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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 192. Köln, 11. Januar 1849. Beilage.

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Beilage zu Nr. 192 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Donnerstag 11. Januar 1849.
[Deutschland]

[Fortsetzung] Artikel 9. §. 41. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Es sollen keine Patrimonialgerichte bestehen.

§. 42. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. Cabinets- und Ministerialjustiz ist unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sollen nie stattfinden.

§. 43. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben.

Die Militärgerichtsbarkeit ist auf die Aburtheilung militärischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militärdisciplinarvergehen beschränkt, vorbehaltlich der Bestimmungen für den Kriegsstand.

§. 44. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden.

Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen.

Kein Richter darf wider seinen Willen, außer durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden.

§. 45. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein.

Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt im Interesse der Sittlichkeit das Gesetz.

§. 46. In Strafsachen gilt der Anklageprozeß.

Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen

§. 47. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden.

§. 48. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig sein

Ueber Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof.

§. 49. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte.

Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu.

§. 50. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar.

Ein Reichsgesetz wird das Nähere bestimmen.

(Das hierauf folgende Einführungsgesetz gaben wir in Nr. 177 der "N. Rh. Z.")

Italien.
68 Bologna, 30. Dezbr.

Der Stadtrath hat sich dem Protest des Pabstes angeschlossen. Eine Masse Reaktionärs hat sich aus Rom hieher geflüchtet und ihrer Einwirkung ist obiger Akt mit beizumessen. In Folge jenes Beschlusses herrschte eine große Aufregung und es war ein ernster Konflikt binnen den nächsten 24 Stunden vorauszusehen.

Aus Parma wird gemeldet, daß Piemont 30,000 Schweizer für den bevorstehenden Feldzug in Sold nehmen will. In Rom ist Fürst Corsini aus der obersten Junta ausgeschieden.

Mailand, 3. Jan.

In Berufung auf das Ministerialprogramm vom 27. November, welches die Erhaltung der Integrität der Monarchie und Gewährung freier Munizipal- und Provinzial-Institutionen ausspricht, hat das kaiserliche Ministerium, um den lombardisch-venetianischen Provinzen ihre Nationalität zu garantiren und sie mit dem obersten Grundsatze der Integrität der Monarchie in Einklang zu bringen, beschlossen, eine Versammlung von Abgeordneten aller dieser Provinzen nach Wien zu berufen. Der kaiserl. bevollmächtigte Kommissär Montecucculi macht diesen Entschluß bekannt.

Spanien.
68 Madrid, 31. Debr.

Die Adresse, als Antwort auf die Rede der Königin, wurde am 30. dieses dem Senate vorgelegt. Zwei Oppositions-Journale, Examen und Patria, werden am morgenden Tage erscheinen, das Letztere unter Leitung Pacheco's.

Die neulich berichtete Niederlage Cabrera's bestätigt sich nicht. Die militairischen Bewegungen im Innern des Landes wurden ohne Unterbrechung fortgesetzt.

Portugal.
68 Lissabon, 30. Debr.

Trotz dem, daß man allgemein gegen das Ende dieses Monats irgend ein Erheben der revolutionären Partei erwartete, ist es doch bisher ruhig geblieben. Die Eröffnung der Cortes wurde für den 2. Januar festgesetzt, da aber manche Deputirten in Oporto zurückgehalten werden, so dürfte sich der Beginn der Verhandlungen wohl noch einige Tage hinausziehen. Die Thronrede, welche am 2. Januar die Kammern eröffnen wird, und die heute schon bekannt wurde, enthält nicht viel Neues. Sie bringt aber die aufrichtigsten Beileidsbezeugungen für den Pabst, und wahrhaft bedauert man, daß Se. Heiligkeit der Einladung, Portugal mit seinem Besuche zu beehren, einstweilen nicht Folge leisten wird.

Großbritannien.
68 London, 8. Januar.

Die Times zeigt heute an, daß Ritter Bunsen, auf eine Aufforderung des Königs von Preußen hin, am Samstag nach Berlin abgereist ist, um einestheils an einer Konferenz in Betreff der schleswig-holstein'schen Frage Theil zu nehmen, und außerdem die schließlichen Instruktionen in Empfang zu nehmen, die wegen einer Aussöhnung des Königs von Dänemark mit den Herzogthümern nächstens in London vor sich gehen werden.

Die heute eingetroffene westindische Post bringt keine Nachrichten von Bedeutung. In Jamaica lag der Handel fortwährend sehr darnieder.

Französische Republik.
17 Paris, 8. Jan.

Das in London vor dem Februar auf einem Kongresse von Kommunisten verschiedener Nationalitäten einstimmig votirte und verfaßte "Manifest der kommunistschen Partei", -- auch vom letzten Demokratenkongresse zu Berlin in seinen wesentlichen Punkten angenommen -- erscheint zu Paris alsbald in französischer Uebersetzung des Bürgers Paya. Charles Paya, ehedem Redakteur der "Emancipation" zu Toulouse, ein Freund des auch Deutschland's Demokraten rühmlich bekannten Kluborganisators S. Bernard (aus Carcassonne) hat sich die eifrigste Betreibung der Vereinigung der deutschen und französischen Demokratie auf dem Wege der Presse vorgesetzt, und mit gewohnter Thatkraft und Umsicht auf diesem Wege bereits bedeutendes, namentlich in der Departementspresse, zu leisten vermocht. Von diesem wissenschaftlichen Manne ist jedenfalls viel zu erwarten; er hat die Ueberzeugung, daß das Heil Europa's nur von dem innigsten Verbande der Demokraten beider Lander abhängt, und beschäftigt sich aber auch mit deutscher Literatur. -- Wie tollheulend, bis zur Hundswuth, die Pariser Jelachichblätter auftreten, beweise wieder ein Mal folgendes Pröbchen aus dem heutigen "Corsaire", diesem Seeräuber in Glaceehandschuhen, der possirlich genug über die angeblichen Plünderungspläne der Juniräuber zetert. Man bemerke dazu, daß dies Gedankensystem und die Phrase dieses keuschen Ordnungsblättchens ihres Gleichen in der gesammten französischen Presse von heute noch nicht gefunden; "Assemblee nationale" (mit Granier Eassagnac, dem Vertheidiger der Negersklaverei, und Capo Feuillide, dem bekannten Stubenkater Louis Philipp's, dessen Historie seine feile Feder schrieb) und das gleichfalls windischgrätzische "Le Pays" erreichen nur dann und wann die Tonart des "Corsaire". Sie ist, was die Franzosen style de macquereau et fille publique nennen; ein "Extrakt aller mephystischen Düfte des Privilegiums und der Infamie, gewürzt mit dem Moschus der aberwitzigsten Possenreißerei", wie La Reforme neulich es treffend bezeichnete. "Die wahrste Wahrheit über die Februarrevolution und deren Folgen", lautet jenes Artikelchen:

"Das Proudhon'sche Peuple, allzeit bärbeißig, quält sich ab, den Sozialrepublikanern zu beweisen, sie hätten nur deshalb nicht durchgedrungen, weil ihnen die Kühnheit mangelte. Proudhon schreit zum tausend und ersten Male wie Danton: Kühnheit, Kühnheit und wieder Kühnheit. Im Februar sei das Volk ohne Kühnheit gewesen, indem es die unsaubere Standarte der Bourgeoisie annahm. Ohne Kühnheit sei Louis Blanc, sei Ledru-Rollin gewesen. Für's nächste Mal verspricht Le Peuple, mehr Kühnheit zu zeigen, und die rothe Fahne aufzuziehen. All dies Proudhon'sche Gewäsche ist mehr lächerlich und dumm, als blutdürstig. Hoho, ihr wollt Robespierre und Danton spielen, d. h. die Guillotinen arbeiten lassen in Ermangelung sonstiger Arbeit? Schön, sagen wir; nur darauf los, Sozialdemokraten. Danton war kühn, schuf das Guillotinentribunal, und ward guillotinirt; vorher rief er reuig: Ich bitte Gott und Menschen um Verzeihung! Robespierre war dito ein kühner Knabe, und ward zu seiner größten Schande von einem Tallien besiegt, und verblich Todes wie ein Schnapphahn." (Der Leser bemerke, während dieses in der Straße Grange Bateliere geschrieben wird, ertönen im Klub Arbalete im Proletarierfaubourg Saint Marcelle allabendlich Lobreden auf Robespierre, und man zieht den Hut, so oft dieser Name ausgesprochen wird; dieser Kontrast gibt wieder ein kleines Bild von der Arbeit des Vulkans in Paris.

Nur die Generalstaaten und die legislative Versammlung thaten Frankreich wohl; der Konvent schenkte ihm nur das politische Schaffot und Assignaten, denn die Vertheidigung des Landes geschah durch den Enthusiasmus des ganzen Landes und durch den Nationalkonvent. (Die Neue Preußische Galgenzeitung wird hoffentlich den Redaktoren des Seeräubers kreuzritterliche Orden dekretiren). Holla, Meister Proudhon und Konsorten, probirt mal kühn zu sein; wohl bekomm's. Hätten im März die Herren Albert, Ledru-Rollin und Louis Blanc dantonisirt, sie hätten vielleicht wohl einige Franzosenköpfe abgehauen, aber heute läge auch der ihrige vor ihren Füßen ... Nun, wollt ihr Blanquisten, Cantagrelisten, Proudhonisten wissen, weshalb ihr euch blamirt? Kühnheit fehlte euch nicht, ihr habt außer ihr rein nichts im Gehirn; aber euch fehlte das Volk. Es ließ den Blanqui im Stich sammt der rothen Fahne. Am 17. März brülltet ihr vive Ledru-Rollin, das hieß: schmeißt aus den Fenstern des Stadthauses die reaktionären Mitglieder des Provisoriums, Lamartine, Marrast u. s. w. Das Volk stimmte aber nicht mit ein, es besaß noch genug gesunden Verstand um euren krankhaften Wahn zu erkennen.

"Am 16. April wolltet ihr brüllen: vive Louis Blanc! fort mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen! Damals war Freundchen Ledru schon auf Nr. 2 zurückgeschoben, Blanqui hatte ein Haar in ihm entdeckt, das ihm nicht gefiel. Aber das Volk durchstrich wieder eure Rechnung und rief: nieder mit Cabet! Am 15. Mai wart ihr wieder nicht blöde, liebe Jungen, und ich weiß kaum, was ihr mehr thun gekonnt. Das Volk, worauf ihr gezählt, hörte euch ein Weilchen an und lief lachend nach Hause, als käme es aus einer Vorstellung des Theaters der Folies dramatiques... O arme Bürschchen, ihr wollt wieder ein 93? Damals gab's Emigrirte, Adlige und Reiche die wegliefen. Und jetzt der langen Rede kurzer Sinn: ihr waret kühn, aber da das Arbeitervolk euch den Rücken drehte, kriegtet ihr Furcht."

