Neue Rheinische Zeitung. Nr. 193. Köln, 12. Januar 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 193. Köln, Freitag den 12 Januar. 1849. Bestellungen auf die "Neue Rheinische Zeitung" für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands. Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr A. Havas, Nr. 3 Rue Jean Jacques Rousseau in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbritannien: Mr. Thomas, Catherine-Street, Strand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende. Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu. Die Redaktion bleibt unverändert. Die bisherigen Monatsgänge der "Neuen Rheinischen Zeitung" sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die "N. Rh. Ztg." ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie. Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der "Neuen Rheinischen Zeitung." Uebersicht. Deutschland. Köln. (Ein neuer Rechtsboden). Düsseldorf. (Wahlklüngelei. -- Prinz Friedrich. -- Die Gesellschaft "Verein" und die "N. Rh. Ztg"). Essen. (Einschreibung der Uhrwähler). Breslau. (Die politischen Verhaftungen. -- Wahlaussichten. -- Kriminaluntersuchung. -- Pfarrer Schaffranecks Pater peccavi. -- Ein neuer Staatsstreich in Aussicht). Wien. (Das 10. Armeebülletin. -- Aufwiegelung der Slowakei. -- Rothschild. -- Stadion und § 1 des Grundrechtentwurfs. -- Reichstagsjämmerlichkeit. -- Auflösung der Brünner akademischen Legion. -- Gemeinderäthliches Defizit. -- Verwendung der nordamerikanischen Märzgelder. -- Hofrath Werner. -- Zunahme der Diebstähle und Raubanfälle. -- Die Zwanzigernoth. -- Das Czechenthum. -- Ministerielle Polemik gegen Preußen. -- Die Siegesberichte. -- Niederlage der Serben in Südungarn. -- Die Szekler und Haromseker in Kronstadt und Hermannstadt. -- Ofen. -- Magyarische Gefangene. -- Die deutschen Hüte. -- Noth und Wahnsinn. -- Nikolaus. -- Die Studenten. -- Landsturm. Südslavische Bestrebungen. -- Beabsichtigte Umschmelzung der kurrenten Münze. -- 11. und 12. Armeebülletin. -- Die Mörder Latours). Prag (Die Noth der Kattundrucker. -- Geldnoth) Frankfurt. (National-Versammlung). Heidelberg. (Die badische Demokratie). Göttingen. (Wahlagitation zur Kammerwahl). Kiel. (Das Preußenthum in Schleswig-Holstein). Italien. Rom. (Die Einberufung der Constituante). Gaeta. (Meßhonorare des Papstes). Turin. (Der Krieg vor der Thür). Verona. (Dekret Gerhardi's). Schweiz. Waadt. (Delarageaz). Wallis. (Das Hospiz auf dem St. Bernhard). Bern. (Vorarbeiten zur eidgenössischen Hochschule. -- Dufour). Franz. Republik. Paris. (Faucher und die Koalitionen. -- Die Arbeiterassociationen und das offizielle Frankreich. -- Bilanz Frankreichs. -- Die Amnestiefrage. -- Vermischtes. -- National-Versammlung). Spanien. Madrid. (Die Kammer). Belgien. Brüssel. (Dr. Wilhelmi und der "konstitutionelle Musterstaat"). Großbritannien. London. (Die Goldminen in Kalifornien). Amerika. Liverpool. (Ankunft des Niagara). Deutschland. * Köln, 11. Jan. Die Abonnements für das laufende Quartal hat die ehrenveste "Kölnische Zeitung" in Händen. Jetzt findet Herr Brüggemann sogleich Zeit, auf Entdeckungen auszugehen, die er sich noch vor einigen Tagen nicht erlaubt hätte. Gegen Ende des dahingeschiedenen und in den ersten Tagen des neuen Jahres wurde der Schrank, worin die für Abonnementsperioden fest verwahrten liberalen, auf einer Seite sogar mit radikalschillernder Farbe versehenen, Artikel und Phrasen aufbewahrt sind, waidlich hergenommen. Die geläufigsten wurden herausgeholt, in sogenannte Jahresübersichten gestopft und ebenso als Antidotum gegen Desabonnementsgelüste, wie als Aphrodisiacum zur Anreizung neuer Liebhaber der zahn-, herz- und gehirnlosen Greisin, in die Welt gesandt. Obgleich alt, verjüngt sie sich gleichwohl jedes Quartal auf's Neue. Hat sich die Erfindung rentirt, so kehrt man zur süßen Alltagsgewohnheit, zum Herumreiten auf irgend einem Boden, wo möglich auf dem "Rechtsboden" zurück. Unglücklicherweise waren Herr Dumont-Brüggemann und Komp. vor einigen Wochen urplötzlich eingebrochen; der geliebte Boden war geborsten, verschwunden, verloren. Namenlose Seelenqual folgte diesem Unfall. Es hätte einen Stein in der Erde erbarmen mögen. Ganz Köln war traurig, und jede Nacht ging es mit einer Thräne über Brüggemann's dahingeschiedenen Liebling, den famosen Rechtsboden -- die eigentliche Merkwürdigkeit Köln's -- zu Bett, und der erste Gedanke beim Erwachen war: sollte für Herrn Brüggemann keine Hilfe mehr auf Erden zu finden sein? Auch wir haben damals Mitleid gefühlt, und obgleich uns über den abgelebten Rechtsboden viel Anrüchiges zu Ohren gekommen, machte uns die Trauer stumm, und wir summten leise vor uns hin: do mortuis nil nisi bene! Es war ein junges Leben, das so schnell am Schlage verblich. Bei seiner Erzeugung -- vom 19. bis 20. März -- ging's eigentlich etwas barbarisch, unrechtlich und verwirrt zu. Herr Brüggemann hielt sich indeß an die Geburt desselben -- zwischen dem 6. und 8. April 1848 -- und erkannte ihn als legitim an. Nach und nach wurde Herr Brüggemann ganz verliebt in ihn, ja, vernarrt, so sehr pflegte, hätschelte, lospries, streichelte und belorbeerte er ihn. Ob damals aus Berlin eingesandte Pflegegelder die Liebe noch erhöht haben, davon schweigen die öffentlichen Memoiren des Dahingegangenen. Wie groß die Liebe Herrn Brüggemann's zu seinem theuern Rechtsboden vom 8. April war, geht z. B. aus der Nr. vom 24. September der "Kölnischen Zeitung" höchst unzweideutig hervor. Herr Brüggemann sagte damals (am 24. September -- bekannte Abonnementsperiode, die ihn quartaliter befällt --): "Aber was würde der Sieg des Staatsstreiches sein? Mit der größten Mäßigung verbunden, d. h. mit der Oktroyirung einer sonst ganz genügenden Verfassung -- würde dennoch immer zunächst das beklagenswerthe unmoralische Beispiel einer Verlassung des Rechtsbodens gegeben! Dadurch aber würde für die Zukunft das so nothwendige Vertrauen des Volkes und die eigne Treue (ja wahrlich, eine ganz eigne Treue) der Krone nochmals vergiftet, und eben damit der jungen Pflanze der Verfassung ein vielleicht tödtlicher Wurm mitten in's Herz gelegt sein. Es würde der um sich fressenden Zerrüttung .... aller öffentlichen Moral ein heilloser Vorschub geleistet werden! u. s. w." Das ist eine der zahlreichen Stellen, in welchen Herr Brüggemann seinen geliebten Rechtsboden mit biederbster Tapferkeit verfocht. Trotzdem wurde er ihm schon im November erschlagen, und man bestattete die Hülle des Verblichenen zur ewigen Ruhe. Jedermann fürchtete in jenen Tagen, daß sich Herr Brüggemann auf eine tragische Katastrophe vorbereite, daß er in solcher Verwaisung nicht lange den unsäglichen Schmerz eines so urplötzlich und tief zerrissenen liebenden Vaterherzens überdauern werde. Vergeblich waren Anfangs alle Tröstungen des treuen Schwanebeck, vergebens trocknete Papa Dumont die von seines Hauptredakteurs Antlitz herabrollenden Thränenströme mit einem Schnupftuch, in welches die "eigene Treue" der preußischen Krone sinnbildlich eingewebt worden. Wie einst Augustus im verzweiflungsvollen Seelenkampf nur die Worte wiederholte: "o Varus, o Varus, gieb mir meine Legionen wieder!": so rief Herr Brüggemann unaufhörlich: O Brandenburg, o Manteuffel, stellt mir meinen (durch ein so "unmoralisches Beispiel") hingemordeten Rechtsboden zurück. Doch das fortwährende Flennen und Winseln ärgerte endlich unsern Dumont. Das Ende des Quartals und die neuen Abonnements kamen täglich um 24 Stunden näher gerückt. Er forderte seinen Redakteur daher auf, die Geschichte nicht zu übertreiben. Viele Eltern hätten schon ihre geliebtesten Sprößlinge verloren, aber ein vernünftiger Kerl sei der, welcher seine Mannheit nicht im Stöhnen vergeude, sondern auf Ersatz und neue Zeugung verwende. Die geflügelten Worte des Mahners fanden Eingang. Es blitzte in der Seele des Gebeugten und -- er erwiderte: Wohl, Vater Dumont, nicht sogleich ist dem Menschen es möglich, sich über so schreckliches Erlebniß hinwegzusetzen, doch stunde nur die völlige