Neue Rheinische Zeitung. Nr. 204. Köln, 25. Januar 1849. Beilage.Beilage zu Nr. 204 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag 25. Januar 1849. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Wie man die Wahlfreiheit versteht.) Siegburg Cleve, Dortmund, Werl, Münster, Paderborn, (demokratische Wahlen.) Frankfurt. (Was aus dem deutschen Kaiser geworden ist.) Französsische Republik. Paris (Fortschritte der Contrerevolution. -- Der 21. Januar. -- National-Versammlung (Schluß) Italien. Rom. Die Wahlen.) Livorno. (Attentats-Gerüchte aus Neapel. -- Bannstrahl gegen Bamstrahl.) Aus der Lombardei. (Protest der Emigrirten.) Ungarn. Preßburg (Oestreichische Beruhigungsmittel.) Großbritannien. London. (Die ministeriellen Parlaments-Diners.) Amerika. Liverpool. (Die Sclavenfrage. -- Postkonvention mit England ratifizirt -- Kalifornien. -- Landweg dahin. -- Räuberbanden in Mexiko. -- Cholera zu New-Orleans) Rio de Janeiro. (Fortdauer der Insurrection in Pernambuco.) Deutschland. * Köln, 25. Januar. Bei Gebrüder v. Rath hat der Fabrikmeister seine Stelle verloren, "weil, wie es heißt, die Wahl gezeigt, daß derselbe einen zu großen Anhang unter den Arbeitern besitzt!" So heißt es. Wir fragen die Herren von Rath: ist dies wahr oder nicht? ** Siegburg, 24. Jan. Bei den hiesigen Wahlen haben die Demokraten in drei Wahlbezirken, die Konstitutionellen im vierten gesiegt und zwar dadurch, daß in der Liste etliche zwanzig demokratische stimmberechtigte Urwähler ausgelassen und dadurch ihres Stimmrechts beraubt wurden, wogegen die Liste mehrere Konstitutionelle enthielt, die auch wirklich mitstimmten und doch keine 24 Jahre alt waren. Die demokratische Partei hat sofort einen Protest an den Oberpräsidenten abgeschickt. (Wir fordern die demokratischen Urwähler des betreffenden Bezirks auf, einen Protest an die zweite Kammer selbst vorzubereiten, da von einer Beschwerde an Manteuffel'sche Behörden in solchen Sachen nichts zu erwarten steht, und da die Kammer in letzter Instanz allein kompetent ist zu entscheiden, ob dergleichen Manöver die Wahl des Abgeordneten ungültig machen. Die Red.) 102 Cleve, 22. Jan. Die konstitutionell-preußen-vereinlichen Wühler, sie müssen wieder Heuler werden. Ach und Weh! Was hat es geholfen, daß der Landrath von Haeften auf stolzem Roß von schnellem Huf, durch die Dörfer sprengte, überall hin guten Rath und Harkort'sche Fabrikate austheilend? Was hat es geholfen, daß der Herr Justizrath von Göckingh, Hochwohlgeboren, eigenfüßig über's Land ging und prinzlich-preußisch-konstitutionelle Drucksachen den Landleuten in die Hände drückte? Was hat es geholfen, daß Bürgermeister, Polizeidiener, Barone, angestellte Nachtwächter und dergleichen Leute beständig auf den Beinen waren, und das Alles für ihr liebes Manteufelchen? Nichts, gar Nichts! Mühe und Geld, schweres Geld! Alles, aber auch Alles vergebens! Gewiß, wir fühlen Mitleid. Wir beklagen auch den armen Mann, der die grausigen Geschichten nach Berlin berichten muß, die heute in der alten guten Stadt Cleve passirt sind. -- Der konstitutionelle Preußenverein hat auch nicht einen einzigen seiner vorgeschlagenen Wahlmänner durchgesetzt, wahrend die drei und dreißig vom Wahlverein Aufgestellten mit Glanz durchgekommen sind. Ebenso hat auch die Umgegend Cleve's, die ganze Niederung, entschieden volksfreundliche Wahlmänner gewählt. Möge die Demokratie überall so siegen, wie hier am Orte. Der Papa des konstitutionellen Vereins war Herr Oberprokuraten Wewer und der Präsident: Herr Advokat-Anwalt Dr. Weinhagen. Der Neid muß es ihnen lassen; die Herren haben sich ungeheuer angestrengt. Sie haben, als Männer des Rechts, gegen das klare Recht des Volkes gewirkt, so viel sie konnten. 