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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 187. Köln, 5. Januar 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 187. Köln, Freitag, 5. Januar 1849.

Bestellungen auf die "Neue Rheinische Zeitung" für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.

Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr Dr. Ewerbeck, rue de L'Ulm 33 in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbrittanien: Mr. Thomas, Catherine Street-strand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende.

Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.

Die Redaktion bleibt unverändert.

Die bisherigen Monatsgänge der "Neuen Rheinischen Zeitung" sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die "N. Rh. Ztg." ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.

Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der "Neuen Rheinischen Zeitung."

Durch die bedeutend vergrößerte Auflage unserer Zeitung ist es unmöglich geworden, Anzeigen, welche noch für den folgenden Tag in die Zeitung inserirt werden sollen, bis 1 Uhr Mittags anzunehmen; wir ersuchen daher das geehrte Publikum, die Anzeigen bis 12 Uhr Mittags in die unterzeichnete Expedition abzugeben.

Köln, den 3. Januar 1849.

Die Expedition der "Neuen Rheinischen Zeitung."

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Ein theurer Gast. -- Ein Bourgeoisaktenstück.) Aus dem Siegkreis. (Officielle Wahlmanöver) Hunsrücken. (Offizielle Zähmungsmittel gegen Wühler.) Münster. (Wundermann. -- Strickr.) Cleve. (Auch eine Untersuchung. -- Candidaten zur ersten Kammer.) Berlin. (Die Bourgeois. -- Der Hof. -- Wahlumtriebe. -- Stoffmangel. -- Gesandtenwechsel.) Wien. (Der Fasching. -- Deputation bei Welden und seine Antwort. -- Türkische Horden herbeigerufen. -- Vergiftungsversuch gegen ein italienisches Regiment. -- Verfahren gegen das Proletariat. -- Standrechtliche Verurtheilungen. -- Aus Süd-Ungarn und Siebenbürgen. -- Ohnmacht des Ministeriums. -- Ruthenisirung in Galizien. -- Offizielle Reform. -- Faschingsbülletin. -- Welden'sches Bülletin. -- Welden'sches Polizeimanöver. -- Aus den Donaufürstenthümern. -- Das Standrecht in Ungarn. -- Die österreichische Post. -- Ein mißliebiges Wirthshausschild. -- Verhaftungen.) Olmütz. (Ankunft eines römischen Kardinals -- Prager Congreß der Slowanska-Lipa-Vereine.) Aus Süd-Deutschland. (Auch ein Republikaner.) Aus dem Reich. (Neuestes.) Schleswig. (Die Landesversammlung vertagt.)

Italien. Palermo. (Die Deputirtenkammer für den Anschluß an die Constituante. -- Antonini.) Neapel. (Rüstungen.) Civita-Vecchia. (Ankunft des Tenare.) Modena. (Auflösung der Nationalgarde.) Mantua. (Vorbereitung zum Kriege.) Genua. (Constitutionelle Demonstration. -- Die "Presse" über Lamartine's Verhalten in der italienischen Angelegenheit.) Turin. (Vertagung der Kammern.)

Französische Republik. Paris. (Malleville. -- Louis Napoleon und Thiers. -- Louis Napoleon und Karl Braunschweig. -- Erlösungspläne. -- Steuervorschlag des Deputirten Antoine. -- Vermischtes. -- National-Versammlung).

Belgien. Brüssel. (Complimente. -- Französische Sprache und ein Schneidermeister).

Großbritannien. London. (O'Connor über Cobdens Finanzplan. -- Ein John O'Connell'sches Manifest -- Die elektromagnetische Telegraphie und die Botschaft des Präsidenten Polk). Edinburg. (Ein Anti-Eidableistungsverein).

Deutschland.
* Köln, 4. Januar.

Gestern traf von London ein allgemein geschätzter Reisender hier in Köln ein, um sofort von hier nach Berlin überzusiedeln -- nämlich eine Silbersendung im Belange von 180 Centnern. Einige Goldsendungen waren dem theuren Gaste vorangegangen.

Hielt sich der mysteriöse Staatsschatz vielleicht seit dem März in London auf, um constitutionelle Studien zu machen? Kehrt er jetzt in die Heimath zurück "im Interesse der bleibenden Beruhigung des Landes"?

* Köln, 4. Jan.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Verkannte Genie's

Es gibt nichts komischeres auf Erden, als ein verkanntes Genie -- -- ein Mensch, der sich für einen Apollo hält, und ein ausgezeichneter Dudelsackpfeifer ist; ein Mann, der sich Demosthenes dünkt, und ein höchst talentvoller Stadtschreier bleibt!

