Neue Rheinische Zeitung. Nr. 180. Köln, 28. Dezember 1848.daß diese schlechten Kerle überall die Freiheiten mißbrauchen werden. Denkt euch mal, jetzt kann Jeder drucken lassen, was er will. Preßfreiheit nennt man das. Nun paßt mal auf, was die Revolutionsmacher jetzt für schändliche Lügen in die Welt schicken werden, nehmt Euch in Acht, daß ihr nicht angelogen werdet an allen Ecken und Enden! Seht, ich bin traurig, daß unser König so gut gewesen ist. (Man weine!) Die Ränkemacher im Lande werden's ihm mit Undank lohnen. Wir aber, wir wollen nun erst recht zu unserm Herrn halten mit Gut und mit Blut, in Noth und in Tod. Sonst ist's im Ganzen jetzt ruhig und still im lieben Preußenlande, und absonderlich in Berlin, wo der alte tapfere Wrangel mächtig auf Ordnung hält, und zum Rechten sieht, was ihm alle vernünftige Leute herzlich Dank wissen. (Schwerter geschliffen. Kugel im Lauf.) In Oesterreich, wo die Juden und Wiener Studenten im Oktober eine abscheuliche Revolution gemacht haben, ist jetzt auch wieder Ordnung. (Gott sei Dank!) Der tapfre Feldmarschall, Fürst Windisch-Grätz (Wendische Krätze), hat Wien mit Sturm erobert, die Rebellen beim Kopf genommen und einige zum wohlverdienten Exempel todt schießen lassen. Das hat gezogen! Seitdem mucksen die Herren Demokraten nicht mehr, denn Kurasche haben sie alle mit einander nicht. Der gute Kaiser Ferdinand aber, der Alles gethan hatte, was das Volk verlangte! doch mit so schnödem Undank belohnt wurde, der hat in voriger Woche seine Krone niedergelegt, und der junge Erzherzog, Franz Joseph, seines Bruders Sohn, ist Kaiser geworden an seiner Statt. Die österreichische Nationalversammlung ist auch nicht mehr in Wien, sondern in dem Städtchen Kremsier, was eine Stadt ist, ungefähr so wie unser Brandenburg. Fürst Windisch-Grätz (Wendische Krätze) aber ist mit seinen Soldaten gegen die Ungarn gezogen, um die zur Raison zu bringen, denn die haben mit den Wiener Rebellen unter einer Decke gesteckt und falsches Spiel gespielt. Jetzt werden sie bald verspielt haben. In Deutschland ist's jetzt auch wieder besser; seit die Republikaner gesehen haben, daß Preußen und Oesterreich Ernst machen, sind sie überall mäuschenstille geworden. In Frankfurt, wo der deutsche Reichstag ist, sehen sie endlich ein, daß es ohne den König von Preußen nicht geht, daß ihre ganze Sache Nichts ist ohne Preußen. Wenn wo Spektakel ist, gleich schreien sie nach preußischen Soldaten; wenn kein Geld mehr da ist, gleich rennen sie nach Berlin und holen sich eine Tasche voll preußischer Thaler, und nun wollen sie unsern König zum deutschen Kaiser machen. Immerhin, ich kann's ihnen nicht verdenken, wir aber bleiben gute Preußen und behalten unsern König, wenn er auch nebenbei deutscher Kaiser oder König ist. (Es lebe der König!) In Sachsen ist eine Stadt, heißt Leipzig, dort haben die Feinde des Königs das Bild eines gewissen Robert Blum, der auch Demokrat war und in Wien als Anführer der Empörer erschossen wurde, in eine Kirche getragen, haben es an die Kanzel gehängt und der Pastor hat müssen eine Predigt halten. Dann haben sie das schöne Lied vom Doktor Luther: Ein' feste Burg ist unser Gott etc. gesungen. Wie gefällt Euch das, Landsleute? Ist's nicht eine Sünde und Schande, solche Geschichten in einer Kirche zu treiben? Ich glaube, der selige Doktor Luther drehte sich im Grabe herum, wenn er's hörte. In Bayern, wo das bayerische Bier gebraut wird, ist jüngst Kindtaufe beim König gewesen, da hat unser alter tapferer Prinz Wilhelm, der Onkel unseres Königs, der Vater von der bayrischen Königin ist, Gevatter gestanden und ist recht lustig gewesen. Aber auf die Freude des wackern Prinzen ist bitteres Leid gefolgt, denn als er heimkehrte vom Kindtaufsschmause, ist sein jüngster Sohn, der Prinz Waldemar, in Münster todtsterbenskrank gewesen; (Armer Waldemar!) doch ist glücklicherweise die Gefahr jetzt vorüber. Dieser junge Prinz Waldemar ist derselbe, der vor zwei Jahren so tapfer mit den Engländern gegen die wilden Völker in Ostindien gefochten hat. (Weit davon ist gut vor'm Schuß.) Beim Könige von Würtemberg und beim Herrn Großherzoge von Baden und beim Herrn Herzoge von Nassau sieht's traurig aus alleweile; das Geld ist dort ganz alle geworden und die Einkünfte des ganzen Landes sind heidi! (Ach, das Geld ist nur Chimäre.) Dort haben nämlich seit dem März die sogenannten Volksfreunde und Freiheitsmänner regiert, und weil sie das Ding nicht verstanden haben, ist's Geldchen alle geworden und die Leute dort müssen nun neue Steuern bezahlen. Das kommt dabei raus, wenn diese Volksmäneer regieren. Na, bei uns in Preußen ist's noch gnädig abgegangen! Gott weiß aber, was d'raus geworden wäre, wenn Herr Hansemann (Hansemann-Pinto) länger Minister über die Finanzen, d. h. über die Staatseinkünfte, geblieben wäre. Die würtembergischen, badischen und nassauischen Hansemänner haben sehr toll gewirthschaftet. Nun kommen wir zur ausländischen Politik. Da sind zuerst die Franzosen, die jetzt schwarz werden möchten vor Aerger, daß sie sich haben eine Republik aufhängen lassen, bei der sie fast verhungern. Sie sind eben dabei, sich einen Präsidenten zu wählen, und Viele wollen einen gewissen Louis Bonaparte haben, einen Neffen von dem Napoleon Bonaparte, den ihr Alle kennt. Nämlich die Leute denken, der Bonaparte wird mit der schlechten, hungerleidrigen Republik bald Kehraus tanzen und dann sind wir sie doch los. Die armen Teufel von Franzosen bereuen es bitterlich, daß sie Republik gemacht haben, aber wer nicht hören will muß fühlen! sagt mein Gevatter. Wenn übrigens der kleine Bonaparte Präsident wird, so kann's sein, daß wir Krieg bekommen, entweder gleich oder auf's Frühjahr. Na, unsere Linie fürchtet sich nicht, und unsere Landwehr erst recht nicht. (Bange machen gilt nicht.) Sonst kann ich euch von Frankreich nichts weiter erzählen; wißt [Deutschland]
[Fortsetzung] schlugen mir die Zügel entzwei. Die Pferde, welche nicht mehr gehalten werden konnten, rannten auf die Rabatten und es fehlte kein Haar, so wäre der Wagen umgeschlagen. Ich hatte drei Passagiere, diese schrieen und weinten, aber die Soldaten ließen nicht nach. Als ich nun zur Arrieregarde kam, hatte sich diese auf beiden Seiten mit gefälltem Bayonnette aufgestellt. Sie stachen nach mir und den Pferden, und stachen ein Pferd auf der Stelle todt, das andere brachte ich nach Hause, es ist aber nicht mehr zu gebrauchen. Jetzt lachen sie noch über den Frevel, den sie begangen haben. Der Frevel kann durch 20 Zuschauer bezeugt werden." Wir sind also jetzt schon bei der Wegelagerung durch kgl. preußische Banden, angelangt. Und ihr wundert euch, wenn das Volk sich nach "rothen Hosen" sehnt? X Uerdingen, 22. Dezbr. Unser kleines Städtchen besitzt eine ihm angemessene Anzahl Reaktionärs. Aus dem Zeitabschnitte vom Februar bis heute ist folgendes zu ihrer Charakteristik hervorzuheben: Als in Folge der Pariser Februarrevolution in Deutschland die so lange gedrückten Gemüther sich ermannten, die Fürsten mit Petitionen und Deputationen zur Erfüllung ihrer im Jahre 1815 gegebenen Versprechungen bestürmt wurden, und als man, auf diesem Wege nichts erlangend, in Wien, Berlin und bei der Mehrzahl der übrigen Fürsten deshalb Exekutiv-Maßregeln mit gutem Erfolge angewandt hatte, da jubelten auch unsere jetzigen Reaktionärs aus voller Seele ob der heranbrechenden schönen Zukunft. Ueber ihre Lippen strömten die freisinnigsten Gedanken und sehr häufig hörte man bei vielen das für sie jetzt Schaudern erregende Wort "Republik" mit Hecker-Struve'schem Enthusiasmus nennen, und den Grundsatz befolgend: "Was man im Innern ist, das muß man auch nach Außen bekennen," wimmelten recht bald ihre Hüte, Mützen, Westen, Uhrketten, Knopflöcher, Geldbeutel, Taschen- und Halstücher von schwarz-roth-goldenen Farben. Nach kurzer Zeit aber merkten sie, wie der neue Zustand der Dinge so nachtheilig auf die Geschäfte und auf den bisher so straffen Beutel einwirkte, und mancher von ihnen entließ oder mußte, wie er es nannte, seine Arbeiter, um nicht zu viel von seinem Vermögen einzubüßen, entlassen, unbekümmert darüber, wie diese, die doch in gewissem Sinne Miterwerber ihres Vermögens waren, ihr Dasein fristen werden. Dieser allerneueste, für sie und ihre Habsucht allerunglücklichste Zustand ließ ihre geträumte schöne Zukunft als eine Täuschung erscheinen. Dieser Schein wurde bei ihnen zur Wirklichkeit, als sie mit jedem Tage hörten, wie an allen Orten die Arbeiter mit ihren mißliebigen Herren durch Demoliren der Häuser und durch persönliche Mißhandlungen Abrechnung hielten, und als einige von ihnen, in ihr Gewissen blickend, Aehnliches befürchteten. Von dieser Furcht gepeinigt, suchten sie Schutz durch Errichtung einer Sicherheitswache. Ihre bleichen Gesichter, ihr unruhiger Blick, ihre ungewohnte und deshalb gezwungene Freundlichkeit bei Errichtung dieser Wache, gewährten einen tragi-komischen Anblick. In den zuweilen stattfindenden Bürgerversammlungen zur Beseitigung übler Lokalzustände kamen auch ihre Personen, weil nahe verwandt mit diesen Zuständen, in Berührung; das genügte ihnen, gegen diese Bürgerversammlungen im Geheimen alle erdenklichen Mittel zu deren Unterdrückung anzuwenden. Es haben deshalb Drohungen mit Arbeitsentziehungen und wirkliche Arbeitsentziehungen stattgefunden. Einmal mußten sie diesen Versammlungen beiwohnen, als es galt, Wahlmänner für den 1. Mai durchzubringen, und als sie vorher vergeblich zu diesem Zwecke eine Versammlung anberaumt hatten. An dem Wahltage erlitten sie eine vollständige Niederlage. Das war zu arg für Leute, die vor der neuen Zeit gewohnt waren, nach ihrem Willen zu handeln und die immer das Ruder in den Händen gehabt hatten. Ihre Freiheit war dahin; das Gold in den drei Farben hatte für sie keinen Werth mehr. Zur selben Zeit fingen auch die Demokraten, von ihnen "die Rothen" genannt, allenthalben an, ihre Stimmen lauter werden zu lassen. In ihrer, durch immer steigende Aengstlichkeit krank gewordenen Phantasie erblickten sie schon die Zeit, wo diese "Rothen" sich gemüthlich in ihr sauer erworbenes Vermögen theilen würden, oder wo sie durch Raub und Plünderung und durch alle Gräuel eines Bürgerkrieges um ihr schönes Dasein gebracht sein würden. Diese Gedanken weckten und steigerten in ihnen den Haß gegen das Rothe zu einer Größe, daß sie einem hier durchreisenden Führer der Demokraten sein rothes Bändchen von einem dafür bezahlten Diener abreißen ließen, wobei es bald blutige Köpfe abgesetzt hätte; daß sie ferner einem hiesigen Handwerker, der einmal einer Versammlung dieses Führers beigewohnt hatte, bedeuten konnten, nur ferner diese Versammlungen zu besuchen, um recht bald in Armuth zu versinken. Das Roth in den drei Farben konnten sie nicht mehr anerkennen. Es war ihnen das Schwarz also noch übrig geblieben. Was damit anfangen? Diese Farbe allein tragen, hieß öffentlich bekennen, daß man dem Banner des Teufels folge, und um dieses nicht zu thun, fügte man zu dieser Farbe das Weiß, die Farbe -- des Friedens. An ihren Halstüchern machten sich zuerst diese Farben bemerklich. Wenn man bei einzelnen von ihnen nach der jetzigen Bedeutung dieser Farben fragte, so erhielt man ein Erröthen und ein Lächeln zur Antwort. Nachfolgendes zeige uns übrigens, daß sie diesen Farben bis jetzt keine Schande gemacht haben: Die Demokraten sind ihnen ein Dorn im Auge; einige bewegliche von diesen haben sie versucht, aus der Stadt zu schaffen, was ihnen aber bis jetzt nicht hat gelingen können; daß sie aber mit Argus-Augen diese bewachen, um bei dem geringsten ihrer schiefen Tritte Gelegenheit zu ihrer Entfernung zu nehmen, läßt sich leicht denken. -- Handwerker und Tagelöhner werden von ihnen vor dem Besuche gewisser Lokale als für sie und ihre Arbeit gefährlich, gewarnt, weil darin an die Stelle des Kartenspielens das Zeitungslesen und die Besprechung der Zeitereignisse eingeführt worden ist. In diese Lokale