Ablegung meines Trauergewandes bis nach den heiligen Dreikönigen. Dann haben wir unsere Abonnenten und ich zugleich einen neuen Rechtsboden gewonnen, der in neuer Liebe gezeugt, auch mit neuer Liebe gepflegt werden soll. Er schwor's bei seinem Barte, schnitt eine Feder und schrieb einen noch sehr leidenden Artickel: "Die preußische Verfassung vom 5. Dezember" und über deren Geist. "Wir erkennen in ihm den "Geist der wahren Freiheit" (rief der schon nicht mehr ganz verwaiste Herr Redakteur aus). Ja er erkennt in dieser Verfassung den "Geist der (belagerungs-) stätigen, freigesetzlichen Entwickelung der Demokratie und (Kroaten-) Humanität. Man vergl. Nr. 333 der "Kölnischen". Der Anfang war gemacht. Herr Brüggemann hatte die Verfassung "erkannt", und in der heutigen Nummer ist er schon im Stande, uns die Frucht dieses Erkennens -- den neuen Rechtsboden -- in bester Form zu präsentiren. Seine Anzeige faßt er in folgende Worte: "Diese ausdrückliche Annahme des von der Krone (mit dem obigen "beklagenswerthen unmoralischen Beispiel") dargebotenen und vom Volke bereits angenommenen (wie der allgemeine Belagerungszustand und die Verhaftungen en masse beweisen) breiten Rechtsbodens .... ist der Kardinalpunkt, für welchen alle Freunde der Ruhe vereint einzustehen haben u. s. w." Also: Le roi est mort, vive le roi! Auf Brüggemann'sch: Der Rechtsboden ist todt, es lebe der Rechtsboden! 109 Düsseldorf, 10 Januar. Nächst den verkannten Genie's deren auch wir mehrere Prachtexemplare aufweisen können, giebt es nichts Komischeres als die hiesigen Wahlmanöver, von welcher Partei sie auch ausgehen. Ich versichere Sie, so unglaublich es klingen mag, allen Parteien, und was die demokratische Partei anlangt, wenigstens den Häuptern und "verkannten Genie's" derselben, würde man in diesem Augenblick durch die Aufhebung des Belagerungszustandes den größten Schabernack spielen. Was giebt es auch Lieblicheres für den Krämergeist als die stille Klüngelei! Wären Volksversammlungen gestattet, man müßte seine Kandidaten öffentlich nennen, sich herumstreiten und zanken, und das Alles hat seine schlimme Seite. Aber unter dem Belagerungszustand, wenn man nur gute Beine zur Verfügung hat, da geht Alles ganz herrlich von Statten. Man kennt seine Leute, die "verkannten Genie's" machen Alles ganz gemüthlich unter sich ab, und dann laufen die Pagen dieser Trauerweiden umher, und suchen unter Anpreisung derselben die Leute zu stimmen. Die Parole ist nun ausgetheilt, man wartet den Erfolg ruhig ab. Ist das nicht sehr gemüthlich? Daß die Heulerpartei glückselig ist, bedarf keiner Versicherung. Diese Herren glauben sich ihrer Sache so gewiß, daß sie wähnen, ihnen bliebe nur der l'embarras du cboix. Man nennt als Kandidaten derselben drei Personen, von denen zwei Mitglieder der Deputation nach Potsdam. Die Dritte wird aber wohl die Stimmen dieser Herren erhalten, und das ist -- der Prinz Friedrich, königl. Hoh. Nur zittert man, Se. Hoheit werde die unterthänige Wahl nicht annehmen. Sie sehen, in den Erfolg setzt man keinen Zweifel mehr. Es lebe der Belagerungszustand! Wundern Sie sich nicht, wenn je nach dem Erfolg der Wahlen die eine oder andere Partei dem königl. Kommunisten nächstens für das Geschenk des Belagerungszustandes einen Ehrensäbel verehrt. X Düsseldorf, 10. Jan. Die Contrerevolution wird in Düsseldorf zum humoristischen Genrebild. Versetzen Sie sich einen Augenblick aus der Pariser Nationalversammlung oder dem Kremsier Reichstag in die Gesellschaft "Verein", eine in jeder Hinsicht "geschlossene" Gesellschaft. Auch die Gesellschaft "Verein" hat ihre Präsidentenwahl erlebt. Der Düsseldorfer Louis Bonaparte heißt im alltäglichen Umgange: Robert Westhoff. Notiren Sie sich diesen Namen. Der Mann, der ihn trägt, wird früher oder später diesen seinen Namen in die europäische Wagschale werfen, wie einst Brennus sein Schwert. Also Robert Westhoff, ist als einer der Direktoren der Gesellschaft "Verein" proklamirt worden. Heil Herrn Robert Westhoff; Euler lst aus dem Direktorium entfernt, weil er der gefallenen Partei der Montagnards, wir wollten sagen der linken Seite der Vereinbarer angehörte, ebenso Hr. Leutze, weil er aus New-York datirt, also "geborner Republikaner" ist. Die Wahl des allergrößten Robert Westhoff, die Entfernung der Anarchisten aus der mehr oder minder provisorischen Regierung der Gesellschaft "Verein", erfüllten die Partei der "honnetten" Republikaner, wie vorauszusehen, mit siegestollem Uebermuth. Sie beschlossen einen coup de main. Der Belagerungszustand konnte leider nicht mehr in Düsseldorf eingeführt werden. Aber die Lorbeeren des "Bürgers und Kommunisten" Drigalsky, des Düsseldorfer Cavaignac, ließen den Düsseldorfer Bonaparte nicht schlummern. Geheimrathssitzungen, Machinationen, mysteriöse Rendezvous, Hin- und Herrennen der Mitglieder des Klubs Poitiers -- alles ließ auf ein schicksalsschwangeres Ereigniß schließen. Herr Robert Westhoff nahm ganz die airs Robert des Teufels an, obobgleich er das Gold nie als Chimaire verschrieen hat. Herr Robert Westhoff beschloß mit seiner Partei dem Kommunisten Drigalsky den Rang abzulaufen -- durch ein Verbannungsdekret. Robert Westhoff war seiner Majorität sicher. Die "Neue Rheinische Zeitung" wurde von dem Lesetische der Gesellschaft "Verein" verbannt. Unglückliche schöne Sünderin! Verbannt aus den Augen eines Drigalski, eines Westhoff! Racine starb an einem ungnädigen Blicke Ludwig XIV. und die "Neue Rheinische Zeitung", eine weibliche Kreatur, sollte die Verbannung aus den Augen ihres Robert Westhoff überleben! Wie Ovid wird sie sich in eine thracische Einsiedelei (unter Hutmacher Nr. 17) zurückziehen und ihre libri tristium schreiben. Eheu! Eheu! Eleleleu! Indessen rief das Verbannungsdekret seinen parlamentarischen Sturm hervor. Die Minorität legte Protest gegen obigen Beschluß ein und beantragte die Wiederanschaffung der "Neuen Rheinischen Zeitung". Sie legte zu dem Ende eine von den Minoritätsmitgliedern unterschriebene Liste auf dem keuschen "Lesetische" der Gesellschaft "Verein" auf. Diese Liste bot den beissenden Epigrammatisten der siegreichen Majorität erwünschte Gelegenheit ihre petits oeuvres der öffentlichen Bewunderung preißzugeben. Todschlaglaunige Runen wurden auf die Liste eingemeißelt. Hr. Peter Göring (der große Unbekannte) warf sich in dramtisch-wilder Stimmung auf den ersten besten Pythiasessel nieder und nach mehrstündigem Nachdenken gelang es ihm, seine unmaßgebliche Ansicht in folgenden tiefsinnigen Worten zusammenzufassen: "Ich stimme gegen dieses Schmähblatt." Gez. Peter Göring. Hr. v. Henaumont (Vater des tapfern Husarenlieutenants und Schwager des rechten v. Daniels) hatte dem Peter Göring sein Lebtage solchen Witz nicht zugetraut. Dreimal schlug er sich erbittert vor die Stirne und murmelte in den Bart: "Auch da steckt Witz, wenn er nur herauswollte." Plötzlich brach er in eine herzerschütternde Lache aus. Sogar der "Lesetisch" der Gesellschaft "Verein" spitzte die Ohren. "", schrie Hr. v. Henoumont wie toll, " [unleserliches Material] ! Peter Göring kann sich begraben lassen. [unleserliches Material] !" Und Hr. v. Henoumont meißelte auf die Liste: "Ich stimme für dieses Blatt, damit wir auch die Lügen erfahren." Gez. Henaumont. Sofort beschloß die Gesellschaft "Verein" den Charivari abzuschaffen. Sie hatte einen Beaumarchais in ihrem Schooße Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 193. Köln, Freitag den 12 Januar. 1849. Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands. Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr A. Havas, Nr. 3 Rue Jean Jacques Rousseau in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbritannien: Mr. Thomas, Catherine-Street, Strand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende. Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu. Die Redaktion bleibt unverändert. Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie. Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“ Uebersicht. Deutschland. Köln. (Ein neuer Rechtsboden). Düsseldorf. (Wahlklüngelei. — Prinz Friedrich. — Die Gesellschaft „Verein“ und die „N. Rh. Ztg“). Essen. (Einschreibung der Uhrwähler). Breslau. (Die politischen Verhaftungen. — Wahlaussichten. — Kriminaluntersuchung. — Pfarrer Schaffranecks Pater peccavi. — Ein neuer Staatsstreich in Aussicht). Wien. (Das 10. Armeebülletin. — Aufwiegelung der Slowakei. — Rothschild. — Stadion und § 1 des Grundrechtentwurfs. — Reichstagsjämmerlichkeit. — Auflösung der Brünner akademischen Legion. — Gemeinderäthliches Defizit. — Verwendung der nordamerikanischen Märzgelder. — Hofrath Werner. — Zunahme der Diebstähle und Raubanfälle. — Die Zwanzigernoth. — Das Czechenthum. — Ministerielle Polemik gegen Preußen. — Die Siegesberichte. — Niederlage der Serben in Südungarn. — Die Szekler und Haromseker in Kronstadt und Hermannstadt. — Ofen. — Magyarische Gefangene. — Die deutschen Hüte. — Noth und Wahnsinn. — Nikolaus. — Die Studenten. — Landsturm. Südslavische Bestrebungen. — Beabsichtigte Umschmelzung der kurrenten Münze. — 11. und 12. Armeebülletin. — Die Mörder Latours). Prag (Die Noth der Kattundrucker. — Geldnoth) Frankfurt. (National-Versammlung). Heidelberg. (Die badische Demokratie). Göttingen. (Wahlagitation zur Kammerwahl). Kiel. (Das Preußenthum in Schleswig-Holstein). Italien. Rom. (Die Einberufung der Constituante). Gaeta. (Meßhonorare des Papstes). Turin. (Der Krieg vor der Thür). Verona. (Dekret Gerhardi's). Schweiz. Waadt. (Delarageaz). Wallis. (Das Hospiz auf dem St. Bernhard). Bern. (Vorarbeiten zur eidgenössischen Hochschule. — Dufour). Franz. Republik. Paris. (Faucher und die Koalitionen. — Die Arbeiterassociationen und das offizielle Frankreich. — Bilanz Frankreichs. — Die Amnestiefrage. — Vermischtes. — National-Versammlung). Spanien. Madrid. (Die Kammer). Belgien. Brüssel. (Dr. Wilhelmi und der „konstitutionelle Musterstaat“). Großbritannien. London. (Die Goldminen in Kalifornien). Amerika. Liverpool. (Ankunft des Niagara). Deutschland. * Köln, 11. Jan. Die Abonnements für das laufende Quartal hat die ehrenveste „Kölnische Zeitung“ in Händen. Jetzt findet Herr Brüggemann sogleich Zeit, auf Entdeckungen auszugehen, die er sich noch vor einigen Tagen nicht erlaubt hätte. Gegen Ende des dahingeschiedenen und in den ersten Tagen des neuen Jahres wurde der Schrank, worin die für Abonnementsperioden fest verwahrten liberalen, auf einer Seite sogar mit radikalschillernder Farbe versehenen, Artikel und Phrasen aufbewahrt sind, waidlich hergenommen. Die geläufigsten wurden herausgeholt, in sogenannte Jahresübersichten gestopft und ebenso als Antidotum gegen Desabonnementsgelüste, wie als Aphrodisiacum zur Anreizung neuer Liebhaber der zahn-, herz- und gehirnlosen Greisin, in die Welt gesandt. Obgleich alt, verjüngt sie sich gleichwohl jedes Quartal auf's Neue. Hat sich die Erfindung rentirt, so kehrt man zur süßen Alltagsgewohnheit, zum Herumreiten auf irgend einem Boden, wo möglich auf dem „Rechtsboden“ zurück. Unglücklicherweise waren Herr Dumont-Brüggemann und Komp. vor einigen Wochen urplötzlich eingebrochen; der geliebte Boden war geborsten, verschwunden, verloren. Namenlose Seelenqual folgte diesem Unfall. Es hätte einen Stein in der Erde erbarmen mögen. Ganz Köln war traurig, und jede Nacht ging es mit einer Thräne über Brüggemann's dahingeschiedenen Liebling, den famosen Rechtsboden — die eigentliche Merkwürdigkeit Köln's — zu Bett, und der erste Gedanke beim Erwachen war: sollte für Herrn Brüggemann keine Hilfe mehr auf Erden zu finden sein? Auch wir haben damals Mitleid gefühlt, und obgleich uns über den abgelebten Rechtsboden viel Anrüchiges zu Ohren gekommen, machte uns die Trauer stumm, und wir summten leise vor uns hin: do mortuis nil nisi bene! Es war ein junges Leben, das so schnell am Schlage verblich. Bei seiner Erzeugung — vom 19. bis 20. März — ging's eigentlich etwas barbarisch, unrechtlich und verwirrt zu. Herr Brüggemann hielt sich indeß an die Geburt desselben — zwischen dem 6. und 8. April 1848 — und erkannte ihn als legitim an. Nach und nach wurde Herr Brüggemann ganz verliebt in ihn, ja, vernarrt, so sehr pflegte, hätschelte, lospries, streichelte und belorbeerte er ihn. Ob damals aus Berlin eingesandte Pflegegelder die Liebe noch erhöht haben, davon schweigen die öffentlichen Memoiren des Dahingegangenen. Wie groß die Liebe Herrn Brüggemann's zu seinem theuern Rechtsboden vom 8. April war, geht z. B. aus der Nr. vom 24. September der „Kölnischen Zeitung“ höchst unzweideutig hervor. Herr Brüggemann sagte damals (am 24. September — bekannte Abonnementsperiode, die ihn quartaliter befällt —): „Aber was würde der Sieg des Staatsstreiches sein? Mit der größten Mäßigung verbunden, d. h. mit der Oktroyirung einer sonst ganz genügenden Verfassung — würde dennoch immer zunächst das beklagenswerthe unmoralische Beispiel einer Verlassung des Rechtsbodens gegeben! Dadurch aber würde für die Zukunft das so nothwendige Vertrauen des Volkes und die eigne Treue (ja wahrlich, eine ganz eigne Treue) der Krone nochmals vergiftet, und eben damit der jungen Pflanze der Verfassung ein vielleicht tödtlicher Wurm mitten in's Herz gelegt sein. Es würde der um sich fressenden Zerrüttung ‥‥ aller öffentlichen Moral ein heilloser Vorschub geleistet werden! u. s. w.“ Das ist eine der zahlreichen Stellen, in welchen Herr Brüggemann seinen geliebten Rechtsboden mit biederbster Tapferkeit verfocht. Trotzdem wurde er ihm schon im November erschlagen, und man bestattete die Hülle des Verblichenen zur ewigen Ruhe. Jedermann fürchtete in jenen Tagen, daß sich Herr Brüggemann auf eine tragische Katastrophe vorbereite, daß er in solcher Verwaisung nicht lange den unsäglichen Schmerz eines so urplötzlich und tief zerrissenen liebenden Vaterherzens überdauern werde. Vergeblich waren Anfangs alle Tröstungen des treuen Schwanebeck, vergebens trocknete Papa Dumont die von seines Hauptredakteurs Antlitz herabrollenden Thränenströme mit einem Schnupftuch, in welches die „eigene Treue“ der preußischen Krone sinnbildlich eingewebt worden. Wie einst Augustus im verzweiflungsvollen Seelenkampf nur die Worte wiederholte: „o Varus, o Varus, gieb mir meine Legionen wieder!“: so rief Herr Brüggemann unaufhörlich: O Brandenburg, o Manteuffel, stellt mir meinen (durch ein so „unmoralisches Beispiel“) hingemordeten Rechtsboden zurück. Doch das fortwährende Flennen und Winseln ärgerte endlich unsern Dumont. Das Ende des Quartals und die neuen Abonnements kamen täglich um 24 Stunden näher gerückt. Er forderte seinen Redakteur daher auf, die Geschichte nicht zu übertreiben. Viele Eltern hätten schon ihre geliebtesten Sprößlinge verloren, aber ein vernünftiger Kerl sei der, welcher seine Mannheit nicht im Stöhnen vergeude, sondern auf Ersatz und neue Zeugung verwende. Die geflügelten Worte des Mahners fanden Eingang. Es blitzte in der Seele des Gebeugten und — er erwiderte: Wohl, Vater Dumont, nicht sogleich ist dem Menschen es möglich, sich über so schreckliches Erlebniß hinwegzusetzen, doch stunde nur die völlige Ablegung meines Trauergewandes bis nach den heiligen Dreikönigen. Dann haben wir unsere Abonnenten und ich zugleich einen neuen Rechtsboden gewonnen, der in neuer Liebe gezeugt, auch mit neuer Liebe gepflegt werden soll. Er schwor's bei seinem Barte, schnitt eine Feder und schrieb einen noch sehr leidenden Artickel: „Die preußische Verfassung vom 5. Dezember“ und über deren Geist. „Wir erkennen in ihm den „Geist der wahren Freiheit“ (rief der schon nicht mehr ganz verwaiste Herr Redakteur aus). Ja er erkennt in dieser Verfassung den „Geist der (belagerungs-) stätigen, freigesetzlichen Entwickelung der Demokratie und (Kroaten-) Humanität. Man vergl. Nr. 333 der „Kölnischen“. Der Anfang war gemacht. Herr Brüggemann hatte die Verfassung „erkannt“, und in der heutigen Nummer ist er schon im Stande, uns die Frucht dieses Erkennens — den neuen Rechtsboden — in bester Form zu präsentiren. Seine Anzeige faßt er in folgende Worte: „Diese ausdrückliche Annahme des von der Krone (mit dem obigen „beklagenswerthen unmoralischen Beispiel“) dargebotenen und vom Volke bereits angenommenen (wie der allgemeine Belagerungszustand und die Verhaftungen en masse beweisen) breiten Rechtsbodens ‥‥ ist der Kardinalpunkt, für welchen alle Freunde der Ruhe vereint einzustehen haben u. s. w.