Es gab viele verkannte Genie's, von Sokrates bis auf Jacobus Venedey -- Sokrates war ein verkanntes Genie im edlen, Venedey ist ein verkanntes Genie im komischen Sinne.

Ein verkanntes Genie ist ein unglücklich-glückliches Geschöpf; unglücklich: eben weil es verkannt ist, und glücklich: weil dies Verkanntsein doch wieder einen gewissen süßen Schmerz verursacht, der mit nichts zu bezahlen ist. Wenn man einem verkannten Genie freistellen könnte, ob es plötzlich anerkannt werden, oder ob es nach wie vor verkannt bleiben wolle, so würde es sich sehr besinnen, ob es den interessant-wollüstigen Schmerz des Verkanntseins mit dem entschiedenen Glück der Anerkennung vertauschen solle. Ein verkanntes Genie beschaut sich in der ganzen Gesellschaft wie in einem Spiegel, und findet sich ungemein interessant. Das ist das Geheimniß aller unglücklich-glücklichen, verkannten Genie's.

In Deutschland haben wir jetzt mehr verkannte Genie's als je zuvor: die aus Berlin zurückgekehrten Deputirten der Nationalversammlung! Mit wenigen edlen Ausnahmen bieten diese Unglücklich-Glücklichen jetzt den rührendsten Anblick. Dieselben Aerzte, Advokaten und Notare, die früher so ungemein praktische und einträgliche Leute waren, sie schwelgen jetzt in der herbstlichen Wehmuth verkannter edler Seelen, und schlagen vor die Brust und rufen mit Pathos: Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer, wie wir sind, zu besitzen!

Wir wollen uns nicht die Mühe geben, jene Herren an alle ihre parlamentarischen Böcke zu erinnern, aber wir können uns nicht den Spaß versagen, über ihre herbstliche Wehmuth eben so leise als höflich zu lachen. Die Leute, die uns nicht begeistern konnten, als sie den Kothurn unter die Füße schnallten, um auf der Weltbühne ihre hölzernen Tänze aufzuführen: sie amusiren uns, wenn sie, wie die trauernden Juden an den Wassern zu Babylon, Abends bei dem sauern Moselwein ihrer vaterländischen Kneipen sitzen, um schmerzlich bewegt auszurufen: Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu besitzen.

Nein, das deutsche Volk h[a]t diese verkannten Genie's nicht verdient! Das deutsche Volk hat Prügel verdient, und es wird auch noch genug Prügel bekommen, aber verkannte Genie's auf dem Halse zu haben -- nein, das ist zu viel, c'est trop! -- Ihr armen, verkannten Genie's: durch eure Unentschlossenheit habt ihr uns und euch wieder auf den alten Ort gebracht; uns von den Alpen der Freiheit in die Lüneburgerheide der früheren Misere; euch von der Tribüne: hinter den heimischen Ofen.

Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu haben! Aber es war ein wenig viel verlangt, daß sich das deutsche Volk vom März bis in den Dezember für Euch interessiren sollte. Ihr zoget die Begeisterung eurer Wähler etwas sehr in die Länge, und als ihr endlich aus eurer Lethargie erwachtet, ach -- da war es zu spät.

O, drum habt Ihr Recht, daß Ihr herbstlich wehmüthig die Köpfe senkt, daß Ihr trauert -- -- aber daß Ihr um Euch trauert? Geht! geht! In den Kerkern von London bis Berlin sitzen die Republikaner und lachen über Euch.

Wir erhalten so eben durch den "Pr. St.-Anz." den folgenden werthvollen Beitrag für unser Feuilleton:

Ich wünsche Meinem herrlichen Kriegsheere, Linie und Landwehr, Glück zum neuen Jahre Am Schluß des verhängnißvollen Jahres 1848 aber sage Ich dem Heere aus wahrestem Herzensbedürfniß anerkennende Worte für sein unvergleichliches Verhalten während desselben. In dem verflossenen Jahre, wo Preußen der Verführung und dem Hochverrathe ohne Gottes Hülfe erlegen wäre, hat Meine Armee ihren alten Ruhm bewährt und neuen geärndtet. König und Volk blicken mit Stolz auf die Söhne des Vaterlandes. Sie hielten ihre Treue, als Empörung die friedliche Entwickelung der freisinnigen Institutionen störte, denen Ich Mein Volk besonnen entgegenführen wollte. Sie schmückten ihre Fahnen mit neuen Lorbeeren, als Deutschland unsere Waffen in Schleswig bedurfte. Sie bestanden siegreich Mühseligkeiten und Gefahren, als im Großherzogthum Posen die Insurrektion zu bekämpfen war -- ihre Mitwirkung zur Erhaltung der Ordnung in Süd-Deutschland erwarb dem preußischen Namen neue Anerkennung. -- Als endlich im Vaterlande selbst die Gefährdung des Gesetzes das Einschreiten der bewaffneten Macht und das Zusammenziehen der Landwehr erheischte, verließen die wackeren Landwehrmänner freudig Haus und Hof, Weib und Kind, und alle, Linie und Landwehr, rechtfertigten Mein in sie gesetztes Vertrauen und die bewunderungswürdige Organisation, welche der hochselige König Unserem Heere gegeben hat. -- Ueberall hat die Armee ihre Pflicht gethan. Höher noch als diese Thaten schlage ich aber die Haltung an, welche die Armee Monate hindurch bewährt hat, als sie abscheulichen Schmähungen, Verläumdungen und Verführungen ihren vortrefflichen Geist und edle Mannszucht rein und ungetrübt entgegenstellte. Ich kannte Meine Armee, wo Ich rief, stand sie bereit, in voller Treue, in voller Disciplin. Mehr hätten die Truppen in Preußens glorreichster Epoche nicht leisten können. Ich danke den Generalen, Offizieren und Soldaten des stehenden Heeres und der Landwehr in Meinem Namen und im Namen des Vaterlandes.