werden auch Spione geschickt. -- Bei Einführung der Einkommensteuer zur Erhebung der Communalsteuer hatte der Ausschuß zur Entwerfung eines Regulativs alle zur Zahlung der Steuer herangezogen, welche ein Einkommen von 70 Thaler jährlich aufweisen konnten, um auch dem ärmsten Gemeindebürger dadurch zu den Gemeinderechten Zugang zu verschaffen; bei Revision des Regulativs wurde dieser Passus dahin umgeändert, daß von 150 Thlrn. an die Steuer erhoben werden sollte, den Grundsatz dabei aufstellend, die ärmern Classen so viel wie möglich von den Steuerlasten zu befreien. Man forderte namentliche Abstimmung, um dieser Classe zu zeigen, wer für sie sorge. Von den 70 Thlrn. hätten höchstens 5 Sgr. bezahlt werden müssen. Bei Vertheilung der Classensteuer schenkt man dieser ärmern Classe, die 1 Thlr. pro Kopf jährlich bezahlt, nicht so viel Aufmerksamkeit; da konnte man nur Wenige vom Zahlen der Steuern ausschließen, das Gesetz anziehend, daß jeder Staatsbürger zu den Staatslasten beitragen solle. Man befürchtete aber durch den zu großen Ausfall den Steuerbetrag der übrigen Classen zu bedeutend zu vermehren. Man suchte vergebens dem bei der Kommunalsteuer für die ärmere Klasse aufgestellten Grundsatz Geltung zu verschaffen. Die ausgefallenen 140 Thlr. wurden statt der verhältnißmäßig gering besteuerten 1. Klasse der 2. und theilweise der 3. Klasse zugetheilt. Die letzte Handlung dieser braven Partei ist die in diesem Blatte schon erwähnte Dankadresse. Düsseldorf, 26. Dez. Man erzählt sich, daß dem Assessor Bredt bei dem hiesigen Regiernngskollegium, dem bisherigen kommissarischen Landrath des Kreises Elberfeld, der zu den nach dem 9. Nov. in Berlin forttagenden Deputirten der Nationalversammlung gehörte, bedeutet worden sei, er wäre vorläufig von seinem Amte suspendirt. (D. Z.) X Münster, 26. Dezbr. Der famose Brief des hiesigen Oberlandesgerichts ist nicht einstimmig verfaßt; wir hören wenigstens von dem Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, daß dieser ein ebenso würdevolles als energisches Separatvotum eingereicht hat. Hr. Stahlknecht ist so ziemlich der einzige Rath des O.-L.-Gerichts, der den lichten Himmel außer den Wallhecken des Münsterlandes gesehen; er stand früher in Magdeburg. Die übrigen Mitglieder sind meist Münstersche Kinder aus den Patrizier-Familien. Der Präsident v. Olfers ist ein Bruder des bekannten Stadtraths v. Olfers und -- des Intendanten v. Olfers in Berlin. Wir bedauern die politischen Gefangenen, die vor dem hiesigen Gerichtshofe Recht nehmen müssen. -- Besser hätte die alte Bureaukratie sich nicht einführen können. Daß die Sehnsucht nach Geschwornen immer lebhafter wird, begreift Jedermann. Abermals sind Rescripte des Justizministers Rintelen an das hiesige Oberlandesgericht gelangt, welche in den politischen Untersuchungen eine besondere Strenge, namentlich gegen die Referendarien zur Pflicht machen. Man sollte glauben, daß ein solches Verfahren nur dazu dienen würde, die richterliche Unabhängigkeit, (wo dieselbe durch Hetzen und Treiben von Oben in Verbindung mit religiösem und politischem Fanatismus auf kurze Zeit erstickt worden) wieder zu erwecken. Anderwärts könnte dieser Glaube vielleicht Grund haben; aber hier in Münster?! 068 Berlin, 25. Dez. Die Soldaten der hiesigen Garnison ist der Befehl zugegangen, alle ihnen vorkommenden Karrikaturen auf den General Wrangel sofort zu konfisciren und die Eigenthümer derselben zur Haft zu bringen. Es wird ihnen für jede konfiscirte Karrikatur eine Belohnung versprochen, während im Unterlassungsfalle ihnen Strafe angedroht ist. Diese Verfügung des gestrengen Oberbefehlshabers der Mark zeigt abermals, welchen Werth unsere Verfassung hat, denn nicht allein macht Wrangel darin von der Suspension der Habeas-Corpus-Akte den unverschämtesten Gebrauch, den ihm der Art. 110 der Verfassung zugestehen kann, sondern er erfrecht sich auch auf eigene Faust, den Art. 9. der Verf. außer Kraft zu setzen. Man kann aus dieser Empfindlichkeit unsers General-Gewaltigen gegen die Pfeile des Humors von vornherein entnehmen, welchen Erfolg die Bitte haben wird, mit der unser heute seit dem Eintreten des Belagerungszustandes zum ersten Mal wieder erschienener "Krakehler" seinen leitenden Artikel schließt, die Bitte nämlich, den Lauf des Witzpfeiles und den, der ihn entsendet, nicht zu streng zu richten. Als einen Beitrag zu den Wühlereien der reaktionären Partei, theilen wir folgenden von einem Landwehrmann der Pommerschen Gardelandwehr uns zugesandten lithographirten Zettel mit, welcher an dieses und an andere Bataillone der Landwehr vor ihrem Abmarsch aus Berlin amtlich vertheilt worden war. Er lautet: "Zu Wahlmännern sind nur die zu wählen, die Alles das wollen, was der König will." "Die Wahlmänner wählen zur ersten Kammer den General der Infanterie v. Wrangel." "Zur zweiten Kammer den Flügel-Adjutanten Sr. Maj. des Königs Major Hiller von Gärtringen." Dies Manöver bedarf keines Commentars. Trotz der ihr schon vor einiger Zeit gewordenen Ausweisungsverfügung war Madame Aston doch bis vor wenig Tagen hier geblieben; aber ein wiederholtes strenges Gebot der Polizei hat sie gezwungen, vorgestern Berlin zu verlassen und sich nach Hamburg zu begeben. Ein interessanter Beitrag zur Charakteristik unserer Zustände ist folgende Thatsache. Während das Ministerium Pfuel am Ruder war, hatte die Berliner Demokratie den Plan gefaßt, sämmtliche Mitglieder der Klubs mit leichten Büchsen zu versehen. Dies sollte dadurch möglich gemacht werden, daß gegen monatliche Abzahlung von 10 Sgr. auf jede Büchse, der Büchsenfabrikant Schubert, jedem von einem Klubvorstand empfohlenen eine Waffe liefern wollte. Zur Ausführung dieses Planes hatte Schubert: eine bedeutende Anzahl Büchsen anfertigen lassen. Als nun am 9. und 10. Nov. es den Anschein hatte, es solle zum aktiven Widerstand gegen die Reaktion kommen, war Schubert gutmüthig genug, an viele ihm nur sehr oberflächlich bekannte Personen Büchsen aus seinem Vorrath auf Kredit hinzugeben. Bald darauf traten aber die glorreichen Tage der würdigen Haltung und des passiven Widerstandes ein, und Schubert suchte wieder in den Besitz seiner Büchsen zu gelangen, da er von den Käufern kein Geld erhalten konnte. Bei vielen gelang ihm dies. Einige aber hatten die Büchsen indeß versetzt oder verkauft, so daß Schubert sich zu gerichtlichen Schritten gegen dieselben genöthigt sah. Zum Lohn hiefür ward er von diesen Leuten, darunter einige schon früher gerichtlich verurtheilte, beim Staatsanwalt denunzirt, als habe er die Waffen an die Leute mit der Aufforderung vertheilt, bestimmte Personen zu erschießen. Andere denunzirten, er habe zur Plünderung von Königlichen Kassen aufgefordert. Obgleich nun der Staatsanwalt erst neuerdings in dem Prozeß des Maler Masche zu seiner eigenen Beschämung die Unhaltbarkeit der auf Denunciationen gegründeten Anklagen eingesehen hatte, genügte es doch für ihn, daß Schubert als Demokrat bekannt war, um dessen Verhaftung zu verfügen. Der damit beauftragte Polizeikommissarius, in seinem Eifer dieselbe noch vorigen Sonnabend zu vollziehen, ließ den Schubert, unter dem Vorwande einer geschäftlichen Mittheilung, für den Abend 7 Uhr sich zu bestellen und verhaftete ihn sofort. -- So umgeht man die Habeas-Corpus-Akte, wo man sie nicht offen zu verletzen wagt. Folgende Adresse an Waldeck cirkulirt hier seit gestern und wird auch an andern Orten in Umlauf gesetzt werden: " Als vor länger denn einem halben Jahre die Wahlen zur National-Versammlung das preußische Volk zur Entscheidung riefen, da wurden Sie gleichzeitig in Berlin und in Westphalen durch das Vertrauen der Wahlmänner zum Volksvertreter berufen. Hier wie dort hatten Ihre amtliche Thätigkeit, Ihre persönliche Eigenschaften, die Ueberzeugung festgestellt, daß Sie für die Befreiung des Volkes von der Last der alten Verhältnisse mit Ernst, Einsicht, Uneigennützigkeit und Festigkeit kämpfen würden. Ihre Haltung als Volksvertreter hat dieses Vertrauen gerechtfertigt, ja übertroffen Ueberall, wo es galt, die gleiche Berechtigung der Einzelnen, gegenüber den Eingriffen von Beamten, die Hoheit der Volksvertreter, gegenüber den Willen von Ministern sicher zu stellen, da waren Sie der Vorkämpfer des Rechts, der Schirmer der Freiheit. Keinen Augenblick waren Sie schwankend, keinen Augenblick Ihrer Vergangenheit untreu; wo Sie standen, da war das volle Recht, die volle Freiheit. Die zahllosen und niedrigen Schmähungen derer, welche ihre besonderen Vortheile durch Ihre uneigennützige Thätigkeit geschmälert sahen, oder welche in kleinlicher Befangenheit nicht erkannten, daß das leibliche und geistige Wohl aller Einzelnen im Staate, welches Sie anstrebten, nur durch Opfer der bisher Bevorrechteten erzielt werden konnte, haben uns in unserem Vertrauen auf Sie nicht erschüttert. Wir wußten es wohl, das gerade die Edelsten und Uneigennützigsten am meisten angefeindet werden, daß sie zu allen Zeiten gekreuzigt, gesteinigt und verläumdet worden sind. Der höchste Gerichtshof des Staates hat sich endlich Ihren Widersachern angeschlossen. Er hat sich zu öffentlichen Demonstrationen hinreißen lassen, welche außerhalb seines Wirkungskreises liegen; er hat gesprochen, wo Niemand seine Entscheidung gefordet hatte; er hat die Wagschale der Gerechtigkeit in die Hand der Partei gelegt. Mit der Würde des Mannes, mit dem Selbstbewußtsein des Volksvertreters, mit der ganzen Unabhängigkeit des Richters sind Sie diesen Bestrebungen entgegengetreten. In einer Zeit, wo das Rechtsgefühl des Volkes verwirrt und erschüttert ist, haben Sie demselben eine neue und feste Stütze gegeben. Sie haben unserem Volke das große Beispiel aufgestellt, daß die Männer der Freiheit auch die Männer der Gerechtigkeit sind Wir sind stolz darauf, Ihnen unsere Bewunderung, unsern Dank ausdrücken zu dürfen." (Folgen die Unterschriften). 24 Berlin, 25. Dez. Mit der Unterdrückung hiesiger Zeitungen begnügt sich Hr. Wrangel nicht. Ganz wie vor dem März sucht man sich auch jetzt auswärtige Geisteserzeugnisse durch direktes Verbot vom Leibe zu halten. So hat der Polizeipräsident im Auftrage Wrangel's das gegen den "Mephistopheles", (redigirt von W. Marr zu Wandsbeck, in Kommission bei Hoffmann u. Comp. in Hamburg) erlassene Verbot publizirt. Diesem schließt sich ein zweiter Erlaß an, durch welchen die eben begonnene Zeitschrift "der blaue Montag" ebenfalls für Berlin und den zweimeiligen Umkreis verboten wird. -- Der Präsident des Obertribunals, Hr. Mühler, hat auf seine bekannten Schreiben von Herrn Waldeck folgende Antwort erhalten: Ew. Exzellenz geehrte Miitheilung vom 16. dieses hat mich mit dem größten Befremden und Bedauern erfüllen müssen. Ich war in die Geschäfte meines Amtes wieder eingetreten, mit Ew. Exzellenz und des ersten Senates Zustimmung, deren es übrigens nicht bedurft hätte. Es war mir nicht als Wunsch der Mitglieder des Senats mitgetheilt worden, ich möge mich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernhalten, sondern lediglich, ich möge mich des Eintritts in das Kollegium enthalten, bis feststehe, daß in s. g. Steuerverweigerungsfrage keine Anklage gegen mich werde erhoben werden, und ich hatte in daß diese schlechten Kerle überall die Freiheiten mißbrauchen werden. Denkt euch mal, jetzt kann Jeder drucken lassen, was er will. Preßfreiheit nennt man das. Nun paßt mal auf, was die Revolutionsmacher jetzt für schändliche Lügen in die Welt schicken werden, nehmt Euch in Acht, daß ihr nicht angelogen werdet an allen Ecken und Enden! Seht, ich bin traurig, daß unser König so gut gewesen ist. (Man weine!) Die Ränkemacher im Lande werden's ihm mit Undank lohnen. Wir aber, wir wollen nun erst recht zu unserm Herrn halten mit Gut und mit Blut, in Noth und in Tod. Sonst ist's im Ganzen jetzt ruhig und still im lieben Preußenlande, und absonderlich in Berlin, wo der alte tapfere Wrangel mächtig auf Ordnung hält, und zum Rechten sieht, was