Neue Rheinische Zeitung. Nr. 184. Köln, 1. Januar 1849.[Deutschland] [Fortsetzung] Fürstbischof in Breslau, der sich durch seinen bekannten Hirtenbrief gleich von vornherein für die Sache der potsdamer Camarilla erklärte: Daß die Regierung diese Suspension hervorrief, ist dem Kurzsichtigsten klar; daß der erste Racheschritt der gottbegnadeten Regierung grade gegen einen katholischen Geistlichen gerichtet worden, darf nicht verwundern. Gegen protestantische Geistliche, wie Hrn. Rehfeld und die übrige "schwarz-weiß-kuttige" Schaar bedarf es keines Einschreitens. Sie haben sich stets als die besten himmlisch-irdischen Gensdarmen des preußischen Absolutismus erwiesen. Man braucht sich nur an die christlich-germanischen Synoden und General-Synoden zu erinnern. Die Suspension Schaffraneck's ist das würdige Seitenstück zu Temme's Einsperrung. Die Nachricht von diesem neuen Gewaltstreich der Contrerevolution geht wie ein Lauffeuer durch Oberschlesien und laut spricht sich der Unwille und die Erbitterung des Volks über solches Verfahren gegen einen Mann aus, dessen ganzes Verbrechen in der pflichtgetreuen Erfüllung seines vom Volke ihm übertragenen Mandats besteht. Köln, 31. Dez. Im Regierungsbezirk Köln sind die Wahlorte der beiden Wahlbezirke zu der ersten Kammer: 1) Deutz für die Kreise Mühlheim, Wipperfürth, Gummersbach, Waldbröl, Sieg. 2) Köln für die Stadt Köln, den Landkreis Köln, die Kreise Bonn, Rheinbach, Euskirchen, Bergheim. Die Wahlorte der 5 Wahlbezirke zur zweiten Kammer sind: 1) Köln für die Stadt Köln. 2) Deutz für den Landkreis Köln und Kr. Mühlheim. 3) Lechenich für den Kreis Bergheim, Euskirchen, Rheinbach. 4) Bonn für den Kreis Bonn und Sieg. 5) Gummersbach für den Kreis Waldbröl, Gummersbach, Wipperfürth. * Köln, 31. Dez. Der bisherige kommissarische Polizeidirektor, Hr. Geiger, ist zur Belohnung seiner Dienste um "Gott, König und Vaterland" vom Könige von Preußen zum Polizeidirektor hiesiger Stadt ernannt worden. 73 Wesselingen, 29. Dez. Es ist wohl kein Stand, kein Amt und Fach, daß dieses Jahr nicht erschüttert worden in seinen Grundfesten. Throne und Kronen wankten, Monarchieen stürzten, Prinzen flohen verbannt, Minister wurden gehängt, Volksvertreter erschossen, und selbst der Vater der Christenheit hat keine sichere Wohnstätte mehr, und irrt auf flüchtigem Fuße. Doch, ob auch die Elemente selbst sich verschwören, -- Einer lebt, dem die Ruhe gesichert, um den sich für Krieg und Frieden Behörden und Heere schaaren, -- dieser eine Einzige -- einzig Eine -- Freiherr Max von Geyr von und zur Schweppenburg, Seiner Gnaden Euer gnädigster Bürgermeister ist's! Uns andern Dorfbewohnern sollte vor 4 Wochen mal "eine Aufregung" angewandelt sein; -- zur Abhaltung solcher epidemischen Pest von der Person und dem Eigenthume des "Meisters" wurden dem Dorfe Infanterie, Kavallerie und Gensd'armen verschrieben, und glücklich legte sich "die Aufregung!" Laut Reskript vom 25. d. befahl die kgl. Regierung zu Köln, "daß das hierhin detaschirte Militärkommando am 27. d. zurückgezogen und den Einwohnern Wesselingen's selbst die Aufrechthaltung der Sicherheit von Person und Eigenthum anvertraut werde." Kaum gesagt, so geschehen, -- kaum geschehen, so rücken neue Truppen ein -- beziehen Quartier bei den Bürgern und eine Wachtstube und Posten bei "Herr Gnaden," wohl also zur Sicherstellung und Garantie des ruhigen Schlafes -- -- herrlicher, neumodischer, konstitutioneller Schlaftrunk! Wirklich! unser allverehrter Herr Landrath hatte Recht, als er sagte: "Meine Herren von Wesselingen, ich will mein Bestes thun; dann müssen Sie aber auch sorgen, daß der Mann ruhig schlafen kann. -- Sie kennen ihn, wie er ist; und ich sage Ihnen: er muß zart und schonend behandelt werden -- wissen Sie -- wie eine Frau in den ersten Tagen ihrer Wochen -- so schonend -- er ist wirklich in einem eigenthümlichen Zustande." 39 Münster, 29. Dez. Was ich Ihnen zuletzt versprach, Ihnen nähere Details zu berichten, dazu hat mich das hiesige Oberlandesgericht schnell in den Stand gesetzt. Unergründlich an Taktlosigkeit hat es mit seinen widrigen Eingaben an das Ministerium und an den König sich noch nicht begnügt, sondern fortwährend verhaftet. Morgen werden die Abgeordneten Fischer, Bruchhausen und Dekan Schulte unserm braven Temme Gesellschaft leisten. Und warum? Hat das Gericht etwa untrügliche Beweißstücke in Händen? Mit Nichten; im Gegentheil, ohne alle richterliche Cognition ist Temme's Captur beantragt und genehmigt worden. Ein Beiblatt der Milde'schen Reform, welches die bekannte Proklamation der 170 Abgeordneten vom 27. Novbr. nicht offiziell, sondern nur "nachgedruckt" enthält, mußte die Unterlage zur Einleitung des Verfahrens bilden, so daß selbst bei diesem Kollegium von einigen Seiten Zweifel über die Echtheit und Genüge der Indizien erhoben wurde. Nimmt man hinzu, daß die Milde'sche Reform nur in dem sogenannten Civilklub gehalten wird und daß gerade jenes Beiblatt in dem betreffenden Hefte fehlt, obwohl nach den Statuten keine Zeitung mitgenommen werden darf, daß sogar gerade dieses gestohlene Exemplare dem edlen Inquisiten bei der Vernehmung vorgelegt worden sein soll, so ist die gegen das Gericht herrschende Stimmung um so mehr erklärlich, als es in diesem Falle nicht einmal so viel richterlichen Takt besaß, selbst vorausgesetzt, die Einleitung einer Untersuchung sei rechtlich begründet und nothwendig, die Leitung seinerseits zuvor schon abzulehnen und einem andern Gerichtshofe zu überweisen wünschte, weil es selbst gegen seinen eigenen Direktor die feindseligste Stellung eingenommen hatte. Allein wo Privathaß und Persönlichkeit mit der feigsten Servilität sich paaren, da darf man sich über ein solches Verfahren nicht wundern. Das thut man hier auch gar nicht; man freut sich vielmehr, wie das Unter- und Obergericht sich in ihrer Blindheit und tollen Verfolgungswuth immer mehr Blößen geben. Am Land- und Stadtgericht ist es der Assessor v. Stockhausen, der um seines neugebackenen Adels willen und um sich nach Oben hin recht möglich zu machen, als wüthender, ultramontaner Reaktionär das Ganze ausgespürt haben soll; am Obergericht wird natürlich dessen Schwiegervater, der Präsident Olfers, den endlich erwirkten Antrag auf Temme's Einziehung freudig willkommen geheißen haben. Das ist die gepriesene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter! Es geht hier so weit, daß alle Briefe an Temme, was sonst bei keinem der Gefangenen geschieht, vorher von der Post geholt und von dem Inquirenten gelesen und beglaubigt werden müssen. Das alte Jahr schließt somit würdig, wie es begonnen. Sein Anfang war die Herrschaft der Polizei, der Bajonette und des Landrechts mit seinen Mißvergnügen-Erregungs-Paragraphen und das Ende des Jahres 1848 bildet von alledem eine neu durchgesehene, vermehrte; verbesserte und natürlich gnädigst oktroyirte zweite Auflage. Das entscheidende "Nachwort" hierzu wird uns jedenfalls das herannahende Jahr nicht vorenthalten! * Berlin, 29. Dez. Wer den Verhandlungen des ersten vereinigten Landtages aufmerksam gefolgt ist, wird sich der Provokation erinnern, welche sich damals der "ritterliche" Herr v. Vincke gegen die Juden in öffentlicher Sitzung erlaubte. Einer ihm hierauf vom Assessor Venda, der sich durch jene Aeußerung persönlich beleidigt erachtete, zugekommenen Herausforderung, wich Vincke durch eine nicht weniger als "ritterliche" Antwort aus. In gleich "ritterlicher" Weise hat sich der Held des Rechtbodens gestern in Eisenach benommen. Dort sollte nämlich ein Duell zwischen dem Abgeordneten der preußischen Nationalversammlung Hrn. Jung und Hrn. v. Vincke stattfinden; und zwar auf Anlaß der bekannten Aeußerungen des Letztern in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments. *) An Ort und Stelle jedoch erklärten die Sekundanten des "ritterlichen" Freiherrn denen des Hrn. Jung, Letzterer sei nicht satisfaktionsfähig, und zwar deshalb, weil derselbe von der bekannten komischen Persönlichkeit des Herrn v. Bülow durch Inserate in der Vossischen und Spenerschen als Lügner bezeichnet worden sei und sich doch deshalb mit Bülow nicht geschlagen habe. Vor dem Appellationssenat des Kammergerichts waren heute drei politische Prozesse in zweiter Instanz. Zunächst der des Malers Hopf aus Charlottenburg, gegen den wegen seines Gedichtes: "Schöne Worte des Königs von Preußen", eine Klage auf Majestätsbeleidigung erhoben, aber in erster Instanz abgewiesen worden war. Das Appellationsgericht, unter dem Vorsitze des Kammergerichtsrath Gutschmidt, erkannte ihn jedoch, trotz der beredten Vertheidigung des Referendars Meyen für schuldig, und zwar deshalb, weil das Gedicht zwar nicht seinem Wortlaute nach ehrenrührige Schmähungen enthalte, weil aber die hämische Intention durchleuchte, und die Ausdrücke boshafter Natur seien. Wir sind also vollständig auf dem Punkt der reinen Tendenz-Prozesse angelangt. Das Urtheil lautete auf ein Jahr Festung. -- Der zweite Prozeß gegen Fernbach und Fähndrich, wurde ausgesetzt, weil Ersterer als polizeilich Ausgewiesener nicht anwesend sein konnte. Der Staatsanwalt erklärte übrigens, er lasse die Anklage gegen das unter dem Titel: "Extrablatt der Vossischen Zeitung" verbreitete Flugblatt, fallen. -- Auch der dritte Prozeß gegen Leid-Brand (Thiele) mußte wegen Krankheit des Angeklagten ausgesetzt werden. X Berlin, 29. Dezember. In der gestrigen Sitzung kamen auch die bevorstehenden Wahlen zur Sprache. Von mehreren Bezirken war der Antrag eingegangen, die Stadtverordnetenversammlung möge dahin wirken, daß der Belagerungszustand aufgehoben und die Urwählerversammlungen zur Vorbereitung für die Wahlen gestattet werden. Der Magistrat ist bereits mit dem General v. Wrangel in Correspondenz getreten und dieser hat darauf geantwortet, daß der Magistrat nach dem Wahlreglement zuerst die Aufgabe habe, die Wahlbezirke abzugrenzen. Nachdem dies geschehen, die Urwählerlisten ausgelegt und ihm davon Kenntniß gegeben sein wird -- habe er die Absicht, sofort die Urwähler-Versammlungen zu gestatten, und zwar unter folgenden Bedingungen: 1) daß nur die stimmberechtigten Urwähler der Bezirke dazu Zutritt haben; Der Magistrat hat darauf geantwortet, daß er mit der Eintheilung der Bezirke beschäftigt sei und, dem Verlangen gemäß, den General Wrangel davon in Kenntniß setzen werde. Er erlaube sich aber die Bemerkung, daß die Debatte in diesen Versammlungen unmöglich in eine bestimmte Grenze zurückgedrängt werden kann, da die ganze Wahlangelegenheit rein politischer Natur sei und es würden nur außerhalb des Gebiets der Wahlen liegende politische Debatten vermieden werden können. Die Versammlungen habe er nicht zu leiten, sondern nur die Wahlen selbst, und könne deshalb auch die Vorsitzenden dieser Versammlungen, die von den Urwählern selbst gewählt und bestimmt werden, nicht verantwortlich machen. Am Wahltage selbst dürften keine Diskussionen stattfinden; der Magistrat wolle jedoch, wenn es verlangt wird, die Liste der Wahlkommissarien einreichen. Was die Controlle der Urwähler-Versammlungen durch Offizianten anbelangt, so glaube und hoffe er, daß die Urwähler darauf eingehen werden. (Lärmen in der Versammlung, oh, oh!) -- Die Stadtverordneten-Versammlung war jedoch der Meinung, daß diese Vorversammlungen ohne jede Beschränkung stattfinden müßten, um jeder Ansicht Spielraum zu gewähren, zumal man glaube, daß die Urwähler eine solche Ueberwachung sich auch nicht gefallen lassen würden. Es wurde deshalb eine Deputation ernannt, welche zuerst bei dem General v. Wrangel und sodann bei dem Staatsministerium auf das Schleunigste dahin wirken soll, daß die Urwählerversammlungen zu den Wahlen ohne jede Beschränkung gestattet werden. -- Hinsichts des Antrags wegen der Aufhebung des Belagerungszustandes wurde auf den Antrag des Stadtv. Schäffer ebenfalls eine Deputation niedergesetzt, welche die Motive zusammenstellen soll, weshalb die Aufhebung des Belagerungszustandes wünschenswerth sei. -- Mehrere Bezirke hatten gegen die vom Magistrat vorgenommene Theilung der Wahlbezirke protestirt. Die Proteste wurden dem Magistrat zugefertigt. Hierauf ging die Versammlung zu einer geheimen Sitzung über. Die letzte Nummer der "Ewigen Lampe" ist wiederum auf Befehl des Obee-Commando's in den Marken mit Beschlag belegt worden. Den Polizeibeamten und Schutzmännern war gemessene Ordre zugegangen, auf den Vertrieb dieses Blattes sowohl in den Straßen ihre genaue Aufmerksamkeit zu richten, als auch möglichst diejenigen Buchhandlungen zu ermitteln, welche dasselbe öffentlich ausliegen haben, um gegen solche mit Schließung ihrer Geschäfte, der frühern Bestimmung gemäß, verfahren zu können. Gestern Abend sollte hier zum ersten Male nach der gesetzlichen Anerkennung der Preßfreiheit eine Bücherconfiscation vorgenommen werden. Diese Maßregel war gegen eine schon vor längerer Zeit von dem Assessor Jung herausgegebene Schrift gegen den Berliner Magistrat gerichtet. Die Verlagshandlung (Reuter et Stargardt) bestand indeß auf der gesetzlich erforderlichen Vorzeigung eines richterlichen Befehls, mit welchem der ausführende Polizeibeamte nicht versehen war. Es mußte deshalb von der Vollstreckung der Confiscation Abstand genommen werden. * Wien, 27. Dez. Albert Cygarn, Korporal der 2. Grenadierkompagnie des Infanterieregiments Graf Hartmann ward nebst beständiger Degradirung zum Gemeinen zu fünfjähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt, weil er, obgleich unter terroristischem Andringen in die polnische Legion eingereiht, die Gelegenheit, zur Militärbehörde zurückzukehren, nicht benutzt, sondern öfters Wachdienst versehen und, jedoch nicht überwiesen, sondern nur stark beinzichtigt, an der Vertheidigung der Linien gegen die Truppen thätigen Antheil genommen hatte. 24 Wien, 27. Dez. Nach Briefen von östreichischen Offizieren in Italien unterliegt es keinem Zweifel, daß die Horden Radetzky's in den Kirchenstaat zur Wiedereinsetzung des Pabstes entweder schon eingerückt sind oder bald einrücken werden. Der Belagerungszustand in Preßburg und Umgegend gedeiht vortrefflich. Verhaftungen in täglich größerer Masse; über Begnadigungen zu "Pulver und Blei" wird man auch von da her bald Einiges hören. Der Vizegespann des Preßburger Komitats ist unter den Verhafteten. Die "Wienerin" veröffentlicht heute die "finanzielle Uebersicht im Monat Oktober 1848." Es ist ein erbauliches Aktenstück und eine so drastisch-wirkende Christbescheerung, daß das "schwarzgelbe" Philister- und Bourgeoisthum sich am Geldbeutel faßt und hinter den Ohren kratzt.
