Neue Rheinische Zeitung. Nr. 201. Köln, 21. Januar 1849. Zweite Beilage.2. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 21. Januar 1849. Schweiz. Kanton Neuenburg. Die royalistischen Damen von Neuenburg haben der Königin von Preußen einen Neujahrswunsch geschickt und von derselben eine Rückantwort erhalten, in der auch "von einer durch Gottes Erbarmen zu erreichenden Rückkehr Neuenburgs unter den väterlichen Schutz des guten Königs" gesprochen wird. (Sol. Bl.)Französische Republik. 12 Paris, 18. Januar. Der Justizminister Odilon-Barrot ist heute in würdiger Weise aufgetreten. Er hatte das Wort genommen, um der Kammer eine Mittheilung der Regierung zu machen. Und was war diese Mittheilung? Was bewog den olympischen Gott und zeitigen Amtmann Napoleon's des Frommen, auf die Tribüne zu steigen? Die Regierung und der Präsident Napoleon bestehen darauf, die Angeklagten und Mitschuldigen vom 15. Mai, die nun bereits über 9 Monat theils in Vincennes gesessen, theils auf flüchtigem Fuße sich befinden, vor ein -- ich hätte beinahe gesagt Kriegsgericht zu stellen. -- Nein es ist kein Kriegsgericht; es ist der sogenannte haute cour nationale, der hohe Gerichtshof der Nation -- das klingt weit feierlicher; das macht mehr Effekt, das erinnert fast an Hochgericht, und sicherlich an alle die außerordentlichen und exceptionellen Gerichtshöfe unter der Restauration. Die Wirkung welche in der Kammer diese Mittheilung hervorbrachte, war wirklich unbeschreiblich. Erstens wer sind die Männer, die in den Anklagezustand versetzt sind? Barbes, Sobrier, Albert, Louis Blanc, Caussidiere -- also lauter Männer, die theilweise in der provisorischen Regierung waren, theilweise dieselbe begründen halfen. Und wessen sind diese Männer angeschuldigt? Sie sind angeschuldigt, ein Attentat auf die Kammer begonnen zu haben. Also desselben Verbrechens, das Odilon-Barrot selbst moralisch auf die Kammer vollbringen will, und derselbe Odilon-Barrot ist's, ihr moralischer Complice, ihr moralischer Mitschuldiger und Helfershelfer, der sie in den Anklagezustand versetzt, der ein Hochgericht verlangt, um diese Männer verurtheilen zu lassen. Das Attentat wurde ausgeübt ehe Odilon-Barrot Minister, ehe die Konstitution ausgearbeitet, und ehe folglich auch ein Hochgericht, une haute cour nationale bestand. Denn der hohe Gerichtshof ist ja eben durch die Bestimmungen der Konstitution eingesetzt worden. Und Odilon-Barrot will Männer durch diesen Gerichtshof verurtheilen lassen, die dasselbe wünschten und wollten, was er jetzt will; die damals eine Kammer sprengen wollten, welche Polen Preis gab und in Begriff stand mit allen kommenden Windischgrätz Hand in Hand zu gehen; eine Kammer, welche aus lauter Cavaignac's und Odilon-Barrots zusammengesetzt war, und die bloß Minister wie Odilon-Barrot in letzter Instanz schaffen konnte. Und die Kammer, durch das Verlangen Odilon-Barrot's, ihres moralischen Meuchelmörders, sieht sich in die Nothwendigkeit versetzt, zwischen zwei Feinden, die beide ihre Vernichtung wollten, eine Partei zu ergreifen; sich als Freundin zu erklären des Einen oder des andern ihrer Todfeinde. Und in demselben Augenblicke, wo Odilon-Barrot den Anklageakt vorliest, stellt ein anderes Mitglied der Kammer den Antrag, wegen desselben Verbrechens, Auflösung der Kammer, denselben Odilon-Barrot in der Person des Präsidenten Napoleon in den Anklagezustand zu versetzen. Und dieselbe Volkspartei, die am 15. Mai die Kammer angriff, spricht sich jetzt in allen Klubs für die Aufrechthaltung der Kammer aus, und ist bereit, zu ihrer Vertheidigung eine ganz dem 15. Mai entgegengesetzte Partei zu nehmen. Und dann ist wieder die Kammer par anticipation die Mitschuldige derjenigen Männer, deren Mitschuldigen post festum eben dieser Barrot ist. An dieser Verwirrung der Rechtsbegriffe werden die armen Bourgeois irre: sie sind rein außer sich! Sie wissen nicht mehr, wie das Alles ins Reine kommen kann. Daher eine völlige Stockung in allen ihren Geschäften; mit der Ruhe und Ordnung ist es soweit gekommen, daß die völlige Zerrissenheit ihres "Gemüthes", die Unruhe und Unordnung ihrer "Seelenstimmung" sie allenthalben verfolgt. Sie wissen jetzt nicht mehr, auf was sie sich vertrösten sollen, um wieder etwas Handel und Wandel, etwas Leben auf die Course, etwas Thätigkeit in die Fabriken zu bringen. Alles stockt. Ihre frühere Hoffnung, ihr Napoleon, der wie ein leuchtender Stern von allen Seiten begrüßt wurde, steht bleich und lichtlos da. Vielleicht probirt er im Spiegel seinen neuen Bonapartshut und seinen neuen Kaiserrock an. Aber Niemand kümmert sich um ihn, und die Bourgeois selbst gönnen ihm dieses unschuldige Vergnügen. Früher sagten sich die Bourgeois immer: Nun der Zustand ist nur provisorisch, mit der Kammer, mit Cavaignac, mit Napoleon u. s. w. hört er auf. War es dies nicht, so war es jenes; aber immer war es ein Etwas, das dem Provisorium ein Ende machen sollte. Jetzt ist man mit allen Provisoria zu Ende und die Trostlosigkeit und die Unbeholfenheit ist in allen Regionen, nur nicht in der Arbeiterklasse, die sich immer mächtiger organisirt. Der arme Napoleon! Tiefer kann man nicht gefallen sein als er, und daß er noch seinen Fall auf so bourgeoisschmutzige Weise bekundet! Das verdrießt die Bourgeois am meisten. Und wie die Proletarier selbst den armen Mann, den armen Napoleon moralisch vernichten, indem sie ihm ihre Pfandzettel von ihren Röcken und Matratzen zuschicken. Der philanthropisch gesinnte "Kaiser" nimmt dies Alles ernstlich, und will helfen und beklagt sich in seinen offiziellen Blättern über diese Sendung "in massa" und trauert über sein geringes Gehalt, das ihm nicht erlaube, den Leuten die Röcke wieder auf den Rücken zu verschaffen und trägt indirekt auf eine Gehaltserhöhung an, um Matratzen auszulösen! Kann man bescheidener sein? Kann man in demüthigenderer Form eine Erhöhung der Civilliste verlangen? Dazu kömmt noch die Geschichte mit dem Papste, dem man gerne helfen möchte und doch wieder nicht kann, weil der Mann des "guten Willens" sich so offen blamirt, indem er sein ganzes Land mit dem Bannfluche bedroht, und denselben theilweise schon ausspricht. Das Journal des Debats vertheidigt zwar den Papst, und sucht das Lächerliche des Bannfluches zu beschönigen, indem es theologisch darzuthun sich bestrebt, daß das Schreiben von Pius IX nur ein sogenannter "Monitoire" sei. Aber die Römer sind Franzosen geworden: sie lachen über das jesuitische "Debats" sowohl, als über die Blitze des Papstes, welche an allen Ecken Roms angeheftet sind, ohne die geringste Wirkung zu thun. Die päpstliche Bulle gleich einer förmlichen Affische, einem Zettel zur Belustigung der Leser. Der Papst, statt die Kroaten und Windischgrätz zu exkommuniziren, exkommunizirt die Feinde aller Windischgrätz, die Feinde der Kroten. Mehr bedurfte es nicht, um die Römer über alle Exkommunikationen für alle Zeiten hin zu blasiren. Sie durchlaufen Rom mit dem Rufe: "Es leben die Exkommunizirten!" Odilon-Barrot und Napoleon stehen auf Seiten des Papstes und sind einverstanden mit den Exkommunizirenden! Die Pariser Proletarier stehen auf Seiten der Römer und lassen die Exkommunizirten hoch leben. Scheiterhaufen für Scheiterhaufen, haben wir die Bulle des Papstes noch lieber als das Hochgericht, als Odilon-Barrot. Um dem Publikum einen Begriff des "Hochgerichts" zu geben, citiren wir hier die betreffenden Stellen der Constitution: Art. 92. Der hohe Gerichtshof besteht aus fünf Richtern und zwölf Geschwornen. Der Kassationshof ernennt jedes Jahr, in den ersten Tagen des Novembers, die Richter und Ersatzmänner aus seiner Mitte. Die Wahl geschieht mittelst geheimen Scrutiniums und mit absoluter Majorität. Die fünf definitiven Richter erwählen selbst ihren Präsidenten. Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und in Folge einer Anklage gegen den Präsidenten und die Minister, durch die Nationalversammlung. Die Geschwornen, 36 an der Zahl, werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements genommen. Die Volksvertreter können nicht als Geschworne sitzen. Paris, 18. Jan. (Gesetzentwurf.) Art. 1. Die Urheber und Mitschuldigen des Attentats vom 15. Mai 1848, welche ein Beschluß des Pariser Appelhofs vom 16. Januar 1849 in Anklagestand versetzte, werden vor den hohen Nationalgerichtshof gestellt. Art. 2. Dieser Nationalgerichtshof tritt binnen einem Monat nach Annahme des gegenwärtigen Gesetzentwurfs durch die National-Versammlung, in Bourges zusammen. Art. 3. Der Justizminister ist mit Ausführung dieser Maßregel beauftragt Gegeben im Elysee-National, 17 Januar 1849. (gez) Louis Napoleon Bonaparte. (gegengez.) Odilon-Barrot. -- Laut Artikel 92 der Verfassung ist der Nationalgerichtshof aus fünf Kassationsräthen und zwölf Geschwornen zu wählen, welche nach Anweisung der Artikel 93, 94 und 95 derselben Verfassung aus einer Liste von resp. sechszig, von den Departementsräthen zu ziehen sind. Die Stadt Bourges, zwar ziemlich weitläuftig, aber ziemlich verödet, wird gleich Vendome vor sechszig Jahren, plötzlich sehr rege werden und dramatisches Interesse bieten. -- Die Bureaux der Nationalversammlung wählen so eben die Kommission, welche ihr, gegen 3 Uhr über die Dringlichkeit des ministeriellen Antrages: "die Maigefangenen vor einen Nationalgerichtshof zu stellen," Bericht zu erstatten hat. Die Diskussion ist sehr lebhaft. Die Ansicht des Appellhofs, die Angeklagten vor die Jury des Seinedepartements zu stellen, findet viele Vertheidiger. Wie kann ein Gesetz gegen sie angewandt werden, das viele Monate später erst entworfen und angenommen wurde? Die Verfassung könne doch unmöglich eine rückwirkende Kraft üben? Da es sich jedoch blos um die Dringlichkeit handelt, so müssen wir den Kern der eigentlichen Frage für die öffentliche Debatte aufsparen. -- Cabrera's Niederlage scheint sich zu bestätigen. Laut Depeschen aus Bayonne vom 13, warf sich ein Karlisten-Korps von 600 Mann über die spanische Gränze auf französischen Boden, entwaffnete dort mehrere Posten und wird uns somit in eine unangenehme internationale Streitigkeit verwickeln. -- In den Marseiller und Touloner Blättern nichts Wesentliches über die Expedition nach Italien. Einigen Zeilen im Pariser "National" zufolge dringt Sotomayor im Namen Spaniens vorzüglich in das Kabinet, um zu wissen, was Frankreich eigentlich für den Pabst zu thun beabsichtige? Das Kabinet, viel zu sehr mit dem Innern beschäftigt, zeigt sich aber zähe und unschlüssig. Es gibt ausweichende Antworten: "Wahrhaftig, ruft darum das Organ Ledru-Rollins, wir kehren in die Zeiten Karls des Großen zurück. Unter dem Pretext, daß Frankreich die älteste Tochter Rom's sei, scheint unser Präsident gar nicht übele Lust zu haben, eine französische Division gegen die revolutionären Römer zu schleudern. Der Bannfluch des Pabstes soll das Zeichen zu einem neuen Kreuzzuge geben. Die ganze Christenheit möchte aufbrechen; Spanien rüstet seine acht lecken Kriegsschiffe, die seine Marine noch zählt; Portugal stellt seine Flotten und Armeen (!!) dem Pabste zu Gebote, und selbst die Türkei ist schon auf dem Wege, Sr. Heiligkeit zu Hülfe zu springen. -- So hätten wir denn endlich die Vicepräsidentenliste! Herr Leon Faucher, Minister des Innern, bestieg heute Nachmittag um 3 1/2 Uhr die Bühne und schlug der Nationalversammlung im Namen des Präsidenten Bonaparte die Deputirten vor: 1) Boulay (Meurthe), ein Centrier, der mitunter im Juni schrie. 