Neue Rheinische Zeitung. Nr. 194. Köln, 13. Januar 1849. Beilage.Beilage zu Nr. 194 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag 13. Januar 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] hat Preußen aber auch seine Offizierstafel aufzuweisen, die in Belgien so allgemeine Anerkennung fand, daß man preußische Offiziere zu ihrer Organisation nach Brüssel belangte. Frankreich kann mit Preußen einen Tausch eingehen. Preußen richtet in Paris die Organisationstafel ein, und Frankreich gibt ihm zum Ersatz die Postreform. Die neue Broschüre, die Guizot von London aus über die jetzigen Zustände veröffentlicht, ist schwach. Die Times, das Bourgeoisblatt par excellence, dessen Urtheil in dieser Hinsicht unverdächtig ist, findet, daß die Broschüre den Erwartungen nicht im mindesten entspricht. Das Journal des Debats dagegen ist entzückt darüber; welche Großmuth! "In keinem einzigen Worte eine Klage!" Und worüber hätte sich Herr Guizot zu beklagen? Darüber, daß das Volk ihn nicht gerichtet hat, wie er die Unglücklichen von Buzancais gerichtet? Herr Guizot hat sein Leben und seine Renten gerettet und beklagt sich nicht, während die Hingeschlachteten von Buzancais sich nicht mehr beklagen können. "Ich wage es zu glauben, sagt Guizot, daß man in dieser Schrift nichts finden wird, das im mindesten den Abdruck meiner persönlichen Lage an sich trüge. Wer Angesichts so großer Dinge sich nicht selbst vergäße, verdiente auf ewig vergessen zu werden." Es ist eine wahre Freude zu sehen, daß Guizot sich den Franzosen wieder in Erinnerung bringt; daß er sich so wenig vergißt, und in aller Sicherheit nach Paris zurückkömmt. Die französischen Proletarier werden dieses Mal ihn gewiß nicht vergessen. "Je mehr ich daran denke, je mehr dringt sich mir die Ueberzeugung auf, daß das Uebel, welches alle Regierungen untergräbt und vernichtet, nichts anders ist, als die "idolatrie democratique" (die demokratische Abgötterei)." Und nun ruft das Journal des Debats entzückt aus: "Seht, Guizot hat keinen Zorn, kein Rachegefühl. Was ihm am Herzen liegt, das ist das Wohl Frankreichs!" Und nun ergeht sich das feile Blatt in Lobpreisungen des tiefen Staatsmannes Guizot, der die Demokratie organisiren will. "Ueber die politischen Bedingungen des socialen Friedens". Geht Herr Guizot auf die politischen Bedingungen des socialen Friedens ein, so wird er wahrhaft abgeschmackt; denn diese politischen Bedingungen sind rein moralischer Natur. Geist der Religion; Geist der Familie und Geist des politischen Geistes, d. h. Geist des Patriotismus! Dieses Mal hatte die englische Times keinen Grund mehr, die Partei Guizot's politisch zu ergreifen; sie hat ihn literarisch beurtheilt: "Guizot ist fade." Seit wann ist Guizot fade, dumm geworden? 17 Paris, 10. Jan. Die Amnestiefrage tritt wieder in den Hintergrund, ein Ministerkrakehl ist ja weit interessanter, als das Loos etlicher tausend in dieser bösen Jahreszeit den feindlichsten Naturgewalten zur Züchtigung hingeworfener Juniinsurgenten. Der Prinz Bonaparte bedient sich nicht mehr des republikanischen "Gruß und Bruderschaft", sondern des Louisphilippschen Briefstyles; ditto die Herren Minister. 68 Paris, 10. Januar. Lesenswerth ist die Fortsetzung der Charles Dupin'schen Vorträge im Kunst- und Gewerbe-Conservatorium über Statistik. Darin heißt es unter Anderem: "Das Volk von Paris trug in dem sehr tolerablen Jahre 1846 für 20,602,895 Frk. Kleiderpfänder ins Leihhaus und in dem Hungerjahre 1847 für 20,699,388 Frk., also nur 4 Frk. 68 Centimen von 1000 Frk. mehr. 1846 wurden für 1,737,135 unausgelöseter Pfänder verkauft und 1847 für 1,918,266 Franken. Im Jahre 1846 betrug die Ein- und Ausfuhr des französischen Handels 2,232,091,258 Frk. und im Jahre 1847 dagegen 2,275,690,496 Frk. Vom Jahre 1848 fehlen die Zahlen. Auffallend ist das Sinken der Preise für die Rohstoffe, welche Paris für seine Luxusartikel vom Ausland bezieht. Die Cochenille ist um 10 Prozent, die Steinkohle um 20, Indigo um 22, Blei um 32, Zink um 34, Zinn um 36, rohe Schaafwolle um 45, Gußeisen um 49, Kupfer um 50, Mahagoniholz um 82 Prozent gefallen, was von der verminderten Produktion (schwächeren Nachfrage) herkömmt. Im gleichen Verhältniß sanken die Eskomptirungen an der Bank. Im März 1848 zahlte sie 145 Millionen, im Mai 121 Mill, im Juni 117 Mill., im August 92 Mill., im September 88 Mill, im Oktober 71 und im December 59 Millionen Franken aus. Vom März bis December entzog also die Bank dem Handel 57 Prozent ihrer Kapitalshilfe und eben so viel beträgt die Abnahme des Bedarfs an Rohstoffen in den Arbeitsvierteln der Faubourg St. Denis, St. Martin und St. Antoine. Herr Dupin (junior) schreibt den größten Theil des über die Pariser Fabrikation gekommenen Unglücks (natürlich) der Observationsarmee zu, welche an den Marken der Pariser Industrie unter den Titel "Nationalhandwerkstätten" lagerte und von 5000 Arbeitern am 15. März auf 117000 Faullenzer bis zum 1. Mai schwoll und wöchentlich Eine Million Franken verschlang, während der eigentliche Hilfsbedürftige der Stadt vergebens an die Pforten der Mairieämter klopfte." Schließlich schleudert er einige Donnerkeile gegen die modernen Satane (Sozialisten und Kommunisten), welche den Saamen der Zwietracht zwischen Arbeiter und Meister gesäet hätten. Sie predigten: "Man müsse den Profit des Meisters aufheben, dann würde man das Schicksal des Arbeiters bessern. (Verblendung.) Vor zwei Jahren brauchte der Arbeiter nur 40 Cent. Brodzulage zu verlangen, heute stehen dieselben Werkstätten still und er kann nicht einmal die 28 Cent. auftreiben, welche das Brod kostet. Der Stadtrath muß einem Drittel der Pariser Bevölkerung das Brod kaufen, weil er keine Arbeit hat. Das ist die "immense Le[unleserliches Material]on", die Paris von den sogenannten Arbeitsorganisatoren erhalten." Ergötzlich ist endlich die Schadenfreude, mit der Herr Dupin inzwischen ausruft: "Glücklicherweise verliert England seit unseren Desastern und der europäischen Erschütterung 100 Millionen Franken an seinem bisherigen Absatz nach dem Continent. (Folgen die diesfälligen Waarenartikel.) "Diesen Verlust mag es als Lehrgeld betrachten, den es dem französischen sozialistischen Genie zahlt. Der englische Kapitalist und Arbeiter sind zu einsichtsvoll und überlegt (intelligents et reflechis) um nicht zu begreifen, daß man die Subsistenz des Arbeiters vernichtet, wenn man die Opulenz und Securität des Käufers zerstört. Tant mieux pour la paix du travail et la felicite du monde!" -- Die Syndikatskammer der sämmtlichen Pariser Bäckermeister hat beim Präsidenten Bonaparte um eine Audienz nachgesucht und auch erhalten. -- Heute marschiren wiederholt Truppen an die Barrieren. Es scheint, eine zweite Auflage der Wein Emeute ist im Anzuge. -- Thiers führte gestern bei der Falloux'schen Schulkommission den Vorsitz im Universitätssaal. -- Die Pariser Anklagekammer des Appellationshofes hat gestern ihre Berathungen über die Maigefangenen in Vincennes geschlossen. Ihre Conclusionen sind jedoch noch ein Geheimniß. -- Die Nationalversammlung, die sich heute mit dem Assistenzgesetz beschäftigt, das den Almosen zum Staatsrecht erhebt, verspricht für übermorgen eine stürmische Sitzung. Sie wird darin nämlich den Rateauschen Antrag über Auflösung der Nationalversammlung diskutiren. -- An den Straßenecken fordern elegant gedruckte kolossale Affichen mit der Ueberschrift: "Auf! Auf! nach den Goldminen!" zur Ueberfahrt nach Californien auf. Die Rheder in Havre haben hiefür ein appartes Büreau bei Hrn. Ferdinand de Courseulles in der Rue de Provence Nro. 60 errichtet, wo alle Goldgierigen sich von Mittags 12 bis 2 Uhr einfinden sollen, um gegen gutes Geld eingeschrieben zu werden. -- Ricci, den man als gänzlich in Ungnade gefallen nach Turin zurückkehren ließ, geht als Vertreter Sardiniens zu den Conferenzen nach Brüssel. -- Arago in Berlin und Leflo in Petersburg haben, hört man, auf baldige Ersetzung angetragen. -- Francois Bouvet, der jüngst die Brüsseler Friedens-Farce präsidirte, hat bei der Nationalversammlung den Antrag gestellt, einen allgemeinen Congreß am 1. Mai 1849 in Konstantinopel zusammenzurufen, wo man über die Mittel berathen wolle, die stehenden Heere abzuschaffen. -- Gestern stand Simon Bernard, heute Vasbenter (vom Peuple) vor den Assissen. Die Verurtheilungen, obgleich gelind, folgen Schlag auf Schlag auf einander. -- Morgen wird uns der Moniteur für seine heutige Leere entschädigen und uns ein ganzes Heer vor neuen Präfekten und Unterpräfekten bringen. -- Reynal (vom Berg) wäre heute früh beinahe von einer Hyäne in Stücke zerrissen worden. Dieser junge Deputirte hatte nämlich eine dieser Afrikanerinnen wie einen Hund erzogen, das Thier war ganz zahm geworden, scheint aber in einem Anfall von Wuth sich gegen das Gesicht seines Herren beim Frühstück gestürtzt zu haben. Die Beschädigungen sind indeß wie man hört nicht gefährlich und der Unvorsichtige wird wohl mit einigen Beißnarben davon kommen. -- Das reaktionäre Blatt L'Opinion publique behauptet, daß Marrast auf den Austritt Fallour's etc. und den Eintritt Dufaure's, Lamoriciere's, Vivien's und Cremieux's ins Kabinet dringe. -- National-Versammlung. Sitzung vom 10. Januar. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Viel Zerstreuung im Saale. Deludre macht bemerklich, man solle doch den Artikel 20 des Reglements befolgen. (Adhesion). Ein Deputirter überreicht eine Petition von der Goldküste, welche die Droits reunis nicht mehr bezahlen will. (Heiterkeit). An der Tagesordnung sind neue 67,078 Fr. für das Kultusministerium pro 1849 und 1850, deren Berathung ohne alles Interesse. Marrast: Wollen Sie, daß ich die neuen Bestimmungen der Geschäftsordnung anwende, welche Abstimmung durch Stimmzettel über die Gesammtheit der Gesetze vorschreibt. (Ja, ja! Nein!) Dies geschieht. Der Kredit wird von 620 gegen 3 genehmigt. Bravard Verriere stattet über die zur nochmaligen Prüfung überwiesenen neuen Bestimmungen der Geschaftsordnung Bericht. Marrast bestimmt, daß das Ausschußgutachten morgen diskutirt werde. Die Versammlung geht zur eigentlichen Tagesordnung (Assistenzgesetz) über, aus welchem wir neulich Auszüge nach dem Moniteur bereits brachten Frichon, Berichterstatter, giebt die Geschichte des Gesetzvorschlags zum Besten, als dessen Urheber er Hrn. Dufaure bezeichnet. Dufaure gesteht nur zu, die Grundzüge entworfen zu haben. Nach der Februarrevolution ward eine Staatsassistenz nöthig. Er habe die Grundsätze dafür aufgestellt. Man solle nur über diese diskutiren und den Modus der Ausfuhrung dem Staatsrathe überlassen. Administrativ-Reglementsbestimmungen sei nicht Sache der National-Versammlung. Frichon erwiedert einige Worte, worauf die Versammlung die Generaldebatte schließt, und sogleich zur artikelweisen Berathung des Entwurfs schreitet Artikel 1 (von der Organisation des Armen- und Krankenwesens in Paris) wird stark debattirt. Buchez, Besnordt, Repellin, Gillon, Dufaure und viele Andere stellen eine Menge Zusätze zum Artikel 1, nach deren Erledigung Artikel 1 endlich durchgeht. Artikel 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8 gehen rasch hinter einander durch. Marrast läßt über das Gesammtgesetz abstimmen. Dasselbe wird genehmigt. Die Staatsalmosengeberei wäre somit geregelt. Allelujah! Jetzt giebt es eine Scandalgeschichte. Laussedat verlangt nämlich das Wort, um den Unterrichtsminister wegen gewisser Universitätsprofessorenumtriebe zur Rede zu stellen. Bouillaud, von der medizinischen Fakultät, sei abgesetzt worden, weil er den großen Chemiker Orfila als einen Betrüger entlarvt habe. Der Staat zahle nämlich bedeutende Gelder an diesen Professor für Experimente u. s. w. und da habe es sich herausgestellt, daß Hr. Orfila die Bagatelle von 28,443 Fr. unterschlagen. Trousseau, Freund des Angeklagten, will die Existenz dieses Defizits zwar nicht leugnen, sucht aber zu beweisen, daß Orfila diese Gelder zu andern wissenschaftlichen Zwecken verwand habe. (Oh! Oh!) Auch Falloux vertheidigt ihn. Deslongrais aber nennt dieses Betragen ein Falsum und erregt durch seine berühmte Heftigkeit großen Lärm. Tresneau, Ex-Kultus- und Unterrichtsminister, der den Papst in Marseille empfangen sollte, rechtfertigt den Angeklagten vom Vorwufe des Betrugs und sagt, der Administration der betreffenden Fonds sei eine Ruge zugegangen. Man solle sich damit begnügen. (Ja, ja! Nein, nein!) Die Tagesordnung wird ausgesprochen. Hr. Orfila, der Dynastiker, wird als ehrlicher Mann erklart. