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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 204. Köln, 25. Januar 1849.

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dieser unerwarteten Durchsicht die in ihnen enthaltenen Geständnisse des Polen Tucinsky über seinen früheren Aufenthalt in Eperies in Ungarn und die daselbst angeknüpften Verbindungen. Diese Thatsachen standen damals ganz vereinzelt da; nun aber scheint der Feldmarschall Stoff für seine Vorliebe, allenthalben Verschwörungen zu sehen, gefunden zu haben, und dürfte diesen abgerissenen Faden verfolgen wollen. Es ist diese Wiederaufnahme für die Czechen und ihre Führer sehr peinlich, da viele derselben hierin verflochten sind und sie es nur nach langem Drängen des damaligen Ministeriums, dem sie dafür jede Hülfe zugesagt hatten, dahin brachten, den Prozeß niederzuschlagen. Windischgrätz stand damals als Lügner da, der die Ehre der Nation beleidigt hatte. Er dürfte schwerlich Alles das vergessen haben.

Posen, 11. Januar.

Ueber die Ereignisse in Warschau am Weinachtsabend haben wir nunmehr nähern Aufschluß erhalten. Die russischen Behörden hatten Kunde davon bekommen daß sich daselbst ein Zweigverein der hiesigen Liga polska gelildet, und zogen die Häupter derselben gefänglich ein. Um ihre Schuld als gefährliches Staatsverbrechen darzustellen, sollen die bereits gemeldeten militärischen Maßnahmen stattgefunden haben, denn die Regierung liebt es bei solchen Gelegenheiten ihre Macht zu entfalten, um das Volk einzuschüchtern und auf die damit verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen. Eine neue im Königreich Polen eingeführte Maßregel, wodurch den Verschwörungen unter den jungen Polen der höhern Stände wirksam entgegengearbeitet wird, besteht darin, daß alle jungen polnischen Edelleute fortan eine Reihe von Jahren Civil- oder Militärdienste im Innern von Rußland ableisten müssen.

(A. Z.)
43 Prenzlau, 21. Jan.

Der Central-Verein der Preußenvereine verbreitet in der Uckermark neben den bekannten "Enthüllungen", die auch durch die königl. preuß. Kreisblätter, also offiziell verbreitet werden, seine Kandidatenliste für die beiden Kammern. Es sind dies folgende Namen:

Prof. Stahl, Prof. Keller, Fürstbischof Diepenbrock, Präsident Gerlach, Ob.-Reg.-Rath Bethmann-Hollweg, v. Bismars, Schönhausen, v. Kleist-Retzow, die Exminister v. Alvensleben und Canitz, Minister Manteuffel, Graf Fürstenberg-Stammheim, Assessor Graf v. d. Golty, Assessor Bindenwald und Assessor Wagner. (Redakteur der "Galgenzeitung"?)

Wie gefällt Ihnen diese Liste? Ein herrliches Kleeblatt aus Junker-, Pfaffen- und Beamtenthum.

Bei den bevorstehenden Wahlen dürfte wohl die hiesige Partei "mit Gott, für König und Vaterland" ihre aufgestellten Kandidaten: zur ersten Kammer den Grafen Arnim-Boitzenburg, Exminister, zur zweiten einen pietistischen Pfaffen, den Präsidenten des Preußenvereins, durchbringen. Ueber den zweiten Kandidaten herrscht in der Partei noch Zwiespalt, die einen wollen den Ober-Bürgermeister Grabow, den andern ist derselbe zu liberal! In der gestrigen Sitzung des Preußenvereins wurde diese Angelegenheit verhandelt.

Ein Pfaffe, der gern selbst gewählt sein möchte, trat besonders stark gegen die Wahl Grabows auf. Derselbe sprach unter Anderm: man hat hier die Aeußerung gethan, doch nicht so rücksichtslos gegen Grabow zu verfahren, er (der Pfaff) sei der Meinung, der gnädige König von Preußen hätte in jüngster Zeit so viele Schmähungen erduldet, man sollte sich daher auch nicht geniren, Alles Mögliche (alle nur erdenklichen Schmähungen!) gegen den Hrn. Oberbürgermeister vorzubringen.

Das zog. -- Es wurde daher tüchtig fortgeschmäht. Darüber entstand nun gestern in der Stadt unter den zahlreichen Freunden Grabows eine Aufregung, die einen so ernstlichen Charakter anzunehmen drohte, daß sich das Pfäfflein genöthigt sah, Sicherheitswachen zu requiriren. -- Von den hiesigen sich so nennenden "liberalen" Bourgeois wird Grabow als Kandidat für die erste Kammer bezeichnet.

Bamberg, 18. Jan.

Seit mehreren Tagen schon kamen Reibereien zwischen Civillisten und Soldaten in einem hiesigen Bräuhause vor, die denn auch zu Excessen führten und wobei auch ganz unbetheiligte vorübergehende Personen auf das Gröblichste insultirt wurden. Die dadurch hervorgerufene Erbitterung ließ einen weiteren Zusammenstoß befürchten, so daß die Bürgerschaft ernstlich auf Entfernung der Truppen schon in den ersten Tagen, wo die Excesse begannen, drang, und um diesem Verlangen Nachdruck zu geben, in Masse sich auf das Rathhaus begab. Zwar ist die Ruhe scheinbar durch die zahlreichen Patrouillen der Landwehr und des Militärs hergestellt, doch glaubte man heute das Ansuchen um Abberufung der hiesigen Garnison erneuern zu müssen. Magistrat und Gemeindebevollmächtigte halten diesen Mittag gemeinschaftliche Sitzung, um die zu ergreifenden Maßregeln zu berathen.

!!! Frankfurt, den 22. Januar.

National-Versammlung. Ein Mitglied der Linken berichtigt das Protokoll vom Freitag. Es stellt sich nämlich heraus, daß zu Gunsten der Majoritat bei der letzten Abstimmung 9 Stimmen plus eingeschmuggelt worden sind. (Links: hört! hört!) Es stellt sich demnach fest, daß statt 47 Stimmen Majorität für den guten deutschen Kaiser nur 38 vorhanden sind. Das nennt die Oberpostamts-Zeitung "eine nicht unbedeutende Majorität." (O gute Postamtszeitung!)

Durch den Präsidenten Simson erfahren wir beiläufig, daß die Versammlung gegenwärtig aus 563 Mitgliedern besteht. -- Aus Oberöstreich ist ein großer Beitrag zur deutschen Flotte eingelaufen.

Die Tagesordnung führt nach Ergänzungswahlen für den Wehrausschuß zur Berathung über §. 1. a. das "Reichsoberhaupt."

Den Kaiser hat man präparirt mit "einer nicht unbedeutenden Majorität", heut wird man nun entscheiden, ob erblich, ob lebenslänglich, ob auf soundsoviel Jahr!

Das Allerspaßhafteste ist die Ernsthaftigkeit, mit der diese Herren das Reichsoberhaupt behandeln; man sollte glauben, es würde wirklich etwas daraus werden!

Den Wortlaut des §. 1. a. mit den vielen Minoritäts-Erachten gab ich Ihnen in einer früheren Sitzung. -- 24 Redner sind eingeschrieben. -- Die Diskussion beginnt.

Ahrens (Hannover) spricht für das 4te Minoritäts-Erachten und sagt vieles Gute über die Verwerflichkeit der Erblichkeit. Er vindicirt die Wahl des Reichsoberhauptes auf Zeit das erstemal der National-Versammlung, für ferner dem vereinigten Staaten- und Volkshause.

Beda Weber (Ultramontaner) erbost sich furchtbar und mit vielem Glück gegen den preußischen Erbkaiser und gegen den edlen Brutus Bassermann. Dieser Mann (Bassermann) hat die Rede, die er für den Erbkaiser gehalten, ungefähr eine Billion mal abdrucken lassen und verschickt sie mit der Oberpostamtszeitung nach jedem Schaafstall, in jede Kneipe. Man ist nirgends sicher vor diesen verdammten Bassermann'schen Reden. Sie werden einem unversehens in die Tasche gesteckt. Beda Weber verhöhnt den Bassermann wahrhaft ergötzlich unter wüthendem Beifall der Linken und Gallerien. -- Die Rechte sucht durch Wuthausbrüche seine Rede zu stören, -- aber der Beifall mit dem die Hiebe und Stöße gegen Bassermann, Gagern und den potsdamer Friedrich Wilhelm aufgenommen werden, ist zu rasend! -- Ohne Oestreich ist Deutschland nichts! -- Vogt und Giskra hätten zwar auch manches gegen seine Tyroler gesagt (meint Weber), aber diesen Männern nehme er es nicht so übel, denn er halte sie für begeisterte Seher. (Vogt macht vom Platz Complimente) Weber spricht einerseits die tiefsten Wahrheiten und mit oratorischem Schwulst -- andrerseits spaßhaft. Von ihm kann man sagen: "Du sublime au rudicule etc." -- Seine Rede ist lesenswerth in den stenogr. Berichten. Unter Andern: "Giskra hat ihm einst gesagt, er sei ein Teufelaustreiber, wenn er diese Kunst besäße, würde er heut die Teufel aus dieser Versammlung austreiben. -- Er hofft aber dennoch trotz Alledem, Deutschland wird ein großes Reich werden, und man wird singen können:

"Und wenn die Welt voll Professoren wär'
"Und wollten uns verschlingen u. s. w."

(Ungeheurer Beifall. Beseler kratzt sich hinter den Ohren.)

Zum Schluß sagt er ehrlich: "ich möchte am liebsten einen östreichischen Erbkaiser! Aber ehe ich für einen preußischen Erbkaiser stimme, will ich lieber einen Präsidenten." (Beifall und Heiterkeit.)

Rümelin aus Nördlingen: Für die königlich-preußische Erblichkeit. -- Alle Anträge gegen den erblichen Kaiser seien gar nichts werth. (Erstaunlich bescheiden!)

Ludwig Uhland (der alte Schwabe) erinnert in kurzer Rede das Haus an die Art und Weise seines Ursprungs. (Leider umsonst!) Er spricht natürlich gegen die Erblichkeit. Er war schon Widersacher gegen den Erbkaiser, als derselbe noch bei den Siebenzehnern in den Windeln lag. Leider hat er schon in der Wahl des Reichsverwesers den doktrinären Erbkaiser erblickt. -- Nur durch periodische Wahl eines Reichsoberhauptes kann der Partikularismus noch beseitigt werden. Wenn ein preußisches Erbkaiserthum geschaffen wird, ist nicht abzusehen, wie Oestreich wieder zu Deutschland treten soll. -- Das ist eine stümperhafte Einheit, die ein Drittheil aus Deutschland herausreißen muß, um gebildet zu werden. Er schließt: "es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, welches nicht mit einem vollen Tropfen demokratischen Oels gesalbt ist."

Dahlmann. (Feierliche Stille entsteht als dieser Complex deutscher Weisheit, dieser kaiserliche Brennpunkt der ganzen deutschen Professoren-Misere und Erbärmlichkeit die Tribüne betritt. Jeder schlägt an seine Brust und denkt: das ist doch wenigstens ein gelehrter Schwätzer.) Er predigt langsam und feierlich für den preußischen-deutschen-erblichen Kaiser. (Beifall der Rechten; sonst mäuschenstill; Zeichen des tiefsten Ekels vor diesem deutschen Kaiser-Bajazzo!)

Fröbel. Er nennt die rechte Seite die Wächter der Interessen; die Linke die Wächter der Principien und die Centren die Herren, welche in wirklicher oder eingebildeter Weisheit Interessen und Principien vereinigen wollen. -- Die Commission wolle Deutschland in drei Theile zertheilen und den Revolutionären aus Liebhaberei ein geeignetes Feld bieten. Die Demokratie sei in dem gegenwärtigen Geschichtsstandpunkte eine Unvermeidlichkeit geworden. Wichtig sei übrigens blos die Frage: wer ernennt? nicht: wer ernannt wird? Deshalb sei der angenommene §. 1. ganz unwesentlich. Auch widerspräche er dem §. 7. der Grundrechte, wonach jedes Amt jedem zugänglich. (Fröbel ist nichts weniger als ein Redner. Seine Abhandlung geht ziemlich eindrucklos vorüber.) Er ist gegen Erblichkeit, gegen Lebensdauer und gegen jede der Erblichkeit nahekommende Dauer -- und für die Wahl durch das Volk selbst.

Nach ihm spricht der tapfere von Vinke für den preußischen Erbkaiser. (Beifall rechts -- Zischen links -- die Gallerien trommeln.)

Man trägt auf Schluß und Vertagung der Debatte an.

Der Schluß ist verworfen

Die Vertagung wird um 1/2 3 Uhr angenommen.

Morgen Fortsetzung.

Französische Republik.
12 Paris, 22. Januar.

Boulay ist das Tagesgespräch mit dem Paris erwacht, -- Boulay ist der Nachtsgedanke, mit dem Paris zu Bette geht. Boulay über Nacht eine Berühmtheit geworden -- das übersteigt den Horizont des feinsten Diplomaten! Was man nicht Alles werden kann, seitdem Napoleon Präsident geworden! Durch die höchste Dummheit, durch die auf die Spitze grtriebene Dummheit kommt die politische Welt wieder zur Vernunft. Seht nur das "Debats"! Wie es so frei und offen, so vernünftig klar spricht! "Jede andere Wahl hätte uns kein Vergnügen gemacht; die des Herrn Boulay hat den ungemeinen Vorzug, daß sie uns keine Pein verursacht! Die Wahl vom 2. Jan. ergänzt die Wahl vom 10. Dez.; die exekutive Gewalt der Republik ist definitiv konstituirt." So verhöhnt das "Debats" die Republik! Und mit Recht; die honnette Republik hat die honnette Dummheit an's Ruder gebracht, und im Bewußtsein seiner eigenen honnetten Klugheit verlacht das "Debats" die honnette Dummheit.