2) Baraguay d'Hilliers, Junigeneral und Präsident der Rue de Poitiers. 3) Vivien, Ex-Vicepräsident des alten Staatsrathes unter der Monarchie. Alle Welt wird sich über diese Nullitäten wundern. Aber der Vicepräsident muß von Rechts- oder Constitutionswegen eine Null sein. Darum erklärt auch Odilon Barrot im heutigen 3stündigen Ministerrathe, daß er eher sein Portefeuille niederlege, als die Vicepräsidentschaft anzunehmen. Passy erklärte, daß auch er zurücktrete, wenn Barrot nicht mehr Conseilpräsident bleibe. So kam obige Liste zu Stande. -- Während die Ledru-Rollin'sche "Revolution" den Präsidenten Bonaparte einen Kreuzzug gegen die Römer unternehmen läßt, benachrichtigt uns der Moniteur, daß der Präsident von einem Gastmahle zum anderen zieht. Das amtliche Blatt meldet uns auf seiner ersten Seite, daß der Präsident der Republik gestern Abend einem Mahle bei seinem Unterrichtsminister Hrn. v. Falloux beiwohnte, zu dem die hervorragendsten Männer aller Parteien (?) und Religionen geladen waren. Der Moniteur hebt besonders die Anwesenheit des protestantischen Kirchenfürsten Cuvier und des jüdischen Rabbiner Cerfbeer hervor. Auch die Schildträger Changarnier, Bugeaud und der berüchtigte Marquis v. Pastoret (Haupt-Agent Heinrich V.) befanden sich unter den Geladenen. -- Nationalversammlung. Sitzung vom 18. Januar. Marrast eröffnet sie um 2 1/2 Uhr. Nach Vorlesung des Protokolls folgen einige Ratifikationen. Alem Rousseau entschuldigt sich, daß er gestern bei Vorlesung einer Petition gegen die Jesuiten den Berichterstatter Kerdrel unterbrochen. Koenig (Elsaß): Unter dem gestrigen Petitionsstoße befand sich auch ein Antrag auf Errichtung eines Universitätslehrstuhls über Atheismus. Ich trage darauf an, daß dieser böse Antrag dem Unterrichtsminister Behufs Einleitung einer Untersuchung gegen den Antragsteller überwiesen werde. (Widerspruch vom Berge.) Marrast zeigt der Versammlung die Namen der gewählten Commission zur Begutachtung des Dringlichkeitsantrages gegen die Maigefangenen an. Gewählt wurden: Reynaud, Dupin, Corne, Verne, Bauchart, Baroche, Ponc[unleserliches Material]let, St. Rome. Er ersucht sie, sich zurückzuziehen, um bald zu berichten. Dies geschieht und dann geht es an die eigentliche Tagesordnung, welche in unerheblichen Kredit-Anträgen besteht. Inmitten der geräuschvollen Debatte (gegen 4 Uhr) nimmt Leon Faucher im Namen des Gouvernements das Wort. Leon Faucher, Minister des Innern, liest einen Beschluß des Präsidenten vor, der Boulay, Baraguay d Hilliers und B[unleserliches Material]ten als Kandidaten zur Vizepräsidentschaft verfassungsgemäß vorschlägt. Baze. Erst müsse sein Gehalt festgestellt werden. Die Debatte wird auf Samstag beschlossen Goudchaux verlangt das Wort über neue Motive zur Tagesordnung. Er protestirt gegen die Form, mit welcher man das Pflanzerentschädigungsgesetz bei Seite geworfen. Er ist ein Anwalt der reichen Colonialkapitalisten. Cremieux hebt den Handschuh auf und rechtfertigt das beobachtete Verfahren Damit war Goudchaux vorläufig geschlagen. Mauguin beklagt sich, daß der Finanzausschuß die Getränkesteuer-Anträge nicht erledige. Die Sache sei wichtig. St. Beuve antwortet im Namen des Ausschusses, daß die Nachlässigkeit den Redner selbst treffe; denn man habe ihn drei Male schriftlich in seine Sitzungen geladen. Er sei nie gekommen. (Gelächter.) Der Antrag wird als dringend in die Büreau's gewiesen In diesem Augenblick erscheint die M[unleserliches Material]igefangen-Commission wieder im Saale. Fladin erklärt in ihrem Namen, daß die Commission über die Dringlichkeit einstimmig sei und die Debatte für Sonnabend verschlage und zwar in öffentlicher Sitzung. Grandin möchte Vordiskussion in den Büreau's. Senard bekämpft dies. Lagrange belästigt die Versammlung abermals mit der -- Amnestie. Sie solle der Maidebatte vorangehen. So langweilig dieser hohle Lagrange ist, kann man ihm doch nicht zürnen und sein Antrag fand ziemlich Unterstützung. Nach zweimaliger Stimmprobe fiel er jedoch durch und es bleibt bei Sonnabend. Laribiere deponirt seinen Bericht über die -- Zeitungspreßgesetzgebung. (Ah! Ah!) Die Versammlung überweist dann schließlich noch die Colonialarbeitsverhältnisse den Büreaus. Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen Großbritannien. 068 London, 18. Jan. Unter dem Titel "The Gold Regions of California, describing its Geography etc." ist hier so eben ein sehr instructives Werkchen über Californien erschienen, aus dessen einleitenden Bemerkungen ich Ihnen einige Auszüge gebe: "Californien, diese bis jetzt noch unerforschte Wildniß des Südwestens, ebenso fruchtbar und dem Pfluge des Ansiedlers günstig, als reich an unberechenbaren und unerschöpflichen mineralischen Schätzen, ist kürzlich durch den Friedensvertrag mit Mexiko den Vereinigten Staaten annexirt worden. Unter der kräftigen Hand Anglo-Amerika's und den Vortheilen, welche es dem Colonisten bietet, wird man den Reichthum dieses fast noch jungfräulichen Bodens erst kennen lernen, und wird er, statt Jahrhundert auf Jahrhundert unter dem abgeschwächten, energielosen Mexikaner oder der indolenten Rothhaut hinzusiechen, von einem starken, thatenlustigen, unternehmenden Geschlechte in Besitz genommen werden. Schon richten Tausende ihre Augen auf dies gelobte Land, und schon hallen die wilden, unwegsamen Pässe der Felsengebirge von dem dreisten Fußtritt des nach dem neuen Eldorado ziehenden Auswanderers wieder. "Die Nachricht von der Entdeckung ungeheurer Landstriche, wo Gold -- helles, blankes, blitzendes Gold -- mit den Händen aufgerafft und in Säcken und Körben weggetragen werden kann, ohne weitere Arbeit und Instrumente als Schaufeln und Blechpfannen, muß den ohnehin schon reißenden Strom der Auswanderung noch reißender und ungestümer machen. Noch ein paar Jahre, und die Thäler Californiens werden mit lachenden, üppigen Farms bedeckt, an seinen Strömen und Häfen werden geschäftige, volkreiche Städte aus dem Boden gestiegen sein. Schon ist in einem entfernten Winkel des Sacramento-Thales, wohin noch vor sechs Monaten kein europäischer Fuß gedrungen war, ein lebhaftes Dorf von viertausend Einwohnern entstanden. "Ob alle die glühenden Berichte über das neuentdeckte Goldland wahr sind oder nicht: Ein unschätzbarer Vortheil wenigstens wird aus dem der Emigration in dieser Weise gegebenen Anstoße sicher hervorgehn. Die drohendste Gefahr aller dicht bevölkerten Gegenden heutzutage ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Bevölkerung zu sehr anschwellen wird, als daß sie sich die zu ihrer Existenz nothwendigen Mittel verschaffen könnte. In Europa ist diese Gefahr dringender, als irgendwo sonst. Die Tradition ist mächtig, aber der Hunger, der Beherrscher der Könige, der Ueberwinder der Kaiser, ist mächtiger. Die Emigration ist eins der Mittel zur Abwendung des Uebels; jedes Ereigniß darum, das sie befördert und ihr neue Bahnen anweist, ist freudig zu begrüßen und mit Aufmerksamkeit zu prüfen. Ob die Goldminen Californien's den wirklichen Reichthum der Erde vermehren, oder ob die Kosten der Gewinnung und des Reinigens den ganzen technischen Werth des Metalls absorbiren werden, das zu erörtern, ist hier nicht der Platz. Aber dessen darf jeder, der diese Zeilen liest, gewiß sein: -- es gibt Gold in Californien, und wer danach gräbt, kann es haben! Ein Pflug, ein Gespann Ochsen, ein fester Wille und einige Kenntnisse von den Entdeckungen der Agricultur-Chemie, reichen hin, um jedem jungen Manne (oder selbst jedem Manne in mittleren Jahren), der nach Californien geht, ein ruhiges, goldenes Auskommen für sein Alter und seine ihn überlebende Familie zu sichern. Weizen, Roggen und alle Producte, die der Fleiß von einem fruchtbaren Boden erwarten darf, gedeihen auf den Ebenen und in den Thälern Californiens aufs Ueppigste, und die Caravanen, die auf die Goldjagd ausziehn, können sich zugleich einen reichen und großen Markt, für die von ihnen zu erzielenden Früchte des Feldes schaffen. Bei Preisen von 10 Pfund Sterling für ein Faß Mehl (andere Lebensmittel im Verhältniß) ist es noch die Frage (angenommen selbst, die Gerüchte von dem Goldreichthum des Landes wären in keiner Weise übertrieben), ob Korn- und Kartoffelzucht nicht ebenso vortheilhaft als Goldwaschen sein würden. Beide Beschäftigungen werden natürlich Hand in Hand gehen müssen. Das Gold zieht die Emigration an, und die Emigration, um zu existiren, bedarf des Ackerbau's. Californien wird aber auch des Fleißes und der Geschicklichkeit unserer Handwerker bedürfen, die jetzt größtentheils in unsern Fabrikstädten ungesunde Keller und erstickende Dachstuben bewohnen und von einem Verdienst, der kaum für eine einzige Person ausreicht, eine ganze Familie ernähren müssen. Hört es, ihr fleißigen, aber schlechtbelohnten Arbeiter Europa's: ein Handwerker, dessen Gewerbe in Californien nützlich ist, verdient dort mit Leichtigkeit 10 bis 15 Dollars täglich. Schmiede, Rademacher, Zimmerleute, Baumeister, Hutmacher, Schneider, -- das sind die Leute, die nur nach dem S. Sakramento zu gehen brauchen, um sich selbst, ihren Weibern und ihren Kindern ein glückliches Leben zurechtzuzimmern." Der Verfasser weist dann nach, wie auch unbemittelte Arbeiter, wenn sie ihre Kräfte und Mittel zusammenthun, die Kosten der Reise billig bestreiten können. Wir überspringen diese Rathschläge, da ihr Detail hauptsächlich auf englische Verhältnisse berechnet ist, 2. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 21. Januar 1849. Schweiz. Kanton Neuenburg. Die royalistischen Damen von Neuenburg haben der Königin von Preußen einen Neujahrswunsch geschickt und von derselben eine Rückantwort erhalten, in der auch „von einer durch Gottes Erbarmen zu erreichenden Rückkehr Neuenburgs unter den väterlichen Schutz des guten Königs“ gesprochen wird. (Sol. Bl.)Französische Republik. 