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen. Spanien. Madrid, 3. Jan. Das Ministerium beabsichtigt, schon morgen den Cor[unleserliches Material]es das Büdget vorzulegen. -- Die Adreßdiskussion hat begonnen. Moron griff das Kabinet heftig an, und Mon mußte seine ganze Beredsamkeit aufbieten, um den tiefen Eindruck zu verwischen, den die scharfe Kritik Moron's auf die Versammlung machte. Auf Moron folgte Cortina, das Haupt unserer Radikalen, dessen Rede (Bekämpfung des Adreßentwurfs) fast die ganze heutige Sitzung füllte. Cortina ging die politischen Ereignisse des vorigen Jahrhunderts durch und goß seinen ganzen Groll gegen das Ministerium wegen des Bulwer'schen Handels aus. Er tadelte das Kabinet bitter, und gab den Engländern vollkommen Recht. Das Benehmen der Regierung gegen Pius IX. fand allein Barmherzigkeit vor dem Zorn des gewaltigen radikalen Stimmführers. Diese Rede bildet das Ereigniß des Tages, und Pidal wird sie morgen (4. Januar) im Namen des Kabinets beantworten. Großbritannien. 68 London, 9. Jan. Wir haben schon mehrere Male Veranlassung genommen, arf die Thätigkeit Lord Palmerston's, Minister der auswärtigen Angelegenheiten Großbritvnniens, zurückzukommen, indem wir die vielen Fehler, Willkürlichkeiten und Infamien dieses bisher so renommirten Staatsmannes nicht genug zu brandmarken wußten. Wir gingen in unsern damaligen Räsonnements gewissermaßen Hand in Hand mit einem Urtheile George Julian Harney's, jenes bekannten Chartisten, vor dem sich der edle Lord auf dem Markte von Tivertom einst in einer dreistündigen Rede zu rechtfertigen suchte. Heute erleben wir die Genugthuung, daß die Times in einem langen leitenden Artikel die Palmerstonschen Sünden aufzählt und von ihrem Standpunkte aus über den alten Whig total den Stab bricht. Wörtlich heißt es in dem Artikel der Times wie folgt: "Wahrlich, seit der Thronbesteigung der Königin Viktoria gab es keine Zeit, wo die auswärtigen Verbindungen der Krone ein so bejammernswerthes Bild fehlgeschlagener Unternehmungen darboten als in diesem Augenblicke. Mit keinem einzigen Staate der einen und der andern Hemisphäre stehen wir, wie man zu sagen pflegt, auf gutem, freundschaftlichen Fuß, nur zu mehreren der hervorragendsten, mit denen wir durch politische Traditionen und durch kommerzielle Interessen auf's nächste verbunden sind, verhalten wir uns beinah feinlich. In der ganzen Welt hat unsre auswärtige Politik das Gefühl der Erbitterung und des Mistrauens hervorgeführen. Ueberall sieht man britischen Geschäftsträgern Feinde jener Gouvernements, die wir unterstützen müssen und bei denen jene Botschafter selstb accredirt wurden, so daß Kälte und Abneigung jenem Vertrauen und jenem Einverständniß sogten, mit dem wir seit einer Reihe von Jahren auf wahrhaft systematische Weise verbunden waren. Die Times geht dann auf die verschiedenen Länder ein, die sich der Palmerstonschen Politik zu erfreuen hatten Zuerst führt sie Oestereich an, indem sie es als eine sehr empfindliche Beleidigung ansseht, daß der österreichische Hof, um die Palmerstonsche Handlungsweise in der italienischen Angelegenheit zu rächen, keine einzige bedeutende Person nach London sandte, der die Thronbesteigung ges neuen Kaisers anzeige. In Spanien. fährt sie dann fort, wurde trotz der wohlmeinenden Vermittlungen des Königs der Belgier, kein Versuch gemacht, um jene scandalöse und unpolitische Unterbrechung unsrer diplomatischen Verbindungen wieder herzustellen. In Griechenland erging es uns nicht besser. Unsre ganze Politik brachte uns nur persönlichen Haß zu Wege. Der französische Einfluß wurde vorherrschend, weil man unsre Strenge fürchtete, und selbst seit dem Tode Coletti's blieben wir in Athen machtlos und verachtet. In Brasilien scheiterte die Mission Lord Howden's vollständig; Nosas nahm sich das Verfahren von Narvaez zu Muster, und wie man in Spanien unsern Gesandten ohne Weiteres hinauswies, so verstattete man unserm brasilianischen Geschäftsträger nicht einmal eine Audienz und erlaubte ihm nur in der Eigenschaft eines Privatmannes bis zum Eintreffen neuer Instruktionen in Buenos Ayres zu verweilen. Gehen wir ein wenig weiter zurück, zu der Rolle, welche England in Portugal spielte, so finden wir, daß die schließlich glücklichen Erfolge der britischen Einmischung in die Angelegenheiten jenes Landes, ganz gegen die ursprünglichen Absichten und Wünsche Lord Palmerston's waren. Erst durch die öffentliche Meinung in England und durch die energischen Protestationen in Lissabon gezwungen, entsagte Palmerston endlich seinen Plänen und befahl dem britischen Admiral, die ganze Expedition der Junta zu vereiteln. Nachdem die Times dann auch noch das Verfahren Palmerstons gegenüber der Schweiz, eben nicht vortheilhaft geschildert hat, macht sie ihm in Betreff Neapels und Siziliens die herbsten Vorwürfe. Abwechselnd habe man die Sache beider Parteien ergriffen und wieder fahren lassen. "Lord Minto wurde aufs enthusiastischste in Palermo begrüßt; die Emissäre der sicilianischen Insurgenten empfing man in ministerieller Audienz in London, man erlaubte ihnen sogar, Waffen und Munition zu kaufen und das Ministerium des Auswärtigen unterstützte sie hierbei, indem es die Hoffnungen der Sicilianer dadurch bis zur Gewißheit eines glücklichen Erfolges steigerte. Als aber der Tag der Entscheidung kam: überließ man Messina seinem Schicksal, indem man durch ein britisches Kriegsschiff in der Bai von Neapel den Hof alarmirte, ohne den Sicilianern zu helfen, einerseits die Rache des Königs von Neapel fürchtend, anderseits eine diplomatische Kollision mit dem Kaiser von Rußland. So fährt die Times fort, und wir müssen gestehen, es freut uns, daß sie mit der chartistischen Partei daran arbeitet, einen Staatsmann zu stürzen, der sich als der wunderlichste Schwächling und der hölzernste Krakehler seiner Partei lange genug ausgezeichnet hat. Wenn das Bourgeoisblatt, die Times, über Palmerston herfällt, weil er die Bourgeois-Interessen nicht entschlossen genug vertritt, so wünschen wir seinen baldigen Fall, weil er trotz aller anfänglichen Händelsucht und Polterei, schließlich die Freiheit der Völker in einer wahrhaft eklatanten Weise, bei jeder Gelegenheit im Interesse der heiligen Allianz verrathen hat. Auffallend bleibt es jedenfalls, daß die Polemik der Times gegen Lord Palmerston zusammenfällt mit einer ähnlichen Polemik des Girardin'schen Blattes in Paris und der standrechtlichen "Presse" in Wien! 24 London, 10. Jan. Sie können sich denken, daß die Geldnachrichten aus den Vereinigten Staaten jetzt in der englischen Presse eben so sehr besprochen werden, als in der amerikanischen. Daß man in Privat- und öffentlichen Gesellschaften sich gleichfalls unausgesetzt mit diesem Thema beschäftigt, braucht kaum bemerkt zu werden. Die "Daily News" enthalten wieder einen ausführlichen leitenden Artikel über diesen Gegenstand. "Wenn die Schilderung der goldenen Schätze Californiens," (heißt es darin) "wahr ist, so kommt für den Nationalökonomen ein nicht vorausgesehenes Element in: Berechnung. Der Grundsatz, daß der Werth der kostbaren Metalle, wie der andrer Industrieprodukte, zuerst durch die Produktionskosten und weiter durch Seltenheit, durch Ansichten über Nützlichkeit, Bequemlichkeit etc. bestimmt wird, scheint durch diese neue Entdeckung aufgehoben zu werden. Vorausgesetzt, daß das kostbare Metall auch nur annähernd in der behaupteten Masse gefunden wird, so frägt sich's, in wie weit diese Entdeckung auf den Werth von Gold und Silber, die wegen ihrer verschiedenen Eigenschaften als Werthmaaße angenommen sind, einwirken wird. Eine ebenso interessante Frage ist die, in welchem Grade Industrie und Produktion durch eine plötzliche und bedeutende Vermehrung des Goldes werden angestachelt werden. Denn daß diese Vermehrung, wenigstens für einige Zeit, ein mächtiger Stimulus sein wird, unterliegt wohl keinem Zweifel. Uebersteigt die aus Amerika nach Europa fluthende Goldmenge die Nachfrage, so wird der Goldwerth fallen und der Preis aller andern Waaren verhältnißmäßig steigen. Das Verhältniß zwischen Gold und Silber wird eine Störung erleiden, so daß die Werthmesser in jedem Lande und das Austauschverhältniß von einem Lande zum andern geändert werden. Die Festigkeit und Regelmäßigkeit des Werths beider Metalle, die unserer Erfahrung nach bisher obgewaltet, mögen vielleicht für die regelmäßige Zufuhr aus den Bergwerken keinen Beweis abgeben; was sie aber beweisen, ist: daß die fortschreitende Civilisation, die Zunahme des Reichthums, der kommerziellen Unternehmungen und andere damit zusammenhängende Ursachen jeden Ueberfluß an edlen Metallen, stufenweise absorbirt haben. Mit dem bei den modernen Völkern wachsenden Reichthum wuchs auch der Verbrauch der edlen Metalle. Ohne Zweifel ist die Produktivität der Silberminen größer und regelmäßiger als die der Goldminen. In dem gegenseitigen Verhältniß würden nur geringe Schwankungen eintreten. Indeß der enorme Zuwachs des Silbergeldes in den Vereinigten Staaten, auf dem europäischen Kontinent, und selbst in Indien und unsern Kolonien hat den Preis für eine Unze Silber etwas unter 5 Schill. (1 Thlr. 20 Sgr.) gehalten. Da in England nur Gold als Werthmesser angenommen ist, so findet mit Ausnahme der Verein. Staaten, der Goldabfluß gewöhnlich nach England und der Silberabfluß nach dem Continent statt Da England ein Markt ist für irgend bedeutende Silbermassen so würde hier der Preis unausweichbar fallen, wie dies geschieht, Beilage zu Nr. 194 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag 13. Januar 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] hat Preußen aber auch seine Offizierstafel aufzuweisen, die in Belgien so allgemeine Anerkennung fand, daß man preußische Offiziere zu ihrer Organisation nach Brüssel belangte. Frankreich kann mit Preußen einen Tausch eingehen. Preußen richtet in Paris die Organisationstafel ein, und Frankreich gibt ihm zum Ersatz die Postreform. Die neue Broschüre, die Guizot von London aus über die jetzigen Zustände veröffentlicht, ist schwach. Die Times, das Bourgeoisblatt par excellence, dessen Urtheil in dieser Hinsicht unverdächtig ist, findet, daß die Broschüre den Erwartungen nicht im mindesten entspricht. Das Journal des Debats dagegen ist entzückt darüber; welche Großmuth! „In keinem einzigen Worte eine Klage!