Und bei diesen Ausgaben sind die Kosten für's Militär in Ungarn und Italien nicht inbegriffen, weil dort die Soldaten durch Brandschatzung etc. der besetzten Länder ernährt werden. Der Ausfall gegen den ministeriellen Voranschlag betrug allein bei den indirekte[n] Abgaben 4198676 Fl. Zur Versüßung der finanziellen Schmerzen werden Bülletins über das stets siegreiche Vordringen der k. k. Armee in Ungarn publizirt. Heute ist das 5. dieser Art erschienen. Während man vor zwei Tagen noch zu Schanzarbeit in schweren Eisen verurtheilt worden wäre, hätte man der Lüge von der Einnahme Raab's widersprochen: läßt dieses 5te Bülletin selbst erst die Vorposten 1/2 Stunde vor Raab stehen und den Windischgrätz rückt es bis St. Miklos bei Hochstraß vor. Im Bülletin werden die k. k. Henker überall "auf das freundlichste" bald auch mit dem unbeschreiblichsten Jubel empfangen. Die nicht "schwarz-gelbe" Bevölkerung Wien's lächelt dazu. Man hört jetzt öfters die Hoffnungen für nächstes Frühjahr in dem Satz ausdrücken: "Wartet nur, das Lagerbier ist allerdings schlecht ausgefallen, daß das Märzbier desto besser ausfalle, dafür werden wir sorgen." Obiges Bülletin läßt noch auf andere Weise, z. B. vom General Suplicacz, Siege erfechten. 20 Aus dem Reich. Auf den ersten "kühnen Griff" folgte einen halben Monat lang "Kanonendonner und Glockengeläut." Zur Einleitung des zweiten "kühnen Griffs," sind vom Reich aus Kanonen in Brüssel, wollte sagen, in und bei Lüttich bestellt. Nach dem schmälichen Verrath in Betreff des dänischen Waffenstillstandes thut man, als ob zum Frühjahr noch ein Stückchen deutsche Ehre an den Küsten von Schleswig-Holstein zu vertheidigen sein würde. Drum sollen dort Strandbatterien "von Reichswegen" errichtet werden. Immerhin ein plausibler Vorwand, um das Reichsbudget auf die Höhe der Zeit zu bringen. Unsere Truppen füttern sich nach wie vor ganz gemüthlich; bezahlt wird mit Anweisungen auf die, welche nach uns kommen weeden. Die in unserem Nachbarlande eingetretene Lerchenreld'sche Ministerkrisis dauert fort, wie sämmtliche "Reichsblätter" versichern. In unseren eigenen Regionen muß überall Ordre parirt werden, sonst gibt's Exekutionen. So ist in Mühlhausen ein Kommando zu diesem Behufe eingerückt! ihm voran ritt der Eichhorn'sche Regierungsrath Volk, um die Demokratenhetze zu leiten. Hr. Hergenhahn ist noch immer Minister, was seiner Langweiligkeit keinen Abbruch thut. Unserem Reichsministerium fallen die Haare aus vor banger Ungewißheit um die nächste Zukunft und aus Trauer um's Vaterland, wenn diese Minister bis zum Frühjahr, wie's wohl möglich ist, durch einen bösen Märzsturm weggeblasen würden. * Schleswig, 27. Dez. Heute wurde hier die Landesversammlung eröffnet, die zusammenkam, um die Steuern vom 1. Januar 1849 an zu bewilligen. Die Sitzung wird daher auch nur kurze Zeit dauern. Die neuesten Nachrichten von der Insel Alsen stimmen sämmtlich darin überein, daß es dort in Städten und Dörfern von Soldaten wimmelt und täglich neue Schaaren anlangen. Zu Neujahr werden an 12,000 Mann auf der Insel zusammengebracht sein. Man vermuthet einen baldigen Einfall der Dänen in Schleswig. Sonderburg wird nach der Landseite zu stark befestigt. Donaufürstenthümer. X Bucharest, 12. Dezbr. Die Verhaftungen durch die russische Militärbehörde dauern fort. Vorgestern ward ein eng, lischer Unterthan in seinem eignen Hause verhaftet und ins Gefängniß abgeführt. Auf die Nachricht hiervon beeilte sich der brittische Generalkonsul, Hr. Colquhoun, beim Statthalter des Fürstenthums gegen diese Verletzung des Hausrechts Protest einzulegen und zugleich die unmittelbare Freigebung des Verhafteten zu verlangen, unbeschadet der diesem gebührenden Entschädigung, wie der Genugthuung, die das Konsulat wegen der ihm widerfahrenen Rechtsverletzung anspricht. Der Kaimakam erwiderte, daß er, da ihm diese Sache ganz fremd sei, jede Verantwortung ablehne und übrigens bereit sei, die verlangte Genugthuung zu geben, wenn dieselbe von ihm abhängen würde. Da Hr. Colquhoun von dem Kaimakam nichts erlangen konnte, so soll er sich an den türkischen Kommissar gewendet haben, der nichts weiter thun konnte, als gegen das ihm berichtete Verfahren der russischen Militärbehörde zu protestiren. Der brittische Gesandte, Hr. Stratford-Canning, soll die Sache bereits aufgenommen haben. Italien. * Venedig, 20. Dez. Es geht die Rede von verschiedenen österreichischen Komplots, die man in Venedig aufgedeckt haben will, und die eben die Veranlassung gewesen sein sollen zur Verhaftung des Offiziers, welcher das Kommando über das Fort Malghera führte. Eine wunderschöne Frau, die Radetzky in Venedig eingeführt und mit großen Summen versehn hatte, soll vornehmlich beauftragt worden sein, jenen Offizier durch Bestechung zu gewinnen. Sie war an einen andern bereits gewonnenen Offizier adressirt, der ihr überall Zugang verschaffen sollte. Durch verschiedene Umstände ward sie verhindert, mit diesem Offizier zusammenzutreffen; ein anderer Offizier stellte sich daher ihr vor, im Namen seines Kameraden, und ward trefflich von der Dame empfangen. Es war ein hübscher junger Mann, der den größten Eifer für die Sache Oesterreichs bekundete, und von Allem genau unterrichtet war. Der junge Offizier zeigte sich um so bereitwilliger und unternehmender, als seine Liebe zu der schönen Verführerin mit jeder Stunde zunahm. Die Intrigue zwischen dem Liebespaar entspinnt sich vollends und geht so weit, daß sie der schönen Manini den Eingang zum herzoglichen Palast verschafft, wo der Diktator Manin sie empfängt, mit dem sie vorgibt, verwandt zu sein. Durch die freundliche Aufnahme ermuthigt, schlägt sie ihm vor, Venedig zu "retten," d. h. die Oesterreicher herein zu lassen, und bietet ihm, ohne zu zählen, Millionen an für diesen aufopfernden Akt. Man läßt sich scheinbar in Unterhandlungen mit ihr ein. Der junge Offizier, von dem wir gesprochen, und dessen Rolle man leicht erräth, weis't nach, wie ein Angriff auf Malghera unfehlbar gelingen müsse, um so mehr, als man mit dem Kommandanten einverstanden sei. Die Oesterreicher werden gerufen an einem bestimmten Tag, und mit einem wohlgenährten Feuer empfangen. An demselben Tage wird das schöne Weib in's Gefängniß gewor- *) Für Leser, welche sich jenes Vorfalles in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments nicht mehr erinnern, wollen wir denselben hier kurz wieder erzählen. Vinke erlaubte sich über die Majorität der Berliner National-Versammlung die Bemerkung, sie sei nicht frei von persönlichem Ehrgeize gewesen und habe sich durch diesen bei ihren Abstimmungen leiten lassen. Einem von der Linken ausgegangenen Ordnungsruf gab der Präsident wie gewöhnlich keine Folge, worauf Vinke seine Behauptung wiederholte. Als nun eine Stimme rief, das ist nicht "ritterlich!" sagte Vinke, gegen die Linke gewandt: "Ich bin in meinem Leben gewohnt gewesen, alle meine Aeußerungen auf eine sehr ritterliche Weise zu vertreten," und auf einem nun wegen der Provokation erfolgenden Ordnungsruf des Präsidenten, interpretirte er diese Worte dahin, sie hätten denjenigen gegolten, welchen etwa in Berlin seine Aeußerungen Anstoß verursachen sollten.