24 Dortmund, 23. Januar. Seit jener Zeit, wo das reichsstädtische Knüppelregiment dahier sein Auferstehungsfest feierte und wo zwei Demokraten nach Münster geschleppt wurden, hat sich eben Nichts Großes im Eidotter der Mark gezeigt. Jetzt aber ist ein wahres Wunder geschehen. In der gestrigen Wahlschlacht nämlich haben -- hören und staunen Sie! -- die Demokraten einen vollständigen Sieg errungen. Das sind die traurigen Folgen dieser Neuen Rhein. Zeitung, von welcher hier 21 Exemplare gehalten werden, die mindestens 1000 gierige Leser zählen! Siebzehn Wahlbezirke wählten 24 Demokraten von reinem Wasser und der Jubel darauf war so groß, daß Abends 7 Uhr gegen 200 Demokraten einen Festzug durch die Stadt hielten, der geordnet und ohne jede Störung verlief. Tausend Hochs auf die Gefangenen zu Münster und den vollkommenen Sieg der Demokratie wurden ausgebracht und ergötzlich war es, die langen Gesichter der schwarz-weißen Beamten und Kornsäcke zu schauen! XX Werl, 22. Januar. Ich beeile mich Ihnen anzuzeigen, daß bei uns die Demokratie einen entschiedenen Sieg in den Wahlen davongetragen hat. Außer einigen "Salzjunkern", denen es gelang, durch Anwendung der äußersten Mittel bei ihren Taglöhnern und Salinen-Arbeitern sich die Majorität zu sichern, ist die Masse der Gewählten demokratisch. Die Schwarz-weißen hatten Alles aufgewandt, um sich Erfolge zu sichern. Selbst auf den Wahlplätzen noch lagen ganze Haufen von Traktätlein, namentlich das Harkort'sche und das herrliche Köster'sche Wahlbüchlein, worin so viel Schönes von unserm König steht. Aber umsonst. Das Volk erklärte, es wolle Demokraten wählen, diese allein verträten wirklich seine Interessen. Auch die "Neue Preuß. Zeitung" und ihr nobles "Sonntagsblatt" fällt hier auf unfruchtbaren Boden. Sogar unsere Bauern sind erbittert darüber, daß man sie für unkultivirt genug hält, um an einer solchen Lektüre Geschmack zu finden. Und bedenken Sie, wir sind hier im Herzen der Mark! X Münster, den 23. Jan. Wir hatten 14 Wahlbezirke; in jedem Bezirk wurden 6 Wahlmänner gewählt, macht 84. Unter diesen 84 genau gerechnet 68 Demokraten, welche gesichtet wieder 38 von der allerbreitesten Grundlage und 30 Republikaner geben. Die andern 16 gehören theils der Rechten an, theils befinden sie sich noch im Zustande des Schwankens zwischen der Linken und Rechten. Wenige höhere Beamte, wenige Patrizier und nur ein freisinniger Geistlicher wurden gewählt. Im vorigen Jahr gab es 10 Geistliche unter 42 Wahlmännern, diesmal einen unter 84! Unter den liberalen Beamten, welche gewählt wurden, nenne ich Ihnen den Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, der einzige, welcher gegen das Verfahren des Oberlandesgerichts wider Temme stimmte. Die mageren Triumpfe der Contrerevolution beschränken sich auf den von der Husarenkaserne gewählten Davonläufer Wiedhorst, und auf den am 18. Jan. mit dem Unvermeidlichen gezierten Bankier Niedick, welcher im fettesten Bourgeoisbezirk gegen einen Demokraten nur mit einer Stimme Majorität durchkam. So weit hat es also das nicht allein mit Adler-, sondern auch mit Bodelschwingen ausgerüstete Schwarzweißthum bei uns gebracht. Man glaubte die Demokratie wohl verwahrt hinter den Schlössern und Riegeln des Zuchthauses, und siehe da! die Demokratie ist in allen Gassen, in allen Häusern. Und es ist gar nicht einmal viel gewühlt worden. Zwar