abgehaltenen Sitzung der Stadtverordneten theilte der Bürgermeister Dr. Wanka den Erlaß des Präsidiums an den Bürgermeister mit, worin ihm die Auflösung aufgetragen wird. Der Bürgermeister bemerkte aber, daß Vereine mit so destruktiven Tendenzen, wie sie das Präsidialschreiben bezeichnet, glücklicherweise in Prag nicht vorhanden, also auf Prag keine Anwendung fänden. Diese geschickte Wendung erhielt vielen Beifall, allein es ist dessenungeachtet nicht zu zweifeln, daß trotz derselben die Auflösung baldigst erfolgen werde. In derselben Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums kam ein Befehl des Fürsten Windischgrätz zur Sprache, um Einräumung der im Magistratsgebäude befindlichen Bürgerwehr-Hauptwache an das Militär. Man beschloß, dagegen energisch zu protestiren und es dem verantwortlichen Präsidenten der Landesstelle zu überlassen, ob er einen solchen Befehl auch in Ausführung bringen werde.
(D. A. Z.) * Frankfurt, 16. Dez. Das offizielle Organ der Reichsohnmacht berichtet den Rücktritt des Hrn. Schmerling, bisherigen Hochverräthers am deutschen Volke und Intimus des Herrn Metternich; ferner die Entlassung des Herrn Würth, eines würdigen Kumpans des vorigen und drittens die Beseitigung eines Herrn Andrian, der sich in London auf Kosten des deutschen Volkes einige Zeit lang mit tiefen Studien über die beste Zubereitung von englischen Puddings, Pies, Jellies etc. beschäftigt hat.
Frankfurt, 15. Dez. Ein böser Geist der Uneinigkeit ist mit unsern Frankfurter Linientruppen eingezogen. Diese und die Preußen stehen sich im feindlichsten Verhältniß einander gegenüber, und wenn nicht energisch eingeschritten wird, so haben wir noch stürmischere Ereignisse zu erwarten, als sie gestern Abend bei uns stattfanden. In mehreren Bier- und Apfelweinschenken entspann sich ein heftiger Streit zwischen den Frankfurtern und den mit ihnen verbündeten großherzoglich hessischen Soldaten und den Preußen. Letztere zogen überall den Kürzeren und wurden arg mißhandelt, aus den Wirthshäusern gejagt. Am tumultuarischsten ging es in der Nähe der sogenannten Konstablerwache her. Die Preußen, welche sich bisher von unsern Bürgern wohl verpflegt, sehr behaglich befunden haben, bezogen nur ungern die neue Kaserne im Graben, hinsichtlich deren Lage oder inneren Einrichtung sie bald dies, bald jenes auszusetzen hatten. Diese Unzufriedenheit, gepaart mit ihrer durch den Streit mit den Frankfurter und hessischen Soldaten veranlaßten Aufregung verleitete die Preußen, sich in ihrer Kaserne den größten Excessen zu überlassen. Sie zerschlugen hier Fenster und Möbel und was ihnen sonst unter die Hände kam, und der Schaden den sie anrichteten, ist um so empfindlicher, da sämmtliche Gegenstände mit vielem Geldaufwande neu angeschafft worden waren. Wie überall erzählt wird, so respektirten die wüthenden Soldaten weder die Warnungen noch die Befehle ihrer herbeigekommenen Oberen, indem sie höhnend das Heckerlied anstimmten und den Besungenen hoch leben ließen! Nur mit Mühe gelang es, die Ordnung wieder herzustellen.
Der Groll der Frankfurter Soldaten gegen die Preußen soll in Schleswig-Holstein seinen Anfang genommen haben. Jene behaupten, von den Preußen mit Uebermuth behandelt worden zu sein, und auch die hessischen Soldaten glauben von den Preußen über die Achsel angesehen zu werden. Wie ich höre, vergingen sich die aufrührerischen Preußen in ihrer Kaserne selbst gegen den Stadtkommandanten, den preuß. Major Deetz. Morgen früh verlassen diese Truppen unsere Stadt und begeben sich — wie man sagt zur Strafe — nach Mainz!