[Deutschland] [Fortsetzung] Fürstbischof in Breslau, der sich durch seinen bekannten Hirtenbrief gleich von vornherein für die Sache der potsdamer Camarilla erklärte: Daß die Regierung diese Suspension hervorrief, ist dem Kurzsichtigsten klar; daß der erste Racheschritt der gottbegnadeten Regierung grade gegen einen katholischen Geistlichen gerichtet worden, darf nicht verwundern. Gegen protestantische Geistliche, wie Hrn. Rehfeld und die übrige „schwarz-weiß-kuttige“ Schaar bedarf es keines Einschreitens. Sie haben sich stets als die besten himmlisch-irdischen Gensdarmen des preußischen Absolutismus erwiesen. Man braucht sich nur an die christlich-germanischen Synoden und General-Synoden zu erinnern. Die Suspension Schaffraneck's ist das würdige Seitenstück zu Temme's Einsperrung. Die Nachricht von diesem neuen Gewaltstreich der Contrerevolution geht wie ein Lauffeuer durch Oberschlesien und laut spricht sich der Unwille und die Erbitterung des Volks über solches Verfahren gegen einen Mann aus, dessen ganzes Verbrechen in der pflichtgetreuen Erfüllung seines vom Volke ihm übertragenen Mandats besteht. Köln, 31. Dez. Im Regierungsbezirk Köln sind die Wahlorte der beiden Wahlbezirke zu der ersten Kammer: 1) Deutz für die Kreise Mühlheim, Wipperfürth, Gummersbach, Waldbröl, Sieg. 2) Köln für die Stadt Köln, den Landkreis Köln, die Kreise Bonn, Rheinbach, Euskirchen, Bergheim. Die Wahlorte der 5 Wahlbezirke zur zweiten Kammer sind: 1) Köln für die Stadt Köln. 2) Deutz für den Landkreis Köln und Kr. Mühlheim. 3) Lechenich für den Kreis Bergheim, Euskirchen, Rheinbach. 4) Bonn für den Kreis Bonn und Sieg. 5) Gummersbach für den Kreis Waldbröl, Gummersbach, Wipperfürth. * Köln, 31. Dez. Der bisherige kommissarische Polizeidirektor, Hr. Geiger, ist zur Belohnung seiner Dienste um „Gott, König und Vaterland“ vom Könige von Preußen zum Polizeidirektor hiesiger Stadt ernannt worden. 73 Wesselingen, 29. Dez. Es ist wohl kein Stand, kein Amt und Fach, daß dieses Jahr nicht erschüttert worden in seinen Grundfesten. Throne und Kronen wankten, Monarchieen stürzten, Prinzen flohen verbannt, Minister wurden gehängt, Volksvertreter erschossen, und selbst der Vater der Christenheit hat keine sichere Wohnstätte mehr, und irrt auf flüchtigem Fuße. Doch, ob auch die Elemente selbst sich verschwören, — Einer lebt, dem die Ruhe gesichert, um den sich für Krieg und Frieden Behörden und Heere schaaren, — dieser eine Einzige — einzig Eine — Freiherr Max von Geyr von und zur Schweppenburg, Seiner Gnaden Euer gnädigster Bürgermeister ist's! Uns andern Dorfbewohnern sollte vor 4 Wochen mal „eine Aufregung“ angewandelt sein; — zur Abhaltung solcher epidemischen Pest von der Person und dem Eigenthume des „Meisters“ wurden dem Dorfe Infanterie, Kavallerie und Gensd'armen verschrieben, und glücklich legte sich „die Aufregung!“ Laut Reskript vom 25. d. befahl die kgl. Regierung zu Köln, „daß das hierhin detaschirte Militärkommando am 27. d. zurückgezogen und den Einwohnern Wesselingen's selbst die Aufrechthaltung der Sicherheit von Person und Eigenthum anvertraut werde.“ Kaum gesagt, so geschehen, — kaum geschehen, so rücken neue Truppen ein — beziehen Quartier bei den Bürgern und eine Wachtstube und Posten bei „Herr Gnaden,“ wohl also zur Sicherstellung und Garantie des ruhigen Schlafes — — herrlicher, neumodischer, konstitutioneller Schlaftrunk! Wirklich! unser allverehrter Herr Landrath hatte Recht, als er sagte: „Meine Herren von Wesselingen, ich will mein Bestes thun; dann müssen Sie aber auch sorgen, daß der Mann ruhig schlafen kann. — Sie kennen ihn, wie er ist; und ich sage Ihnen: er muß zart und schonend behandelt werden — wissen Sie — wie eine Frau in den ersten Tagen ihrer Wochen — so schonend — er ist wirklich in einem eigenthümlichen Zustande.“ 39 Münster, 29. Dez. Was ich Ihnen zuletzt versprach, Ihnen nähere Details zu berichten, dazu hat mich das hiesige Oberlandesgericht schnell in den Stand gesetzt. Unergründlich an Taktlosigkeit hat es mit seinen widrigen Eingaben an das Ministerium und an den König sich noch nicht begnügt, sondern fortwährend verhaftet. Morgen werden die Abgeordneten Fischer, Bruchhausen und Dekan Schulte unserm braven Temme Gesellschaft leisten. Und warum? Hat das Gericht etwa untrügliche Beweißstücke in Händen? Mit Nichten; im Gegentheil, ohne alle richterliche Cognition ist Temme's Captur beantragt und genehmigt worden. Ein Beiblatt der Milde'schen Reform, welches die bekannte Proklamation der 170 Abgeordneten vom 27. Novbr. nicht offiziell, sondern nur „nachgedruckt“ enthält, mußte die Unterlage zur Einleitung des Verfahrens bilden, so daß selbst bei diesem Kollegium von einigen Seiten Zweifel über die Echtheit und Genüge der Indizien erhoben wurde. Nimmt man hinzu, daß die Milde'sche Reform nur in dem sogenannten Civilklub gehalten wird und daß gerade jenes Beiblatt in dem betreffenden Hefte fehlt, obwohl nach den Statuten keine Zeitung mitgenommen werden darf, daß sogar gerade dieses gestohlene Exemplare dem edlen Inquisiten bei der Vernehmung vorgelegt worden sein soll, so ist die gegen das Gericht herrschende Stimmung um so mehr erklärlich, als es in diesem Falle nicht einmal so viel richterlichen Takt besaß, selbst vorausgesetzt, die Einleitung einer Untersuchung sei rechtlich begründet und nothwendig, die Leitung seinerseits zuvor schon abzulehnen und einem andern Gerichtshofe zu überweisen wünschte, weil es selbst gegen seinen eigenen Direktor die feindseligste Stellung eingenommen hatte. Allein wo Privathaß und Persönlichkeit mit der feigsten Servilität sich paaren, da darf man sich über ein solches Verfahren nicht wundern. Das thut man hier auch gar nicht; man freut sich vielmehr, wie das Unter- und Obergericht sich in ihrer Blindheit und tollen Verfolgungswuth immer mehr Blößen geben. Am Land- und Stadtgericht ist es der Assessor v. Stockhausen, der um seines neugebackenen Adels willen und um sich nach Oben hin recht möglich zu machen, als wüthender, ultramontaner Reaktionär das Ganze ausgespürt haben soll; am Obergericht wird natürlich dessen Schwiegervater, der Präsident Olfers, den endlich erwirkten Antrag auf Temme's Einziehung freudig willkommen geheißen haben. Das ist die gepriesene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter! Es geht hier so weit, daß alle Briefe an Temme, was sonst bei keinem der Gefangenen geschieht, vorher von der Post geholt und von dem Inquirenten gelesen und beglaubigt werden müssen. Das alte Jahr schließt somit würdig, wie es begonnen. Sein Anfang war die Herrschaft der Polizei, der Bajonette und des Landrechts mit seinen Mißvergnügen-Erregungs-Paragraphen und das Ende des Jahres 1848 bildet von alledem eine neu durchgesehene, vermehrte; verbesserte und natürlich gnädigst oktroyirte zweite Auflage. Das entscheidende „Nachwort“ hierzu wird uns jedenfalls das herannahende Jahr nicht vorenthalten! * Berlin, 29. Dez. Wer den Verhandlungen des ersten vereinigten Landtages aufmerksam gefolgt ist, wird sich der Provokation erinnern, welche sich damals der „ritterliche“ Herr v. Vincke gegen die Juden in öffentlicher Sitzung erlaubte. Einer ihm hierauf vom Assessor Venda, der sich durch jene Aeußerung persönlich beleidigt erachtete, zugekommenen Herausforderung, wich Vincke durch eine nicht weniger als „ritterliche“ Antwort aus. In gleich „ritterlicher“ Weise hat sich der Held des Rechtbodens gestern in Eisenach benommen. Dort sollte nämlich ein Duell zwischen dem Abgeordneten der preußischen Nationalversammlung Hrn. Jung und Hrn. v. Vincke stattfinden; und zwar auf Anlaß der bekannten Aeußerungen des Letztern in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments. *) An Ort und Stelle jedoch erklärten die Sekundanten des „ritterlichen“ Freiherrn denen des Hrn. Jung, Letzterer sei nicht satisfaktionsfähig, und zwar deshalb, weil derselbe von der bekannten komischen Persönlichkeit des Herrn v. Bülow durch Inserate in der Vossischen und Spenerschen als Lügner bezeichnet worden sei und sich doch deshalb mit Bülow nicht geschlagen habe. Vor dem Appellationssenat des Kammergerichts waren heute drei politische Prozesse in zweiter Instanz. Zunächst der des Malers Hopf aus Charlottenburg, gegen den wegen seines Gedichtes: „Schöne Worte des Königs von Preußen“, eine Klage auf Majestätsbeleidigung erhoben, aber in erster Instanz abgewiesen worden war. Das Appellationsgericht, unter dem Vorsitze des Kammergerichtsrath Gutschmidt, erkannte ihn jedoch, trotz der beredten Vertheidigung des Referendars Meyen für schuldig, und zwar deshalb, weil das Gedicht zwar nicht seinem Wortlaute nach ehrenrührige Schmähungen enthalte, weil aber die hämische Intention durchleuchte, und die Ausdrücke boshafter Natur seien. Wir sind also vollständig auf dem Punkt der reinen Tendenz-Prozesse angelangt. Das Urtheil lautete auf ein Jahr Festung. — Der zweite Prozeß gegen Fernbach und Fähndrich, wurde ausgesetzt, weil Ersterer als polizeilich Ausgewiesener nicht anwesend sein konnte. Der Staatsanwalt erklärte übrigens, er lasse die Anklage gegen das unter dem Titel: „Extrablatt der Vossischen Zeitung“ verbreitete Flugblatt, fallen. — Auch der dritte Prozeß gegen Leid-Brand (Thiele) mußte wegen Krankheit des Angeklagten ausgesetzt werden. X Berlin, 29. Dezember. In der gestrigen Sitzung kamen auch die bevorstehenden Wahlen zur Sprache. Von mehreren Bezirken war der Antrag eingegangen, die Stadtverordnetenversammlung möge dahin wirken, daß der Belagerungszustand aufgehoben und die Urwählerversammlungen zur Vorbereitung für die Wahlen gestattet werden. Der Magistrat ist bereits mit dem General v. Wrangel in Correspondenz getreten und dieser hat darauf geantwortet, daß der Magistrat nach dem Wahlreglement zuerst die Aufgabe habe, die Wahlbezirke abzugrenzen. Nachdem dies geschehen, die Urwählerlisten ausgelegt und ihm davon Kenntniß gegeben sein wird — habe er die Absicht, sofort die Urwähler-Versammlungen zu gestatten, und zwar unter folgenden Bedingungen: 1) daß nur die stimmberechtigten Urwähler der Bezirke dazu Zutritt haben; Der Magistrat hat darauf geantwortet, daß er mit der Eintheilung der Bezirke beschäftigt sei und, dem Verlangen gemäß, den General Wrangel davon in Kenntniß setzen werde. Er erlaube sich aber die Bemerkung, daß die Debatte in diesen Versammlungen unmöglich in eine bestimmte Grenze zurückgedrängt werden kann, da die ganze Wahlangelegenheit rein politischer Natur sei und es würden nur außerhalb des Gebiets der Wahlen liegende politische Debatten vermieden werden können. Die Versammlungen habe er nicht zu leiten, sondern nur die Wahlen selbst, und könne deshalb auch die Vorsitzenden dieser Versammlungen, die von den Urwählern selbst gewählt und bestimmt werden, nicht verantwortlich machen. Am Wahltage selbst dürften keine Diskussionen stattfinden; der Magistrat wolle jedoch, wenn es verlangt wird, die Liste der Wahlkommissarien einreichen. Was die Controlle der Urwähler-Versammlungen durch Offizianten anbelangt, so glaube und hoffe er, daß die Urwähler darauf eingehen werden. (Lärmen in der Versammlung, oh, oh!) — Die Stadtverordneten-Versammlung war jedoch der Meinung, daß diese Vorversammlungen ohne jede Beschränkung stattfinden müßten, um jeder Ansicht Spielraum zu gewähren, zumal man glaube, daß die Urwähler eine solche Ueberwachung sich auch nicht gefallen lassen würden. Es wurde deshalb eine Deputation ernannt, welche zuerst bei dem General v. Wrangel und sodann bei dem Staatsministerium auf das Schleunigste dahin wirken soll, daß die Urwählerversammlungen zu den Wahlen ohne jede Beschränkung gestattet werden. — Hinsichts des Antrags wegen der Aufhebung des Belagerungszustandes wurde auf den Antrag des Stadtv. Schäffer ebenfalls eine Deputation niedergesetzt, welche die Motive zusammenstellen soll, weshalb die Aufhebung des Belagerungszustandes wünschenswerth sei. — Mehrere Bezirke hatten gegen die vom Magistrat vorgenommene Theilung der Wahlbezirke protestirt. Die Proteste wurden dem Magistrat zugefertigt. Hierauf ging die Versammlung zu einer geheimen Sitzung über. Die letzte Nummer der „Ewigen Lampe“ ist wiederum auf Befehl des Obee-Commando's in den Marken mit Beschlag belegt worden. Den Polizeibeamten und Schutzmännern war gemessene Ordre zugegangen, auf den Vertrieb dieses Blattes sowohl in den Straßen ihre genaue Aufmerksamkeit zu richten, als auch möglichst diejenigen Buchhandlungen zu ermitteln, welche dasselbe öffentlich ausliegen haben, um gegen solche mit Schließung ihrer Geschäfte, der frühern Bestimmung gemäß, verfahren zu können. Gestern Abend sollte hier zum ersten Male nach der gesetzlichen Anerkennung der Preßfreiheit eine Bücherconfiscation vorgenommen werden. Diese Maßregel war gegen eine schon vor längerer Zeit von dem Assessor Jung herausgegebene Schrift gegen den Berliner Magistrat gerichtet. Die Verlagshandlung (Reuter et Stargardt) bestand indeß auf der gesetzlich erforderlichen Vorzeigung eines richterlichen Befehls, mit welchem der ausführende Polizeibeamte nicht versehen war. Es mußte deshalb von der Vollstreckung der Confiscation Abstand genommen werden. * Wien, 27. Dez. Albert Cygarn, Korporal der 2. Grenadierkompagnie des Infanterieregiments Graf Hartmann ward nebst beständiger Degradirung zum Gemeinen zu fünfjähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt, weil er, obgleich unter terroristischem Andringen in die polnische Legion eingereiht, die Gelegenheit, zur Militärbehörde zurückzukehren, nicht benutzt, sondern öfters Wachdienst versehen und, jedoch nicht überwiesen, sondern nur stark beinzichtigt, an der Vertheidigung der Linien gegen die Truppen thätigen Antheil genommen hatte. 24 Wien, 27. Dez. Nach Briefen von östreichischen Offizieren in Italien unterliegt es keinem Zweifel, daß die Horden Radetzky's in den Kirchenstaat zur Wiedereinsetzung des Pabstes entweder schon eingerückt sind oder bald einrücken werden. Der Belagerungszustand in Preßburg und Umgegend gedeiht vortrefflich. Verhaftungen in täglich größerer Masse; über Begnadigungen zu „Pulver und Blei“ wird man auch von da her bald Einiges hören. Der Vizegespann des Preßburger Komitats ist unter den Verhafteten. Die „Wienerin“ veröffentlicht heute die „finanzielle Uebersicht im Monat Oktober 1848.“ Es ist ein erbauliches Aktenstück und eine so drastisch-wirkende Christbescheerung, daß das „schwarzgelbe“ Philister- und Bourgeoisthum sich am Geldbeutel faßt und hinter den Ohren kratzt.