“ Und worüber hätte sich Herr Guizot zu beklagen? Darüber, daß das Volk ihn nicht gerichtet hat, wie er die Unglücklichen von Buzancais gerichtet? Herr Guizot hat sein Leben und seine Renten gerettet und beklagt sich nicht, während die Hingeschlachteten von Buzancais sich nicht mehr beklagen können. „Ich wage es zu glauben, sagt Guizot, daß man in dieser Schrift nichts finden wird, das im mindesten den Abdruck meiner persönlichen Lage an sich trüge. Wer Angesichts so großer Dinge sich nicht selbst vergäße, verdiente auf ewig vergessen zu werden.“ Es ist eine wahre Freude zu sehen, daß Guizot sich den Franzosen wieder in Erinnerung bringt; daß er sich so wenig vergißt, und in aller Sicherheit nach Paris zurückkömmt. Die französischen Proletarier werden dieses Mal ihn gewiß nicht vergessen. „Je mehr ich daran denke, je mehr dringt sich mir die Ueberzeugung auf, daß das Uebel, welches alle Regierungen untergräbt und vernichtet, nichts anders ist, als die «idolatrie démocratique» (die demokratische Abgötterei).“ Und nun ruft das Journal des Debats entzückt aus: „Seht, Guizot hat keinen Zorn, kein Rachegefühl. Was ihm am Herzen liegt, das ist das Wohl Frankreichs!“ Und nun ergeht sich das feile Blatt in Lobpreisungen des tiefen Staatsmannes Guizot, der die Demokratie organisiren will. „Ueber die politischen Bedingungen des socialen Friedens“. Geht Herr Guizot auf die politischen Bedingungen des socialen Friedens ein, so wird er wahrhaft abgeschmackt; denn diese politischen Bedingungen sind rein moralischer Natur. Geist der Religion; Geist der Familie und Geist des politischen Geistes, d. h. Geist des Patriotismus! Dieses Mal hatte die englische Times keinen Grund mehr, die Partei Guizot's politisch zu ergreifen; sie hat ihn literarisch beurtheilt: „Guizot ist fade.“ Seit wann ist Guizot fade, dumm geworden? 17 Paris, 10. Jan. Die Amnestiefrage tritt wieder in den Hintergrund, ein Ministerkrakehl ist ja weit interessanter, als das Loos etlicher tausend in dieser bösen Jahreszeit den feindlichsten Naturgewalten zur Züchtigung hingeworfener Juniinsurgenten. Der Prinz Bonaparte bedient sich nicht mehr des republikanischen „Gruß und Bruderschaft“, sondern des Louisphilippschen Briefstyles; ditto die Herren Minister. 68 Paris, 10. Januar. Lesenswerth ist die Fortsetzung der Charles Dupin'schen Vorträge im Kunst- und Gewerbe-Conservatorium über Statistik. Darin heißt es unter Anderem: „Das Volk von Paris trug in dem sehr tolerablen Jahre 1846 für 20,602,895 Frk. Kleiderpfänder ins Leihhaus und in dem Hungerjahre 1847 für 20,699,388 Frk., also nur 4 Frk. 68 Centimen von 1000 Frk. mehr. 1846 wurden für 1,737,135 unausgelöseter Pfänder verkauft und 1847 für 1,918,266 Franken. Im Jahre 1846 betrug die Ein- und Ausfuhr des französischen Handels 2,232,091,258 Frk. und im Jahre 1847 dagegen 2,275,690,496 Frk. Vom Jahre 1848 fehlen die Zahlen. Auffallend ist das Sinken der Preise für die Rohstoffe, welche Paris für seine Luxusartikel vom Ausland bezieht. Die Cochenille ist um 10 Prozent, die Steinkohle um 20, Indigo um 22, Blei um 32, Zink um 34, Zinn um 36, rohe Schaafwolle um 45, Gußeisen um 49, Kupfer um 50, Mahagoniholz um 82 Prozent gefallen, was von der verminderten Produktion (schwächeren Nachfrage) herkömmt. Im gleichen Verhältniß sanken die Eskomptirungen an der Bank. Im März 1848 zahlte sie 145 Millionen, im Mai 121 Mill, im Juni 117 Mill., im August 92 Mill., im September 88 Mill, im Oktober 71 und im December 59 Millionen Franken aus. Vom März bis December entzog also die Bank dem Handel 57 Prozent ihrer Kapitalshilfe und eben so viel beträgt die Abnahme des Bedarfs an Rohstoffen in den Arbeitsvierteln der Faubourg St. Denis, St. Martin und St. Antoine. Herr Dupin (junior) schreibt den größten Theil des über die Pariser Fabrikation gekommenen Unglücks (natürlich) der Observationsarmee zu, welche an den Marken der Pariser Industrie unter den Titel „Nationalhandwerkstätten“ lagerte und von 5000 Arbeitern am 15. März auf 117000 Faullenzer bis zum 1. Mai schwoll und wöchentlich Eine Million Franken verschlang, während der eigentliche Hilfsbedürftige der Stadt vergebens an die Pforten der Mairieämter klopfte.“ Schließlich schleudert er einige Donnerkeile gegen die modernen Satane (Sozialisten und Kommunisten), welche den Saamen der Zwietracht zwischen Arbeiter und Meister gesäet hätten. Sie predigten: „Man müsse den Profit des Meisters aufheben, dann würde man das Schicksal des Arbeiters bessern. (Verblendung.) Vor zwei Jahren brauchte der Arbeiter nur 40 Cent. Brodzulage zu verlangen, heute stehen dieselben Werkstätten still und er kann nicht einmal die 28 Cent. auftreiben, welche das Brod kostet. Der Stadtrath muß einem Drittel der Pariser Bevölkerung das Brod kaufen, weil er keine Arbeit hat. Das ist die „immense Le[unleserliches Material]on“, die Paris von den sogenannten Arbeitsorganisatoren erhalten.“ Ergötzlich ist endlich die Schadenfreude, mit der Herr Dupin inzwischen ausruft: „Glücklicherweise verliert England seit unseren Desastern und der europäischen Erschütterung 100 Millionen Franken an seinem bisherigen Absatz nach dem Continent. (Folgen die diesfälligen Waarenartikel.) „Diesen Verlust mag es als Lehrgeld betrachten, den es dem französischen sozialistischen Genie zahlt. Der englische Kapitalist und Arbeiter sind zu einsichtsvoll und überlegt (intelligents et refléchis) um nicht zu begreifen, daß man die Subsistenz des Arbeiters vernichtet, wenn man die Opulenz und Securität des Käufers zerstört. Tant mieux pour la paix du travail et la félicité du monde!“ — Die Syndikatskammer der sämmtlichen Pariser Bäckermeister hat beim Präsidenten Bonaparte um eine Audienz nachgesucht und auch erhalten. — Heute marschiren wiederholt Truppen an die Barrieren. Es scheint, eine zweite Auflage der Wein Emeute ist im Anzuge. — Thiers führte gestern bei der Falloux'schen Schulkommission den Vorsitz im Universitätssaal. — Die Pariser Anklagekammer des Appellationshofes hat gestern ihre Berathungen über die Maigefangenen in Vincennes geschlossen. Ihre Conclusionen sind jedoch noch ein Geheimniß. — Die Nationalversammlung, die sich heute mit dem Assistenzgesetz beschäftigt, das den Almosen zum Staatsrecht erhebt, verspricht für übermorgen eine stürmische Sitzung. Sie wird darin nämlich den Rateauschen Antrag über Auflösung der Nationalversammlung diskutiren. — An den Straßenecken fordern elegant gedruckte kolossale Affichen mit der Ueberschrift: „Auf! Auf! nach den Goldminen!“ zur Ueberfahrt nach Californien auf. Die Rheder in Havre haben hiefür ein appartes Büreau bei Hrn. Ferdinand de Courseulles in der Rue de Provence Nro. 60 errichtet, wo alle Goldgierigen sich von Mittags 12 bis 2 Uhr einfinden sollen, um gegen gutes Geld eingeschrieben zu werden. — Ricci, den man als gänzlich in Ungnade gefallen nach Turin zurückkehren ließ, geht als Vertreter Sardiniens zu den Conferenzen nach Brüssel. — Arago in Berlin und Leflo in Petersburg haben, hört man, auf baldige Ersetzung angetragen. — Francois Bouvet, der jüngst die Brüsseler Friedens-Farce präsidirte, hat bei der Nationalversammlung den Antrag gestellt, einen allgemeinen Congreß am 1. Mai 1849 in Konstantinopel zusammenzurufen, wo man über die Mittel berathen wolle, die stehenden Heere abzuschaffen. — Gestern stand Simon Bernard, heute Vasbenter (vom Peuple) vor den Assissen. Die Verurtheilungen, obgleich gelind, folgen Schlag auf Schlag auf einander. — Morgen wird uns der Moniteur für seine heutige Leere entschädigen und uns ein ganzes Heer vor neuen Präfekten und Unterpräfekten bringen. — Reynal (vom Berg) wäre heute früh beinahe von einer Hyäne in Stücke zerrissen worden. Dieser junge Deputirte hatte nämlich eine dieser Afrikanerinnen wie einen Hund erzogen, das Thier war ganz zahm geworden, scheint aber in einem Anfall von Wuth sich gegen das Gesicht seines Herren beim Frühstück gestürtzt zu haben. Die Beschädigungen sind indeß wie man hört nicht gefährlich und der Unvorsichtige wird wohl mit einigen Beißnarben davon kommen. — Das reaktionäre Blatt L'Opinion publique behauptet, daß Marrast auf den Austritt Fallour's etc. und den Eintritt Dufaure's, Lamoriciére's, Vivien's und Cremieux's ins Kabinet dringe. — National-Versammlung. Sitzung vom 10. Januar. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Viel Zerstreuung im Saale. Deludre macht bemerklich, man solle doch den Artikel 20 des Reglements befolgen. (Adhesion). Ein Deputirter überreicht eine Petition von der Goldküste, welche die Droits reunis nicht mehr bezahlen will. (Heiterkeit). An der Tagesordnung sind neue 67,078 Fr. für das Kultusministerium pro 1849 und 1850, deren Berathung ohne alles Interesse. Marrast: Wollen Sie, daß ich die neuen Bestimmungen der Geschäftsordnung anwende, welche Abstimmung durch Stimmzettel über die Gesammtheit der Gesetze vorschreibt. (Ja, ja! Nein!) Dies geschieht. Der Kredit wird von 620 gegen 3 genehmigt. Bravard Verriere stattet über die zur nochmaligen Prüfung überwiesenen neuen Bestimmungen der Geschaftsordnung Bericht. Marrast bestimmt, daß das Ausschußgutachten morgen diskutirt werde. Die Versammlung geht zur eigentlichen Tagesordnung (Assistenzgesetz) über, aus welchem wir neulich Auszüge nach dem Moniteur bereits brachten Frichon, Berichterstatter, giebt die Geschichte des Gesetzvorschlags zum Besten, als dessen Urheber er Hrn. Dufaure bezeichnet. Dufaure gesteht nur zu, die Grundzüge entworfen zu haben. Nach der Februarrevolution ward eine Staatsassistenz nöthig. Er habe die Grundsätze dafür aufgestellt. Man solle nur über diese diskutiren und den Modus der Ausfuhrung dem Staatsrathe überlassen. Administrativ-Reglementsbestimmungen sei nicht Sache der National-Versammlung. Frichon erwiedert einige Worte, worauf die Versammlung die Generaldebatte schließt, und sogleich zur artikelweisen Berathung des Entwurfs schreitet Artikel 1 (von der Organisation des Armen- und Krankenwesens in Paris) wird stark debattirt. Buchez, Besnordt, Repellin, Gillon, Dufaure und viele Andere stellen eine Menge Zusätze zum Artikel 1, nach deren Erledigung Artikel 1 endlich durchgeht. Artikel 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8 gehen rasch hinter einander durch. Marrast läßt über das Gesammtgesetz abstimmen. Dasselbe wird genehmigt. Die Staatsalmosengeberei wäre somit geregelt. Allelujah! Jetzt giebt es eine Scandalgeschichte. Laussedat verlangt nämlich das Wort, um den Unterrichtsminister wegen gewisser Universitätsprofessorenumtriebe zur Rede zu stellen. Bouillaud, von der medizinischen Fakultät, sei abgesetzt worden, weil er den großen Chemiker Orfila als einen Betrüger entlarvt habe. Der Staat zahle nämlich bedeutende Gelder an diesen Professor für Experimente u. s. w. und da habe es sich herausgestellt, daß Hr. Orfila die Bagatelle von 28,443 Fr. unterschlagen. Trousseau, Freund des Angeklagten, will die Existenz dieses Defizits zwar nicht leugnen, sucht aber zu beweisen, daß Orfila diese Gelder zu andern wissenschaftlichen Zwecken verwand habe. (Oh! Oh!) Auch Falloux vertheidigt ihn. Deslongrais aber nennt dieses Betragen ein Falsum und erregt durch seine berühmte Heftigkeit großen Lärm. Tresneau, Ex-Kultus- und Unterrichtsminister, der den Papst in Marseille empfangen sollte, rechtfertigt den Angeklagten vom Vorwufe des Betrugs und sagt, der Administration der betreffenden Fonds sei eine Ruge zugegangen. Man solle sich damit begnügen. (Ja, ja! Nein, nein!) Die Tagesordnung wird ausgesprochen. Hr. Orfila, der Dynastiker, wird als ehrlicher Mann erklart. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen. Spanien. Madrid, 3. Jan. Das Ministerium beabsichtigt, schon morgen den Cor[unleserliches Material]es das Büdget vorzulegen. — Die Adreßdiskussion hat begonnen. Moron griff das Kabinet heftig an, und Mon mußte seine ganze Beredsamkeit aufbieten, um den tiefen Eindruck zu verwischen, den die scharfe Kritik Moron's auf die Versammlung machte. Auf Moron folgte Cortina, das Haupt unserer Radikalen, dessen Rede (Bekämpfung des Adreßentwurfs) fast die ganze heutige Sitzung füllte. Cortina ging die politischen Ereignisse des vorigen Jahrhunderts durch und goß seinen ganzen Groll gegen das Ministerium wegen des Bulwer'schen Handels aus. Er tadelte das Kabinet bitter, und gab den Engländern vollkommen Recht. Das Benehmen der Regierung gegen Pius IX. fand allein Barmherzigkeit vor dem Zorn des gewaltigen radikalen Stimmführers. Diese Rede bildet das Ereigniß des Tages, und Pidal wird sie morgen (4. Januar) im Namen des Kabinets beantworten. Großbritannien. 68 London, 9. Jan. Wir haben schon mehrere Male Veranlassung genommen, arf die Thätigkeit Lord Palmerston's, Minister der auswärtigen Angelegenheiten Großbritvnniens, zurückzukommen, indem wir die vielen Fehler, Willkürlichkeiten und Infamien dieses bisher so renommirten Staatsmannes nicht genug zu brandmarken wußten. Wir gingen in unsern damaligen Räsonnements gewissermaßen Hand in Hand mit einem Urtheile George Julian Harney's, jenes bekannten Chartisten, vor dem sich der edle Lord auf dem Markte von Tivertom einst in einer dreistündigen Rede zu rechtfertigen suchte. Heute erleben wir die Genugthuung, daß die Times in einem langen leitenden Artikel die Palmerstonschen Sünden aufzählt und von ihrem Standpunkte aus über den alten Whig total den Stab bricht. Wörtlich heißt es in dem Artikel der Times wie folgt: „Wahrlich, seit der Thronbesteigung der Königin Viktoria gab es keine Zeit, wo die auswärtigen Verbindungen der Krone ein so bejammernswerthes Bild fehlgeschlagener Unternehmungen darboten als in diesem Augenblicke. Mit keinem einzigen Staate der einen und der andern Hemisphäre stehen wir, wie man zu sagen pflegt, auf gutem, freundschaftlichen Fuß, nur zu mehreren der hervorragendsten, mit denen wir durch politische Traditionen und durch kommerzielle Interessen auf's nächste verbunden sind, verhalten wir uns beinah feinlich. In der ganzen Welt hat unsre auswärtige Politik das Gefühl der Erbitterung und des Mistrauens hervorgeführen. Ueberall sieht man britischen Geschäftsträgern Feinde jener Gouvernements, die wir unterstützen müssen und bei denen jene Botschafter selstb accredirt wurden, so daß Kälte und Abneigung jenem Vertrauen und jenem Einverständniß sogten, mit dem wir seit einer Reihe von Jahren auf wahrhaft systematische Weise verbunden waren. Die Times geht dann auf die verschiedenen Länder ein, die sich der Palmerstonschen Politik zu erfreuen hatten Zuerst führt sie Oestereich an, indem sie es als eine sehr empfindliche Beleidigung ansseht, daß der österreichische Hof, um die Palmerstonsche Handlungsweise in der italienischen Angelegenheit zu rächen, keine einzige bedeutende Person nach London sandte, der die Thronbesteigung ges neuen Kaisers anzeige. In Spanien. fährt sie dann fort, wurde trotz der wohlmeinenden Vermittlungen des Königs der Belgier, kein Versuch gemacht, um jene scandalöse und unpolitische Unterbrechung unsrer diplomatischen Verbindungen wieder herzustellen. In Griechenland erging es uns nicht besser. Unsre ganze Politik brachte uns nur persönlichen Haß zu Wege. Der französische Einfluß wurde vorherrschend, weil man unsre Strenge fürchtete, und selbst seit dem Tode Coletti's blieben wir in Athen machtlos und verachtet. In Brasilien scheiterte die Mission Lord Howden's vollständig; Nosas nahm sich das Verfahren von Narvaez zu Muster, und wie man in Spanien unsern Gesandten ohne Weiteres hinauswies, so verstattete man unserm brasilianischen Geschäftsträger nicht einmal eine Audienz und erlaubte ihm nur in der Eigenschaft eines Privatmannes bis zum Eintreffen neuer Instruktionen in Buenos Ayres zu verweilen. Gehen wir ein wenig weiter zurück, zu der Rolle, welche England in Portugal spielte, so finden wir, daß die schließlich glücklichen Erfolge der britischen Einmischung in die Angelegenheiten jenes Landes, ganz gegen die ursprünglichen Absichten und Wünsche Lord Palmerston's waren. Erst durch die öffentliche Meinung in England und durch die energischen Protestationen in Lissabon gezwungen, entsagte Palmerston endlich seinen Plänen und befahl dem britischen Admiral, die ganze Expedition der Junta zu vereiteln. Nachdem die Times dann auch noch das Verfahren Palmerstons gegenüber der Schweiz, eben nicht vortheilhaft geschildert hat, macht sie ihm in Betreff Neapels und Siziliens die herbsten Vorwürfe. Abwechselnd habe man die Sache beider Parteien ergriffen und wieder fahren lassen. „Lord Minto wurde aufs enthusiastischste in Palermo begrüßt; die Emissäre der sicilianischen Insurgenten empfing man in ministerieller Audienz in London, man erlaubte ihnen sogar, Waffen und Munition zu kaufen und das Ministerium des Auswärtigen unterstützte sie hierbei, indem es die Hoffnungen der Sicilianer dadurch bis zur Gewißheit eines glücklichen Erfolges steigerte. Als aber der Tag der Entscheidung kam: überließ man Messina seinem Schicksal, indem man durch ein britisches Kriegsschiff in der Bai von Neapel den Hof alarmirte, ohne den Sicilianern zu helfen, einerseits die Rache des Königs von Neapel fürchtend, anderseits eine diplomatische Kollision mit dem Kaiser von Rußland. So fährt die Times fort, und wir müssen gestehen, es freut uns, daß sie mit der chartistischen Partei daran arbeitet, einen Staatsmann zu stürzen, der sich als der wunderlichste Schwächling und der hölzernste Krakehler seiner Partei lange genug ausgezeichnet hat. Wenn das Bourgeoisblatt, die Times, über Palmerston herfällt, weil er die Bourgeois-Interessen nicht entschlossen genug vertritt, so wünschen wir seinen baldigen Fall, weil er trotz aller anfänglichen Händelsucht und Polterei, schließlich die Freiheit der Völker in einer wahrhaft eklatanten Weise, bei jeder Gelegenheit im Interesse der heiligen Allianz verrathen hat. Auffallend bleibt es jedenfalls, daß die Polemik der Times gegen Lord Palmerston zusammenfällt mit einer ähnlichen Polemik des Girardin'schen Blattes in Paris und der standrechtlichen „Presse“ in Wien! 24 London, 10. Jan. Sie können sich denken, daß die Geldnachrichten aus den Vereinigten Staaten jetzt in der englischen Presse eben so sehr besprochen werden, als in der amerikanischen. Daß man in Privat- und öffentlichen Gesellschaften sich gleichfalls unausgesetzt mit diesem Thema beschäftigt, braucht kaum bemerkt zu werden. Die „Daily News“ enthalten wieder einen ausführlichen leitenden Artikel über diesen Gegenstand. „Wenn die Schilderung der goldenen Schätze Californiens,“ (heißt es darin) „wahr ist, so kommt für den Nationalökonomen ein nicht vorausgesehenes Element in: Berechnung. Der Grundsatz, daß der Werth der kostbaren Metalle, wie der andrer Industrieprodukte, zuerst durch die Produktionskosten und weiter durch Seltenheit, durch Ansichten über Nützlichkeit, Bequemlichkeit etc. bestimmt wird, scheint durch diese neue Entdeckung aufgehoben zu werden. Vorausgesetzt, daß das kostbare Metall auch nur annähernd in der behaupteten Masse gefunden wird, so frägt sich's, in wie weit diese Entdeckung auf den Werth von Gold und Silber, die wegen ihrer verschiedenen Eigenschaften als Werthmaaße angenommen sind, einwirken wird. Eine ebenso interessante Frage ist die, in welchem Grade Industrie und Produktion durch eine plötzliche und bedeutende Vermehrung des Goldes werden angestachelt werden. Denn daß diese Vermehrung, wenigstens für einige Zeit, ein mächtiger Stimulus sein wird, unterliegt wohl keinem Zweifel. Uebersteigt die aus Amerika nach Europa fluthende Goldmenge die Nachfrage, so wird der Goldwerth fallen und der Preis aller andern Waaren verhältnißmäßig steigen. Das Verhältniß zwischen Gold und Silber wird eine Störung erleiden, so daß die Werthmesser in jedem Lande und das Austauschverhältniß von einem Lande zum andern geändert werden. Die Festigkeit und Regelmäßigkeit des Werths beider Metalle, die unserer Erfahrung nach bisher obgewaltet, mögen vielleicht für die regelmäßige Zufuhr aus den Bergwerken keinen Beweis abgeben; was sie aber beweisen, ist: daß die fortschreitende Civilisation, die Zunahme des Reichthums, der kommerziellen Unternehmungen und andere damit zusammenhängende Ursachen jeden Ueberfluß an edlen Metallen, stufenweise absorbirt haben. Mit dem bei den modernen Völkern wachsenden Reichthum wuchs auch der Verbrauch der edlen Metalle. Ohne Zweifel ist die Produktivität der Silberminen größer und regelmäßiger als die der Goldminen. In dem gegenseitigen Verhältniß würden nur geringe Schwankungen eintreten. Indeß der enorme Zuwachs des Silbergeldes in den Vereinigten Staaten, auf dem europäischen Kontinent, und selbst in Indien und unsern Kolonien hat den Preis für eine Unze Silber etwas unter 5 Schill. (1 Thlr. 20 Sgr.) gehalten. Da in England nur Gold als Werthmesser angenommen ist, so findet mit Ausnahme der Verein. Staaten, der Goldabfluß gewöhnlich nach England und der Silberabfluß nach dem Continent statt Da England ein Markt ist für irgend bedeutende Silbermassen so würde hier der Preis unausweichbar fallen, wie dies geschieht, <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1053"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 194 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Samstag 13. Januar 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Französische Republik]</head> <div xml:id="ar194b_001" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> hat Preußen aber auch seine Offizierstafel aufzuweisen, die in Belgien so allgemeine Anerkennung fand, daß man preußische Offiziere zu ihrer Organisation nach Brüssel belangte. Frankreich kann mit Preußen einen Tausch eingehen. Preußen richtet in Paris die Organisationstafel ein, und Frankreich gibt ihm zum Ersatz die Postreform.</p> <p>Die neue Broschüre, die Guizot von London aus über die jetzigen Zustände veröffentlicht, ist schwach. Die Times, das Bourgeoisblatt par excellence, dessen Urtheil in dieser Hinsicht unverdächtig ist, findet, daß die Broschüre den Erwartungen nicht im mindesten entspricht. Das Journal des Debats dagegen ist entzückt darüber; welche Großmuth! „In keinem einzigen Worte eine Klage!