Potsdam, den 1. Januar 1849.

Friedrich Wilhelm.

(gegengez.) von Strotha.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 187. Köln, Freitag, 5. Januar 1849.

Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.

Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr Dr. Ewerbeck, rue de L'Ulm 33 in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbrittanien: Mr. Thomas, Catherine Street-strand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende.

Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.

Die Redaktion bleibt unverändert.

Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.

Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“

Durch die bedeutend vergrößerte Auflage unserer Zeitung ist es unmöglich geworden, Anzeigen, welche noch für den folgenden Tag in die Zeitung inserirt werden sollen, bis 1 Uhr Mittags anzunehmen; wir ersuchen daher das geehrte Publikum, die Anzeigen bis 12 Uhr Mittags in die unterzeichnete Expedition abzugeben.

Köln, den 3. Januar 1849.

Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Ein theurer Gast. — Ein Bourgeoisaktenstück.) Aus dem Siegkreis. (Officielle Wahlmanöver) Hunsrücken. (Offizielle Zähmungsmittel gegen Wühler.) Münster. (Wundermann. — Strickr.) Cleve. (Auch eine Untersuchung. — Candidaten zur ersten Kammer.) Berlin. (Die Bourgeois. — Der Hof. — Wahlumtriebe. — Stoffmangel. — Gesandtenwechsel.) Wien. (Der Fasching. — Deputation bei Welden und seine Antwort. — Türkische Horden herbeigerufen. — Vergiftungsversuch gegen ein italienisches Regiment. — Verfahren gegen das Proletariat. — Standrechtliche Verurtheilungen. — Aus Süd-Ungarn und Siebenbürgen. — Ohnmacht des Ministeriums. — Ruthenisirung in Galizien. — Offizielle Reform. — Faschingsbülletin. — Welden'sches Bülletin. — Welden'sches Polizeimanöver. — Aus den Donaufürstenthümern. — Das Standrecht in Ungarn. — Die österreichische Post. — Ein mißliebiges Wirthshausschild. — Verhaftungen.) Olmütz. (Ankunft eines römischen Kardinals — Prager Congreß der Slowanska-Lipa-Vereine.) Aus Süd-Deutschland. (Auch ein Republikaner.) Aus dem Reich. (Neuestes.) Schleswig. (Die Landesversammlung vertagt.)

Italien. Palermo. (Die Deputirtenkammer für den Anschluß an die Constituante. — Antonini.) Neapel. (Rüstungen.) Civita-Vecchia. (Ankunft des Tenare.) Modena. (Auflösung der Nationalgarde.) Mantua. (Vorbereitung zum Kriege.) Genua. (Constitutionelle Demonstration. — Die „Presse“ über Lamartine's Verhalten in der italienischen Angelegenheit.) Turin. (Vertagung der Kammern.)

Französische Republik. Paris. (Malleville. — Louis Napoleon und Thiers. — Louis Napoleon und Karl Braunschweig. — Erlösungspläne. — Steuervorschlag des Deputirten Antoine. — Vermischtes. — National-Versammlung).

Belgien. Brüssel. (Complimente. — Französische Sprache und ein Schneidermeister).

Großbritannien. London. (O'Connor über Cobdens Finanzplan. — Ein John O'Connell'sches Manifest — Die elektromagnetische Telegraphie und die Botschaft des Präsidenten Polk). Edinburg. (Ein Anti-Eidableistungsverein).

Deutschland.
* Köln, 4. Januar.