Und bei diesen Ausgaben sind die Kosten für's Militär in Ungarn und Italien nicht inbegriffen, weil dort die Soldaten durch Brandschatzung etc. der besetzten Länder ernährt werden. Der Ausfall gegen den ministeriellen Voranschlag betrug allein bei den indirekte[n] Abgaben 4198676 Fl. Zur Versüßung der finanziellen Schmerzen werden Bülletins über das stets siegreiche Vordringen der k. k. Armee in Ungarn publizirt. Heute ist das 5. dieser Art erschienen. Während man vor zwei Tagen noch zu Schanzarbeit in schweren Eisen verurtheilt worden wäre, hätte man der Lüge von der Einnahme Raab's widersprochen: läßt dieses 5te Bülletin selbst erst die Vorposten 1/2 Stunde vor Raab stehen und den Windischgrätz rückt es bis St. Miklos bei Hochstraß vor. Im Bülletin werden die k. k. Henker überall „auf das freundlichste“ bald auch mit dem unbeschreiblichsten Jubel empfangen. Die nicht „schwarz-gelbe“ Bevölkerung Wien's lächelt dazu. Man hört jetzt öfters die Hoffnungen für nächstes Frühjahr in dem Satz ausdrücken: „Wartet nur, das Lagerbier ist allerdings schlecht ausgefallen, daß das Märzbier desto besser ausfalle, dafür werden wir sorgen.“ Obiges Bülletin läßt noch auf andere Weise, z. B. vom General Suplicacz, Siege erfechten. 20 Aus dem Reich. Auf den ersten „kühnen Griff“ folgte einen halben Monat lang „Kanonendonner und Glockengeläut.“ Zur Einleitung des zweiten „kühnen Griffs,“ sind vom Reich aus Kanonen in Brüssel, wollte sagen, in und bei Lüttich bestellt. Nach dem schmälichen Verrath in Betreff des dänischen Waffenstillstandes thut man, als ob zum Frühjahr noch ein Stückchen deutsche Ehre an den Küsten von Schleswig-Holstein zu vertheidigen sein würde. Drum sollen dort Strandbatterien „von Reichswegen“ errichtet werden. Immerhin ein plausibler Vorwand, um das Reichsbudget auf die Höhe der Zeit zu bringen. Unsere Truppen füttern sich nach wie vor ganz gemüthlich; bezahlt wird mit Anweisungen auf die, welche nach uns kommen weeden. Die in unserem Nachbarlande eingetretene Lerchenreld'sche Ministerkrisis dauert fort, wie sämmtliche „Reichsblätter“ versichern. In unseren eigenen Regionen muß überall Ordre parirt werden, sonst gibt's Exekutionen. So ist in Mühlhausen ein Kommando zu diesem Behufe eingerückt! ihm voran ritt der Eichhorn'sche Regierungsrath Volk, um die Demokratenhetze zu leiten. Hr. Hergenhahn ist noch immer Minister, was seiner Langweiligkeit keinen Abbruch thut. Unserem Reichsministerium fallen die Haare aus vor banger Ungewißheit um die nächste Zukunft und aus Trauer um's Vaterland, wenn diese Minister bis zum Frühjahr, wie's wohl möglich ist, durch einen bösen Märzsturm weggeblasen würden. * Schleswig, 27. Dez. Heute wurde hier die Landesversammlung eröffnet, die zusammenkam, um die Steuern vom 1. Januar 1849 an zu bewilligen. Die Sitzung wird daher auch nur kurze Zeit dauern. Die neuesten Nachrichten von der Insel Alsen stimmen sämmtlich darin überein, daß es dort in Städten und Dörfern von Soldaten wimmelt und täglich neue Schaaren anlangen. Zu Neujahr werden an 12,000 Mann auf der Insel zusammengebracht sein. Man vermuthet einen baldigen Einfall der Dänen in Schleswig. Sonderburg wird nach der Landseite zu stark befestigt. Donaufürstenthümer. X Bucharest, 12. Dezbr. Die Verhaftungen durch die russische Militärbehörde dauern fort. Vorgestern ward ein eng, lischer Unterthan in seinem eignen Hause verhaftet und ins Gefängniß abgeführt. Auf die Nachricht hiervon beeilte sich der brittische Generalkonsul, Hr. Colquhoun, beim Statthalter des Fürstenthums gegen diese Verletzung des Hausrechts Protest einzulegen und zugleich die unmittelbare Freigebung des Verhafteten zu verlangen, unbeschadet der diesem gebührenden Entschädigung, wie der Genugthuung, die das Konsulat wegen der ihm widerfahrenen Rechtsverletzung anspricht. Der Kaimakam erwiderte, daß er, da ihm diese Sache ganz fremd sei, jede Verantwortung ablehne und übrigens bereit sei, die verlangte Genugthuung zu geben, wenn dieselbe von ihm abhängen würde. Da Hr. Colquhoun von dem Kaimakam nichts erlangen konnte, so soll er sich an den türkischen Kommissar gewendet haben, der nichts weiter thun konnte, als gegen das ihm berichtete Verfahren der russischen Militärbehörde zu protestiren. Der brittische Gesandte, Hr. Stratford-Canning, soll die Sache bereits aufgenommen haben. Italien. * Venedig, 20. Dez. Es geht die Rede von verschiedenen österreichischen Komplots, die man in Venedig aufgedeckt haben will, und die eben die Veranlassung gewesen sein sollen zur Verhaftung des Offiziers, welcher das Kommando über das Fort Malghera führte. Eine wunderschöne Frau, die Radetzky in Venedig eingeführt und mit großen Summen versehn hatte, soll vornehmlich beauftragt worden sein, jenen Offizier durch Bestechung zu gewinnen. Sie war an einen andern bereits gewonnenen Offizier adressirt, der ihr überall Zugang verschaffen sollte. Durch verschiedene Umstände ward sie verhindert, mit diesem Offizier zusammenzutreffen; ein anderer Offizier stellte sich daher ihr vor, im Namen seines Kameraden, und ward trefflich von der Dame empfangen. Es war ein hübscher junger Mann, der den größten Eifer für die Sache Oesterreichs bekundete, und von Allem genau unterrichtet war. Der junge Offizier zeigte sich um so bereitwilliger und unternehmender, als seine Liebe zu der schönen Verführerin mit jeder Stunde zunahm. Die Intrigue zwischen dem Liebespaar entspinnt sich vollends und geht so weit, daß sie der schönen Manini den Eingang zum herzoglichen Palast verschafft, wo der Diktator Manin sie empfängt, mit dem sie vorgibt, verwandt zu sein. Durch die freundliche Aufnahme ermuthigt, schlägt sie ihm vor, Venedig zu „retten,“ d. h. die Oesterreicher herein zu lassen, und bietet ihm, ohne zu zählen, Millionen an für diesen aufopfernden Akt. Man läßt sich scheinbar in Unterhandlungen mit ihr ein. Der junge Offizier, von dem wir gesprochen, und dessen Rolle man leicht erräth, weis't nach, wie ein Angriff auf Malghera unfehlbar gelingen müsse, um so mehr, als man mit dem Kommandanten einverstanden sei. Die Oesterreicher werden gerufen an einem bestimmten Tag, und mit einem wohlgenährten Feuer empfangen. An demselben Tage wird das schöne Weib in's Gefängniß gewor- *) Für Leser, welche sich jenes Vorfalles in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments nicht mehr erinnern, wollen wir denselben hier kurz wieder erzählen. Vinke erlaubte sich über die Majorität der Berliner National-Versammlung die Bemerkung, sie sei nicht frei von persönlichem Ehrgeize gewesen und habe sich durch diesen bei ihren Abstimmungen leiten lassen. Einem von der Linken ausgegangenen Ordnungsruf gab der Präsident wie gewöhnlich keine Folge, worauf Vinke seine Behauptung wiederholte. Als nun eine Stimme rief, das ist nicht „ritterlich!“ sagte Vinke, gegen die Linke gewandt: „Ich bin in meinem Leben gewohnt gewesen, alle meine Aeußerungen auf eine sehr ritterliche Weise zu vertreten,“ und auf einem nun wegen der Provokation erfolgenden Ordnungsruf des Präsidenten, interpretirte er diese Worte dahin, sie hätten denjenigen gegolten, welchen etwa in Berlin seine Aeußerungen Anstoß verursachen sollten.