So schäkert der Corsaire. Und die gedungenen Aufhetzer in Blousen durchlaufen seit drei Tagen die Ateliers und regen das Volk auf, sich an der Madelenenkirche zu versammeln und in Masse vom Bonaparte Amnestie zu fordern. Und die Legitimisten klatschen in die Hände über General Wrangel's Ankunft am Rheine, und sprechen laut von dem neuen heiligen Bunde Oesterreichs, Rußlands und Preußens, und einrolliren die große Glaubensarmee im Süden bis Lyon und Orleans unter dem Titel "Verein für Religion, Ordnung und Besitz" und stiften Waffendepots; sie backen den stupiden Henri V. von Frohsdorf in Marzipan und Bretzel mit der Unterschrift: "Frankreichs Wunderkind" und gießen Bonbons in Gestalt eben dieses Henri, und lassen sein riesiges Konterfey an's Ladenfenster hängen. Z. B. Straße St. Honore gegenüber der englischen Gesandtschaft, wo indeß das Volk ärgerlich den Kaufmann zum Wegnehmen desselben zwang. Darüber kreischte der legitimistische Korsaire, und doch hatte er im September dem Polizeipräfekten die niedliche Karrikatur, wo der kleine Thiers mit Handkanonen und Flinten und Säbeln grimmig auf einen großen, unbewaffneten lächelnden Kommunisten losstrampelt und die famose Fahne mit den bäurischen Worten: more au communisses, schwenkt -- als "öffentlichen Unrath" zum Wegreißen denunzirt.

So eben läuft das Gerücht, das Jesuitenministerium trete zwar ab, doch trete der bekannte greise trockne Schleicher, Graf Mole, Metternich's persönlicher Freund, ein. Möglich, daß man auf alle Weise einen Straßenkonflikt provociren will. "L'Evenement," bonapartistisches Blatt unter Victor Hugo und Dumas, verlangt bereits zwei Kammern mit einem unverantwortlichen Präsidenten der Republik. Hurrah, die Todten reiten schnell ... Diesen bodenlosen und zugleich grotesken Infamien gegenüber thuen Erscheinungen wohl, wie z. B. das wackere Auftreten Eugen Sue's, des Verfassers der "Mysterien von Paris," er hat ein vielgelesenes republikanisches Volks- speziell Bauernbüchlein "der Schäfer von Krayan" geschrieben. Die socialdemokratischen Ueberzeugungen machen bei den sogenannten "Frauen höherer Stände" endlich jetzt auch den Fortschritt der bei denen des Volkes schon längst ihnen zu Theil ward; und Proudhon's Unstern will daß gerade er -- "gleich Orpheus den Manaden" -- in die unerbittliche Feder von Demoiselle Henriette G. einer ausgezeichneten Klavierlehrerin (sie gewann neulich den Preis) fällt; der "düstere Philosoph des Elends" hatte bekanntlich seine vielleicht etwas schroffen Ansichten über die Stellung des Weibes in der künftigen Gesellschaft, in ziemlich unsanfter Redeweise schriftlich wie mündlich an den Tag gelegt, und sofort schleudert eine "kühne Philosophin des Herzens" eine Bannbulle worin sie ruft: "Einst wird auch ein Weib auftreten, dialektisch im Gefühle reformirend wie Sie, ernster kalter Magister, im Verstande. Sie sprachen: la propriete c'est le vol: Privatbesitz ist Diebstahl."

"Wohlan denn, ich rufe den jenem parallelen Satz: la propriete c'est le viol en fait d'amour, in der Liebe ist Privatbesitz gleich Nothzucht." Man denke sich den Jubel aller Reaktionsblätter über Proudhon's "Sittenstrenge", und heiligen Zorn über den "Babylonismus der Socialdemokratinnen." -- Mickiewiez, Rybinski und andere altaristokratische oder neumystische polnische Emigranten haben Bonaparte feierlich besucht; in einer schönen Rede forderte ihn der große Dichter und Anhänger Towianski's auf, für Polen das Schwert zu ziehen; der Prinz wußte aber wieder nicht recht etwas zu antworten, und noch weniger weiß er etwas zu thun.

68 Paris, 8. Januar.

Der Skandal der 16 Cartons ist noch nicht zu Ende. Zur Zeit, als Thiers Minister und Malleville Generalsekretär, war Doussy Chef des Polizei-Bureaus an demselben Ministerium. Die Revolution hatte Doussy beseitigt; er lebte zurückgezogen in Bayonne, als kürzlich eine telegr. Depesche ihn nach Paris berief, um unter dem Minister Malleville dieselbe Stelle wie früher wieder einzunehmen -- d. h. in dem Bureau, wo die 16 Cartons stehen. Doussy ist der Cerberus der Cartons. Auch dieser Gegenstand wird zur Sprache kommen in der Kammer.

Paris, 8. Jan.

Wir finden über die Lage Venedigs folgende Beschreibung von der Prinzessin Belgiogoso.

Jede belagerte Stadt hat vieles zu erdulden; aber es giebt Leiden, die Venedig allein nur kennt. Zu dem Ende braucht man nur zu wissen, was das Blokus einer Stadt bedeutet, die auf den Fluthen des Meeres gebaut, deren Straßen Canäle, deren Gärten Teiche sind, und die alles von Außen erhält, von der geringsten Pflanze bis zum trinkbaren Wasser. Um diesen Zustand zu ertragen, muß man jene Ruhe und Ausdauer besitzen, die zu allen Zeiten die Venetianer ausgezeichnet haben. Aber keine Klage vernimmt man, und man sieht die ärmsten Leute munter diskuriren auf der Straße, den Stufen der Kirche u. s. w. die Reichen stehen mehr aus, als wir; oder vielmehr, es gibt keine Reichen mehr. Es gibt keine Venetianerin mehr, die ein Armband, eine goldene Kette oder einen Cachemire besitzt.

-- Die Minister Louis Philipp's, Guizot, Trezel, Jayr, Cunin-Gridaine, haben ihre Karten abgegeben am Hotel Louis Napoleon's.

-- National-Versammlung. Sitzung vom 8. Januar.

Baune, interpellirt das Ministerium über die äußern Angelegenheiten. Es sei Zeit, zu wissen, wie man es mit der auswärtigen Politik halten wolle. Was bedeutet die Phrase im neuen Programm: man wolle nur mit der größten Behutsamkeit das Wort des Landes abgeben, aber es treu halten? Wolle man Angesichts dessen, was in Genua, Turin, Toskana und Rom vorgeht, noch die Illusion der Mediation verlängern, die nur ein Vorwand zum statu quo ist?

Wenn Oestreich interveniren wolle in dem Kirchenstaat, wird sich die Regierung widersetzen oder wird sie sich mit Oestreich und dem König von Neapel vereinigen, um den Papst wieder einzusetzen?

In Bezug auf Spanien sage ich nur ein Wort: ich will nicht, daß unsere Soldaten umgewandelt werden in Vertheidiger der heiligen Hermandad! -- Die Befreiung Italiens, die Verbindung mit Deutsch[l]and, die Rekonstitution Polens -- das müssen die Consequenzen der Februar-Revolution sein.

Drouyn de Lhuis, Minister des Aeußern: Friedliche Lösung werde auf diplomatischem Wege gesucht: aber Schweigen, das höchste Schweigen müßte von der Regierung beobachtet werden. (Lachen von allen Seiten.) Die Mediation sei in vollem Zuge. -- Man dürfe nicht gleich ein Ultimatum geben.

Lamartine spricht von der Politik der provisorischen Regierung, die immer loyal und offen gewesen.

Ledru-Rollin protestirt gegen die Anspielung des Ministers. Wenn er gleich Lamartine beistimme, der der Revolution auf friedlichem Wege zum Siege verhelfen wollte, so ging man doch von dem Grundsatze aus, die Traktate von 1815 faktisch und rechtlich über den Haufen zu werfen. -- Die jetzige Politik sei scheußlich. -- Oestreich und Neapel verbinden sich, um die zeitliche Gewalt des Papstes zu restauriren, und Ihr tretet auf Seite Oestreich's und Neapel's!! (Bewegung.) Die römische Revolution ist so wenig anarchisch, wie die Februar-Revolution. Alle Revolutionen sind Schwestern, und Ihr wollt das nicht sehn. (Bravo!!)

Danjoye: Die Februar-Revolution hat nicht mit einem Meuchelmorde begonnen. (Anspielung auf Rossi)

Ledru-Rollin: O, wenn ich darauf antworten wollte! Aber ich halte mich an der Frage. Sagt nicht, wir unterhandeln; sondern wir handeln. Der Congreß zu Brüssel kann nur zur Schande Frankreichs ausfallen. Man will Frankreich bereden, dem beizutreten was man beschließen will gegen die heiligen Völkerrechte. Ja, eine neue Coalition bereitet sich vor. Ich rufe als Zeugniß an den authentischen Toast eines preußischen Generals: "Auf unsere nächste Vereinigung am Rhein." Und in Gegenwart dieser gefährlichen Symptome antwortet Ihr: Wir unterhandeln! sagt doch: wir handeln! sonst seid Ihr Verrather. (Bravo!)

Die Sitzung wird unter allgemeiner Bewegung suspendirt bis auf 4 1/2 Uhr.

Rochejacquelin frägt: ob die Intervention des Kaisers von Rußland unter der jetzigen Regierung stattgefunden habe? Wenn er übrigens der Februar-Revolution anhänge (Lachen), so müsse man sie unterscheiden von der römischen, die mit einem Meuchelmorde begonnen. Schließlich fordert er den Minister auf, auf die Interpellationen Ledru-Rollin's zu antworten.

Der Minister Drouge de Lhuis: läugnet die Verbindung Frankreich's mit Oesterreich und Neapel gegen den Kirchenstaat. Wenn der Kaiser von Rußland 200,000 Mann an den Rhein zu senden habe, so habe Frankreich deren 500,000, an die Gränze zu schicken.

Ledru-Rollin bleibt in seiner Behauptung. Allgemein sei man erstaunt über die Konzentration deutscher Truppen an der Gränze. -- Dem Larochejaquelin müsse er bemerken, daß er ihn nie für einen Aristokraten gehalten, da er ja die Gesandschaft in Constantinopel von der provisorischen Regierung der Republik verlangte (Ausbruch von Gelächter).

Larochejacquelin beruft sich auf das Zeugniß Lamartine's, der von ihm gefordert, der Republik zu dienen.

Tracy stimmt Ledru-Rollin bei, in Bezug auf die Stellung der Macht Rußland's; aber das rühre schon von Louis Philipp her. --

Man schreitet zur Tagesordnung über.

Favre interpellirt über den Brief Napoleon's an Malleville, den wir gestern mitgetheilt haben.

Odilon-Barrot entschuldigt seinen Collegen, der keine Schuld an der Veröffentlichung habe: spricht dann moralisch und pathetisch über Skandal. --

Man geht zur Tagesordnung über. -- Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.

Die Schuhmachergesellen (Rothenberg Nr. 7) haben beschlossen, keinen Deputirten zu dem in Berlin bevorstehenden Handwerkercongreß zu wählen, da sie erkannt haben, daß durch diese Fortsetzung des F[r]ankfurter Zopfcongresses ihre Interessen nicht gefördert werden können.

Köln, den 8. Januar 1849.

[Börsennachrichten] [irrelevantes Material]
Meteorologische Beobachtungen. [irrelevantes Material]
Beilage zu Nr. 192 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Donnerstag 11. Januar 1849.
[Deutschland]

[Fortsetzung] Artikel 9. §. 41. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Es sollen keine Patrimonialgerichte bestehen.

§. 42. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. Cabinets- und Ministerialjustiz ist unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sollen nie stattfinden.

§. 43. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben.