Klugheit und Dummheit -- beides ist auf's Aeußerste getrieben, und die Hyperklugheit und Hyperdummheit kommen auf dasselbe Resultat. Sie reiben sich im Kampfe gegeneinander auf. Die kluge Dummheit der offiziellen Welt stimmt die "Reform" heiter, und ihre Beileidsbezeugung auf den durchgefallenen Vivien ist mit Humor gewürzt. Der arme Vivien, meint sie, hat sein Schicksal nicht verdient. Er hat einen Artikel über die Theater geschrieben, 2 Artikel über den Staatsrath, er hat ein Gesetz gemacht über die Vicinal-Wege -- und alle diese Werke, und alle diese Wunder haben ihn nicht retten können: er hat einem Boulay unterliegen müssen! Boulay, der es nicht zum Obersten in der Nationalgarde bringen konnte, Boulay, den seine Legion immer durchfallen ließ, diesen Mann hat die Kammer zum Vizepräsidenten gemacht. Da steht sich Baraguey-d'Hilliers noch weit besser; er hat zwar nur eine einzige Stimme bei der Wahl des Vizepräsidenten erhalten; aber das war eine sympathetische Stimme, die aus einem gleichgesinnten Herzen floß; und der große General kann sagen wie Medeus: "In diesem Schiffbruche habe ich meine Person gerettet!" Aber Vivien, was hat Vivien gerettet!

Die Antrittsrede Boulay's war, wie man im Journalstyle zu sagen pflegt, ruhig gehalten, anspruchslos, bescheiden -- bis zur Dürftigkeit. Boulay ist halt "ein Herz". Er gestand ganz naiv, daß er seine neue Stellung der durchlauchten Freundschaft des durchlauchten Napoleons verdanke.

Baraguey, Vivien, Boulay, kommt das nicht Alles auf Eins heraus? Für die Arbeiter existiren alle diese Namen nicht; Napoleon hat gar nicht für sie gelebt, so wie die Bauern jetzt erst zu merken anfangen, daß Napoleon längst todt sei, und sie ärgern sich, daß sie für einen todten Mann gestimmt haben. Napoleon steht nicht mehr auf; dagegen erhebt sich aus dem Todeschlaf ein Mann, den die Partei des "National" längst todt wähnte und der binnen Kurzem wieder eine große Rolle zu spielen berufen ist. Wir sprechen von Ledru-Rollin. In seiner Rede gegen den Antrag des Ministeriums, das auf die Berufung eines hohen Gerichtshofes drang, hat er so energisch auf der Ungesetzlichkeit dieses Tribunals bestanden, daß man geglaubt hätte, die Angeklagten vom 15. Mai seien die Kläger. Die Angeklagten vom 15. Mai sind die Vorgänger der Angeklagten vom Juni; und werden vereint binnen Kurzem als Ankläger da stehen. Indem Ledru-Rollin sich also auf den Standpunkt der Angeklagten stellte und der Zeit bloß vorgriff, that er ganz das Umgekehrte dessen, was Barrot jetzt thut, der hinter der Zeit her schleicht und die Angeklagten vor einen Gerichtshof stellen will, der zur Zeit ihres "Verbrechens", des Attentats vom 15. Mai, nicht bestand. Wenn wir nun die offizielle Sprache sprechen wollen, so können wir sagen, daß Ledru-Rollin bei den Juni-Insurgenten wieder "möglich" geworden, um so mehr, als er vor dem 15. Mai vielleicht mehr als "möglich" gewesen und die Gegenpartei sich schon freute, ihn durch Enthüllungen während des Prozesses kompromittirt zu sehen.

12 Paris, 22. Januar.

Hubert, in einem Briefe an den Prokurator der Republik, übernimmt die ganze Verantwortlichkeit der Vorfälle vom 15. Mai. Wie man weiß, befindet sich Hubert auf flüchtigem Fuße. In einem frühern Briefe bereits hatte er sich anheischig gemacht, am Tage der Debatten sich zu stellen. Er erneuert jetzt dieses Versprechen..... "Bis indessen die Umstände mir erlauben, die öffentliche Meinung über die wahren Ursachen der Vorfälle vom 15. Mai aufzuklären, protestire ich aus allen Kräften gegen einen Beschluß, der mit mir zugleich 19 andere Personen wegen eines Faktums beschuldigt, das mich persönlich betrifft und wovon ich die Verantwortlichkeit übernommen habe.

Ich habe es bereits der Untersuchungskommission erklärt und ich wiederhole hier abermals,

1) daß ich es war, der ohne Vorwissen meiner Mitbeschuldigten den Entschluß gefaßt hatte, die Auflösung der National-Versammlung auszusprechen;

2) daß ich damals nur der Nothwendigkeit gehorcht und mich nur durch Rücksichten reiner Menschlichkeit bestimmen ließ, wie ich es am Tage der Debatte beweisen werde.

Wenn ich mich noch nicht als Gefangener gestellt habe, so geschah dies bloß, weil ich von Ihrer Unparteilichkeit ein besseres Resultat für meine Mitangeklagten erwartet habe.

Wenn ich in diesem Augenblicke noch zögere mich zu stellen, so geschieht es bloß, weil ich Ihnen keine Gelegenheit in die Hände geben will, eine supplementarische Instruktion zu verordnen, wodurch der Prozeß vertagt und die Haft der andern Angeklagten verlängert werden möchte. Aber sobald der Tag der Debatte gekommen, so werde ich auf der Bank der Angeklagten sitzen, nicht um mich zu vertheidigen, sondern um die Wahrheit zu sagen, welche von der reaktionären und royalistischen Partei so schmählich entstellt worden.

"Es lebe die demokratisch-soziale Republik!"
A. Hubert."

Paris, 22. Jan.

Der Moniteur enthält heute den Bericht, den Boudet im Namen jener Commission abstattet, welche die Nationalversammlung Behufs Prüfung der Reorganisation des gesammten Gerichtswesens niedersetzte. Man entsinnt sich, daß die Provisorische Regierung eine solche Reorganisation am 2. März 1848 dekretirte, weil sie den alten Gerichtsschlendrian der Monarchie unmöglich mehr für eine demokratische Republik als passend erachtete. Jene Commission aus unseren Zunftmeistern a la Senard, Isambert, Flandin, Berville etc. bestehend, hat aber gefunden, daß unser vor sechszig Jahren erfundenes Gerichtswesen noch sehr gut auf unsere Zustände passe, und sie schlägt darum vor, Alles beim Alten zu lassen.

Jenes Dekret vom 2. März 1848 wird somit begraben.

-- Unser Cabinet verräth eine wahrhaft knabenhafte Furcht vor volksthümlicher Entwickelung. Als Beweis mag folgendes allerneueste Rundschreiben des Ministers des Innern an sämmtliche Präfekten dienen:

Herr Präfekt!

"Eine Assoziation hat sich unter dem Titel "Solidarite Republicaine" gebildet. Sie hat durch alle Departemente Verzweigungen angelegt und die Grundsätze, in deren Namen sie besteht, sind in Opposition mit dem gegenwärtigen Systeme. Vor der Präsidentenwahl drückte man die Augen zu -- man ließ sie gewähren. Aber seitdem hat diese Organisation beunruhigt und man ließ deshalb das Lokal ihrer Centralsitzungen (bei Montesquieu?) schließen. Man begreift in der That, daß wenn man eine solche Assoziation duldete, sie einen Staat im Staate konstituiren würde und die Oeffentliche Sache (!) in Gefahr bringen müsse, besonders wenn sie von feindlichen Absichten geleitet würde. Vom Standpunkte der Gesetzlichkeit aus könne keine derartige Assoziation existiren, denn wenn man sie als Club betrachtet, so müßte sie ihre Sitzungen öffentlich halten; wäre sie Zirkel, so müßte sie um vorherige Genehmigung eingekommen sein. In jedem Falle blieb es ihr untersagt, ihre Arme durchs ganze Land zu strecken. Da sie also weder Klub noch Zirkel, so kann sie nur geheime Gesellschaft sein, und verfällt mithin der Strafe der Gesetze.

Da ich nun mehrere Gründe habe, zu glauben, daß diese Assoziation trotz des Schließens ihres Centralsitzungslokals noch fortbesteht und Affiliationen in allen Departementen besitzt, so verpflichte ich Sie hiermit, die Schritte derselben in Ihrem Departement zu überwachen und jede Zusammenkunft oder Schriftenverkauf zu behindern. Nöthigenfalls werden Sie sich mit den Gerichtsbehörden verstehen. Ich zähle auf Ihre Pünktlichkeit und Entschlossenheit.

Paris, den 21. Januar.

(gez.) Leon Faucher, Minister des Innern.

(gegengez.) Hermann, Divisionschef.

-- Ledru-Rollins "Revolution" erläßt eine Protestation gegen diese ministerielle Willkür und sagt darin unter Anderem:

"Alle Parteien beuten das Vereinsrecht verfassungsgemäß aus. Cavaignacs Freunde errichteten die Societe des Amis de la Constitution und erhielten sogar einen Saal im Palais National; die Legitimisten konspiriren in den Sälen der Rue Duport; Montalembert steht an der Spitze einer katholisch-religiös-polit. Assoziation; die Assoziation Fraternelle im Heraultdepartement umfaßt ganz Frankreich und wir könnten noch mehrere Werkstätten der Verschwörung nennen, welche Gnade vor der reaktionären Presse finden. Die Solidarite republicaine scheut das Tageslicht keineswegs; sie zählt ungefähr 40 Deputirte in ihrer Mitte; ihre Grundsätze kennt alle Welt und Niemand darf ihren Republikanismus verdächtigen.

Trüge die Regierung wirkliche Sorge für die Interessen der Revolution, so würde sie nicht gegen diejenigen einschreiten, die sich assoziren, um sie zu vertheidigen. Warum schließt sie gegen die unverschämte Keckheit der Monarchischen ihre Ohren? Beweise sie uns, daß die Solidarite Republicaine die verfassungsmäßigen Schranken überschritten, dann werden wir uns gegen die Härte ihrer Gerichte nicht beklagen. Bis dahin aber ist es Niemanden, sei er Minister oder Präfekt, gestattet, ihre Aktienthätigkeit zu hemmen.

Sollte dies aber dennoch geschehen, so werden wir an die Nationalversammlung appelliren; sie ist die Wächterin der Verfassung. Doch soweit wird das Ministerium nicht gehen. Es liegt im Geiste der alten Bureaukratie, Schwierigkeiten en detail zu erheben, um die Anhänger der Solidarite abzuschrecken. Wollte es weiter gehen, so erforderte es hiefür die Genehmigung der Nationalversammlung und diese erhält es nicht."

-- "La Presse" veröffentlicht eine neue "Mittheilung" über die italienische Frage. Auch sie stellt durch Depeschen-Auszüge von Circourt und Lamartine, den Druck dar, den Rußland auf Preußen und Oesterreich in der polnischen und italienischen Frage seit dem Mai v. J. ausübte.

-- In Marseille hat sich ein Frei-Korps spanischer Republikaner nach Sizilien eingeschifft, um dort am Kampfe gegen die neapolit. Herrschaft Theil zu nehmen.

-- National-Versammlung. Sitzung vom 22. Januar. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. Bänke und Gallerien sehr voll. Premierminister Barrot sieht etwas angegriffen aus. Er litt, heißt es, an der Cholerine, die hier grassirt. Nach Vorlesung des Protokolls werden viele Petitionen für und gegen die National-Versammlung überreicht.

Denjoy, der Fanatiker, übergiebt deren einen ganzen Stoß gegen die National-Versammlung, und bemerkt mit marktschreierischer, Stimme, daß sie 4500 Unterschriften trage. (Gelächter vom Berge).

Peter Bonaparte überreicht eine andere Masse von Bittschriften, welche verlangen, daß sich die National-Versammlung nicht trenne, ehe sie nicht alle organischen Gesetze votirt habe.

Billault und 80 Deputirte verlangen schriftlich, daß der Finanzminister das Einnahmebüdget pro 1849 vorlege. (Unterstützt von Goudchaux).

Lacrosse, Staatsbautenminister, bittet, doch so lange zu warten, bis sein Kollege Passy angekommen.

Falloux Unterrichtsminister, liest einen Beschluß der Regierung vor, wonach sie den Gesetzentwurf über Anlage vor Verwaltungsschulen zurückzieht. (Sensation)

Bourbeau (mit Heftigkeit): Dann nehme ich ihn wieder auf! (Eine Stimme: Das können Sie nicht!)

Marrast: Man kann auf diese Weise nicht annulliren. Sie müssen hiefür einen Spezialantrag stellen und ihn schriftlich an das Bureau gelangen lassen.

Nach diesen Incidencien geht es an die eigentliche Tagesordnung, nämlich an Fortsetzung der Maigefangenendebatte, welche die Bedeutung einer Kabinetsfrage anzunehmen scheint.

Dupont (Bussac) beginnt den Kampf und beweist gleich seinem vorgestrigen Vorgänger, daß die Retroaktivität bei Gesetzen richterlicher wie administrativer Natur nicht Platz greifen könne. Niemand dürfte seinen natürlichen Richtern entzogen werden. So oft dieses in trauriger Vergangenheit geschehen, habe man zu exceptionellen Maßregeln seine Zuflucht genommen. Daß dies geschehen, sei traurig. Aber nie sei in solchen Fällen den richter-

dieser unerwarteten Durchsicht die in ihnen enthaltenen Geständnisse des Polen Tucinsky über seinen früheren Aufenthalt in Eperies in Ungarn und die daselbst angeknüpften Verbindungen. Diese Thatsachen standen damals ganz vereinzelt da; nun aber scheint der Feldmarschall Stoff für seine Vorliebe, allenthalben Verschwörungen zu sehen, gefunden zu haben, und dürfte diesen abgerissenen Faden verfolgen wollen. Es ist diese Wiederaufnahme für die Czechen und ihre Führer sehr peinlich, da viele derselben hierin verflochten sind und sie es nur nach langem Drängen des damaligen Ministeriums, dem sie dafür jede Hülfe zugesagt hatten, dahin brachten, den Prozeß niederzuschlagen. Windischgrätz stand damals als Lügner da, der die Ehre der Nation beleidigt hatte. Er dürfte schwerlich Alles das vergessen haben.