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="0992"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar184_003" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Fürstbischof in Breslau, der sich durch seinen bekannten Hirtenbrief gleich von vornherein für die Sache der potsdamer Camarilla erklärte: Daß die Regierung diese Suspension hervorrief, ist dem Kurzsichtigsten klar; daß der erste Racheschritt der gottbegnadeten Regierung grade gegen einen katholischen Geistlichen gerichtet worden, darf nicht verwundern. Gegen protestantische Geistliche, wie Hrn. Rehfeld und die übrige „schwarz-weiß-kuttige“ Schaar bedarf es keines Einschreitens. Sie haben sich stets als die besten himmlisch-irdischen Gensdarmen des preußischen Absolutismus erwiesen. Man braucht sich nur an die christlich-germanischen Synoden und General-Synoden zu erinnern.</p> <p>Die Suspension Schaffraneck's ist das würdige Seitenstück zu Temme's Einsperrung. Die Nachricht von diesem neuen Gewaltstreich der Contrerevolution geht wie ein Lauffeuer durch Oberschlesien und laut spricht sich der Unwille und die Erbitterung des Volks über solches Verfahren gegen einen Mann aus, dessen ganzes Verbrechen in der pflichtgetreuen Erfüllung seines vom Volke ihm übertragenen Mandats besteht.</p> </div> <div xml:id="ar184_004" type="jArticle"> <head>Köln, 31. Dez.</head> <p>Im Regierungsbezirk <hi rendition="#g">Köln</hi> sind die Wahlorte der beiden Wahlbezirke zu der ersten Kammer: 1) <hi rendition="#g">Deutz</hi> für die Kreise Mühlheim, Wipperfürth, Gummersbach, Waldbröl, Sieg. 2) <hi rendition="#g">Köln</hi> für die Stadt Köln, den Landkreis Köln, die Kreise Bonn, Rheinbach, Euskirchen, Bergheim. Die Wahlorte der 5 Wahlbezirke zur zweiten Kammer sind: 1) <hi rendition="#g">Köln</hi> für die Stadt Köln. 2) <hi rendition="#g">Deutz</hi> für den Landkreis Köln und Kr. Mühlheim. 3) <hi rendition="#g">Lechenich</hi> für den Kreis Bergheim, Euskirchen, Rheinbach. 4) <hi rendition="#g">Bonn</hi> für den Kreis Bonn und Sieg. 5) <hi rendition="#g">Gummersbach</hi> für den Kreis Waldbröl, Gummersbach, Wipperfürth.</p> </div> <div xml:id="ar184_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 31. Dez.</head> <p>Der bisherige kommissarische Polizeidirektor, Hr. <hi rendition="#g">Geiger,</hi> ist zur Belohnung seiner Dienste um „Gott, König und Vaterland“ vom Könige von Preußen zum Polizeidirektor hiesiger Stadt ernannt worden.</p> </div> <div xml:id="ar184_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>73</author></bibl> Wesselingen, 29. Dez.</head> <p>Es ist wohl kein Stand, kein Amt und Fach, daß dieses Jahr nicht erschüttert worden in seinen Grundfesten. Throne und Kronen wankten, Monarchieen stürzten, Prinzen flohen verbannt, Minister wurden <hi rendition="#g">gehängt,</hi> Volksvertreter erschossen, und selbst der Vater der Christenheit hat keine sichere Wohnstätte mehr, und irrt auf flüchtigem Fuße.</p> <p>Doch, ob auch die Elemente selbst sich verschwören, — Einer lebt, dem die Ruhe gesichert, um den sich für Krieg und Frieden Behörden und Heere schaaren, — dieser eine Einzige — einzig Eine — Freiherr Max von Geyr von und zur Schweppenburg, Seiner Gnaden Euer gnädigster Bürgermeister ist's!</p> <p>Uns andern Dorfbewohnern sollte vor 4 Wochen mal „eine Aufregung“ angewandelt sein; — zur Abhaltung solcher epidemischen Pest von der Person und dem Eigenthume des „Meisters“ wurden dem Dorfe Infanterie, Kavallerie und Gensd'armen verschrieben, und glücklich legte sich „die Aufregung!“ Laut Reskript vom 25. d. befahl die kgl. Regierung zu Köln, „daß das hierhin detaschirte Militärkommando am 27. d. zurückgezogen und den Einwohnern Wesselingen's selbst die Aufrechthaltung der Sicherheit von Person und Eigenthum anvertraut werde.“</p> <p>Kaum gesagt, so geschehen, — kaum geschehen, so rücken neue Truppen ein — beziehen Quartier bei den Bürgern und eine Wachtstube und Posten bei „Herr Gnaden,“ wohl also zur Sicherstellung und Garantie des ruhigen Schlafes — — herrlicher, neumodischer, konstitutioneller Schlaftrunk!</p> <p>Wirklich! unser allverehrter Herr Landrath hatte Recht, als er sagte:</p> <p rendition="#et">„Meine Herren von Wesselingen, ich will mein Bestes thun; dann müssen Sie aber auch sorgen, daß der Mann ruhig schlafen kann. — Sie kennen ihn, wie er ist; und ich sage Ihnen: er muß zart und schonend behandelt werden — wissen Sie — wie eine Frau in den ersten Tagen ihrer Wochen — so schonend — er ist wirklich in einem eigenthümlichen Zustande.“</p> </div> <div xml:id="ar184_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>39</author></bibl> Münster, 29. Dez.</head> <p>Was ich Ihnen zuletzt versprach, Ihnen nähere Details zu berichten, dazu hat mich das hiesige Oberlandesgericht schnell in den Stand gesetzt. Unergründlich an Taktlosigkeit hat es mit seinen widrigen Eingaben an das Ministerium und an den König sich noch nicht begnügt, sondern fortwährend verhaftet. Morgen werden die Abgeordneten Fischer, Bruchhausen und Dekan Schulte unserm braven Temme Gesellschaft leisten. Und warum? Hat das Gericht etwa untrügliche Beweißstücke in Händen? Mit Nichten; im Gegentheil, ohne alle richterliche Cognition ist Temme's Captur beantragt und genehmigt worden. Ein Beiblatt der Milde'schen Reform, welches die bekannte Proklamation der 170 Abgeordneten vom 27. Novbr. nicht offiziell, sondern nur „nachgedruckt“ enthält, mußte die Unterlage zur Einleitung des Verfahrens bilden, so daß selbst bei <hi rendition="#g">diesem</hi> Kollegium von einigen Seiten Zweifel über die Echtheit und Genüge der Indizien erhoben wurde. Nimmt man hinzu, daß die Milde'sche Reform nur in dem sogenannten Civilklub gehalten wird und daß gerade jenes Beiblatt in dem betreffenden Hefte fehlt, obwohl nach den Statuten keine Zeitung mitgenommen werden darf, daß sogar gerade dieses <hi rendition="#g">gestohlene</hi> Exemplare dem edlen Inquisiten bei der Vernehmung vorgelegt worden sein soll, so ist die gegen das Gericht herrschende Stimmung um so mehr erklärlich, als es in diesem Falle nicht einmal so viel richterlichen Takt besaß, selbst vorausgesetzt, die Einleitung einer Untersuchung sei rechtlich begründet und nothwendig, die Leitung seinerseits zuvor schon abzulehnen und einem andern Gerichtshofe zu überweisen wünschte, weil es selbst gegen seinen eigenen Direktor die feindseligste Stellung eingenommen hatte. Allein wo Privathaß und Persönlichkeit mit der feigsten Servilität sich paaren, da darf man sich über ein solches Verfahren nicht wundern. Das thut man hier auch gar nicht; man freut sich vielmehr, wie das Unter- und Obergericht sich in ihrer Blindheit und tollen Verfolgungswuth immer mehr Blößen geben. Am Land- und Stadtgericht ist es der Assessor v. Stockhausen, der um seines neugebackenen Adels willen und um sich nach Oben hin recht möglich zu machen, als wüthender, ultramontaner Reaktionär das Ganze ausgespürt haben soll; am Obergericht wird natürlich dessen Schwiegervater, der Präsident Olfers, den endlich erwirkten Antrag auf Temme's Einziehung freudig willkommen geheißen haben. Das ist die gepriesene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter! Es geht hier so weit, daß alle Briefe an Temme, was sonst bei keinem der Gefangenen geschieht, vorher von der Post geholt und von dem Inquirenten gelesen und beglaubigt werden müssen. Das alte Jahr schließt somit würdig, wie es begonnen. Sein Anfang war die Herrschaft der Polizei, der Bajonette und des Landrechts mit seinen Mißvergnügen-Erregungs-Paragraphen und das Ende des Jahres 1848 bildet von alledem eine neu durchgesehene, vermehrte; verbesserte und natürlich gnädigst oktroyirte zweite Auflage. Das entscheidende „Nachwort“ hierzu wird uns jedenfalls das herannahende Jahr nicht vorenthalten!</p> </div> <div xml:id="ar184_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 29. Dez.</head> <p>Wer den Verhandlungen des ersten vereinigten Landtages aufmerksam gefolgt ist, wird sich der Provokation erinnern, welche sich damals der „ritterliche“ Herr v. Vincke gegen die Juden in öffentlicher Sitzung erlaubte. Einer ihm hierauf vom Assessor <hi rendition="#g">Venda,</hi> der sich durch jene Aeußerung persönlich beleidigt erachtete, zugekommenen Herausforderung, wich Vincke durch eine nicht weniger als „ritterliche“ Antwort aus. In gleich „ritterlicher“ Weise hat sich der Held des Rechtbodens gestern in Eisenach benommen. Dort sollte nämlich ein Duell zwischen dem Abgeordneten der preußischen Nationalversammlung Hrn. <hi rendition="#g">Jung</hi> und Hrn. v. <hi rendition="#g">Vincke</hi> stattfinden; und zwar auf Anlaß der bekannten Aeußerungen des Letztern in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments. *) <note place="foot">*) Für Leser, welche sich jenes Vorfalles in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments nicht mehr erinnern, wollen wir denselben hier kurz wieder erzählen. Vinke erlaubte sich über die Majorität der Berliner National-Versammlung die Bemerkung, sie sei nicht frei von persönlichem Ehrgeize gewesen und habe sich durch diesen bei ihren Abstimmungen leiten lassen. Einem von der Linken ausgegangenen Ordnungsruf gab der Präsident wie gewöhnlich keine Folge, worauf Vinke seine Behauptung wiederholte. Als nun eine Stimme rief, das ist nicht „ritterlich!“ sagte Vinke, gegen die Linke gewandt: „Ich bin in meinem Leben gewohnt gewesen, alle meine Aeußerungen auf eine sehr ritterliche Weise zu vertreten,“ und auf einem nun wegen der Provokation erfolgenden Ordnungsruf des Präsidenten, interpretirte er diese Worte dahin, sie hätten denjenigen gegolten, welchen etwa in Berlin seine Aeußerungen Anstoß verursachen sollten.</note> An Ort und Stelle jedoch erklärten die Sekundanten des „ritterlichen“ Freiherrn denen des Hrn. <hi rendition="#g">Jung, Letzterer sei nicht satisfaktionsfähig,</hi> und zwar deshalb, weil derselbe von der bekannten komischen Persönlichkeit des Herrn v. <hi rendition="#g">Bülow</hi> durch Inserate in der Vossischen und Spenerschen als Lügner bezeichnet worden sei und sich doch deshalb mit Bülow nicht geschlagen habe.</p> <p>Vor dem Appellationssenat des Kammergerichts waren heute drei politische Prozesse in zweiter Instanz. Zunächst der des Malers <hi rendition="#g">Hopf</hi> aus Charlottenburg, gegen den wegen seines Gedichtes: „Schöne Worte des Königs von Preußen“, eine Klage auf Majestätsbeleidigung erhoben, aber in erster Instanz abgewiesen worden war. Das Appellationsgericht, unter dem Vorsitze des Kammergerichtsrath <hi rendition="#g">Gutschmidt,</hi> erkannte ihn jedoch, trotz der beredten Vertheidigung des Referendars <hi rendition="#g">Meyen</hi> für <hi rendition="#g">schuldig,</hi> und zwar deshalb, weil das Gedicht zwar nicht seinem Wortlaute nach ehrenrührige Schmähungen enthalte, weil aber die hämische Intention durchleuchte, und die Ausdrücke boshafter Natur seien. Wir sind also vollständig auf dem Punkt der reinen Tendenz-Prozesse angelangt. Das Urtheil lautete auf ein Jahr Festung. — Der zweite Prozeß gegen <hi rendition="#g">Fernbach</hi> und <hi rendition="#g">Fähndrich,</hi> wurde ausgesetzt, weil Ersterer als polizeilich Ausgewiesener nicht anwesend sein konnte. Der Staatsanwalt erklärte übrigens, er lasse die Anklage gegen das unter dem Titel: „Extrablatt der Vossischen Zeitung“ verbreitete Flugblatt, fallen. — Auch der dritte Prozeß gegen <hi rendition="#g">Leid-Brand</hi> (Thiele) mußte wegen Krankheit des Angeklagten ausgesetzt werden.</p> </div> <div xml:id="ar184_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 29. Dezember.</head> <p>In der gestrigen Sitzung kamen auch die bevorstehenden Wahlen zur Sprache. Von mehreren Bezirken war der Antrag eingegangen, die Stadtverordnetenversammlung möge dahin wirken, daß der Belagerungszustand aufgehoben und die Urwählerversammlungen zur Vorbereitung für die Wahlen gestattet werden. Der Magistrat ist bereits mit dem General v. Wrangel in Correspondenz getreten und dieser hat darauf geantwortet, daß der Magistrat nach dem Wahlreglement zuerst die Aufgabe habe, die Wahlbezirke abzugrenzen. Nachdem dies geschehen, die Urwählerlisten ausgelegt und ihm davon Kenntniß gegeben sein wird — habe er die Absicht, sofort die Urwähler-Versammlungen zu gestatten, und zwar unter folgenden Bedingungen:</p> <p rendition="#et">1) daß nur die stimmberechtigten Urwähler der Bezirke dazu Zutritt haben;<lb/> 2) daß in diesen Versammlungen nur Wahlangelegenheiten, mit Ausschluß jeder weiteren Politik, verhandelt werden, und zwar unter specieller Verantwortlichkeit des Vorsitzenden der Versammlung;<lb/> 3) daß die Möglichkeit gewahrt werde, diese Versammlungen jederzeit durch einen Beamten überwachen lassen zu können.