“ Also: Le roi est mort, vive le roi! Auf Brüggemann'sch: Der Rechtsboden ist todt, es lebe der Rechtsboden! 109 Düsseldorf, 10 Januar. Nächst den verkannten Genie's deren auch wir mehrere Prachtexemplare aufweisen können, giebt es nichts Komischeres als die hiesigen Wahlmanöver, von welcher Partei sie auch ausgehen. Ich versichere Sie, so unglaublich es klingen mag, allen Parteien, und was die demokratische Partei anlangt, wenigstens den Häuptern und „verkannten Genie's“ derselben, würde man in diesem Augenblick durch die Aufhebung des Belagerungszustandes den größten Schabernack spielen. Was giebt es auch Lieblicheres für den Krämergeist als die stille Klüngelei! Wären Volksversammlungen gestattet, man müßte seine Kandidaten öffentlich nennen, sich herumstreiten und zanken, und das Alles hat seine schlimme Seite. Aber unter dem Belagerungszustand, wenn man nur gute Beine zur Verfügung hat, da geht Alles ganz herrlich von Statten. Man kennt seine Leute, die „verkannten Genie's“ machen Alles ganz gemüthlich unter sich ab, und dann laufen die Pagen dieser Trauerweiden umher, und suchen unter Anpreisung derselben die Leute zu stimmen. Die Parole ist nun ausgetheilt, man wartet den Erfolg ruhig ab. Ist das nicht sehr gemüthlich? Daß die Heulerpartei glückselig ist, bedarf keiner Versicherung. Diese Herren glauben sich ihrer Sache so gewiß, daß sie wähnen, ihnen bliebe nur der l'embarras du cboix. Man nennt als Kandidaten derselben drei Personen, von denen zwei Mitglieder der Deputation nach Potsdam. Die Dritte wird aber wohl die Stimmen dieser Herren erhalten, und das ist — der Prinz Friedrich, königl. Hoh. Nur zittert man, Se. Hoheit werde die unterthänige Wahl nicht annehmen. Sie sehen, in den Erfolg setzt man keinen Zweifel mehr. Es lebe der Belagerungszustand! Wundern Sie sich nicht, wenn je nach dem Erfolg der Wahlen die eine oder andere Partei dem königl. Kommunisten nächstens für das Geschenk des Belagerungszustandes einen Ehrensäbel verehrt. X Düsseldorf, 10. Jan. Die Contrerevolution wird in Düsseldorf zum humoristischen Genrebild. Versetzen Sie sich einen Augenblick aus der Pariser Nationalversammlung oder dem Kremsier Reichstag in die Gesellschaft „Verein“, eine in jeder Hinsicht „geschlossene“ Gesellschaft. Auch die Gesellschaft „Verein“ hat ihre Präsidentenwahl erlebt. Der Düsseldorfer Louis Bonaparte heißt im alltäglichen Umgange: Robert Westhoff. Notiren Sie sich diesen Namen. Der Mann, der ihn trägt, wird früher oder später diesen seinen Namen in die europäische Wagschale werfen, wie einst Brennus sein Schwert. Also Robert Westhoff, ist als einer der Direktoren der Gesellschaft „Verein“ proklamirt worden. Heil Herrn Robert Westhoff; Euler lst aus dem Direktorium entfernt, weil er der gefallenen Partei der Montagnards, wir wollten sagen der linken Seite der Vereinbarer angehörte, ebenso Hr. Leutze, weil er aus New-York datirt, also „geborner Republikaner“ ist. Die Wahl des allergrößten Robert Westhoff, die Entfernung der Anarchisten aus der mehr oder minder provisorischen Regierung der Gesellschaft „Verein“, erfüllten die Partei der „honnetten“ Republikaner, wie vorauszusehen, mit siegestollem Uebermuth. Sie beschlossen einen coup de main. Der Belagerungszustand konnte leider nicht mehr in Düsseldorf eingeführt werden. Aber die Lorbeeren des „Bürgers und Kommunisten“ Drigalsky, des Düsseldorfer Cavaignac, ließen den Düsseldorfer Bonaparte nicht schlummern. Geheimrathssitzungen, Machinationen, mysteriöse Rendezvous, Hin- und Herrennen der Mitglieder des Klubs Poitiers — alles ließ auf ein schicksalsschwangeres Ereigniß schließen. Herr Robert Westhoff nahm ganz die airs Robert des Teufels an, obobgleich er das Gold nie als Chimaire verschrieen hat. Herr Robert Westhoff beschloß mit seiner Partei dem Kommunisten Drigalsky den Rang abzulaufen — durch ein Verbannungsdekret. Robert Westhoff war seiner Majorität sicher. Die „Neue Rheinische Zeitung“ wurde von dem Lesetische der Gesellschaft „Verein“ verbannt. Unglückliche schöne Sünderin! Verbannt aus den Augen eines Drigalski, eines Westhoff! Racine starb an einem ungnädigen Blicke Ludwig XIV. und die „Neue Rheinische Zeitung“, eine weibliche Kreatur, sollte die Verbannung aus den Augen ihres Robert Westhoff überleben! Wie Ovid wird sie sich in eine thracische Einsiedelei (unter Hutmacher Nr. 17) zurückziehen und ihre libri tristium schreiben. Eheu! Eheu! Eleleleu! Indessen rief das Verbannungsdekret seinen parlamentarischen Sturm hervor. Die Minorität legte Protest gegen obigen Beschluß ein und beantragte die Wiederanschaffung der „Neuen Rheinischen Zeitung“. Sie legte zu dem Ende eine von den Minoritätsmitgliedern unterschriebene Liste auf dem keuschen „Lesetische“ der Gesellschaft „Verein“ auf. Diese Liste bot den beissenden Epigrammatisten der siegreichen Majorität erwünschte Gelegenheit ihre petits oeuvres der öffentlichen Bewunderung preißzugeben. Todschlaglaunige Runen wurden auf die Liste eingemeißelt. Hr. Peter Göring (der große Unbekannte) warf sich in dramtisch-wilder Stimmung auf den ersten besten Pythiasessel nieder und nach mehrstündigem Nachdenken gelang es ihm, seine unmaßgebliche Ansicht in folgenden tiefsinnigen Worten zusammenzufassen: „Ich stimme gegen dieses Schmähblatt.“ Gez. Peter Göring. Hr. v. Henaumont (Vater des tapfern Husarenlieutenants und Schwager des rechten v. Daniels) hatte dem Peter Göring sein Lebtage solchen Witz nicht zugetraut. Dreimal schlug er sich erbittert vor die Stirne und murmelte in den Bart: „Auch da steckt Witz, wenn er nur herauswollte.“ Plötzlich brach er in eine herzerschütternde Lache aus. Sogar der „Lesetisch“ der Gesellschaft „Verein“ spitzte die Ohren. „“, schrie Hr. v. Henoumont wie toll, „ [unleserliches Material] ! Peter Göring kann sich begraben lassen. [unleserliches Material] !“ Und Hr. v. Henoumont meißelte auf die Liste: „Ich stimme für dieses Blatt, damit wir auch die Lügen erfahren.“ Gez. Henaumont. Sofort beschloß die Gesellschaft „Verein“ den Charivari abzuschaffen. Sie hatte einen Beaumarchais in ihrem Schooße <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1043"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 193. 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Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbritannien: <hi rendition="#b">Mr. Thomas,</hi> Catherine-Street, Strand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende.</p> <p>Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für <hi rendition="#g">Köln</hi> <hi rendition="#b">nur 1</hi> <hi rendition="#g">Thlr</hi>. <hi rendition="#b">7</hi> <hi rendition="#g">Sgr</hi>. <hi rendition="#b">6</hi> <hi rendition="#g">Pf</hi>., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) <hi rendition="#b">nur 1</hi> <hi rendition="#g">Thlr</hi>. <hi rendition="#b">17</hi> Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.</p> <p>Die Redaktion bleibt unverändert.</p> <p> <hi rendition="#b">Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.</hi> </p> <p><hi rendition="#g">Inserate:</hi> Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.