Gestern traf von London ein allgemein geschätzter Reisender hier in Köln ein, um sofort von hier nach Berlin überzusiedeln — nämlich eine Silbersendung im Belange von 180 Centnern. Einige Goldsendungen waren dem theuren Gaste vorangegangen.

Hielt sich der mysteriöse Staatsschatz vielleicht seit dem März in London auf, um constitutionelle Studien zu machen? Kehrt er jetzt in die Heimath zurück „im Interesse der bleibenden Beruhigung des Landes“?

* Köln, 4. Jan.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Verkannte Genie's

Es gibt nichts komischeres auf Erden, als ein verkanntes Genie — — ein Mensch, der sich für einen Apollo hält, und ein ausgezeichneter Dudelsackpfeifer ist; ein Mann, der sich Demosthenes dünkt, und ein höchst talentvoller Stadtschreier bleibt!

Es gab viele verkannte Genie's, von Sokrates bis auf Jacobus Venedey — Sokrates war ein verkanntes Genie im edlen, Venedey ist ein verkanntes Genie im komischen Sinne.

Ein verkanntes Genie ist ein unglücklich-glückliches Geschöpf; unglücklich: eben weil es verkannt ist, und glücklich: weil dies Verkanntsein doch wieder einen gewissen süßen Schmerz verursacht, der mit nichts zu bezahlen ist. Wenn man einem verkannten Genie freistellen könnte, ob es plötzlich anerkannt werden, oder ob es nach wie vor verkannt bleiben wolle, so würde es sich sehr besinnen, ob es den interessant-wollüstigen Schmerz des Verkanntseins mit dem entschiedenen Glück der Anerkennung vertauschen solle. Ein verkanntes Genie beschaut sich in der ganzen Gesellschaft wie in einem Spiegel, und findet sich ungemein interessant. Das ist das Geheimniß aller unglücklich-glücklichen, verkannten Genie's.

In Deutschland haben wir jetzt mehr verkannte Genie's als je zuvor: die aus Berlin zurückgekehrten Deputirten der Nationalversammlung! Mit wenigen edlen Ausnahmen bieten diese Unglücklich-Glücklichen jetzt den rührendsten Anblick. Dieselben Aerzte, Advokaten und Notare, die früher so ungemein praktische und einträgliche Leute waren, sie schwelgen jetzt in der herbstlichen Wehmuth verkannter edler Seelen, und schlagen vor die Brust und rufen mit Pathos: Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer, wie wir sind, zu besitzen!

Wir wollen uns nicht die Mühe geben, jene Herren an alle ihre parlamentarischen Böcke zu erinnern, aber wir können uns nicht den Spaß versagen, über ihre herbstliche Wehmuth eben so leise als höflich zu lachen. Die Leute, die uns nicht begeistern konnten, als sie den Kothurn unter die Füße schnallten, um auf der Weltbühne ihre hölzernen Tänze aufzuführen: sie amusiren uns, wenn sie, wie die trauernden Juden an den Wassern zu Babylon, Abends bei dem sauern Moselwein ihrer vaterländischen Kneipen sitzen, um schmerzlich bewegt auszurufen: Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu besitzen.

Nein, das deutsche Volk h[a]t diese verkannten Genie's nicht verdient! Das deutsche Volk hat Prügel verdient, und es wird auch noch genug Prügel bekommen, aber verkannte Genie's auf dem Halse zu haben — nein, das ist zu viel, c'est trop! — Ihr armen, verkannten Genie's: durch eure Unentschlossenheit habt ihr uns und euch wieder auf den alten Ort gebracht; uns von den Alpen der Freiheit in die Lüneburgerheide der früheren Misere; euch von der Tribüne: hinter den heimischen Ofen.

Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu haben! Aber es war ein wenig viel verlangt, daß sich das deutsche Volk vom März bis in den Dezember für Euch interessiren sollte. Ihr zoget die Begeisterung eurer Wähler etwas sehr in die Länge, und als ihr endlich aus eurer Lethargie erwachtet, ach — da war es zu spät.

O, drum habt Ihr Recht, daß Ihr herbstlich wehmüthig die Köpfe senkt, daß Ihr trauert — — aber daß Ihr um Euch trauert? Geht! geht! In den Kerkern von London bis Berlin sitzen die Republikaner und lachen über Euch.