Die Militärgerichtsbarkeit ist auf die Aburtheilung militärischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militärdisciplinarvergehen beschränkt, vorbehaltlich der Bestimmungen für den Kriegsstand.

§. 44. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden.

Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen.

Kein Richter darf wider seinen Willen, außer durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden.

§. 45. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein.

Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt im Interesse der Sittlichkeit das Gesetz.

§. 46. In Strafsachen gilt der Anklageprozeß.

Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen

§. 47. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden.

§. 48. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig sein

Ueber Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof.

§. 49. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte.

Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu.

§. 50. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar.

Ein Reichsgesetz wird das Nähere bestimmen.

(Das hierauf folgende Einführungsgesetz gaben wir in Nr. 177 der „N. Rh. Z.“)

Italien.
68 Bologna, 30. Dezbr.

Der Stadtrath hat sich dem Protest des Pabstes angeschlossen. Eine Masse Reaktionärs hat sich aus Rom hieher geflüchtet und ihrer Einwirkung ist obiger Akt mit beizumessen. In Folge jenes Beschlusses herrschte eine große Aufregung und es war ein ernster Konflikt binnen den nächsten 24 Stunden vorauszusehen.

Aus Parma wird gemeldet, daß Piemont 30,000 Schweizer für den bevorstehenden Feldzug in Sold nehmen will. In Rom ist Fürst Corsini aus der obersten Junta ausgeschieden.

Mailand, 3. Jan.

In Berufung auf das Ministerialprogramm vom 27. November, welches die Erhaltung der Integrität der Monarchie und Gewährung freier Munizipal- und Provinzial-Institutionen ausspricht, hat das kaiserliche Ministerium, um den lombardisch-venetianischen Provinzen ihre Nationalität zu garantiren und sie mit dem obersten Grundsatze der Integrität der Monarchie in Einklang zu bringen, beschlossen, eine Versammlung von Abgeordneten aller dieser Provinzen nach Wien zu berufen. Der kaiserl. bevollmächtigte Kommissär Montecucculi macht diesen Entschluß bekannt.

Spanien.
68 Madrid, 31. Debr.

Die Adresse, als Antwort auf die Rede der Königin, wurde am 30. dieses dem Senate vorgelegt. Zwei Oppositions-Journale, Examen und Patria, werden am morgenden Tage erscheinen, das Letztere unter Leitung Pacheco's.

Die neulich berichtete Niederlage Cabrera's bestätigt sich nicht. Die militairischen Bewegungen im Innern des Landes wurden ohne Unterbrechung fortgesetzt.

Portugal.
68 Lissabon, 30. Debr.

Trotz dem, daß man allgemein gegen das Ende dieses Monats irgend ein Erheben der revolutionären Partei erwartete, ist es doch bisher ruhig geblieben. Die Eröffnung der Cortes wurde für den 2. Januar festgesetzt, da aber manche Deputirten in Oporto zurückgehalten werden, so dürfte sich der Beginn der Verhandlungen wohl noch einige Tage hinausziehen. Die Thronrede, welche am 2. Januar die Kammern eröffnen wird, und die heute schon bekannt wurde, enthält nicht viel Neues. Sie bringt aber die aufrichtigsten Beileidsbezeugungen für den Pabst, und wahrhaft bedauert man, daß Se. Heiligkeit der Einladung, Portugal mit seinem Besuche zu beehren, einstweilen nicht Folge leisten wird.

Großbritannien.
68 London, 8. Januar.

Die Times zeigt heute an, daß Ritter Bunsen, auf eine Aufforderung des Königs von Preußen hin, am Samstag nach Berlin abgereist ist, um einestheils an einer Konferenz in Betreff der schleswig-holstein'schen Frage Theil zu nehmen, und außerdem die schließlichen Instruktionen in Empfang zu nehmen, die wegen einer Aussöhnung des Königs von Dänemark mit den Herzogthümern nächstens in London vor sich gehen werden.

Die heute eingetroffene westindische Post bringt keine Nachrichten von Bedeutung. In Jamaica lag der Handel fortwährend sehr darnieder.

Französische Republik.
17 Paris, 8. Jan.

Das in London vor dem Februar auf einem Kongresse von Kommunisten verschiedener Nationalitäten einstimmig votirte und verfaßte „Manifest der kommunistschen Partei“, — auch vom letzten Demokratenkongresse zu Berlin in seinen wesentlichen Punkten angenommen — erscheint zu Paris alsbald in französischer Uebersetzung des Bürgers Paya. Charles Paya, ehedem Redakteur der „Emancipation“ zu Toulouse, ein Freund des auch Deutschland's Demokraten rühmlich bekannten Kluborganisators S. Bernard (aus Carcassonne) hat sich die eifrigste Betreibung der Vereinigung der deutschen und französischen Demokratie auf dem Wege der Presse vorgesetzt, und mit gewohnter Thatkraft und Umsicht auf diesem Wege bereits bedeutendes, namentlich in der Departementspresse, zu leisten vermocht. Von diesem wissenschaftlichen Manne ist jedenfalls viel zu erwarten; er hat die Ueberzeugung, daß das Heil Europa's nur von dem innigsten Verbande der Demokraten beider Lander abhängt, und beschäftigt sich aber auch mit deutscher Literatur. — Wie tollheulend, bis zur Hundswuth, die Pariser Jelachichblätter auftreten, beweise wieder ein Mal folgendes Pröbchen aus dem heutigen „Corsaire“, diesem Seeräuber in Glaceehandschuhen, der possirlich genug über die angeblichen Plünderungspläne der Juniräuber zetert. Man bemerke dazu, daß dies Gedankensystem und die Phrase dieses keuschen Ordnungsblättchens ihres Gleichen in der gesammten französischen Presse von heute noch nicht gefunden; „Assemblée nationale“ (mit Granier Eassagnac, dem Vertheidiger der Negersklaverei, und Capo Feuillide, dem bekannten Stubenkater Louis Philipp's, dessen Historie seine feile Feder schrieb) und das gleichfalls windischgrätzische „Le Pays“ erreichen nur dann und wann die Tonart des „Corsaire“. Sie ist, was die Franzosen style de macquereau et fille publique nennen; ein „Extrakt aller mephystischen Düfte des Privilegiums und der Infamie, gewürzt mit dem Moschus der aberwitzigsten Possenreißerei“, wie La Reforme neulich es treffend bezeichnete. „Die wahrste Wahrheit über die Februarrevolution und deren Folgen“, lautet jenes Artikelchen:

„Das Proudhon'sche Peuple, allzeit bärbeißig, quält sich ab, den Sozialrepublikanern zu beweisen, sie hätten nur deshalb nicht durchgedrungen, weil ihnen die Kühnheit mangelte. Proudhon schreit zum tausend und ersten Male wie Danton: Kühnheit, Kühnheit und wieder Kühnheit. Im Februar sei das Volk ohne Kühnheit gewesen, indem es die unsaubere Standarte der Bourgeoisie annahm. Ohne Kühnheit sei Louis Blanc, sei Ledru-Rollin gewesen. Für's nächste Mal verspricht Le Peuple, mehr Kühnheit zu zeigen, und die rothe Fahne aufzuziehen. All dies Proudhon'sche Gewäsche ist mehr lächerlich und dumm, als blutdürstig. Hoho, ihr wollt Robespierre und Danton spielen, d. h. die Guillotinen arbeiten lassen in Ermangelung sonstiger Arbeit? Schön, sagen wir; nur darauf los, Sozialdemokraten. Danton war kühn, schuf das Guillotinentribunal, und ward guillotinirt; vorher rief er reuig: Ich bitte Gott und Menschen um Verzeihung! Robespierre war dito ein kühner Knabe, und ward zu seiner größten Schande von einem Tallien besiegt, und verblich Todes wie ein Schnapphahn.“ (Der Leser bemerke, während dieses in der Straße Grange Batelière geschrieben wird, ertönen im Klub Arbaléte im Proletarierfaubourg Saint Marcelle allabendlich Lobreden auf Robespierre, und man zieht den Hut, so oft dieser Name ausgesprochen wird; dieser Kontrast gibt wieder ein kleines Bild von der Arbeit des Vulkans in Paris.

Nur die Generalstaaten und die legislative Versammlung thaten Frankreich wohl; der Konvent schenkte ihm nur das politische Schaffot und Assignaten, denn die Vertheidigung des Landes geschah durch den Enthusiasmus des ganzen Landes und durch den Nationalkonvent. (Die Neue Preußische Galgenzeitung wird hoffentlich den Redaktoren des Seeräubers kreuzritterliche Orden dekretiren). Holla, Meister Proudhon und Konsorten, probirt mal kühn zu sein; wohl bekomm's. Hätten im März die Herren Albert, Ledru-Rollin und Louis Blanc dantonisirt, sie hätten vielleicht wohl einige Franzosenköpfe abgehauen, aber heute läge auch der ihrige vor ihren Füßen … Nun, wollt ihr Blanquisten, Cantagrelisten, Proudhonisten wissen, weshalb ihr euch blamirt? Kühnheit fehlte euch nicht, ihr habt außer ihr rein nichts im Gehirn; aber euch fehlte das Volk. Es ließ den Blanqui im Stich sammt der rothen Fahne. Am 17. März brülltet ihr vive Ledru-Rollin, das hieß: schmeißt aus den Fenstern des Stadthauses die reaktionären Mitglieder des Provisoriums, Lamartine, Marrast u. s. w. Das Volk stimmte aber nicht mit ein, es besaß noch genug gesunden Verstand um euren krankhaften Wahn zu erkennen.

„Am 16. April wolltet ihr brüllen: vive Louis Blanc! fort mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen! Damals war Freundchen Ledru schon auf Nr. 2 zurückgeschoben, Blanqui hatte ein Haar in ihm entdeckt, das ihm nicht gefiel. Aber das Volk durchstrich wieder eure Rechnung und rief: nieder mit Cabet! Am 15. Mai wart ihr wieder nicht blöde, liebe Jungen, und ich weiß kaum, was ihr mehr thun gekonnt. Das Volk, worauf ihr gezählt, hörte euch ein Weilchen an und lief lachend nach Hause, als käme es aus einer Vorstellung des Theaters der Folies dramatiques… O arme Bürschchen, ihr wollt wieder ein 93? Damals gab's Emigrirte, Adlige und Reiche die wegliefen. Und jetzt der langen Rede kurzer Sinn: ihr waret kühn, aber da das Arbeitervolk euch den Rücken drehte, kriegtet ihr Furcht.“

So schäkert der Corsaire. Und die gedungenen Aufhetzer in Blousen durchlaufen seit drei Tagen die Ateliers und regen das Volk auf, sich an der Madelenenkirche zu versammeln und in Masse vom Bonaparte Amnestie zu fordern. Und die Legitimisten klatschen in die Hände über General Wrangel's Ankunft am Rheine, und sprechen laut von dem neuen heiligen Bunde Oesterreichs, Rußlands und Preußens, und einrolliren die große Glaubensarmee im Süden bis Lyon und Orleans unter dem Titel „Verein für Religion, Ordnung und Besitz“ und stiften Waffendepots; sie backen den stupiden Henri V. von Frohsdorf in Marzipan und Bretzel mit der Unterschrift: „Frankreichs Wunderkind“ und gießen Bonbons in Gestalt eben dieses Henri, und lassen sein riesiges Konterfey an's Ladenfenster hängen. Z. B. Straße St. Honore gegenüber der englischen Gesandtschaft, wo indeß das Volk ärgerlich den Kaufmann zum Wegnehmen desselben zwang. Darüber kreischte der legitimistische Korsaire, und doch hatte er im September dem Polizeipräfekten die niedliche Karrikatur, wo der kleine Thiers mit Handkanonen und Flinten und Säbeln grimmig auf einen großen, unbewaffneten lächelnden Kommunisten losstrampelt und die famose Fahne mit den bäurischen Worten: more au communisses, schwenkt — als „öffentlichen Unrath“ zum Wegreißen denunzirt.