</p> <p>Der Magistrat hat darauf geantwortet, daß er mit der Eintheilung der Bezirke beschäftigt sei und, dem Verlangen gemäß, den General Wrangel davon in Kenntniß setzen werde. Er erlaube sich aber die Bemerkung, daß die Debatte in diesen Versammlungen unmöglich in eine bestimmte Grenze zurückgedrängt werden kann, da die ganze Wahlangelegenheit rein politischer Natur sei und es würden nur außerhalb des Gebiets der Wahlen liegende politische Debatten vermieden werden können. Die Versammlungen habe er nicht zu leiten, sondern nur die Wahlen selbst, und könne deshalb auch die Vorsitzenden dieser Versammlungen, die von den Urwählern selbst gewählt und bestimmt werden, nicht verantwortlich machen. Am Wahltage selbst dürften keine Diskussionen stattfinden; der Magistrat wolle jedoch, wenn es verlangt wird, die Liste der Wahlkommissarien einreichen. Was die Controlle der Urwähler-Versammlungen durch Offizianten anbelangt, so glaube und hoffe er, daß die Urwähler darauf eingehen werden. (Lärmen in der Versammlung, oh, oh!) — Die Stadtverordneten-Versammlung war jedoch der Meinung, daß diese Vorversammlungen ohne jede Beschränkung stattfinden müßten, um jeder Ansicht Spielraum zu gewähren, zumal man glaube, daß die Urwähler eine solche Ueberwachung sich auch nicht gefallen lassen würden. Es wurde deshalb eine Deputation ernannt, welche zuerst bei dem General v. Wrangel und sodann bei dem Staatsministerium auf das Schleunigste dahin wirken soll, daß die Urwählerversammlungen zu den Wahlen ohne jede Beschränkung gestattet werden. — Hinsichts des Antrags wegen der Aufhebung des Belagerungszustandes wurde auf den Antrag des Stadtv. Schäffer ebenfalls eine Deputation niedergesetzt, welche die Motive zusammenstellen soll, weshalb die Aufhebung des Belagerungszustandes wünschenswerth sei. — Mehrere Bezirke hatten gegen die vom Magistrat vorgenommene Theilung der Wahlbezirke protestirt. Die Proteste wurden dem Magistrat zugefertigt. Hierauf ging die Versammlung zu einer geheimen Sitzung über.</p> <p>Die letzte Nummer der „Ewigen Lampe“ ist wiederum auf Befehl des Obee-Commando's in den Marken mit Beschlag belegt worden. Den Polizeibeamten und Schutzmännern war gemessene Ordre zugegangen, auf den Vertrieb dieses Blattes sowohl in den Straßen ihre genaue Aufmerksamkeit zu richten, als auch möglichst diejenigen Buchhandlungen zu ermitteln, welche dasselbe öffentlich ausliegen haben, um gegen solche mit Schließung ihrer Geschäfte, der frühern Bestimmung gemäß, verfahren zu können.</p> <p>Gestern Abend sollte hier zum ersten Male nach der gesetzlichen Anerkennung der Preßfreiheit eine Bücherconfiscation vorgenommen werden. Diese Maßregel war gegen eine schon vor längerer Zeit von dem Assessor Jung herausgegebene Schrift gegen den Berliner Magistrat gerichtet. Die Verlagshandlung (Reuter et Stargardt) bestand indeß auf der gesetzlich erforderlichen Vorzeigung eines richterlichen Befehls, mit welchem der ausführende Polizeibeamte nicht versehen war. Es mußte deshalb von der Vollstreckung der Confiscation Abstand genommen werden.</p> </div> <div xml:id="ar184_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 27. Dez.</head> <p>Albert Cygarn, Korporal der 2. Grenadierkompagnie des Infanterieregiments Graf Hartmann ward nebst beständiger Degradirung zum Gemeinen zu fünfjähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt, weil er, obgleich unter terroristischem Andringen in die polnische Legion eingereiht, die Gelegenheit, zur Militärbehörde zurückzukehren, nicht benutzt, sondern öfters Wachdienst versehen und, jedoch nicht überwiesen, sondern nur stark beinzichtigt, an der Vertheidigung der Linien gegen die Truppen thätigen Antheil genommen hatte.</p> </div> <div xml:id="ar184_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 27. Dez.</head> <p>Nach Briefen von östreichischen Offizieren in Italien unterliegt es keinem Zweifel, daß die Horden Radetzky's in den Kirchenstaat zur Wiedereinsetzung des Pabstes entweder schon eingerückt sind oder bald einrücken werden. Der Belagerungszustand in Preßburg und Umgegend gedeiht vortrefflich. Verhaftungen in täglich größerer Masse; über Begnadigungen zu „Pulver und Blei“ wird man auch von da her bald Einiges hören. Der Vizegespann des Preßburger Komitats ist unter den Verhafteten. Die „Wienerin“ veröffentlicht heute die „finanzielle Uebersicht im Monat Oktober 1848.“ Es ist ein erbauliches Aktenstück und eine so drastisch-wirkende Christbescheerung, daß das „schwarzgelbe“ Philister- und Bourgeoisthum sich am Geldbeutel faßt und hinter den Ohren kratzt.</p> <table> <row> <cell>Die Einnahmen an direkten Steuern betrugen</cell> <cell>2071134 Fl.</cell> </row> <row> <cell>Die Einnahmen an indirekten Steuern betrugen</cell> <cell>3957158 Fl.</cell> </row> <row> <cell>Die Einnahmen aus andern Branchen</cell> <cell>620981 Fl.</cell> </row> <row> <cell>Zusammen:</cell> <cell>6649273 Fl.</cell> </row> <row> <cell>Die Ausgaben zusammen</cell> <cell>11376923 Fl.</cell> </row> <row> <cell>Folglich in diesem einen Monat ein <hi rendition="#g">Defizit</hi> von</cell> <cell>4727650 Fl.</cell> </row> </table> <p>Und bei diesen Ausgaben sind die Kosten für's Militär in Ungarn und Italien nicht inbegriffen, weil dort die Soldaten durch Brandschatzung etc. der besetzten Länder ernährt werden.</p> <p>Der Ausfall gegen den ministeriellen Voranschlag betrug allein bei den indirekte[n] Abgaben 4198676 Fl.</p> <p>Zur Versüßung der finanziellen Schmerzen werden Bülletins über das stets siegreiche Vordringen der k. k. Armee in Ungarn publizirt. Heute ist das 5. dieser Art erschienen. Während man vor zwei Tagen noch zu Schanzarbeit in schweren Eisen verurtheilt worden wäre, hätte man der Lüge von der Einnahme Raab's widersprochen: läßt dieses 5te Bülletin selbst erst die Vorposten 1/2 Stunde vor Raab stehen und den Windischgrätz rückt es bis St. Miklos bei Hochstraß vor. Im Bülletin werden die k. k. Henker überall „auf das freundlichste“ bald auch mit dem unbeschreiblichsten Jubel empfangen. Die nicht „schwarz-gelbe“ Bevölkerung Wien's lächelt dazu. Man hört jetzt öfters die Hoffnungen für nächstes Frühjahr in dem Satz ausdrücken: „Wartet nur, das <hi rendition="#g">Lagerbier</hi> ist allerdings schlecht ausgefallen, daß das <hi rendition="#g">Märzbier</hi> desto besser ausfalle, dafür werden <hi rendition="#g">wir</hi> sorgen.“</p> <p>Obiges Bülletin läßt noch auf andere Weise, z. B. vom General Suplicacz, Siege erfechten.</p> </div> <div xml:id="ar184_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>20</author></bibl> Aus dem Reich.</head> <p>Auf den ersten „kühnen Griff“ folgte einen halben Monat lang „Kanonendonner und Glockengeläut.“ Zur Einleitung des zweiten „kühnen Griffs,“ sind vom Reich aus Kanonen in Brüssel, wollte sagen, in und bei Lüttich bestellt. Nach dem schmälichen Verrath in Betreff des dänischen Waffenstillstandes thut man, als ob zum Frühjahr noch ein Stückchen deutsche Ehre an den Küsten von Schleswig-Holstein zu vertheidigen sein würde. Drum sollen dort Strandbatterien „von Reichswegen“ errichtet werden. Immerhin ein plausibler Vorwand, um das Reichsbudget auf die Höhe der Zeit zu bringen. Unsere Truppen füttern sich nach wie vor ganz gemüthlich; bezahlt wird mit Anweisungen auf die, welche nach uns kommen weeden. Die in unserem Nachbarlande eingetretene Lerchenreld'sche Ministerkrisis dauert fort, wie sämmtliche „Reichsblätter“ versichern. In unseren eigenen Regionen muß überall Ordre parirt werden, sonst gibt's Exekutionen. So ist in Mühlhausen ein Kommando zu diesem Behufe eingerückt! ihm voran ritt der Eichhorn'sche Regierungsrath Volk, um die Demokratenhetze zu leiten. Hr. Hergenhahn ist noch immer Minister, was seiner Langweiligkeit keinen Abbruch thut. Unserem Reichsministerium fallen die Haare aus vor banger Ungewißheit um die nächste Zukunft und aus Trauer um's Vaterland, wenn diese Minister bis zum Frühjahr, wie's wohl möglich ist, durch einen bösen Märzsturm weggeblasen würden.</p> </div> <div xml:id="ar184_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Schleswig, 27. Dez.</head> <p>Heute wurde hier die Landesversammlung eröffnet, die zusammenkam, um die Steuern vom 1. Januar 1849 an zu bewilligen. Die Sitzung wird daher auch nur kurze Zeit dauern. Die neuesten Nachrichten von der Insel Alsen stimmen sämmtlich darin überein, daß es dort in Städten und Dörfern von Soldaten wimmelt und täglich neue Schaaren anlangen. Zu Neujahr werden an 12,000 Mann auf der Insel zusammengebracht sein. Man vermuthet einen baldigen Einfall der Dänen in Schleswig. Sonderburg wird nach der Landseite zu stark befestigt.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Donaufürstenthümer.</head> <div xml:id="ar184_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Bucharest, 12. Dezbr.</head> <p>Die Verhaftungen durch die russische Militärbehörde dauern fort. Vorgestern ward ein eng, lischer Unterthan in seinem eignen Hause verhaftet und ins Gefängniß abgeführt. Auf die Nachricht hiervon beeilte sich der brittische Generalkonsul, Hr. Colquhoun, beim Statthalter des Fürstenthums gegen diese Verletzung des Hausrechts Protest einzulegen und zugleich die unmittelbare Freigebung des Verhafteten zu verlangen, unbeschadet der diesem gebührenden Entschädigung, wie der Genugthuung, die das Konsulat wegen der ihm widerfahrenen Rechtsverletzung anspricht. Der Kaimakam erwiderte, daß er, da ihm diese Sache ganz fremd sei, jede Verantwortung ablehne und übrigens bereit sei, die verlangte Genugthuung zu geben, wenn dieselbe von ihm abhängen würde. Da Hr. Colquhoun von dem Kaimakam nichts erlangen konnte, so soll er sich an den türkischen Kommissar gewendet haben, der nichts weiter thun konnte, als gegen das ihm berichtete Verfahren der russischen Militärbehörde zu protestiren. Der brittische Gesandte, Hr. Stratford-Canning, soll die Sache bereits aufgenommen haben.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar184_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Venedig, 20. Dez.</head> <p>Es geht die Rede von verschiedenen österreichischen Komplots, die man in Venedig aufgedeckt haben will, und die eben die Veranlassung gewesen sein sollen zur Verhaftung des Offiziers, welcher das Kommando über das Fort Malghera führte.</p> <p>Eine wunderschöne Frau, die Radetzky in Venedig eingeführt und mit großen Summen versehn hatte, soll vornehmlich beauftragt worden sein, jenen Offizier durch Bestechung zu gewinnen. Sie war an einen andern bereits gewonnenen Offizier adressirt, der ihr überall Zugang verschaffen sollte. Durch verschiedene Umstände ward sie verhindert, mit diesem Offizier zusammenzutreffen; ein anderer Offizier stellte sich daher ihr vor, im Namen seines Kameraden, und ward trefflich von der Dame empfangen. Es war ein hübscher junger Mann, der den größten Eifer für die Sache Oesterreichs bekundete, und von Allem genau unterrichtet war. Der junge Offizier zeigte sich um so bereitwilliger und unternehmender, als seine Liebe zu der schönen Verführerin mit jeder Stunde zunahm. Die Intrigue zwischen dem Liebespaar entspinnt sich vollends und geht so weit, daß sie der schönen Manini den Eingang zum herzoglichen Palast verschafft, wo der Diktator Manin sie empfängt, mit dem sie vorgibt, verwandt zu sein. Durch die freundliche Aufnahme ermuthigt, schlägt sie ihm vor, Venedig zu „retten,“ d. h. die Oesterreicher herein zu lassen, und bietet ihm, ohne zu zählen, Millionen an für diesen aufopfernden Akt. Man läßt sich scheinbar in Unterhandlungen mit ihr ein. Der junge Offizier, von dem wir gesprochen, und dessen Rolle man leicht erräth, weis't nach, wie ein Angriff auf Malghera unfehlbar gelingen müsse, um so mehr, als man mit dem Kommandanten einverstanden sei. Die Oesterreicher werden gerufen an einem bestimmten Tag, und mit einem wohlgenährten Feuer empfangen. An demselben Tage wird das schöne Weib in's Gefängniß gewor- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0992/0002]
[Deutschland] [Fortsetzung] Fürstbischof in Breslau, der sich durch seinen bekannten Hirtenbrief gleich von vornherein für die Sache der potsdamer Camarilla erklärte: Daß die Regierung diese Suspension hervorrief, ist dem Kurzsichtigsten klar; daß der erste Racheschritt der gottbegnadeten Regierung grade gegen einen katholischen Geistlichen gerichtet worden, darf nicht verwundern. Gegen protestantische Geistliche, wie Hrn. Rehfeld und die übrige „schwarz-weiß-kuttige“ Schaar bedarf es keines Einschreitens. Sie haben sich stets als die besten himmlisch-irdischen Gensdarmen des preußischen Absolutismus erwiesen. Man braucht sich nur an die christlich-germanischen Synoden und General-Synoden zu erinnern.