</p> <p>Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. <hi rendition="#b">Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“</hi> </p> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Ein neuer Rechtsboden). Düsseldorf. (Wahlklüngelei. — Prinz Friedrich. — Die Gesellschaft „Verein“ und die „N. Rh. Ztg“). Essen. (Einschreibung der Uhrwähler). Breslau. (Die politischen Verhaftungen. — Wahlaussichten. — Kriminaluntersuchung. — Pfarrer Schaffranecks Pater peccavi. — Ein neuer Staatsstreich in Aussicht). Wien. (Das 10. Armeebülletin. — Aufwiegelung der Slowakei. — Rothschild. — Stadion und § 1 des Grundrechtentwurfs. — Reichstagsjämmerlichkeit. — Auflösung der Brünner akademischen Legion. — Gemeinderäthliches Defizit. — Verwendung der nordamerikanischen Märzgelder. — Hofrath Werner. — Zunahme der Diebstähle und Raubanfälle. — Die Zwanzigernoth. — Das Czechenthum. — Ministerielle Polemik gegen Preußen. — Die Siegesberichte. — Niederlage der Serben in Südungarn. — Die Szekler und Haromseker in Kronstadt und Hermannstadt. — Ofen. — Magyarische Gefangene. — Die deutschen Hüte. — Noth und Wahnsinn. — Nikolaus. — Die Studenten. — Landsturm. Südslavische Bestrebungen. — Beabsichtigte Umschmelzung der kurrenten Münze. — 11. und 12. Armeebülletin. — Die Mörder Latours). Prag (Die Noth der Kattundrucker. — Geldnoth) Frankfurt. (National-Versammlung). Heidelberg. (Die badische Demokratie). Göttingen. (Wahlagitation zur Kammerwahl). Kiel. (Das Preußenthum in Schleswig-Holstein).</p> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Rom. (Die Einberufung der Constituante). Gaeta. (Meßhonorare des Papstes). Turin. (Der Krieg vor der Thür). Verona. (Dekret Gerhardi's).</p> <p><hi rendition="#g">Schweiz</hi>. Waadt. (Delarageaz). Wallis. (Das Hospiz auf dem St. Bernhard). Bern. (Vorarbeiten zur eidgenössischen Hochschule. — Dufour).</p> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik</hi>. Paris. (Faucher und die Koalitionen. — Die Arbeiterassociationen und das offizielle Frankreich. — Bilanz Frankreichs. — Die Amnestiefrage. — Vermischtes. — National-Versammlung).</p> <p><hi rendition="#g">Spanien</hi>. Madrid. (Die Kammer).</p> <p><hi rendition="#g">Belgien</hi>. Brüssel. (Dr. Wilhelmi und der „konstitutionelle Musterstaat“).</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. London. (Die Goldminen in Kalifornien).</p> <p><hi rendition="#g">Amerika</hi>. Liverpool. (Ankunft des Niagara).</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar193_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 11. Jan.</head> <p>Die Abonnements für das laufende Quartal hat die ehrenveste „Kölnische Zeitung“ in Händen. Jetzt findet Herr Brüggemann sogleich Zeit, auf Entdeckungen auszugehen, die er sich noch vor einigen Tagen nicht erlaubt hätte. Gegen Ende des dahingeschiedenen und in den ersten Tagen des neuen Jahres wurde der Schrank, worin die für Abonnementsperioden fest verwahrten liberalen, auf einer Seite sogar mit radikalschillernder Farbe versehenen, Artikel und Phrasen aufbewahrt sind, waidlich hergenommen. Die geläufigsten wurden herausgeholt, in sogenannte Jahresübersichten gestopft und ebenso als Antidotum gegen Desabonnementsgelüste, wie als Aphrodisiacum zur Anreizung neuer Liebhaber der zahn-, herz- und gehirnlosen Greisin, in die Welt gesandt.</p> <p>Obgleich alt, verjüngt sie sich gleichwohl jedes Quartal auf's Neue.</p> <p>Hat sich die Erfindung rentirt, so kehrt man zur süßen Alltagsgewohnheit, zum Herumreiten auf irgend einem Boden, wo möglich auf dem „Rechtsboden“ zurück.</p> <p>Unglücklicherweise waren Herr Dumont-Brüggemann und Komp. vor einigen Wochen urplötzlich eingebrochen; der geliebte Boden war geborsten, verschwunden, verloren.</p> <p>Namenlose Seelenqual folgte diesem Unfall. Es hätte einen Stein in der Erde erbarmen mögen.</p> <p>Ganz Köln war traurig, und jede Nacht ging es mit einer Thräne über Brüggemann's dahingeschiedenen Liebling, den famosen Rechtsboden — die eigentliche Merkwürdigkeit Köln's — zu Bett, und der erste Gedanke beim Erwachen war: sollte für Herrn Brüggemann keine Hilfe mehr auf Erden zu finden sein?</p> <p>Auch wir haben damals Mitleid gefühlt, und obgleich uns über den abgelebten Rechtsboden viel Anrüchiges zu Ohren gekommen, machte uns die Trauer stumm, und wir summten leise vor uns hin: do mortuis nil nisi bene!</p> <p>Es war ein junges Leben, das so schnell am Schlage verblich. Bei seiner Erzeugung — vom 19. bis 20. März — ging's eigentlich etwas barbarisch, unrechtlich und verwirrt zu. Herr Brüggemann hielt sich indeß an die Geburt desselben — zwischen dem 6. und 8. April 1848 — und erkannte ihn als legitim an. Nach und nach wurde Herr Brüggemann ganz verliebt in ihn, ja, vernarrt, so sehr pflegte, hätschelte, lospries, streichelte und belorbeerte er ihn. Ob damals aus Berlin eingesandte Pflegegelder die Liebe noch erhöht haben, davon schweigen die öffentlichen Memoiren des Dahingegangenen.</p> <p>Wie groß die Liebe Herrn Brüggemann's zu seinem theuern Rechtsboden vom 8. April war, geht z. B. aus der Nr. vom 24. September der „Kölnischen Zeitung“ höchst unzweideutig hervor.</p> <p>Herr Brüggemann sagte damals (am 24. September — bekannte Abonnementsperiode, die ihn quartaliter befällt —):</p> <p>„Aber was würde der Sieg des Staatsstreiches sein? Mit der größten Mäßigung verbunden, d. h. mit der <hi rendition="#g">Oktroyirung</hi> einer sonst ganz <hi rendition="#g">genügenden</hi> Verfassung — würde dennoch immer zunächst das <hi rendition="#g">beklagenswerthe unmoralische Beispiel</hi> einer Verlassung des Rechtsbodens gegeben! Dadurch aber würde für die Zukunft das so nothwendige Vertrauen des Volkes und die eigne Treue (ja wahrlich, eine ganz eigne Treue) der Krone nochmals vergiftet, und eben damit der jungen Pflanze der Verfassung ein vielleicht tödtlicher Wurm mitten in's Herz gelegt sein. Es würde der um sich fressenden Zerrüttung ‥‥ <hi rendition="#g">aller öffentlichen Moral ein heilloser Vorschub</hi> geleistet werden! u. s. w.“</p> <p>Das ist eine der zahlreichen Stellen, in welchen Herr Brüggemann seinen geliebten Rechtsboden mit biederbster Tapferkeit verfocht. Trotzdem wurde er ihm schon im November erschlagen, und man bestattete die Hülle des Verblichenen zur ewigen Ruhe.</p> <p>Jedermann fürchtete in jenen Tagen, daß sich Herr Brüggemann auf eine tragische Katastrophe vorbereite, daß er in solcher Verwaisung nicht lange den unsäglichen Schmerz eines so urplötzlich und tief zerrissenen liebenden Vaterherzens überdauern werde.</p> <p>Vergeblich waren Anfangs alle Tröstungen des treuen Schwanebeck, vergebens trocknete Papa Dumont die von seines Hauptredakteurs Antlitz herabrollenden Thränenströme mit einem Schnupftuch, in welches die „eigene Treue“ der preußischen Krone sinnbildlich eingewebt worden. Wie einst Augustus im verzweiflungsvollen Seelenkampf nur die Worte wiederholte: „o Varus, o Varus, gieb mir meine Legionen wieder!“: so rief Herr Brüggemann unaufhörlich: O Brandenburg, o Manteuffel, stellt mir meinen (durch ein so „unmoralisches Beispiel“) hingemordeten Rechtsboden zurück.</p> <p>Doch das fortwährende Flennen und Winseln ärgerte endlich unsern Dumont. Das Ende des Quartals und die neuen Abonnements kamen täglich um 24 Stunden näher gerückt. Er forderte seinen Redakteur daher auf, die Geschichte nicht zu übertreiben. Viele Eltern hätten schon ihre geliebtesten Sprößlinge verloren, aber ein vernünftiger Kerl sei der, welcher seine Mannheit nicht im Stöhnen vergeude, sondern auf Ersatz und neue Zeugung verwende. Die geflügelten Worte des Mahners fanden Eingang. Es blitzte in der Seele des Gebeugten und — er erwiderte:</p> <p>Wohl, Vater Dumont, nicht sogleich ist dem Menschen es möglich, sich über so schreckliches Erlebniß hinwegzusetzen, doch stunde nur die völlige Ablegung meines Trauergewandes bis nach den heiligen Dreikönigen. Dann haben wir unsere Abonnenten und ich zugleich einen neuen Rechtsboden gewonnen, der in neuer Liebe gezeugt, auch mit neuer Liebe gepflegt werden soll.</p> <p>Er schwor's bei seinem Barte, schnitt eine Feder und schrieb einen noch sehr leidenden Artickel: „Die preußische Verfassung vom 5. Dezember“ und über deren Geist. „Wir erkennen in ihm den „Geist der <hi rendition="#g">wahren Freiheit</hi>“ (rief der schon nicht mehr ganz verwaiste Herr Redakteur aus). Ja er erkennt in dieser Verfassung den „Geist der (belagerungs-) stätigen, freigesetzlichen Entwickelung der Demokratie und (Kroaten-) Humanität. Man vergl. Nr. 333 der „Kölnischen“.