Wir erhalten so eben durch den „Pr. St.-Anz.“ den folgenden werthvollen Beitrag für unser Feuilleton:

Ich wünsche Meinem herrlichen Kriegsheere, Linie und Landwehr, Glück zum neuen Jahre Am Schluß des verhängnißvollen Jahres 1848 aber sage Ich dem Heere aus wahrestem Herzensbedürfniß anerkennende Worte für sein unvergleichliches Verhalten während desselben. In dem verflossenen Jahre, wo Preußen der Verführung und dem Hochverrathe ohne Gottes Hülfe erlegen wäre, hat Meine Armee ihren alten Ruhm bewährt und neuen geärndtet. König und Volk blicken mit Stolz auf die Söhne des Vaterlandes. Sie hielten ihre Treue, als Empörung die friedliche Entwickelung der freisinnigen Institutionen störte, denen Ich Mein Volk besonnen entgegenführen wollte. Sie schmückten ihre Fahnen mit neuen Lorbeeren, als Deutschland unsere Waffen in Schleswig bedurfte. Sie bestanden siegreich Mühseligkeiten und Gefahren, als im Großherzogthum Posen die Insurrektion zu bekämpfen war — ihre Mitwirkung zur Erhaltung der Ordnung in Süd-Deutschland erwarb dem preußischen Namen neue Anerkennung. — Als endlich im Vaterlande selbst die Gefährdung des Gesetzes das Einschreiten der bewaffneten Macht und das Zusammenziehen der Landwehr erheischte, verließen die wackeren Landwehrmänner freudig Haus und Hof, Weib und Kind, und alle, Linie und Landwehr, rechtfertigten Mein in sie gesetztes Vertrauen und die bewunderungswürdige Organisation, welche der hochselige König Unserem Heere gegeben hat. — Ueberall hat die Armee ihre Pflicht gethan. Höher noch als diese Thaten schlage ich aber die Haltung an, welche die Armee Monate hindurch bewährt hat, als sie abscheulichen Schmähungen, Verläumdungen und Verführungen ihren vortrefflichen Geist und edle Mannszucht rein und ungetrübt entgegenstellte. Ich kannte Meine Armee, wo Ich rief, stand sie bereit, in voller Treue, in voller Disciplin. Mehr hätten die Truppen in Preußens glorreichster Epoche nicht leisten können. Ich danke den Generalen, Offizieren und Soldaten des stehenden Heeres und der Landwehr in Meinem Namen und im Namen des Vaterlandes.

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Friedrich Wilhelm.