haben einige Plakate und die im Zuchthause geborene Volkshalle nach Kräften gewirkt, aber was war das im Vergleich mit dem Schmutzregen manteuffelscher und harkortscher Liebesbriefe. Was war das im Vergleich von Geld und Gut von Seiten unseres hohen Adels und hoher Bourgeoisie an viele Urwähler? Ludwig Philipp hatte nur die Corruption, die Manteuffel haben aber die Säbelherrschaft, die Corruption, die preußischen Pfiffe und das Zuchthaus! Die Manteuffel haben das System Ludwig Philipps unstreitig vervollkommnet. Sehen wir zu, ob sie auch so weit damit kommen werden, als Ludwig Philipp. 068 Frankfurt a. M., 23. Jan. (Nat.-Vers.) Die "Erblichkeit" wird mit 263 gegen 21 Stimmen, der "lebenslängliche" Kaiser mit 413 gegen 39; der Kaiser auf "zwölf" Jahre mit 442 gegen 14, der auf "sechs" Jahre mit 264 gegen 196, der auf "drei" Jahre mit 305 gegen 120 verworfen. * Paderborn, 22. Jan. So eben ziehen die Urwähler jubelnd durch die Straßen, die schwarz-roth-goldene Fahne voran. Vor dem Hause des im Zuchthause zu Münster befiadlichen Referendar Loeher werden den "December-Verhafteten" unzählige Hochs gebracht. Die Demokratie hat glänzend gesiegt. Von den 36 Wahlmännern Paderborns gehören 32 der entschiedenen Demokratie an, Mittelbürger und Referendarien. Die Wahl der 4 von der Rechten, gegen die hart gekämpft wurde, war nur dadurch möglich, daß in ihren Bezirken die Seminaristen, Franziskaner und geistlichen Professoren, zusammen eine starke Schaar, mitwählten. Es sind 3 Geistliche und ein anderer Reaktionär. In der Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In der Stadt Salzkotten sind von 10 Wahlmännern 9 Demokraten und 1 Geistlicher. Im Dorfe Elsen sind sämmtliche 4 Wahlmänner Demokraten. Westfalen wetzt diesmal die Schmach aus, die ihm seine zahlreich ausgerissenen Abgeordneten voriges Jahr angethan. !!! Frankfurt, 23. Januar. Als Curiosum muß ich Ihnen melden, daß Johann mit sammt seinem Central-Reichsministerium nächstens in Schuldarrest gesperrt werden wird. Die auf Preußen, Baiern etc. gezogene Wechsel werden mit Protest zurückgeschickt. Kein Mensch zahlt mehr. Die gute provis. Reichsgewalt ist so arm, daß sie nicht einmal das Geld für Heitzungs- und Beleuchtungsapparat bezahlen kann. -- Diese Nat.-Ver.-Angelegenheit wird ein äußerst klägliches Ende nehmen, wie sie es durch ihren 100fachen Verrath am deutschen Volke, durch ihre den Fürsten gegenüber bewiesene Feigheit, durch ihre Nichtbenutzung der schönen Frühlings- und Sommer-Monate verdient. Französische Republik. 17 Paris, 21. Januar. Die Frechheit der Ordnungsfreunde steigt; nach Behinderung des Bernard'schen Valentinoklubs ist die Reihe an den Club der Straße Arbalete gekommen, der im echten Proletarierquartier der Weber und Lumpensammler, Kaninchenfellhändler und kaminfegenden Savoyardenknaben gelegen, ein gar zu bedenklicher Kern des Aufruhrs für das 12. Arondissement, dessen Nationalgardenoberst Barbes, ist. Man wollte, wie gewöhnlich, die kindisch pedantische Broschüre des grundgelehrten Vaterlandsverräthers Guizot (unter dem Spottnamen "Pilatus" in jenem Klub bekannt, während Adolf Thiers "der unbegnadigte Schächer am Kreuz", Dupin "Judas Ischarioth" titulirt wird) discutiren, als die Gardes Mobiles, diese dem einstigen Volksgericht nimmer entrinnenden Metzger Cavaignac's, das Lokal besetzten; die Straße wimmelte von Polizeiagenten. Unweit des Klubhauses liegt das Gefängniß St. Peleagie, wo so viele Schlachtopfer der Bourgeoisrachsucht und Bourgeoisjustiz als "Juniräuber" auf den nach den Galeeren