!!! Frankfurt, 16. Dezember. Sitzung der National-Versammlung.
Tagesordnung:
1. Ergänzungswahl eines Mitgliedes in den völkerrechtlichen Ausschuß. (v. Vinke wurde gewählt).
2. Wahl eines Schriftführers an die Stelle des Hrn. Schuler. (Koch aus Leipzig wurde gewählt).
3. Berathung des vom Abgeordneten Stahl, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Berichts über die in der Sitzung vom 23. September gemachte Vorlage des Reichshandelsministers Duckwitz, die kommerzielle Einheit Deutschlands bertreffend.
4. Fortsetzung der Berathung über die Vorlage zur zweiten Lesung der Grundrechte.
Es ist sehr leer und öde im Hause. Man zählt die Mitglieder. Beseler (aus Schleswig) sitzt auf dem Präsidentenstuhl. Schmerling ist nicht mehr, d. h. er ist nicht mehr Minister. Heinrich v. Gagern ist Ministerpräsident. Um 10 Uhr sind kaum 200 Abgeordnete da. Gagern ist nicht in der Sitzung, er hat angenommen, wie v. Beckerath gestern verbreitet hat.
Präsident Beseler meldet, daß 20 Minuten vor 10 Uhr 123 Mitglieder anwesend waren und bittet, sich etwas früher einzufinden, da jede Stunde von Wichtigkeit sei.
Hierauf genehmigt man das nie gehörte Protokoll.
Linde wird beurlaubt, leider nur auf 8 Tage.
Ein dringlicher Antrag von Schrott aus Wien wegen Ablösung des Bergzehnten wird nach langem Streit als nicht dringlich an den volkswirthschaftlichen Ausschuß verwiesen.
Hierauf erledigt man die beiden ersten Punkte der Tagesordnung.
Sehr viele Mitglieder der Linken erklären, sich bei der Wahl zum völkerrechtlichen Ausschuß nicht betheiligt zu haben, weil doch nie ein Abgeordneter von der Linken gewählt wird.
Herr Riesser äußert hierüber von der Tribüne seine Entrüstung.
Hierauf beginnt die Debatte über Punkt drei der Tagesordnung. Die Liste der Redner ist sehr bedeutend (durch ihre Zahl). Die Mitglieder der Minorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses v. Reden, Moritz Mohl, Eisenstuck, Schwarzenberg, v. Dieskau u. a. befinden sich unter den Rednern, welche die Vorlage eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands, entworfen vom Handelsminister von Duckwitz, bekämpfen.
v. Reden spricht zuerst dagegen. Das Handelsministerium sei gar nicht geeignet, die Enquere zur Ausarbeitung des Handelsgesetzes zu übernehmen. Nur durch Einigung des Handelsministeriums mit den Betheiligten und dem volkswirthschaftlichen Ausschusse sei die Vorlage zu Stande zu bringen. (Centrum: Schluß:) Reden beweist u. a. daß sehr viele Handelsverträge, welche annoch zwischen den Staaten Deutschlands und auswärtigen bestehen, im Widerspruch sind mit den von der Majorität des volkswirthschaftlichen Ausschusses vorgeschlagenen Anträgen.
Diese Anträge der sehr schwachen Majorität lauten:
1. Die National-Versammlung ermächtiget die Centralgewalt, die Lösung der zwischen deutschen Einzelstaaten und fremden Nationen bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge, und erforderlichen Falles deren Umwandlung in Reichsverträge zu bewirken, auch neue Verträge dieser Art abzuschließen, alles unter Vorbehalt der Genehmigung der National-Versammlung.
2. Die National-Versammlung beschließt, daß der Ausschuß der Centralgewalt die zur Bearbeitung von Reichsgesetzen über deutsche Schifffahrt, Eisenbahnen und Postwesen in seinen Akten vorhandenen Materialien zu dem Zwecke uberweise, die diese Verhältnisse betreffenden Gesetzentwürfe baldthunlichst der National-Versammlung zur Beschlußnahme vorzulegen.