ihm alle vernünftige Leute herzlich Dank wissen. (Schwerter geschliffen. Kugel im Lauf.) In Oesterreich, wo die Juden und Wiener Studenten im Oktober eine abscheuliche Revolution gemacht haben, ist jetzt auch wieder Ordnung. (Gott sei Dank!) Der tapfre Feldmarschall, Fürst Windisch-Grätz (Wendische Krätze), hat Wien mit Sturm erobert, die Rebellen beim Kopf genommen und einige zum wohlverdienten Exempel todt schießen lassen. Das hat gezogen! Seitdem mucksen die Herren Demokraten nicht mehr, denn Kurasche haben sie alle mit einander nicht. Der gute Kaiser Ferdinand aber, der Alles gethan hatte, was das Volk verlangte! doch mit so schnödem Undank belohnt wurde, der hat in voriger Woche seine Krone niedergelegt, und der junge Erzherzog, Franz Joseph, seines Bruders Sohn, ist Kaiser geworden an seiner Statt. Die österreichische Nationalversammlung ist auch nicht mehr in Wien, sondern in dem Städtchen Kremsier, was eine Stadt ist, ungefähr so wie unser Brandenburg. Fürst Windisch-Grätz (Wendische Krätze) aber ist mit seinen Soldaten gegen die Ungarn gezogen, um die zur Raison zu bringen, denn die haben mit den Wiener Rebellen unter einer Decke gesteckt und falsches Spiel gespielt. Jetzt werden sie bald verspielt haben. In Deutschland ist's jetzt auch wieder besser; seit die Republikaner gesehen haben, daß Preußen und Oesterreich Ernst machen, sind sie überall mäuschenstille geworden. In Frankfurt, wo der deutsche Reichstag ist, sehen sie endlich ein, daß es ohne den König von Preußen nicht geht, daß ihre ganze Sache Nichts ist ohne Preußen. Wenn wo Spektakel ist, gleich schreien sie nach preußischen Soldaten; wenn kein Geld mehr da ist, gleich rennen sie nach Berlin und holen sich eine Tasche voll preußischer Thaler, und nun wollen sie unsern König zum deutschen Kaiser machen. Immerhin, ich kann's ihnen nicht verdenken, wir aber bleiben gute Preußen und behalten unsern König, wenn er auch nebenbei deutscher Kaiser oder König ist. (Es lebe der König!) In Sachsen ist eine Stadt, heißt Leipzig, dort haben die Feinde des Königs das Bild eines gewissen Robert Blum, der auch Demokrat war und in Wien als Anführer der Empörer erschossen wurde, in eine Kirche getragen, haben es an die Kanzel gehängt und der Pastor hat müssen eine Predigt halten. Dann haben sie das schöne Lied vom Doktor Luther: Ein' feste Burg ist unser Gott etc. gesungen. Wie gefällt Euch das, Landsleute? Ist's nicht eine Sünde und Schande, solche Geschichten in einer Kirche zu treiben? Ich glaube, der selige Doktor Luther drehte sich im Grabe herum, wenn er's hörte. In Bayern, wo das bayerische Bier gebraut wird, ist jüngst Kindtaufe beim König gewesen, da hat unser alter tapferer Prinz Wilhelm, der Onkel unseres Königs, der Vater von der bayrischen Königin ist, Gevatter gestanden und ist recht lustig gewesen. Aber auf die Freude des wackern Prinzen ist bitteres Leid gefolgt, denn als er heimkehrte vom Kindtaufsschmause, ist sein jüngster Sohn, der Prinz Waldemar, in Münster todtsterbenskrank gewesen; (Armer Waldemar!) doch ist glücklicherweise die Gefahr jetzt vorüber. Dieser junge Prinz Waldemar ist derselbe, der vor zwei Jahren so tapfer mit den Engländern gegen die wilden Völker in Ostindien gefochten hat. (Weit davon ist gut vor'm Schuß.) Beim Könige von Würtemberg und beim Herrn Großherzoge von Baden und beim Herrn Herzoge von Nassau sieht's traurig aus alleweile; das Geld ist dort ganz alle geworden und die Einkünfte des ganzen Landes sind heidi! (Ach, das Geld ist nur Chimäre.) Dort haben nämlich seit dem März die sogenannten Volksfreunde und Freiheitsmänner regiert, und weil sie das Ding nicht verstanden haben, ist's Geldchen alle geworden und die Leute dort müssen nun neue Steuern bezahlen. Das kommt dabei raus, wenn diese Volksmäneer regieren. Na, bei uns in Preußen ist's noch gnädig abgegangen! Gott weiß aber, was d'raus geworden wäre, wenn Herr Hansemann (Hansemann-Pinto) länger Minister über die Finanzen, d. h. über die Staatseinkünfte, geblieben wäre. Die würtembergischen, badischen und nassauischen Hansemänner haben sehr toll gewirthschaftet. Nun kommen wir zur ausländischen Politik. Da sind zuerst die Franzosen, die jetzt schwarz werden möchten vor Aerger, daß sie sich haben eine Republik aufhängen lassen, bei der sie fast verhungern. Sie sind eben dabei, sich einen Präsidenten zu wählen, und Viele wollen einen gewissen Louis Bonaparte haben, einen Neffen von dem Napoleon Bonaparte, den ihr Alle kennt. Nämlich die Leute denken, der Bonaparte wird mit der schlechten, hungerleidrigen Republik bald Kehraus tanzen und dann sind wir sie doch los. Die armen Teufel von Franzosen bereuen es bitterlich, daß sie Republik gemacht haben, aber wer nicht hören will muß fühlen! sagt mein Gevatter. Wenn übrigens der kleine Bonaparte Präsident wird, so kann's sein, daß wir Krieg bekommen, entweder gleich oder auf's Frühjahr. Na, unsere Linie fürchtet sich nicht, und unsere Landwehr erst recht nicht. (Bange machen gilt nicht.) Sonst kann ich euch von Frankreich nichts weiter erzählen; wißt [Deutschland]
[Fortsetzung] schlugen mir die Zügel entzwei. Die Pferde, welche nicht mehr gehalten werden konnten, rannten auf die Rabatten und es fehlte kein Haar, so wäre der Wagen umgeschlagen. Ich hatte drei Passagiere, diese schrieen und weinten, aber die Soldaten ließen nicht nach. Als ich nun zur Arrièregarde kam, hatte sich diese auf beiden Seiten mit gefälltem Bayonnette aufgestellt. Sie stachen nach mir und den Pferden, und stachen ein Pferd auf der Stelle todt, das andere brachte ich nach Hause, es ist aber nicht mehr zu gebrauchen. Jetzt lachen sie noch über den Frevel, den sie begangen haben. Der Frevel kann durch 20 Zuschauer bezeugt werden.“ Wir sind also jetzt schon bei der Wegelagerung durch kgl. preußische Banden, angelangt. Und ihr wundert euch, wenn das Volk sich nach „rothen Hosen“ sehnt? X Uerdingen, 22. Dezbr. Unser kleines Städtchen besitzt eine ihm angemessene Anzahl Reaktionärs. Aus dem Zeitabschnitte vom Februar bis heute ist folgendes zu ihrer Charakteristik hervorzuheben: Als in Folge der Pariser Februarrevolution in Deutschland die so lange gedrückten Gemüther sich ermannten, die Fürsten mit Petitionen und Deputationen zur Erfüllung ihrer im Jahre 1815 gegebenen Versprechungen bestürmt wurden, und als man, auf diesem Wege nichts erlangend, in Wien, Berlin und bei der Mehrzahl der übrigen Fürsten deshalb Exekutiv-Maßregeln mit gutem Erfolge angewandt hatte, da jubelten auch unsere jetzigen Reaktionärs aus voller Seele ob der heranbrechenden schönen Zukunft. Ueber ihre Lippen strömten die freisinnigsten Gedanken und sehr häufig hörte man bei vielen das für sie jetzt Schaudern erregende Wort „Republik“ mit Hecker-Struve'schem Enthusiasmus nennen, und den Grundsatz befolgend: „Was man im Innern ist, das muß man auch nach Außen bekennen,“ wimmelten recht bald ihre Hüte, Mützen, Westen, Uhrketten, Knopflöcher, Geldbeutel, Taschen- und Halstücher von schwarz-roth-goldenen Farben. Nach kurzer Zeit aber merkten sie, wie der neue Zustand der Dinge so nachtheilig auf die Geschäfte und auf den bisher so straffen Beutel einwirkte, und mancher von ihnen entließ oder mußte, wie er es nannte, seine Arbeiter, um nicht zu viel von seinem Vermögen einzubüßen, entlassen, unbekümmert darüber, wie diese, die doch in gewissem Sinne Miterwerber ihres Vermögens waren, ihr Dasein fristen werden. Dieser allerneueste, für sie und ihre Habsucht allerunglücklichste Zustand ließ ihre geträumte schöne Zukunft als eine Täuschung erscheinen. Dieser Schein wurde bei ihnen zur Wirklichkeit, als sie mit jedem Tage hörten, wie an allen Orten die Arbeiter mit ihren mißliebigen Herren durch Demoliren der Häuser und durch persönliche Mißhandlungen Abrechnung hielten, und als einige von ihnen, in ihr Gewissen blickend, Aehnliches befürchteten. Von dieser Furcht gepeinigt, suchten sie Schutz durch Errichtung einer Sicherheitswache. Ihre bleichen Gesichter, ihr unruhiger Blick, ihre ungewohnte und deshalb gezwungene Freundlichkeit bei Errichtung dieser Wache, gewährten einen tragi-komischen Anblick. In den zuweilen stattfindenden Bürgerversammlungen zur Beseitigung übler Lokalzustände kamen auch ihre Personen, weil nahe verwandt mit diesen Zuständen, in Berührung; das genügte ihnen, gegen diese Bürgerversammlungen im Geheimen alle erdenklichen Mittel zu deren Unterdrückung anzuwenden. Es haben deshalb Drohungen mit Arbeitsentziehungen und wirkliche Arbeitsentziehungen stattgefunden. Einmal mußten sie diesen Versammlungen beiwohnen, als es galt, Wahlmänner für den 1. Mai durchzubringen, und als sie vorher vergeblich zu diesem Zwecke eine Versammlung anberaumt hatten. An dem Wahltage erlitten sie eine vollständige Niederlage. Das war zu arg für Leute, die vor der neuen Zeit gewohnt waren, nach ihrem Willen zu handeln und die immer das Ruder in den Händen gehabt hatten. Ihre Freiheit war dahin; das Gold in den drei Farben hatte für sie keinen Werth mehr. Zur selben Zeit fingen auch die Demokraten, von ihnen „die Rothen“ genannt, allenthalben an, ihre Stimmen lauter werden zu lassen. In ihrer, durch immer steigende Aengstlichkeit krank gewordenen Phantasie erblickten sie schon die Zeit, wo diese „Rothen“ sich gemüthlich in ihr sauer erworbenes Vermögen theilen würden, oder wo sie durch Raub und Plünderung und durch alle Gräuel eines Bürgerkrieges um ihr schönes Dasein gebracht sein würden. Diese Gedanken weckten und steigerten in ihnen den Haß gegen das Rothe zu einer Größe, daß sie einem hier durchreisenden Führer der Demokraten sein rothes Bändchen von einem dafür bezahlten Diener abreißen ließen, wobei es bald blutige Köpfe abgesetzt hätte; daß sie ferner einem hiesigen Handwerker, der einmal einer Versammlung dieses Führers beigewohnt hatte, bedeuten konnten, nur ferner diese Versammlungen zu besuchen, um recht bald in Armuth zu versinken. Das Roth in den drei Farben konnten sie nicht mehr anerkennen. Es war ihnen das Schwarz also noch übrig geblieben. Was damit anfangen? Diese Farbe allein tragen, hieß öffentlich bekennen, daß man dem Banner des Teufels folge, und um dieses nicht zu thun, fügte man zu dieser Farbe das Weiß, die Farbe — des Friedens. An ihren Halstüchern machten sich zuerst diese Farben bemerklich. Wenn man bei einzelnen von ihnen nach der jetzigen Bedeutung dieser Farben fragte, so erhielt man ein Erröthen und ein Lächeln zur Antwort. Nachfolgendes zeige uns übrigens, daß sie diesen Farben bis jetzt keine Schande gemacht haben: Die Demokraten sind ihnen ein Dorn im Auge; einige bewegliche von diesen haben sie versucht, aus der Stadt zu schaffen, was ihnen aber bis jetzt nicht hat gelingen können; daß sie aber mit Argus-Augen diese bewachen, um bei dem geringsten ihrer schiefen Tritte Gelegenheit zu ihrer Entfernung zu nehmen, läßt sich leicht denken. — Handwerker und Tagelöhner werden von ihnen vor dem Besuche gewisser Lokale als für sie und ihre Arbeit gefährlich, gewarnt, weil darin an die Stelle des Kartenspielens das Zeitungslesen und die Besprechung der Zeitereignisse eingeführt worden ist. In diese Lokale werden auch Spione geschickt. — Bei Einführung der Einkommensteuer zur Erhebung der Communalsteuer hatte der Ausschuß zur Entwerfung eines Regulativs alle zur Zahlung der Steuer herangezogen, welche ein Einkommen von 70 Thaler jährlich aufweisen konnten, um auch dem ärmsten Gemeindebürger dadurch zu den Gemeinderechten Zugang zu verschaffen; bei Revision des Regulativs wurde dieser Passus dahin umgeändert, daß von 150 Thlrn. an die Steuer erhoben werden sollte, den Grundsatz dabei aufstellend, die ärmern Classen so viel wie möglich von den Steuerlasten zu befreien. Man forderte namentliche Abstimmung, um dieser Classe zu zeigen, wer für sie sorge. Von den 70 Thlrn. hätten höchstens 5 Sgr. bezahlt werden müssen. Bei Vertheilung der Classensteuer schenkt man dieser ärmern Classe, die 1 Thlr. pro Kopf jährlich bezahlt, nicht so viel Aufmerksamkeit; da konnte man nur Wenige vom Zahlen der Steuern ausschließen, das Gesetz anziehend, daß jeder Staatsbürger zu den Staatslasten beitragen solle. Man befürchtete aber durch den zu großen Ausfall den Steuerbetrag der übrigen Classen zu bedeutend zu vermehren. Man suchte vergebens dem bei der Kommunalsteuer für die ärmere Klasse aufgestellten Grundsatz Geltung zu verschaffen. Die ausgefallenen 140 Thlr. wurden statt der verhältnißmäßig gering besteuerten 1. Klasse der 2. und theilweise der 3. Klasse zugetheilt. Die letzte Handlung dieser braven Partei ist die in diesem Blatte schon erwähnte Dankadresse. Düsseldorf, 26. Dez. Man erzählt sich, daß dem Assessor Bredt bei dem hiesigen Regiernngskollegium, dem bisherigen kommissarischen Landrath des Kreises Elberfeld, der zu den nach dem 9. Nov. in Berlin forttagenden Deputirten der Nationalversammlung gehörte, bedeutet worden sei, er wäre vorläufig von seinem Amte suspendirt. (D. Z.) X Münster, 26. Dezbr. Der famose Brief des hiesigen Oberlandesgerichts ist nicht einstimmig verfaßt; wir hören wenigstens von dem Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, daß dieser ein ebenso würdevolles als energisches Separatvotum eingereicht hat. Hr. Stahlknecht ist so ziemlich der einzige Rath des O.