Posen, 11. Januar.

Ueber die Ereignisse in Warschau am Weinachtsabend haben wir nunmehr nähern Aufschluß erhalten. Die russischen Behörden hatten Kunde davon bekommen daß sich daselbst ein Zweigverein der hiesigen Liga polska gelildet, und zogen die Häupter derselben gefänglich ein. Um ihre Schuld als gefährliches Staatsverbrechen darzustellen, sollen die bereits gemeldeten militärischen Maßnahmen stattgefunden haben, denn die Regierung liebt es bei solchen Gelegenheiten ihre Macht zu entfalten, um das Volk einzuschüchtern und auf die damit verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen. Eine neue im Königreich Polen eingeführte Maßregel, wodurch den Verschwörungen unter den jungen Polen der höhern Stände wirksam entgegengearbeitet wird, besteht darin, daß alle jungen polnischen Edelleute fortan eine Reihe von Jahren Civil- oder Militärdienste im Innern von Rußland ableisten müssen.

(A. Z.)
43 Prenzlau, 21. Jan.

Der Central-Verein der Preußenvereine verbreitet in der Uckermark neben den bekannten „Enthüllungen“, die auch durch die königl. preuß. Kreisblätter, also offiziell verbreitet werden, seine Kandidatenliste für die beiden Kammern. Es sind dies folgende Namen:

Prof. Stahl, Prof. Keller, Fürstbischof Diepenbrock, Präsident Gerlach, Ob.-Reg.-Rath Bethmann-Hollweg, v. Bismars, Schönhausen, v. Kleist-Retzow, die Exminister v. Alvensleben und Canitz, Minister Manteuffel, Graf Fürstenberg-Stammheim, Assessor Graf v. d. Golty, Assessor Bindenwald und Assessor Wagner. (Redakteur der „Galgenzeitung“?)

Wie gefällt Ihnen diese Liste? Ein herrliches Kleeblatt aus Junker-, Pfaffen- und Beamtenthum.

Bei den bevorstehenden Wahlen dürfte wohl die hiesige Partei „mit Gott, für König und Vaterland“ ihre aufgestellten Kandidaten: zur ersten Kammer den Grafen Arnim-Boitzenburg, Exminister, zur zweiten einen pietistischen Pfaffen, den Präsidenten des Preußenvereins, durchbringen. Ueber den zweiten Kandidaten herrscht in der Partei noch Zwiespalt, die einen wollen den Ober-Bürgermeister Grabow, den andern ist derselbe zu liberal! In der gestrigen Sitzung des Preußenvereins wurde diese Angelegenheit verhandelt.

Ein Pfaffe, der gern selbst gewählt sein möchte, trat besonders stark gegen die Wahl Grabows auf. Derselbe sprach unter Anderm: man hat hier die Aeußerung gethan, doch nicht so rücksichtslos gegen Grabow zu verfahren, er (der Pfaff) sei der Meinung, der gnädige König von Preußen hätte in jüngster Zeit so viele Schmähungen erduldet, man sollte sich daher auch nicht geniren, Alles Mögliche (alle nur erdenklichen Schmähungen!) gegen den Hrn. Oberbürgermeister vorzubringen.

Das zog. — Es wurde daher tüchtig fortgeschmäht. Darüber entstand nun gestern in der Stadt unter den zahlreichen Freunden Grabows eine Aufregung, die einen so ernstlichen Charakter anzunehmen drohte, daß sich das Pfäfflein genöthigt sah, Sicherheitswachen zu requiriren. — Von den hiesigen sich so nennenden „liberalen“ Bourgeois wird Grabow als Kandidat für die erste Kammer bezeichnet.

Bamberg, 18. Jan.

Seit mehreren Tagen schon kamen Reibereien zwischen Civillisten und Soldaten in einem hiesigen Bräuhause vor, die denn auch zu Excessen führten und wobei auch ganz unbetheiligte vorübergehende Personen auf das Gröblichste insultirt wurden. Die dadurch hervorgerufene Erbitterung ließ einen weiteren Zusammenstoß befürchten, so daß die Bürgerschaft ernstlich auf Entfernung der Truppen schon in den ersten Tagen, wo die Excesse begannen, drang, und um diesem Verlangen Nachdruck zu geben, in Masse sich auf das Rathhaus begab. Zwar ist die Ruhe scheinbar durch die zahlreichen Patrouillen der Landwehr und des Militärs hergestellt, doch glaubte man heute das Ansuchen um Abberufung der hiesigen Garnison erneuern zu müssen. Magistrat und Gemeindebevollmächtigte halten diesen Mittag gemeinschaftliche Sitzung, um die zu ergreifenden Maßregeln zu berathen.

!!! Frankfurt, den 22. Januar.

National-Versammlung. Ein Mitglied der Linken berichtigt das Protokoll vom Freitag. Es stellt sich nämlich heraus, daß zu Gunsten der Majoritat bei der letzten Abstimmung 9 Stimmen plus eingeschmuggelt worden sind. (Links: hört! hört!) Es stellt sich demnach fest, daß statt 47 Stimmen Majorität für den guten deutschen Kaiser nur 38 vorhanden sind. Das nennt die Oberpostamts-Zeitung „eine nicht unbedeutende Majorität.“ (O gute Postamtszeitung!)

Durch den Präsidenten Simson erfahren wir beiläufig, daß die Versammlung gegenwärtig aus 563 Mitgliedern besteht. — Aus Oberöstreich ist ein großer Beitrag zur deutschen Flotte eingelaufen.

Die Tagesordnung führt nach Ergänzungswahlen für den Wehrausschuß zur Berathung über §. 1. a. das „Reichsoberhaupt.“

Den Kaiser hat man präparirt mit „einer nicht unbedeutenden Majorität“, heut wird man nun entscheiden, ob erblich, ob lebenslänglich, ob auf soundsoviel Jahr!

Das Allerspaßhafteste ist die Ernsthaftigkeit, mit der diese Herren das Reichsoberhaupt behandeln; man sollte glauben, es würde wirklich etwas daraus werden!

Den Wortlaut des §. 1. a. mit den vielen Minoritäts-Erachten gab ich Ihnen in einer früheren Sitzung. — 24 Redner sind eingeschrieben. — Die Diskussion beginnt.

Ahrens (Hannover) spricht für das 4te Minoritäts-Erachten und sagt vieles Gute über die Verwerflichkeit der Erblichkeit. Er vindicirt die Wahl des Reichsoberhauptes auf Zeit das erstemal der National-Versammlung, für ferner dem vereinigten Staaten- und Volkshause.

Beda Weber (Ultramontaner) erbost sich furchtbar und mit vielem Glück gegen den preußischen Erbkaiser und gegen den edlen Brutus Bassermann. Dieser Mann (Bassermann) hat die Rede, die er für den Erbkaiser gehalten, ungefähr eine Billion mal abdrucken lassen und verschickt sie mit der Oberpostamtszeitung nach jedem Schaafstall, in jede Kneipe. Man ist nirgends sicher vor diesen verdammten Bassermann'schen Reden. Sie werden einem unversehens in die Tasche gesteckt. Beda Weber verhöhnt den Bassermann wahrhaft ergötzlich unter wüthendem Beifall der Linken und Gallerien. — Die Rechte sucht durch Wuthausbrüche seine Rede zu stören, — aber der Beifall mit dem die Hiebe und Stöße gegen Bassermann, Gagern und den potsdamer Friedrich Wilhelm aufgenommen werden, ist zu rasend! — Ohne Oestreich ist Deutschland nichts! — Vogt und Giskra hätten zwar auch manches gegen seine Tyroler gesagt (meint Weber), aber diesen Männern nehme er es nicht so übel, denn er halte sie für begeisterte Seher. (Vogt macht vom Platz Complimente) Weber spricht einerseits die tiefsten Wahrheiten und mit oratorischem Schwulst — andrerseits spaßhaft. Von ihm kann man sagen: „Du sublime au rudicule etc.“ — Seine Rede ist lesenswerth in den stenogr. Berichten. Unter Andern: „Giskra hat ihm einst gesagt, er sei ein Teufelaustreiber, wenn er diese Kunst besäße, würde er heut die Teufel aus dieser Versammlung austreiben. — Er hofft aber dennoch trotz Alledem, Deutschland wird ein großes Reich werden, und man wird singen können:

„Und wenn die Welt voll Professoren wär'
„Und wollten uns verschlingen u. s. w.“

(Ungeheurer Beifall. Beseler kratzt sich hinter den Ohren.)

Zum Schluß sagt er ehrlich: „ich möchte am liebsten einen östreichischen Erbkaiser! Aber ehe ich für einen preußischen Erbkaiser stimme, will ich lieber einen Präsidenten.“ (Beifall und Heiterkeit.)

Rümelin aus Nördlingen: Für die königlich-preußische Erblichkeit. — Alle Anträge gegen den erblichen Kaiser seien gar nichts werth. (Erstaunlich bescheiden!)

Ludwig Uhland (der alte Schwabe) erinnert in kurzer Rede das Haus an die Art und Weise seines Ursprungs. (Leider umsonst!) Er spricht natürlich gegen die Erblichkeit. Er war schon Widersacher gegen den Erbkaiser, als derselbe noch bei den Siebenzehnern in den Windeln lag. Leider hat er schon in der Wahl des Reichsverwesers den doktrinären Erbkaiser erblickt. — Nur durch periodische Wahl eines Reichsoberhauptes kann der Partikularismus noch beseitigt werden. Wenn ein preußisches Erbkaiserthum geschaffen wird, ist nicht abzusehen, wie Oestreich wieder zu Deutschland treten soll. — Das ist eine stümperhafte Einheit, die ein Drittheil aus Deutschland herausreißen muß, um gebildet zu werden. Er schließt: „es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, welches nicht mit einem vollen Tropfen demokratischen Oels gesalbt ist.“

Dahlmann. (Feierliche Stille entsteht als dieser Complex deutscher Weisheit, dieser kaiserliche Brennpunkt der ganzen deutschen Professoren-Misère und Erbärmlichkeit die Tribüne betritt. Jeder schlägt an seine Brust und denkt: das ist doch wenigstens ein gelehrter Schwätzer.) Er predigt langsam und feierlich für den preußischen-deutschen-erblichen Kaiser. (Beifall der Rechten; sonst mäuschenstill; Zeichen des tiefsten Ekels vor diesem deutschen Kaiser-Bajazzo!)

Fröbel. Er nennt die rechte Seite die Wächter der Interessen; die Linke die Wächter der Principien und die Centren die Herren, welche in wirklicher oder eingebildeter Weisheit Interessen und Principien vereinigen wollen. — Die Commission wolle Deutschland in drei Theile zertheilen und den Revolutionären aus Liebhaberei ein geeignetes Feld bieten. Die Demokratie sei in dem gegenwärtigen Geschichtsstandpunkte eine Unvermeidlichkeit geworden. Wichtig sei übrigens blos die Frage: wer ernennt? nicht: wer ernannt wird? Deshalb sei der angenommene §. 1. ganz unwesentlich. Auch widerspräche er dem §. 7. der Grundrechte, wonach jedes Amt jedem zugänglich. (Fröbel ist nichts weniger als ein Redner. Seine Abhandlung geht ziemlich eindrucklos vorüber.) Er ist gegen Erblichkeit, gegen Lebensdauer und gegen jede der Erblichkeit nahekommende Dauer — und für die Wahl durch das Volk selbst.

Nach ihm spricht der tapfere von Vinke für den preußischen Erbkaiser. (Beifall rechts — Zischen links — die Gallerien trommeln.)

Man trägt auf Schluß und Vertagung der Debatte an.

Der Schluß ist verworfen

Die Vertagung wird um 1/2 3 Uhr angenommen.

Morgen Fortsetzung.

Französische Republik.
12 Paris, 22. Januar.

Boulay ist das Tagesgespräch mit dem Paris erwacht, — Boulay ist der Nachtsgedanke, mit dem Paris zu Bette geht. Boulay über Nacht eine Berühmtheit geworden — das übersteigt den Horizont des feinsten Diplomaten! Was man nicht Alles werden kann, seitdem Napoleon Präsident geworden! Durch die höchste Dummheit, durch die auf die Spitze grtriebene Dummheit kommt die politische Welt wieder zur Vernunft. Seht nur das „Debats“! Wie es so frei und offen, so vernünftig klar spricht! „Jede andere Wahl hätte uns kein Vergnügen gemacht; die des Herrn Boulay hat den ungemeinen Vorzug, daß sie uns keine Pein verursacht! Die Wahl vom 2. Jan. ergänzt die Wahl vom 10. Dez.; die exekutive Gewalt der Republik ist definitiv konstituirt.“ So verhöhnt das „Debats“ die Republik! Und mit Recht; die honnette Republik hat die honnette Dummheit an's Ruder gebracht, und im Bewußtsein seiner eigenen honnetten Klugheit verlacht das „Debats“ die honnette Dummheit.