“ Und worüber hätte sich Herr Guizot zu beklagen? Darüber, daß das Volk ihn nicht gerichtet hat, wie er die Unglücklichen von Buzancais gerichtet? Herr Guizot hat sein Leben und seine Renten gerettet und beklagt sich nicht, während die Hingeschlachteten von Buzancais sich nicht mehr beklagen können. „Ich wage es zu glauben, sagt Guizot, daß man in dieser Schrift nichts finden wird, das im mindesten den Abdruck meiner persönlichen Lage an sich trüge. Wer Angesichts so großer Dinge sich nicht selbst vergäße, verdiente auf ewig vergessen zu werden.“ Es ist eine wahre Freude zu sehen, daß Guizot sich den Franzosen wieder in Erinnerung bringt; daß er sich so wenig vergißt, und in aller Sicherheit nach Paris zurückkömmt. Die französischen Proletarier werden dieses Mal ihn gewiß nicht vergessen. „Je mehr ich daran denke, je mehr dringt sich mir die Ueberzeugung auf, daß das Uebel, welches alle Regierungen untergräbt und vernichtet, nichts anders ist, als die «idolatrie démocratique» (die demokratische Abgötterei).“ Und nun ruft das Journal des Debats entzückt aus: „Seht, Guizot hat keinen Zorn, kein Rachegefühl. Was ihm am Herzen liegt, das ist das Wohl Frankreichs!“ Und nun ergeht sich das feile Blatt in Lobpreisungen des tiefen Staatsmannes Guizot, der die Demokratie organisiren will. „Ueber die politischen Bedingungen des socialen Friedens“. Geht Herr Guizot auf die politischen Bedingungen des socialen Friedens ein, so wird er wahrhaft abgeschmackt; denn diese politischen Bedingungen sind rein moralischer Natur. Geist der Religion; Geist der Familie und Geist des politischen Geistes, d. h. Geist des Patriotismus! Dieses Mal hatte die englische Times keinen Grund mehr, die Partei Guizot's politisch zu ergreifen; sie hat ihn literarisch beurtheilt: „Guizot ist fade.“ Seit wann ist Guizot fade, dumm geworden?</p> </div> <div xml:id="ar194b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 10. Jan.</head> <p>Die Amnestiefrage tritt wieder in den Hintergrund, ein Ministerkrakehl ist ja weit interessanter, als das Loos etlicher tausend in dieser bösen Jahreszeit den feindlichsten Naturgewalten zur Züchtigung hingeworfener Juniinsurgenten. Der Prinz Bonaparte bedient sich nicht mehr des republikanischen „Gruß und Bruderschaft“, sondern des Louisphilippschen Briefstyles; ditto die Herren Minister.</p> </div> <div xml:id="ar194b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> Paris, 10. Januar.</head> <p>Lesenswerth ist die Fortsetzung der Charles Dupin'schen Vorträge im Kunst- und Gewerbe-Conservatorium über Statistik. Darin heißt es unter Anderem:</p> <p>„Das Volk von Paris trug in dem sehr tolerablen Jahre 1846 für 20,602,895 Frk. Kleiderpfänder ins Leihhaus und in dem Hungerjahre 1847 für 20,699,388 Frk., also nur 4 Frk. 68 Centimen von 1000 Frk. mehr. 1846 wurden für 1,737,135 unausgelöseter Pfänder verkauft und 1847 für 1,918,266 Franken.</p> <p>Im Jahre 1846 betrug die Ein- und Ausfuhr des französischen Handels 2,232,091,258 Frk. und im Jahre 1847 dagegen 2,275,690,496 Frk. Vom Jahre 1848 fehlen die Zahlen.</p> <p>Auffallend ist das Sinken der Preise für die Rohstoffe, welche Paris für seine Luxusartikel vom Ausland bezieht. Die Cochenille ist um 10 Prozent, die Steinkohle um 20, Indigo um 22, Blei um 32, Zink um 34, Zinn um 36, rohe Schaafwolle um 45, Gußeisen um 49, Kupfer um 50, Mahagoniholz um 82 Prozent gefallen, was von der verminderten Produktion (schwächeren Nachfrage) herkömmt. Im gleichen Verhältniß sanken die Eskomptirungen an der Bank. Im März 1848 zahlte sie 145 Millionen, im Mai 121 Mill, im Juni 117 Mill., im August 92 Mill., im September 88 Mill, im Oktober 71 und im December 59 Millionen Franken aus. Vom März bis December entzog also die Bank dem Handel 57 Prozent ihrer Kapitalshilfe und eben so viel beträgt die Abnahme des Bedarfs an Rohstoffen in den Arbeitsvierteln der Faubourg St. Denis, St. Martin und St. Antoine.</p> <p>Herr Dupin (junior) schreibt den größten Theil des über die Pariser Fabrikation gekommenen Unglücks (natürlich) der Observationsarmee zu, welche an den Marken der Pariser Industrie unter den Titel „Nationalhandwerkstätten“ lagerte und von 5000 Arbeitern am 15. März auf 117000 Faullenzer bis zum 1. Mai schwoll und wöchentlich Eine Million Franken verschlang, während der eigentliche Hilfsbedürftige der Stadt vergebens an die Pforten der Mairieämter klopfte.“ Schließlich schleudert er einige Donnerkeile gegen die modernen Satane (Sozialisten und Kommunisten), welche den Saamen der Zwietracht zwischen Arbeiter und Meister gesäet hätten. Sie predigten: „Man müsse den Profit des Meisters aufheben, dann würde man das Schicksal des Arbeiters bessern. (Verblendung.) Vor zwei Jahren brauchte der Arbeiter nur 40 Cent. Brodzulage zu verlangen, heute stehen dieselben Werkstätten still und er kann nicht einmal die 28 Cent. auftreiben, welche das Brod kostet. Der Stadtrath muß einem Drittel der Pariser Bevölkerung das Brod kaufen, weil er keine Arbeit hat. Das ist die „immense Le<gap reason="illegible"/>on“, die Paris von den sogenannten Arbeitsorganisatoren erhalten.“ Ergötzlich ist endlich die Schadenfreude, mit der Herr Dupin inzwischen ausruft: „Glücklicherweise verliert England seit unseren Desastern und der europäischen Erschütterung 100 Millionen Franken an seinem bisherigen Absatz nach dem Continent. (Folgen die diesfälligen Waarenartikel.) „Diesen Verlust mag es als Lehrgeld betrachten, den es dem französischen sozialistischen Genie zahlt. Der englische Kapitalist und Arbeiter sind zu einsichtsvoll und überlegt (intelligents et refléchis) um nicht zu begreifen, daß man die Subsistenz des Arbeiters vernichtet, wenn man die Opulenz und Securität des Käufers zerstört. Tant mieux pour la paix du travail et la félicité du monde!“</p> <p>— Die Syndikatskammer der sämmtlichen Pariser Bäckermeister hat beim Präsidenten Bonaparte um eine Audienz nachgesucht und auch erhalten.</p> <p>— Heute marschiren wiederholt Truppen an die Barrieren. Es scheint, eine zweite Auflage der Wein Emeute ist im Anzuge.</p> <p>— Thiers führte gestern bei der Falloux'schen Schulkommission den Vorsitz im Universitätssaal.</p> <p>— Die Pariser Anklagekammer des Appellationshofes hat gestern ihre Berathungen über die Maigefangenen in Vincennes geschlossen. Ihre Conclusionen sind jedoch noch ein Geheimniß.</p> <p>— Die Nationalversammlung, die sich heute mit dem Assistenzgesetz beschäftigt, das den Almosen zum Staatsrecht erhebt, verspricht für übermorgen eine stürmische Sitzung. Sie wird darin nämlich den Rateauschen Antrag über Auflösung der Nationalversammlung diskutiren.</p> <p>— An den Straßenecken fordern elegant gedruckte kolossale Affichen mit der Ueberschrift: „Auf! Auf! nach den Goldminen!“ zur Ueberfahrt nach Californien auf. Die Rheder in Havre haben hiefür ein appartes Büreau bei Hrn. Ferdinand de Courseulles in der Rue de Provence Nro. 60 errichtet, wo alle Goldgierigen sich von Mittags 12 bis 2 Uhr einfinden sollen, um gegen gutes Geld eingeschrieben zu werden.</p> <p>— Ricci, den man als gänzlich in Ungnade gefallen nach Turin zurückkehren ließ, geht als Vertreter Sardiniens zu den Conferenzen nach Brüssel.</p> <p>— Arago in Berlin und Leflo in Petersburg haben, hört man, auf baldige Ersetzung angetragen.</p> <p>— Francois Bouvet, der jüngst die Brüsseler Friedens-Farce präsidirte, hat bei der Nationalversammlung den Antrag gestellt, einen allgemeinen Congreß am 1. Mai 1849 in Konstantinopel zusammenzurufen, wo man über die Mittel berathen wolle, die stehenden Heere abzuschaffen.</p> <p>— Gestern stand Simon Bernard, heute Vasbenter (vom Peuple) vor den Assissen. Die Verurtheilungen, obgleich gelind, folgen Schlag auf Schlag auf einander.</p> <p>— Morgen wird uns der Moniteur für seine heutige Leere entschädigen und uns ein ganzes Heer vor neuen Präfekten und Unterpräfekten bringen.</p> <p>— Reynal (vom Berg) wäre heute früh beinahe von einer Hyäne in Stücke zerrissen worden. Dieser junge Deputirte hatte nämlich eine dieser Afrikanerinnen wie einen Hund erzogen, das Thier war ganz zahm geworden, scheint aber in einem Anfall von Wuth sich gegen das Gesicht seines Herren beim Frühstück gestürtzt zu haben. Die Beschädigungen sind indeß wie man hört nicht gefährlich und der Unvorsichtige wird wohl mit einigen Beißnarben davon kommen.</p> <p>— Das reaktionäre Blatt L'Opinion publique behauptet, daß Marrast auf den Austritt Fallour's etc. und den Eintritt Dufaure's, Lamoriciére's, Vivien's und Cremieux's ins Kabinet dringe.</p> <p>— <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 10. Januar. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Viel Zerstreuung im Saale.</p> <p><hi rendition="#g">Deludre</hi> macht bemerklich, man solle doch den Artikel 20 des Reglements befolgen. (Adhesion).</p> <p>Ein Deputirter überreicht eine Petition von der Goldküste, welche die Droits reunis nicht mehr bezahlen will. (Heiterkeit).</p> <p>An der Tagesordnung sind neue 67,078 Fr. für das Kultusministerium pro 1849 und 1850, deren Berathung ohne alles Interesse.</p> <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Wollen Sie, daß ich die neuen Bestimmungen der Geschäftsordnung anwende, welche Abstimmung durch Stimmzettel über die Gesammtheit der Gesetze vorschreibt. (Ja, ja! Nein!)</p> <p>Dies geschieht. Der Kredit wird von 620 gegen 3 genehmigt.</p> <p><hi rendition="#g">Bravard Verriere</hi> stattet über die zur nochmaligen Prüfung überwiesenen neuen Bestimmungen der Geschaftsordnung Bericht.</p> <p><hi rendition="#g">Marrast</hi> bestimmt, daß das Ausschußgutachten morgen diskutirt werde.</p> <p>Die Versammlung geht zur eigentlichen Tagesordnung (Assistenzgesetz) über, aus welchem wir neulich Auszüge nach dem Moniteur bereits brachten</p> <p><hi rendition="#g">Frichon,</hi> Berichterstatter, giebt die Geschichte des Gesetzvorschlags zum Besten, als dessen Urheber er Hrn. Dufaure bezeichnet.</p> <p><hi rendition="#g">Dufaure</hi> gesteht nur zu, die Grundzüge entworfen zu haben. Nach der Februarrevolution ward eine Staatsassistenz nöthig. Er habe die Grundsätze dafür aufgestellt. Man solle nur über diese diskutiren und den Modus der Ausfuhrung dem Staatsrathe überlassen. Administrativ-Reglementsbestimmungen sei nicht Sache der National-Versammlung.</p> <p><hi rendition="#g">Frichon</hi> erwiedert einige Worte, worauf die Versammlung die Generaldebatte schließt, und sogleich zur artikelweisen Berathung des Entwurfs schreitet</p> <p>Artikel 1 (von der Organisation des Armen- und Krankenwesens in Paris) wird stark debattirt.</p> <p>Buchez, Besnordt, Repellin, Gillon, Dufaure und viele Andere stellen eine Menge Zusätze zum Artikel 1, nach deren Erledigung Artikel 1 endlich durchgeht.</p> <p>Artikel 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8 gehen rasch hinter einander durch.</p> <p><hi rendition="#g">Marrast</hi> läßt über das Gesammtgesetz abstimmen.</p> <p>Dasselbe wird genehmigt.</p> <p>Die Staatsalmosengeberei wäre somit geregelt. Allelujah!</p> <p>Jetzt giebt es eine Scandalgeschichte.</p> <p><hi rendition="#g">Laussedat</hi> verlangt nämlich das Wort, um den Unterrichtsminister wegen gewisser Universitätsprofessorenumtriebe zur Rede zu stellen. Bouillaud, von der medizinischen Fakultät, sei abgesetzt worden, weil er den großen Chemiker Orfila als einen Betrüger entlarvt habe. Der Staat zahle nämlich bedeutende Gelder an diesen Professor für Experimente u. s. w. und da habe es sich herausgestellt, daß Hr. Orfila die Bagatelle von 28,443 Fr. unterschlagen.