3. Die National-Versammlung beauftragt die provisorische Centralgewalt, mit möglichster Beschleunigung Gesetzesvorlagen zur Begründung einer Zolleinheit Deutschlands zu machen.
4. Die National-Versammlung beauftragt die Centralgewalt, ein Zollgesetz und einen Zolltarif zu entwerfen und der National-Versammlung vorzulegen.
5. Die National-Versammlung erklärt, daß sie durch die vorstehend ertheilten Aufträge in keiner Weise das ihr zustehende Recht der Initiative gefährdet wissen will. (Höchst naiv).
Dagegen der Entwurf der sehr starken Minorität dieses Ausschusses (Degenkolb, v. Dieskau, Eisenstuck, Hildebrand, Holland, Makowiczka, M. Mohl, Muller, v. R[e]den, Schwarzenberg):
Entwurf
eines Reichsgesetzes, betreffend die kommerzielle Einheit Deutschlands.
1. Die Einzelstaaten des deutschen Reichs werden zu einem Zoll- und Handelsgebiet vereinigt, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgränze, mit Wegfall aller Binnenzolle.
2. Die zur Ausführung erforderlichen Reichszoll- und Schifffahrtsgesetze und Tarife werden der verfassunggebenden Reichsversammlung zur Genehmigung schleunigst vorgelegt.
3. Durch besondere Reichsgesetze sollen die von Reichswegen zu erhebenden Produktions- und Verbrauchssteuern angeordnet werden. Auf gleiche Weise soll bestimmt werden, welche Gegenstande die Einzelstaaten Produktions- oder Verbrauchssteuern für Rechnung des Staates oder einzelner Gemeinden unterwerfen dürfen, und welche Bedingungen und Beschränkungen dabei eintreten sollen.
4. Mit Einführung der, § 2 bezeichneten Gesetze hören alle von einzelnen Staaten bisher erhobenen Ein-, Aus- und Durchfuhrzolle auf. Gleichzeitig hört das Recht der Einzelstaaten auf, Gesetze über Zoll-, Handels- und Schifffahrtsangelegenheiten zu erlassen.
5. Von Verkündigung dieses Gesetzes an, darf kein deutscher Staat die, zwischen ihm und nicht-deutschen Staaten bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge erneuern oder verlängern, noch dergleichen Verträge abschließen
6. Die Lösung oder Umwandlung der, zwischen deutschen und fremden Staaten bestehenden Handels- und Schifffahrtsverträge, wird hiermit der provisorischen Centralgewalt übertragen. Die Genehmigung diesfallsiger Uebereinkünfte bleibt der Reichsversammlung vorbehalten.
Franke aus Schleswig spricht für die Majorität des Ausschusses, indem er Hrn. v. Reden angeifert. Er weiß nicht, ob v. Reden pro domo oder pro ministerio gesprochen hat. (Links: Oh!)
Der Handelsminister von Duckwitz hat die Ueberzeugung, daß der Handelsminister eine Null ist, wenn er das Vertrauen dieses Hauses nicht hat, wie die Centralgewalt eine Null, wenn sie nicht ihre Stütze in diesem Hause hat. Er geht nun seine Wirksamkeit bisheran durch, und ist überzeugt, daß er das Vertrauen des Hauses verdient und hat. — Er wird bei der Entscheidung der Handelsfragen Sachverständige zusammenberufen. Eine Diskussion über die vorliegenden Gesetze würde zu spät sein, weil die Gesetze schon vorliegen, er empfiehlt die Annahme des vorliegenden Entwurfs der Majorität. Er bekämpft schlüßlich die Einwande des Herrn von Reden und rechtfertigt seine Aufsätze in der Oberpostamtszeitung. Zu dieser Rechtfertigung bildet das rechte Centrum (besonders der Landsberg) das Echo! — Die Annahme des Gesetzes der Minorität würde den Norden Deutschlands, dem er (der Minister) selbst angehört, verletzen! (Nun Herr Franke pro domo oder pro ministerio?) Er empfiehlt, nicht weiter zu diskutiren.