Klugheit und Dummheit — beides ist auf's Aeußerste getrieben, und die Hyperklugheit und Hyperdummheit kommen auf dasselbe Resultat. Sie reiben sich im Kampfe gegeneinander auf. Die kluge Dummheit der offiziellen Welt stimmt die „Reform“ heiter, und ihre Beileidsbezeugung auf den durchgefallenen Vivien ist mit Humor gewürzt. Der arme Vivien, meint sie, hat sein Schicksal nicht verdient. Er hat einen Artikel über die Theater geschrieben, 2 Artikel über den Staatsrath, er hat ein Gesetz gemacht über die Vicinal-Wege — und alle diese Werke, und alle diese Wunder haben ihn nicht retten können: er hat einem Boulay unterliegen müssen! Boulay, der es nicht zum Obersten in der Nationalgarde bringen konnte, Boulay, den seine Legion immer durchfallen ließ, diesen Mann hat die Kammer zum Vizepräsidenten gemacht. Da steht sich Baraguey-d'Hilliers noch weit besser; er hat zwar nur eine einzige Stimme bei der Wahl des Vizepräsidenten erhalten; aber das war eine sympathetische Stimme, die aus einem gleichgesinnten Herzen floß; und der große General kann sagen wie Medeus: „In diesem Schiffbruche habe ich meine Person gerettet!“ Aber Vivien, was hat Vivien gerettet!

Die Antrittsrede Boulay's war, wie man im Journalstyle zu sagen pflegt, ruhig gehalten, anspruchslos, bescheiden — bis zur Dürftigkeit. Boulay ist halt „ein Herz“. Er gestand ganz naiv, daß er seine neue Stellung der durchlauchten Freundschaft des durchlauchten Napoleons verdanke.

Baraguey, Vivien, Boulay, kommt das nicht Alles auf Eins heraus? Für die Arbeiter existiren alle diese Namen nicht; Napoleon hat gar nicht für sie gelebt, so wie die Bauern jetzt erst zu merken anfangen, daß Napoleon längst todt sei, und sie ärgern sich, daß sie für einen todten Mann gestimmt haben. Napoleon steht nicht mehr auf; dagegen erhebt sich aus dem Todeschlaf ein Mann, den die Partei des „National“ längst todt wähnte und der binnen Kurzem wieder eine große Rolle zu spielen berufen ist. Wir sprechen von Ledru-Rollin. In seiner Rede gegen den Antrag des Ministeriums, das auf die Berufung eines hohen Gerichtshofes drang, hat er so energisch auf der Ungesetzlichkeit dieses Tribunals bestanden, daß man geglaubt hätte, die Angeklagten vom 15. Mai seien die Kläger. Die Angeklagten vom 15. Mai sind die Vorgänger der Angeklagten vom Juni; und werden vereint binnen Kurzem als Ankläger da stehen. Indem Ledru-Rollin sich also auf den Standpunkt der Angeklagten stellte und der Zeit bloß vorgriff, that er ganz das Umgekehrte dessen, was Barrot jetzt thut, der hinter der Zeit her schleicht und die Angeklagten vor einen Gerichtshof stellen will, der zur Zeit ihres „Verbrechens“, des Attentats vom 15. Mai, nicht bestand. Wenn wir nun die offizielle Sprache sprechen wollen, so können wir sagen, daß Ledru-Rollin bei den Juni-Insurgenten wieder „möglich“ geworden, um so mehr, als er vor dem 15. Mai vielleicht mehr als „möglich“ gewesen und die Gegenpartei sich schon freute, ihn durch Enthüllungen während des Prozesses kompromittirt zu sehen.

12 Paris, 22. Januar.

Hubert, in einem Briefe an den Prokurator der Republik, übernimmt die ganze Verantwortlichkeit der Vorfälle vom 15. Mai. Wie man weiß, befindet sich Hubert auf flüchtigem Fuße. In einem frühern Briefe bereits hatte er sich anheischig gemacht, am Tage der Debatten sich zu stellen. Er erneuert jetzt dieses Versprechen.‥‥ „Bis indessen die Umstände mir erlauben, die öffentliche Meinung über die wahren Ursachen der Vorfälle vom 15. Mai aufzuklären, protestire ich aus allen Kräften gegen einen Beschluß, der mit mir zugleich 19 andere Personen wegen eines Faktums beschuldigt, das mich persönlich betrifft und wovon ich die Verantwortlichkeit übernommen habe.

Ich habe es bereits der Untersuchungskommission erklärt und ich wiederhole hier abermals,

1) daß ich es war, der ohne Vorwissen meiner Mitbeschuldigten den Entschluß gefaßt hatte, die Auflösung der National-Versammlung auszusprechen;

2) daß ich damals nur der Nothwendigkeit gehorcht und mich nur durch Rücksichten reiner Menschlichkeit bestimmen ließ, wie ich es am Tage der Debatte beweisen werde.

Wenn ich mich noch nicht als Gefangener gestellt habe, so geschah dies bloß, weil ich von Ihrer Unparteilichkeit ein besseres Resultat für meine Mitangeklagten erwartet habe.

Wenn ich in diesem Augenblicke noch zögere mich zu stellen, so geschieht es bloß, weil ich Ihnen keine Gelegenheit in die Hände geben will, eine supplementarische Instruktion zu verordnen, wodurch der Prozeß vertagt und die Haft der andern Angeklagten verlängert werden möchte. Aber sobald der Tag der Debatte gekommen, so werde ich auf der Bank der Angeklagten sitzen, nicht um mich zu vertheidigen, sondern um die Wahrheit zu sagen, welche von der reaktionären und royalistischen Partei so schmählich entstellt worden.

„Es lebe die demokratisch-soziale Republik!“
A. Hubert.“

Paris, 22. Jan.

Der Moniteur enthält heute den Bericht, den Boudet im Namen jener Commission abstattet, welche die Nationalversammlung Behufs Prüfung der Reorganisation des gesammten Gerichtswesens niedersetzte. Man entsinnt sich, daß die Provisorische Regierung eine solche Reorganisation am 2. März 1848 dekretirte, weil sie den alten Gerichtsschlendrian der Monarchie unmöglich mehr für eine demokratische Republik als passend erachtete. Jene Commission aus unseren Zunftmeistern à la Senard, Isambert, Flandin, Berville etc. bestehend, hat aber gefunden, daß unser vor sechszig Jahren erfundenes Gerichtswesen noch sehr gut auf unsere Zustände passe, und sie schlägt darum vor, Alles beim Alten zu lassen.

Jenes Dekret vom 2. März 1848 wird somit begraben.

— Unser Cabinet verräth eine wahrhaft knabenhafte Furcht vor volksthümlicher Entwickelung. Als Beweis mag folgendes allerneueste Rundschreiben des Ministers des Innern an sämmtliche Präfekten dienen:

Herr Präfekt!

„Eine Assoziation hat sich unter dem Titel „Solidarité Républicaine“ gebildet. Sie hat durch alle Departemente Verzweigungen angelegt und die Grundsätze, in deren Namen sie besteht, sind in Opposition mit dem gegenwärtigen Systeme. Vor der Präsidentenwahl drückte man die Augen zu — man ließ sie gewähren. Aber seitdem hat diese Organisation beunruhigt und man ließ deshalb das Lokal ihrer Centralsitzungen (bei Montesquieu?) schließen. Man begreift in der That, daß wenn man eine solche Assoziation duldete, sie einen Staat im Staate konstituiren würde und die Oeffentliche Sache (!) in Gefahr bringen müsse, besonders wenn sie von feindlichen Absichten geleitet würde. Vom Standpunkte der Gesetzlichkeit aus könne keine derartige Assoziation existiren, denn wenn man sie als Club betrachtet, so müßte sie ihre Sitzungen öffentlich halten; wäre sie Zirkel, so müßte sie um vorherige Genehmigung eingekommen sein. In jedem Falle blieb es ihr untersagt, ihre Arme durchs ganze Land zu strecken. Da sie also weder Klub noch Zirkel, so kann sie nur geheime Gesellschaft sein, und verfällt mithin der Strafe der Gesetze.

Da ich nun mehrere Gründe habe, zu glauben, daß diese Assoziation trotz des Schließens ihres Centralsitzungslokals noch fortbesteht und Affiliationen in allen Departementen besitzt, so verpflichte ich Sie hiermit, die Schritte derselben in Ihrem Departement zu überwachen und jede Zusammenkunft oder Schriftenverkauf zu behindern. Nöthigenfalls werden Sie sich mit den Gerichtsbehörden verstehen. Ich zähle auf Ihre Pünktlichkeit und Entschlossenheit.

Paris, den 21. Januar.

(gez.) Leon Faucher, Minister des Innern.

(gegengez.) Hermann, Divisionschef.

— Ledru-Rollins „Revolution“ erläßt eine Protestation gegen diese ministerielle Willkür und sagt darin unter Anderem:

„Alle Parteien beuten das Vereinsrecht verfassungsgemäß aus. Cavaignacs Freunde errichteten die Société des Amis de la Constitution und erhielten sogar einen Saal im Palais National; die Legitimisten konspiriren in den Sälen der Rue Duport; Montalembert steht an der Spitze einer katholisch-religiös-polit. Assoziation; die Assoziation Fraternelle im Heraultdepartement umfaßt ganz Frankreich und wir könnten noch mehrere Werkstätten der Verschwörung nennen, welche Gnade vor der reaktionären Presse finden. Die Solidarité republicaine scheut das Tageslicht keineswegs; sie zählt ungefähr 40 Deputirte in ihrer Mitte; ihre Grundsätze kennt alle Welt und Niemand darf ihren Republikanismus verdächtigen.

Trüge die Regierung wirkliche Sorge für die Interessen der Revolution, so würde sie nicht gegen diejenigen einschreiten, die sich assoziren, um sie zu vertheidigen. Warum schließt sie gegen die unverschämte Keckheit der Monarchischen ihre Ohren? Beweise sie uns, daß die Solidarite Republicaine die verfassungsmäßigen Schranken überschritten, dann werden wir uns gegen die Härte ihrer Gerichte nicht beklagen. Bis dahin aber ist es Niemanden, sei er Minister oder Präfekt, gestattet, ihre Aktienthätigkeit zu hemmen.

Sollte dies aber dennoch geschehen, so werden wir an die Nationalversammlung appelliren; sie ist die Wächterin der Verfassung. Doch soweit wird das Ministerium nicht gehen. Es liegt im Geiste der alten Bureaukratie, Schwierigkeiten en détail zu erheben, um die Anhänger der Solidarité abzuschrecken. Wollte es weiter gehen, so erforderte es hiefür die Genehmigung der Nationalversammlung und diese erhält es nicht.“

— „La Presse“ veröffentlicht eine neue „Mittheilung“ über die italienische Frage. Auch sie stellt durch Depeschen-Auszüge von Circourt und Lamartine, den Druck dar, den Rußland auf Preußen und Oesterreich in der polnischen und italienischen Frage seit dem Mai v. J. ausübte.

— In Marseille hat sich ein Frei-Korps spanischer Republikaner nach Sizilien eingeschifft, um dort am Kampfe gegen die neapolit. Herrschaft Theil zu nehmen.

National-Versammlung. Sitzung vom 22. Januar. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. Bänke und Gallerien sehr voll. Premierminister Barrot sieht etwas angegriffen aus. Er litt, heißt es, an der Cholerine, die hier grassirt. Nach Vorlesung des Protokolls werden viele Petitionen für und gegen die National-Versammlung überreicht.

Denjoy, der Fanatiker, übergiebt deren einen ganzen Stoß gegen die National-Versammlung, und bemerkt mit marktschreierischer, Stimme, daß sie 4500 Unterschriften trage. (Gelächter vom Berge).

Peter Bonaparte überreicht eine andere Masse von Bittschriften, welche verlangen, daß sich die National-Versammlung nicht trenne, ehe sie nicht alle organischen Gesetze votirt habe.

Billault und 80 Deputirte verlangen schriftlich, daß der Finanzminister das Einnahmebüdget pro 1849 vorlege. (Unterstützt von Goudchaux).

Lacrosse, Staatsbautenminister, bittet, doch so lange zu warten, bis sein Kollege Passy angekommen.

Falloux Unterrichtsminister, liest einen Beschluß der Regierung vor, wonach sie den Gesetzentwurf über Anlage vor Verwaltungsschulen zurückzieht. (Sensation)

Bourbeau (mit Heftigkeit): Dann nehme ich ihn wieder auf! (Eine Stimme: Das können Sie nicht!)

Marrast: Man kann auf diese Weise nicht annulliren. Sie müssen hiefür einen Spezialantrag stellen und ihn schriftlich an das Bureau gelangen lassen.

Nach diesen Incidencien geht es an die eigentliche Tagesordnung, nämlich an Fortsetzung der Maigefangenendebatte, welche die Bedeutung einer Kabinetsfrage anzunehmen scheint.