</p> <p><hi rendition="#g">Trousseau,</hi> Freund des Angeklagten, will die Existenz dieses Defizits zwar nicht leugnen, sucht aber zu beweisen, daß Orfila diese Gelder zu andern wissenschaftlichen Zwecken verwand habe. (Oh! Oh!)</p> <p>Auch <hi rendition="#g">Falloux</hi> vertheidigt ihn.</p> <p><hi rendition="#g">Deslongrais</hi> aber nennt dieses Betragen ein Falsum und erregt durch seine berühmte Heftigkeit großen Lärm.</p> <p><hi rendition="#g">Tresneau,</hi> Ex-Kultus- und Unterrichtsminister, der den Papst in Marseille empfangen sollte, rechtfertigt den Angeklagten vom Vorwufe des Betrugs und sagt, der Administration der betreffenden Fonds sei eine Ruge zugegangen. Man solle sich damit begnügen. (Ja, ja! Nein, nein!)</p> <p>Die Tagesordnung wird ausgesprochen. Hr. Orfila, der Dynastiker, wird als ehrlicher Mann erklart.</p> <p>Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Spanien.</head> <div xml:id="ar194b_004" type="jArticle"> <head>Madrid, 3. Jan.</head> <p>Das Ministerium beabsichtigt, schon morgen den Cor<gap reason="illegible"/>es das Büdget vorzulegen.</p> <p>— Die Adreßdiskussion hat begonnen. Moron griff das Kabinet heftig an, und Mon mußte seine ganze Beredsamkeit aufbieten, um den tiefen Eindruck zu verwischen, den die scharfe Kritik Moron's auf die Versammlung machte. Auf Moron folgte Cortina, das Haupt unserer Radikalen, dessen Rede (Bekämpfung des Adreßentwurfs) fast die ganze heutige Sitzung füllte. Cortina ging die politischen Ereignisse des vorigen Jahrhunderts durch und goß seinen ganzen Groll gegen das Ministerium wegen des Bulwer'schen Handels aus. Er tadelte das Kabinet bitter, und gab den Engländern vollkommen Recht. Das Benehmen der Regierung gegen Pius IX. fand allein Barmherzigkeit vor dem Zorn des gewaltigen radikalen Stimmführers. Diese Rede bildet das Ereigniß des Tages, und Pidal wird sie morgen (4. Januar) im Namen des Kabinets beantworten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar194b_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>68</author></bibl> London, 9. Jan.</head> <p>Wir haben schon mehrere Male Veranlassung genommen, arf die Thätigkeit Lord Palmerston's, Minister der auswärtigen Angelegenheiten Großbritvnniens, zurückzukommen, indem wir die vielen Fehler, Willkürlichkeiten und Infamien dieses bisher so renommirten Staatsmannes nicht genug zu brandmarken wußten. Wir gingen in unsern damaligen Räsonnements gewissermaßen Hand in Hand mit einem Urtheile George Julian Harney's, jenes bekannten Chartisten, vor dem sich der edle Lord auf dem Markte von Tivertom einst in einer dreistündigen Rede zu rechtfertigen suchte. Heute erleben wir die Genugthuung, daß die Times in einem langen leitenden Artikel die Palmerstonschen Sünden aufzählt und von ihrem Standpunkte aus über den alten Whig total den Stab bricht.</p> <p>Wörtlich heißt es in dem Artikel der Times wie folgt: „Wahrlich, seit der Thronbesteigung der Königin Viktoria gab es keine Zeit, wo die auswärtigen Verbindungen der Krone ein so bejammernswerthes Bild fehlgeschlagener Unternehmungen darboten als in diesem Augenblicke. Mit keinem einzigen Staate der einen und der andern Hemisphäre stehen wir, wie man zu sagen pflegt, auf gutem, freundschaftlichen Fuß, nur zu mehreren der hervorragendsten, mit denen wir durch politische Traditionen und durch kommerzielle Interessen auf's nächste verbunden sind, verhalten wir uns beinah feinlich. In der ganzen Welt hat unsre auswärtige Politik das Gefühl der Erbitterung und des Mistrauens hervorgeführen. Ueberall sieht man britischen Geschäftsträgern Feinde jener Gouvernements, die wir unterstützen müssen und bei denen jene Botschafter selstb accredirt wurden, so daß Kälte und Abneigung jenem Vertrauen und jenem Einverständniß sogten, mit dem wir seit einer Reihe von Jahren auf wahrhaft systematische Weise verbunden waren.</p> <p>Die Times geht dann auf die verschiedenen Länder ein, die sich der Palmerstonschen Politik zu erfreuen hatten Zuerst führt sie Oestereich an, indem sie es als eine sehr empfindliche Beleidigung ansseht, daß der österreichische Hof, um die Palmerstonsche Handlungsweise in der italienischen Angelegenheit zu rächen, keine einzige bedeutende Person nach London sandte, der die Thronbesteigung ges neuen Kaisers anzeige.</p> <p>In Spanien. fährt sie dann fort, wurde trotz der wohlmeinenden Vermittlungen des Königs der Belgier, kein Versuch gemacht, um jene scandalöse und unpolitische Unterbrechung unsrer diplomatischen Verbindungen wieder herzustellen. In Griechenland erging es uns nicht besser. Unsre ganze Politik brachte uns nur persönlichen Haß zu Wege. Der französische Einfluß wurde vorherrschend, weil man unsre Strenge fürchtete, und selbst seit dem Tode Coletti's blieben wir in Athen machtlos und verachtet. In Brasilien scheiterte die Mission Lord Howden's vollständig; Nosas nahm sich das Verfahren von Narvaez zu Muster, und wie man in Spanien unsern Gesandten ohne Weiteres hinauswies, so verstattete man unserm brasilianischen Geschäftsträger nicht einmal eine Audienz und erlaubte ihm nur in der Eigenschaft eines Privatmannes bis zum Eintreffen neuer Instruktionen in Buenos Ayres zu verweilen. Gehen wir ein wenig weiter zurück, zu der Rolle, welche England in Portugal spielte, so finden wir, daß die schließlich glücklichen Erfolge der britischen Einmischung in die Angelegenheiten jenes Landes, ganz gegen die ursprünglichen Absichten und Wünsche Lord Palmerston's waren.</p> <p>Erst durch die öffentliche Meinung in England und durch die energischen Protestationen in Lissabon gezwungen, entsagte Palmerston endlich seinen Plänen und befahl dem britischen Admiral, die ganze Expedition der Junta zu vereiteln. Nachdem die Times dann auch noch das Verfahren Palmerstons gegenüber der Schweiz, eben nicht vortheilhaft geschildert hat, macht sie ihm in Betreff Neapels und Siziliens die herbsten Vorwürfe. Abwechselnd habe man die Sache beider Parteien ergriffen und wieder fahren lassen. „Lord Minto wurde aufs enthusiastischste in Palermo begrüßt; die Emissäre der sicilianischen Insurgenten empfing man in ministerieller Audienz in London, man erlaubte ihnen sogar, Waffen und Munition zu kaufen und das Ministerium des Auswärtigen unterstützte sie hierbei, indem es die Hoffnungen der Sicilianer dadurch bis zur Gewißheit eines glücklichen Erfolges steigerte. Als aber der Tag der Entscheidung kam: überließ man Messina seinem Schicksal, indem man durch ein britisches Kriegsschiff in der Bai von Neapel den Hof alarmirte, ohne den Sicilianern zu helfen, einerseits die Rache des Königs von Neapel fürchtend, anderseits eine diplomatische Kollision mit dem Kaiser von Rußland.</p> <p>So fährt die Times fort, und wir müssen gestehen, es freut uns, daß sie mit der chartistischen Partei daran arbeitet, einen Staatsmann zu stürzen, der sich als der wunderlichste Schwächling und der hölzernste Krakehler seiner Partei lange genug ausgezeichnet hat. Wenn das Bourgeoisblatt, die Times, über Palmerston herfällt, weil er die Bourgeois-Interessen nicht entschlossen genug vertritt, so wünschen wir seinen baldigen Fall, weil er trotz aller anfänglichen Händelsucht und Polterei, schließlich die Freiheit der Völker in einer wahrhaft eklatanten Weise, bei jeder Gelegenheit im Interesse der heiligen Allianz verrathen hat.</p> <p>Auffallend bleibt es jedenfalls, daß die Polemik der Times gegen Lord Palmerston zusammenfällt mit einer ähnlichen Polemik des Girardin'schen Blattes in Paris und der standrechtlichen „Presse“ in Wien!</p> </div> <div xml:id="ar194b_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> London, 10. Jan.</head> <p>Sie können sich denken, daß die Geldnachrichten aus den Vereinigten Staaten jetzt in der englischen Presse eben so sehr besprochen werden, als in der amerikanischen. Daß man in Privat- und öffentlichen Gesellschaften sich gleichfalls unausgesetzt mit diesem Thema beschäftigt, braucht kaum bemerkt zu werden. Die „Daily News“ enthalten wieder einen ausführlichen leitenden Artikel über diesen Gegenstand.</p> <p>„Wenn die Schilderung der goldenen Schätze Californiens,“ (heißt es darin) „wahr ist, so kommt für den Nationalökonomen ein nicht vorausgesehenes Element in: Berechnung. Der Grundsatz, daß der Werth der kostbaren Metalle, wie der andrer Industrieprodukte, zuerst durch die Produktionskosten und weiter durch Seltenheit, durch Ansichten über Nützlichkeit, Bequemlichkeit etc. bestimmt wird, scheint durch diese neue Entdeckung aufgehoben zu werden. Vorausgesetzt, daß das kostbare Metall auch nur annähernd in der behaupteten Masse gefunden wird, so frägt sich's, in wie weit diese Entdeckung auf den Werth von Gold und Silber, die wegen ihrer verschiedenen Eigenschaften als Werthmaaße angenommen sind, einwirken wird. Eine ebenso interessante Frage ist die, in welchem Grade Industrie und Produktion durch eine plötzliche und bedeutende Vermehrung des Goldes werden angestachelt werden. Denn daß diese Vermehrung, wenigstens für einige Zeit, ein mächtiger Stimulus sein wird, unterliegt wohl keinem Zweifel. Uebersteigt die aus Amerika nach Europa fluthende Goldmenge die Nachfrage, so wird der Goldwerth fallen und der Preis aller andern Waaren verhältnißmäßig steigen. Das Verhältniß zwischen Gold und Silber wird eine Störung erleiden, so daß die Werthmesser in jedem Lande und das Austauschverhältniß von einem Lande zum andern geändert werden. Die Festigkeit und Regelmäßigkeit des Werths beider Metalle, die unserer Erfahrung nach bisher obgewaltet, mögen vielleicht für die regelmäßige Zufuhr aus den Bergwerken keinen Beweis abgeben; was sie aber beweisen, ist: daß die fortschreitende Civilisation, die Zunahme des Reichthums, der kommerziellen Unternehmungen und andere damit zusammenhängende Ursachen jeden Ueberfluß an edlen Metallen, stufenweise absorbirt haben. Mit dem bei den modernen Völkern wachsenden Reichthum wuchs auch der Verbrauch der edlen Metalle. Ohne Zweifel ist die Produktivität der Silberminen größer und regelmäßiger als die der Goldminen.</p> <p>In dem gegenseitigen Verhältniß würden nur geringe Schwankungen eintreten. Indeß der enorme Zuwachs des Silbergeldes in den Vereinigten Staaten, auf dem europäischen Kontinent, und selbst in Indien und unsern Kolonien hat den Preis für eine Unze Silber etwas unter 5 Schill. (1 Thlr. 20 Sgr.) gehalten. Da in England nur Gold als Werthmesser angenommen ist, so findet mit Ausnahme der Verein. Staaten, der Goldabfluß gewöhnlich nach England und der Silberabfluß nach dem Continent statt Da England ein Markt ist für irgend bedeutende Silbermassen so würde hier der Preis unausweichbar fallen, wie dies geschieht, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1053/0001]
Beilage zu Nr. 194 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag 13. Januar 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] hat Preußen aber auch seine Offizierstafel aufzuweisen, die in Belgien so allgemeine Anerkennung fand, daß man preußische Offiziere zu ihrer Organisation nach Brüssel belangte. Frankreich kann mit Preußen einen Tausch eingehen. Preußen richtet in Paris die Organisationstafel ein, und Frankreich gibt ihm zum Ersatz die Postreform.