So eben läuft das Gerücht, das Jesuitenministerium trete zwar ab, doch trete der bekannte greise trockne Schleicher, Graf Molé, Metternich's persönlicher Freund, ein. Möglich, daß man auf alle Weise einen Straßenkonflikt provociren will. „L'Evènement,“ bonapartistisches Blatt unter Victor Hugo und Dumas, verlangt bereits zwei Kammern mit einem unverantwortlichen Präsidenten der Republik. Hurrah, die Todten reiten schnell … Diesen bodenlosen und zugleich grotesken Infamien gegenüber thuen Erscheinungen wohl, wie z. B. das wackere Auftreten Eugen Sue's, des Verfassers der «Mysterien von Paris,“ er hat ein vielgelesenes republikanisches Volks- speziell Bauernbüchlein „der Schäfer von Krayan“ geschrieben. Die socialdemokratischen Ueberzeugungen machen bei den sogenannten „Frauen höherer Stände“ endlich jetzt auch den Fortschritt der bei denen des Volkes schon längst ihnen zu Theil ward; und Proudhon's Unstern will daß gerade er — „gleich Orpheus den Manaden“ — in die unerbittliche Feder von Demoiselle Henriette G. einer ausgezeichneten Klavierlehrerin (sie gewann neulich den Preis) fällt; der „düstere Philosoph des Elends“ hatte bekanntlich seine vielleicht etwas schroffen Ansichten über die Stellung des Weibes in der künftigen Gesellschaft, in ziemlich unsanfter Redeweise schriftlich wie mündlich an den Tag gelegt, und sofort schleudert eine „kühne Philosophin des Herzens“ eine Bannbulle worin sie ruft: „Einst wird auch ein Weib auftreten, dialektisch im Gefühle reformirend wie Sie, ernster kalter Magister, im Verstande. Sie sprachen: la propriété c'est le vol: Privatbesitz ist Diebstahl.“

„Wohlan denn, ich rufe den jenem parallelen Satz: la propriété c'est le viol en fait d'amour, in der Liebe ist Privatbesitz gleich Nothzucht.“ Man denke sich den Jubel aller Reaktionsblätter über Proudhon's „Sittenstrenge“, und heiligen Zorn über den „Babylonismus der Socialdemokratinnen.“ — Mickiewiez, Rybinski und andere altaristokratische oder neumystische polnische Emigranten haben Bonaparte feierlich besucht; in einer schönen Rede forderte ihn der große Dichter und Anhänger Towianski's auf, für Polen das Schwert zu ziehen; der Prinz wußte aber wieder nicht recht etwas zu antworten, und noch weniger weiß er etwas zu thun.

68 Paris, 8. Januar.

Der Skandal der 16 Cartons ist noch nicht zu Ende. Zur Zeit, als Thiers Minister und Malleville Generalsekretär, war Doussy Chef des Polizei-Bureaus an demselben Ministerium. Die Revolution hatte Doussy beseitigt; er lebte zurückgezogen in Bayonne, als kürzlich eine telegr. Depesche ihn nach Paris berief, um unter dem Minister Malleville dieselbe Stelle wie früher wieder einzunehmen — d. h. in dem Bureau, wo die 16 Cartons stehen. Doussy ist der Cerberus der Cartons. Auch dieser Gegenstand wird zur Sprache kommen in der Kammer.

Paris, 8. Jan.

Wir finden über die Lage Venedigs folgende Beschreibung von der Prinzessin Belgiogoso.

Jede belagerte Stadt hat vieles zu erdulden; aber es giebt Leiden, die Venedig allein nur kennt. Zu dem Ende braucht man nur zu wissen, was das Blokus einer Stadt bedeutet, die auf den Fluthen des Meeres gebaut, deren Straßen Canäle, deren Gärten Teiche sind, und die alles von Außen erhält, von der geringsten Pflanze bis zum trinkbaren Wasser. Um diesen Zustand zu ertragen, muß man jene Ruhe und Ausdauer besitzen, die zu allen Zeiten die Venetianer ausgezeichnet haben. Aber keine Klage vernimmt man, und man sieht die ärmsten Leute munter diskuriren auf der Straße, den Stufen der Kirche u. s. w. die Reichen stehen mehr aus, als wir; oder vielmehr, es gibt keine Reichen mehr. Es gibt keine Venetianerin mehr, die ein Armband, eine goldene Kette oder einen Cachemire besitzt.

— Die Minister Louis Philipp's, Guizot, Trezel, Jayr, Cunin-Gridaine, haben ihre Karten abgegeben am Hotel Louis Napoleon's.

National-Versammlung. Sitzung vom 8. Januar.

Baune, interpellirt das Ministerium über die äußern Angelegenheiten. Es sei Zeit, zu wissen, wie man es mit der auswärtigen Politik halten wolle. Was bedeutet die Phrase im neuen Programm: man wolle nur mit der größten Behutsamkeit das Wort des Landes abgeben, aber es treu halten? Wolle man Angesichts dessen, was in Genua, Turin, Toskana und Rom vorgeht, noch die Illusion der Mediation verlängern, die nur ein Vorwand zum statu quo ist?

Wenn Oestreich interveniren wolle in dem Kirchenstaat, wird sich die Regierung widersetzen oder wird sie sich mit Oestreich und dem König von Neapel vereinigen, um den Papst wieder einzusetzen?

In Bezug auf Spanien sage ich nur ein Wort: ich will nicht, daß unsere Soldaten umgewandelt werden in Vertheidiger der heiligen Hermandad! — Die Befreiung Italiens, die Verbindung mit Deutsch[l]and, die Rekonstitution Polens — das müssen die Consequenzen der Februar-Revolution sein.

Drouyn de Lhuis, Minister des Aeußern: Friedliche Lösung werde auf diplomatischem Wege gesucht: aber Schweigen, das höchste Schweigen müßte von der Regierung beobachtet werden. (Lachen von allen Seiten.) Die Mediation sei in vollem Zuge. — Man dürfe nicht gleich ein Ultimatum geben.

Lamartine spricht von der Politik der provisorischen Regierung, die immer loyal und offen gewesen.

Ledru-Rollin protestirt gegen die Anspielung des Ministers. Wenn er gleich Lamartine beistimme, der der Revolution auf friedlichem Wege zum Siege verhelfen wollte, so ging man doch von dem Grundsatze aus, die Traktate von 1815 faktisch und rechtlich über den Haufen zu werfen. — Die jetzige Politik sei scheußlich. — Oestreich und Neapel verbinden sich, um die zeitliche Gewalt des Papstes zu restauriren, und Ihr tretet auf Seite Oestreich's und Neapel's!! (Bewegung.) Die römische Revolution ist so wenig anarchisch, wie die Februar-Revolution. Alle Revolutionen sind Schwestern, und Ihr wollt das nicht sehn. (Bravo!!)

Danjoye: Die Februar-Revolution hat nicht mit einem Meuchelmorde begonnen. (Anspielung auf Rossi)

Ledru-Rollin: O, wenn ich darauf antworten wollte! Aber ich halte mich an der Frage. Sagt nicht, wir unterhandeln; sondern wir handeln. Der Congreß zu Brüssel kann nur zur Schande Frankreichs ausfallen. Man will Frankreich bereden, dem beizutreten was man beschließen will gegen die heiligen Völkerrechte. Ja, eine neue Coalition bereitet sich vor. Ich rufe als Zeugniß an den authentischen Toast eines preußischen Generals: „Auf unsere nächste Vereinigung am Rhein.“ Und in Gegenwart dieser gefährlichen Symptome antwortet Ihr: Wir unterhandeln! sagt doch: wir handeln! sonst seid Ihr Verrather. (Bravo!)

Die Sitzung wird unter allgemeiner Bewegung suspendirt bis auf 4 1/2 Uhr.

Rochejacquelin frägt: ob die Intervention des Kaisers von Rußland unter der jetzigen Regierung stattgefunden habe? Wenn er übrigens der Februar-Revolution anhänge (Lachen), so müsse man sie unterscheiden von der römischen, die mit einem Meuchelmorde begonnen. Schließlich fordert er den Minister auf, auf die Interpellationen Ledru-Rollin's zu antworten.

Der Minister Drouge de Lhuis: läugnet die Verbindung Frankreich's mit Oesterreich und Neapel gegen den Kirchenstaat. Wenn der Kaiser von Rußland 200,000 Mann an den Rhein zu senden habe, so habe Frankreich deren 500,000, an die Gränze zu schicken.

Ledru-Rollin bleibt in seiner Behauptung. Allgemein sei man erstaunt über die Konzentration deutscher Truppen an der Gränze. — Dem Larochejaquelin müsse er bemerken, daß er ihn nie für einen Aristokraten gehalten, da er ja die Gesandschaft in Constantinopel von der provisorischen Regierung der Republik verlangte (Ausbruch von Gelächter).

Larochejacquelin beruft sich auf das Zeugniß Lamartine's, der von ihm gefordert, der Republik zu dienen.

Tracy stimmt Ledru-Rollin bei, in Bezug auf die Stellung der Macht Rußland's; aber das rühre schon von Louis Philipp her. —

Man schreitet zur Tagesordnung über.

Favre interpellirt über den Brief Napoleon's an Malleville, den wir gestern mitgetheilt haben.

Odilon-Barrot entschuldigt seinen Collegen, der keine Schuld an der Veröffentlichung habe: spricht dann moralisch und pathetisch über Skandal. —

Man geht zur Tagesordnung über. — Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.

Die Schuhmachergesellen (Rothenberg Nr. 7) haben beschlossen, keinen Deputirten zu dem in Berlin bevorstehenden Handwerkercongreß zu wählen, da sie erkannt haben, daß durch diese Fortsetzung des F[r]ankfurter Zopfcongresses ihre Interessen nicht gefördert werden können.

Köln, den 8. Januar 1849.