Dupont (Bussac) beginnt den Kampf und beweist gleich seinem vorgestrigen Vorgänger, daß die Retroaktivität bei Gesetzen richterlicher wie administrativer Natur nicht Platz greifen könne. Niemand dürfte seinen natürlichen Richtern entzogen werden. So oft dieses in trauriger Vergangenheit geschehen, habe man zu exceptionellen Maßregeln seine Zuflucht genommen. Daß dies geschehen, sei traurig. Aber nie sei in solchen Fällen den richter-

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dieser unerwarteten Durchsicht die in ihnen enthaltenen Geständnisse des Polen Tucinsky über seinen früheren Aufenthalt in Eperies in Ungarn und die daselbst angeknüpften Verbindungen. Diese Thatsachen standen damals ganz vereinzelt da; nun aber scheint der Feldmarschall Stoff für seine Vorliebe, allenthalben Verschwörungen zu sehen, gefunden zu haben, und dürfte diesen abgerissenen Faden verfolgen wollen. Es ist diese Wiederaufnahme für die Czechen und ihre Führer sehr peinlich, da viele derselben hierin verflochten sind und sie es nur nach langem Drängen des damaligen Ministeriums, dem sie dafür jede Hülfe zugesagt hatten, dahin brachten, den Prozeß niederzuschlagen. Windischgrätz stand damals als Lügner da, der die Ehre der Nation beleidigt hatte. Er dürfte schwerlich Alles das vergessen haben.</p>
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          <head>Posen, 11. Januar.</head>
          <p>Ueber die Ereignisse in Warschau am Weinachtsabend haben wir nunmehr nähern Aufschluß erhalten. Die russischen Behörden hatten Kunde davon bekommen daß sich daselbst ein Zweigverein der hiesigen Liga polska gelildet, und zogen die Häupter derselben gefänglich ein. Um ihre Schuld als gefährliches Staatsverbrechen darzustellen, sollen die bereits gemeldeten militärischen Maßnahmen stattgefunden haben, denn die Regierung liebt es bei solchen Gelegenheiten ihre Macht zu entfalten, um das Volk einzuschüchtern und auf die damit verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen. Eine neue im Königreich Polen eingeführte Maßregel, wodurch den Verschwörungen unter den jungen Polen der höhern Stände wirksam entgegengearbeitet wird, besteht darin, daß alle jungen polnischen Edelleute fortan eine Reihe von Jahren Civil- oder Militärdienste im Innern von Rußland ableisten müssen.</p>
          <bibl>(A. Z.)</bibl>
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          <head><bibl><author>43</author></bibl> Prenzlau, 21. Jan.</head>
          <p>Der Central-Verein der Preußenvereine verbreitet in der Uckermark neben den bekannten &#x201E;Enthüllungen&#x201C;, die auch durch die königl. preuß. Kreisblätter, also offiziell verbreitet werden, seine Kandidatenliste für die beiden Kammern. Es sind dies folgende Namen:</p>
          <p>Prof. Stahl, Prof. Keller, Fürstbischof Diepenbrock, Präsident Gerlach, Ob.-Reg.-Rath Bethmann-Hollweg, v. Bismars, Schönhausen, v. Kleist-Retzow, die Exminister v. Alvensleben und Canitz, Minister Manteuffel, Graf Fürstenberg-Stammheim, Assessor Graf v. d. Golty, Assessor Bindenwald und Assessor Wagner. (Redakteur der &#x201E;Galgenzeitung&#x201C;?)</p>
          <p>Wie gefällt Ihnen diese Liste? Ein herrliches Kleeblatt aus Junker-, Pfaffen- und Beamtenthum.</p>
          <p>Bei den bevorstehenden Wahlen dürfte wohl die hiesige Partei &#x201E;mit Gott, für König und Vaterland&#x201C; ihre aufgestellten Kandidaten: zur ersten Kammer den Grafen Arnim-Boitzenburg, Exminister, zur zweiten einen pietistischen Pfaffen, den Präsidenten des Preußenvereins, durchbringen. Ueber den zweiten Kandidaten herrscht in der Partei noch Zwiespalt, die einen wollen den Ober-Bürgermeister Grabow, den andern ist derselbe zu liberal! In der gestrigen Sitzung des Preußenvereins wurde diese Angelegenheit verhandelt.</p>
          <p>Ein Pfaffe, der gern selbst gewählt sein möchte, trat besonders stark gegen die Wahl Grabows auf. Derselbe sprach unter Anderm: man hat hier die Aeußerung gethan, doch nicht so rücksichtslos gegen Grabow zu verfahren, er (der Pfaff) sei der Meinung, der gnädige König von Preußen hätte in jüngster Zeit so viele Schmähungen erduldet, man sollte sich daher auch nicht geniren, Alles Mögliche (alle nur erdenklichen Schmähungen!) gegen den Hrn. Oberbürgermeister vorzubringen.</p>
          <p>Das zog. &#x2014; Es wurde daher tüchtig fortgeschmäht. Darüber entstand nun gestern in der Stadt unter den zahlreichen Freunden Grabows eine Aufregung, die einen so ernstlichen Charakter anzunehmen drohte, daß sich das Pfäfflein genöthigt sah, Sicherheitswachen zu requiriren. &#x2014; Von den hiesigen sich so nennenden &#x201E;liberalen&#x201C; Bourgeois wird Grabow als Kandidat für die erste Kammer bezeichnet.</p>
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          <head>Bamberg, 18. Jan.</head>
          <p>Seit mehreren Tagen schon kamen Reibereien zwischen Civillisten und Soldaten in einem hiesigen Bräuhause vor, die denn auch zu Excessen führten und wobei auch ganz unbetheiligte vorübergehende Personen auf das Gröblichste insultirt wurden. Die dadurch hervorgerufene Erbitterung ließ einen weiteren Zusammenstoß befürchten, so daß die Bürgerschaft ernstlich auf Entfernung der Truppen schon in den ersten Tagen, wo die Excesse begannen, drang, und um diesem Verlangen Nachdruck zu geben, in Masse sich auf das Rathhaus begab. Zwar ist die Ruhe scheinbar durch die zahlreichen Patrouillen der Landwehr und des Militärs hergestellt, doch glaubte man heute das Ansuchen um Abberufung der hiesigen Garnison erneuern zu müssen. Magistrat und Gemeindebevollmächtigte halten diesen Mittag gemeinschaftliche Sitzung, um die zu ergreifenden Maßregeln zu berathen.</p>
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        <div xml:id="ar204_022" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, den 22. Januar.</head>
          <p>National-Versammlung. Ein Mitglied der Linken berichtigt das Protokoll vom Freitag. Es stellt sich nämlich heraus, daß zu Gunsten der Majoritat bei der letzten Abstimmung 9 Stimmen plus eingeschmuggelt worden sind. (Links: hört! hört!) Es stellt sich demnach fest, daß statt 47 Stimmen Majorität für den guten deutschen Kaiser nur 38 vorhanden sind. Das nennt die Oberpostamts-Zeitung &#x201E;eine nicht unbedeutende Majorität.&#x201C; (O gute Postamtszeitung!)</p>
          <p>Durch den Präsidenten Simson erfahren wir beiläufig, daß die Versammlung gegenwärtig aus 563 Mitgliedern besteht. &#x2014; Aus Oberöstreich ist ein großer Beitrag zur deutschen Flotte eingelaufen.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">Tagesordnung</hi> führt nach Ergänzungswahlen für den Wehrausschuß zur Berathung über §. 1. a. das &#x201E;Reichsoberhaupt.&#x201C;</p>
          <p>Den Kaiser hat man präparirt mit &#x201E;einer nicht unbedeutenden Majorität&#x201C;, heut wird man nun entscheiden, ob erblich, ob lebenslänglich, ob auf soundsoviel Jahr!</p>
          <p>Das Allerspaßhafteste ist die Ernsthaftigkeit, mit der diese Herren das Reichsoberhaupt behandeln; man sollte glauben, es würde wirklich etwas daraus werden!</p>
          <p>Den Wortlaut des §. 1. a. mit den vielen Minoritäts-Erachten gab ich Ihnen in einer früheren Sitzung. &#x2014; 24 Redner sind eingeschrieben. &#x2014; Die Diskussion beginnt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ahrens</hi> (Hannover) spricht für das 4te Minoritäts-Erachten und sagt vieles Gute über die Verwerflichkeit der Erblichkeit. Er vindicirt die Wahl des Reichsoberhauptes auf Zeit das erstemal der National-Versammlung, für ferner dem vereinigten Staaten- und Volkshause.</p>
          <p><hi rendition="#g">Beda Weber</hi> (Ultramontaner) erbost sich furchtbar und mit vielem Glück gegen den preußischen Erbkaiser und gegen den edlen Brutus Bassermann. Dieser Mann (Bassermann) hat die Rede, die er für den Erbkaiser gehalten, ungefähr eine Billion mal abdrucken lassen und verschickt sie mit der Oberpostamtszeitung nach jedem Schaafstall, in jede Kneipe. Man ist nirgends sicher vor diesen verdammten Bassermann'schen Reden. Sie werden einem unversehens in die Tasche gesteckt. Beda Weber verhöhnt den Bassermann wahrhaft ergötzlich unter wüthendem Beifall der Linken und Gallerien. &#x2014; Die Rechte sucht durch Wuthausbrüche seine Rede zu stören, &#x2014; aber der Beifall mit dem die Hiebe und Stöße gegen Bassermann, Gagern und den potsdamer Friedrich Wilhelm aufgenommen werden, ist zu rasend! &#x2014; Ohne Oestreich ist Deutschland nichts! &#x2014; Vogt und Giskra hätten zwar auch manches gegen seine Tyroler gesagt (meint Weber), aber diesen Männern nehme er es nicht so übel, denn er halte sie für begeisterte Seher. (Vogt macht vom Platz Complimente) Weber spricht einerseits die tiefsten Wahrheiten und mit oratorischem Schwulst &#x2014; andrerseits spaßhaft. Von ihm kann man sagen: &#x201E;Du sublime au rudicule etc.&#x201C; &#x2014; Seine Rede ist lesenswerth in den stenogr. Berichten. Unter Andern: &#x201E;Giskra hat ihm einst gesagt, er sei ein Teufelaustreiber, wenn er diese Kunst besäße, würde er heut die Teufel aus dieser Versammlung austreiben. &#x2014; Er hofft aber dennoch trotz Alledem, Deutschland wird ein großes Reich werden, und man wird singen können:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Und wenn die Welt voll Professoren wär'<lb/>
&#x201E;Und wollten uns verschlingen u. s. w.&#x201C;</p>
          <p>(Ungeheurer Beifall. Beseler kratzt sich hinter den Ohren.)</p>
          <p>Zum Schluß sagt er ehrlich: &#x201E;ich möchte am liebsten einen östreichischen Erbkaiser! Aber ehe ich für einen preußischen Erbkaiser stimme, will ich lieber einen Präsidenten.&#x201C; (Beifall und Heiterkeit.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Rümelin</hi> aus Nördlingen: Für die königlich-preußische Erblichkeit. &#x2014; Alle Anträge gegen den erblichen Kaiser seien gar nichts werth. (Erstaunlich bescheiden!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Ludwig Uhland</hi> (der alte Schwabe) erinnert in kurzer Rede das Haus an die Art und Weise seines Ursprungs. (Leider umsonst!) Er spricht natürlich gegen die Erblichkeit. Er war schon Widersacher gegen den Erbkaiser, als derselbe noch bei den Siebenzehnern in den Windeln lag. Leider hat er schon in der Wahl des Reichsverwesers den doktrinären Erbkaiser erblickt. &#x2014; Nur durch periodische Wahl eines Reichsoberhauptes kann der Partikularismus noch beseitigt werden. Wenn ein preußisches Erbkaiserthum geschaffen wird, ist nicht abzusehen, wie Oestreich wieder zu Deutschland treten soll. &#x2014; Das ist eine stümperhafte Einheit, die ein Drittheil aus Deutschland herausreißen muß, um gebildet zu werden. Er schließt: &#x201E;es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, welches nicht mit einem vollen Tropfen demokratischen Oels gesalbt ist.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Dahlmann</hi>. (Feierliche Stille entsteht als dieser Complex deutscher Weisheit, dieser kaiserliche Brennpunkt der ganzen deutschen Professoren-Misère und Erbärmlichkeit die Tribüne betritt. Jeder schlägt an seine Brust und denkt: das ist doch wenigstens ein gelehrter Schwätzer.) Er predigt langsam und feierlich für den preußischen-deutschen-erblichen Kaiser. (Beifall der Rechten; sonst mäuschenstill; Zeichen des tiefsten Ekels vor diesem deutschen Kaiser-Bajazzo!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Fröbel</hi>. Er nennt die rechte Seite die Wächter der Interessen; die Linke die Wächter der Principien und die Centren die Herren, welche in wirklicher oder eingebildeter Weisheit Interessen und Principien vereinigen wollen. &#x2014; Die Commission wolle Deutschland in drei Theile zertheilen und den Revolutionären aus Liebhaberei ein geeignetes Feld bieten. Die Demokratie sei in dem gegenwärtigen Geschichtsstandpunkte eine Unvermeidlichkeit geworden. Wichtig sei übrigens blos die Frage: wer ernennt? nicht: wer ernannt wird? Deshalb sei der angenommene §. 1. ganz unwesentlich. Auch widerspräche er dem §. 7. der Grundrechte, wonach jedes Amt jedem zugänglich. (Fröbel ist nichts weniger als ein Redner. Seine Abhandlung geht ziemlich eindrucklos vorüber.) Er ist gegen Erblichkeit, gegen Lebensdauer und gegen jede der Erblichkeit nahekommende Dauer &#x2014; und für die Wahl durch das Volk selbst.</p>