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          <p>Ein verkanntes Genie ist ein unglücklich-glückliches Geschöpf; unglücklich: eben weil es verkannt ist, und glücklich: weil dies Verkanntsein doch wieder einen gewissen süßen Schmerz verursacht, der mit nichts zu bezahlen ist. Wenn man einem verkannten Genie freistellen könnte, ob es plötzlich anerkannt werden, oder ob es nach wie vor verkannt bleiben wolle, so würde es sich sehr besinnen, ob es den interessant-wollüstigen Schmerz des Verkanntseins mit dem entschiedenen Glück der Anerkennung vertauschen solle. Ein verkanntes Genie beschaut sich in der ganzen Gesellschaft wie in einem Spiegel, und findet sich ungemein interessant. Das ist das Geheimniß aller unglücklich-glücklichen, verkannten Genie's.</p>
          <p>In Deutschland haben wir jetzt mehr verkannte Genie's als je zuvor: die aus Berlin zurückgekehrten Deputirten der Nationalversammlung! Mit wenigen edlen Ausnahmen bieten diese Unglücklich-Glücklichen jetzt den rührendsten Anblick. Dieselben Aerzte, Advokaten und Notare, die früher so ungemein praktische und einträgliche Leute waren, sie schwelgen jetzt in der herbstlichen Wehmuth verkannter edler Seelen, und schlagen vor die Brust und rufen mit Pathos: <hi rendition="#g">Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer, wie wir sind, zu besitzen!</hi> </p>
          <p>Wir wollen uns nicht die Mühe geben, jene Herren an alle ihre parlamentarischen Böcke zu erinnern, aber wir können uns nicht den Spaß versagen, über ihre herbstliche Wehmuth eben so leise als höflich zu lachen. Die Leute, die uns nicht begeistern konnten, als sie den Kothurn unter die Füße schnallten, um auf der Weltbühne ihre hölzernen Tänze aufzuführen: sie amusiren uns, wenn sie, wie die trauernden Juden an den Wassern zu Babylon, Abends bei dem sauern Moselwein ihrer vaterländischen Kneipen sitzen, um schmerzlich bewegt auszurufen: <hi rendition="#g">Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu besitzen</hi>.</p>
          <p>Nein, das deutsche Volk h[a]t diese verkannten Genie's nicht verdient! Das deutsche Volk hat Prügel verdient, und es wird auch noch genug Prügel bekommen, aber verkannte Genie's auf dem Halse zu haben &#x2014; nein, das ist zu viel, c'est trop! &#x2014; Ihr armen, verkannten Genie's: durch eure Unentschlossenheit habt ihr uns und euch wieder auf den alten Ort gebracht; uns von den Alpen der Freiheit in die Lüneburgerheide der früheren Misere; euch von der Tribüne: hinter den heimischen Ofen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu haben!</hi> Aber es war ein wenig viel verlangt, daß sich das deutsche Volk vom März bis in den Dezember für Euch interessiren sollte. Ihr zoget die Begeisterung eurer Wähler etwas sehr in die Länge, und als ihr endlich aus eurer Lethargie erwachtet, ach &#x2014; da war es zu spät.</p>
          <p>O, drum habt Ihr Recht, daß Ihr herbstlich wehmüthig die Köpfe senkt, daß Ihr trauert &#x2014; &#x2014; aber daß Ihr um <hi rendition="#g">Euch</hi> trauert? Geht! geht! In den Kerkern von London bis Berlin sitzen die Republikaner und lachen über Euch.</p>
          <p>Wir erhalten so eben durch den &#x201E;Pr. St.-Anz.&#x201C; den folgenden werthvollen Beitrag für unser Feuilleton:</p>
          <p>Ich wünsche Meinem herrlichen Kriegsheere, Linie und Landwehr, Glück zum neuen Jahre Am Schluß des verhängnißvollen Jahres 1848 aber sage Ich dem Heere aus wahrestem Herzensbedürfniß anerkennende Worte für sein unvergleichliches Verhalten während desselben. In dem verflossenen Jahre, wo Preußen der Verführung und dem Hochverrathe ohne Gottes Hülfe erlegen wäre, hat Meine Armee ihren alten Ruhm bewährt und neuen geärndtet. König und Volk blicken mit Stolz auf die Söhne des Vaterlandes. Sie hielten ihre Treue, als Empörung die friedliche Entwickelung der freisinnigen Institutionen störte, denen Ich Mein Volk besonnen entgegenführen wollte. Sie schmückten ihre Fahnen mit neuen Lorbeeren, als Deutschland unsere Waffen in Schleswig bedurfte. Sie bestanden siegreich Mühseligkeiten und Gefahren, als im Großherzogthum Posen die Insurrektion zu bekämpfen war &#x2014; ihre Mitwirkung zur Erhaltung der Ordnung in Süd-Deutschland erwarb dem preußischen Namen neue Anerkennung. &#x2014; Als endlich im Vaterlande selbst die Gefährdung des Gesetzes das Einschreiten der bewaffneten Macht und das Zusammenziehen der Landwehr erheischte, verließen die wackeren Landwehrmänner freudig Haus und Hof, Weib und Kind, und alle, Linie und Landwehr, rechtfertigten Mein in sie gesetztes Vertrauen und die bewunderungswürdige Organisation, welche der hochselige König Unserem Heere gegeben hat. &#x2014; Ueberall hat die Armee ihre Pflicht gethan. Höher noch als diese Thaten schlage ich aber die Haltung an, welche die Armee Monate hindurch bewährt hat, als sie abscheulichen Schmähungen, Verläumdungen und Verführungen ihren vortrefflichen Geist und edle Mannszucht rein und ungetrübt entgegenstellte. Ich kannte Meine Armee, wo Ich rief, stand sie bereit, in voller Treue, in voller Disciplin. Mehr hätten die Truppen in Preußens glorreichster Epoche nicht leisten können. Ich danke den Generalen, Offizieren und Soldaten des stehenden Heeres und der Landwehr in Meinem Namen und im Namen des Vaterlandes.</p>