Die neue Broschüre, die Guizot von London aus über die jetzigen Zustände veröffentlicht, ist schwach. Die Times, das Bourgeoisblatt par excellence, dessen Urtheil in dieser Hinsicht unverdächtig ist, findet, daß die Broschüre den Erwartungen nicht im mindesten entspricht. Das Journal des Debats dagegen ist entzückt darüber; welche Großmuth! „In keinem einzigen Worte eine Klage!“ Und worüber hätte sich Herr Guizot zu beklagen? Darüber, daß das Volk ihn nicht gerichtet hat, wie er die Unglücklichen von Buzancais gerichtet? Herr Guizot hat sein Leben und seine Renten gerettet und beklagt sich nicht, während die Hingeschlachteten von Buzancais sich nicht mehr beklagen können. „Ich wage es zu glauben, sagt Guizot, daß man in dieser Schrift nichts finden wird, das im mindesten den Abdruck meiner persönlichen Lage an sich trüge. Wer Angesichts so großer Dinge sich nicht selbst vergäße, verdiente auf ewig vergessen zu werden.“ Es ist eine wahre Freude zu sehen, daß Guizot sich den Franzosen wieder in Erinnerung bringt; daß er sich so wenig vergißt, und in aller Sicherheit nach Paris zurückkömmt. Die französischen Proletarier werden dieses Mal ihn gewiß nicht vergessen. „Je mehr ich daran denke, je mehr dringt sich mir die Ueberzeugung auf, daß das Uebel, welches alle Regierungen untergräbt und vernichtet, nichts anders ist, als die «idolatrie démocratique» (die demokratische Abgötterei).“ Und nun ruft das Journal des Debats entzückt aus: „Seht, Guizot hat keinen Zorn, kein Rachegefühl. Was ihm am Herzen liegt, das ist das Wohl Frankreichs!“ Und nun ergeht sich das feile Blatt in Lobpreisungen des tiefen Staatsmannes Guizot, der die Demokratie organisiren will. „Ueber die politischen Bedingungen des socialen Friedens“. Geht Herr Guizot auf die politischen Bedingungen des socialen Friedens ein, so wird er wahrhaft abgeschmackt; denn diese politischen Bedingungen sind rein moralischer Natur. Geist der Religion; Geist der Familie und Geist des politischen Geistes, d. h. Geist des Patriotismus! Dieses Mal hatte die englische Times keinen Grund mehr, die Partei Guizot's politisch zu ergreifen; sie hat ihn literarisch beurtheilt: „Guizot ist fade.“ Seit wann ist Guizot fade, dumm geworden?
17 Paris, 10. Jan. Die Amnestiefrage tritt wieder in den Hintergrund, ein Ministerkrakehl ist ja weit interessanter, als das Loos etlicher tausend in dieser bösen Jahreszeit den feindlichsten Naturgewalten zur Züchtigung hingeworfener Juniinsurgenten. Der Prinz Bonaparte bedient sich nicht mehr des republikanischen „Gruß und Bruderschaft“, sondern des Louisphilippschen Briefstyles; ditto die Herren Minister.
68 Paris, 10. Januar. Lesenswerth ist die Fortsetzung der Charles Dupin'schen Vorträge im Kunst- und Gewerbe-Conservatorium über Statistik. Darin heißt es unter Anderem:
„Das Volk von Paris trug in dem sehr tolerablen Jahre 1846 für 20,602,895 Frk. Kleiderpfänder ins Leihhaus und in dem Hungerjahre 1847 für 20,699,388 Frk., also nur 4 Frk. 68 Centimen von 1000 Frk. mehr. 1846 wurden für 1,737,135 unausgelöseter Pfänder verkauft und 1847 für 1,918,266 Franken.
Im Jahre 1846 betrug die Ein- und Ausfuhr des französischen Handels 2,232,091,258 Frk. und im Jahre 1847 dagegen 2,275,690,496 Frk. Vom Jahre 1848 fehlen die Zahlen.
Auffallend ist das Sinken der Preise für die Rohstoffe, welche Paris für seine Luxusartikel vom Ausland bezieht. Die Cochenille ist um 10 Prozent, die Steinkohle um 20, Indigo um 22, Blei um 32, Zink um 34, Zinn um 36, rohe Schaafwolle um 45, Gußeisen um 49, Kupfer um 50, Mahagoniholz um 82 Prozent gefallen, was von der verminderten Produktion (schwächeren Nachfrage) herkömmt. Im gleichen Verhältniß sanken die Eskomptirungen an der Bank. Im März 1848 zahlte sie 145 Millionen, im Mai 121 Mill, im Juni 117 Mill., im August 92 Mill., im September 88 Mill, im Oktober 71 und im December 59 Millionen Franken aus. Vom März bis December entzog also die Bank dem Handel 57 Prozent ihrer Kapitalshilfe und eben so viel beträgt die Abnahme des Bedarfs an Rohstoffen in den Arbeitsvierteln der Faubourg St. Denis, St. Martin und St. Antoine.
Herr Dupin (junior) schreibt den größten Theil des über die Pariser Fabrikation gekommenen Unglücks (natürlich) der Observationsarmee zu, welche an den Marken der Pariser Industrie unter den Titel „Nationalhandwerkstätten“ lagerte und von 5000 Arbeitern am 15. März auf 117000 Faullenzer bis zum 1. Mai schwoll und wöchentlich Eine Million Franken verschlang, während der eigentliche Hilfsbedürftige der Stadt vergebens an die Pforten der Mairieämter klopfte.“ Schließlich schleudert er einige Donnerkeile gegen die modernen Satane (Sozialisten und Kommunisten), welche den Saamen der Zwietracht zwischen Arbeiter und Meister gesäet hätten. Sie predigten: „Man müsse den Profit des Meisters aufheben, dann würde man das Schicksal des Arbeiters bessern. (Verblendung.) Vor zwei Jahren brauchte der Arbeiter nur 40 Cent. Brodzulage zu verlangen, heute stehen dieselben Werkstätten still und er kann nicht einmal die 28 Cent. auftreiben, welche das Brod kostet. Der Stadtrath muß einem Drittel der Pariser Bevölkerung das Brod kaufen, weil er keine Arbeit hat. Das ist die „immense Le_ on“, die Paris von den sogenannten Arbeitsorganisatoren erhalten.“ Ergötzlich ist endlich die Schadenfreude, mit der Herr Dupin inzwischen ausruft: „Glücklicherweise verliert England seit unseren Desastern und der europäischen Erschütterung 100 Millionen Franken an seinem bisherigen Absatz nach dem Continent. (Folgen die diesfälligen Waarenartikel.) „Diesen Verlust mag es als Lehrgeld betrachten, den es dem französischen sozialistischen Genie zahlt. Der englische Kapitalist und Arbeiter sind zu einsichtsvoll und überlegt (intelligents et refléchis) um nicht zu begreifen, daß man die Subsistenz des Arbeiters vernichtet, wenn man die Opulenz und Securität des Käufers zerstört. Tant mieux pour la paix du travail et la félicité du monde!“
— Die Syndikatskammer der sämmtlichen Pariser Bäckermeister hat beim Präsidenten Bonaparte um eine Audienz nachgesucht und auch erhalten.
— Heute marschiren wiederholt Truppen an die Barrieren. Es scheint, eine zweite Auflage der Wein Emeute ist im Anzuge.
— Thiers führte gestern bei der Falloux'schen Schulkommission den Vorsitz im Universitätssaal.
— Die Pariser Anklagekammer des Appellationshofes hat gestern ihre Berathungen über die Maigefangenen in Vincennes geschlossen. Ihre Conclusionen sind jedoch noch ein Geheimniß.
— Die Nationalversammlung, die sich heute mit dem Assistenzgesetz beschäftigt, das den Almosen zum Staatsrecht erhebt, verspricht für übermorgen eine stürmische Sitzung. Sie wird darin nämlich den Rateauschen Antrag über Auflösung der Nationalversammlung diskutiren.
— An den Straßenecken fordern elegant gedruckte kolossale Affichen mit der Ueberschrift: „Auf! Auf! nach den Goldminen!“ zur Ueberfahrt nach Californien auf. Die Rheder in Havre haben hiefür ein appartes Büreau bei Hrn. Ferdinand de Courseulles in der Rue de Provence Nro. 60 errichtet, wo alle Goldgierigen sich von Mittags 12 bis 2 Uhr einfinden sollen, um gegen gutes Geld eingeschrieben zu werden.
— Ricci, den man als gänzlich in Ungnade gefallen nach Turin zurückkehren ließ, geht als Vertreter Sardiniens zu den Conferenzen nach Brüssel.
— Arago in Berlin und Leflo in Petersburg haben, hört man, auf baldige Ersetzung angetragen.
— Francois Bouvet, der jüngst die Brüsseler Friedens-Farce präsidirte, hat bei der Nationalversammlung den Antrag gestellt, einen allgemeinen Congreß am 1. Mai 1849 in Konstantinopel zusammenzurufen, wo man über die Mittel berathen wolle, die stehenden Heere abzuschaffen.
— Gestern stand Simon Bernard, heute Vasbenter (vom Peuple) vor den Assissen. Die Verurtheilungen, obgleich gelind, folgen Schlag auf Schlag auf einander.
— Morgen wird uns der Moniteur für seine heutige Leere entschädigen und uns ein ganzes Heer vor neuen Präfekten und Unterpräfekten bringen.
— Reynal (vom Berg) wäre heute früh beinahe von einer Hyäne in Stücke zerrissen worden. Dieser junge Deputirte hatte nämlich eine dieser Afrikanerinnen wie einen Hund erzogen, das Thier war ganz zahm geworden, scheint aber in einem Anfall von Wuth sich gegen das Gesicht seines Herren beim Frühstück gestürtzt zu haben. Die Beschädigungen sind indeß wie man hört nicht gefährlich und der Unvorsichtige wird wohl mit einigen Beißnarben davon kommen.
— Das reaktionäre Blatt L'Opinion publique behauptet, daß Marrast auf den Austritt Fallour's etc. und den Eintritt Dufaure's, Lamoriciére's, Vivien's und Cremieux's ins Kabinet dringe.
— National-Versammlung. Sitzung vom 10. Januar. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Viel Zerstreuung im Saale.
Deludre macht bemerklich, man solle doch den Artikel 20 des Reglements befolgen. (Adhesion).
Ein Deputirter überreicht eine Petition von der Goldküste, welche die Droits reunis nicht mehr bezahlen will. (Heiterkeit).
An der Tagesordnung sind neue 67,078 Fr. für das Kultusministerium pro 1849 und 1850, deren Berathung ohne alles Interesse.
Marrast: Wollen Sie, daß ich die neuen Bestimmungen der Geschäftsordnung anwende, welche Abstimmung durch Stimmzettel über die Gesammtheit der Gesetze vorschreibt. (Ja, ja! Nein!)
Dies geschieht. Der Kredit wird von 620 gegen 3 genehmigt.
Bravard Verriere stattet über die zur nochmaligen Prüfung überwiesenen neuen Bestimmungen der Geschaftsordnung Bericht.
Marrast bestimmt, daß das Ausschußgutachten morgen diskutirt werde.
Die Versammlung geht zur eigentlichen Tagesordnung (Assistenzgesetz) über, aus welchem wir neulich Auszüge nach dem Moniteur bereits brachten
Frichon, Berichterstatter, giebt die Geschichte des Gesetzvorschlags zum Besten, als dessen Urheber er Hrn. Dufaure bezeichnet.
Dufaure gesteht nur zu, die Grundzüge entworfen zu haben. Nach der Februarrevolution ward eine Staatsassistenz nöthig. Er habe die Grundsätze dafür aufgestellt. Man solle nur über diese diskutiren und den Modus der Ausfuhrung dem Staatsrathe überlassen. Administrativ-Reglementsbestimmungen sei nicht Sache der National-Versammlung.