12 Paris, 18. Januar. Der Justizminister Odilon-Barrot ist heute in würdiger Weise aufgetreten. Er hatte das Wort genommen, um der Kammer eine Mittheilung der Regierung zu machen. Und was war diese Mittheilung? Was bewog den olympischen Gott und zeitigen Amtmann Napoleon's des Frommen, auf die Tribüne zu steigen? Die Regierung und der Präsident Napoleon bestehen darauf, die Angeklagten und Mitschuldigen vom 15. Mai, die nun bereits über 9 Monat theils in Vincennes gesessen, theils auf flüchtigem Fuße sich befinden, vor ein — ich hätte beinahe gesagt Kriegsgericht zu stellen. — Nein es ist kein Kriegsgericht; es ist der sogenannte haute cour nationale, der hohe Gerichtshof der Nation — das klingt weit feierlicher; das macht mehr Effekt, das erinnert fast an Hochgericht, und sicherlich an alle die außerordentlichen und exceptionellen Gerichtshöfe unter der Restauration. Die Wirkung welche in der Kammer diese Mittheilung hervorbrachte, war wirklich unbeschreiblich. Erstens wer sind die Männer, die in den Anklagezustand versetzt sind? Barbes, Sobrier, Albert, Louis Blanc, Caussidiére — also lauter Männer, die theilweise in der provisorischen Regierung waren, theilweise dieselbe begründen halfen. Und wessen sind diese Männer angeschuldigt? Sie sind angeschuldigt, ein Attentat auf die Kammer begonnen zu haben. Also desselben Verbrechens, das Odilon-Barrot selbst moralisch auf die Kammer vollbringen will, und derselbe Odilon-Barrot ist's, ihr moralischer Complice, ihr moralischer Mitschuldiger und Helfershelfer, der sie in den Anklagezustand versetzt, der ein Hochgericht verlangt, um diese Männer verurtheilen zu lassen. Das Attentat wurde ausgeübt ehe Odilon-Barrot Minister, ehe die Konstitution ausgearbeitet, und ehe folglich auch ein Hochgericht, une haute cour nationale bestand. Denn der hohe Gerichtshof ist ja eben durch die Bestimmungen der Konstitution eingesetzt worden. Und Odilon-Barrot will Männer durch diesen Gerichtshof verurtheilen lassen, die dasselbe wünschten und wollten, was er jetzt will; die damals eine Kammer sprengen wollten, welche Polen Preis gab und in Begriff stand mit allen kommenden Windischgrätz Hand in Hand zu gehen; eine Kammer, welche aus lauter Cavaignac's und Odilon-Barrots zusammengesetzt war, und die bloß Minister wie Odilon-Barrot in letzter Instanz schaffen konnte. Und die Kammer, durch das Verlangen Odilon-Barrot's, ihres moralischen Meuchelmörders, sieht sich in die Nothwendigkeit versetzt, zwischen zwei Feinden, die beide ihre Vernichtung wollten, eine Partei zu ergreifen; sich als Freundin zu erklären des Einen oder des andern ihrer Todfeinde. Und in demselben Augenblicke, wo Odilon-Barrot den Anklageakt vorliest, stellt ein anderes Mitglied der Kammer den Antrag, wegen desselben Verbrechens, Auflösung der Kammer, denselben Odilon-Barrot in der Person des Präsidenten Napoleon in den Anklagezustand zu versetzen. Und dieselbe Volkspartei, die am 15. Mai die Kammer angriff, spricht sich jetzt in allen Klubs für die Aufrechthaltung der Kammer aus, und ist bereit, zu ihrer Vertheidigung eine ganz dem 15. Mai entgegengesetzte Partei zu nehmen. Und dann ist wieder die Kammer par anticipation die Mitschuldige derjenigen Männer, deren Mitschuldigen post festum eben dieser Barrot ist. An dieser Verwirrung der Rechtsbegriffe werden die armen Bourgeois irre: sie sind rein außer sich! Sie wissen nicht mehr, wie das Alles ins Reine kommen kann. Daher eine völlige Stockung in allen ihren Geschäften; mit der Ruhe und Ordnung ist es soweit gekommen, daß die völlige Zerrissenheit ihres „Gemüthes“, die Unruhe und Unordnung ihrer „Seelenstimmung“ sie allenthalben verfolgt. Sie wissen jetzt nicht mehr, auf was sie sich vertrösten sollen, um wieder etwas Handel und Wandel, etwas Leben auf die Course, etwas Thätigkeit in die Fabriken zu bringen. Alles stockt. Ihre frühere Hoffnung, ihr Napoleon, der wie ein leuchtender Stern von allen Seiten begrüßt wurde, steht bleich und lichtlos da. Vielleicht probirt er im Spiegel seinen neuen Bonapartshut und seinen neuen Kaiserrock an. Aber Niemand kümmert sich um ihn, und die Bourgeois selbst gönnen ihm dieses unschuldige Vergnügen. Früher sagten sich die Bourgeois immer: Nun der Zustand ist nur provisorisch, mit der Kammer, mit Cavaignac, mit Napoleon u. s. w. hört er auf. War es dies nicht, so war es jenes; aber immer war es ein Etwas, das dem Provisorium ein Ende machen sollte. Jetzt ist man mit allen Provisoria zu Ende und die Trostlosigkeit und die Unbeholfenheit ist in allen Regionen, nur nicht in der Arbeiterklasse, die sich immer mächtiger organisirt. Der arme Napoleon! Tiefer kann man nicht gefallen sein als er, und daß er noch seinen Fall auf so bourgeoisschmutzige Weise bekundet! Das verdrießt die Bourgeois am meisten. Und wie die Proletarier selbst den armen Mann, den armen Napoleon moralisch vernichten, indem sie ihm ihre Pfandzettel von ihren Röcken und Matratzen zuschicken. Der philanthropisch gesinnte „Kaiser“ nimmt dies Alles ernstlich, und will helfen und beklagt sich in seinen offiziellen Blättern über diese Sendung „in massa“ und trauert über sein geringes Gehalt, das ihm nicht erlaube, den Leuten die Röcke wieder auf den Rücken zu verschaffen und trägt indirekt auf eine Gehaltserhöhung an, um Matratzen auszulösen! Kann man bescheidener sein? Kann man in demüthigenderer Form eine Erhöhung der Civilliste verlangen? Dazu kömmt noch die Geschichte mit dem Papste, dem man gerne helfen möchte und doch wieder nicht kann, weil der Mann des „guten Willens“ sich so offen blamirt, indem er sein ganzes Land mit dem Bannfluche bedroht, und denselben theilweise schon ausspricht. Das Journal des Debats vertheidigt zwar den Papst, und sucht das Lächerliche des Bannfluches zu beschönigen, indem es theologisch darzuthun sich bestrebt, daß das Schreiben von Pius IX nur ein sogenannter „Monitoire“ sei. Aber die Römer sind Franzosen geworden: sie lachen über das jesuitische „Debats“ sowohl, als über die Blitze des Papstes, welche an allen Ecken Roms angeheftet sind, ohne die geringste Wirkung zu thun. Die päpstliche Bulle gleich einer förmlichen Affische, einem Zettel zur Belustigung der Leser. Der Papst, statt die Kroaten und Windischgrätz zu exkommuniziren, exkommunizirt die Feinde aller Windischgrätz, die Feinde der Kroten. Mehr bedurfte es nicht, um die Römer über alle Exkommunikationen für alle Zeiten hin zu blasiren. Sie durchlaufen Rom mit dem Rufe: „Es leben die Exkommunizirten!“ Odilon-Barrot und Napoleon stehen auf Seiten des Papstes und sind einverstanden mit den Exkommunizirenden! Die Pariser Proletarier stehen auf Seiten der Römer und lassen die Exkommunizirten hoch leben. Scheiterhaufen für Scheiterhaufen, haben wir die Bulle des Papstes noch lieber als das Hochgericht, als Odilon-Barrot. Um dem Publikum einen Begriff des „Hochgerichts“ zu geben, citiren wir hier die betreffenden Stellen der Constitution: Art. 92. Der hohe Gerichtshof besteht aus fünf Richtern und zwölf Geschwornen. Der Kassationshof ernennt jedes Jahr, in den ersten Tagen des Novembers, die Richter und Ersatzmänner aus seiner Mitte. Die Wahl geschieht mittelst geheimen Scrutiniums und mit absoluter Majorität. Die fünf definitiven Richter erwählen selbst ihren Präsidenten. Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und in Folge einer Anklage gegen den Präsidenten und die Minister, durch die Nationalversammlung. Die Geschwornen, 36 an der Zahl, werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements genommen. Die Volksvertreter können nicht als Geschworne sitzen. Paris, 18. Jan. (Gesetzentwurf.) Art. 1. Die Urheber und Mitschuldigen des Attentats vom 15. Mai 1848, welche ein Beschluß des Pariser Appelhofs vom 16. Januar 1849 in Anklagestand versetzte, werden vor den hohen Nationalgerichtshof gestellt. Art. 2. Dieser Nationalgerichtshof tritt binnen einem Monat nach Annahme des gegenwärtigen Gesetzentwurfs durch die National-Versammlung, in Bourges zusammen. Art. 3. Der Justizminister ist mit Ausführung dieser Maßregel beauftragt Gegeben im Elysée-National, 17 Januar 1849. (gez) Louis Napoleon Bonaparte. (gegengez.) Odilon-Barrot. — Laut Artikel 92 der Verfassung ist der Nationalgerichtshof aus fünf Kassationsräthen und zwölf Geschwornen zu wählen, welche nach Anweisung der Artikel 93, 94 und 95 derselben Verfassung aus einer Liste von resp. sechszig, von den Departementsräthen zu ziehen sind. Die Stadt Bourges, zwar ziemlich weitläuftig, aber ziemlich verödet, wird gleich Vendome vor sechszig Jahren, plötzlich sehr rege werden und dramatisches Interesse bieten. — Die Bureaux der Nationalversammlung wählen so eben die Kommission, welche ihr, gegen 3 Uhr über die Dringlichkeit des ministeriellen Antrages: „die Maigefangenen vor einen Nationalgerichtshof zu stellen,“ Bericht zu erstatten hat. Die Diskussion ist sehr lebhaft. Die Ansicht des Appellhofs, die Angeklagten vor die Jury des Seinedepartements zu stellen, findet viele Vertheidiger. Wie kann ein Gesetz gegen sie angewandt werden, das viele Monate später erst entworfen und angenommen wurde? Die Verfassung könne doch unmöglich eine rückwirkende Kraft üben? Da es sich jedoch blos um die Dringlichkeit handelt, so müssen wir den Kern der eigentlichen Frage für die öffentliche Debatte aufsparen. — Cabrera's Niederlage scheint sich zu bestätigen. Laut Depeschen aus Bayonne vom 13, warf sich ein Karlisten-Korps von 600 Mann über die spanische Gränze auf französischen Boden, entwaffnete dort mehrere Posten und wird uns somit in eine unangenehme internationale Streitigkeit verwickeln. — In den Marseiller und Touloner Blättern nichts Wesentliches über die Expedition nach Italien. Einigen Zeilen im Pariser „National“ zufolge dringt Sotomayor im Namen Spaniens vorzüglich in das Kabinet, um zu wissen, was Frankreich eigentlich für den Pabst zu thun beabsichtige? Das Kabinet, viel zu sehr mit dem Innern beschäftigt, zeigt sich aber zähe und unschlüssig. Es gibt ausweichende Antworten: „Wahrhaftig, ruft darum das Organ Ledru-Rollins, wir kehren in die Zeiten Karls des Großen zurück. Unter dem Pretext, daß Frankreich die älteste Tochter Rom's sei, scheint unser Präsident gar nicht übele Lust zu haben, eine französische Division gegen die revolutionären Römer zu schleudern. Der Bannfluch des Pabstes soll das Zeichen zu einem neuen Kreuzzuge geben. Die ganze Christenheit möchte aufbrechen; Spanien rüstet seine acht lecken Kriegsschiffe, die seine Marine noch zählt; Portugal stellt seine Flotten und Armeen (!!) dem Pabste zu Gebote, und selbst die Türkei ist schon auf dem Wege, Sr. Heiligkeit zu Hülfe zu springen. — So hätten wir denn endlich die Vicepräsidentenliste! Herr Leon Faucher, Minister des Innern, bestieg heute Nachmittag um 3 1/2 Uhr die Bühne und schlug der Nationalversammlung im Namen des Präsidenten Bonaparte die Deputirten vor: 1) Boulay (Meurthe), ein Centrier, der mitunter im Juni schrie. 