          <p>Potsdam, den 1. Januar 1849.</p>
          <p><hi rendition="#g">Friedrich Wilhelm</hi>.</p>
          <p>(gegengez.) <hi rendition="#g">von Strotha</hi>.</p>
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[1007/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 187. Köln, Freitag, 5. Januar 1849. Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands. Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr Dr. Ewerbeck, rue de L'Ulm 33 in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbrittanien: Mr. Thomas, Catherine Street-strand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende. Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu. Die Redaktion bleibt unverändert. Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie. Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“ Durch die bedeutend vergrößerte Auflage unserer Zeitung ist es unmöglich geworden, Anzeigen, welche noch für den folgenden Tag in die Zeitung inserirt werden sollen, bis 1 Uhr Mittags anzunehmen; wir ersuchen daher das geehrte Publikum, die Anzeigen bis 12 Uhr Mittags in die unterzeichnete Expedition abzugeben. Köln, den 3. Januar 1849. Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“ Uebersicht. Deutschland. Köln. (Ein theurer Gast. — Ein Bourgeoisaktenstück.) Aus dem Siegkreis. (Officielle Wahlmanöver) Hunsrücken. (Offizielle Zähmungsmittel gegen Wühler.) Münster. (Wundermann. — Strickr.) Cleve. (Auch eine Untersuchung. — Candidaten zur ersten Kammer.) Berlin. (Die Bourgeois. — Der Hof. — Wahlumtriebe. — Stoffmangel. — Gesandtenwechsel.) Wien. (Der Fasching. — Deputation bei Welden und seine Antwort. — Türkische Horden herbeigerufen. — Vergiftungsversuch gegen ein italienisches Regiment. — Verfahren gegen das Proletariat. — Standrechtliche Verurtheilungen. — Aus Süd-Ungarn und Siebenbürgen. — Ohnmacht des Ministeriums. — Ruthenisirung in Galizien. — Offizielle Reform. — Faschingsbülletin. — Welden'sches Bülletin. — Welden'sches Polizeimanöver. — Aus den Donaufürstenthümern. — Das Standrecht in Ungarn. — Die österreichische Post. — Ein mißliebiges Wirthshausschild. — Verhaftungen.) Olmütz. (Ankunft eines römischen Kardinals — Prager Congreß der Slowanska-Lipa-Vereine.) Aus Süd-Deutschland. (Auch ein Republikaner.) Aus dem Reich. (Neuestes.) Schleswig. (Die Landesversammlung vertagt.) Italien. Palermo. (Die Deputirtenkammer für den Anschluß an die Constituante. — Antonini.) Neapel. (Rüstungen.) Civita-Vecchia. (Ankunft des Tenare.) Modena. (Auflösung der Nationalgarde.) Mantua. (Vorbereitung zum Kriege.) Genua. (Constitutionelle Demonstration. — Die „Presse“ über Lamartine's Verhalten in der italienischen Angelegenheit.) Turin. (Vertagung der Kammern.) Französische Republik. Paris. (Malleville. — Louis Napoleon und Thiers. — Louis Napoleon und Karl Braunschweig. — Erlösungspläne. — Steuervorschlag des Deputirten Antoine. — Vermischtes. — National-Versammlung). Belgien. Brüssel. (Complimente. — Französische Sprache und ein Schneidermeister). Großbritannien. London. (O'Connor über Cobdens Finanzplan. — Ein John O'Connell'sches Manifest — Die elektromagnetische Telegraphie und die Botschaft des Präsidenten Polk). Edinburg. (Ein Anti-Eidableistungsverein). Deutschland. * Köln, 4. Januar. Gestern traf von London ein allgemein geschätzter Reisender hier in Köln ein, um sofort von hier nach Berlin überzusiedeln — nämlich eine Silbersendung im Belange von 180 Centnern. Einige Goldsendungen waren dem theuren Gaste vorangegangen. Hielt sich der mysteriöse Staatsschatz vielleicht seit dem März in London auf, um constitutionelle Studien zu machen? Kehrt er jetzt in die Heimath zurück „im Interesse der bleibenden Beruhigung des Landes“? * Köln, 4. Jan. _ Verkannte Genie's Es gibt nichts komischeres auf Erden, als ein verkanntes Genie — — ein Mensch, der sich für einen Apollo hält, und ein ausgezeichneter Dudelsackpfeifer ist; ein Mann, der sich Demosthenes dünkt, und ein höchst talentvoller Stadtschreier bleibt! Es gab viele verkannte Genie's, von Sokrates bis auf Jacobus Venedey — Sokrates war ein verkanntes Genie im edlen, Venedey ist ein verkanntes Genie im komischen Sinne. Ein verkanntes Genie ist ein unglücklich-glückliches Geschöpf; unglücklich: eben weil es verkannt ist, und glücklich: weil dies Verkanntsein doch wieder einen gewissen süßen Schmerz verursacht, der mit nichts zu bezahlen ist. Wenn man einem verkannten Genie freistellen könnte, ob es plötzlich anerkannt werden, oder ob es nach wie