          <p>Nach ihm spricht der tapfere <hi rendition="#g">von Vinke</hi> für den preußischen Erbkaiser. (Beifall rechts &#x2014; Zischen links &#x2014; die Gallerien trommeln.)</p>
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          <p>Der Schluß ist verworfen</p>
          <p>Die Vertagung wird um 1/2 3 Uhr angenommen.</p>
          <p>Morgen Fortsetzung.</p>
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          <p>Klugheit und Dummheit &#x2014; beides ist auf's Aeußerste getrieben, und die Hyperklugheit und Hyperdummheit kommen auf dasselbe Resultat. Sie reiben sich im Kampfe gegeneinander auf. Die kluge Dummheit der offiziellen Welt stimmt die &#x201E;Reform&#x201C; heiter, und ihre Beileidsbezeugung auf den durchgefallenen Vivien ist mit Humor gewürzt. Der arme Vivien, meint sie, hat sein Schicksal nicht verdient. Er hat einen Artikel über die Theater geschrieben, 2 Artikel über den Staatsrath, er hat ein Gesetz gemacht über die Vicinal-Wege &#x2014; und alle diese Werke, und alle diese Wunder haben ihn nicht retten können: er hat einem Boulay unterliegen müssen! Boulay, der es nicht zum Obersten in der Nationalgarde bringen konnte, Boulay, den seine Legion immer durchfallen ließ, diesen Mann hat die Kammer zum Vizepräsidenten gemacht. Da steht sich Baraguey-d'Hilliers noch weit besser; er hat zwar nur eine einzige Stimme bei der Wahl des Vizepräsidenten erhalten; aber das war eine sympathetische Stimme, die aus einem gleichgesinnten Herzen floß; und der große General kann sagen wie Medeus: &#x201E;In diesem Schiffbruche habe ich meine Person gerettet!&#x201C; Aber Vivien, was hat Vivien gerettet!</p>
          <p>Die Antrittsrede Boulay's war, wie man im Journalstyle zu sagen pflegt, ruhig gehalten, anspruchslos, bescheiden &#x2014; bis zur Dürftigkeit. Boulay ist halt &#x201E;ein Herz&#x201C;. Er gestand ganz naiv, daß er seine neue Stellung der durchlauchten Freundschaft des durchlauchten Napoleons verdanke.</p>
          <p>Baraguey, Vivien, Boulay, kommt das nicht Alles auf Eins heraus? Für die Arbeiter existiren alle diese Namen nicht; Napoleon hat gar nicht für sie gelebt, so wie die Bauern jetzt erst zu merken anfangen, daß Napoleon längst todt sei, und sie ärgern sich, daß sie für einen todten Mann gestimmt haben. Napoleon steht nicht mehr auf; dagegen erhebt sich aus dem Todeschlaf ein Mann, den die Partei des &#x201E;National&#x201C; längst todt wähnte und der binnen Kurzem wieder eine große Rolle zu spielen berufen ist. Wir sprechen von Ledru-Rollin. In seiner Rede gegen den Antrag des Ministeriums, das auf die Berufung eines hohen Gerichtshofes drang, hat er so energisch auf der Ungesetzlichkeit dieses Tribunals bestanden, daß man geglaubt hätte, die Angeklagten vom 15. Mai seien die Kläger. Die Angeklagten vom 15. Mai sind die Vorgänger der Angeklagten vom Juni; und werden vereint binnen Kurzem als Ankläger da stehen. Indem Ledru-Rollin sich also auf den Standpunkt der Angeklagten stellte und der Zeit bloß vorgriff, that er ganz das Umgekehrte dessen, was Barrot jetzt thut, der hinter der Zeit her schleicht und die Angeklagten vor einen Gerichtshof stellen will, der zur Zeit ihres &#x201E;Verbrechens&#x201C;, des Attentats vom 15. Mai, nicht bestand. Wenn wir nun die offizielle Sprache sprechen wollen, so können wir sagen, daß Ledru-Rollin bei den Juni-Insurgenten wieder &#x201E;möglich&#x201C; geworden, um so mehr, als er vor dem 15. Mai vielleicht mehr als &#x201E;möglich&#x201C; gewesen und die Gegenpartei sich schon freute, ihn durch Enthüllungen während des Prozesses kompromittirt zu sehen.</p>
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        <div xml:id="ar204_024" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 22. Januar.</head>
          <p>Hubert, in einem Briefe an den Prokurator der Republik, übernimmt die ganze Verantwortlichkeit der Vorfälle vom 15. Mai. Wie man weiß, befindet sich Hubert auf flüchtigem Fuße. In einem frühern Briefe bereits hatte er sich anheischig gemacht, am Tage der Debatten sich zu stellen. Er erneuert jetzt dieses Versprechen.&#x2025;&#x2025; &#x201E;Bis indessen die Umstände mir erlauben, die öffentliche Meinung über die wahren Ursachen der Vorfälle vom 15. Mai aufzuklären, protestire ich aus allen Kräften gegen einen Beschluß, der mit mir zugleich 19 andere Personen wegen eines Faktums beschuldigt, das mich persönlich betrifft und wovon ich die Verantwortlichkeit übernommen habe.</p>
          <p>Ich habe es bereits der Untersuchungskommission erklärt und ich wiederhole hier abermals,</p>
          <p>1) daß ich es war, der ohne Vorwissen meiner Mitbeschuldigten den Entschluß gefaßt hatte, die Auflösung der National-Versammlung auszusprechen;</p>
          <p>2) daß ich damals nur der Nothwendigkeit gehorcht und mich nur durch Rücksichten reiner Menschlichkeit bestimmen ließ, wie ich es am Tage der Debatte beweisen werde.</p>
          <p>Wenn ich mich noch nicht als Gefangener gestellt habe, so geschah dies bloß, weil ich von Ihrer Unparteilichkeit ein besseres Resultat für meine Mitangeklagten erwartet habe.</p>
          <p>Wenn ich in diesem Augenblicke noch zögere mich zu stellen, so geschieht es bloß, weil ich Ihnen keine Gelegenheit in die Hände geben will, eine supplementarische Instruktion zu verordnen, wodurch der Prozeß vertagt und die Haft der andern Angeklagten verlängert werden möchte. Aber sobald der Tag der Debatte gekommen, so werde ich auf der Bank der Angeklagten sitzen, nicht um mich zu vertheidigen, sondern um die Wahrheit zu sagen, welche von der reaktionären und royalistischen Partei so schmählich entstellt worden.</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Es lebe die demokratisch-soziale Republik!&#x201C;<lb/>
A. <hi rendition="#g">Hubert</hi>.&#x201C;</p>
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          <head>Paris, 22. Jan.</head>
          <p>Der Moniteur enthält heute den Bericht, den Boudet im Namen jener Commission abstattet, welche die Nationalversammlung Behufs Prüfung der Reorganisation des gesammten Gerichtswesens niedersetzte. Man entsinnt sich, daß die Provisorische Regierung eine solche Reorganisation am 2. März 1848 dekretirte, weil sie den alten Gerichtsschlendrian der Monarchie unmöglich mehr für eine demokratische Republik als passend erachtete. Jene Commission aus unseren Zunftmeistern à la Senard, Isambert, Flandin, Berville etc. bestehend, hat aber gefunden, daß unser vor sechszig Jahren erfundenes Gerichtswesen noch sehr gut auf unsere Zustände passe, und sie schlägt darum vor, Alles beim Alten zu lassen.</p>
          <p>Jenes Dekret vom 2. März 1848 wird somit begraben.</p>
          <p>&#x2014; Unser Cabinet verräth eine wahrhaft knabenhafte Furcht vor volksthümlicher Entwickelung. Als Beweis mag folgendes allerneueste Rundschreiben des Ministers des Innern an sämmtliche Präfekten dienen:</p>
          <p> <hi rendition="#g">Herr Präfekt!</hi> </p>
          <p>&#x201E;Eine Assoziation hat sich unter dem Titel &#x201E;Solidarité Républicaine&#x201C; gebildet. Sie hat durch alle Departemente Verzweigungen angelegt und die Grundsätze, in deren Namen sie besteht, sind in Opposition mit dem gegenwärtigen Systeme. Vor der Präsidentenwahl drückte man die Augen zu &#x2014; man ließ sie gewähren. Aber seitdem hat diese Organisation beunruhigt und man ließ deshalb das Lokal ihrer Centralsitzungen (bei Montesquieu?) schließen. Man begreift in der That, daß wenn man eine solche Assoziation duldete, sie einen Staat im Staate konstituiren würde und die Oeffentliche Sache (!) in Gefahr bringen müsse, besonders wenn sie von feindlichen Absichten geleitet würde. Vom Standpunkte der Gesetzlichkeit aus könne keine derartige Assoziation existiren, denn wenn man sie als Club betrachtet, so müßte sie ihre Sitzungen öffentlich halten; wäre sie Zirkel, so müßte sie um vorherige Genehmigung eingekommen sein. In jedem Falle blieb es ihr untersagt, ihre Arme durchs ganze Land zu strecken. Da sie also weder Klub noch Zirkel, so kann sie nur geheime Gesellschaft sein, und verfällt mithin der Strafe der Gesetze.</p>
          <p>Da ich nun mehrere Gründe habe, zu glauben, daß diese Assoziation trotz des Schließens ihres Centralsitzungslokals noch fortbesteht und Affiliationen in allen Departementen besitzt, so verpflichte ich Sie hiermit, die Schritte derselben in Ihrem Departement zu überwachen und jede Zusammenkunft oder Schriftenverkauf zu behindern. Nöthigenfalls werden Sie sich mit den Gerichtsbehörden verstehen. Ich zähle auf Ihre Pünktlichkeit und Entschlossenheit.</p>
          <p>Paris, den 21. Januar.</p>
          <p>(gez.) <hi rendition="#g">Leon Faucher,</hi> Minister des Innern.</p>
          <p>(gegengez.) <hi rendition="#g">Hermann,</hi> Divisionschef.</p>
          <p>&#x2014; Ledru-Rollins &#x201E;<hi rendition="#g">Revolution</hi>&#x201C; erläßt eine Protestation gegen diese ministerielle Willkür und sagt darin unter Anderem:</p>
          <p>&#x201E;Alle Parteien beuten das Vereinsrecht verfassungsgemäß aus. Cavaignacs Freunde errichteten die Société des Amis de la Constitution und erhielten sogar einen Saal im Palais National; die Legitimisten konspiriren in den Sälen der Rue Duport; Montalembert steht an der Spitze einer katholisch-religiös-polit. Assoziation; die Assoziation Fraternelle im Heraultdepartement umfaßt ganz Frankreich und wir könnten noch mehrere Werkstätten der Verschwörung nennen, welche Gnade vor der reaktionären Presse finden. Die Solidarité republicaine scheut das Tageslicht keineswegs; sie zählt ungefähr 40 Deputirte in ihrer Mitte; ihre Grundsätze kennt alle Welt und Niemand darf ihren Republikanismus verdächtigen.</p>
          <p>Trüge die Regierung wirkliche Sorge für die Interessen der Revolution, so würde sie nicht gegen diejenigen einschreiten, die sich assoziren, um sie zu vertheidigen. Warum schließt sie gegen die unverschämte Keckheit der Monarchischen ihre Ohren? Beweise sie uns, daß die Solidarite Republicaine die verfassungsmäßigen Schranken überschritten, dann werden wir uns gegen die Härte ihrer Gerichte nicht beklagen. Bis dahin aber ist es Niemanden, sei er Minister oder Präfekt, gestattet, ihre Aktienthätigkeit zu hemmen.</p>
          <p>Sollte dies aber dennoch geschehen, so werden wir an die Nationalversammlung appelliren; sie ist die Wächterin der Verfassung. Doch soweit wird das Ministerium nicht gehen. Es liegt im Geiste der alten Bureaukratie, Schwierigkeiten en détail zu erheben, um die Anhänger der Solidarité abzuschrecken. Wollte es weiter gehen, so erforderte es hiefür die Genehmigung der Nationalversammlung und diese erhält es nicht.&#x201C;</p>
          <p>&#x2014; &#x201E;La Presse&#x201C; veröffentlicht eine neue &#x201E;Mittheilung&#x201C; über die italienische Frage. Auch sie stellt durch Depeschen-Auszüge von Circourt und Lamartine, den Druck dar, den Rußland auf Preußen und Oesterreich in der polnischen und italienischen Frage seit dem Mai v. J. ausübte.</p>
          <p>&#x2014; In Marseille hat sich ein Frei-Korps spanischer Republikaner nach Sizilien eingeschifft, um dort am Kampfe gegen die neapolit. Herrschaft Theil zu nehmen.</p>
          <p>&#x2014; <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 22. Januar. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. Bänke und Gallerien sehr voll. Premierminister Barrot sieht etwas angegriffen aus. Er litt, heißt es, an der Cholerine, die hier grassirt. Nach Vorlesung des Protokolls werden viele Petitionen für und gegen die National-Versammlung überreicht.</p>
          <p><hi rendition="#g">Denjoy,</hi> der Fanatiker, übergiebt deren einen ganzen Stoß gegen die National-Versammlung, und bemerkt mit marktschreierischer, Stimme, daß sie 4500 Unterschriften trage. (Gelächter vom Berge).</p>
          <p><hi rendition="#g">Peter Bonaparte</hi> überreicht eine andere Masse von Bittschriften, welche verlangen, daß sich die National-Versammlung nicht trenne, ehe sie nicht alle organischen Gesetze votirt habe.</p>
          <p><hi rendition="#g">Billault</hi> und 80 Deputirte verlangen schriftlich, daß der Finanzminister das Einnahmebüdget pro 1849 vorlege. (Unterstützt von Goudchaux).</p>
          <p><hi rendition="#g">Lacrosse,</hi> Staatsbautenminister, bittet, doch so lange zu warten, bis sein Kollege Passy angekommen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Falloux</hi> Unterrichtsminister, liest einen Beschluß der Regierung vor, wonach sie den Gesetzentwurf über Anlage vor Verwaltungsschulen zurückzieht. (Sensation)</p>