2) Baraguay d'Hilliers, Junigeneral und Präsident der Rue de Poitiers. 3) Vivien, Ex-Vicepräsident des alten Staatsrathes unter der Monarchie. Alle Welt wird sich über diese Nullitäten wundern. Aber der Vicepräsident muß von Rechts- oder Constitutionswegen eine Null sein. Darum erklärt auch Odilon Barrot im heutigen 3stündigen Ministerrathe, daß er eher sein Portefeuille niederlege, als die Vicepräsidentschaft anzunehmen. Passy erklärte, daß auch er zurücktrete, wenn Barrot nicht mehr Conseilpräsident bleibe. So kam obige Liste zu Stande. — Während die Ledru-Rollin'sche „Revolution“ den Präsidenten Bonaparte einen Kreuzzug gegen die Römer unternehmen läßt, benachrichtigt uns der Moniteur, daß der Präsident von einem Gastmahle zum anderen zieht. Das amtliche Blatt meldet uns auf seiner ersten Seite, daß der Präsident der Republik gestern Abend einem Mahle bei seinem Unterrichtsminister Hrn. v. Falloux beiwohnte, zu dem die hervorragendsten Männer aller Parteien (?) und Religionen geladen waren. Der Moniteur hebt besonders die Anwesenheit des protestantischen Kirchenfürsten Cuvier und des jüdischen Rabbiner Cerfbeer hervor. Auch die Schildträger Changarnier, Bugeaud und der berüchtigte Marquis v. Pastoret (Haupt-Agent Heinrich V.) befanden sich unter den Geladenen. — Nationalversammlung. Sitzung vom 18. Januar. Marrast eröffnet sie um 2 1/2 Uhr. Nach Vorlesung des Protokolls folgen einige Ratifikationen. Alem Rousseau entschuldigt sich, daß er gestern bei Vorlesung einer Petition gegen die Jesuiten den Berichterstatter Kerdrel unterbrochen. Koenig (Elsaß): Unter dem gestrigen Petitionsstoße befand sich auch ein Antrag auf Errichtung eines Universitätslehrstuhls über Atheismus. Ich trage darauf an, daß dieser böse Antrag dem Unterrichtsminister Behufs Einleitung einer Untersuchung gegen den Antragsteller überwiesen werde. (Widerspruch vom Berge.) Marrast zeigt der Versammlung die Namen der gewählten Commission zur Begutachtung des Dringlichkeitsantrages gegen die Maigefangenen an. Gewählt wurden: Reynaud, Dupin, Corne, Verne, Bauchart, Baroche, Ponc[unleserliches Material]let, St. Rome. Er ersucht sie, sich zurückzuziehen, um bald zu berichten. Dies geschieht und dann geht es an die eigentliche Tagesordnung, welche in unerheblichen Kredit-Anträgen besteht. Inmitten der geräuschvollen Debatte (gegen 4 Uhr) nimmt Leon Faucher im Namen des Gouvernements das Wort. Leon Faucher, Minister des Innern, liest einen Beschluß des Präsidenten vor, der Boulay, Baraguay d Hilliers und B[unleserliches Material]ten als Kandidaten zur Vizepräsidentschaft verfassungsgemäß vorschlägt. Baze. Erst müsse sein Gehalt festgestellt werden. Die Debatte wird auf Samstag beschlossen Goudchaux verlangt das Wort über neue Motive zur Tagesordnung. Er protestirt gegen die Form, mit welcher man das Pflanzerentschädigungsgesetz bei Seite geworfen. Er ist ein Anwalt der reichen Colonialkapitalisten. Cremieux hebt den Handschuh auf und rechtfertigt das beobachtete Verfahren Damit war Goudchaux vorläufig geschlagen. Mauguin beklagt sich, daß der Finanzausschuß die Getränkesteuer-Anträge nicht erledige. Die Sache sei wichtig. St. Beuve antwortet im Namen des Ausschusses, daß die Nachlässigkeit den Redner selbst treffe; denn man habe ihn drei Male schriftlich in seine Sitzungen geladen. Er sei nie gekommen. (Gelächter.) Der Antrag wird als dringend in die Büreau's gewiesen In diesem Augenblick erscheint die M[unleserliches Material]igefangen-Commission wieder im Saale. Fladin erklärt in ihrem Namen, daß die Commission über die Dringlichkeit einstimmig sei und die Debatte für Sonnabend verschlage und zwar in öffentlicher Sitzung. Grandin möchte Vordiskussion in den Büreau's. Senard bekämpft dies. Lagrange belästigt die Versammlung abermals mit der — Amnestie. Sie solle der Maidebatte vorangehen. So langweilig dieser hohle Lagrange ist, kann man ihm doch nicht zürnen und sein Antrag fand ziemlich Unterstützung. Nach zweimaliger Stimmprobe fiel er jedoch durch und es bleibt bei Sonnabend. Laribiere deponirt seinen Bericht über die — Zeitungspreßgesetzgebung. (Ah! Ah!) Die Versammlung überweist dann schließlich noch die Colonialarbeitsverhältnisse den Büreaus. Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen Großbritannien. 068 London, 18. Jan. Unter dem Titel „The Gold Regions of California, describing its Geography etc.“ ist hier so eben ein sehr instructives Werkchen über Californien erschienen, aus dessen einleitenden Bemerkungen ich Ihnen einige Auszüge gebe: „Californien, diese bis jetzt noch unerforschte Wildniß des Südwestens, ebenso fruchtbar und dem Pfluge des Ansiedlers günstig, als reich an unberechenbaren und unerschöpflichen mineralischen Schätzen, ist kürzlich durch den Friedensvertrag mit Mexiko den Vereinigten Staaten annexirt worden. Unter der kräftigen Hand Anglo-Amerika's und den Vortheilen, welche es dem Colonisten bietet, wird man den Reichthum dieses fast noch jungfräulichen Bodens erst kennen lernen, und wird er, statt Jahrhundert auf Jahrhundert unter dem abgeschwächten, energielosen Mexikaner oder der indolenten Rothhaut hinzusiechen, von einem starken, thatenlustigen, unternehmenden Geschlechte in Besitz genommen werden. Schon richten Tausende ihre Augen auf dies gelobte Land, und schon hallen die wilden, unwegsamen Pässe der Felsengebirge von dem dreisten Fußtritt des nach dem neuen Eldorado ziehenden Auswanderers wieder. „Die Nachricht von der Entdeckung ungeheurer Landstriche, wo Gold — helles, blankes, blitzendes Gold — mit den Händen aufgerafft und in Säcken und Körben weggetragen werden kann, ohne weitere Arbeit und Instrumente als Schaufeln und Blechpfannen, muß den ohnehin schon reißenden Strom der Auswanderung noch reißender und ungestümer machen. Noch ein paar Jahre, und die Thäler Californiens werden mit lachenden, üppigen Farms bedeckt, an seinen Strömen und Häfen werden geschäftige, volkreiche Städte aus dem Boden gestiegen sein. Schon ist in einem entfernten Winkel des Sacramento-Thales, wohin noch vor sechs Monaten kein europäischer Fuß gedrungen war, ein lebhaftes Dorf von viertausend Einwohnern entstanden. „Ob alle die glühenden Berichte über das neuentdeckte Goldland wahr sind oder nicht: Ein unschätzbarer Vortheil wenigstens wird aus dem der Emigration in dieser Weise gegebenen Anstoße sicher hervorgehn. Die drohendste Gefahr aller dicht bevölkerten Gegenden heutzutage ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Bevölkerung zu sehr anschwellen wird, als daß sie sich die zu ihrer Existenz nothwendigen Mittel verschaffen könnte. In Europa ist diese Gefahr dringender, als irgendwo sonst. Die Tradition ist mächtig, aber der Hunger, der Beherrscher der Könige, der Ueberwinder der Kaiser, ist mächtiger. Die Emigration ist eins der Mittel zur Abwendung des Uebels; jedes Ereigniß darum, das sie befördert und ihr neue Bahnen anweist, ist freudig zu begrüßen und mit Aufmerksamkeit zu prüfen. Ob die Goldminen Californien's den wirklichen Reichthum der Erde vermehren, oder ob die Kosten der Gewinnung und des Reinigens den ganzen technischen Werth des Metalls absorbiren werden, das zu erörtern, ist hier nicht der Platz. Aber dessen darf jeder, der diese Zeilen liest, gewiß sein: — es gibt Gold in Californien, und wer danach gräbt, kann es haben! Ein Pflug, ein Gespann Ochsen, ein fester Wille und einige Kenntnisse von den Entdeckungen der Agricultur-Chemie, reichen hin, um jedem jungen Manne (oder selbst jedem Manne in mittleren Jahren), der nach Californien geht, ein ruhiges, goldenes Auskommen für sein Alter und seine ihn überlebende Familie zu sichern. Weizen, Roggen und alle Producte, die der Fleiß von einem fruchtbaren Boden erwarten darf, gedeihen auf den Ebenen und in den Thälern Californiens aufs Ueppigste, und die Caravanen, die auf die Goldjagd ausziehn, können sich zugleich einen reichen und großen Markt, für die von ihnen zu erzielenden Früchte des Feldes schaffen. Bei Preisen von 10 Pfund Sterling für ein Faß Mehl (andere Lebensmittel im Verhältniß) ist es noch die Frage (angenommen selbst, die Gerüchte von dem Goldreichthum des Landes wären in keiner Weise übertrieben), ob Korn- und Kartoffelzucht nicht ebenso vortheilhaft als Goldwaschen sein würden. Beide Beschäftigungen werden natürlich Hand in Hand gehen müssen. Das Gold zieht die Emigration an, und die Emigration, um zu existiren, bedarf des Ackerbau's. Californien wird aber auch des Fleißes und der Geschicklichkeit unserer Handwerker bedürfen, die jetzt größtentheils in unsern Fabrikstädten ungesunde Keller und erstickende Dachstuben bewohnen und von einem Verdienst, der kaum für eine einzige Person ausreicht, eine ganze Familie ernähren müssen. Hört es, ihr fleißigen, aber schlechtbelohnten Arbeiter Europa's: ein Handwerker, dessen Gewerbe in Californien nützlich ist, verdient dort mit Leichtigkeit 10 bis 15 Dollars täglich. Schmiede, Rademacher, Zimmerleute, Baumeister, Hutmacher, Schneider, — das sind die Leute, die nur nach dem S. Sakramento zu gehen brauchen, um sich selbst, ihren Weibern und ihren Kindern ein glückliches Leben zurechtzuzimmern.“ Der Verfasser weist dann nach, wie auch unbemittelte Arbeiter, wenn sie ihre Kräfte und Mittel zusammenthun, die Kosten der Reise billig bestreiten können. Wir überspringen diese Rathschläge, da ihr Detail hauptsächlich auf englische Verhältnisse berechnet ist, <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1099"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">2. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Sonntag 21. Januar 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar201b2_001" type="jArticle"> <head>Kanton Neuenburg.</head> <p>Die royalistischen Damen von Neuenburg haben der Königin von Preußen einen Neujahrswunsch geschickt und von derselben eine Rückantwort erhalten, in der auch „von einer durch Gottes Erbarmen zu erreichenden Rückkehr Neuenburgs unter den väterlichen Schutz des guten Königs“ gesprochen wird.</p> <bibl>(Sol. Bl.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar201b2_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 18. Januar.