Hierauf antwortet die Rechte und die Centren mit wüthendem Schlußruf, welcher sich, als dennoch Moritz Mohl die Tribüne besteigt, zur Raserei steigert. Das Vertrauensvotum für das Handelsministerium ist dennoch — wenigstens nicht laut genug, denn Mohl gelangt zum Sprechen. Hierauf leert sich das ganze rechte Centrum und Mohl spricht für den Entwurf der Minorität des Ausschusses. Man schließt sodann die Debatte, und es spricht der Berichterstatter der Minorität.
Eisenstuck. Die Blüthen des März sind vom Winterfrost dieses Hauses geknickt. Wegen dreier Fragen hat tagtaglich das Volk an die Thüren dieses Hauses geklopft, 1) wegen der Befreiung des Grund und Bodens, 2) wegen der Gewerbefreiheit und endlich 3) wegen der komerziellen Einheit Deutschlands. In dieser letzten Angelegenheit sind zahllose Petitionen mit 29,000 Unterschriften an das Haus gelangt. Das Wirken des Handelsministeriums sei so bedeutend nicht, jedenfalls habe es bei seinem Wirken für die Zolleinheit, vulgär zu reden, die Sache beim Schwanz angefaßt.
Man habe nichts zu fragen nach einem Vertrauensvotum für das Handelsministerium, sondern nach der Rechtsfrage. Er schließt, wenn wirklich noch einmal das Gebäude der politischen deutschen Einheit (was zweifellos ist!) über unsern Häuptern zusammenbricht, dann gehe ich weiter als meine politischen Freunde, dann will ich mindestens es fur unsere Pflicht ansehen, aus diesen zusammenbrechenden Trümmern deutscher Einheit soviel als möglich von der materiellen Einheit für unser Volk zu retten, (warmer Beifall). Meine Herren, es liegen zwei motivirte Tagesordnungen vor; ich frage Sie, ob Sie über die für nächste Woche vorliegende Büdgetvorlage von 30 Millionen Gulden auch zur Tagesordnung überzugehen gedenken, über jene 30 Millionen Gulden, die man vom deutschen Volke verlangt, ohne ihm auch nur fur einen Pfennig Erleichterung verschafft zu haben? (Tiefe Stille — sehr wahr! einzelne Stimmen.) Eisenstuck sagt, meine Herren ich schließe, (rechts Bravo — links sehr laut: Ruhe!) nehmen Sie diesmal die Anträge der Majorität nicht an. — (Die Rechte war sehr erbittert über diese Rede, sie muß wohl sehr gut gewesen sein. Dem kräftigen Schluß derselben folgte lang anhaltender Beifall vom halben Hause und den Tribünen.) — Endlich sprach Stahl der Berichterstatter der Majorität des Ausschusses für diese. Bei der Abstimmung wurde dieser Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Majorität fast einstimmig verworfen. (Jordan von Berlin stand auf.) Der Antrag auf motivirte Tagesordnung über die Anträge der Minorität mit 262 Stimmen gegen 175 angenommen, und hierauf die 5 Anträge der Majorität des Ausschusses (wie oben) angenommen. Ein Zusatz von Höfken „Spätestens am 1. Mai 1849 sollen alle inneren Zollinien in Deutschland fallen u. s. f.“ wurde nur von der Linken angenommen, also verworfen. Einer von Moritz Mohl dito.
Präsident Beseler theilt ein Schreiben des Erzherzogs Johann (Reichsverweser) mit, durch welches dem Ritter Anton von Schm[e]rling und dem Unterstaatssekretär von Würth Dimission ertheilt wird.