          <p><hi rendition="#g">Bourbeau</hi> (mit Heftigkeit): Dann nehme ich ihn wieder auf! (Eine Stimme: Das können Sie nicht!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Man kann auf diese Weise nicht annulliren. Sie müssen hiefür einen Spezialantrag stellen und ihn schriftlich an das Bureau gelangen lassen.</p>
          <p>Nach diesen Incidencien geht es an die eigentliche Tagesordnung, nämlich an Fortsetzung der Maigefangenendebatte, welche die Bedeutung einer Kabinetsfrage anzunehmen scheint.</p>
          <p><hi rendition="#g">Dupont</hi> (Bussac) beginnt den Kampf und beweist gleich seinem vorgestrigen Vorgänger, daß die Retroaktivität bei Gesetzen richterlicher wie administrativer Natur nicht Platz greifen könne. Niemand dürfte seinen natürlichen Richtern entzogen werden. So oft dieses in trauriger Vergangenheit geschehen, habe man zu exceptionellen Maßregeln seine Zuflucht genommen. Daß dies geschehen, sei traurig. Aber nie sei in solchen Fällen den richter-
</p>
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</TEI>
[1113/0003] dieser unerwarteten Durchsicht die in ihnen enthaltenen Geständnisse des Polen Tucinsky über seinen früheren Aufenthalt in Eperies in Ungarn und die daselbst angeknüpften Verbindungen. Diese Thatsachen standen damals ganz vereinzelt da; nun aber scheint der Feldmarschall Stoff für seine Vorliebe, allenthalben Verschwörungen zu sehen, gefunden zu haben, und dürfte diesen abgerissenen Faden verfolgen wollen. Es ist diese Wiederaufnahme für die Czechen und ihre Führer sehr peinlich, da viele derselben hierin verflochten sind und sie es nur nach langem Drängen des damaligen Ministeriums, dem sie dafür jede Hülfe zugesagt hatten, dahin brachten, den Prozeß niederzuschlagen. Windischgrätz stand damals als Lügner da, der die Ehre der Nation beleidigt hatte. Er dürfte schwerlich Alles das vergessen haben. Posen, 11. Januar. Ueber die Ereignisse in Warschau am Weinachtsabend haben wir nunmehr nähern Aufschluß erhalten. Die russischen Behörden hatten Kunde davon bekommen daß sich daselbst ein Zweigverein der hiesigen Liga polska gelildet, und zogen die Häupter derselben gefänglich ein. Um ihre Schuld als gefährliches Staatsverbrechen darzustellen, sollen die bereits gemeldeten militärischen Maßnahmen stattgefunden haben, denn die Regierung liebt es bei solchen Gelegenheiten ihre Macht zu entfalten, um das Volk einzuschüchtern und auf die damit verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen. Eine neue im Königreich Polen eingeführte Maßregel, wodurch den Verschwörungen unter den jungen Polen der höhern Stände wirksam entgegengearbeitet wird, besteht darin, daß alle jungen polnischen Edelleute fortan eine Reihe von Jahren Civil- oder Militärdienste im Innern von Rußland ableisten müssen. (A. Z.) 43 Prenzlau, 21. Jan. Der Central-Verein der Preußenvereine verbreitet in der Uckermark neben den bekannten „Enthüllungen“, die auch durch die königl. preuß. Kreisblätter, also offiziell verbreitet werden, seine Kandidatenliste für die beiden Kammern. Es sind dies folgende Namen: Prof. Stahl, Prof. Keller, Fürstbischof Diepenbrock, Präsident Gerlach, Ob.-Reg.-Rath Bethmann-Hollweg, v. Bismars, Schönhausen, v. Kleist-Retzow, die Exminister v. Alvensleben und Canitz, Minister Manteuffel, Graf Fürstenberg-Stammheim, Assessor Graf v. d. Golty, Assessor Bindenwald und Assessor Wagner. (Redakteur der „Galgenzeitung“?) Wie gefällt Ihnen diese Liste? Ein herrliches Kleeblatt aus Junker-, Pfaffen- und Beamtenthum. Bei den bevorstehenden Wahlen dürfte wohl die hiesige Partei „mit Gott, für König und Vaterland“ ihre aufgestellten Kandidaten: zur ersten Kammer den Grafen Arnim-Boitzenburg, Exminister, zur zweiten einen pietistischen Pfaffen, den Präsidenten des Preußenvereins, durchbringen. Ueber den zweiten Kandidaten herrscht in der Partei noch Zwiespalt, die einen wollen den Ober-Bürgermeister Grabow, den andern ist derselbe zu liberal! In der gestrigen Sitzung des Preußenvereins wurde diese Angelegenheit verhandelt. Ein Pfaffe, der gern selbst gewählt sein möchte, trat besonders stark gegen die Wahl Grabows auf. Derselbe sprach unter Anderm: man hat hier die Aeußerung gethan, doch nicht so rücksichtslos gegen Grabow zu verfahren, er (der Pfaff) sei der Meinung, der gnädige König von Preußen hätte in jüngster Zeit so viele Schmähungen erduldet, man sollte sich daher auch nicht geniren, Alles Mögliche (alle nur erdenklichen Schmähungen!) gegen den Hrn. Oberbürgermeister vorzubringen. Das zog. — Es wurde daher tüchtig fortgeschmäht. Darüber entstand nun gestern in der Stadt unter den zahlreichen Freunden Grabows eine Aufregung, die einen so ernstlichen Charakter anzunehmen drohte, daß sich das Pfäfflein genöthigt sah, Sicherheitswachen zu requiriren. — Von den hiesigen sich so nennenden „liberalen“ Bourgeois wird Grabow als Kandidat für die erste Kammer bezeichnet. Bamberg, 18. Jan. Seit mehreren Tagen schon kamen Reibereien zwischen Civillisten und Soldaten in einem hiesigen Bräuhause vor, die denn auch zu Excessen führten und wobei auch ganz unbetheiligte vorübergehende Personen auf das Gröblichste insultirt wurden. Die dadurch hervorgerufene Erbitterung ließ einen weiteren Zusammenstoß befürchten, so daß die Bürgerschaft ernstlich auf Entfernung der Truppen schon in den ersten Tagen, wo die Excesse begannen, drang, und um diesem Verlangen Nachdruck zu geben, in Masse sich auf das Rathhaus begab. Zwar ist die Ruhe scheinbar durch die zahlreichen Patrouillen der Landwehr und des Militärs hergestellt, doch glaubte man heute das Ansuchen um Abberufung der hiesigen Garnison erneuern zu müssen. Magistrat und Gemeindebevollmächtigte halten diesen Mittag gemeinschaftliche Sitzung, um die zu ergreifenden Maßregeln zu berathen. !!! Frankfurt, den 22. Januar. National-Versammlung. Ein Mitglied der Linken berichtigt das Protokoll vom Freitag. Es stellt sich nämlich heraus, daß zu Gunsten der Majoritat bei der letzten Abstimmung 9 Stimmen plus eingeschmuggelt worden sind. (Links: hört! hört!) Es stellt sich demnach fest, daß statt 47 Stimmen Majorität für den guten deutschen Kaiser nur 38 vorhanden sind. Das nennt die Oberpostamts-Zeitung „eine nicht unbedeutende Majorität.“ (O gute Postamtszeitung!) Durch den Präsidenten Simson erfahren wir beiläufig, daß die Versammlung gegenwärtig aus 563 Mitgliedern besteht. — Aus Oberöstreich ist ein großer Beitrag zur deutschen Flotte eingelaufen. Die Tagesordnung führt nach Ergänzungswahlen für den Wehrausschuß zur Berathung über §. 1. a. das „Reichsoberhaupt.“ Den Kaiser hat man präparirt mit „einer nicht unbedeutenden Majorität“, heut wird man nun entscheiden, ob erblich, ob lebenslänglich, ob auf soundsoviel Jahr! Das Allerspaßhafteste ist die Ernsthaftigkeit, mit der diese Herren das Reichsoberhaupt behandeln; man sollte glauben, es würde wirklich etwas daraus werden! Den Wortlaut des §. 1. a. mit den vielen Minoritäts-Erachten gab ich Ihnen in einer früheren Sitzung. — 24 Redner sind eingeschrieben. — Die Diskussion beginnt. Ahrens (Hannover) spricht für das 4te Minoritäts-Erachten und sagt vieles Gute über die Verwerflichkeit der Erblichkeit. Er vindicirt die Wahl des Reichsoberhauptes auf Zeit das erstemal der National-Versammlung, für ferner dem vereinigten Staaten- und Volkshause. Beda Weber (Ultramontaner) erbost sich furchtbar und mit vielem Glück gegen den preußischen Erbkaiser und gegen den edlen Brutus Bassermann. Dieser Mann (Bassermann) hat die Rede, die er für den Erbkaiser gehalten, ungefähr eine Billion mal abdrucken lassen und verschickt sie mit der Oberpostamtszeitung nach jedem Schaafstall, in jede Kneipe. Man ist nirgends sicher vor diesen verdammten Bassermann'schen Reden. Sie werden einem unversehens in die Tasche gesteckt. Beda Weber verhöhnt den Bassermann wahrhaft ergötzlich unter wüthendem Beifall der Linken und Gallerien. — Die Rechte sucht durch Wuthausbrüche seine Rede zu stören, — aber der Beifall mit dem die Hiebe und Stöße gegen Bassermann, Gagern und den potsdamer Friedrich Wilhelm aufgenommen werden, ist zu rasend! — Ohne Oestreich ist Deutschland nichts! — Vogt und Giskra hätten zwar auch manches gegen seine Tyroler gesagt (meint Weber), aber diesen Männern nehme er es nicht so übel, denn er halte sie für begeisterte Seher. (Vogt macht vom Platz Complimente) Weber spricht einerseits die tiefsten Wahrheiten und mit oratorischem Schwulst — andrerseits spaßhaft. Von ihm kann man sagen: „Du sublime au rudicule etc.“ — Seine Rede ist lesenswerth in den stenogr. Berichten. Unter Andern: „Giskra hat ihm einst gesagt, er sei ein Teufelaustreiber, wenn er diese Kunst besäße, würde er heut die Teufel aus dieser Versammlung austreiben. — Er hofft aber dennoch trotz Alledem, Deutschland wird ein großes Reich werden, und man wird singen können: „Und wenn die Welt voll Professoren wär' „Und wollten uns verschlingen u. s. w.“ (Ungeheurer Beifall. Beseler kratzt sich hinter den Ohren.) Zum Schluß sagt er ehrlich: „ich möchte am liebsten einen östreichischen Erbkaiser! Aber ehe ich für einen preußischen Erbkaiser stimme, will ich lieber einen Präsidenten.“ (Beifall und Heiterkeit.) Rümelin aus Nördlingen: Für die königlich-preußische Erblichkeit. — Alle Anträge gegen den erblichen Kaiser seien gar nichts werth. (Erstaunlich bescheiden!) Ludwig Uhland (der alte Schwabe) erinnert in kurzer Rede das Haus an die Art und Weise seines Ursprungs. (Leider umsonst!) Er spricht natürlich gegen die Erblichkeit. Er war schon Widersacher gegen den Erbkaiser, als derselbe noch bei den Siebenzehnern in den Windeln lag. Leider hat er schon in der Wahl des Reichsverwesers den doktrinären Erbkaiser erblickt. — Nur durch periodische Wahl eines Reichsoberhauptes kann der Partikularismus noch beseitigt werden. Wenn ein preußisches Erbkaiserthum geschaffen wird, ist nicht abzusehen, wie Oestreich wieder zu Deutschland treten soll. — Das ist eine stümperhafte Einheit, die ein Drittheil aus Deutschland herausreißen muß, um gebildet zu werden. Er schließt: „es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, welches nicht mit einem vollen Tropfen demokratischen Oels gesalbt ist.“ Dahlmann. (Feierliche Stille entsteht als dieser Complex deutscher Weisheit, dieser kaiserliche Brennpunkt der ganzen deutschen Professoren-Misère und Erbärmlichkeit die Tribüne betritt. Jeder schlägt an seine Brust und denkt: das ist doch wenigstens ein gelehrter Schwätzer.) Er predigt langsam und feierlich für den preußischen-deutschen-erblichen Kaiser. (Beifall der Rechten; sonst mäuschenstill; Zeichen des tiefsten Ekels vor diesem deutschen Kaiser-Bajazzo!) Fröbel. Er nennt die rechte Seite die Wächter der Interessen; die Linke die Wächter der Principien und die Centren die Herren, welche in wirklicher oder eingebildeter Weisheit Interessen und Principien vereinigen wollen. — Die Commission wolle Deutschland in drei Theile zertheilen und den Revolutionären aus Liebhaberei ein geeignetes Feld bieten. Die Demokratie sei in dem gegenwärtigen Geschichtsstandpunkte eine Unvermeidlichkeit geworden. Wichtig sei übrigens blos die Frage: wer ernennt? nicht: wer ernannt wird? Deshalb sei der angenommene §. 1. ganz unwesentlich. Auch widerspräche er dem §. 7. der Grundrechte, wonach jedes Amt jedem zugänglich. (Fröbel ist nichts weniger als ein Redner. Seine Abhandlung geht ziemlich eindrucklos vorüber.) Er ist gegen Erblichkeit, gegen Lebensdauer und gegen jede der Erblichkeit nahekommende Dauer — und für die Wahl durch das Volk selbst. Nach ihm spricht der tapfere von Vinke für den preußischen Erbkaiser. (Beifall rechts — Zischen links — die Gallerien trommeln.) Man trägt auf Schluß und Vertagung der Debatte an. Der Schluß ist verworfen Die Vertagung wird um 1/2 3 Uhr angenommen. Morgen Fortsetzung. Französische Republik. 12 Paris, 22. Januar. Boulay ist das Tagesgespräch mit dem Paris erwacht, — Boulay ist der Nachtsgedanke, mit dem Paris zu Bette geht. Boulay über Nacht eine Berühmtheit geworden — das übersteigt den Horizont des feinsten Diplomaten! Was man nicht Alles werden kann, seitdem Napoleon Präsident geworden! Durch die höchste Dummheit, durch die auf die Spitze grtriebene Dummheit kommt die politische Welt wieder zur Vernunft. Seht nur das „Debats“! Wie es so frei und offen, so vernünftig klar spricht! „Jede andere Wahl hätte uns kein Vergnügen gemacht; die des Herrn Boulay hat den ungemeinen Vorzug, daß sie uns keine Pein verursacht! Die Wahl vom 2. Jan. ergänzt die Wahl vom 10. Dez.; die exekutive Gewalt der Republik ist definitiv konstituirt.