[Börsennachrichten] [irrelevantes Material]
Meteorologische Beobachtungen. [irrelevantes Material]
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      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 192 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>Donnerstag 11. Januar 1849.</docDate>
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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Artikel 9. §. 41. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Es sollen keine Patrimonialgerichte bestehen.</p>
          <p>§. 42. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. Cabinets- und Ministerialjustiz ist unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sollen nie stattfinden.</p>
          <p>§. 43. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben.</p>
          <p>Die Militärgerichtsbarkeit ist auf die Aburtheilung militärischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militärdisciplinarvergehen beschränkt, vorbehaltlich der Bestimmungen für den Kriegsstand.</p>
          <p>§. 44. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden.</p>
          <p>Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen.</p>
          <p>Kein Richter darf wider seinen Willen, außer durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden.</p>
          <p>§. 45. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein.</p>
          <p>Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt im Interesse der Sittlichkeit das Gesetz.</p>
          <p>§. 46. In Strafsachen gilt der Anklageprozeß.</p>
          <p>Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen</p>
          <p>§. 47. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden.</p>
          <p>§. 48. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig sein</p>
          <p>Ueber Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof.</p>
          <p>§. 49. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte.</p>
          <p>Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu.</p>
          <p>§. 50. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar.</p>
          <p>Ein Reichsgesetz wird das Nähere bestimmen.</p>
          <p>(Das hierauf folgende Einführungsgesetz gaben wir in Nr. 177 der &#x201E;N. Rh. Z.&#x201C;)</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar192b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Bologna, 30. Dezbr.</head>
          <p>Der Stadtrath hat sich dem Protest des Pabstes angeschlossen. Eine Masse Reaktionärs hat sich aus Rom hieher geflüchtet und ihrer Einwirkung ist obiger Akt mit beizumessen. In Folge jenes Beschlusses herrschte eine große Aufregung und es war ein ernster Konflikt binnen den nächsten 24 Stunden vorauszusehen.</p>
          <p>Aus Parma wird gemeldet, daß Piemont 30,000 Schweizer für den bevorstehenden Feldzug in Sold nehmen will. In Rom ist Fürst Corsini aus der obersten Junta ausgeschieden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar192b_003" type="jArticle">
          <head>Mailand, 3. Jan.</head>
          <p>In Berufung auf das Ministerialprogramm vom 27. November, welches die Erhaltung der Integrität der Monarchie und Gewährung freier Munizipal- und Provinzial-Institutionen ausspricht, hat das kaiserliche Ministerium, um den lombardisch-venetianischen Provinzen ihre Nationalität zu garantiren und sie mit dem obersten Grundsatze der Integrität der Monarchie in Einklang zu bringen, beschlossen, eine Versammlung von Abgeordneten aller dieser Provinzen nach Wien zu berufen. Der kaiserl. bevollmächtigte Kommissär Montecucculi macht diesen Entschluß bekannt.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Spanien.</head>
        <div xml:id="ar192b_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Madrid, 31. Debr.</head>
          <p>Die Adresse, als Antwort auf die Rede der Königin, wurde am 30. dieses dem Senate vorgelegt. Zwei Oppositions-Journale, Examen und Patria, werden am morgenden Tage erscheinen, das Letztere unter Leitung Pacheco's.</p>
          <p>Die neulich berichtete Niederlage Cabrera's bestätigt sich nicht. Die militairischen Bewegungen im Innern des Landes wurden ohne Unterbrechung fortgesetzt.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Portugal.</head>
        <div xml:id="ar192b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Lissabon, 30. Debr.</head>
          <p>Trotz dem, daß man allgemein gegen das Ende dieses Monats irgend ein Erheben der revolutionären Partei erwartete, ist es doch bisher ruhig geblieben. Die Eröffnung der Cortes wurde für den 2. Januar festgesetzt, da aber manche Deputirten in Oporto zurückgehalten werden, so dürfte sich der Beginn der Verhandlungen wohl noch einige Tage hinausziehen. Die Thronrede, welche am 2. Januar die Kammern eröffnen wird, und die heute schon bekannt wurde, enthält nicht viel Neues. Sie bringt aber die aufrichtigsten Beileidsbezeugungen für den Pabst, und wahrhaft bedauert man, daß Se. Heiligkeit der Einladung, Portugal mit seinem Besuche zu beehren, einstweilen nicht Folge leisten wird.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Großbritannien.</head>
        <div xml:id="ar192b_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> London, 8. Januar.</head>
          <p>Die Times zeigt heute an, daß Ritter Bunsen, auf eine Aufforderung des Königs von Preußen hin, am Samstag nach Berlin abgereist ist, um einestheils an einer Konferenz in Betreff der schleswig-holstein'schen Frage Theil zu nehmen, und außerdem die schließlichen Instruktionen in Empfang zu nehmen, die wegen einer Aussöhnung des Königs von Dänemark mit den Herzogthümern nächstens in London vor sich gehen werden.</p>
          <p>Die heute eingetroffene westindische Post bringt keine Nachrichten von Bedeutung. In Jamaica lag der Handel fortwährend sehr darnieder.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar192b_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 8. Jan.</head>
          <p>Das in London <hi rendition="#g">vor dem Februar</hi> auf einem Kongresse von Kommunisten verschiedener Nationalitäten einstimmig votirte und verfaßte &#x201E;Manifest der kommunistschen Partei&#x201C;, &#x2014; auch vom letzten Demokratenkongresse zu Berlin in seinen wesentlichen Punkten angenommen &#x2014; erscheint zu Paris alsbald in französischer Uebersetzung des Bürgers <hi rendition="#g">Paya</hi>. Charles Paya, ehedem Redakteur der &#x201E;Emancipation&#x201C; zu Toulouse, ein Freund des auch Deutschland's Demokraten rühmlich bekannten Kluborganisators S. Bernard (aus Carcassonne) hat sich die eifrigste Betreibung der Vereinigung der deutschen und französischen Demokratie auf dem Wege der Presse vorgesetzt, und mit gewohnter Thatkraft und Umsicht auf diesem Wege bereits bedeutendes, namentlich in der Departementspresse, zu leisten vermocht. Von diesem wissenschaftlichen Manne ist jedenfalls viel zu erwarten; er hat die Ueberzeugung, daß das Heil Europa's nur von dem innigsten Verbande der Demokraten beider Lander abhängt, und beschäftigt sich aber auch mit deutscher Literatur. &#x2014; Wie tollheulend, bis zur Hundswuth, die Pariser Jelachichblätter auftreten, beweise wieder ein Mal folgendes Pröbchen aus dem heutigen &#x201E;Corsaire&#x201C;, diesem Seeräuber in Glaceehandschuhen, der possirlich genug über die angeblichen Plünderungspläne der Juniräuber zetert. Man bemerke dazu, daß dies Gedankensystem und die Phrase dieses keuschen Ordnungsblättchens ihres Gleichen in der gesammten französischen Presse von heute noch nicht gefunden; &#x201E;Assemblée nationale&#x201C; (mit Granier Eassagnac, dem Vertheidiger der Negersklaverei, und Capo Feuillide, dem bekannten Stubenkater Louis Philipp's, dessen Historie seine feile Feder schrieb) und das gleichfalls windischgrätzische &#x201E;Le Pays&#x201C; erreichen nur dann und wann die Tonart des &#x201E;Corsaire&#x201C;. Sie ist, was die Franzosen style de macquereau et fille publique nennen; ein &#x201E;Extrakt aller mephystischen Düfte des Privilegiums und der Infamie, gewürzt mit dem Moschus der aberwitzigsten Possenreißerei&#x201C;, wie La Reforme neulich es treffend bezeichnete. &#x201E;Die wahrste Wahrheit über die Februarrevolution und deren Folgen&#x201C;, lautet jenes Artikelchen:</p>
          <p>&#x201E;Das Proudhon'sche Peuple, allzeit bärbeißig, quält sich ab, den Sozialrepublikanern zu beweisen, sie hätten nur deshalb nicht durchgedrungen, weil ihnen die Kühnheit mangelte. Proudhon schreit zum tausend und ersten Male wie Danton: Kühnheit, Kühnheit und wieder Kühnheit. Im Februar sei das Volk ohne Kühnheit gewesen, indem es die unsaubere Standarte der Bourgeoisie annahm. Ohne Kühnheit sei Louis Blanc, sei Ledru-Rollin gewesen. Für's nächste Mal verspricht Le Peuple, mehr Kühnheit zu zeigen, und die rothe Fahne aufzuziehen. All dies Proudhon'sche Gewäsche ist mehr lächerlich und dumm, als blutdürstig. Hoho, ihr wollt Robespierre und Danton spielen, d. h. die Guillotinen arbeiten lassen in Ermangelung sonstiger Arbeit? Schön, sagen wir; nur darauf los, Sozialdemokraten. Danton war kühn, schuf das Guillotinentribunal, und ward guillotinirt; vorher rief er reuig: Ich bitte Gott und Menschen um Verzeihung! Robespierre war dito ein kühner Knabe, und ward zu seiner größten Schande von einem Tallien besiegt, und verblich Todes wie ein Schnapphahn.&#x201C; (Der Leser bemerke, während dieses in der Straße Grange Batelière geschrieben wird, ertönen im Klub Arbaléte im Proletarierfaubourg Saint Marcelle allabendlich Lobreden auf Robespierre, und man zieht den Hut, so oft dieser Name ausgesprochen wird; dieser Kontrast gibt wieder ein kleines Bild von der Arbeit des Vulkans in Paris.</p>
          <p>Nur die Generalstaaten und die legislative Versammlung thaten Frankreich wohl; der Konvent schenkte ihm nur das politische Schaffot und Assignaten, denn die Vertheidigung des Landes geschah durch den Enthusiasmus des ganzen Landes und durch den Nationalkonvent. (Die Neue Preußische Galgenzeitung wird hoffentlich den Redaktoren des Seeräubers kreuzritterliche Orden dekretiren). Holla, Meister Proudhon und Konsorten, probirt mal kühn zu sein; wohl bekomm's. Hätten im März die Herren Albert, Ledru-Rollin und Louis Blanc dantonisirt, sie hätten vielleicht wohl einige Franzosenköpfe abgehauen, aber heute läge auch der ihrige vor ihren Füßen &#x2026; Nun, wollt ihr Blanquisten, Cantagrelisten, Proudhonisten wissen, weshalb ihr euch blamirt? Kühnheit fehlte euch nicht, ihr habt außer ihr rein nichts im Gehirn; aber euch fehlte das Volk. Es ließ den Blanqui im Stich sammt der rothen Fahne. Am 17. März brülltet ihr vive Ledru-Rollin, das hieß: schmeißt aus den Fenstern des Stadthauses die reaktionären Mitglieder des Provisoriums, Lamartine, Marrast u. s. w. Das Volk stimmte aber nicht mit ein, es besaß noch genug gesunden Verstand um euren krankhaften Wahn zu erkennen.</p>