Die Suspension Schaffraneck's ist das würdige Seitenstück zu Temme's Einsperrung. Die Nachricht von diesem neuen Gewaltstreich der Contrerevolution geht wie ein Lauffeuer durch Oberschlesien und laut spricht sich der Unwille und die Erbitterung des Volks über solches Verfahren gegen einen Mann aus, dessen ganzes Verbrechen in der pflichtgetreuen Erfüllung seines vom Volke ihm übertragenen Mandats besteht.
Köln, 31. Dez. Im Regierungsbezirk Köln sind die Wahlorte der beiden Wahlbezirke zu der ersten Kammer: 1) Deutz für die Kreise Mühlheim, Wipperfürth, Gummersbach, Waldbröl, Sieg. 2) Köln für die Stadt Köln, den Landkreis Köln, die Kreise Bonn, Rheinbach, Euskirchen, Bergheim. Die Wahlorte der 5 Wahlbezirke zur zweiten Kammer sind: 1) Köln für die Stadt Köln. 2) Deutz für den Landkreis Köln und Kr. Mühlheim. 3) Lechenich für den Kreis Bergheim, Euskirchen, Rheinbach. 4) Bonn für den Kreis Bonn und Sieg. 5) Gummersbach für den Kreis Waldbröl, Gummersbach, Wipperfürth.
* Köln, 31. Dez. Der bisherige kommissarische Polizeidirektor, Hr. Geiger, ist zur Belohnung seiner Dienste um „Gott, König und Vaterland“ vom Könige von Preußen zum Polizeidirektor hiesiger Stadt ernannt worden.
73 Wesselingen, 29. Dez. Es ist wohl kein Stand, kein Amt und Fach, daß dieses Jahr nicht erschüttert worden in seinen Grundfesten. Throne und Kronen wankten, Monarchieen stürzten, Prinzen flohen verbannt, Minister wurden gehängt, Volksvertreter erschossen, und selbst der Vater der Christenheit hat keine sichere Wohnstätte mehr, und irrt auf flüchtigem Fuße.
Doch, ob auch die Elemente selbst sich verschwören, — Einer lebt, dem die Ruhe gesichert, um den sich für Krieg und Frieden Behörden und Heere schaaren, — dieser eine Einzige — einzig Eine — Freiherr Max von Geyr von und zur Schweppenburg, Seiner Gnaden Euer gnädigster Bürgermeister ist's!
Uns andern Dorfbewohnern sollte vor 4 Wochen mal „eine Aufregung“ angewandelt sein; — zur Abhaltung solcher epidemischen Pest von der Person und dem Eigenthume des „Meisters“ wurden dem Dorfe Infanterie, Kavallerie und Gensd'armen verschrieben, und glücklich legte sich „die Aufregung!“ Laut Reskript vom 25. d. befahl die kgl. Regierung zu Köln, „daß das hierhin detaschirte Militärkommando am 27. d. zurückgezogen und den Einwohnern Wesselingen's selbst die Aufrechthaltung der Sicherheit von Person und Eigenthum anvertraut werde.“
Kaum gesagt, so geschehen, — kaum geschehen, so rücken neue Truppen ein — beziehen Quartier bei den Bürgern und eine Wachtstube und Posten bei „Herr Gnaden,“ wohl also zur Sicherstellung und Garantie des ruhigen Schlafes — — herrlicher, neumodischer, konstitutioneller Schlaftrunk!
Wirklich! unser allverehrter Herr Landrath hatte Recht, als er sagte:
„Meine Herren von Wesselingen, ich will mein Bestes thun; dann müssen Sie aber auch sorgen, daß der Mann ruhig schlafen kann. — Sie kennen ihn, wie er ist; und ich sage Ihnen: er muß zart und schonend behandelt werden — wissen Sie — wie eine Frau in den ersten Tagen ihrer Wochen — so schonend — er ist wirklich in einem eigenthümlichen Zustande.“
39 Münster, 29. Dez. Was ich Ihnen zuletzt versprach, Ihnen nähere Details zu berichten, dazu hat mich das hiesige Oberlandesgericht schnell in den Stand gesetzt. Unergründlich an Taktlosigkeit hat es mit seinen widrigen Eingaben an das Ministerium und an den König sich noch nicht begnügt, sondern fortwährend verhaftet. Morgen werden die Abgeordneten Fischer, Bruchhausen und Dekan Schulte unserm braven Temme Gesellschaft leisten. Und warum? Hat das Gericht etwa untrügliche Beweißstücke in Händen? Mit Nichten; im Gegentheil, ohne alle richterliche Cognition ist Temme's Captur beantragt und genehmigt worden. Ein Beiblatt der Milde'schen Reform, welches die bekannte Proklamation der 170 Abgeordneten vom 27. Novbr. nicht offiziell, sondern nur „nachgedruckt“ enthält, mußte die Unterlage zur Einleitung des Verfahrens bilden, so daß selbst bei diesem Kollegium von einigen Seiten Zweifel über die Echtheit und Genüge der Indizien erhoben wurde. Nimmt man hinzu, daß die Milde'sche Reform nur in dem sogenannten Civilklub gehalten wird und daß gerade jenes Beiblatt in dem betreffenden Hefte fehlt, obwohl nach den Statuten keine Zeitung mitgenommen werden darf, daß sogar gerade dieses gestohlene Exemplare dem edlen Inquisiten bei der Vernehmung vorgelegt worden sein soll, so ist die gegen das Gericht herrschende Stimmung um so mehr erklärlich, als es in diesem Falle nicht einmal so viel richterlichen Takt besaß, selbst vorausgesetzt, die Einleitung einer Untersuchung sei rechtlich begründet und nothwendig, die Leitung seinerseits zuvor schon abzulehnen und einem andern Gerichtshofe zu überweisen wünschte, weil es selbst gegen seinen eigenen Direktor die feindseligste Stellung eingenommen hatte. Allein wo Privathaß und Persönlichkeit mit der feigsten Servilität sich paaren, da darf man sich über ein solches Verfahren nicht wundern. Das thut man hier auch gar nicht; man freut sich vielmehr, wie das Unter- und Obergericht sich in ihrer Blindheit und tollen Verfolgungswuth immer mehr Blößen geben. Am Land- und Stadtgericht ist es der Assessor v. Stockhausen, der um seines neugebackenen Adels willen und um sich nach Oben hin recht möglich zu machen, als wüthender, ultramontaner Reaktionär das Ganze ausgespürt haben soll; am Obergericht wird natürlich dessen Schwiegervater, der Präsident Olfers, den endlich erwirkten Antrag auf Temme's Einziehung freudig willkommen geheißen haben. Das ist die gepriesene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter! Es geht hier so weit, daß alle Briefe an Temme, was sonst bei keinem der Gefangenen geschieht, vorher von der Post geholt und von dem Inquirenten gelesen und beglaubigt werden müssen. Das alte Jahr schließt somit würdig, wie es begonnen. Sein Anfang war die Herrschaft der Polizei, der Bajonette und des Landrechts mit seinen Mißvergnügen-Erregungs-Paragraphen und das Ende des Jahres 1848 bildet von alledem eine neu durchgesehene, vermehrte; verbesserte und natürlich gnädigst oktroyirte zweite Auflage. Das entscheidende „Nachwort“ hierzu wird uns jedenfalls das herannahende Jahr nicht vorenthalten!
* Berlin, 29. Dez. Wer den Verhandlungen des ersten vereinigten Landtages aufmerksam gefolgt ist, wird sich der Provokation erinnern, welche sich damals der „ritterliche“ Herr v. Vincke gegen die Juden in öffentlicher Sitzung erlaubte. Einer ihm hierauf vom Assessor Venda, der sich durch jene Aeußerung persönlich beleidigt erachtete, zugekommenen Herausforderung, wich Vincke durch eine nicht weniger als „ritterliche“ Antwort aus. In gleich „ritterlicher“ Weise hat sich der Held des Rechtbodens gestern in Eisenach benommen. Dort sollte nämlich ein Duell zwischen dem Abgeordneten der preußischen Nationalversammlung Hrn. Jung und Hrn. v. Vincke stattfinden; und zwar auf Anlaß der bekannten Aeußerungen des Letztern in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments. *) An Ort und Stelle jedoch erklärten die Sekundanten des „ritterlichen“ Freiherrn denen des Hrn. Jung, Letzterer sei nicht satisfaktionsfähig, und zwar deshalb, weil derselbe von der bekannten komischen Persönlichkeit des Herrn v. Bülow durch Inserate in der Vossischen und Spenerschen als Lügner bezeichnet worden sei und sich doch deshalb mit Bülow nicht geschlagen habe.
Vor dem Appellationssenat des Kammergerichts waren heute drei politische Prozesse in zweiter Instanz. Zunächst der des Malers Hopf aus Charlottenburg, gegen den wegen seines Gedichtes: „Schöne Worte des Königs von Preußen“, eine Klage auf Majestätsbeleidigung erhoben, aber in erster Instanz abgewiesen worden war. Das Appellationsgericht, unter dem Vorsitze des Kammergerichtsrath Gutschmidt, erkannte ihn jedoch, trotz der beredten Vertheidigung des Referendars Meyen für schuldig, und zwar deshalb, weil das Gedicht zwar nicht seinem Wortlaute nach ehrenrührige Schmähungen enthalte, weil aber die hämische Intention durchleuchte, und die Ausdrücke boshafter Natur seien. Wir sind also vollständig auf dem Punkt der reinen Tendenz-Prozesse angelangt. Das Urtheil lautete auf ein Jahr Festung. — Der zweite Prozeß gegen Fernbach und Fähndrich, wurde ausgesetzt, weil Ersterer als polizeilich Ausgewiesener nicht anwesend sein konnte. Der Staatsanwalt erklärte übrigens, er lasse die Anklage gegen das unter dem Titel: „Extrablatt der Vossischen Zeitung“ verbreitete Flugblatt, fallen. — Auch der dritte Prozeß gegen Leid-Brand (Thiele) mußte wegen Krankheit des Angeklagten ausgesetzt werden.
X Berlin, 29. Dezember. In der gestrigen Sitzung kamen auch die bevorstehenden Wahlen zur Sprache. Von mehreren Bezirken war der Antrag eingegangen, die Stadtverordnetenversammlung möge dahin wirken, daß der Belagerungszustand aufgehoben und die Urwählerversammlungen zur Vorbereitung für die Wahlen gestattet werden. Der Magistrat ist bereits mit dem General v. Wrangel in Correspondenz getreten und dieser hat darauf geantwortet, daß der Magistrat nach dem Wahlreglement zuerst die Aufgabe habe, die Wahlbezirke abzugrenzen. Nachdem dies geschehen, die Urwählerlisten ausgelegt und ihm davon Kenntniß gegeben sein wird — habe er die Absicht, sofort die Urwähler-Versammlungen zu gestatten, und zwar unter folgenden Bedingungen:
1) daß nur die stimmberechtigten Urwähler der Bezirke dazu Zutritt haben;
2) daß in diesen Versammlungen nur Wahlangelegenheiten, mit Ausschluß jeder weiteren Politik, verhandelt werden, und zwar unter specieller Verantwortlichkeit des Vorsitzenden der Versammlung;
3) daß die Möglichkeit gewahrt werde, diese Versammlungen jederzeit durch einen Beamten überwachen lassen zu können.