und Centralfestungen abgehenden Karren warten. Auch ist zu beachten, daß in der Nähe das berüchtigte Jesuitenhaus, dessen Grundstück und Bäulichkeiten neulich auf 2 1/4 Mill. Fr. taxirt wurden, sich befindet, und es ist klar, daß der Unterrichtsminister Falloux, dieser mit Fug vielgehaßte Jesuitenzögling und fanatischer Anbeter des Königthums, speziell von den heiligen Vätern auf den unheiligen Arbaleteklub gehetzt wurde. Falloux ist eine durch und durch verächtliche Kreatur, ohne Herz, ohne Geist, aber gegen religiöse, politische und sociale Ketzer zu jeder Perfidie, zu jeder Rohheit fähig. Der Präsident der Republik hat einige sechzig Frauen und Mädchen, die als Juniinsurgentinnen im Kerker St. Lazare saßen, begnadigt. So erbärmlich wenig dies den prahlenden Verheißungen einer Generalamnestie, womit er sich viele Vota erschlich, entspricht, so soll er doch schon dabei einen heftigen Krakehl mit dem Biedermann und Rechtsbodentreter Odilon Barrot und dem "guten Christen" Falloux gehabt haben, die selbst eine theilweise Amnestie für zeitungemäß erklären. Barrot wird am besten als Portier dargestellt, der urplötzlich aus seiner düstern Loge zu ebner Erde, auf den hellen Gipfel des Staatsgebäudes emporgeschnellt, dort oben in schwindliger Höhe unerschütterlich an seinen alten Conciergemanieren hängt, wie Eugen Sue in den Pariser Mysterien sie uns im "Pere Pipelet" darstellt. Mit letzterm hat Pere Barrot noch die riesige Glatze gemein, auch den, bald totalen, Mangel an Zähnen, wodurch die von Natur sehr laute, bullernde Stimme des alternden Konseilpräsidenten zu einem völlig unartikulirten Knurren und Heulen -- der Charivari sagt gar: "Bulldoggenorgan" -- entartet. Man kann jedoch füglich nicht behaupten, daß dies Aeußere im Kontrast stehe mit dem Inhalte; es zeigt sich im Gegentheil eine erfreuliche Harmonie zwischen Pere Barrot's Aussprache und Gedankengang; bulldoggisch ist dieser wie jene. Und dazu noch ist er ein ehrenwerther Mann, der auf Recht und Gerechtigkeit hält, er hat mit großer Emphase das Amnestiren bekämpft und in einer Privatunterredung gesagt: "Dem Gesetz muß und wird Kraft verbleiben." Fragt sich bloß, ob dem Portier Barrot noch lange Kraft verbleiben wird, die Amnestie zu verhindern. Im Total werden nur 1063 Junileute begnadigt, das ist das Maximum, wohin es dies s. g. Gnadenkomite zu bringen weiß; ohne dies Gnadenkomite waren längst, auf abermalige Durchsicht der Akten, 995 zur Amnestie notirt; es lohnte sich also um diese kleine Zulage von 68 Individuen wahrlich die Mühe nicht, drei Kommissarien mit Geschrei und Geldkosten nach den Küsten auf die Pontons zu senden. Diese Kommissäre waren bekanntlich drei verstockte Königsanhänger, folglich schon von vornherein wider alles Amnestiren von Leuten, die ihnen den vielgeliebten Louis Philipp zum Teufel gejagt hatten. Es bleiben noch etwa 2000 auf den Pontons, die energischesten, kompromittirtesten. Daß die Zurückkehrenden keine zärtliche Dankbarkeit für die Volksmarkverprasser, von denen sie sechs Monate gemartert, verleumdet und auf alle Weise in ihrer miserabeln Lage festgehalten wurden, hegen, wundert das allzeit naive "Siecle"; die Amnestirten kommen in Zügen von 10 a 15 Mann zurück, und die Arbeiter aller Ortschaften gehen ihnen entgegen, bewirthen sie und geben ihnen das Geleit. Bei dieser Gelegenheit, behauptet das Siecle, fallen sehr bedenkliche Reden, wodurch man eben nicht zum weitern Amnestiren aufgemuntert wird. -- Ein blödsinniges Heulen über republikanische Finanzverschleuderung findet seine