H. von Gagern meldet dem Hause mit tiefgerührter Stimme, daß, nachdem zu seinem Schmerz Männer wie von Schmerling und von Würth abgedankt, er ins Ministerium getreten, und heut seine Stelle als Präsident der hohen Versammlung niederlege. Noch gerührter fährt er fort: Nicht Ehrgeiz spornt mich, mein Ehrgeiz hatte hier an dieser Stelle volle Befriedigung gefunden; auch nicht Ueberschätzung meiner schwachen Kräfte, ich rechne auf die starke Unterstützung des Reichsverwesers und dieses hohen Hauses. (3/4 des Hauses klatschten gewaltig in die Hände — hierauf beschließt man ehrfurchtsvoll sich zu vertagen, und alles ist wieder gut! — Gott schütze Deutschland! —)
Tagesordnung für Montag: 1) Wahl des ersten Präsidenten an Gagerns Stelle, 2) Fortsetzung des Entwurfs „der Reichstag“.
126 Hamburg, 14. Dez. Die konstitutionelle Versammlung ward heute 1/4 nach 2 Uhr durch den Alterspräsidenten, Oberstlieutenant Mettlerkamp eröffnet und für konstituirt erklärt.
Die provisorische Geschäftsordnung ward nach Hinzufügung eines Amendements, daß dieselbe keinen Einfluß auf die Debatte über die Eidesleistung haben soll, angenommen, und wird bis zur Berathung der Geschäftsordnung als wirklich provisorische fortbestehen.
Nach der Geschäftsordnung werden die Vorstandsmitglieder auf 4 Wochen gewählt.
Zum ersten Präsidenten wurde ernannt Dr. Baumeister mit 141 Stimmen von 181. Zum ersten Vicepräsidenten Senator Lutteroth mit 132 Stimmen von 181; zum zweiten Vecepräsidenten Dr. Versmann mit 129 Stimmen von 181. Zum ersten Sekretär Dr. Cropp mit 157, zum zweiten Dr. Lazarus mit 151, zum dritten Dr. Beckendorf mit 133, und zum vierten Sekretär W. F. Schütt mit 133 Stimmen ernannt.
Somit ist denn allen Parteien bei dem Vorstande vorgestanden. Der Präsident Dr. Baumeister, Präsident des deutschen Klubs und der eigentliche Führer der ganzen Bewegung, ist ein Mann des linken Centrums, der 2te Präsident, Senator Lutteroth, ist ein Mann des rechten Centrums, der 3te Präsident, Dr. Versmann, gehört der Linken an; ebenso vertreten die 4 Sekretäre die verschiedenen Parteien, Dr. Cropp die Rechte, Dr. Lazarus das linke Centrum, Dr. Beckendorf das rechte Centrum und W. F. Schütt die Linke. Die äußerste Linke scheint sich jede Wahl vorerst verboten zu haben, um sich desto eifriger bei der Debatte betheiligen zu können; ihr gehören an W. Marr, Hagen, Löwe, Dr. Trittau und Dr. Galwis.
* Hamburg, 15. Dez. Die konstituirende Versammlung beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung mit Anträgen über den im Rath- und Bürgerschluß vom 7. Sept. für die Mitglieder der Konstituante festgesetzten Eid. Ein Theil der Anträge will „Vereinbarung“ mit der annoch regierenden Sippschaft, ein anderer Theil der Anträge dringt energisch auf Wahrung der Volkssouverainetät. Namentlich sind es die H. H. Jacobsen, Dr. Ree und Dr. Wille, welche die Vereinbarungsideen auf's kräftigste bekämpfen.
Ungarn. 68 Preßburg, 13. Dez. Was längst vorausgesehen wurde, ist geschehen. Die Russen sind in Siebenbürgen eingerückt und haben Kronstadt besetzt. Somit sind sie Herr einer Festung, die wegen des nach der Walachei führenden Gebirgspasses höchst wichtig ist. Jetzt werden wohl auch dem Blödesten die Augen aufgehen über die zwischen Rußland, Oestreich und Preußen verabredeten Pläne, über die Verschwörung des Absolutismus gegen alle und jede Freiheitsbestrebungen in Mittel-, Süd- und West-Europa.