-L.-Gerichts, der den lichten Himmel außer den Wallhecken des Münsterlandes gesehen; er stand früher in Magdeburg. Die übrigen Mitglieder sind meist Münstersche Kinder aus den Patrizier-Familien. Der Präsident v. Olfers ist ein Bruder des bekannten Stadtraths v. Olfers und — des Intendanten v. Olfers in Berlin. Wir bedauern die politischen Gefangenen, die vor dem hiesigen Gerichtshofe Recht nehmen müssen. — Besser hätte die alte Bureaukratie sich nicht einführen können. Daß die Sehnsucht nach Geschwornen immer lebhafter wird, begreift Jedermann. Abermals sind Rescripte des Justizministers Rintelen an das hiesige Oberlandesgericht gelangt, welche in den politischen Untersuchungen eine besondere Strenge, namentlich gegen die Referendarien zur Pflicht machen. Man sollte glauben, daß ein solches Verfahren nur dazu dienen würde, die richterliche Unabhängigkeit, (wo dieselbe durch Hetzen und Treiben von Oben in Verbindung mit religiösem und politischem Fanatismus auf kurze Zeit erstickt worden) wieder zu erwecken. Anderwärts könnte dieser Glaube vielleicht Grund haben; aber hier in Münster?! 068 Berlin, 25. Dez. Die Soldaten der hiesigen Garnison ist der Befehl zugegangen, alle ihnen vorkommenden Karrikaturen auf den General Wrangel sofort zu konfisciren und die Eigenthümer derselben zur Haft zu bringen. Es wird ihnen für jede konfiscirte Karrikatur eine Belohnung versprochen, während im Unterlassungsfalle ihnen Strafe angedroht ist. Diese Verfügung des gestrengen Oberbefehlshabers der Mark zeigt abermals, welchen Werth unsere Verfassung hat, denn nicht allein macht Wrangel darin von der Suspension der Habeas-Corpus-Akte den unverschämtesten Gebrauch, den ihm der Art. 110 der Verfassung zugestehen kann, sondern er erfrecht sich auch auf eigene Faust, den Art. 9. der Verf. außer Kraft zu setzen. Man kann aus dieser Empfindlichkeit unsers General-Gewaltigen gegen die Pfeile des Humors von vornherein entnehmen, welchen Erfolg die Bitte haben wird, mit der unser heute seit dem Eintreten des Belagerungszustandes zum ersten Mal wieder erschienener „Krakehler“ seinen leitenden Artikel schließt, die Bitte nämlich, den Lauf des Witzpfeiles und den, der ihn entsendet, nicht zu streng zu richten. Als einen Beitrag zu den Wühlereien der reaktionären Partei, theilen wir folgenden von einem Landwehrmann der Pommerschen Gardelandwehr uns zugesandten lithographirten Zettel mit, welcher an dieses und an andere Bataillone der Landwehr vor ihrem Abmarsch aus Berlin amtlich vertheilt worden war. Er lautet: „Zu Wahlmännern sind nur die zu wählen, die Alles das wollen, was der König will.“ „Die Wahlmänner wählen zur ersten Kammer den General der Infanterie v. Wrangel.“ „Zur zweiten Kammer den Flügel-Adjutanten Sr. Maj. des Königs Major Hiller von Gärtringen.“ Dies Manöver bedarf keines Commentars. Trotz der ihr schon vor einiger Zeit gewordenen Ausweisungsverfügung war Madame Aston doch bis vor wenig Tagen hier geblieben; aber ein wiederholtes strenges Gebot der Polizei hat sie gezwungen, vorgestern Berlin zu verlassen und sich nach Hamburg zu begeben. Ein interessanter Beitrag zur Charakteristik unserer Zustände ist folgende Thatsache. Während das Ministerium Pfuel am Ruder war, hatte die Berliner Demokratie den Plan gefaßt, sämmtliche Mitglieder der Klubs mit leichten Büchsen zu versehen. Dies sollte dadurch möglich gemacht werden, daß gegen monatliche Abzahlung von 10 Sgr. auf jede Büchse, der Büchsenfabrikant Schubert, jedem von einem Klubvorstand empfohlenen eine Waffe liefern wollte. Zur Ausführung dieses Planes hatte Schubert: eine bedeutende Anzahl Büchsen anfertigen lassen. Als nun am 9. und 10. Nov. es den Anschein hatte, es solle zum aktiven Widerstand gegen die Reaktion kommen, war Schubert gutmüthig genug, an viele ihm nur sehr oberflächlich bekannte Personen Büchsen aus seinem Vorrath auf Kredit hinzugeben. Bald darauf traten aber die glorreichen Tage der würdigen Haltung und des passiven Widerstandes ein, und Schubert suchte wieder in den Besitz seiner Büchsen zu gelangen, da er von den Käufern kein Geld erhalten konnte. Bei vielen gelang ihm dies. Einige aber hatten die Büchsen indeß versetzt oder verkauft, so daß Schubert sich zu gerichtlichen Schritten gegen dieselben genöthigt sah. Zum Lohn hiefür ward er von diesen Leuten, darunter einige schon früher gerichtlich verurtheilte, beim Staatsanwalt denunzirt, als habe er die Waffen an die Leute mit der Aufforderung vertheilt, bestimmte Personen zu erschießen. Andere denunzirten, er habe zur Plünderung von Königlichen Kassen aufgefordert. Obgleich nun der Staatsanwalt erst neuerdings in dem Prozeß des Maler Masche zu seiner eigenen Beschämung die Unhaltbarkeit der auf Denunciationen gegründeten Anklagen eingesehen hatte, genügte es doch für ihn, daß Schubert als Demokrat bekannt war, um dessen Verhaftung zu verfügen. Der damit beauftragte Polizeikommissarius, in seinem Eifer dieselbe noch vorigen Sonnabend zu vollziehen, ließ den Schubert, unter dem Vorwande einer geschäftlichen Mittheilung, für den Abend 7 Uhr sich zu bestellen und verhaftete ihn sofort. — So umgeht man die Habeas-Corpus-Akte, wo man sie nicht offen zu verletzen wagt. Folgende Adresse an Waldeck cirkulirt hier seit gestern und wird auch an andern Orten in Umlauf gesetzt werden: „ Als vor länger denn einem halben Jahre die Wahlen zur National-Versammlung das preußische Volk zur Entscheidung riefen, da wurden Sie gleichzeitig in Berlin und in Westphalen durch das Vertrauen der Wahlmänner zum Volksvertreter berufen. Hier wie dort hatten Ihre amtliche Thätigkeit, Ihre persönliche Eigenschaften, die Ueberzeugung festgestellt, daß Sie für die Befreiung des Volkes von der Last der alten Verhältnisse mit Ernst, Einsicht, Uneigennützigkeit und Festigkeit kämpfen würden. Ihre Haltung als Volksvertreter hat dieses Vertrauen gerechtfertigt, ja übertroffen Ueberall, wo es galt, die gleiche Berechtigung der Einzelnen, gegenüber den Eingriffen von Beamten, die Hoheit der Volksvertreter, gegenüber den Willen von Ministern sicher zu stellen, da waren Sie der Vorkämpfer des Rechts, der Schirmer der Freiheit. Keinen Augenblick waren Sie schwankend, keinen Augenblick Ihrer Vergangenheit untreu; wo Sie standen, da war das volle Recht, die volle Freiheit. Die zahllosen und niedrigen Schmähungen derer, welche ihre besonderen Vortheile durch Ihre uneigennützige Thätigkeit geschmälert sahen, oder welche in kleinlicher Befangenheit nicht erkannten, daß das leibliche und geistige Wohl aller Einzelnen im Staate, welches Sie anstrebten, nur durch Opfer der bisher Bevorrechteten erzielt werden konnte, haben uns in unserem Vertrauen auf Sie nicht erschüttert. Wir wußten es wohl, das gerade die Edelsten und Uneigennützigsten am meisten angefeindet werden, daß sie zu allen Zeiten gekreuzigt, gesteinigt und verläumdet worden sind. Der höchste Gerichtshof des Staates hat sich endlich Ihren Widersachern angeschlossen. Er hat sich zu öffentlichen Demonstrationen hinreißen lassen, welche außerhalb seines Wirkungskreises liegen; er hat gesprochen, wo Niemand seine Entscheidung gefordet hatte; er hat die Wagschale der Gerechtigkeit in die Hand der Partei gelegt. Mit der Würde des Mannes, mit dem Selbstbewußtsein des Volksvertreters, mit der ganzen Unabhängigkeit des Richters sind Sie diesen Bestrebungen entgegengetreten. In einer Zeit, wo das Rechtsgefühl des Volkes verwirrt und erschüttert ist, haben Sie demselben eine neue und feste Stütze gegeben. Sie haben unserem Volke das große Beispiel aufgestellt, daß die Männer der Freiheit auch die Männer der Gerechtigkeit sind Wir sind stolz darauf, Ihnen unsere Bewunderung, unsern Dank ausdrücken zu dürfen.“ (Folgen die Unterschriften). 24 Berlin, 25. Dez. Mit der Unterdrückung hiesiger Zeitungen begnügt sich Hr. Wrangel nicht. Ganz wie vor dem März sucht man sich auch jetzt auswärtige Geisteserzeugnisse durch direktes Verbot vom Leibe zu halten. So hat der Polizeipräsident im Auftrage Wrangel's das gegen den „Mephistopheles“, (redigirt von W. Marr zu Wandsbeck, in Kommission bei Hoffmann u. Comp. in Hamburg) erlassene Verbot publizirt. Diesem schließt sich ein zweiter Erlaß an, durch welchen die eben begonnene Zeitschrift „der blaue Montag“ ebenfalls für Berlin und den zweimeiligen Umkreis verboten wird. — Der Präsident des Obertribunals, Hr. Mühler, hat auf seine bekannten Schreiben von Herrn Waldeck folgende Antwort erhalten: Ew. Exzellenz geehrte Miitheilung vom 16. dieses hat mich mit dem größten Befremden und Bedauern erfüllen müssen. Ich war in die Geschäfte meines Amtes wieder eingetreten, mit Ew. Exzellenz und des ersten Senates Zustimmung, deren es übrigens nicht bedurft hätte. Es war mir nicht als Wunsch der Mitglieder des Senats mitgetheilt worden, ich möge mich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernhalten, sondern lediglich, ich möge mich des Eintritts in das Kollegium enthalten, bis feststehe, daß in s. g. Steuerverweigerungsfrage keine Anklage gegen mich werde erhoben werden, und ich hatte in <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar180_004" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0968"/> daß diese schlechten Kerle überall die Freiheiten mißbrauchen werden. Denkt euch mal, jetzt kann Jeder drucken lassen, was er will. Preßfreiheit nennt man das. Nun paßt mal auf, was die Revolutionsmacher jetzt für schändliche Lügen in die Welt schicken werden, nehmt Euch in Acht, daß ihr nicht angelogen werdet an allen Ecken und Enden! Seht, ich bin traurig, daß unser König so gut gewesen ist. (Man weine!) Die Ränkemacher im Lande werden's ihm mit Undank lohnen. Wir aber, wir wollen nun erst recht zu unserm Herrn halten mit Gut und mit Blut, in Noth und in Tod. Sonst ist's im Ganzen jetzt ruhig und still im lieben Preußenlande, und absonderlich in Berlin, wo der alte tapfere Wrangel mächtig auf Ordnung hält, und zum Rechten sieht, was ihm alle vernünftige Leute herzlich Dank wissen. (Schwerter geschliffen. Kugel im Lauf.)