vor verkannt bleiben wolle, so würde es sich sehr besinnen, ob es den interessant-wollüstigen Schmerz des Verkanntseins mit dem entschiedenen Glück der Anerkennung vertauschen solle. Ein verkanntes Genie beschaut sich in der ganzen Gesellschaft wie in einem Spiegel, und findet sich ungemein interessant. Das ist das Geheimniß aller unglücklich-glücklichen, verkannten Genie's. In Deutschland haben wir jetzt mehr verkannte Genie's als je zuvor: die aus Berlin zurückgekehrten Deputirten der Nationalversammlung! Mit wenigen edlen Ausnahmen bieten diese Unglücklich-Glücklichen jetzt den rührendsten Anblick. Dieselben Aerzte, Advokaten und Notare, die früher so ungemein praktische und einträgliche Leute waren, sie schwelgen jetzt in der herbstlichen Wehmuth verkannter edler Seelen, und schlagen vor die Brust und rufen mit Pathos: Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer, wie wir sind, zu besitzen! Wir wollen uns nicht die Mühe geben, jene Herren an alle ihre parlamentarischen Böcke zu erinnern, aber wir können uns nicht den Spaß versagen, über ihre herbstliche Wehmuth eben so leise als höflich zu lachen. Die Leute, die uns nicht begeistern konnten, als sie den Kothurn unter die Füße schnallten, um auf der Weltbühne ihre hölzernen Tänze aufzuführen: sie amusiren uns, wenn sie, wie die trauernden Juden an den Wassern zu Babylon, Abends bei dem sauern Moselwein ihrer vaterländischen Kneipen sitzen, um schmerzlich bewegt auszurufen: Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu besitzen. Nein, das deutsche Volk h[a]t diese verkannten Genie's nicht verdient! Das deutsche Volk hat Prügel verdient, und es wird auch noch genug Prügel bekommen, aber verkannte Genie's auf dem Halse zu haben — nein, das ist zu viel, c'est trop! — Ihr armen, verkannten Genie's: durch eure Unentschlossenheit habt ihr uns und euch wieder auf den alten Ort gebracht; uns von den Alpen der Freiheit in die Lüneburgerheide der früheren Misere; euch von der Tribüne: hinter den heimischen Ofen. Nein, das deutsche Volk ist nicht werth, solche Männer zu haben! Aber es war ein wenig viel verlangt, daß sich das deutsche Volk vom März bis in den Dezember für Euch interessiren sollte. Ihr zoget die Begeisterung eurer Wähler etwas sehr in die Länge, und als ihr endlich aus eurer Lethargie erwachtet, ach — da war es zu spät. O, drum habt Ihr Recht, daß Ihr herbstlich wehmüthig die Köpfe senkt, daß Ihr trauert — — aber daß Ihr um Euch trauert? Geht! geht! In den Kerkern von London bis Berlin sitzen die Republikaner und lachen über Euch. Wir erhalten so eben durch den „Pr. St.-Anz.“ den folgenden werthvollen Beitrag für unser Feuilleton: Ich wünsche Meinem herrlichen Kriegsheere, Linie und Landwehr, Glück zum neuen Jahre Am Schluß des verhängnißvollen Jahres 1848 aber sage Ich dem Heere aus wahrestem Herzensbedürfniß anerkennende Worte für sein unvergleichliches Verhalten während desselben. In dem verflossenen Jahre, wo Preußen der Verführung und dem Hochverrathe ohne Gottes Hülfe erlegen wäre, hat Meine Armee ihren alten Ruhm bewährt und neuen geärndtet. König und Volk blicken mit Stolz auf die Söhne des Vaterlandes. Sie hielten ihre Treue, als Empörung die friedliche Entwickelung der freisinnigen Institutionen störte, denen Ich Mein Volk besonnen entgegenführen wollte. Sie schmückten ihre Fahnen mit neuen Lorbeeren, als Deutschland unsere Waffen in Schleswig bedurfte. Sie bestanden siegreich Mühseligkeiten und Gefahren, als im Großherzogthum Posen die Insurrektion zu bekämpfen war — ihre Mitwirkung zur Erhaltung der Ordnung in Süd-Deutschland erwarb dem preußischen Namen neue Anerkennung. — Als endlich im Vaterlande selbst die Gefährdung des Gesetzes das Einschreiten der bewaffneten Macht und das Zusammenziehen der Landwehr erheischte, verließen die wackeren Landwehrmänner freudig Haus und Hof, Weib und Kind, und alle, Linie und Landwehr, rechtfertigten Mein in sie gesetztes Vertrauen und die bewunderungswürdige Organisation, welche der hochselige König Unserem Heere gegeben hat. — Ueberall hat die Armee ihre Pflicht gethan. Höher noch als diese Thaten schlage ich aber die Haltung an, welche die Armee Monate hindurch bewährt hat, als sie abscheulichen Schmähungen, Verläumdungen und Verführungen ihren vortrefflichen Geist und edle Mannszucht rein und ungetrübt entgegenstellte. Ich kannte Meine Armee, wo Ich rief, stand sie bereit, in voller Treue, in voller Disciplin. Mehr hätten die Truppen in Preußens glorreichster Epoche nicht leisten können. Ich danke den Generalen, Offizieren und Soldaten des stehenden Heeres und der Landwehr in Meinem Namen und im Namen des Vaterlandes. Potsdam, den 1. Januar 1849. Friedrich Wilhelm. (gegengez.) von Strotha.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 187. Köln, 5. Januar 1849, S. 1007. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz187_1849/1>, abgerufen am 28.03.2024.