Der Magistrat hat darauf geantwortet, daß er mit der Eintheilung der Bezirke beschäftigt sei und, dem Verlangen gemäß, den General Wrangel davon in Kenntniß setzen werde. Er erlaube sich aber die Bemerkung, daß die Debatte in diesen Versammlungen unmöglich in eine bestimmte Grenze zurückgedrängt werden kann, da die ganze Wahlangelegenheit rein politischer Natur sei und es würden nur außerhalb des Gebiets der Wahlen liegende politische Debatten vermieden werden können. Die Versammlungen habe er nicht zu leiten, sondern nur die Wahlen selbst, und könne deshalb auch die Vorsitzenden dieser Versammlungen, die von den Urwählern selbst gewählt und bestimmt werden, nicht verantwortlich machen. Am Wahltage selbst dürften keine Diskussionen stattfinden; der Magistrat wolle jedoch, wenn es verlangt wird, die Liste der Wahlkommissarien einreichen. Was die Controlle der Urwähler-Versammlungen durch Offizianten anbelangt, so glaube und hoffe er, daß die Urwähler darauf eingehen werden. (Lärmen in der Versammlung, oh, oh!) — Die Stadtverordneten-Versammlung war jedoch der Meinung, daß diese Vorversammlungen ohne jede Beschränkung stattfinden müßten, um jeder Ansicht Spielraum zu gewähren, zumal man glaube, daß die Urwähler eine solche Ueberwachung sich auch nicht gefallen lassen würden. Es wurde deshalb eine Deputation ernannt, welche zuerst bei dem General v. Wrangel und sodann bei dem Staatsministerium auf das Schleunigste dahin wirken soll, daß die Urwählerversammlungen zu den Wahlen ohne jede Beschränkung gestattet werden. — Hinsichts des Antrags wegen der Aufhebung des Belagerungszustandes wurde auf den Antrag des Stadtv. Schäffer ebenfalls eine Deputation niedergesetzt, welche die Motive zusammenstellen soll, weshalb die Aufhebung des Belagerungszustandes wünschenswerth sei. — Mehrere Bezirke hatten gegen die vom Magistrat vorgenommene Theilung der Wahlbezirke protestirt. Die Proteste wurden dem Magistrat zugefertigt. Hierauf ging die Versammlung zu einer geheimen Sitzung über.
Die letzte Nummer der „Ewigen Lampe“ ist wiederum auf Befehl des Obee-Commando's in den Marken mit Beschlag belegt worden. Den Polizeibeamten und Schutzmännern war gemessene Ordre zugegangen, auf den Vertrieb dieses Blattes sowohl in den Straßen ihre genaue Aufmerksamkeit zu richten, als auch möglichst diejenigen Buchhandlungen zu ermitteln, welche dasselbe öffentlich ausliegen haben, um gegen solche mit Schließung ihrer Geschäfte, der frühern Bestimmung gemäß, verfahren zu können.
Gestern Abend sollte hier zum ersten Male nach der gesetzlichen Anerkennung der Preßfreiheit eine Bücherconfiscation vorgenommen werden. Diese Maßregel war gegen eine schon vor längerer Zeit von dem Assessor Jung herausgegebene Schrift gegen den Berliner Magistrat gerichtet. Die Verlagshandlung (Reuter et Stargardt) bestand indeß auf der gesetzlich erforderlichen Vorzeigung eines richterlichen Befehls, mit welchem der ausführende Polizeibeamte nicht versehen war. Es mußte deshalb von der Vollstreckung der Confiscation Abstand genommen werden.
* Wien, 27. Dez. Albert Cygarn, Korporal der 2. Grenadierkompagnie des Infanterieregiments Graf Hartmann ward nebst beständiger Degradirung zum Gemeinen zu fünfjähriger Schanzarbeit in schwerem Eisen verurtheilt, weil er, obgleich unter terroristischem Andringen in die polnische Legion eingereiht, die Gelegenheit, zur Militärbehörde zurückzukehren, nicht benutzt, sondern öfters Wachdienst versehen und, jedoch nicht überwiesen, sondern nur stark beinzichtigt, an der Vertheidigung der Linien gegen die Truppen thätigen Antheil genommen hatte.
24 Wien, 27. Dez. Nach Briefen von östreichischen Offizieren in Italien unterliegt es keinem Zweifel, daß die Horden Radetzky's in den Kirchenstaat zur Wiedereinsetzung des Pabstes entweder schon eingerückt sind oder bald einrücken werden. Der Belagerungszustand in Preßburg und Umgegend gedeiht vortrefflich. Verhaftungen in täglich größerer Masse; über Begnadigungen zu „Pulver und Blei“ wird man auch von da her bald Einiges hören. Der Vizegespann des Preßburger Komitats ist unter den Verhafteten. Die „Wienerin“ veröffentlicht heute die „finanzielle Uebersicht im Monat Oktober 1848.“ Es ist ein erbauliches Aktenstück und eine so drastisch-wirkende Christbescheerung, daß das „schwarzgelbe“ Philister- und Bourgeoisthum sich am Geldbeutel faßt und hinter den Ohren kratzt.
Die Einnahmen an direkten Steuern betrugen 2071134 Fl.
Die Einnahmen an indirekten Steuern betrugen 3957158 Fl.
Die Einnahmen aus andern Branchen 620981 Fl.
Zusammen: 6649273 Fl.
Die Ausgaben zusammen 11376923 Fl.
Folglich in diesem einen Monat ein Defizit von 4727650 Fl.
Und bei diesen Ausgaben sind die Kosten für's Militär in Ungarn und Italien nicht inbegriffen, weil dort die Soldaten durch Brandschatzung etc. der besetzten Länder ernährt werden.
Der Ausfall gegen den ministeriellen Voranschlag betrug allein bei den indirekte[n] Abgaben 4198676 Fl.
Zur Versüßung der finanziellen Schmerzen werden Bülletins über das stets siegreiche Vordringen der k. k. Armee in Ungarn publizirt. Heute ist das 5. dieser Art erschienen. Während man vor zwei Tagen noch zu Schanzarbeit in schweren Eisen verurtheilt worden wäre, hätte man der Lüge von der Einnahme Raab's widersprochen: läßt dieses 5te Bülletin selbst erst die Vorposten 1/2 Stunde vor Raab stehen und den Windischgrätz rückt es bis St. Miklos bei Hochstraß vor. Im Bülletin werden die k. k. Henker überall „auf das freundlichste“ bald auch mit dem unbeschreiblichsten Jubel empfangen. Die nicht „schwarz-gelbe“ Bevölkerung Wien's lächelt dazu. Man hört jetzt öfters die Hoffnungen für nächstes Frühjahr in dem Satz ausdrücken: „Wartet nur, das Lagerbier ist allerdings schlecht ausgefallen, daß das Märzbier desto besser ausfalle, dafür werden wir sorgen.“
Obiges Bülletin läßt noch auf andere Weise, z. B. vom General Suplicacz, Siege erfechten.
20 Aus dem Reich. Auf den ersten „kühnen Griff“ folgte einen halben Monat lang „Kanonendonner und Glockengeläut.“ Zur Einleitung des zweiten „kühnen Griffs,“ sind vom Reich aus Kanonen in Brüssel, wollte sagen, in und bei Lüttich bestellt. Nach dem schmälichen Verrath in Betreff des dänischen Waffenstillstandes thut man, als ob zum Frühjahr noch ein Stückchen deutsche Ehre an den Küsten von Schleswig-Holstein zu vertheidigen sein würde. Drum sollen dort Strandbatterien „von Reichswegen“ errichtet werden. Immerhin ein plausibler Vorwand, um das Reichsbudget auf die Höhe der Zeit zu bringen. Unsere Truppen füttern sich nach wie vor ganz gemüthlich; bezahlt wird mit Anweisungen auf die, welche nach uns kommen weeden. Die in unserem Nachbarlande eingetretene Lerchenreld'sche Ministerkrisis dauert fort, wie sämmtliche „Reichsblätter“ versichern. In unseren eigenen Regionen muß überall Ordre parirt werden, sonst gibt's Exekutionen. So ist in Mühlhausen ein Kommando zu diesem Behufe eingerückt! ihm voran ritt der Eichhorn'sche Regierungsrath Volk, um die Demokratenhetze zu leiten. Hr. Hergenhahn ist noch immer Minister, was seiner Langweiligkeit keinen Abbruch thut. Unserem Reichsministerium fallen die Haare aus vor banger Ungewißheit um die nächste Zukunft und aus Trauer um's Vaterland, wenn diese Minister bis zum Frühjahr, wie's wohl möglich ist, durch einen bösen Märzsturm weggeblasen würden.
* Schleswig, 27. Dez. Heute wurde hier die Landesversammlung eröffnet, die zusammenkam, um die Steuern vom 1. Januar 1849 an zu bewilligen. Die Sitzung wird daher auch nur kurze Zeit dauern. Die neuesten Nachrichten von der Insel Alsen stimmen sämmtlich darin überein, daß es dort in Städten und Dörfern von Soldaten wimmelt und täglich neue Schaaren anlangen. Zu Neujahr werden an 12,000 Mann auf der Insel zusammengebracht sein. Man vermuthet einen baldigen Einfall der Dänen in Schleswig. Sonderburg wird nach der Landseite zu stark befestigt.
Donaufürstenthümer. X Bucharest, 12. Dezbr. Die Verhaftungen durch die russische Militärbehörde dauern fort. Vorgestern ward ein eng, lischer Unterthan in seinem eignen Hause verhaftet und ins Gefängniß abgeführt. Auf die Nachricht hiervon beeilte sich der brittische Generalkonsul, Hr. Colquhoun, beim Statthalter des Fürstenthums gegen diese Verletzung des Hausrechts Protest einzulegen und zugleich die unmittelbare Freigebung des Verhafteten zu verlangen, unbeschadet der diesem gebührenden Entschädigung, wie der Genugthuung, die das Konsulat wegen der ihm widerfahrenen Rechtsverletzung anspricht. Der Kaimakam erwiderte, daß er, da ihm diese Sache ganz fremd sei, jede Verantwortung ablehne und übrigens bereit sei, die verlangte Genugthuung zu geben, wenn dieselbe von ihm abhängen würde. Da Hr. Colquhoun von dem Kaimakam nichts erlangen konnte, so soll er sich an den türkischen Kommissar gewendet haben, der nichts weiter thun konnte, als gegen das ihm berichtete Verfahren der russischen Militärbehörde zu protestiren. Der brittische Gesandte, Hr. Stratford-Canning, soll die Sache bereits aufgenommen haben.
Italien. * Venedig, 20. Dez. Es geht die Rede von verschiedenen österreichischen Komplots, die man in Venedig aufgedeckt haben will, und die eben die Veranlassung gewesen sein sollen zur Verhaftung des Offiziers, welcher das Kommando über das Fort Malghera führte.
Eine wunderschöne Frau, die Radetzky in Venedig eingeführt und mit großen Summen versehn hatte, soll vornehmlich beauftragt worden sein, jenen Offizier durch Bestechung zu gewinnen. Sie war an einen andern bereits gewonnenen Offizier adressirt, der ihr überall Zugang verschaffen sollte. Durch verschiedene Umstände ward sie verhindert, mit diesem Offizier zusammenzutreffen; ein anderer Offizier stellte sich daher ihr vor, im Namen seines Kameraden, und ward trefflich von der Dame empfangen. Es war ein hübscher junger Mann, der den größten Eifer für die Sache Oesterreichs bekundete, und von Allem genau unterrichtet war. Der junge Offizier zeigte sich um so bereitwilliger und unternehmender, als seine Liebe zu der schönen Verführerin mit jeder Stunde zunahm. Die Intrigue zwischen dem Liebespaar entspinnt sich vollends und geht so weit, daß sie der schönen Manini den Eingang zum herzoglichen Palast verschafft, wo der Diktator Manin sie empfängt, mit dem sie vorgibt, verwandt zu sein. Durch die freundliche Aufnahme ermuthigt, schlägt sie ihm vor, Venedig zu „retten,“ d. h. die Oesterreicher herein zu lassen, und bietet ihm, ohne zu zählen, Millionen an für diesen aufopfernden Akt. Man läßt sich scheinbar in Unterhandlungen mit ihr ein. Der junge Offizier, von dem wir gesprochen, und dessen Rolle man leicht erräth, weis't nach, wie ein Angriff auf Malghera unfehlbar gelingen müsse, um so mehr, als man mit dem Kommandanten einverstanden sei. Die Oesterreicher werden gerufen an einem bestimmten Tag, und mit einem wohlgenährten Feuer empfangen. An demselben Tage wird das schöne Weib in's Gefängniß gewor-
*) Für Leser, welche sich jenes Vorfalles in der 134. Sitzung des deutschen Parlaments nicht mehr erinnern, wollen wir denselben hier kurz wieder erzählen. Vinke erlaubte sich über die Majorität der Berliner National-Versammlung die Bemerkung, sie sei nicht frei von persönlichem Ehrgeize gewesen und habe sich durch diesen bei ihren Abstimmungen leiten lassen. Einem von der Linken ausgegangenen Ordnungsruf gab der Präsident wie gewöhnlich keine Folge, worauf Vinke seine Behauptung wiederholte. Als nun eine Stimme rief, das ist nicht „ritterlich!“ sagte Vinke, gegen die Linke gewandt: „Ich bin in meinem Leben gewohnt gewesen, alle meine Aeußerungen auf eine sehr ritterliche Weise zu vertreten,“ und auf einem nun wegen der Provokation erfolgenden Ordnungsruf des Präsidenten, interpretirte er diese Worte dahin, sie hätten denjenigen gegolten, welchen etwa in Berlin seine Aeußerungen Anstoß verursachen sollten.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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