</p> <p>In <hi rendition="#g">Oesterreich,</hi> wo die Juden und Wiener Studenten im Oktober eine abscheuliche Revolution gemacht haben, ist jetzt auch wieder Ordnung. (Gott sei Dank!) Der tapfre Feldmarschall, Fürst <hi rendition="#g">Windisch-Grätz</hi> (Wendische Krätze), hat Wien mit Sturm erobert, die Rebellen beim Kopf genommen und einige zum wohlverdienten Exempel todt schießen lassen. Das hat gezogen! Seitdem mucksen die Herren Demokraten nicht mehr, denn Kurasche haben sie alle mit einander nicht. Der gute Kaiser <hi rendition="#g">Ferdinand</hi> aber, der Alles gethan hatte, was das Volk verlangte! doch mit so schnödem Undank belohnt wurde, der hat in voriger Woche seine Krone niedergelegt, und der junge Erzherzog, Franz Joseph, seines Bruders Sohn, ist Kaiser geworden an seiner Statt. Die österreichische Nationalversammlung ist auch nicht mehr in Wien, sondern in dem Städtchen <hi rendition="#g">Kremsier,</hi> was eine Stadt ist, ungefähr so wie unser Brandenburg. Fürst Windisch-Grätz (Wendische Krätze) aber ist mit seinen Soldaten gegen die Ungarn gezogen, um die zur Raison zu bringen, denn die haben mit den Wiener Rebellen unter einer Decke gesteckt und falsches Spiel gespielt. Jetzt werden sie bald verspielt haben.</p> <p>In <hi rendition="#g">Deutschland</hi> ist's jetzt auch wieder besser; seit die Republikaner gesehen haben, daß Preußen und Oesterreich Ernst machen, sind sie überall mäuschenstille geworden. In <hi rendition="#g">Frankfurt,</hi> wo der deutsche Reichstag ist, sehen sie endlich ein, daß es ohne den König von Preußen nicht geht, daß ihre ganze Sache Nichts ist ohne Preußen. Wenn wo Spektakel ist, gleich schreien sie nach preußischen Soldaten; wenn kein Geld mehr da ist, gleich rennen sie nach Berlin und holen sich eine Tasche voll preußischer Thaler, und nun wollen sie unsern König zum deutschen Kaiser machen. Immerhin, ich kann's ihnen nicht verdenken, wir aber bleiben gute Preußen und behalten unsern König, wenn er auch nebenbei deutscher Kaiser oder König ist. (Es lebe der König!)</p> <p>In <hi rendition="#g">Sachsen</hi> ist eine Stadt, heißt <hi rendition="#g">Leipzig,</hi> dort haben die Feinde des Königs das Bild eines gewissen Robert <hi rendition="#g">Blum,</hi> der auch Demokrat war und in Wien als Anführer der Empörer erschossen wurde, in eine Kirche getragen, haben es an die Kanzel gehängt und der Pastor hat müssen eine Predigt halten. Dann haben sie das schöne Lied vom Doktor Luther: Ein' feste Burg ist unser Gott etc. gesungen. Wie gefällt Euch das, Landsleute? Ist's nicht eine Sünde und Schande, solche Geschichten in einer Kirche zu treiben? Ich glaube, der selige Doktor Luther drehte sich im Grabe herum, wenn er's hörte.</p> <p>In Bayern, wo das bayerische Bier gebraut wird, ist jüngst Kindtaufe beim König gewesen, da hat unser alter tapferer Prinz Wilhelm, der Onkel unseres Königs, der Vater von der bayrischen Königin ist, Gevatter gestanden und ist recht lustig gewesen. Aber auf die Freude des wackern Prinzen ist bitteres Leid gefolgt, denn als er heimkehrte vom Kindtaufsschmause, ist sein jüngster Sohn, der Prinz Waldemar, in Münster todtsterbenskrank gewesen; (Armer Waldemar!) doch ist glücklicherweise die Gefahr jetzt vorüber. Dieser junge Prinz Waldemar ist derselbe, der vor zwei Jahren so tapfer mit den Engländern gegen die wilden Völker in Ostindien gefochten hat. (Weit davon ist gut vor'm Schuß.) Beim Könige von Würtemberg und beim Herrn Großherzoge von Baden und beim Herrn Herzoge von Nassau sieht's traurig aus alleweile; das Geld ist dort ganz alle geworden und die Einkünfte des ganzen Landes sind heidi! (Ach, das Geld ist nur Chimäre.) Dort haben nämlich seit dem März die sogenannten Volksfreunde und Freiheitsmänner regiert, und weil sie das Ding nicht verstanden haben, ist's Geldchen alle geworden und die Leute dort müssen nun neue Steuern bezahlen. Das kommt dabei raus, wenn diese Volksmäneer regieren. Na, bei uns in Preußen ist's noch gnädig abgegangen! Gott weiß aber, was d'raus geworden wäre, wenn Herr Hansemann (Hansemann-Pinto) länger Minister über die Finanzen, d. h. über die Staatseinkünfte, geblieben wäre. Die würtembergischen, badischen und nassauischen Hansemänner haben sehr toll gewirthschaftet.</p> <p>Nun kommen wir zur ausländischen Politik. Da sind zuerst die Franzosen, die jetzt schwarz werden möchten vor Aerger, daß sie sich haben eine Republik aufhängen lassen, bei der sie fast verhungern. Sie sind eben dabei, sich einen Präsidenten zu wählen, und Viele wollen einen gewissen Louis Bonaparte haben, einen Neffen von dem Napoleon Bonaparte, den ihr Alle kennt. Nämlich die Leute denken, der Bonaparte wird mit der schlechten, hungerleidrigen Republik bald Kehraus tanzen und dann sind wir sie doch los.</p> <p>Die armen Teufel von Franzosen bereuen es bitterlich, daß sie Republik gemacht haben, aber wer nicht hören will muß fühlen! sagt mein Gevatter. Wenn übrigens der kleine Bonaparte Präsident wird, so kann's sein, daß wir Krieg bekommen, entweder gleich oder auf's Frühjahr. Na, unsere Linie fürchtet sich nicht, und unsere Landwehr erst recht nicht. (Bange machen gilt nicht.) Sonst kann ich euch von Frankreich nichts weiter erzählen; wißt</p> </div> </div> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar180_006" type="jArticle"> <p> <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> <hi rendition="#et">schlugen mir die Zügel entzwei. Die Pferde, welche nicht mehr gehalten werden konnten, rannten auf die Rabatten und es fehlte kein Haar, so wäre der Wagen umgeschlagen. Ich hatte drei Passagiere, diese schrieen und weinten, aber die Soldaten ließen nicht nach. Als ich nun zur Arrièregarde kam, hatte sich diese auf beiden Seiten mit gefälltem Bayonnette aufgestellt. Sie stachen nach mir und den Pferden, und stachen ein Pferd auf der Stelle todt, das andere brachte ich nach Hause, es ist aber nicht mehr zu gebrauchen. Jetzt lachen sie noch über den Frevel, den sie begangen haben. Der Frevel kann durch 20 Zuschauer bezeugt werden.“</hi> </p> <p>Wir sind also jetzt schon bei der <hi rendition="#g">Wegelagerung</hi> durch kgl. preußische Banden, angelangt. Und ihr wundert euch, wenn das Volk sich nach „rothen Hosen“ sehnt?</p> </div> <div xml:id="ar180_006a"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Uerdingen, 22. Dezbr.</head> <p>Unser kleines Städtchen besitzt eine ihm angemessene Anzahl Reaktionärs. Aus dem Zeitabschnitte vom Februar bis heute ist folgendes zu ihrer Charakteristik hervorzuheben:</p> <p>Als in Folge der Pariser Februarrevolution in Deutschland die so lange gedrückten Gemüther sich ermannten, die Fürsten mit Petitionen und Deputationen zur Erfüllung ihrer im Jahre 1815 gegebenen Versprechungen bestürmt wurden, und als man, auf diesem Wege nichts erlangend, in Wien, Berlin und bei der Mehrzahl der übrigen Fürsten deshalb Exekutiv-Maßregeln mit gutem Erfolge angewandt hatte, da jubelten auch unsere jetzigen Reaktionärs aus voller Seele ob der heranbrechenden schönen Zukunft. Ueber ihre Lippen strömten die freisinnigsten Gedanken und sehr häufig hörte man bei vielen das für sie jetzt Schaudern erregende Wort „Republik“ mit Hecker-Struve'schem Enthusiasmus nennen, und den Grundsatz befolgend: „Was man im Innern ist, das muß man auch nach Außen bekennen,“ wimmelten recht bald ihre Hüte, Mützen, Westen, Uhrketten, Knopflöcher, Geldbeutel, Taschen- und Halstücher von schwarz-roth-goldenen Farben. Nach kurzer Zeit aber merkten sie, wie der neue Zustand der Dinge so nachtheilig auf die Geschäfte und auf den bisher so straffen Beutel einwirkte, und mancher von ihnen entließ oder mußte, wie er es nannte, seine Arbeiter, um nicht zu viel von seinem Vermögen einzubüßen, entlassen, unbekümmert darüber, wie diese, die doch in gewissem Sinne Miterwerber ihres Vermögens waren, ihr Dasein fristen werden. Dieser allerneueste, für sie und ihre Habsucht allerunglücklichste Zustand ließ ihre geträumte schöne Zukunft als eine Täuschung erscheinen. Dieser Schein wurde bei ihnen zur Wirklichkeit, als sie mit jedem Tage hörten, wie an allen Orten die Arbeiter mit ihren mißliebigen Herren durch Demoliren der Häuser und durch persönliche Mißhandlungen Abrechnung hielten, und als einige von ihnen, in ihr Gewissen blickend, Aehnliches befürchteten. Von dieser Furcht gepeinigt, suchten sie Schutz durch Errichtung einer Sicherheitswache. Ihre bleichen Gesichter, ihr unruhiger Blick, ihre ungewohnte und deshalb gezwungene Freundlichkeit bei Errichtung dieser Wache, gewährten einen tragi-komischen Anblick. In den zuweilen stattfindenden Bürgerversammlungen zur Beseitigung übler Lokalzustände kamen auch ihre Personen, weil nahe verwandt mit diesen Zuständen, in Berührung; das genügte ihnen, gegen diese Bürgerversammlungen im Geheimen alle erdenklichen Mittel zu deren Unterdrückung anzuwenden. Es haben deshalb Drohungen mit Arbeitsentziehungen und wirkliche Arbeitsentziehungen stattgefunden. Einmal mußten sie diesen Versammlungen beiwohnen, als es galt, Wahlmänner für den 1. Mai durchzubringen, und als sie vorher vergeblich zu diesem Zwecke eine Versammlung anberaumt hatten. An dem Wahltage erlitten sie eine vollständige Niederlage. Das war zu arg für Leute, die vor der neuen Zeit gewohnt waren, nach ihrem Willen zu handeln und die immer das Ruder in den Händen gehabt hatten. Ihre Freiheit war dahin; das Gold in den drei Farben hatte für sie keinen Werth mehr. Zur selben Zeit fingen auch die Demokraten, von ihnen „die Rothen“ genannt, allenthalben an, ihre Stimmen lauter werden zu lassen. In ihrer, durch immer steigende Aengstlichkeit krank gewordenen Phantasie erblickten sie schon die Zeit, wo diese „Rothen“ sich gemüthlich in ihr sauer erworbenes Vermögen theilen würden, oder wo sie durch Raub und Plünderung und durch alle Gräuel eines Bürgerkrieges um ihr schönes Dasein gebracht sein würden. Diese Gedanken weckten und steigerten in ihnen den Haß gegen das Rothe zu einer Größe, daß sie einem hier durchreisenden Führer der Demokraten sein rothes Bändchen von einem dafür bezahlten Diener abreißen ließen, wobei es bald blutige Köpfe abgesetzt hätte; daß sie ferner einem hiesigen Handwerker, der einmal einer Versammlung dieses Führers beigewohnt hatte, bedeuten konnten, nur ferner diese Versammlungen zu besuchen, um recht bald in Armuth zu versinken. Das Roth in den drei Farben konnten sie nicht mehr anerkennen. Es war ihnen das Schwarz also noch übrig geblieben. Was damit anfangen? Diese Farbe allein tragen, hieß öffentlich bekennen, daß man dem Banner des Teufels folge, und um dieses nicht zu thun, fügte man zu dieser Farbe das Weiß, die Farbe — des Friedens. An ihren Halstüchern machten sich zuerst diese Farben bemerklich. Wenn man bei einzelnen von ihnen nach der jetzigen Bedeutung dieser Farben fragte, so erhielt man ein Erröthen und ein Lächeln zur Antwort. Nachfolgendes zeige uns übrigens, daß sie diesen Farben bis jetzt keine Schande gemacht haben:</p> <p>Die Demokraten sind ihnen ein Dorn im Auge; einige bewegliche von diesen haben sie versucht, aus der Stadt zu schaffen, was ihnen aber bis jetzt nicht hat gelingen können; daß sie aber mit Argus-Augen diese bewachen, um bei dem geringsten ihrer schiefen Tritte Gelegenheit zu ihrer Entfernung zu nehmen, läßt sich leicht denken. — Handwerker und Tagelöhner werden von ihnen vor dem Besuche gewisser Lokale als für sie und ihre Arbeit gefährlich, gewarnt, weil darin an die Stelle des Kartenspielens das Zeitungslesen und die Besprechung der Zeitereignisse eingeführt worden ist. In diese Lokale werden auch Spione geschickt. — Bei Einführung der Einkommensteuer zur Erhebung der Communalsteuer hatte der Ausschuß zur Entwerfung eines Regulativs alle zur Zahlung der Steuer herangezogen, welche ein Einkommen von 70 Thaler jährlich aufweisen konnten, um auch dem ärmsten Gemeindebürger dadurch zu den Gemeinderechten Zugang zu verschaffen; bei Revision des Regulativs wurde dieser Passus dahin umgeändert, daß von 150 Thlrn. an die Steuer erhoben werden sollte, den Grundsatz dabei aufstellend, die ärmern Classen so viel wie möglich von den Steuerlasten zu befreien. Man forderte namentliche Abstimmung, um dieser Classe zu zeigen, wer für sie sorge. Von den 70 Thlrn. hätten höchstens 5 Sgr. bezahlt werden müssen. Bei Vertheilung der Classensteuer schenkt man dieser ärmern Classe, die 1 Thlr. pro Kopf jährlich bezahlt, nicht so viel Aufmerksamkeit; da konnte man nur Wenige vom Zahlen der Steuern ausschließen, das Gesetz anziehend, daß jeder Staatsbürger zu den Staatslasten beitragen solle. Man befürchtete aber durch den zu großen Ausfall den Steuerbetrag der übrigen Classen zu bedeutend zu vermehren.