“ So verhöhnt das „Debats“ die Republik! Und mit Recht; die honnette Republik hat die honnette Dummheit an's Ruder gebracht, und im Bewußtsein seiner eigenen honnetten Klugheit verlacht das „Debats“ die honnette Dummheit. Klugheit und Dummheit — beides ist auf's Aeußerste getrieben, und die Hyperklugheit und Hyperdummheit kommen auf dasselbe Resultat. Sie reiben sich im Kampfe gegeneinander auf. Die kluge Dummheit der offiziellen Welt stimmt die „Reform“ heiter, und ihre Beileidsbezeugung auf den durchgefallenen Vivien ist mit Humor gewürzt. Der arme Vivien, meint sie, hat sein Schicksal nicht verdient. Er hat einen Artikel über die Theater geschrieben, 2 Artikel über den Staatsrath, er hat ein Gesetz gemacht über die Vicinal-Wege — und alle diese Werke, und alle diese Wunder haben ihn nicht retten können: er hat einem Boulay unterliegen müssen! Boulay, der es nicht zum Obersten in der Nationalgarde bringen konnte, Boulay, den seine Legion immer durchfallen ließ, diesen Mann hat die Kammer zum Vizepräsidenten gemacht. Da steht sich Baraguey-d'Hilliers noch weit besser; er hat zwar nur eine einzige Stimme bei der Wahl des Vizepräsidenten erhalten; aber das war eine sympathetische Stimme, die aus einem gleichgesinnten Herzen floß; und der große General kann sagen wie Medeus: „In diesem Schiffbruche habe ich meine Person gerettet!“ Aber Vivien, was hat Vivien gerettet! Die Antrittsrede Boulay's war, wie man im Journalstyle zu sagen pflegt, ruhig gehalten, anspruchslos, bescheiden — bis zur Dürftigkeit. Boulay ist halt „ein Herz“. Er gestand ganz naiv, daß er seine neue Stellung der durchlauchten Freundschaft des durchlauchten Napoleons verdanke. Baraguey, Vivien, Boulay, kommt das nicht Alles auf Eins heraus? Für die Arbeiter existiren alle diese Namen nicht; Napoleon hat gar nicht für sie gelebt, so wie die Bauern jetzt erst zu merken anfangen, daß Napoleon längst todt sei, und sie ärgern sich, daß sie für einen todten Mann gestimmt haben. Napoleon steht nicht mehr auf; dagegen erhebt sich aus dem Todeschlaf ein Mann, den die Partei des „National“ längst todt wähnte und der binnen Kurzem wieder eine große Rolle zu spielen berufen ist. Wir sprechen von Ledru-Rollin. In seiner Rede gegen den Antrag des Ministeriums, das auf die Berufung eines hohen Gerichtshofes drang, hat er so energisch auf der Ungesetzlichkeit dieses Tribunals bestanden, daß man geglaubt hätte, die Angeklagten vom 15. Mai seien die Kläger. Die Angeklagten vom 15. Mai sind die Vorgänger der Angeklagten vom Juni; und werden vereint binnen Kurzem als Ankläger da stehen. Indem Ledru-Rollin sich also auf den Standpunkt der Angeklagten stellte und der Zeit bloß vorgriff, that er ganz das Umgekehrte dessen, was Barrot jetzt thut, der hinter der Zeit her schleicht und die Angeklagten vor einen Gerichtshof stellen will, der zur Zeit ihres „Verbrechens“, des Attentats vom 15. Mai, nicht bestand. Wenn wir nun die offizielle Sprache sprechen wollen, so können wir sagen, daß Ledru-Rollin bei den Juni-Insurgenten wieder „möglich“ geworden, um so mehr, als er vor dem 15. Mai vielleicht mehr als „möglich“ gewesen und die Gegenpartei sich schon freute, ihn durch Enthüllungen während des Prozesses kompromittirt zu sehen. 12 Paris, 22. Januar. Hubert, in einem Briefe an den Prokurator der Republik, übernimmt die ganze Verantwortlichkeit der Vorfälle vom 15. Mai. Wie man weiß, befindet sich Hubert auf flüchtigem Fuße. In einem frühern Briefe bereits hatte er sich anheischig gemacht, am Tage der Debatten sich zu stellen. Er erneuert jetzt dieses Versprechen.‥‥ „Bis indessen die Umstände mir erlauben, die öffentliche Meinung über die wahren Ursachen der Vorfälle vom 15. Mai aufzuklären, protestire ich aus allen Kräften gegen einen Beschluß, der mit mir zugleich 19 andere Personen wegen eines Faktums beschuldigt, das mich persönlich betrifft und wovon ich die Verantwortlichkeit übernommen habe. Ich habe es bereits der Untersuchungskommission erklärt und ich wiederhole hier abermals, 1) daß ich es war, der ohne Vorwissen meiner Mitbeschuldigten den Entschluß gefaßt hatte, die Auflösung der National-Versammlung auszusprechen; 2) daß ich damals nur der Nothwendigkeit gehorcht und mich nur durch Rücksichten reiner Menschlichkeit bestimmen ließ, wie ich es am Tage der Debatte beweisen werde. Wenn ich mich noch nicht als Gefangener gestellt habe, so geschah dies bloß, weil ich von Ihrer Unparteilichkeit ein besseres Resultat für meine Mitangeklagten erwartet habe. Wenn ich in diesem Augenblicke noch zögere mich zu stellen, so geschieht es bloß, weil ich Ihnen keine Gelegenheit in die Hände geben will, eine supplementarische Instruktion zu verordnen, wodurch der Prozeß vertagt und die Haft der andern Angeklagten verlängert werden möchte. Aber sobald der Tag der Debatte gekommen, so werde ich auf der Bank der Angeklagten sitzen, nicht um mich zu vertheidigen, sondern um die Wahrheit zu sagen, welche von der reaktionären und royalistischen Partei so schmählich entstellt worden. „Es lebe die demokratisch-soziale Republik!“ A. Hubert.“ Paris, 22. Jan. Der Moniteur enthält heute den Bericht, den Boudet im Namen jener Commission abstattet, welche die Nationalversammlung Behufs Prüfung der Reorganisation des gesammten Gerichtswesens niedersetzte. Man entsinnt sich, daß die Provisorische Regierung eine solche Reorganisation am 2. März 1848 dekretirte, weil sie den alten Gerichtsschlendrian der Monarchie unmöglich mehr für eine demokratische Republik als passend erachtete. Jene Commission aus unseren Zunftmeistern à la Senard, Isambert, Flandin, Berville etc. bestehend, hat aber gefunden, daß unser vor sechszig Jahren erfundenes Gerichtswesen noch sehr gut auf unsere Zustände passe, und sie schlägt darum vor, Alles beim Alten zu lassen. Jenes Dekret vom 2. März 1848 wird somit begraben. — Unser Cabinet verräth eine wahrhaft knabenhafte Furcht vor volksthümlicher Entwickelung. Als Beweis mag folgendes allerneueste Rundschreiben des Ministers des Innern an sämmtliche Präfekten dienen: Herr Präfekt! „Eine Assoziation hat sich unter dem Titel „Solidarité Républicaine“ gebildet. Sie hat durch alle Departemente Verzweigungen angelegt und die Grundsätze, in deren Namen sie besteht, sind in Opposition mit dem gegenwärtigen Systeme. Vor der Präsidentenwahl drückte man die Augen zu — man ließ sie gewähren. Aber seitdem hat diese Organisation beunruhigt und man ließ deshalb das Lokal ihrer Centralsitzungen (bei Montesquieu?) schließen. Man begreift in der That, daß wenn man eine solche Assoziation duldete, sie einen Staat im Staate konstituiren würde und die Oeffentliche Sache (!) in Gefahr bringen müsse, besonders wenn sie von feindlichen Absichten geleitet würde. Vom Standpunkte der Gesetzlichkeit aus könne keine derartige Assoziation existiren, denn wenn man sie als Club betrachtet, so müßte sie ihre Sitzungen öffentlich halten; wäre sie Zirkel, so müßte sie um vorherige Genehmigung eingekommen sein. In jedem Falle blieb es ihr untersagt, ihre Arme durchs ganze Land zu strecken. Da sie also weder Klub noch Zirkel, so kann sie nur geheime Gesellschaft sein, und verfällt mithin der Strafe der Gesetze. Da ich nun mehrere Gründe habe, zu glauben, daß diese Assoziation trotz des Schließens ihres Centralsitzungslokals noch fortbesteht und Affiliationen in allen Departementen besitzt, so verpflichte ich Sie hiermit, die Schritte derselben in Ihrem Departement zu überwachen und jede Zusammenkunft oder Schriftenverkauf zu behindern. Nöthigenfalls werden Sie sich mit den Gerichtsbehörden verstehen. Ich zähle auf Ihre Pünktlichkeit und Entschlossenheit. Paris, den 21. Januar. (gez.) Leon Faucher, Minister des Innern. (gegengez.) Hermann, Divisionschef. — Ledru-Rollins „Revolution“ erläßt eine Protestation gegen diese ministerielle Willkür und sagt darin unter Anderem: „Alle Parteien beuten das Vereinsrecht verfassungsgemäß aus. Cavaignacs Freunde errichteten die Société des Amis de la Constitution und erhielten sogar einen Saal im Palais National; die Legitimisten konspiriren in den Sälen der Rue Duport; Montalembert steht an der Spitze einer katholisch-religiös-polit. Assoziation; die Assoziation Fraternelle im Heraultdepartement umfaßt ganz Frankreich und wir könnten noch mehrere Werkstätten der Verschwörung nennen, welche Gnade vor der reaktionären Presse finden. Die Solidarité republicaine scheut das Tageslicht keineswegs; sie zählt ungefähr 40 Deputirte in ihrer Mitte; ihre Grundsätze kennt alle Welt und Niemand darf ihren Republikanismus verdächtigen. Trüge die Regierung wirkliche Sorge für die Interessen der Revolution, so würde sie nicht gegen diejenigen einschreiten, die sich assoziren, um sie zu vertheidigen. Warum schließt sie gegen die unverschämte Keckheit der Monarchischen ihre Ohren? Beweise sie uns, daß die Solidarite Republicaine die verfassungsmäßigen Schranken überschritten, dann werden wir uns gegen die Härte ihrer Gerichte nicht beklagen. Bis dahin aber ist es Niemanden, sei er Minister oder Präfekt, gestattet, ihre Aktienthätigkeit zu hemmen. Sollte dies aber dennoch geschehen, so werden wir an die Nationalversammlung appelliren; sie ist die Wächterin der Verfassung. Doch soweit wird das Ministerium nicht gehen. Es liegt im Geiste der alten Bureaukratie, Schwierigkeiten en détail zu erheben, um die Anhänger der Solidarité abzuschrecken. Wollte es weiter gehen, so erforderte es hiefür die Genehmigung der Nationalversammlung und diese erhält es nicht.“ — „La Presse“ veröffentlicht eine neue „Mittheilung“ über die italienische Frage. Auch sie stellt durch Depeschen-Auszüge von Circourt und Lamartine, den Druck dar, den Rußland auf Preußen und Oesterreich in der polnischen und italienischen Frage seit dem Mai v. J. ausübte. — In Marseille hat sich ein Frei-Korps spanischer Republikaner nach Sizilien eingeschifft, um dort am Kampfe gegen die neapolit. Herrschaft Theil zu nehmen. — National-Versammlung. Sitzung vom 22. Januar. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. Bänke und Gallerien sehr voll. Premierminister Barrot sieht etwas angegriffen aus. Er litt, heißt es, an der Cholerine, die hier grassirt. Nach Vorlesung des Protokolls werden viele Petitionen für und gegen die National-Versammlung überreicht. Denjoy, der Fanatiker, übergiebt deren einen ganzen Stoß gegen die National-Versammlung, und bemerkt mit marktschreierischer, Stimme, daß sie 4500 Unterschriften trage. (Gelächter vom Berge). Peter Bonaparte überreicht eine andere Masse von Bittschriften, welche verlangen, daß sich die National-Versammlung nicht trenne, ehe sie nicht alle organischen Gesetze votirt habe. Billault und 80 Deputirte verlangen schriftlich, daß der Finanzminister das Einnahmebüdget pro 1849 vorlege. (Unterstützt von Goudchaux). Lacrosse, Staatsbautenminister, bittet, doch so lange zu warten, bis sein Kollege Passy angekommen. Falloux Unterrichtsminister, liest einen Beschluß der Regierung vor, wonach sie den Gesetzentwurf über Anlage vor Verwaltungsschulen zurückzieht. (Sensation) Bourbeau (mit Heftigkeit): Dann nehme ich ihn wieder auf! (Eine Stimme: Das können Sie nicht!) Marrast: Man kann auf diese Weise nicht annulliren. Sie müssen hiefür einen Spezialantrag stellen und ihn schriftlich an das Bureau gelangen lassen. Nach diesen Incidencien geht es an die eigentliche Tagesordnung, nämlich an Fortsetzung der Maigefangenendebatte, welche die Bedeutung einer Kabinetsfrage anzunehmen scheint. Dupont (Bussac) beginnt den Kampf und beweist gleich seinem vorgestrigen Vorgänger, daß die Retroaktivität bei Gesetzen richterlicher wie administrativer Natur nicht Platz greifen könne. Niemand dürfte seinen natürlichen Richtern entzogen werden. So oft dieses in trauriger Vergangenheit geschehen, habe man zu exceptionellen Maßregeln seine Zuflucht genommen. Daß dies geschehen, sei traurig. Aber nie sei in solchen Fällen den richter-

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 204. Köln, 25. Januar 1849, S. 1113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz204_1849/3>, abgerufen am 03.12.2024.