</head> <p>Der Justizminister Odilon-Barrot ist heute in würdiger Weise aufgetreten. Er hatte das Wort genommen, um der Kammer eine Mittheilung der Regierung zu machen. Und was war diese Mittheilung? Was bewog den olympischen Gott und zeitigen Amtmann Napoleon's des Frommen, auf die Tribüne zu steigen? Die Regierung und der Präsident Napoleon bestehen darauf, die Angeklagten und Mitschuldigen vom 15. Mai, die nun bereits über 9 Monat theils in Vincennes gesessen, theils auf flüchtigem Fuße sich befinden, vor ein — ich hätte beinahe gesagt Kriegsgericht zu stellen. — Nein es ist kein Kriegsgericht; es ist der sogenannte haute cour nationale, der hohe Gerichtshof der Nation — das klingt weit feierlicher; das macht mehr Effekt, das erinnert <hi rendition="#g">fast</hi> an Hochgericht, und sicherlich an alle die außerordentlichen und exceptionellen Gerichtshöfe unter der Restauration. Die Wirkung welche in der Kammer diese Mittheilung hervorbrachte, war wirklich unbeschreiblich. Erstens wer sind die Männer, die in den Anklagezustand versetzt sind? Barbes, Sobrier, Albert, Louis Blanc, Caussidiére — also lauter Männer, die theilweise in der provisorischen Regierung waren, theilweise dieselbe begründen halfen. Und wessen sind diese Männer angeschuldigt? Sie sind angeschuldigt, ein Attentat auf die Kammer begonnen zu haben. Also desselben Verbrechens, das Odilon-Barrot selbst moralisch auf die Kammer vollbringen will, und derselbe Odilon-Barrot ist's, ihr moralischer Complice, ihr moralischer Mitschuldiger und Helfershelfer, der sie in den Anklagezustand versetzt, der ein Hochgericht verlangt, um diese Männer verurtheilen zu lassen. Das Attentat wurde ausgeübt ehe Odilon-Barrot Minister, ehe die Konstitution ausgearbeitet, und ehe folglich auch ein Hochgericht, une haute cour nationale bestand. Denn der hohe Gerichtshof ist ja eben durch die Bestimmungen der Konstitution eingesetzt worden. Und Odilon-Barrot will Männer durch diesen Gerichtshof verurtheilen lassen, die dasselbe wünschten und wollten, was er jetzt will; die damals eine Kammer sprengen wollten, welche Polen Preis gab und in Begriff stand mit allen kommenden Windischgrätz Hand in Hand zu gehen; eine Kammer, welche aus lauter Cavaignac's und Odilon-Barrots zusammengesetzt war, und die bloß Minister wie Odilon-Barrot in letzter Instanz schaffen konnte. Und die Kammer, durch das Verlangen Odilon-Barrot's, ihres moralischen Meuchelmörders, sieht sich in die Nothwendigkeit versetzt, zwischen zwei Feinden, die beide ihre Vernichtung wollten, eine Partei zu ergreifen; sich als Freundin zu erklären des Einen oder des andern ihrer Todfeinde.</p> <p>Und in demselben Augenblicke, wo Odilon-Barrot den Anklageakt vorliest, stellt ein anderes Mitglied der Kammer den Antrag, wegen desselben Verbrechens, Auflösung der Kammer, denselben Odilon-Barrot in der Person des Präsidenten Napoleon in den Anklagezustand zu versetzen. Und dieselbe Volkspartei, die am 15. Mai die Kammer angriff, spricht sich jetzt in allen Klubs für die Aufrechthaltung der Kammer aus, und ist bereit, zu ihrer Vertheidigung eine ganz dem 15. Mai entgegengesetzte Partei zu nehmen. Und dann ist wieder die Kammer par anticipation die Mitschuldige derjenigen Männer, deren Mitschuldigen post festum eben dieser Barrot ist. An dieser Verwirrung der Rechtsbegriffe werden die armen Bourgeois irre: sie sind rein außer sich! Sie wissen nicht mehr, wie das Alles ins Reine kommen kann. Daher eine völlige Stockung in allen ihren Geschäften; mit der Ruhe und Ordnung ist es soweit gekommen, daß die völlige Zerrissenheit ihres „Gemüthes“, die Unruhe und Unordnung ihrer „Seelenstimmung“ sie allenthalben verfolgt. Sie wissen jetzt nicht mehr, auf was sie sich vertrösten sollen, um wieder etwas Handel und Wandel, etwas Leben auf die Course, etwas Thätigkeit in die Fabriken zu bringen. Alles stockt. Ihre frühere Hoffnung, ihr Napoleon, der wie ein leuchtender Stern von allen Seiten begrüßt wurde, steht bleich und lichtlos da. Vielleicht probirt er im Spiegel seinen neuen Bonapartshut und seinen neuen Kaiserrock an. Aber Niemand kümmert sich um ihn, und die Bourgeois selbst gönnen ihm dieses unschuldige Vergnügen.</p> <p>Früher sagten sich die Bourgeois immer: Nun der Zustand ist nur provisorisch, mit der Kammer, mit Cavaignac, mit Napoleon u. s. w. hört er auf. War es dies nicht, so war es jenes; aber immer war es ein Etwas, das dem Provisorium ein Ende machen sollte. Jetzt ist man mit allen Provisoria zu Ende und die Trostlosigkeit und die Unbeholfenheit ist in allen Regionen, nur nicht in der Arbeiterklasse, die sich immer mächtiger organisirt. Der arme Napoleon! Tiefer kann man nicht gefallen sein als er, und daß er noch seinen Fall auf so bourgeoisschmutzige Weise bekundet! Das verdrießt die Bourgeois am meisten. Und wie die Proletarier selbst den armen Mann, den armen Napoleon moralisch vernichten, indem sie ihm ihre Pfandzettel von ihren Röcken und Matratzen zuschicken. Der philanthropisch gesinnte „Kaiser“ nimmt dies Alles ernstlich, und will helfen und beklagt sich in seinen offiziellen Blättern über diese Sendung „in massa“ und trauert über sein geringes Gehalt, das ihm nicht erlaube, den Leuten die Röcke wieder auf den Rücken zu verschaffen und trägt indirekt auf eine Gehaltserhöhung an, um Matratzen auszulösen! Kann man bescheidener sein? Kann man in demüthigenderer Form eine Erhöhung der Civilliste verlangen? Dazu kömmt noch die Geschichte mit dem Papste, dem man gerne helfen möchte und doch wieder nicht kann, weil der Mann des „guten Willens“ sich so offen blamirt, indem er sein ganzes Land mit dem Bannfluche bedroht, und denselben theilweise schon ausspricht. Das Journal des Debats vertheidigt zwar den Papst, und sucht das Lächerliche des Bannfluches zu beschönigen, indem es theologisch darzuthun sich bestrebt, daß das Schreiben von Pius IX nur ein sogenannter „Monitoire“ sei. Aber die Römer sind Franzosen geworden: sie lachen über das jesuitische „Debats“ sowohl, als über die Blitze des Papstes, welche an allen Ecken Roms angeheftet sind, ohne die geringste Wirkung zu thun. Die päpstliche Bulle gleich einer förmlichen Affische, einem Zettel zur Belustigung der Leser. Der Papst, statt die Kroaten und Windischgrätz zu exkommuniziren, exkommunizirt die Feinde aller Windischgrätz, die Feinde der Kroten. Mehr bedurfte es nicht, um die Römer über alle Exkommunikationen für alle Zeiten hin zu blasiren. Sie durchlaufen Rom mit dem Rufe: „Es leben die Exkommunizirten!“ Odilon-Barrot und Napoleon stehen auf Seiten des Papstes und sind einverstanden mit den Exkommunizirenden! Die Pariser Proletarier stehen auf Seiten der Römer und lassen die Exkommunizirten hoch leben. Scheiterhaufen für Scheiterhaufen, haben wir die Bulle des Papstes noch lieber als das Hochgericht, als Odilon-Barrot. Um dem Publikum einen Begriff des „Hochgerichts“ zu geben, citiren wir hier die betreffenden Stellen der Constitution:</p> <p>Art. 92. Der hohe Gerichtshof besteht aus fünf Richtern und zwölf Geschwornen. Der Kassationshof ernennt jedes Jahr, in den ersten Tagen des Novembers, die Richter und Ersatzmänner aus seiner Mitte. Die Wahl geschieht mittelst geheimen Scrutiniums und mit absoluter Majorität. Die fünf definitiven Richter erwählen selbst ihren Präsidenten. Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und in Folge einer Anklage gegen den Präsidenten und die Minister, durch die Nationalversammlung. Die Geschwornen, 36 an der Zahl, werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements genommen. Die Volksvertreter können nicht als Geschworne sitzen.</p> </div> <div xml:id="ar201b2_003" type="jArticle"> <head>Paris, 18. Jan.</head> <p>(Gesetzentwurf.)</p> <p>Art. 1. Die Urheber und Mitschuldigen des Attentats vom 15. Mai 1848, welche ein Beschluß des Pariser Appelhofs vom 16. Januar 1849 in Anklagestand versetzte, werden vor den hohen Nationalgerichtshof gestellt.</p> <p>Art. 2. Dieser Nationalgerichtshof tritt binnen einem Monat nach Annahme des gegenwärtigen Gesetzentwurfs durch die National-Versammlung, in Bourges zusammen.</p> <p>Art. 3. Der Justizminister ist mit Ausführung dieser Maßregel beauftragt</p> <p>Gegeben im Elysée-National, 17 Januar 1849.</p> <p>(gez) Louis Napoleon Bonaparte.</p> <p>(gegengez.) Odilon-Barrot.</p> <p>— Laut Artikel 92 der Verfassung ist der Nationalgerichtshof aus fünf Kassationsräthen und zwölf Geschwornen zu wählen, welche nach Anweisung der Artikel 93, 94 und 95 derselben Verfassung aus einer Liste von resp. sechszig, von den Departementsräthen zu ziehen sind. Die Stadt Bourges, zwar ziemlich weitläuftig, aber ziemlich verödet, wird gleich Vendome vor sechszig Jahren, plötzlich sehr rege werden und dramatisches Interesse bieten.</p> <p>— Die Bureaux der Nationalversammlung wählen so eben die Kommission, welche ihr, gegen 3 Uhr über die Dringlichkeit des ministeriellen Antrages: „die Maigefangenen vor einen Nationalgerichtshof zu stellen,“ Bericht zu erstatten hat. Die Diskussion ist sehr lebhaft. Die Ansicht des Appellhofs, die Angeklagten vor die Jury des Seinedepartements zu stellen, findet viele Vertheidiger. Wie kann ein Gesetz gegen sie angewandt werden, das viele Monate später erst entworfen und angenommen wurde? Die Verfassung könne doch unmöglich eine rückwirkende Kraft üben? Da es sich jedoch blos um die Dringlichkeit handelt, so müssen wir den Kern der eigentlichen Frage für die öffentliche Debatte aufsparen.</p> <p>— Cabrera's Niederlage scheint sich zu bestätigen. Laut Depeschen aus Bayonne vom 13, warf sich ein Karlisten-Korps von 600 Mann über die spanische Gränze auf französischen Boden, entwaffnete dort mehrere Posten und wird uns somit in eine unangenehme internationale Streitigkeit verwickeln.</p> <p>— In den Marseiller und Touloner Blättern nichts Wesentliches über die Expedition nach Italien. Einigen Zeilen im Pariser „National“ zufolge dringt Sotomayor im Namen Spaniens vorzüglich in das Kabinet, um zu wissen, was Frankreich eigentlich für den Pabst zu thun beabsichtige? Das Kabinet, viel zu sehr mit dem Innern beschäftigt, zeigt sich aber zähe und unschlüssig. Es gibt ausweichende Antworten: „Wahrhaftig, ruft darum das Organ Ledru-Rollins, wir kehren in die Zeiten Karls des Großen zurück. Unter dem Pretext, daß Frankreich die älteste Tochter Rom's sei, scheint unser Präsident gar nicht übele Lust zu haben, eine französische Division gegen die revolutionären Römer zu schleudern. Der Bannfluch des Pabstes soll das Zeichen zu einem neuen Kreuzzuge geben. Die ganze Christenheit möchte aufbrechen; Spanien rüstet seine acht lecken Kriegsschiffe, die seine Marine noch zählt; Portugal stellt seine Flotten und Armeen (!!) dem Pabste zu Gebote, und selbst die Türkei ist schon auf dem Wege, Sr. Heiligkeit zu Hülfe zu springen.</p> <p>— So hätten wir denn endlich die Vicepräsidentenliste! Herr Leon Faucher, Minister des Innern, bestieg heute Nachmittag um 3 1/2 Uhr die Bühne und schlug der Nationalversammlung im Namen des Präsidenten Bonaparte die Deputirten vor:</p> <p>1) Boulay (Meurthe), ein Centrier, der mitunter im Juni schrie.