</p> <p>Man suchte vergebens dem bei der Kommunalsteuer für die ärmere Klasse aufgestellten Grundsatz Geltung zu verschaffen. Die ausgefallenen 140 Thlr. wurden statt der verhältnißmäßig gering besteuerten 1. Klasse der 2. und theilweise der 3. Klasse zugetheilt. Die letzte Handlung dieser braven Partei ist die in diesem Blatte schon erwähnte Dankadresse.</p> </div> <div xml:id="ar180_007" type="jArticle"> <head>Düsseldorf, 26. Dez.</head> <p>Man erzählt sich, daß dem Assessor <hi rendition="#g">Bredt</hi> bei dem hiesigen Regiernngskollegium, dem bisherigen kommissarischen Landrath des Kreises Elberfeld, der zu den nach dem 9. Nov. in Berlin forttagenden Deputirten der Nationalversammlung gehörte, bedeutet worden sei, er wäre vorläufig von seinem Amte suspendirt.</p> <bibl>(D. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar180_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Münster, 26. Dezbr.</head> <p>Der famose Brief des hiesigen Oberlandesgerichts ist nicht einstimmig verfaßt; wir hören wenigstens von dem Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, daß dieser ein ebenso würdevolles als energisches Separatvotum eingereicht hat. Hr. Stahlknecht ist so ziemlich der einzige Rath des O.-L.-Gerichts, der den lichten Himmel außer den Wallhecken des Münsterlandes gesehen; er stand früher in Magdeburg. Die übrigen Mitglieder sind meist Münstersche Kinder aus den Patrizier-Familien. Der Präsident v. Olfers ist ein Bruder des bekannten Stadtraths v. Olfers und — des Intendanten v. Olfers in Berlin.</p> <p>Wir bedauern die politischen Gefangenen, die vor dem hiesigen Gerichtshofe Recht nehmen müssen. — Besser hätte die alte Bureaukratie sich nicht einführen können. Daß die Sehnsucht nach Geschwornen immer lebhafter wird, begreift Jedermann.</p> <p>Abermals sind Rescripte des Justizministers Rintelen an das hiesige Oberlandesgericht gelangt, welche in den politischen Untersuchungen eine besondere Strenge, namentlich gegen die Referendarien zur Pflicht machen.</p> <p>Man sollte glauben, daß ein solches Verfahren nur dazu dienen würde, die richterliche Unabhängigkeit, (wo dieselbe durch Hetzen und Treiben von Oben in Verbindung mit religiösem und politischem Fanatismus auf kurze Zeit erstickt worden) wieder zu erwecken. Anderwärts könnte dieser Glaube vielleicht Grund haben; aber hier in Münster?!</p> </div> <div xml:id="ar180_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Berlin, 25. Dez.</head> <p>Die Soldaten der hiesigen Garnison ist der Befehl zugegangen, alle ihnen vorkommenden Karrikaturen auf den General <hi rendition="#g">Wrangel</hi> sofort zu konfisciren und die Eigenthümer derselben zur Haft zu bringen. Es wird ihnen für jede konfiscirte Karrikatur eine Belohnung versprochen, während im Unterlassungsfalle ihnen Strafe angedroht ist. Diese Verfügung des gestrengen Oberbefehlshabers der Mark zeigt abermals, welchen Werth unsere Verfassung hat, denn nicht allein macht Wrangel darin von der Suspension der Habeas-Corpus-Akte den unverschämtesten Gebrauch, den ihm der Art. 110 der Verfassung zugestehen kann, sondern er erfrecht sich auch auf eigene Faust, den Art. 9. der Verf. außer Kraft zu setzen.</p> <p>Man kann aus dieser Empfindlichkeit unsers General-Gewaltigen gegen die Pfeile des Humors von vornherein entnehmen, welchen Erfolg die Bitte haben wird, mit der unser heute seit dem Eintreten des Belagerungszustandes zum ersten Mal wieder erschienener „<hi rendition="#g">Krakehler</hi>“ seinen leitenden Artikel schließt, die Bitte nämlich, den Lauf des Witzpfeiles und den, der ihn entsendet, nicht zu streng zu richten.</p> <p>Als einen Beitrag zu den Wühlereien der reaktionären Partei, theilen wir folgenden von einem Landwehrmann der Pommerschen Gardelandwehr uns zugesandten lithographirten Zettel mit, welcher an dieses und an andere Bataillone der Landwehr vor ihrem Abmarsch aus Berlin amtlich vertheilt worden war. Er lautet:</p> <p>„Zu Wahlmännern sind nur die zu wählen, die Alles das wollen, was der König will.“</p> <p>„Die Wahlmänner wählen zur <hi rendition="#g">ersten Kammer</hi> den <hi rendition="#g">General der Infanterie v. Wrangel</hi>.“</p> <p>„Zur <hi rendition="#g">zweiten Kammer</hi> den Flügel-Adjutanten Sr. Maj. des Königs Major <hi rendition="#g">Hiller von Gärtringen</hi>.“</p> <p>Dies Manöver bedarf keines Commentars.</p> <p>Trotz der ihr schon vor einiger Zeit gewordenen Ausweisungsverfügung war Madame <hi rendition="#g">Aston</hi> doch bis vor wenig Tagen hier geblieben; aber ein wiederholtes strenges Gebot der Polizei hat sie gezwungen, vorgestern Berlin zu verlassen und sich nach Hamburg zu begeben.</p> <p>Ein interessanter Beitrag zur Charakteristik unserer Zustände ist folgende Thatsache. Während das Ministerium Pfuel am Ruder war, hatte die Berliner Demokratie den Plan gefaßt, sämmtliche Mitglieder der Klubs mit leichten Büchsen zu versehen. Dies sollte dadurch möglich gemacht werden, daß gegen monatliche Abzahlung von 10 Sgr. auf jede Büchse, der Büchsenfabrikant <hi rendition="#g">Schubert,</hi> jedem von einem Klubvorstand empfohlenen eine Waffe liefern wollte. Zur Ausführung dieses Planes hatte Schubert: eine bedeutende Anzahl Büchsen anfertigen lassen. Als nun am 9. und 10. Nov. es den Anschein hatte, es solle zum aktiven Widerstand gegen die Reaktion kommen, war Schubert gutmüthig genug, an viele ihm nur sehr oberflächlich bekannte Personen Büchsen aus seinem Vorrath auf Kredit hinzugeben. Bald darauf traten aber die glorreichen Tage der würdigen Haltung und des passiven Widerstandes ein, und Schubert suchte wieder in den Besitz seiner Büchsen zu gelangen, da er von den Käufern kein Geld erhalten konnte. Bei vielen gelang ihm dies. Einige aber hatten die Büchsen indeß versetzt oder verkauft, so daß Schubert sich zu gerichtlichen Schritten gegen dieselben genöthigt sah. Zum Lohn hiefür ward er von diesen Leuten, darunter einige schon früher gerichtlich verurtheilte, beim Staatsanwalt denunzirt, als habe er die Waffen an die Leute mit der Aufforderung vertheilt, bestimmte Personen zu erschießen. Andere denunzirten, er habe zur Plünderung von Königlichen Kassen aufgefordert. Obgleich nun der Staatsanwalt erst neuerdings in dem Prozeß des Maler Masche zu seiner eigenen Beschämung die Unhaltbarkeit der auf Denunciationen gegründeten Anklagen eingesehen hatte, genügte es doch für ihn, daß Schubert als Demokrat bekannt war, um dessen Verhaftung zu verfügen. Der damit beauftragte Polizeikommissarius, in seinem Eifer dieselbe noch vorigen Sonnabend zu vollziehen, ließ den Schubert, unter dem Vorwande einer geschäftlichen Mittheilung, für den Abend 7 Uhr sich zu bestellen und verhaftete ihn sofort. — So umgeht man die Habeas-Corpus-Akte, wo man sie nicht offen zu verletzen wagt.</p> <p>Folgende Adresse an <hi rendition="#g">Waldeck</hi> cirkulirt hier seit gestern und wird auch an andern Orten in Umlauf gesetzt werden:</p> <p>„ Als vor länger denn einem halben Jahre die Wahlen zur National-Versammlung das preußische Volk zur Entscheidung riefen, da wurden Sie gleichzeitig in Berlin und in Westphalen durch das Vertrauen der Wahlmänner zum Volksvertreter berufen. Hier wie dort hatten Ihre amtliche Thätigkeit, Ihre persönliche Eigenschaften, die Ueberzeugung festgestellt, daß Sie für die Befreiung des Volkes von der Last der alten Verhältnisse mit Ernst, Einsicht, Uneigennützigkeit und Festigkeit kämpfen würden. Ihre Haltung als Volksvertreter hat dieses Vertrauen gerechtfertigt, ja übertroffen Ueberall, wo es galt, die gleiche Berechtigung der Einzelnen, gegenüber den Eingriffen von Beamten, die Hoheit der Volksvertreter, gegenüber den Willen von Ministern sicher zu stellen, da waren Sie der Vorkämpfer des Rechts, der Schirmer der Freiheit. Keinen Augenblick waren Sie schwankend, keinen Augenblick Ihrer Vergangenheit untreu; wo Sie standen, da war das volle Recht, die volle Freiheit. Die zahllosen und niedrigen Schmähungen derer, welche ihre besonderen Vortheile durch Ihre uneigennützige Thätigkeit geschmälert sahen, oder welche in kleinlicher Befangenheit nicht erkannten, daß das leibliche und geistige Wohl aller Einzelnen im Staate, welches Sie anstrebten, nur durch Opfer der bisher Bevorrechteten erzielt werden konnte, haben uns in unserem Vertrauen auf Sie nicht erschüttert. Wir wußten es wohl, das gerade die Edelsten und Uneigennützigsten am meisten angefeindet werden, daß sie zu allen Zeiten gekreuzigt, gesteinigt und verläumdet worden sind. Der höchste Gerichtshof des Staates hat sich endlich Ihren Widersachern angeschlossen. Er hat sich zu öffentlichen Demonstrationen hinreißen lassen, welche außerhalb seines Wirkungskreises liegen; er hat gesprochen, wo Niemand seine Entscheidung gefordet hatte; er hat die Wagschale der Gerechtigkeit in die Hand der Partei gelegt.</p> <p>Mit der Würde des Mannes, mit dem Selbstbewußtsein des Volksvertreters, mit der ganzen Unabhängigkeit des Richters sind Sie diesen Bestrebungen entgegengetreten. In einer Zeit, wo das Rechtsgefühl des Volkes verwirrt und erschüttert ist, haben Sie demselben eine neue und feste Stütze gegeben. Sie haben unserem Volke das große Beispiel aufgestellt, daß die Männer der Freiheit auch die Männer der Gerechtigkeit sind</p> <p>Wir sind stolz darauf, Ihnen unsere Bewunderung, unsern Dank ausdrücken zu dürfen.“</p> <p>(Folgen die Unterschriften).</p> </div> <div xml:id="ar180_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Berlin, 25. Dez.</head> <p>Mit der Unterdrückung hiesiger Zeitungen begnügt sich Hr. <hi rendition="#g">Wrangel</hi> nicht. Ganz wie vor dem März sucht man sich auch jetzt auswärtige Geisteserzeugnisse durch direktes Verbot vom Leibe zu halten. So hat der Polizeipräsident im Auftrage Wrangel's das gegen den „Mephistopheles“, (redigirt von W. Marr zu Wandsbeck, in Kommission bei Hoffmann u. Comp. in Hamburg) erlassene Verbot publizirt.</p> <p>Diesem schließt sich ein zweiter Erlaß an, durch welchen die eben begonnene Zeitschrift „der blaue Montag“ ebenfalls für Berlin und den zweimeiligen Umkreis verboten wird.</p> <p>— Der Präsident des Obertribunals, Hr. Mühler, hat auf seine bekannten Schreiben von Herrn Waldeck folgende Antwort erhalten:</p> <p>Ew. Exzellenz geehrte Miitheilung vom 16. dieses hat mich mit dem größten Befremden und Bedauern erfüllen müssen.</p> <p>Ich war in die Geschäfte meines Amtes wieder eingetreten, mit Ew. Exzellenz und des ersten Senates Zustimmung, deren es übrigens nicht bedurft hätte. Es war mir nicht als Wunsch der Mitglieder des Senats mitgetheilt worden, ich möge mich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernhalten, sondern lediglich, ich möge mich des Eintritts in das Kollegium enthalten, bis feststehe, daß in s. g. Steuerverweigerungsfrage keine Anklage gegen mich werde erhoben werden, und ich hatte in</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0968/0002]
daß diese schlechten Kerle überall die Freiheiten mißbrauchen werden. Denkt euch mal, jetzt kann Jeder drucken lassen, was er will. Preßfreiheit nennt man das. Nun paßt mal auf, was die Revolutionsmacher jetzt für schändliche Lügen in die Welt schicken werden, nehmt Euch in Acht, daß ihr nicht angelogen werdet an allen Ecken und Enden! Seht, ich bin traurig, daß unser König so gut gewesen ist. (Man weine!) Die Ränkemacher im Lande werden's ihm mit Undank lohnen. Wir aber, wir wollen nun erst recht zu unserm Herrn halten mit Gut und mit Blut, in Noth und in Tod. Sonst ist's im Ganzen jetzt ruhig und still im lieben Preußenlande, und absonderlich in Berlin, wo der alte tapfere Wrangel mächtig auf Ordnung hält, und zum Rechten sieht, was ihm alle vernünftige Leute herzlich Dank wissen. (Schwerter geschliffen. Kugel im Lauf.)