</p> <p>Der Anfang war gemacht. Herr Brüggemann hatte die Verfassung „erkannt“, und in der heutigen Nummer ist er schon im Stande, uns die Frucht dieses Erkennens — <hi rendition="#g">den neuen Rechtsboden</hi> — in bester Form zu präsentiren.</p> <p>Seine Anzeige faßt er in folgende Worte:</p> <p>„Diese ausdrückliche Annahme des von der Krone (mit dem obigen „beklagenswerthen unmoralischen Beispiel“) dargebotenen und vom Volke bereits angenommenen (wie der allgemeine Belagerungszustand und die Verhaftungen en masse beweisen) <hi rendition="#g">breiten Rechtsbodens</hi> ‥‥ ist der Kardinalpunkt, für welchen alle Freunde der Ruhe <hi rendition="#g">vereint einzustehen haben u. s. w.</hi>“</p> <p>Also: Le roi est mort, vive le roi!</p> <p>Auf Brüggemann'sch: Der Rechtsboden ist todt, es lebe der Rechtsboden!</p> </div> <div xml:id="ar193_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>109</author></bibl> Düsseldorf, 10 Januar.</head> <p>Nächst den verkannten Genie's deren auch wir mehrere Prachtexemplare aufweisen können, giebt es nichts Komischeres als die hiesigen Wahlmanöver, von welcher Partei sie auch ausgehen.</p> <p>Ich versichere Sie, so unglaublich es klingen mag, allen Parteien, und was die demokratische Partei anlangt, wenigstens den Häuptern und „verkannten Genie's“ derselben, würde man in diesem Augenblick durch die Aufhebung des Belagerungszustandes den größten Schabernack spielen. Was giebt es auch Lieblicheres für den Krämergeist als die stille Klüngelei! Wären Volksversammlungen gestattet, man müßte seine Kandidaten öffentlich nennen, sich herumstreiten und zanken, und das Alles hat seine schlimme Seite. Aber unter dem Belagerungszustand, wenn man nur gute Beine zur Verfügung hat, da geht Alles ganz herrlich von Statten. Man kennt seine Leute, die „verkannten Genie's“ machen Alles ganz gemüthlich unter sich ab, und dann laufen die Pagen dieser Trauerweiden umher, und suchen unter Anpreisung derselben die Leute zu stimmen. Die Parole ist nun ausgetheilt, man wartet den Erfolg ruhig ab. Ist das nicht sehr gemüthlich?</p> <p>Daß die Heulerpartei glückselig ist, bedarf keiner Versicherung. Diese Herren glauben sich ihrer Sache so gewiß, daß sie wähnen, ihnen bliebe nur der l'embarras du cboix. Man nennt als Kandidaten derselben drei Personen, von denen zwei Mitglieder der Deputation nach Potsdam. Die Dritte wird aber wohl die Stimmen dieser Herren erhalten, und das ist — der Prinz Friedrich, königl. Hoh. Nur zittert man, Se. Hoheit werde die unterthänige Wahl nicht annehmen. Sie sehen, in den Erfolg setzt man keinen Zweifel mehr. Es lebe der Belagerungszustand!</p> <p>Wundern Sie sich nicht, wenn je nach dem Erfolg der Wahlen die eine oder andere Partei dem königl. Kommunisten nächstens für das Geschenk des Belagerungszustandes einen Ehrensäbel verehrt.</p> </div> <div xml:id="ar193_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Düsseldorf, 10. Jan.</head> <p>Die Contrerevolution wird in Düsseldorf zum humoristischen Genrebild.</p> <p>Versetzen Sie sich einen Augenblick aus der Pariser Nationalversammlung oder dem Kremsier Reichstag in die Gesellschaft „<hi rendition="#g">Verein</hi>“, eine in jeder Hinsicht „geschlossene“ Gesellschaft.</p> <p>Auch die Gesellschaft „Verein“ hat ihre Präsidentenwahl erlebt. Der Düsseldorfer Louis Bonaparte heißt im alltäglichen Umgange: <hi rendition="#g">Robert Westhoff</hi>. Notiren Sie sich diesen Namen. Der Mann, der ihn trägt, wird früher oder später diesen seinen Namen in die europäische Wagschale werfen, wie einst Brennus sein Schwert. Also Robert Westhoff, ist als einer der Direktoren der Gesellschaft „Verein“ proklamirt worden. Heil Herrn Robert Westhoff;</p> <p><hi rendition="#g">Euler</hi> lst aus dem Direktorium entfernt, weil er der gefallenen Partei der Montagnards, wir wollten sagen der linken Seite der Vereinbarer angehörte, ebenso Hr. Leutze, weil er aus New-York datirt, <hi rendition="#g">also</hi> „geborner Republikaner“ ist.</p> <p>Die Wahl des allergrößten Robert Westhoff, die Entfernung der Anarchisten aus der mehr oder minder provisorischen Regierung der Gesellschaft „Verein“, erfüllten die Partei der „honnetten“ Republikaner, wie vorauszusehen, mit siegestollem Uebermuth. Sie beschlossen einen coup de main. Der Belagerungszustand konnte leider nicht mehr in Düsseldorf eingeführt werden. Aber die Lorbeeren des „Bürgers und Kommunisten“ Drigalsky, des Düsseldorfer Cavaignac, ließen den Düsseldorfer Bonaparte nicht schlummern. Geheimrathssitzungen, Machinationen, mysteriöse Rendezvous, Hin- und Herrennen der Mitglieder des Klubs Poitiers — alles ließ auf ein schicksalsschwangeres Ereigniß schließen. Herr Robert Westhoff nahm ganz die airs Robert des Teufels an, obobgleich er das Gold nie als Chimaire verschrieen hat. Herr Robert Westhoff beschloß mit seiner Partei dem Kommunisten Drigalsky den Rang abzulaufen — durch ein <hi rendition="#g">Verbannungsdekret</hi>. Robert Westhoff war seiner Majorität sicher. Die <hi rendition="#g">„Neue Rheinische Zeitung“</hi> wurde von dem Lesetische der Gesellschaft „Verein“ <hi rendition="#g">verbannt</hi>. Unglückliche schöne Sünderin! Verbannt aus den Augen eines Drigalski, eines Westhoff! Racine starb an einem ungnädigen Blicke Ludwig XIV. und die „Neue Rheinische Zeitung“, eine weibliche Kreatur, sollte die Verbannung aus den Augen ihres Robert Westhoff überleben! Wie Ovid wird sie sich in eine thracische Einsiedelei (unter Hutmacher Nr. 17) zurückziehen und ihre libri tristium schreiben. Eheu! Eheu! Eleleleu!</p> <p>Indessen rief das Verbannungsdekret seinen parlamentarischen Sturm hervor. Die Minorität legte Protest gegen obigen Beschluß ein und beantragte die Wiederanschaffung der „Neuen Rheinischen Zeitung“. Sie legte zu dem Ende eine von den Minoritätsmitgliedern unterschriebene Liste auf dem keuschen „Lesetische“ der Gesellschaft „Verein“ auf.</p> <p>Diese Liste bot den beissenden Epigrammatisten der siegreichen Majorität erwünschte Gelegenheit ihre petits oeuvres der öffentlichen Bewunderung preißzugeben. Todschlaglaunige Runen wurden auf die Liste eingemeißelt.</p> <p>Hr. Peter Göring (der große Unbekannte) warf sich in dramtisch-wilder Stimmung auf den ersten besten Pythiasessel nieder und nach mehrstündigem Nachdenken gelang es ihm, seine unmaßgebliche Ansicht in folgenden tiefsinnigen Worten zusammenzufassen:</p> <p>„Ich stimme gegen dieses Schmähblatt.“ Gez. <hi rendition="#g">Peter Göring</hi>.</p> <p>Hr. v. <hi rendition="#g">Henaumont</hi> (Vater des tapfern Husarenlieutenants und Schwager des rechten v. Daniels) hatte dem Peter Göring sein Lebtage solchen Witz nicht zugetraut. Dreimal schlug er sich erbittert vor die Stirne und murmelte in den Bart: „Auch da steckt Witz, wenn er nur herauswollte.“ Plötzlich brach er in eine herzerschütternde Lache aus. Sogar der „Lesetisch“ der Gesellschaft „Verein“ spitzte die Ohren. <hi rendition="#i">„“,</hi> schrie Hr. v. Henoumont wie toll, <hi rendition="#i">„ <gap reason="illegible"/> </hi>! Peter Göring kann sich begraben lassen. <hi rendition="#i"><gap reason="illegible"/></hi>!“ Und Hr. v. Henoumont meißelte auf die Liste:</p> <p>„Ich stimme für dieses Blatt, damit wir auch die Lügen erfahren.“ Gez. <hi rendition="#g">Henaumont</hi>.</p> <p>Sofort beschloß die Gesellschaft „Verein“ den Charivari abzuschaffen. Sie hatte einen Beaumarchais in ihrem Schooße </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1043/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 193. Köln, Freitag den 12 Januar. 1849. Bestellungen auf die „Neue Rheinische Zeitung“ für das jetzige Quartal, Januar bis März 1849, wolle man baldigst machen und zwar in Köln bei der Expedition der Zeitung (unter Hutmacher Nr. 17), auswärts bei allen Postanstalten Deutschlands.
Für Frankreich übernimmt Abonnements Herr A. Havas, Nr. 3 Rue Jean Jacques Rousseau in Paris und das königl. Oberpostamt in Aachen, für Holland und Belgien: die belgischen Briefpostämter, für Großbritannien: Mr. Thomas, Catherine-Street, Strand in London und das belgische Briefpostamt in Ostende.