</p> <p>2) Baraguay d'Hilliers, Junigeneral und Präsident der Rue de Poitiers.</p> <p>3) Vivien, Ex-Vicepräsident des alten Staatsrathes unter der Monarchie.</p> <p>Alle Welt wird sich über diese Nullitäten wundern. Aber der Vicepräsident muß von Rechts- oder Constitutionswegen eine Null sein.</p> <p>Darum erklärt auch Odilon Barrot im heutigen 3stündigen Ministerrathe, daß er eher sein Portefeuille niederlege, als die Vicepräsidentschaft anzunehmen.</p> <p>Passy erklärte, daß auch er zurücktrete, wenn Barrot nicht mehr Conseilpräsident bleibe.</p> <p>So kam obige Liste zu Stande.</p> <p>— Während die Ledru-Rollin'sche „<hi rendition="#g">Revolution</hi>“ den Präsidenten Bonaparte einen Kreuzzug gegen die Römer unternehmen läßt, benachrichtigt uns der Moniteur, daß der Präsident von einem Gastmahle zum anderen zieht. Das amtliche Blatt meldet uns auf seiner ersten Seite, daß der Präsident der Republik gestern Abend einem Mahle bei seinem Unterrichtsminister Hrn. v. Falloux beiwohnte, zu dem die hervorragendsten Männer aller Parteien (?) und Religionen geladen waren. Der Moniteur hebt besonders die Anwesenheit des protestantischen Kirchenfürsten Cuvier und des jüdischen Rabbiner Cerfbeer hervor. Auch die Schildträger Changarnier, Bugeaud und der berüchtigte Marquis v. Pastoret (Haupt-Agent Heinrich V.) befanden sich unter den Geladenen.</p> <p>— <hi rendition="#g">Nationalversammlung</hi>. Sitzung vom 18. Januar. Marrast eröffnet sie um 2 1/2 Uhr. Nach Vorlesung des Protokolls folgen einige Ratifikationen.</p> <p><hi rendition="#g">Alem Rousseau</hi> entschuldigt sich, daß er gestern bei Vorlesung einer Petition gegen die Jesuiten den Berichterstatter Kerdrel unterbrochen.</p> <p><hi rendition="#g">Koenig</hi> (Elsaß): Unter dem gestrigen Petitionsstoße befand sich auch ein Antrag auf Errichtung eines Universitätslehrstuhls über Atheismus. Ich trage darauf an, daß dieser böse Antrag dem Unterrichtsminister Behufs Einleitung einer Untersuchung gegen den Antragsteller überwiesen werde. (Widerspruch vom Berge.)</p> <p><hi rendition="#g">Marrast</hi> zeigt der Versammlung die Namen der gewählten Commission zur Begutachtung des Dringlichkeitsantrages gegen die Maigefangenen an. Gewählt wurden: Reynaud, Dupin, Corne, Verne, Bauchart, Baroche, Ponc<gap reason="illegible"/>let, St. Rome. Er ersucht sie, sich zurückzuziehen, um bald zu berichten.</p> <p>Dies geschieht und dann geht es an die eigentliche Tagesordnung, welche in unerheblichen Kredit-Anträgen besteht.</p> <p>Inmitten der geräuschvollen Debatte (gegen 4 Uhr) nimmt Leon Faucher im Namen des Gouvernements das Wort.</p> <p><hi rendition="#g">Leon Faucher,</hi> Minister des Innern, liest einen Beschluß des Präsidenten vor, der Boulay, Baraguay d Hilliers und B<gap reason="illegible"/>ten als Kandidaten zur Vizepräsidentschaft verfassungsgemäß vorschlägt.</p> <p><hi rendition="#g">Baze.</hi> Erst müsse sein Gehalt festgestellt werden.</p> <p>Die Debatte wird auf Samstag beschlossen</p> <p><hi rendition="#g">Goudchaux</hi> verlangt das Wort über neue Motive zur Tagesordnung. Er protestirt gegen die Form, mit welcher man das Pflanzerentschädigungsgesetz bei Seite geworfen. Er ist ein Anwalt der reichen Colonialkapitalisten.</p> <p><hi rendition="#g">Cremieux</hi> hebt den Handschuh auf und rechtfertigt das beobachtete Verfahren</p> <p>Damit war Goudchaux vorläufig geschlagen.</p> <p><hi rendition="#g">Mauguin</hi> beklagt sich, daß der Finanzausschuß die Getränkesteuer-Anträge nicht erledige. Die Sache sei wichtig.</p> <p>St. <hi rendition="#g">Beuve</hi> antwortet im Namen des Ausschusses, daß die Nachlässigkeit den Redner selbst treffe; denn man habe ihn drei Male schriftlich in seine Sitzungen geladen. Er sei nie gekommen. (Gelächter.)</p> <p>Der Antrag wird als dringend in die Büreau's gewiesen</p> <p>In diesem Augenblick erscheint die M<gap reason="illegible"/>igefangen-Commission wieder im Saale.</p> <p><hi rendition="#g">Fladin</hi> erklärt in ihrem Namen, daß die Commission über die Dringlichkeit einstimmig sei und die Debatte für Sonnabend verschlage und zwar in öffentlicher Sitzung.</p> <p><hi rendition="#g">Grandin</hi> möchte Vordiskussion in den Büreau's.</p> <p><hi rendition="#g">Senard</hi> bekämpft dies.</p> <p><hi rendition="#g">Lagrange</hi> belästigt die Versammlung abermals mit der — Amnestie. Sie solle der Maidebatte vorangehen. So langweilig dieser hohle Lagrange ist, kann man ihm doch nicht zürnen und sein Antrag fand ziemlich Unterstützung.</p> <p>Nach zweimaliger Stimmprobe fiel er jedoch durch und es bleibt bei Sonnabend.</p> <p><hi rendition="#g">Laribiere</hi> deponirt seinen Bericht über die — Zeitungspreßgesetzgebung. (Ah! Ah!)</p> <p>Die Versammlung überweist dann schließlich noch die Colonialarbeitsverhältnisse den Büreaus.</p> <p>Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar201b2_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> London, 18. Jan.</head> <p>Unter dem Titel „The Gold Regions of California, describing its Geography etc.“ ist hier so eben ein sehr instructives Werkchen über Californien erschienen, aus dessen einleitenden Bemerkungen ich Ihnen einige Auszüge gebe:</p> <p>„Californien, diese bis jetzt noch unerforschte Wildniß des Südwestens, ebenso fruchtbar und dem Pfluge des Ansiedlers günstig, als reich an unberechenbaren und unerschöpflichen mineralischen Schätzen, ist kürzlich durch den Friedensvertrag mit Mexiko den Vereinigten Staaten annexirt worden. Unter der kräftigen Hand Anglo-Amerika's und den Vortheilen, welche es dem Colonisten bietet, wird man den Reichthum dieses fast noch jungfräulichen Bodens erst kennen lernen, und wird er, statt Jahrhundert auf Jahrhundert unter dem abgeschwächten, energielosen Mexikaner oder der indolenten Rothhaut hinzusiechen, von einem starken, thatenlustigen, unternehmenden Geschlechte in Besitz genommen werden. Schon richten Tausende ihre Augen auf dies gelobte Land, und schon hallen die wilden, unwegsamen Pässe der Felsengebirge von dem dreisten Fußtritt des nach dem neuen Eldorado ziehenden Auswanderers wieder.</p> <p>„Die Nachricht von der Entdeckung ungeheurer Landstriche, wo Gold — helles, blankes, blitzendes Gold — mit den Händen aufgerafft und in Säcken und Körben weggetragen werden kann, ohne weitere Arbeit und Instrumente als Schaufeln und Blechpfannen, muß den ohnehin schon reißenden Strom der Auswanderung noch reißender und ungestümer machen. Noch ein paar Jahre, und die Thäler Californiens werden mit lachenden, üppigen Farms bedeckt, an seinen Strömen und Häfen werden geschäftige, volkreiche Städte aus dem Boden gestiegen sein. Schon ist in einem entfernten Winkel des Sacramento-Thales, wohin noch vor sechs Monaten kein europäischer Fuß gedrungen war, ein lebhaftes Dorf von viertausend Einwohnern entstanden.</p> <p>„Ob alle die glühenden Berichte über das neuentdeckte Goldland wahr sind oder nicht: Ein unschätzbarer Vortheil wenigstens wird aus dem der Emigration in dieser Weise gegebenen Anstoße sicher hervorgehn. Die drohendste Gefahr aller dicht bevölkerten Gegenden heutzutage ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Bevölkerung zu sehr anschwellen wird, als daß sie sich die zu ihrer Existenz nothwendigen Mittel verschaffen könnte. In Europa ist diese Gefahr dringender, als irgendwo sonst. Die Tradition ist mächtig, aber der Hunger, der Beherrscher der Könige, der Ueberwinder der Kaiser, ist mächtiger. Die Emigration ist eins der Mittel zur Abwendung des Uebels; jedes Ereigniß darum, das sie befördert und ihr neue Bahnen anweist, ist freudig zu begrüßen und mit Aufmerksamkeit zu prüfen.</p> <p>Ob die Goldminen Californien's den wirklichen Reichthum der Erde vermehren, oder ob die Kosten der Gewinnung und des Reinigens den ganzen technischen Werth des Metalls absorbiren werden, das zu erörtern, ist hier nicht der Platz. Aber dessen darf jeder, der diese Zeilen liest, gewiß sein: — es gibt Gold in Californien, und wer danach gräbt, kann es haben!</p> <p>Ein Pflug, ein Gespann Ochsen, ein fester Wille und einige Kenntnisse von den Entdeckungen der Agricultur-Chemie, reichen hin, um jedem jungen Manne (oder selbst jedem Manne in mittleren Jahren), der nach Californien geht, ein ruhiges, goldenes Auskommen für sein Alter und seine ihn überlebende Familie zu sichern. Weizen, Roggen und alle Producte, die der Fleiß von einem fruchtbaren Boden erwarten darf, gedeihen auf den Ebenen und in den Thälern Californiens aufs Ueppigste, und die Caravanen, die auf die Goldjagd ausziehn, können sich zugleich einen reichen und großen Markt, für die von ihnen zu erzielenden Früchte des Feldes schaffen. Bei Preisen von 10 Pfund Sterling für ein Faß Mehl (andere Lebensmittel im Verhältniß) ist es noch die Frage (angenommen selbst, die Gerüchte von dem Goldreichthum des Landes wären in keiner Weise übertrieben), ob Korn- und Kartoffelzucht nicht ebenso vortheilhaft als Goldwaschen sein würden. Beide Beschäftigungen werden natürlich Hand in Hand gehen müssen. Das Gold zieht die Emigration an, und die Emigration, um zu existiren, bedarf des Ackerbau's.</p> <p>Californien wird aber auch des Fleißes und der Geschicklichkeit unserer Handwerker bedürfen, die jetzt größtentheils in unsern Fabrikstädten ungesunde Keller und erstickende Dachstuben bewohnen und von einem Verdienst, der kaum für eine einzige Person ausreicht, eine ganze Familie ernähren müssen. Hört es, ihr fleißigen, aber schlechtbelohnten Arbeiter Europa's: ein Handwerker, dessen Gewerbe in Californien nützlich ist, verdient dort mit Leichtigkeit 10 bis 15 Dollars täglich. Schmiede, Rademacher, Zimmerleute, Baumeister, Hutmacher, Schneider, — das sind die Leute, die nur nach dem S. Sakramento zu gehen brauchen, um sich selbst, ihren Weibern und ihren Kindern ein glückliches Leben zurechtzuzimmern.“</p> <p>Der Verfasser weist dann nach, wie auch unbemittelte Arbeiter, wenn sie ihre Kräfte und Mittel zusammenthun, die Kosten der Reise billig bestreiten können. Wir überspringen diese Rathschläge, da ihr Detail hauptsächlich auf englische Verhältnisse berechnet ist, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1099/0001]
2. Beilage zu Nr. 201 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 21. Januar 1849. Schweiz. Kanton Neuenburg. Die royalistischen Damen von Neuenburg haben der Königin von Preußen einen Neujahrswunsch geschickt und von derselben eine Rückantwort erhalten, in der auch „von einer durch Gottes Erbarmen zu erreichenden Rückkehr Neuenburgs unter den väterlichen Schutz des guten Königs“ gesprochen wird.