In Oesterreich, wo die Juden und Wiener Studenten im Oktober eine abscheuliche Revolution gemacht haben, ist jetzt auch wieder Ordnung. (Gott sei Dank!) Der tapfre Feldmarschall, Fürst Windisch-Grätz (Wendische Krätze), hat Wien mit Sturm erobert, die Rebellen beim Kopf genommen und einige zum wohlverdienten Exempel todt schießen lassen. Das hat gezogen! Seitdem mucksen die Herren Demokraten nicht mehr, denn Kurasche haben sie alle mit einander nicht. Der gute Kaiser Ferdinand aber, der Alles gethan hatte, was das Volk verlangte! doch mit so schnödem Undank belohnt wurde, der hat in voriger Woche seine Krone niedergelegt, und der junge Erzherzog, Franz Joseph, seines Bruders Sohn, ist Kaiser geworden an seiner Statt. Die österreichische Nationalversammlung ist auch nicht mehr in Wien, sondern in dem Städtchen Kremsier, was eine Stadt ist, ungefähr so wie unser Brandenburg. Fürst Windisch-Grätz (Wendische Krätze) aber ist mit seinen Soldaten gegen die Ungarn gezogen, um die zur Raison zu bringen, denn die haben mit den Wiener Rebellen unter einer Decke gesteckt und falsches Spiel gespielt. Jetzt werden sie bald verspielt haben.
In Deutschland ist's jetzt auch wieder besser; seit die Republikaner gesehen haben, daß Preußen und Oesterreich Ernst machen, sind sie überall mäuschenstille geworden. In Frankfurt, wo der deutsche Reichstag ist, sehen sie endlich ein, daß es ohne den König von Preußen nicht geht, daß ihre ganze Sache Nichts ist ohne Preußen. Wenn wo Spektakel ist, gleich schreien sie nach preußischen Soldaten; wenn kein Geld mehr da ist, gleich rennen sie nach Berlin und holen sich eine Tasche voll preußischer Thaler, und nun wollen sie unsern König zum deutschen Kaiser machen. Immerhin, ich kann's ihnen nicht verdenken, wir aber bleiben gute Preußen und behalten unsern König, wenn er auch nebenbei deutscher Kaiser oder König ist. (Es lebe der König!)
In Sachsen ist eine Stadt, heißt Leipzig, dort haben die Feinde des Königs das Bild eines gewissen Robert Blum, der auch Demokrat war und in Wien als Anführer der Empörer erschossen wurde, in eine Kirche getragen, haben es an die Kanzel gehängt und der Pastor hat müssen eine Predigt halten. Dann haben sie das schöne Lied vom Doktor Luther: Ein' feste Burg ist unser Gott etc. gesungen. Wie gefällt Euch das, Landsleute? Ist's nicht eine Sünde und Schande, solche Geschichten in einer Kirche zu treiben? Ich glaube, der selige Doktor Luther drehte sich im Grabe herum, wenn er's hörte.
In Bayern, wo das bayerische Bier gebraut wird, ist jüngst Kindtaufe beim König gewesen, da hat unser alter tapferer Prinz Wilhelm, der Onkel unseres Königs, der Vater von der bayrischen Königin ist, Gevatter gestanden und ist recht lustig gewesen. Aber auf die Freude des wackern Prinzen ist bitteres Leid gefolgt, denn als er heimkehrte vom Kindtaufsschmause, ist sein jüngster Sohn, der Prinz Waldemar, in Münster todtsterbenskrank gewesen; (Armer Waldemar!) doch ist glücklicherweise die Gefahr jetzt vorüber. Dieser junge Prinz Waldemar ist derselbe, der vor zwei Jahren so tapfer mit den Engländern gegen die wilden Völker in Ostindien gefochten hat. (Weit davon ist gut vor'm Schuß.) Beim Könige von Würtemberg und beim Herrn Großherzoge von Baden und beim Herrn Herzoge von Nassau sieht's traurig aus alleweile; das Geld ist dort ganz alle geworden und die Einkünfte des ganzen Landes sind heidi! (Ach, das Geld ist nur Chimäre.) Dort haben nämlich seit dem März die sogenannten Volksfreunde und Freiheitsmänner regiert, und weil sie das Ding nicht verstanden haben, ist's Geldchen alle geworden und die Leute dort müssen nun neue Steuern bezahlen. Das kommt dabei raus, wenn diese Volksmäneer regieren. Na, bei uns in Preußen ist's noch gnädig abgegangen! Gott weiß aber, was d'raus geworden wäre, wenn Herr Hansemann (Hansemann-Pinto) länger Minister über die Finanzen, d. h. über die Staatseinkünfte, geblieben wäre. Die würtembergischen, badischen und nassauischen Hansemänner haben sehr toll gewirthschaftet.
Nun kommen wir zur ausländischen Politik. Da sind zuerst die Franzosen, die jetzt schwarz werden möchten vor Aerger, daß sie sich haben eine Republik aufhängen lassen, bei der sie fast verhungern. Sie sind eben dabei, sich einen Präsidenten zu wählen, und Viele wollen einen gewissen Louis Bonaparte haben, einen Neffen von dem Napoleon Bonaparte, den ihr Alle kennt. Nämlich die Leute denken, der Bonaparte wird mit der schlechten, hungerleidrigen Republik bald Kehraus tanzen und dann sind wir sie doch los.
Die armen Teufel von Franzosen bereuen es bitterlich, daß sie Republik gemacht haben, aber wer nicht hören will muß fühlen! sagt mein Gevatter. Wenn übrigens der kleine Bonaparte Präsident wird, so kann's sein, daß wir Krieg bekommen, entweder gleich oder auf's Frühjahr. Na, unsere Linie fürchtet sich nicht, und unsere Landwehr erst recht nicht. (Bange machen gilt nicht.) Sonst kann ich euch von Frankreich nichts weiter erzählen; wißt
[Deutschland] [Fortsetzung] schlugen mir die Zügel entzwei. Die Pferde, welche nicht mehr gehalten werden konnten, rannten auf die Rabatten und es fehlte kein Haar, so wäre der Wagen umgeschlagen. Ich hatte drei Passagiere, diese schrieen und weinten, aber die Soldaten ließen nicht nach. Als ich nun zur Arrièregarde kam, hatte sich diese auf beiden Seiten mit gefälltem Bayonnette aufgestellt. Sie stachen nach mir und den Pferden, und stachen ein Pferd auf der Stelle todt, das andere brachte ich nach Hause, es ist aber nicht mehr zu gebrauchen. Jetzt lachen sie noch über den Frevel, den sie begangen haben. Der Frevel kann durch 20 Zuschauer bezeugt werden.“
Wir sind also jetzt schon bei der Wegelagerung durch kgl. preußische Banden, angelangt. Und ihr wundert euch, wenn das Volk sich nach „rothen Hosen“ sehnt?
X Uerdingen, 22. Dezbr. Unser kleines Städtchen besitzt eine ihm angemessene Anzahl Reaktionärs. Aus dem Zeitabschnitte vom Februar bis heute ist folgendes zu ihrer Charakteristik hervorzuheben:
Als in Folge der Pariser Februarrevolution in Deutschland die so lange gedrückten Gemüther sich ermannten, die Fürsten mit Petitionen und Deputationen zur Erfüllung ihrer im Jahre 1815 gegebenen Versprechungen bestürmt wurden, und als man, auf diesem Wege nichts erlangend, in Wien, Berlin und bei der Mehrzahl der übrigen Fürsten deshalb Exekutiv-Maßregeln mit gutem Erfolge angewandt hatte, da jubelten auch unsere jetzigen Reaktionärs aus voller Seele ob der heranbrechenden schönen Zukunft. Ueber ihre Lippen strömten die freisinnigsten Gedanken und sehr häufig hörte man bei vielen das für sie jetzt Schaudern erregende Wort „Republik“ mit Hecker-Struve'schem Enthusiasmus nennen, und den Grundsatz befolgend: „Was man im Innern ist, das muß man auch nach Außen bekennen,“ wimmelten recht bald ihre Hüte, Mützen, Westen, Uhrketten, Knopflöcher, Geldbeutel, Taschen- und Halstücher von schwarz-roth-goldenen Farben. Nach kurzer Zeit aber merkten sie, wie der neue Zustand der Dinge so nachtheilig auf die Geschäfte und auf den bisher so straffen Beutel einwirkte, und mancher von ihnen entließ oder mußte, wie er es nannte, seine Arbeiter, um nicht zu viel von seinem Vermögen einzubüßen, entlassen, unbekümmert darüber, wie diese, die doch in gewissem Sinne Miterwerber ihres Vermögens waren, ihr Dasein fristen werden. Dieser allerneueste, für sie und ihre Habsucht allerunglücklichste Zustand ließ ihre geträumte schöne Zukunft als eine Täuschung erscheinen. Dieser Schein wurde bei ihnen zur Wirklichkeit, als sie mit jedem Tage hörten, wie an allen Orten die Arbeiter mit ihren mißliebigen Herren durch Demoliren der Häuser und durch persönliche Mißhandlungen Abrechnung hielten, und als einige von ihnen, in ihr Gewissen blickend, Aehnliches befürchteten. Von dieser Furcht gepeinigt, suchten sie Schutz durch Errichtung einer Sicherheitswache. Ihre bleichen Gesichter, ihr unruhiger Blick, ihre ungewohnte und deshalb gezwungene Freundlichkeit bei Errichtung dieser Wache, gewährten einen tragi-komischen Anblick. In den zuweilen stattfindenden Bürgerversammlungen zur Beseitigung übler Lokalzustände kamen auch ihre Personen, weil nahe verwandt mit diesen Zuständen, in Berührung; das genügte ihnen, gegen diese Bürgerversammlungen im Geheimen alle erdenklichen Mittel zu deren Unterdrückung anzuwenden. Es haben deshalb Drohungen mit Arbeitsentziehungen und wirkliche Arbeitsentziehungen stattgefunden. Einmal mußten sie diesen Versammlungen beiwohnen, als es galt, Wahlmänner für den 1. Mai durchzubringen, und als sie vorher vergeblich zu diesem Zwecke eine Versammlung anberaumt hatten. An dem Wahltage erlitten sie eine vollständige Niederlage. Das war zu arg für Leute, die vor der neuen Zeit gewohnt waren, nach ihrem Willen zu handeln und die immer das Ruder in den Händen gehabt hatten. Ihre Freiheit war dahin; das Gold in den drei Farben hatte für sie keinen Werth mehr. Zur selben Zeit fingen auch die Demokraten, von ihnen „die Rothen“ genannt, allenthalben an, ihre Stimmen lauter werden zu lassen. In ihrer, durch immer steigende Aengstlichkeit krank gewordenen Phantasie erblickten sie schon die Zeit, wo diese „Rothen“ sich gemüthlich in ihr sauer erworbenes Vermögen theilen würden, oder wo sie durch Raub und Plünderung und durch alle Gräuel eines Bürgerkrieges um ihr schönes Dasein gebracht sein würden. Diese Gedanken weckten und steigerten in ihnen den Haß gegen das Rothe zu einer Größe, daß sie einem hier durchreisenden Führer der Demokraten sein rothes Bändchen von einem dafür bezahlten Diener abreißen ließen, wobei es bald blutige Köpfe abgesetzt hätte; daß sie ferner einem hiesigen Handwerker, der einmal einer Versammlung dieses Führers beigewohnt hatte, bedeuten konnten, nur ferner diese Versammlungen zu besuchen, um recht bald in Armuth zu versinken. Das Roth in den drei Farben konnten sie nicht mehr anerkennen. Es war ihnen das Schwarz also noch übrig geblieben. Was damit anfangen? Diese Farbe allein tragen, hieß öffentlich bekennen, daß man dem Banner des Teufels folge, und um dieses nicht zu thun, fügte man zu dieser Farbe das Weiß, die Farbe — des Friedens. An ihren Halstüchern machten sich zuerst diese Farben bemerklich. Wenn man bei einzelnen von ihnen nach der jetzigen Bedeutung dieser Farben fragte, so erhielt man ein Erröthen und ein Lächeln zur Antwort. Nachfolgendes zeige uns übrigens, daß sie diesen Farben bis jetzt keine Schande gemacht haben:
Die Demokraten sind ihnen ein Dorn im Auge; einige bewegliche von diesen haben sie versucht, aus der Stadt zu schaffen, was ihnen aber bis jetzt nicht hat gelingen können; daß sie aber mit Argus-Augen diese bewachen, um bei dem geringsten ihrer schiefen Tritte Gelegenheit zu ihrer Entfernung zu nehmen, läßt sich leicht denken. — Handwerker und Tagelöhner werden von ihnen vor dem Besuche gewisser Lokale als für sie und ihre Arbeit gefährlich, gewarnt, weil darin an die Stelle des Kartenspielens das Zeitungslesen und die Besprechung der Zeitereignisse eingeführt worden ist. In diese Lokale werden auch Spione geschickt. — Bei Einführung der Einkommensteuer zur Erhebung der Communalsteuer hatte der Ausschuß zur Entwerfung eines Regulativs alle zur Zahlung der Steuer herangezogen, welche ein Einkommen von 70 Thaler jährlich aufweisen konnten, um auch dem ärmsten Gemeindebürger dadurch zu den Gemeinderechten Zugang zu verschaffen; bei Revision des Regulativs wurde dieser Passus dahin umgeändert, daß von 150 Thlrn. an die Steuer erhoben werden sollte, den Grundsatz dabei aufstellend, die ärmern Classen so viel wie möglich von den Steuerlasten zu befreien. Man forderte namentliche Abstimmung, um dieser Classe zu zeigen, wer für sie sorge. Von den 70 Thlrn. hätten höchstens 5 Sgr. bezahlt werden müssen. Bei Vertheilung der Classensteuer schenkt man dieser ärmern Classe, die 1 Thlr. pro Kopf jährlich bezahlt, nicht so viel Aufmerksamkeit; da konnte man nur Wenige vom Zahlen der Steuern ausschließen, das Gesetz anziehend, daß jeder Staatsbürger zu den Staatslasten beitragen solle. Man befürchtete aber durch den zu großen Ausfall den Steuerbetrag der übrigen Classen zu bedeutend zu vermehren.