Frichon erwiedert einige Worte, worauf die Versammlung die Generaldebatte schließt, und sogleich zur artikelweisen Berathung des Entwurfs schreitet
Artikel 1 (von der Organisation des Armen- und Krankenwesens in Paris) wird stark debattirt.
Buchez, Besnordt, Repellin, Gillon, Dufaure und viele Andere stellen eine Menge Zusätze zum Artikel 1, nach deren Erledigung Artikel 1 endlich durchgeht.
Artikel 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8 gehen rasch hinter einander durch.
Marrast läßt über das Gesammtgesetz abstimmen.
Dasselbe wird genehmigt.
Die Staatsalmosengeberei wäre somit geregelt. Allelujah!
Jetzt giebt es eine Scandalgeschichte.
Laussedat verlangt nämlich das Wort, um den Unterrichtsminister wegen gewisser Universitätsprofessorenumtriebe zur Rede zu stellen. Bouillaud, von der medizinischen Fakultät, sei abgesetzt worden, weil er den großen Chemiker Orfila als einen Betrüger entlarvt habe. Der Staat zahle nämlich bedeutende Gelder an diesen Professor für Experimente u. s. w. und da habe es sich herausgestellt, daß Hr. Orfila die Bagatelle von 28,443 Fr. unterschlagen.
Trousseau, Freund des Angeklagten, will die Existenz dieses Defizits zwar nicht leugnen, sucht aber zu beweisen, daß Orfila diese Gelder zu andern wissenschaftlichen Zwecken verwand habe. (Oh! Oh!)
Auch Falloux vertheidigt ihn.
Deslongrais aber nennt dieses Betragen ein Falsum und erregt durch seine berühmte Heftigkeit großen Lärm.
Tresneau, Ex-Kultus- und Unterrichtsminister, der den Papst in Marseille empfangen sollte, rechtfertigt den Angeklagten vom Vorwufe des Betrugs und sagt, der Administration der betreffenden Fonds sei eine Ruge zugegangen. Man solle sich damit begnügen. (Ja, ja! Nein, nein!)
Die Tagesordnung wird ausgesprochen. Hr. Orfila, der Dynastiker, wird als ehrlicher Mann erklart.
Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen.
Spanien. Madrid, 3. Jan. Das Ministerium beabsichtigt, schon morgen den Cor_ es das Büdget vorzulegen.
— Die Adreßdiskussion hat begonnen. Moron griff das Kabinet heftig an, und Mon mußte seine ganze Beredsamkeit aufbieten, um den tiefen Eindruck zu verwischen, den die scharfe Kritik Moron's auf die Versammlung machte. Auf Moron folgte Cortina, das Haupt unserer Radikalen, dessen Rede (Bekämpfung des Adreßentwurfs) fast die ganze heutige Sitzung füllte. Cortina ging die politischen Ereignisse des vorigen Jahrhunderts durch und goß seinen ganzen Groll gegen das Ministerium wegen des Bulwer'schen Handels aus. Er tadelte das Kabinet bitter, und gab den Engländern vollkommen Recht. Das Benehmen der Regierung gegen Pius IX. fand allein Barmherzigkeit vor dem Zorn des gewaltigen radikalen Stimmführers. Diese Rede bildet das Ereigniß des Tages, und Pidal wird sie morgen (4. Januar) im Namen des Kabinets beantworten.
Großbritannien. 68 London, 9. Jan. Wir haben schon mehrere Male Veranlassung genommen, arf die Thätigkeit Lord Palmerston's, Minister der auswärtigen Angelegenheiten Großbritvnniens, zurückzukommen, indem wir die vielen Fehler, Willkürlichkeiten und Infamien dieses bisher so renommirten Staatsmannes nicht genug zu brandmarken wußten. Wir gingen in unsern damaligen Räsonnements gewissermaßen Hand in Hand mit einem Urtheile George Julian Harney's, jenes bekannten Chartisten, vor dem sich der edle Lord auf dem Markte von Tivertom einst in einer dreistündigen Rede zu rechtfertigen suchte. Heute erleben wir die Genugthuung, daß die Times in einem langen leitenden Artikel die Palmerstonschen Sünden aufzählt und von ihrem Standpunkte aus über den alten Whig total den Stab bricht.
Wörtlich heißt es in dem Artikel der Times wie folgt: „Wahrlich, seit der Thronbesteigung der Königin Viktoria gab es keine Zeit, wo die auswärtigen Verbindungen der Krone ein so bejammernswerthes Bild fehlgeschlagener Unternehmungen darboten als in diesem Augenblicke. Mit keinem einzigen Staate der einen und der andern Hemisphäre stehen wir, wie man zu sagen pflegt, auf gutem, freundschaftlichen Fuß, nur zu mehreren der hervorragendsten, mit denen wir durch politische Traditionen und durch kommerzielle Interessen auf's nächste verbunden sind, verhalten wir uns beinah feinlich. In der ganzen Welt hat unsre auswärtige Politik das Gefühl der Erbitterung und des Mistrauens hervorgeführen. Ueberall sieht man britischen Geschäftsträgern Feinde jener Gouvernements, die wir unterstützen müssen und bei denen jene Botschafter selstb accredirt wurden, so daß Kälte und Abneigung jenem Vertrauen und jenem Einverständniß sogten, mit dem wir seit einer Reihe von Jahren auf wahrhaft systematische Weise verbunden waren.
Die Times geht dann auf die verschiedenen Länder ein, die sich der Palmerstonschen Politik zu erfreuen hatten Zuerst führt sie Oestereich an, indem sie es als eine sehr empfindliche Beleidigung ansseht, daß der österreichische Hof, um die Palmerstonsche Handlungsweise in der italienischen Angelegenheit zu rächen, keine einzige bedeutende Person nach London sandte, der die Thronbesteigung ges neuen Kaisers anzeige.
In Spanien. fährt sie dann fort, wurde trotz der wohlmeinenden Vermittlungen des Königs der Belgier, kein Versuch gemacht, um jene scandalöse und unpolitische Unterbrechung unsrer diplomatischen Verbindungen wieder herzustellen. In Griechenland erging es uns nicht besser. Unsre ganze Politik brachte uns nur persönlichen Haß zu Wege. Der französische Einfluß wurde vorherrschend, weil man unsre Strenge fürchtete, und selbst seit dem Tode Coletti's blieben wir in Athen machtlos und verachtet. In Brasilien scheiterte die Mission Lord Howden's vollständig; Nosas nahm sich das Verfahren von Narvaez zu Muster, und wie man in Spanien unsern Gesandten ohne Weiteres hinauswies, so verstattete man unserm brasilianischen Geschäftsträger nicht einmal eine Audienz und erlaubte ihm nur in der Eigenschaft eines Privatmannes bis zum Eintreffen neuer Instruktionen in Buenos Ayres zu verweilen. Gehen wir ein wenig weiter zurück, zu der Rolle, welche England in Portugal spielte, so finden wir, daß die schließlich glücklichen Erfolge der britischen Einmischung in die Angelegenheiten jenes Landes, ganz gegen die ursprünglichen Absichten und Wünsche Lord Palmerston's waren.
Erst durch die öffentliche Meinung in England und durch die energischen Protestationen in Lissabon gezwungen, entsagte Palmerston endlich seinen Plänen und befahl dem britischen Admiral, die ganze Expedition der Junta zu vereiteln. Nachdem die Times dann auch noch das Verfahren Palmerstons gegenüber der Schweiz, eben nicht vortheilhaft geschildert hat, macht sie ihm in Betreff Neapels und Siziliens die herbsten Vorwürfe. Abwechselnd habe man die Sache beider Parteien ergriffen und wieder fahren lassen. „Lord Minto wurde aufs enthusiastischste in Palermo begrüßt; die Emissäre der sicilianischen Insurgenten empfing man in ministerieller Audienz in London, man erlaubte ihnen sogar, Waffen und Munition zu kaufen und das Ministerium des Auswärtigen unterstützte sie hierbei, indem es die Hoffnungen der Sicilianer dadurch bis zur Gewißheit eines glücklichen Erfolges steigerte. Als aber der Tag der Entscheidung kam: überließ man Messina seinem Schicksal, indem man durch ein britisches Kriegsschiff in der Bai von Neapel den Hof alarmirte, ohne den Sicilianern zu helfen, einerseits die Rache des Königs von Neapel fürchtend, anderseits eine diplomatische Kollision mit dem Kaiser von Rußland.
So fährt die Times fort, und wir müssen gestehen, es freut uns, daß sie mit der chartistischen Partei daran arbeitet, einen Staatsmann zu stürzen, der sich als der wunderlichste Schwächling und der hölzernste Krakehler seiner Partei lange genug ausgezeichnet hat. Wenn das Bourgeoisblatt, die Times, über Palmerston herfällt, weil er die Bourgeois-Interessen nicht entschlossen genug vertritt, so wünschen wir seinen baldigen Fall, weil er trotz aller anfänglichen Händelsucht und Polterei, schließlich die Freiheit der Völker in einer wahrhaft eklatanten Weise, bei jeder Gelegenheit im Interesse der heiligen Allianz verrathen hat.
Auffallend bleibt es jedenfalls, daß die Polemik der Times gegen Lord Palmerston zusammenfällt mit einer ähnlichen Polemik des Girardin'schen Blattes in Paris und der standrechtlichen „Presse“ in Wien!
24 London, 10. Jan. Sie können sich denken, daß die Geldnachrichten aus den Vereinigten Staaten jetzt in der englischen Presse eben so sehr besprochen werden, als in der amerikanischen. Daß man in Privat- und öffentlichen Gesellschaften sich gleichfalls unausgesetzt mit diesem Thema beschäftigt, braucht kaum bemerkt zu werden. Die „Daily News“ enthalten wieder einen ausführlichen leitenden Artikel über diesen Gegenstand.
„Wenn die Schilderung der goldenen Schätze Californiens,“ (heißt es darin) „wahr ist, so kommt für den Nationalökonomen ein nicht vorausgesehenes Element in: Berechnung. Der Grundsatz, daß der Werth der kostbaren Metalle, wie der andrer Industrieprodukte, zuerst durch die Produktionskosten und weiter durch Seltenheit, durch Ansichten über Nützlichkeit, Bequemlichkeit etc. bestimmt wird, scheint durch diese neue Entdeckung aufgehoben zu werden. Vorausgesetzt, daß das kostbare Metall auch nur annähernd in der behaupteten Masse gefunden wird, so frägt sich's, in wie weit diese Entdeckung auf den Werth von Gold und Silber, die wegen ihrer verschiedenen Eigenschaften als Werthmaaße angenommen sind, einwirken wird. Eine ebenso interessante Frage ist die, in welchem Grade Industrie und Produktion durch eine plötzliche und bedeutende Vermehrung des Goldes werden angestachelt werden. Denn daß diese Vermehrung, wenigstens für einige Zeit, ein mächtiger Stimulus sein wird, unterliegt wohl keinem Zweifel. Uebersteigt die aus Amerika nach Europa fluthende Goldmenge die Nachfrage, so wird der Goldwerth fallen und der Preis aller andern Waaren verhältnißmäßig steigen. Das Verhältniß zwischen Gold und Silber wird eine Störung erleiden, so daß die Werthmesser in jedem Lande und das Austauschverhältniß von einem Lande zum andern geändert werden. Die Festigkeit und Regelmäßigkeit des Werths beider Metalle, die unserer Erfahrung nach bisher obgewaltet, mögen vielleicht für die regelmäßige Zufuhr aus den Bergwerken keinen Beweis abgeben; was sie aber beweisen, ist: daß die fortschreitende Civilisation, die Zunahme des Reichthums, der kommerziellen Unternehmungen und andere damit zusammenhängende Ursachen jeden Ueberfluß an edlen Metallen, stufenweise absorbirt haben. Mit dem bei den modernen Völkern wachsenden Reichthum wuchs auch der Verbrauch der edlen Metalle. Ohne Zweifel ist die Produktivität der Silberminen größer und regelmäßiger als die der Goldminen.
In dem gegenseitigen Verhältniß würden nur geringe Schwankungen eintreten. Indeß der enorme Zuwachs des Silbergeldes in den Vereinigten Staaten, auf dem europäischen Kontinent, und selbst in Indien und unsern Kolonien hat den Preis für eine Unze Silber etwas unter 5 Schill. (1 Thlr. 20 Sgr.) gehalten. Da in England nur Gold als Werthmesser angenommen ist, so findet mit Ausnahme der Verein. Staaten, der Goldabfluß gewöhnlich nach England und der Silberabfluß nach dem Continent statt Da England ein Markt ist für irgend bedeutende Silbermassen so würde hier der Preis unausweichbar fallen, wie dies geschieht,
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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