          <p>&#x201E;Am 16. April wolltet ihr brüllen: vive Louis Blanc! fort mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen! Damals war Freundchen Ledru schon auf Nr. 2 zurückgeschoben, Blanqui hatte ein Haar in ihm entdeckt, das ihm nicht gefiel. Aber das Volk durchstrich wieder eure Rechnung und rief: nieder mit Cabet! Am 15. Mai wart ihr wieder nicht blöde, liebe Jungen, und ich weiß kaum, was ihr mehr thun gekonnt. Das Volk, worauf ihr gezählt, hörte euch ein Weilchen an und lief lachend nach Hause, als käme es aus einer Vorstellung des Theaters der Folies dramatiques&#x2026; O arme Bürschchen, ihr wollt wieder ein 93? Damals gab's Emigrirte, Adlige und Reiche die wegliefen. Und jetzt der langen Rede kurzer Sinn: ihr waret kühn, aber da das Arbeitervolk euch den Rücken drehte, kriegtet ihr Furcht.&#x201C;</p>
          <p>So schäkert der Corsaire. Und die gedungenen Aufhetzer in Blousen durchlaufen seit drei Tagen die Ateliers und regen das Volk auf, sich an der Madelenenkirche zu versammeln und in Masse vom Bonaparte Amnestie zu fordern. Und die Legitimisten klatschen in die Hände über General Wrangel's Ankunft am Rheine, und sprechen laut von dem neuen heiligen Bunde Oesterreichs, Rußlands und Preußens, und einrolliren die große Glaubensarmee im Süden bis Lyon und Orleans unter dem Titel &#x201E;Verein für Religion, Ordnung und Besitz&#x201C; und stiften Waffendepots; sie backen den stupiden Henri V. von Frohsdorf in Marzipan und Bretzel mit der Unterschrift: &#x201E;Frankreichs Wunderkind&#x201C; und gießen Bonbons in Gestalt eben dieses Henri, und lassen sein riesiges Konterfey an's Ladenfenster hängen. Z. B. Straße St. Honore gegenüber der englischen Gesandtschaft, wo indeß das Volk ärgerlich den Kaufmann zum Wegnehmen desselben zwang. Darüber kreischte der legitimistische Korsaire, und doch hatte er im September dem Polizeipräfekten die niedliche Karrikatur, wo der kleine Thiers mit Handkanonen und Flinten und Säbeln grimmig auf einen großen, unbewaffneten lächelnden Kommunisten losstrampelt und die famose Fahne mit den bäurischen Worten: more au communisses, schwenkt &#x2014; als &#x201E;öffentlichen Unrath&#x201C; zum Wegreißen denunzirt.</p>
          <p>So eben läuft das Gerücht, das Jesuitenministerium trete zwar ab, doch trete der bekannte greise trockne Schleicher, Graf Molé, Metternich's persönlicher Freund, ein. Möglich, daß man auf alle Weise einen Straßenkonflikt provociren will. &#x201E;L'Evènement,&#x201C; bonapartistisches Blatt unter Victor Hugo und Dumas, verlangt bereits zwei Kammern mit einem unverantwortlichen Präsidenten der Republik. Hurrah, die Todten reiten schnell &#x2026; Diesen bodenlosen und zugleich grotesken Infamien gegenüber thuen Erscheinungen wohl, wie z. B. das wackere Auftreten Eugen Sue's, des Verfassers der «Mysterien von Paris,&#x201C; er hat ein vielgelesenes republikanisches Volks- speziell Bauernbüchlein &#x201E;der Schäfer von Krayan&#x201C; geschrieben. Die socialdemokratischen Ueberzeugungen machen bei den sogenannten &#x201E;Frauen höherer Stände&#x201C; endlich jetzt auch den Fortschritt der bei denen des Volkes schon längst ihnen zu Theil ward; und Proudhon's Unstern will daß gerade er &#x2014; &#x201E;gleich Orpheus den Manaden&#x201C; &#x2014; in die unerbittliche Feder von Demoiselle Henriette G. einer ausgezeichneten Klavierlehrerin (sie gewann neulich den Preis) fällt; der &#x201E;düstere Philosoph des Elends&#x201C; hatte bekanntlich seine vielleicht etwas schroffen Ansichten über die Stellung des Weibes in der künftigen Gesellschaft, in ziemlich unsanfter Redeweise schriftlich wie mündlich an den Tag gelegt, und sofort schleudert eine &#x201E;kühne Philosophin des Herzens&#x201C; eine Bannbulle worin sie ruft: &#x201E;Einst wird auch ein Weib auftreten, dialektisch im Gefühle reformirend wie Sie, ernster kalter Magister, im Verstande. Sie sprachen: la propriété c'est le vol: Privatbesitz ist Diebstahl.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Wohlan denn, ich rufe den jenem parallelen Satz: la propriété c'est le viol en fait d'amour, in der Liebe ist Privatbesitz gleich Nothzucht.&#x201C; Man denke sich den Jubel aller Reaktionsblätter über Proudhon's &#x201E;Sittenstrenge&#x201C;, und heiligen Zorn über den &#x201E;Babylonismus der Socialdemokratinnen.&#x201C; &#x2014; Mickiewiez, Rybinski und andere altaristokratische oder neumystische polnische Emigranten haben Bonaparte feierlich besucht; in einer schönen Rede forderte ihn der große Dichter und Anhänger Towianski's auf, für Polen das Schwert zu ziehen; der Prinz wußte aber wieder nicht recht etwas zu antworten, und noch weniger weiß er etwas zu thun.</p>
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          <head>Paris, 8. Jan.</head>
          <p>Wir finden über die Lage Venedigs folgende Beschreibung von der Prinzessin Belgiogoso.</p>
          <p>Jede belagerte Stadt hat vieles zu erdulden; aber es giebt Leiden, die Venedig allein nur kennt. Zu dem Ende braucht man nur zu wissen, was das Blokus einer Stadt bedeutet, die auf den Fluthen des Meeres gebaut, deren Straßen Canäle, deren Gärten Teiche sind, und die alles von Außen erhält, von der geringsten Pflanze bis zum trinkbaren Wasser. Um diesen Zustand zu ertragen, muß man jene Ruhe und Ausdauer besitzen, die zu allen Zeiten die Venetianer ausgezeichnet haben. Aber keine Klage vernimmt man, und man sieht die ärmsten Leute munter diskuriren auf der Straße, den Stufen der Kirche u. s. w. die Reichen stehen mehr aus, als wir; oder vielmehr, es gibt keine Reichen mehr. Es gibt keine Venetianerin mehr, die ein Armband, eine goldene Kette oder einen Cachemire besitzt.</p>
          <p>&#x2014; Die Minister Louis Philipp's, Guizot, Trezel, Jayr, Cunin-Gridaine, haben ihre Karten abgegeben am Hotel Louis Napoleon's.</p>
          <p>&#x2014; <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 8. Januar.</p>
          <p><hi rendition="#g">Baune,</hi> interpellirt das Ministerium über die äußern Angelegenheiten. Es sei Zeit, zu wissen, wie man es mit der auswärtigen Politik halten wolle. Was bedeutet die Phrase im neuen Programm: man wolle nur mit der größten Behutsamkeit das Wort des Landes abgeben, aber es treu halten? Wolle man Angesichts dessen, was in Genua, Turin, Toskana und Rom vorgeht, noch die Illusion der Mediation verlängern, die nur ein Vorwand zum statu quo ist?</p>
          <p>Wenn Oestreich interveniren wolle in dem Kirchenstaat, wird sich die Regierung widersetzen oder wird sie sich mit Oestreich und dem König von Neapel vereinigen, um den Papst wieder einzusetzen?</p>
          <p>In Bezug auf Spanien sage ich nur ein Wort: ich will nicht, daß unsere Soldaten umgewandelt werden in Vertheidiger der heiligen Hermandad! &#x2014; Die Befreiung Italiens, die Verbindung mit Deutsch[l]and, die Rekonstitution Polens &#x2014; das müssen die Consequenzen der Februar-Revolution sein.</p>
          <p><hi rendition="#g">Drouyn de Lhuis,</hi> Minister des Aeußern: Friedliche Lösung werde auf diplomatischem Wege gesucht: aber Schweigen, das höchste Schweigen müßte von der Regierung beobachtet werden. (Lachen von allen Seiten.) Die Mediation sei in vollem Zuge. &#x2014; Man dürfe nicht gleich ein Ultimatum geben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamartine</hi> spricht von der Politik der provisorischen Regierung, die immer loyal und offen gewesen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin</hi> protestirt gegen die Anspielung des Ministers. Wenn er gleich Lamartine beistimme, der der Revolution auf friedlichem Wege zum Siege verhelfen wollte, so ging man doch von dem Grundsatze aus, die Traktate von 1815 faktisch und rechtlich über den Haufen zu werfen. &#x2014; Die jetzige Politik sei scheußlich. &#x2014; Oestreich und Neapel verbinden sich, um die zeitliche Gewalt des Papstes zu restauriren, und Ihr tretet auf Seite Oestreich's und Neapel's!! (Bewegung.) Die römische Revolution ist so wenig anarchisch, wie die Februar-Revolution. Alle Revolutionen sind Schwestern, und Ihr wollt das nicht sehn. (Bravo!!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Danjoye:</hi> Die Februar-Revolution hat nicht mit einem Meuchelmorde begonnen. (Anspielung auf Rossi)</p>
          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> O, wenn ich darauf antworten wollte! Aber ich halte mich an der Frage. Sagt nicht, wir unterhandeln; sondern wir handeln. Der Congreß zu Brüssel kann nur zur Schande Frankreichs ausfallen. Man will Frankreich bereden, dem beizutreten was man beschließen will gegen die heiligen Völkerrechte. Ja, eine neue Coalition bereitet sich vor. Ich rufe als Zeugniß an den authentischen Toast eines preußischen Generals: &#x201E;Auf unsere nächste Vereinigung am Rhein.&#x201C; Und in Gegenwart dieser gefährlichen Symptome antwortet Ihr: Wir unterhandeln! sagt doch: wir handeln! sonst seid Ihr Verrather. (Bravo!)</p>
          <p>Die Sitzung wird unter allgemeiner Bewegung suspendirt bis auf 4 1/2 Uhr.</p>
          <p><hi rendition="#g">Rochejacquelin</hi> frägt: ob die Intervention des Kaisers von Rußland unter der jetzigen Regierung stattgefunden habe? Wenn er übrigens der Februar-Revolution anhänge (Lachen), so müsse man sie unterscheiden von der römischen, die mit einem Meuchelmorde begonnen. Schließlich fordert er den Minister auf, auf die Interpellationen <hi rendition="#g">Ledru-Rollin's</hi> zu antworten.</p>
          <p>Der Minister Drouge de Lhuis: läugnet die Verbindung Frankreich's mit Oesterreich und Neapel gegen den Kirchenstaat. Wenn der Kaiser von Rußland 200,000 Mann an den Rhein zu senden habe, so habe Frankreich deren 500,000, an die Gränze zu schicken.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin</hi> bleibt in seiner Behauptung. Allgemein sei man erstaunt über die Konzentration deutscher Truppen an der Gränze. &#x2014; Dem <hi rendition="#g">Larochejaquelin</hi> müsse er bemerken, daß er ihn nie für einen Aristokraten gehalten, da er ja die Gesandschaft in Constantinopel von der provisorischen Regierung der Republik verlangte (Ausbruch von Gelächter).</p>
          <p><hi rendition="#g">Larochejacquelin</hi> beruft sich auf das Zeugniß <hi rendition="#g">Lamartine's</hi>, der von ihm gefordert, der Republik zu dienen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Tracy</hi> stimmt Ledru-Rollin bei, in Bezug auf die Stellung der Macht Rußland's; aber das rühre schon von Louis Philipp her. &#x2014;</p>