Man suchte vergebens dem bei der Kommunalsteuer für die ärmere Klasse aufgestellten Grundsatz Geltung zu verschaffen. Die ausgefallenen 140 Thlr. wurden statt der verhältnißmäßig gering besteuerten 1. Klasse der 2. und theilweise der 3. Klasse zugetheilt. Die letzte Handlung dieser braven Partei ist die in diesem Blatte schon erwähnte Dankadresse.
Düsseldorf, 26. Dez. Man erzählt sich, daß dem Assessor Bredt bei dem hiesigen Regiernngskollegium, dem bisherigen kommissarischen Landrath des Kreises Elberfeld, der zu den nach dem 9. Nov. in Berlin forttagenden Deputirten der Nationalversammlung gehörte, bedeutet worden sei, er wäre vorläufig von seinem Amte suspendirt.
(D. Z.) X Münster, 26. Dezbr. Der famose Brief des hiesigen Oberlandesgerichts ist nicht einstimmig verfaßt; wir hören wenigstens von dem Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, daß dieser ein ebenso würdevolles als energisches Separatvotum eingereicht hat. Hr. Stahlknecht ist so ziemlich der einzige Rath des O.-L.-Gerichts, der den lichten Himmel außer den Wallhecken des Münsterlandes gesehen; er stand früher in Magdeburg. Die übrigen Mitglieder sind meist Münstersche Kinder aus den Patrizier-Familien. Der Präsident v. Olfers ist ein Bruder des bekannten Stadtraths v. Olfers und — des Intendanten v. Olfers in Berlin.
Wir bedauern die politischen Gefangenen, die vor dem hiesigen Gerichtshofe Recht nehmen müssen. — Besser hätte die alte Bureaukratie sich nicht einführen können. Daß die Sehnsucht nach Geschwornen immer lebhafter wird, begreift Jedermann.
Abermals sind Rescripte des Justizministers Rintelen an das hiesige Oberlandesgericht gelangt, welche in den politischen Untersuchungen eine besondere Strenge, namentlich gegen die Referendarien zur Pflicht machen.
Man sollte glauben, daß ein solches Verfahren nur dazu dienen würde, die richterliche Unabhängigkeit, (wo dieselbe durch Hetzen und Treiben von Oben in Verbindung mit religiösem und politischem Fanatismus auf kurze Zeit erstickt worden) wieder zu erwecken. Anderwärts könnte dieser Glaube vielleicht Grund haben; aber hier in Münster?!
068 Berlin, 25. Dez. Die Soldaten der hiesigen Garnison ist der Befehl zugegangen, alle ihnen vorkommenden Karrikaturen auf den General Wrangel sofort zu konfisciren und die Eigenthümer derselben zur Haft zu bringen. Es wird ihnen für jede konfiscirte Karrikatur eine Belohnung versprochen, während im Unterlassungsfalle ihnen Strafe angedroht ist. Diese Verfügung des gestrengen Oberbefehlshabers der Mark zeigt abermals, welchen Werth unsere Verfassung hat, denn nicht allein macht Wrangel darin von der Suspension der Habeas-Corpus-Akte den unverschämtesten Gebrauch, den ihm der Art. 110 der Verfassung zugestehen kann, sondern er erfrecht sich auch auf eigene Faust, den Art. 9. der Verf. außer Kraft zu setzen.
Man kann aus dieser Empfindlichkeit unsers General-Gewaltigen gegen die Pfeile des Humors von vornherein entnehmen, welchen Erfolg die Bitte haben wird, mit der unser heute seit dem Eintreten des Belagerungszustandes zum ersten Mal wieder erschienener „Krakehler“ seinen leitenden Artikel schließt, die Bitte nämlich, den Lauf des Witzpfeiles und den, der ihn entsendet, nicht zu streng zu richten.
Als einen Beitrag zu den Wühlereien der reaktionären Partei, theilen wir folgenden von einem Landwehrmann der Pommerschen Gardelandwehr uns zugesandten lithographirten Zettel mit, welcher an dieses und an andere Bataillone der Landwehr vor ihrem Abmarsch aus Berlin amtlich vertheilt worden war. Er lautet:
„Zu Wahlmännern sind nur die zu wählen, die Alles das wollen, was der König will.“
„Die Wahlmänner wählen zur ersten Kammer den General der Infanterie v. Wrangel.“
„Zur zweiten Kammer den Flügel-Adjutanten Sr. Maj. des Königs Major Hiller von Gärtringen.“
Dies Manöver bedarf keines Commentars.
Trotz der ihr schon vor einiger Zeit gewordenen Ausweisungsverfügung war Madame Aston doch bis vor wenig Tagen hier geblieben; aber ein wiederholtes strenges Gebot der Polizei hat sie gezwungen, vorgestern Berlin zu verlassen und sich nach Hamburg zu begeben.
Ein interessanter Beitrag zur Charakteristik unserer Zustände ist folgende Thatsache. Während das Ministerium Pfuel am Ruder war, hatte die Berliner Demokratie den Plan gefaßt, sämmtliche Mitglieder der Klubs mit leichten Büchsen zu versehen. Dies sollte dadurch möglich gemacht werden, daß gegen monatliche Abzahlung von 10 Sgr. auf jede Büchse, der Büchsenfabrikant Schubert, jedem von einem Klubvorstand empfohlenen eine Waffe liefern wollte. Zur Ausführung dieses Planes hatte Schubert: eine bedeutende Anzahl Büchsen anfertigen lassen. Als nun am 9. und 10. Nov. es den Anschein hatte, es solle zum aktiven Widerstand gegen die Reaktion kommen, war Schubert gutmüthig genug, an viele ihm nur sehr oberflächlich bekannte Personen Büchsen aus seinem Vorrath auf Kredit hinzugeben. Bald darauf traten aber die glorreichen Tage der würdigen Haltung und des passiven Widerstandes ein, und Schubert suchte wieder in den Besitz seiner Büchsen zu gelangen, da er von den Käufern kein Geld erhalten konnte. Bei vielen gelang ihm dies. Einige aber hatten die Büchsen indeß versetzt oder verkauft, so daß Schubert sich zu gerichtlichen Schritten gegen dieselben genöthigt sah. Zum Lohn hiefür ward er von diesen Leuten, darunter einige schon früher gerichtlich verurtheilte, beim Staatsanwalt denunzirt, als habe er die Waffen an die Leute mit der Aufforderung vertheilt, bestimmte Personen zu erschießen. Andere denunzirten, er habe zur Plünderung von Königlichen Kassen aufgefordert. Obgleich nun der Staatsanwalt erst neuerdings in dem Prozeß des Maler Masche zu seiner eigenen Beschämung die Unhaltbarkeit der auf Denunciationen gegründeten Anklagen eingesehen hatte, genügte es doch für ihn, daß Schubert als Demokrat bekannt war, um dessen Verhaftung zu verfügen. Der damit beauftragte Polizeikommissarius, in seinem Eifer dieselbe noch vorigen Sonnabend zu vollziehen, ließ den Schubert, unter dem Vorwande einer geschäftlichen Mittheilung, für den Abend 7 Uhr sich zu bestellen und verhaftete ihn sofort. — So umgeht man die Habeas-Corpus-Akte, wo man sie nicht offen zu verletzen wagt.
Folgende Adresse an Waldeck cirkulirt hier seit gestern und wird auch an andern Orten in Umlauf gesetzt werden:
„ Als vor länger denn einem halben Jahre die Wahlen zur National-Versammlung das preußische Volk zur Entscheidung riefen, da wurden Sie gleichzeitig in Berlin und in Westphalen durch das Vertrauen der Wahlmänner zum Volksvertreter berufen. Hier wie dort hatten Ihre amtliche Thätigkeit, Ihre persönliche Eigenschaften, die Ueberzeugung festgestellt, daß Sie für die Befreiung des Volkes von der Last der alten Verhältnisse mit Ernst, Einsicht, Uneigennützigkeit und Festigkeit kämpfen würden. Ihre Haltung als Volksvertreter hat dieses Vertrauen gerechtfertigt, ja übertroffen Ueberall, wo es galt, die gleiche Berechtigung der Einzelnen, gegenüber den Eingriffen von Beamten, die Hoheit der Volksvertreter, gegenüber den Willen von Ministern sicher zu stellen, da waren Sie der Vorkämpfer des Rechts, der Schirmer der Freiheit. Keinen Augenblick waren Sie schwankend, keinen Augenblick Ihrer Vergangenheit untreu; wo Sie standen, da war das volle Recht, die volle Freiheit. Die zahllosen und niedrigen Schmähungen derer, welche ihre besonderen Vortheile durch Ihre uneigennützige Thätigkeit geschmälert sahen, oder welche in kleinlicher Befangenheit nicht erkannten, daß das leibliche und geistige Wohl aller Einzelnen im Staate, welches Sie anstrebten, nur durch Opfer der bisher Bevorrechteten erzielt werden konnte, haben uns in unserem Vertrauen auf Sie nicht erschüttert. Wir wußten es wohl, das gerade die Edelsten und Uneigennützigsten am meisten angefeindet werden, daß sie zu allen Zeiten gekreuzigt, gesteinigt und verläumdet worden sind. Der höchste Gerichtshof des Staates hat sich endlich Ihren Widersachern angeschlossen. Er hat sich zu öffentlichen Demonstrationen hinreißen lassen, welche außerhalb seines Wirkungskreises liegen; er hat gesprochen, wo Niemand seine Entscheidung gefordet hatte; er hat die Wagschale der Gerechtigkeit in die Hand der Partei gelegt.
Mit der Würde des Mannes, mit dem Selbstbewußtsein des Volksvertreters, mit der ganzen Unabhängigkeit des Richters sind Sie diesen Bestrebungen entgegengetreten. In einer Zeit, wo das Rechtsgefühl des Volkes verwirrt und erschüttert ist, haben Sie demselben eine neue und feste Stütze gegeben. Sie haben unserem Volke das große Beispiel aufgestellt, daß die Männer der Freiheit auch die Männer der Gerechtigkeit sind
Wir sind stolz darauf, Ihnen unsere Bewunderung, unsern Dank ausdrücken zu dürfen.“
(Folgen die Unterschriften).
24 Berlin, 25. Dez. Mit der Unterdrückung hiesiger Zeitungen begnügt sich Hr. Wrangel nicht. Ganz wie vor dem März sucht man sich auch jetzt auswärtige Geisteserzeugnisse durch direktes Verbot vom Leibe zu halten. So hat der Polizeipräsident im Auftrage Wrangel's das gegen den „Mephistopheles“, (redigirt von W. Marr zu Wandsbeck, in Kommission bei Hoffmann u. Comp. in Hamburg) erlassene Verbot publizirt.
Diesem schließt sich ein zweiter Erlaß an, durch welchen die eben begonnene Zeitschrift „der blaue Montag“ ebenfalls für Berlin und den zweimeiligen Umkreis verboten wird.
— Der Präsident des Obertribunals, Hr. Mühler, hat auf seine bekannten Schreiben von Herrn Waldeck folgende Antwort erhalten:
Ew. Exzellenz geehrte Miitheilung vom 16. dieses hat mich mit dem größten Befremden und Bedauern erfüllen müssen.
Ich war in die Geschäfte meines Amtes wieder eingetreten, mit Ew. Exzellenz und des ersten Senates Zustimmung, deren es übrigens nicht bedurft hätte. Es war mir nicht als Wunsch der Mitglieder des Senats mitgetheilt worden, ich möge mich bis auf Weiteres von den Sitzungen dieses Senats fernhalten, sondern lediglich, ich möge mich des Eintritts in das Kollegium enthalten, bis feststehe, daß in s. g. Steuerverweigerungsfrage keine Anklage gegen mich werde erhoben werden, und ich hatte in
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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