Durch den Wegfall des Stempels wird der Abonnementspreis ermäßigt und beträgt von jetzt ab für Köln nur 1 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf., bei allen preußischen Postanstalten, (das Porto einbegriffen) nur 1 Thlr. 17 Sgr. vierteljährlich; für Abonnenten im übrigen Deutschland tritt ein verhältnißmäßiger Postaufschlag hinzu.
Die Redaktion bleibt unverändert.
Die bisherigen Monatsgänge der „Neuen Rheinischen Zeitung“ sind ihr Programm. Durch ihre persönlichen Verbindungen mit den Chefs der demokratischen Partei in England, Frankreich, Italien, Belgien und Nordamerika ist die Redaktion in Stand gesetzt, ihren Lesern die politisch-soziale Bewegung des Auslandes richtiger und klarer abzuspiegeln, als irgend ein anderes Blatt. Die „N. Rh. Ztg.“ ist in dieser Beziehung nicht blos das Organ der deutschen, sondern der europäischen Demokratie.
Inserate: Die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.
Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen unseres Blattes eine sehr weite Verbreitung. Die Gerantur der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Ein neuer Rechtsboden). Düsseldorf. (Wahlklüngelei. — Prinz Friedrich. — Die Gesellschaft „Verein“ und die „N. Rh. Ztg“). Essen. (Einschreibung der Uhrwähler). Breslau. (Die politischen Verhaftungen. — Wahlaussichten. — Kriminaluntersuchung. — Pfarrer Schaffranecks Pater peccavi. — Ein neuer Staatsstreich in Aussicht). Wien. (Das 10. Armeebülletin. — Aufwiegelung der Slowakei. — Rothschild. — Stadion und § 1 des Grundrechtentwurfs. — Reichstagsjämmerlichkeit. — Auflösung der Brünner akademischen Legion. — Gemeinderäthliches Defizit. — Verwendung der nordamerikanischen Märzgelder. — Hofrath Werner. — Zunahme der Diebstähle und Raubanfälle. — Die Zwanzigernoth. — Das Czechenthum. — Ministerielle Polemik gegen Preußen. — Die Siegesberichte. — Niederlage der Serben in Südungarn. — Die Szekler und Haromseker in Kronstadt und Hermannstadt. — Ofen. — Magyarische Gefangene. — Die deutschen Hüte. — Noth und Wahnsinn. — Nikolaus. — Die Studenten. — Landsturm. Südslavische Bestrebungen. — Beabsichtigte Umschmelzung der kurrenten Münze. — 11. und 12. Armeebülletin. — Die Mörder Latours). Prag (Die Noth der Kattundrucker. — Geldnoth) Frankfurt. (National-Versammlung). Heidelberg. (Die badische Demokratie). Göttingen. (Wahlagitation zur Kammerwahl). Kiel. (Das Preußenthum in Schleswig-Holstein).
Italien. Rom. (Die Einberufung der Constituante). Gaeta. (Meßhonorare des Papstes). Turin. (Der Krieg vor der Thür). Verona. (Dekret Gerhardi's).
Schweiz. Waadt. (Delarageaz). Wallis. (Das Hospiz auf dem St. Bernhard). Bern. (Vorarbeiten zur eidgenössischen Hochschule. — Dufour).
Franz. Republik. Paris. (Faucher und die Koalitionen. — Die Arbeiterassociationen und das offizielle Frankreich. — Bilanz Frankreichs. — Die Amnestiefrage. — Vermischtes. — National-Versammlung).
Spanien. Madrid. (Die Kammer).
Belgien. Brüssel. (Dr. Wilhelmi und der „konstitutionelle Musterstaat“).
Großbritannien. London. (Die Goldminen in Kalifornien).
Amerika. Liverpool. (Ankunft des Niagara).
Deutschland. * Köln, 11. Jan. Die Abonnements für das laufende Quartal hat die ehrenveste „Kölnische Zeitung“ in Händen. Jetzt findet Herr Brüggemann sogleich Zeit, auf Entdeckungen auszugehen, die er sich noch vor einigen Tagen nicht erlaubt hätte. Gegen Ende des dahingeschiedenen und in den ersten Tagen des neuen Jahres wurde der Schrank, worin die für Abonnementsperioden fest verwahrten liberalen, auf einer Seite sogar mit radikalschillernder Farbe versehenen, Artikel und Phrasen aufbewahrt sind, waidlich hergenommen. Die geläufigsten wurden herausgeholt, in sogenannte Jahresübersichten gestopft und ebenso als Antidotum gegen Desabonnementsgelüste, wie als Aphrodisiacum zur Anreizung neuer Liebhaber der zahn-, herz- und gehirnlosen Greisin, in die Welt gesandt.
Obgleich alt, verjüngt sie sich gleichwohl jedes Quartal auf's Neue.
Hat sich die Erfindung rentirt, so kehrt man zur süßen Alltagsgewohnheit, zum Herumreiten auf irgend einem Boden, wo möglich auf dem „Rechtsboden“ zurück.
Unglücklicherweise waren Herr Dumont-Brüggemann und Komp. vor einigen Wochen urplötzlich eingebrochen; der geliebte Boden war geborsten, verschwunden, verloren.
Namenlose Seelenqual folgte diesem Unfall. Es hätte einen Stein in der Erde erbarmen mögen.
Ganz Köln war traurig, und jede Nacht ging es mit einer Thräne über Brüggemann's dahingeschiedenen Liebling, den famosen Rechtsboden — die eigentliche Merkwürdigkeit Köln's — zu Bett, und der erste Gedanke beim Erwachen war: sollte für Herrn Brüggemann keine Hilfe mehr auf Erden zu finden sein?
Auch wir haben damals Mitleid gefühlt, und obgleich uns über den abgelebten Rechtsboden viel Anrüchiges zu Ohren gekommen, machte uns die Trauer stumm, und wir summten leise vor uns hin: do mortuis nil nisi bene!
Es war ein junges Leben, das so schnell am Schlage verblich. Bei seiner Erzeugung — vom 19. bis 20. März — ging's eigentlich etwas barbarisch, unrechtlich und verwirrt zu. Herr Brüggemann hielt sich indeß an die Geburt desselben — zwischen dem 6. und 8. April 1848 — und erkannte ihn als legitim an. Nach und nach wurde Herr Brüggemann ganz verliebt in ihn, ja, vernarrt, so sehr pflegte, hätschelte, lospries, streichelte und belorbeerte er ihn. Ob damals aus Berlin eingesandte Pflegegelder die Liebe noch erhöht haben, davon schweigen die öffentlichen Memoiren des Dahingegangenen.
Wie groß die Liebe Herrn Brüggemann's zu seinem theuern Rechtsboden vom 8. April war, geht z. B. aus der Nr. vom 24. September der „Kölnischen Zeitung“ höchst unzweideutig hervor.
Herr Brüggemann sagte damals (am 24. September — bekannte Abonnementsperiode, die ihn quartaliter befällt —):
„Aber was würde der Sieg des Staatsstreiches sein? Mit der größten Mäßigung verbunden, d. h. mit der Oktroyirung einer sonst ganz genügenden Verfassung — würde dennoch immer zunächst das beklagenswerthe unmoralische Beispiel einer Verlassung des Rechtsbodens gegeben! Dadurch aber würde für die Zukunft das so nothwendige Vertrauen des Volkes und die eigne Treue (ja wahrlich, eine ganz eigne Treue) der Krone nochmals vergiftet, und eben damit der jungen Pflanze der Verfassung ein vielleicht tödtlicher Wurm mitten in's Herz gelegt sein. Es würde der um sich fressenden Zerrüttung ‥‥ aller öffentlichen Moral ein heilloser Vorschub geleistet werden! u. s. w.“
Das ist eine der zahlreichen Stellen, in welchen Herr Brüggemann seinen geliebten Rechtsboden mit biederbster Tapferkeit verfocht. Trotzdem wurde er ihm schon im November erschlagen, und man bestattete die Hülle des Verblichenen zur ewigen Ruhe.
Jedermann fürchtete in jenen Tagen, daß sich Herr Brüggemann auf eine tragische Katastrophe vorbereite, daß er in solcher Verwaisung nicht lange den unsäglichen Schmerz eines so urplötzlich und tief zerrissenen liebenden Vaterherzens überdauern werde.
Vergeblich waren Anfangs alle Tröstungen des treuen Schwanebeck, vergebens trocknete Papa Dumont die von seines Hauptredakteurs Antlitz herabrollenden Thränenströme mit einem Schnupftuch, in welches die „eigene Treue“ der preußischen Krone sinnbildlich eingewebt worden. Wie einst Augustus im verzweiflungsvollen Seelenkampf nur die Worte wiederholte: „o Varus, o Varus, gieb mir meine Legionen wieder!“: so rief Herr Brüggemann unaufhörlich: O Brandenburg, o Manteuffel, stellt mir meinen (durch ein so „unmoralisches Beispiel“) hingemordeten Rechtsboden zurück.