          <p>Man schreitet zur Tagesordnung über.</p>
          <p><hi rendition="#g">Favre</hi> interpellirt über den Brief Napoleon's an Malleville, den wir gestern mitgetheilt haben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Odilon-Barrot</hi> entschuldigt seinen Collegen, der keine Schuld an der Veröffentlichung habe: spricht dann moralisch und pathetisch über Skandal. &#x2014;</p>
          <p>Man geht zur Tagesordnung über. &#x2014; Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.</p>
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          <p>Die Schuhmachergesellen (Rothenberg Nr. 7) haben beschlossen, keinen Deputirten zu dem in Berlin bevorstehenden Handwerkercongreß zu wählen, da sie erkannt haben, daß durch diese Fortsetzung des F[r]ankfurter Zopfcongresses ihre Interessen nicht gefördert werden können.</p>
          <p>Köln, den 8. Januar 1849.</p>
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        <head>[Börsennachrichten]</head>
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        <head>Meteorologische Beobachtungen.</head>
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</TEI>
[1041/0001] Beilage zu Nr. 192 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag 11. Januar 1849. [Deutschland] [Fortsetzung] Artikel 9. §. 41. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Es sollen keine Patrimonialgerichte bestehen. §. 42. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. Cabinets- und Ministerialjustiz ist unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sollen nie stattfinden. §. 43. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben. Die Militärgerichtsbarkeit ist auf die Aburtheilung militärischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militärdisciplinarvergehen beschränkt, vorbehaltlich der Bestimmungen für den Kriegsstand. §. 44. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden. Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen. Kein Richter darf wider seinen Willen, außer durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden. §. 45. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein. Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt im Interesse der Sittlichkeit das Gesetz. §. 46. In Strafsachen gilt der Anklageprozeß. Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen §. 47. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden. §. 48. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig sein Ueber Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden in den Einzelstaaten entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof. §. 49. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu. §. 50. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in allen deutschen Landen gleich wirksam und vollziehbar. Ein Reichsgesetz wird das Nähere bestimmen. (Das hierauf folgende Einführungsgesetz gaben wir in Nr. 177 der „N. Rh. Z.“) Italien. 68 Bologna, 30. Dezbr. Der Stadtrath hat sich dem Protest des Pabstes angeschlossen. Eine Masse Reaktionärs hat sich aus Rom hieher geflüchtet und ihrer Einwirkung ist obiger Akt mit beizumessen. In Folge jenes Beschlusses herrschte eine große Aufregung und es war ein ernster Konflikt binnen den nächsten 24 Stunden vorauszusehen. Aus Parma wird gemeldet, daß Piemont 30,000 Schweizer für den bevorstehenden Feldzug in Sold nehmen will. In Rom ist Fürst Corsini aus der obersten Junta ausgeschieden. Mailand, 3. Jan. In Berufung auf das Ministerialprogramm vom 27. November, welches die Erhaltung der Integrität der Monarchie und Gewährung freier Munizipal- und Provinzial-Institutionen ausspricht, hat das kaiserliche Ministerium, um den lombardisch-venetianischen Provinzen ihre Nationalität zu garantiren und sie mit dem obersten Grundsatze der Integrität der Monarchie in Einklang zu bringen, beschlossen, eine Versammlung von Abgeordneten aller dieser Provinzen nach Wien zu berufen. Der kaiserl. bevollmächtigte Kommissär Montecucculi macht diesen Entschluß bekannt. Spanien. 68 Madrid, 31. Debr. Die Adresse, als Antwort auf die Rede der Königin, wurde am 30. dieses dem Senate vorgelegt. Zwei Oppositions-Journale, Examen und Patria, werden am morgenden Tage erscheinen, das Letztere unter Leitung Pacheco's. Die neulich berichtete Niederlage Cabrera's bestätigt sich nicht. Die militairischen Bewegungen im Innern des Landes wurden ohne Unterbrechung fortgesetzt. Portugal. 68 Lissabon, 30. Debr. Trotz dem, daß man allgemein gegen das Ende dieses Monats irgend ein Erheben der revolutionären Partei erwartete, ist es doch bisher ruhig geblieben. Die Eröffnung der Cortes wurde für den 2. Januar festgesetzt, da aber manche Deputirten in Oporto zurückgehalten werden, so dürfte sich der Beginn der Verhandlungen wohl noch einige Tage hinausziehen. Die Thronrede, welche am 2. Januar die Kammern eröffnen wird, und die heute schon bekannt wurde, enthält nicht viel Neues. Sie bringt aber die aufrichtigsten Beileidsbezeugungen für den Pabst, und wahrhaft bedauert man, daß Se. Heiligkeit der Einladung, Portugal mit seinem Besuche zu beehren, einstweilen nicht Folge leisten wird. Großbritannien. 68 London, 8. Januar. Die Times zeigt heute an, daß Ritter Bunsen, auf eine Aufforderung des Königs von Preußen hin, am Samstag nach Berlin abgereist ist, um einestheils an einer Konferenz in Betreff der schleswig-holstein'schen Frage Theil zu nehmen, und außerdem die schließlichen Instruktionen in Empfang zu nehmen, die wegen einer Aussöhnung des Königs von Dänemark mit den Herzogthümern nächstens in London vor sich gehen werden. Die heute eingetroffene westindische Post bringt keine Nachrichten von Bedeutung. In Jamaica lag der Handel fortwährend sehr darnieder. Französische Republik. 17 Paris, 8. Jan. Das in London vor dem Februar auf einem Kongresse von Kommunisten verschiedener Nationalitäten einstimmig votirte und verfaßte „Manifest der kommunistschen Partei“, — auch vom letzten Demokratenkongresse zu Berlin in seinen wesentlichen Punkten angenommen — erscheint zu Paris alsbald in französischer Uebersetzung des Bürgers Paya. Charles Paya, ehedem Redakteur der „Emancipation“ zu Toulouse, ein Freund des auch Deutschland's Demokraten rühmlich bekannten Kluborganisators S. Bernard (aus Carcassonne) hat sich die eifrigste Betreibung der Vereinigung der deutschen und französischen Demokratie auf dem Wege der Presse vorgesetzt, und mit gewohnter Thatkraft und Umsicht auf diesem Wege bereits bedeutendes, namentlich in der Departementspresse, zu leisten vermocht. Von diesem wissenschaftlichen Manne ist jedenfalls viel zu erwarten; er hat die Ueberzeugung, daß das Heil Europa's nur von dem innigsten Verbande der Demokraten beider Lander abhängt, und beschäftigt sich aber auch mit deutscher Literatur. — Wie tollheulend, bis zur Hundswuth, die Pariser Jelachichblätter auftreten, beweise wieder ein Mal folgendes Pröbchen aus dem heutigen „Corsaire“, diesem Seeräuber in Glaceehandschuhen, der possirlich genug über die angeblichen Plünderungspläne der Juniräuber zetert. Man bemerke dazu, daß dies Gedankensystem und die Phrase dieses keuschen Ordnungsblättchens ihres Gleichen in der gesammten französischen Presse von heute noch nicht gefunden; „Assemblée nationale“ (mit Granier Eassagnac, dem Vertheidiger der Negersklaverei, und Capo Feuillide, dem bekannten Stubenkater Louis Philipp's, dessen Historie seine feile Feder schrieb) und das gleichfalls windischgrätzische „Le Pays“ erreichen nur dann und wann die Tonart des „Corsaire“. Sie ist, was die Franzosen style de macquereau et fille publique nennen; ein „Extrakt aller mephystischen Düfte des Privilegiums und der Infamie, gewürzt mit dem Moschus der aberwitzigsten Possenreißerei“, wie La Reforme neulich es treffend bezeichnete. „Die wahrste Wahrheit über die Februarrevolution und deren Folgen“, lautet jenes Artikelchen: „Das Proudhon'sche Peuple, allzeit bärbeißig, quält sich ab, den Sozialrepublikanern zu beweisen, sie hätten nur deshalb nicht durchgedrungen, weil ihnen die Kühnheit mangelte. Proudhon schreit zum tausend und ersten Male wie Danton: Kühnheit, Kühnheit und wieder Kühnheit. Im Februar sei das Volk ohne Kühnheit gewesen, indem es die unsaubere Standarte der Bourgeoisie annahm. Ohne Kühnheit sei Louis Blanc, sei Ledru-Rollin gewesen. Für's nächste Mal verspricht Le Peuple, mehr Kühnheit zu zeigen, und die rothe Fahne aufzuziehen. All dies Proudhon'sche Gewäsche ist mehr lächerlich und dumm, als blutdürstig. Hoho, ihr wollt Robespierre und Danton spielen, d. h. die Guillotinen arbeiten lassen in Ermangelung sonstiger Arbeit? Schön, sagen wir; nur darauf los, Sozialdemokraten. Danton war kühn, schuf das Guillotinentribunal, und ward guillotinirt; vorher rief er reuig: Ich bitte Gott und Menschen um Verzeihung! Robespierre war dito ein kühner Knabe, und ward zu seiner größten Schande von einem Tallien besiegt, und verblich Todes wie ein Schnapphahn.“ (Der Leser bemerke, während dieses in der Straße Grange Batelière geschrieben wird, ertönen im Klub Arbaléte im Proletarierfaubourg Saint Marcelle allabendlich Lobreden auf Robespierre, und man zieht den Hut, so oft dieser Name ausgesprochen wird; dieser Kontrast gibt wieder ein kleines Bild von der Arbeit des Vulkans in Paris. Nur die Generalstaaten und die legislative Versammlung thaten Frankreich wohl; der Konvent schenkte ihm nur das politische Schaffot und Assignaten, denn die Vertheidigung des Landes geschah durch den Enthusiasmus des ganzen Landes und durch den Nationalkonvent. (Die Neue Preußische Galgenzeitung wird hoffentlich den Redaktoren des Seeräubers kreuzritterliche Orden dekretiren). Holla, Meister Proudhon und Konsorten, probirt mal kühn zu sein; wohl bekomm's. Hätten im März die Herren Albert, Ledru-Rollin und Louis Blanc dantonisirt, sie hätten vielleicht wohl einige Franzosenköpfe abgehauen, aber heute läge auch der ihrige vor ihren Füßen … Nun, wollt ihr Blanquisten, Cantagrelisten, Proudhonisten wissen, weshalb ihr euch blamirt? Kühnheit fehlte euch nicht, ihr habt außer ihr rein nichts im Gehirn; aber euch fehlte das Volk. Es ließ den Blanqui im Stich sammt der rothen Fahne. Am 17. März brülltet ihr vive Ledru-Rollin, das hieß: schmeißt aus den Fenstern des Stadthauses die reaktionären Mitglieder des Provisoriums, Lamartine, Marrast u. s. w. Das Volk stimmte aber nicht mit ein, es besaß noch genug gesunden Verstand um euren krankhaften Wahn zu erkennen. „Am 16. April wolltet ihr brüllen: vive Louis Blanc! fort mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen! Damals war Freundchen Ledru schon auf Nr. 2 zurückgeschoben, Blanqui hatte ein Haar in ihm entdeckt, das ihm nicht gefiel. Aber das Volk durchstrich wieder eure Rechnung und rief: nieder mit Cabet! Am 15. Mai wart ihr wieder nicht blöde, liebe Jungen, und ich weiß kaum, was ihr mehr thun gekonnt. Das Volk, worauf ihr gezählt, hörte euch ein Weilchen an und lief lachend nach Hause, als käme es aus einer Vorstellung des Theaters der Folies dramatiques… O arme Bürschchen, ihr wollt wieder ein 93? Damals gab's Emigrirte, Adlige und Reiche die wegliefen. Und jetzt der langen Rede kurzer Sinn: ihr waret kühn, aber da das Arbeitervolk euch den Rücken drehte, kriegtet ihr Furcht.