(Sol. Bl.) Französische Republik. 12 Paris, 18. Januar. Der Justizminister Odilon-Barrot ist heute in würdiger Weise aufgetreten. Er hatte das Wort genommen, um der Kammer eine Mittheilung der Regierung zu machen. Und was war diese Mittheilung? Was bewog den olympischen Gott und zeitigen Amtmann Napoleon's des Frommen, auf die Tribüne zu steigen? Die Regierung und der Präsident Napoleon bestehen darauf, die Angeklagten und Mitschuldigen vom 15. Mai, die nun bereits über 9 Monat theils in Vincennes gesessen, theils auf flüchtigem Fuße sich befinden, vor ein — ich hätte beinahe gesagt Kriegsgericht zu stellen. — Nein es ist kein Kriegsgericht; es ist der sogenannte haute cour nationale, der hohe Gerichtshof der Nation — das klingt weit feierlicher; das macht mehr Effekt, das erinnert fast an Hochgericht, und sicherlich an alle die außerordentlichen und exceptionellen Gerichtshöfe unter der Restauration. Die Wirkung welche in der Kammer diese Mittheilung hervorbrachte, war wirklich unbeschreiblich. Erstens wer sind die Männer, die in den Anklagezustand versetzt sind? Barbes, Sobrier, Albert, Louis Blanc, Caussidiére — also lauter Männer, die theilweise in der provisorischen Regierung waren, theilweise dieselbe begründen halfen. Und wessen sind diese Männer angeschuldigt? Sie sind angeschuldigt, ein Attentat auf die Kammer begonnen zu haben. Also desselben Verbrechens, das Odilon-Barrot selbst moralisch auf die Kammer vollbringen will, und derselbe Odilon-Barrot ist's, ihr moralischer Complice, ihr moralischer Mitschuldiger und Helfershelfer, der sie in den Anklagezustand versetzt, der ein Hochgericht verlangt, um diese Männer verurtheilen zu lassen. Das Attentat wurde ausgeübt ehe Odilon-Barrot Minister, ehe die Konstitution ausgearbeitet, und ehe folglich auch ein Hochgericht, une haute cour nationale bestand. Denn der hohe Gerichtshof ist ja eben durch die Bestimmungen der Konstitution eingesetzt worden. Und Odilon-Barrot will Männer durch diesen Gerichtshof verurtheilen lassen, die dasselbe wünschten und wollten, was er jetzt will; die damals eine Kammer sprengen wollten, welche Polen Preis gab und in Begriff stand mit allen kommenden Windischgrätz Hand in Hand zu gehen; eine Kammer, welche aus lauter Cavaignac's und Odilon-Barrots zusammengesetzt war, und die bloß Minister wie Odilon-Barrot in letzter Instanz schaffen konnte. Und die Kammer, durch das Verlangen Odilon-Barrot's, ihres moralischen Meuchelmörders, sieht sich in die Nothwendigkeit versetzt, zwischen zwei Feinden, die beide ihre Vernichtung wollten, eine Partei zu ergreifen; sich als Freundin zu erklären des Einen oder des andern ihrer Todfeinde.
Und in demselben Augenblicke, wo Odilon-Barrot den Anklageakt vorliest, stellt ein anderes Mitglied der Kammer den Antrag, wegen desselben Verbrechens, Auflösung der Kammer, denselben Odilon-Barrot in der Person des Präsidenten Napoleon in den Anklagezustand zu versetzen. Und dieselbe Volkspartei, die am 15. Mai die Kammer angriff, spricht sich jetzt in allen Klubs für die Aufrechthaltung der Kammer aus, und ist bereit, zu ihrer Vertheidigung eine ganz dem 15. Mai entgegengesetzte Partei zu nehmen. Und dann ist wieder die Kammer par anticipation die Mitschuldige derjenigen Männer, deren Mitschuldigen post festum eben dieser Barrot ist. An dieser Verwirrung der Rechtsbegriffe werden die armen Bourgeois irre: sie sind rein außer sich! Sie wissen nicht mehr, wie das Alles ins Reine kommen kann. Daher eine völlige Stockung in allen ihren Geschäften; mit der Ruhe und Ordnung ist es soweit gekommen, daß die völlige Zerrissenheit ihres „Gemüthes“, die Unruhe und Unordnung ihrer „Seelenstimmung“ sie allenthalben verfolgt. Sie wissen jetzt nicht mehr, auf was sie sich vertrösten sollen, um wieder etwas Handel und Wandel, etwas Leben auf die Course, etwas Thätigkeit in die Fabriken zu bringen. Alles stockt. Ihre frühere Hoffnung, ihr Napoleon, der wie ein leuchtender Stern von allen Seiten begrüßt wurde, steht bleich und lichtlos da. Vielleicht probirt er im Spiegel seinen neuen Bonapartshut und seinen neuen Kaiserrock an. Aber Niemand kümmert sich um ihn, und die Bourgeois selbst gönnen ihm dieses unschuldige Vergnügen.
Früher sagten sich die Bourgeois immer: Nun der Zustand ist nur provisorisch, mit der Kammer, mit Cavaignac, mit Napoleon u. s. w. hört er auf. War es dies nicht, so war es jenes; aber immer war es ein Etwas, das dem Provisorium ein Ende machen sollte. Jetzt ist man mit allen Provisoria zu Ende und die Trostlosigkeit und die Unbeholfenheit ist in allen Regionen, nur nicht in der Arbeiterklasse, die sich immer mächtiger organisirt. Der arme Napoleon! Tiefer kann man nicht gefallen sein als er, und daß er noch seinen Fall auf so bourgeoisschmutzige Weise bekundet! Das verdrießt die Bourgeois am meisten. Und wie die Proletarier selbst den armen Mann, den armen Napoleon moralisch vernichten, indem sie ihm ihre Pfandzettel von ihren Röcken und Matratzen zuschicken. Der philanthropisch gesinnte „Kaiser“ nimmt dies Alles ernstlich, und will helfen und beklagt sich in seinen offiziellen Blättern über diese Sendung „in massa“ und trauert über sein geringes Gehalt, das ihm nicht erlaube, den Leuten die Röcke wieder auf den Rücken zu verschaffen und trägt indirekt auf eine Gehaltserhöhung an, um Matratzen auszulösen! Kann man bescheidener sein? Kann man in demüthigenderer Form eine Erhöhung der Civilliste verlangen? Dazu kömmt noch die Geschichte mit dem Papste, dem man gerne helfen möchte und doch wieder nicht kann, weil der Mann des „guten Willens“ sich so offen blamirt, indem er sein ganzes Land mit dem Bannfluche bedroht, und denselben theilweise schon ausspricht. Das Journal des Debats vertheidigt zwar den Papst, und sucht das Lächerliche des Bannfluches zu beschönigen, indem es theologisch darzuthun sich bestrebt, daß das Schreiben von Pius IX nur ein sogenannter „Monitoire“ sei. Aber die Römer sind Franzosen geworden: sie lachen über das jesuitische „Debats“ sowohl, als über die Blitze des Papstes, welche an allen Ecken Roms angeheftet sind, ohne die geringste Wirkung zu thun. Die päpstliche Bulle gleich einer förmlichen Affische, einem Zettel zur Belustigung der Leser. Der Papst, statt die Kroaten und Windischgrätz zu exkommuniziren, exkommunizirt die Feinde aller Windischgrätz, die Feinde der Kroten. Mehr bedurfte es nicht, um die Römer über alle Exkommunikationen für alle Zeiten hin zu blasiren. Sie durchlaufen Rom mit dem Rufe: „Es leben die Exkommunizirten!“ Odilon-Barrot und Napoleon stehen auf Seiten des Papstes und sind einverstanden mit den Exkommunizirenden! Die Pariser Proletarier stehen auf Seiten der Römer und lassen die Exkommunizirten hoch leben. Scheiterhaufen für Scheiterhaufen, haben wir die Bulle des Papstes noch lieber als das Hochgericht, als Odilon-Barrot. Um dem Publikum einen Begriff des „Hochgerichts“ zu geben, citiren wir hier die betreffenden Stellen der Constitution:
Art. 92. Der hohe Gerichtshof besteht aus fünf Richtern und zwölf Geschwornen. Der Kassationshof ernennt jedes Jahr, in den ersten Tagen des Novembers, die Richter und Ersatzmänner aus seiner Mitte. Die Wahl geschieht mittelst geheimen Scrutiniums und mit absoluter Majorität. Die fünf definitiven Richter erwählen selbst ihren Präsidenten. Die Magistrate, die das Amt des öffentlichen Ministeriums versehen, werden durch den Präsidenten der Republik ernannt, und in Folge einer Anklage gegen den Präsidenten und die Minister, durch die Nationalversammlung. Die Geschwornen, 36 an der Zahl, werden aus den Mitgliedern der Generalräthe der Departements genommen. Die Volksvertreter können nicht als Geschworne sitzen.
Paris, 18. Jan. (Gesetzentwurf.)
Art. 1. Die Urheber und Mitschuldigen des Attentats vom 15. Mai 1848, welche ein Beschluß des Pariser Appelhofs vom 16. Januar 1849 in Anklagestand versetzte, werden vor den hohen Nationalgerichtshof gestellt.
Art. 2. Dieser Nationalgerichtshof tritt binnen einem Monat nach Annahme des gegenwärtigen Gesetzentwurfs durch die National-Versammlung, in Bourges zusammen.
Art. 3. Der Justizminister ist mit Ausführung dieser Maßregel beauftragt
Gegeben im Elysée-National, 17 Januar 1849.
(gez) Louis Napoleon Bonaparte.
(gegengez.) Odilon-Barrot.
— Laut Artikel 92 der Verfassung ist der Nationalgerichtshof aus fünf Kassationsräthen und zwölf Geschwornen zu wählen, welche nach Anweisung der Artikel 93, 94 und 95 derselben Verfassung aus einer Liste von resp. sechszig, von den Departementsräthen zu ziehen sind. Die Stadt Bourges, zwar ziemlich weitläuftig, aber ziemlich verödet, wird gleich Vendome vor sechszig Jahren, plötzlich sehr rege werden und dramatisches Interesse bieten.
— Die Bureaux der Nationalversammlung wählen so eben die Kommission, welche ihr, gegen 3 Uhr über die Dringlichkeit des ministeriellen Antrages: „die Maigefangenen vor einen Nationalgerichtshof zu stellen,“ Bericht zu erstatten hat. Die Diskussion ist sehr lebhaft. Die Ansicht des Appellhofs, die Angeklagten vor die Jury des Seinedepartements zu stellen, findet viele Vertheidiger. Wie kann ein Gesetz gegen sie angewandt werden, das viele Monate später erst entworfen und angenommen wurde? Die Verfassung könne doch unmöglich eine rückwirkende Kraft üben? Da es sich jedoch blos um die Dringlichkeit handelt, so müssen wir den Kern der eigentlichen Frage für die öffentliche Debatte aufsparen.
— Cabrera's Niederlage scheint sich zu bestätigen. Laut Depeschen aus Bayonne vom 13, warf sich ein Karlisten-Korps von 600 Mann über die spanische Gränze auf französischen Boden, entwaffnete dort mehrere Posten und wird uns somit in eine unangenehme internationale Streitigkeit verwickeln.