Doch das fortwährende Flennen und Winseln ärgerte endlich unsern Dumont. Das Ende des Quartals und die neuen Abonnements kamen täglich um 24 Stunden näher gerückt. Er forderte seinen Redakteur daher auf, die Geschichte nicht zu übertreiben. Viele Eltern hätten schon ihre geliebtesten Sprößlinge verloren, aber ein vernünftiger Kerl sei der, welcher seine Mannheit nicht im Stöhnen vergeude, sondern auf Ersatz und neue Zeugung verwende. Die geflügelten Worte des Mahners fanden Eingang. Es blitzte in der Seele des Gebeugten und — er erwiderte:
Wohl, Vater Dumont, nicht sogleich ist dem Menschen es möglich, sich über so schreckliches Erlebniß hinwegzusetzen, doch stunde nur die völlige Ablegung meines Trauergewandes bis nach den heiligen Dreikönigen. Dann haben wir unsere Abonnenten und ich zugleich einen neuen Rechtsboden gewonnen, der in neuer Liebe gezeugt, auch mit neuer Liebe gepflegt werden soll.
Er schwor's bei seinem Barte, schnitt eine Feder und schrieb einen noch sehr leidenden Artickel: „Die preußische Verfassung vom 5. Dezember“ und über deren Geist. „Wir erkennen in ihm den „Geist der wahren Freiheit“ (rief der schon nicht mehr ganz verwaiste Herr Redakteur aus). Ja er erkennt in dieser Verfassung den „Geist der (belagerungs-) stätigen, freigesetzlichen Entwickelung der Demokratie und (Kroaten-) Humanität. Man vergl. Nr. 333 der „Kölnischen“.
Der Anfang war gemacht. Herr Brüggemann hatte die Verfassung „erkannt“, und in der heutigen Nummer ist er schon im Stande, uns die Frucht dieses Erkennens — den neuen Rechtsboden — in bester Form zu präsentiren.
Seine Anzeige faßt er in folgende Worte:
„Diese ausdrückliche Annahme des von der Krone (mit dem obigen „beklagenswerthen unmoralischen Beispiel“) dargebotenen und vom Volke bereits angenommenen (wie der allgemeine Belagerungszustand und die Verhaftungen en masse beweisen) breiten Rechtsbodens ‥‥ ist der Kardinalpunkt, für welchen alle Freunde der Ruhe vereint einzustehen haben u. s. w.“
Also: Le roi est mort, vive le roi!
Auf Brüggemann'sch: Der Rechtsboden ist todt, es lebe der Rechtsboden!
109 Düsseldorf, 10 Januar. Nächst den verkannten Genie's deren auch wir mehrere Prachtexemplare aufweisen können, giebt es nichts Komischeres als die hiesigen Wahlmanöver, von welcher Partei sie auch ausgehen.
Ich versichere Sie, so unglaublich es klingen mag, allen Parteien, und was die demokratische Partei anlangt, wenigstens den Häuptern und „verkannten Genie's“ derselben, würde man in diesem Augenblick durch die Aufhebung des Belagerungszustandes den größten Schabernack spielen. Was giebt es auch Lieblicheres für den Krämergeist als die stille Klüngelei! Wären Volksversammlungen gestattet, man müßte seine Kandidaten öffentlich nennen, sich herumstreiten und zanken, und das Alles hat seine schlimme Seite. Aber unter dem Belagerungszustand, wenn man nur gute Beine zur Verfügung hat, da geht Alles ganz herrlich von Statten. Man kennt seine Leute, die „verkannten Genie's“ machen Alles ganz gemüthlich unter sich ab, und dann laufen die Pagen dieser Trauerweiden umher, und suchen unter Anpreisung derselben die Leute zu stimmen. Die Parole ist nun ausgetheilt, man wartet den Erfolg ruhig ab. Ist das nicht sehr gemüthlich?
Daß die Heulerpartei glückselig ist, bedarf keiner Versicherung. Diese Herren glauben sich ihrer Sache so gewiß, daß sie wähnen, ihnen bliebe nur der l'embarras du cboix. Man nennt als Kandidaten derselben drei Personen, von denen zwei Mitglieder der Deputation nach Potsdam. Die Dritte wird aber wohl die Stimmen dieser Herren erhalten, und das ist — der Prinz Friedrich, königl. Hoh. Nur zittert man, Se. Hoheit werde die unterthänige Wahl nicht annehmen. Sie sehen, in den Erfolg setzt man keinen Zweifel mehr. Es lebe der Belagerungszustand!
Wundern Sie sich nicht, wenn je nach dem Erfolg der Wahlen die eine oder andere Partei dem königl. Kommunisten nächstens für das Geschenk des Belagerungszustandes einen Ehrensäbel verehrt.
X Düsseldorf, 10. Jan. Die Contrerevolution wird in Düsseldorf zum humoristischen Genrebild.
Versetzen Sie sich einen Augenblick aus der Pariser Nationalversammlung oder dem Kremsier Reichstag in die Gesellschaft „Verein“, eine in jeder Hinsicht „geschlossene“ Gesellschaft.
Auch die Gesellschaft „Verein“ hat ihre Präsidentenwahl erlebt. Der Düsseldorfer Louis Bonaparte heißt im alltäglichen Umgange: Robert Westhoff. Notiren Sie sich diesen Namen. Der Mann, der ihn trägt, wird früher oder später diesen seinen Namen in die europäische Wagschale werfen, wie einst Brennus sein Schwert. Also Robert Westhoff, ist als einer der Direktoren der Gesellschaft „Verein“ proklamirt worden. Heil Herrn Robert Westhoff;
Euler lst aus dem Direktorium entfernt, weil er der gefallenen Partei der Montagnards, wir wollten sagen der linken Seite der Vereinbarer angehörte, ebenso Hr. Leutze, weil er aus New-York datirt, also „geborner Republikaner“ ist.
Die Wahl des allergrößten Robert Westhoff, die Entfernung der Anarchisten aus der mehr oder minder provisorischen Regierung der Gesellschaft „Verein“, erfüllten die Partei der „honnetten“ Republikaner, wie vorauszusehen, mit siegestollem Uebermuth. Sie beschlossen einen coup de main. Der Belagerungszustand konnte leider nicht mehr in Düsseldorf eingeführt werden. Aber die Lorbeeren des „Bürgers und Kommunisten“ Drigalsky, des Düsseldorfer Cavaignac, ließen den Düsseldorfer Bonaparte nicht schlummern. Geheimrathssitzungen, Machinationen, mysteriöse Rendezvous, Hin- und Herrennen der Mitglieder des Klubs Poitiers — alles ließ auf ein schicksalsschwangeres Ereigniß schließen. Herr Robert Westhoff nahm ganz die airs Robert des Teufels an, obobgleich er das Gold nie als Chimaire verschrieen hat. Herr Robert Westhoff beschloß mit seiner Partei dem Kommunisten Drigalsky den Rang abzulaufen — durch ein Verbannungsdekret. Robert Westhoff war seiner Majorität sicher. Die „Neue Rheinische Zeitung“ wurde von dem Lesetische der Gesellschaft „Verein“ verbannt. Unglückliche schöne Sünderin! Verbannt aus den Augen eines Drigalski, eines Westhoff! Racine starb an einem ungnädigen Blicke Ludwig XIV. und die „Neue Rheinische Zeitung“, eine weibliche Kreatur, sollte die Verbannung aus den Augen ihres Robert Westhoff überleben! Wie Ovid wird sie sich in eine thracische Einsiedelei (unter Hutmacher Nr. 17) zurückziehen und ihre libri tristium schreiben. Eheu! Eheu! Eleleleu!
Indessen rief das Verbannungsdekret seinen parlamentarischen Sturm hervor. Die Minorität legte Protest gegen obigen Beschluß ein und beantragte die Wiederanschaffung der „Neuen Rheinischen Zeitung“. Sie legte zu dem Ende eine von den Minoritätsmitgliedern unterschriebene Liste auf dem keuschen „Lesetische“ der Gesellschaft „Verein“ auf.
Diese Liste bot den beissenden Epigrammatisten der siegreichen Majorität erwünschte Gelegenheit ihre petits oeuvres der öffentlichen Bewunderung preißzugeben. Todschlaglaunige Runen wurden auf die Liste eingemeißelt.
Hr. Peter Göring (der große Unbekannte) warf sich in dramtisch-wilder Stimmung auf den ersten besten Pythiasessel nieder und nach mehrstündigem Nachdenken gelang es ihm, seine unmaßgebliche Ansicht in folgenden tiefsinnigen Worten zusammenzufassen:
„Ich stimme gegen dieses Schmähblatt.“ Gez. Peter Göring.
Hr. v. Henaumont (Vater des tapfern Husarenlieutenants und Schwager des rechten v. Daniels) hatte dem Peter Göring sein Lebtage solchen Witz nicht zugetraut. Dreimal schlug er sich erbittert vor die Stirne und murmelte in den Bart: „Auch da steckt Witz, wenn er nur herauswollte.“ Plötzlich brach er in eine herzerschütternde Lache aus. Sogar der „Lesetisch“ der Gesellschaft „Verein“ spitzte die Ohren. „“, schrie Hr. v. Henoumont wie toll, „ _ ! Peter Göring kann sich begraben lassen. _ !“ Und Hr. v. Henoumont meißelte auf die Liste:
„Ich stimme für dieses Blatt, damit wir auch die Lügen erfahren.“ Gez. Henaumont.
Sofort beschloß die Gesellschaft „Verein“ den Charivari abzuschaffen. Sie hatte einen Beaumarchais in ihrem Schooße
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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