“ So schäkert der Corsaire. Und die gedungenen Aufhetzer in Blousen durchlaufen seit drei Tagen die Ateliers und regen das Volk auf, sich an der Madelenenkirche zu versammeln und in Masse vom Bonaparte Amnestie zu fordern. Und die Legitimisten klatschen in die Hände über General Wrangel's Ankunft am Rheine, und sprechen laut von dem neuen heiligen Bunde Oesterreichs, Rußlands und Preußens, und einrolliren die große Glaubensarmee im Süden bis Lyon und Orleans unter dem Titel „Verein für Religion, Ordnung und Besitz“ und stiften Waffendepots; sie backen den stupiden Henri V. von Frohsdorf in Marzipan und Bretzel mit der Unterschrift: „Frankreichs Wunderkind“ und gießen Bonbons in Gestalt eben dieses Henri, und lassen sein riesiges Konterfey an's Ladenfenster hängen. Z. B. Straße St. Honore gegenüber der englischen Gesandtschaft, wo indeß das Volk ärgerlich den Kaufmann zum Wegnehmen desselben zwang. Darüber kreischte der legitimistische Korsaire, und doch hatte er im September dem Polizeipräfekten die niedliche Karrikatur, wo der kleine Thiers mit Handkanonen und Flinten und Säbeln grimmig auf einen großen, unbewaffneten lächelnden Kommunisten losstrampelt und die famose Fahne mit den bäurischen Worten: more au communisses, schwenkt — als „öffentlichen Unrath“ zum Wegreißen denunzirt. So eben läuft das Gerücht, das Jesuitenministerium trete zwar ab, doch trete der bekannte greise trockne Schleicher, Graf Molé, Metternich's persönlicher Freund, ein. Möglich, daß man auf alle Weise einen Straßenkonflikt provociren will. „L'Evènement,“ bonapartistisches Blatt unter Victor Hugo und Dumas, verlangt bereits zwei Kammern mit einem unverantwortlichen Präsidenten der Republik. Hurrah, die Todten reiten schnell … Diesen bodenlosen und zugleich grotesken Infamien gegenüber thuen Erscheinungen wohl, wie z. B. das wackere Auftreten Eugen Sue's, des Verfassers der «Mysterien von Paris,“ er hat ein vielgelesenes republikanisches Volks- speziell Bauernbüchlein „der Schäfer von Krayan“ geschrieben. Die socialdemokratischen Ueberzeugungen machen bei den sogenannten „Frauen höherer Stände“ endlich jetzt auch den Fortschritt der bei denen des Volkes schon längst ihnen zu Theil ward; und Proudhon's Unstern will daß gerade er — „gleich Orpheus den Manaden“ — in die unerbittliche Feder von Demoiselle Henriette G. einer ausgezeichneten Klavierlehrerin (sie gewann neulich den Preis) fällt; der „düstere Philosoph des Elends“ hatte bekanntlich seine vielleicht etwas schroffen Ansichten über die Stellung des Weibes in der künftigen Gesellschaft, in ziemlich unsanfter Redeweise schriftlich wie mündlich an den Tag gelegt, und sofort schleudert eine „kühne Philosophin des Herzens“ eine Bannbulle worin sie ruft: „Einst wird auch ein Weib auftreten, dialektisch im Gefühle reformirend wie Sie, ernster kalter Magister, im Verstande. Sie sprachen: la propriété c'est le vol: Privatbesitz ist Diebstahl.“ „Wohlan denn, ich rufe den jenem parallelen Satz: la propriété c'est le viol en fait d'amour, in der Liebe ist Privatbesitz gleich Nothzucht.“ Man denke sich den Jubel aller Reaktionsblätter über Proudhon's „Sittenstrenge“, und heiligen Zorn über den „Babylonismus der Socialdemokratinnen.“ — Mickiewiez, Rybinski und andere altaristokratische oder neumystische polnische Emigranten haben Bonaparte feierlich besucht; in einer schönen Rede forderte ihn der große Dichter und Anhänger Towianski's auf, für Polen das Schwert zu ziehen; der Prinz wußte aber wieder nicht recht etwas zu antworten, und noch weniger weiß er etwas zu thun. 68 Paris, 8. Januar. Der Skandal der 16 Cartons ist noch nicht zu Ende. Zur Zeit, als Thiers Minister und Malleville Generalsekretär, war Doussy Chef des Polizei-Bureaus an demselben Ministerium. Die Revolution hatte Doussy beseitigt; er lebte zurückgezogen in Bayonne, als kürzlich eine telegr. Depesche ihn nach Paris berief, um unter dem Minister Malleville dieselbe Stelle wie früher wieder einzunehmen — d. h. in dem Bureau, wo die 16 Cartons stehen. Doussy ist der Cerberus der Cartons. Auch dieser Gegenstand wird zur Sprache kommen in der Kammer. Paris, 8. Jan. Wir finden über die Lage Venedigs folgende Beschreibung von der Prinzessin Belgiogoso. Jede belagerte Stadt hat vieles zu erdulden; aber es giebt Leiden, die Venedig allein nur kennt. Zu dem Ende braucht man nur zu wissen, was das Blokus einer Stadt bedeutet, die auf den Fluthen des Meeres gebaut, deren Straßen Canäle, deren Gärten Teiche sind, und die alles von Außen erhält, von der geringsten Pflanze bis zum trinkbaren Wasser. Um diesen Zustand zu ertragen, muß man jene Ruhe und Ausdauer besitzen, die zu allen Zeiten die Venetianer ausgezeichnet haben. Aber keine Klage vernimmt man, und man sieht die ärmsten Leute munter diskuriren auf der Straße, den Stufen der Kirche u. s. w. die Reichen stehen mehr aus, als wir; oder vielmehr, es gibt keine Reichen mehr. Es gibt keine Venetianerin mehr, die ein Armband, eine goldene Kette oder einen Cachemire besitzt. — Die Minister Louis Philipp's, Guizot, Trezel, Jayr, Cunin-Gridaine, haben ihre Karten abgegeben am Hotel Louis Napoleon's. — National-Versammlung. Sitzung vom 8. Januar. Baune, interpellirt das Ministerium über die äußern Angelegenheiten. Es sei Zeit, zu wissen, wie man es mit der auswärtigen Politik halten wolle. Was bedeutet die Phrase im neuen Programm: man wolle nur mit der größten Behutsamkeit das Wort des Landes abgeben, aber es treu halten? Wolle man Angesichts dessen, was in Genua, Turin, Toskana und Rom vorgeht, noch die Illusion der Mediation verlängern, die nur ein Vorwand zum statu quo ist? Wenn Oestreich interveniren wolle in dem Kirchenstaat, wird sich die Regierung widersetzen oder wird sie sich mit Oestreich und dem König von Neapel vereinigen, um den Papst wieder einzusetzen? In Bezug auf Spanien sage ich nur ein Wort: ich will nicht, daß unsere Soldaten umgewandelt werden in Vertheidiger der heiligen Hermandad! — Die Befreiung Italiens, die Verbindung mit Deutsch[l]and, die Rekonstitution Polens — das müssen die Consequenzen der Februar-Revolution sein. Drouyn de Lhuis, Minister des Aeußern: Friedliche Lösung werde auf diplomatischem Wege gesucht: aber Schweigen, das höchste Schweigen müßte von der Regierung beobachtet werden. (Lachen von allen Seiten.) Die Mediation sei in vollem Zuge. — Man dürfe nicht gleich ein Ultimatum geben. Lamartine spricht von der Politik der provisorischen Regierung, die immer loyal und offen gewesen. Ledru-Rollin protestirt gegen die Anspielung des Ministers. Wenn er gleich Lamartine beistimme, der der Revolution auf friedlichem Wege zum Siege verhelfen wollte, so ging man doch von dem Grundsatze aus, die Traktate von 1815 faktisch und rechtlich über den Haufen zu werfen. — Die jetzige Politik sei scheußlich. — Oestreich und Neapel verbinden sich, um die zeitliche Gewalt des Papstes zu restauriren, und Ihr tretet auf Seite Oestreich's und Neapel's!! (Bewegung.) Die römische Revolution ist so wenig anarchisch, wie die Februar-Revolution. Alle Revolutionen sind Schwestern, und Ihr wollt das nicht sehn. (Bravo!!) Danjoye: Die Februar-Revolution hat nicht mit einem Meuchelmorde begonnen. (Anspielung auf Rossi) Ledru-Rollin: O, wenn ich darauf antworten wollte! Aber ich halte mich an der Frage. Sagt nicht, wir unterhandeln; sondern wir handeln. Der Congreß zu Brüssel kann nur zur Schande Frankreichs ausfallen. Man will Frankreich bereden, dem beizutreten was man beschließen will gegen die heiligen Völkerrechte. Ja, eine neue Coalition bereitet sich vor. Ich rufe als Zeugniß an den authentischen Toast eines preußischen Generals: „Auf unsere nächste Vereinigung am Rhein.“ Und in Gegenwart dieser gefährlichen Symptome antwortet Ihr: Wir unterhandeln! sagt doch: wir handeln! sonst seid Ihr Verrather. (Bravo!) Die Sitzung wird unter allgemeiner Bewegung suspendirt bis auf 4 1/2 Uhr. Rochejacquelin frägt: ob die Intervention des Kaisers von Rußland unter der jetzigen Regierung stattgefunden habe? Wenn er übrigens der Februar-Revolution anhänge (Lachen), so müsse man sie unterscheiden von der römischen, die mit einem Meuchelmorde begonnen. Schließlich fordert er den Minister auf, auf die Interpellationen Ledru-Rollin's zu antworten. Der Minister Drouge de Lhuis: läugnet die Verbindung Frankreich's mit Oesterreich und Neapel gegen den Kirchenstaat. Wenn der Kaiser von Rußland 200,000 Mann an den Rhein zu senden habe, so habe Frankreich deren 500,000, an die Gränze zu schicken. Ledru-Rollin bleibt in seiner Behauptung. Allgemein sei man erstaunt über die Konzentration deutscher Truppen an der Gränze. — Dem Larochejaquelin müsse er bemerken, daß er ihn nie für einen Aristokraten gehalten, da er ja die Gesandschaft in Constantinopel von der provisorischen Regierung der Republik verlangte (Ausbruch von Gelächter). Larochejacquelin beruft sich auf das Zeugniß Lamartine's, der von ihm gefordert, der Republik zu dienen. Tracy stimmt Ledru-Rollin bei, in Bezug auf die Stellung der Macht Rußland's; aber das rühre schon von Louis Philipp her. — Man schreitet zur Tagesordnung über. Favre interpellirt über den Brief Napoleon's an Malleville, den wir gestern mitgetheilt haben. Odilon-Barrot entschuldigt seinen Collegen, der keine Schuld an der Veröffentlichung habe: spricht dann moralisch und pathetisch über Skandal. — Man geht zur Tagesordnung über. — Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben. Die Schuhmachergesellen (Rothenberg Nr. 7) haben beschlossen, keinen Deputirten zu dem in Berlin bevorstehenden Handwerkercongreß zu wählen, da sie erkannt haben, daß durch diese Fortsetzung des F[r]ankfurter Zopfcongresses ihre Interessen nicht gefördert werden können. Köln, den 8. Januar 1849. [Börsennachrichten] _ Meteorologische Beobachtungen. _

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 192. Köln, 11. Januar 1849. Beilage, S. 1041. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz192b_1849/1>, abgerufen am 29.03.2024.