Französische Republik. 19 Paris, 16. Dez. Seit vorgestern Abend hat das Gouvernement wieder die großartigsten Anstalten zu einer Straßenschlacht getroffen. Die Mobilen und Nationalgarden marschiren von 6 Uhr bis Mitternacht durch alle Quartiers, an ihrer Spitze eine Kolonne Polizisten, welche „zuerst allein“ den Versuch machen sollen, die Attroupements zu zerstreuen. Maueranschläge sind erlassen, worin die freien Citoyens bei Strafe von drei bis zwölf Monaten vor Betheiligung an „Zusammenkünften“, bei 1-5 Jahren vor Tragen von Waffen vor oder nach Mitternacht u s. w. gewarnt werden. In den meisten Stadttheilen, sogar in Straßen wie die Rue Lafitte, sind von 20-20 Schritten Schildwachen aufgestellt; nach dem Hotel-de-Ville, welches den ganzen Tag von Bajonetten umzäumt war, und dem Faubourg St. Antoine sah ich am Donnerstag Morgen ganze Reihen Munitionswagen unter der Eskorte des 14. Regiments sich bewegen, desselben Regiments, welches im Februar vor dem Hotel Guizots zuerst auf das Volk schoß; und selbst die ehrbare Nationalversammlung, Montagne wie Rue Poitiers hat sich außer den gewöhnlichen Nationalgarden (bekanntlich werden zu diesem Elitendienst die Juden und Banquiersjungen kommandirt, die kein Pulver riechen können,) noch ein Bataillon Infanterie und und eine Schwadron Dragoner zu Thürstehern genommen. Gestern Morgen dirigirte man neue Truppen nach dem Hotel der Invaliden, vor welchen in den ehemaligen breiten Alleen bis zur Seine bereits seit dem Juni ein vollständiges Winterlager von kleinen steinernen Hütten für die Mobilen errichtet ist. Die armen Invaliden! Es handelte sich um nichts Geringeres, als den Jahrestag der Ankunft der kaiserlichen Asche, um eine „stille Messe“ im Dom, an welcher der Exkönig von Westphalen, der Deputirte Jerome, die Invalidengenerale Montholon, Pyat und einige neuerwachsene Champions der „Kaiserfamilie“ Theil nahmen. Der „Prinz Napoleon“, der neue Keuschheitswächter unserer prostituirten Bourgeois-Republik, nahm an dieser Messe gar keinen Theil; er hatte bereits am Abend vorher „im Stillen“ an dem Grabe sein Gebet verrichtet, ohne Zweifel, um die Manen seines Oheims für die ihm gespielte Farce um Verzeihung zu bitten. Nur das Gouvernement der honetten Boutiken-Republik zitterte auch hier vor den Ausbrüchen der gewitterheißen Pariser Luft, vor den Gespenstern der Zerstörung, die es hinter den Stelzfüßen und Armstummeln der armen kaiserlichen Invaliden zu sehen glaubte.
Das Volk behält indeß seine drohende Haltung bei. Von dem Boulevard St. Denis bis zum Bastillenplatz, in den Faubourgs und an den Barrieren dieselben lauten, stürmischen Versammlungen jeden Abend. Wie sie an dem einen Ende auseinandergedrängt werden, sind sie an dem andern in derselben Gestalt schon wieder beisammen. Die Klubführer, die einen neuen Plan gefaßt haben, thuen übrigens das Ihrige, um vor der Hand den Ausbruch des Kampfes noch zu verschieben, und bei der fast militärischen Organisation der ganzen revolutionären Partei in Paris wird es ihnen wahrscheinlich gelingen. Ihre Absicht, die ihnen die doktrinären Montagnards eingeblasen haben, ist, die zwei Wintermonate noch zu warten, bis Napoleon sich durch seine jesuitische Umgebung unpopulär gemacht hat und seine Partei wieder in ihre „Elemente“ zerfallen ist. Die Klubführer und Montagnards fürchten sich Angesichts der ungeheuern Majorität für die Napoleonische Kandidatur; die Furcht ist überhaupt in diesem Augenblick die Führerin aller Führer.
Napolen fürchtet Cavaignac, den er für entschlossen hält, durch Provocation einer Emeute den Bonapartisten sowohl wie den Rothen einen Kampf auf Leben und Tod zu bieten; Grund, weshalb sich der „Prinz“ dem Junischlächter genähert und ihm das
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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