— In den Marseiller und Touloner Blättern nichts Wesentliches über die Expedition nach Italien. Einigen Zeilen im Pariser „National“ zufolge dringt Sotomayor im Namen Spaniens vorzüglich in das Kabinet, um zu wissen, was Frankreich eigentlich für den Pabst zu thun beabsichtige? Das Kabinet, viel zu sehr mit dem Innern beschäftigt, zeigt sich aber zähe und unschlüssig. Es gibt ausweichende Antworten: „Wahrhaftig, ruft darum das Organ Ledru-Rollins, wir kehren in die Zeiten Karls des Großen zurück. Unter dem Pretext, daß Frankreich die älteste Tochter Rom's sei, scheint unser Präsident gar nicht übele Lust zu haben, eine französische Division gegen die revolutionären Römer zu schleudern. Der Bannfluch des Pabstes soll das Zeichen zu einem neuen Kreuzzuge geben. Die ganze Christenheit möchte aufbrechen; Spanien rüstet seine acht lecken Kriegsschiffe, die seine Marine noch zählt; Portugal stellt seine Flotten und Armeen (!!) dem Pabste zu Gebote, und selbst die Türkei ist schon auf dem Wege, Sr. Heiligkeit zu Hülfe zu springen.
— So hätten wir denn endlich die Vicepräsidentenliste! Herr Leon Faucher, Minister des Innern, bestieg heute Nachmittag um 3 1/2 Uhr die Bühne und schlug der Nationalversammlung im Namen des Präsidenten Bonaparte die Deputirten vor:
1) Boulay (Meurthe), ein Centrier, der mitunter im Juni schrie.
2) Baraguay d'Hilliers, Junigeneral und Präsident der Rue de Poitiers.
3) Vivien, Ex-Vicepräsident des alten Staatsrathes unter der Monarchie.
Alle Welt wird sich über diese Nullitäten wundern. Aber der Vicepräsident muß von Rechts- oder Constitutionswegen eine Null sein.
Darum erklärt auch Odilon Barrot im heutigen 3stündigen Ministerrathe, daß er eher sein Portefeuille niederlege, als die Vicepräsidentschaft anzunehmen.
Passy erklärte, daß auch er zurücktrete, wenn Barrot nicht mehr Conseilpräsident bleibe.
So kam obige Liste zu Stande.
— Während die Ledru-Rollin'sche „Revolution“ den Präsidenten Bonaparte einen Kreuzzug gegen die Römer unternehmen läßt, benachrichtigt uns der Moniteur, daß der Präsident von einem Gastmahle zum anderen zieht. Das amtliche Blatt meldet uns auf seiner ersten Seite, daß der Präsident der Republik gestern Abend einem Mahle bei seinem Unterrichtsminister Hrn. v. Falloux beiwohnte, zu dem die hervorragendsten Männer aller Parteien (?) und Religionen geladen waren. Der Moniteur hebt besonders die Anwesenheit des protestantischen Kirchenfürsten Cuvier und des jüdischen Rabbiner Cerfbeer hervor. Auch die Schildträger Changarnier, Bugeaud und der berüchtigte Marquis v. Pastoret (Haupt-Agent Heinrich V.) befanden sich unter den Geladenen.
— Nationalversammlung. Sitzung vom 18. Januar. Marrast eröffnet sie um 2 1/2 Uhr. Nach Vorlesung des Protokolls folgen einige Ratifikationen.
Alem Rousseau entschuldigt sich, daß er gestern bei Vorlesung einer Petition gegen die Jesuiten den Berichterstatter Kerdrel unterbrochen.
Koenig (Elsaß): Unter dem gestrigen Petitionsstoße befand sich auch ein Antrag auf Errichtung eines Universitätslehrstuhls über Atheismus. Ich trage darauf an, daß dieser böse Antrag dem Unterrichtsminister Behufs Einleitung einer Untersuchung gegen den Antragsteller überwiesen werde. (Widerspruch vom Berge.)
Marrast zeigt der Versammlung die Namen der gewählten Commission zur Begutachtung des Dringlichkeitsantrages gegen die Maigefangenen an. Gewählt wurden: Reynaud, Dupin, Corne, Verne, Bauchart, Baroche, Ponc_ let, St. Rome. Er ersucht sie, sich zurückzuziehen, um bald zu berichten.
Dies geschieht und dann geht es an die eigentliche Tagesordnung, welche in unerheblichen Kredit-Anträgen besteht.
Inmitten der geräuschvollen Debatte (gegen 4 Uhr) nimmt Leon Faucher im Namen des Gouvernements das Wort.
Leon Faucher, Minister des Innern, liest einen Beschluß des Präsidenten vor, der Boulay, Baraguay d Hilliers und B_ ten als Kandidaten zur Vizepräsidentschaft verfassungsgemäß vorschlägt.
Baze. Erst müsse sein Gehalt festgestellt werden.
Die Debatte wird auf Samstag beschlossen
Goudchaux verlangt das Wort über neue Motive zur Tagesordnung. Er protestirt gegen die Form, mit welcher man das Pflanzerentschädigungsgesetz bei Seite geworfen. Er ist ein Anwalt der reichen Colonialkapitalisten.
Cremieux hebt den Handschuh auf und rechtfertigt das beobachtete Verfahren
Damit war Goudchaux vorläufig geschlagen.
Mauguin beklagt sich, daß der Finanzausschuß die Getränkesteuer-Anträge nicht erledige. Die Sache sei wichtig.
St. Beuve antwortet im Namen des Ausschusses, daß die Nachlässigkeit den Redner selbst treffe; denn man habe ihn drei Male schriftlich in seine Sitzungen geladen. Er sei nie gekommen. (Gelächter.)
Der Antrag wird als dringend in die Büreau's gewiesen
In diesem Augenblick erscheint die M_ igefangen-Commission wieder im Saale.
Fladin erklärt in ihrem Namen, daß die Commission über die Dringlichkeit einstimmig sei und die Debatte für Sonnabend verschlage und zwar in öffentlicher Sitzung.
Grandin möchte Vordiskussion in den Büreau's.
Senard bekämpft dies.
Lagrange belästigt die Versammlung abermals mit der — Amnestie. Sie solle der Maidebatte vorangehen. So langweilig dieser hohle Lagrange ist, kann man ihm doch nicht zürnen und sein Antrag fand ziemlich Unterstützung.
Nach zweimaliger Stimmprobe fiel er jedoch durch und es bleibt bei Sonnabend.
Laribiere deponirt seinen Bericht über die — Zeitungspreßgesetzgebung. (Ah! Ah!)
Die Versammlung überweist dann schließlich noch die Colonialarbeitsverhältnisse den Büreaus.
Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen
Großbritannien. 068 London, 18. Jan. Unter dem Titel „The Gold Regions of California, describing its Geography etc.“ ist hier so eben ein sehr instructives Werkchen über Californien erschienen, aus dessen einleitenden Bemerkungen ich Ihnen einige Auszüge gebe:
„Californien, diese bis jetzt noch unerforschte Wildniß des Südwestens, ebenso fruchtbar und dem Pfluge des Ansiedlers günstig, als reich an unberechenbaren und unerschöpflichen mineralischen Schätzen, ist kürzlich durch den Friedensvertrag mit Mexiko den Vereinigten Staaten annexirt worden. Unter der kräftigen Hand Anglo-Amerika's und den Vortheilen, welche es dem Colonisten bietet, wird man den Reichthum dieses fast noch jungfräulichen Bodens erst kennen lernen, und wird er, statt Jahrhundert auf Jahrhundert unter dem abgeschwächten, energielosen Mexikaner oder der indolenten Rothhaut hinzusiechen, von einem starken, thatenlustigen, unternehmenden Geschlechte in Besitz genommen werden. Schon richten Tausende ihre Augen auf dies gelobte Land, und schon hallen die wilden, unwegsamen Pässe der Felsengebirge von dem dreisten Fußtritt des nach dem neuen Eldorado ziehenden Auswanderers wieder.
„Die Nachricht von der Entdeckung ungeheurer Landstriche, wo Gold — helles, blankes, blitzendes Gold — mit den Händen aufgerafft und in Säcken und Körben weggetragen werden kann, ohne weitere Arbeit und Instrumente als Schaufeln und Blechpfannen, muß den ohnehin schon reißenden Strom der Auswanderung noch reißender und ungestümer machen. Noch ein paar Jahre, und die Thäler Californiens werden mit lachenden, üppigen Farms bedeckt, an seinen Strömen und Häfen werden geschäftige, volkreiche Städte aus dem Boden gestiegen sein. Schon ist in einem entfernten Winkel des Sacramento-Thales, wohin noch vor sechs Monaten kein europäischer Fuß gedrungen war, ein lebhaftes Dorf von viertausend Einwohnern entstanden.
„Ob alle die glühenden Berichte über das neuentdeckte Goldland wahr sind oder nicht: Ein unschätzbarer Vortheil wenigstens wird aus dem der Emigration in dieser Weise gegebenen Anstoße sicher hervorgehn. Die drohendste Gefahr aller dicht bevölkerten Gegenden heutzutage ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Bevölkerung zu sehr anschwellen wird, als daß sie sich die zu ihrer Existenz nothwendigen Mittel verschaffen könnte. In Europa ist diese Gefahr dringender, als irgendwo sonst. Die Tradition ist mächtig, aber der Hunger, der Beherrscher der Könige, der Ueberwinder der Kaiser, ist mächtiger. Die Emigration ist eins der Mittel zur Abwendung des Uebels; jedes Ereigniß darum, das sie befördert und ihr neue Bahnen anweist, ist freudig zu begrüßen und mit Aufmerksamkeit zu prüfen.
Ob die Goldminen Californien's den wirklichen Reichthum der Erde vermehren, oder ob die Kosten der Gewinnung und des Reinigens den ganzen technischen Werth des Metalls absorbiren werden, das zu erörtern, ist hier nicht der Platz. Aber dessen darf jeder, der diese Zeilen liest, gewiß sein: — es gibt Gold in Californien, und wer danach gräbt, kann es haben!
Ein Pflug, ein Gespann Ochsen, ein fester Wille und einige Kenntnisse von den Entdeckungen der Agricultur-Chemie, reichen hin, um jedem jungen Manne (oder selbst jedem Manne in mittleren Jahren), der nach Californien geht, ein ruhiges, goldenes Auskommen für sein Alter und seine ihn überlebende Familie zu sichern. Weizen, Roggen und alle Producte, die der Fleiß von einem fruchtbaren Boden erwarten darf, gedeihen auf den Ebenen und in den Thälern Californiens aufs Ueppigste, und die Caravanen, die auf die Goldjagd ausziehn, können sich zugleich einen reichen und großen Markt, für die von ihnen zu erzielenden Früchte des Feldes schaffen. Bei Preisen von 10 Pfund Sterling für ein Faß Mehl (andere Lebensmittel im Verhältniß) ist es noch die Frage (angenommen selbst, die Gerüchte von dem Goldreichthum des Landes wären in keiner Weise übertrieben), ob Korn- und Kartoffelzucht nicht ebenso vortheilhaft als Goldwaschen sein würden. Beide Beschäftigungen werden natürlich Hand in Hand gehen müssen. Das Gold zieht die Emigration an, und die Emigration, um zu existiren, bedarf des Ackerbau's.
Californien wird aber auch des Fleißes und der Geschicklichkeit unserer Handwerker bedürfen, die jetzt größtentheils in unsern Fabrikstädten ungesunde Keller und erstickende Dachstuben bewohnen und von einem Verdienst, der kaum für eine einzige Person ausreicht, eine ganze Familie ernähren müssen. Hört es, ihr fleißigen, aber schlechtbelohnten Arbeiter Europa's: ein Handwerker, dessen Gewerbe in Californien nützlich ist, verdient dort mit Leichtigkeit 10 bis 15 Dollars täglich. Schmiede, Rademacher, Zimmerleute, Baumeister, Hutmacher, Schneider, — das sind die Leute, die nur nach dem S. Sakramento zu gehen brauchen, um sich selbst, ihren Weibern und ihren Kindern ein glückliches Leben zurechtzuzimmern.“
Der Verfasser weist dann nach, wie auch unbemittelte Arbeiter, wenn sie ihre Kräfte und Mittel zusammenthun, die Kosten der Reise billig bestreiten können. Wir überspringen diese Rathschläge, da ihr Detail hauptsächlich auf englische Verhältnisse berechnet ist,
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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