beste Widerlegung in folgenden Worten des bekannten, vom Schlagfluß getödteten, getrügerischen königlichen Finanzministers Hümann im Jahre 1841: "Die vermuthlichen Ausgaben von 1840 betragen 1402 Mill. 237,220 Fr. und die Einnahmen nur 1239 Mill. 735,540 Fr.; mithin ist in diesem unsern Büdget ein Plus der Ausgaben von 162,501,680 Fr." So steht es zu lesen im Bericht an den König (1841 März). Man merke sich dieses Defizit des ordnungsliebenden, friedlichen, erwerbschützenden, tugendpflegenden Königthumes. Und jetzt sind diese Königthümler, denen die Republik vergaß den Hals umzudrehen, oder wenigstens ein revolutionäres Purgir- oder Vomirmittelchen einzutrichtern, um ihnen die seit Robespierre's Fall verschluckten Volksarbeitsschätze wieder auszuquetschen, impertinent genug über die 15 Mill. der, notabene durch royalistische Kniffe, mißglückten Nationalwerkstätten und sonstige Ausgaben zu heulen. Madame France, wie die Republik jetzt heißt, wird sehr passend im Charivari als ein schönes Weib abgebildet, die auf dem Bette liegt als Patientin und von riesenhaften Blutigeln, deren das ganze blutige Zimmer voll, bereits zur Ohnmacht ausgesogen ist. Es wäre endlich Zeit, das revolutionäre Salz diesen Anneliden auf den Schwanz zu streuen. Heute vor 56 Jahren, Mittags, fiel der Kopf Louis XVI. auf dem Fleck, wo jetzt der ägyptische Obelisk steht; zur Feier dieses leider noch isolirten erfreulichen Ereignisses finden heute mehrere Bankette statt. "Die echten Demokraten" sagt Constituant de Toulouse "hoffen, daß in Jahr und Tag es nicht bei Banketten zum Andenken jener Tyrannentödtung bleiben werde. Brüder aller Zungen! Demokraten der Karpathen und Theis, des Mains und Rheins, der Spree und Donau, der Tiber und Themse, wir beschwören euch angesichts des Tages, an dem unsre wackern Väter in der Revolution ein Königshaupt -- und wahrlich keines der schlechtesten -- vom Rumpf trennten: einigt euch; wir bieten euch die Hand. Laßt uns in Jahr und Tag eine Pyramide von Königsköpfen aufstapeln. Laßt uns austilgen mit der Wurzel dies dem Zeitgeist unangemessen gewordene Schmarotzergewächs, Königthum geheißen; seht, der würdige Nachkömmling des Bluthunds Wallenstein, der moderne Tilly, Fürst Windischgrätz, der stupide, brutale Mordbrenner Prag's und Wien's, der Bombardirer tschechischer und deutscher Freiheit, zeigt er euch und uns nicht den einzig richtigen Pfad? was eine unheilige Schurkenwaffe ist in der Hand dieses k. k. habsburgischen unreinen Thieres (bete immonde), das wird eine heilige Ehrenwaffe sein in der strafenden Hand des gerechten Volksmanns. Brüder! gelobt am 21. Januar, dem großen Feiertage der Volksjustiz, nicht zu zaudern, wo auch immer der Sieg euch lächelt, das Belagerungsgesetz mit Pulver und Blei zu proklamiren gegen die Feinde der Menschheit, und sollte eine ganze Kaste, eine ganze Klasse, wie z. B. die, welche die Wiener verrieth, darunter begriffen werden müssen. Gelobt, die alte siegreiche Energie unserer Revolutionsmänner von 1794 wieder zu bewahrheiten mit der schlagenden, unabwendbaren, scharfen That, und nicht nur auf dem geduldigen Papiere. Die Puritaner köpften einen verrätherischen Stuart. Die Jakobiner köpften einen verrätherischen Bourbon. Unmöglich darf es bleiben bei diesen zwei Exempeln; uns sind hunderte solcher Art nöthig, denn, wisset es, wir dürfen fortan nicht mehr mit Standrechtung, oder gar langweiliger Verurtheilung und Hinrichtung dieses oder jenes vereinzelten regierenden Familienchefs uns begnügen, sondern endlich ganz einfach zur Standrechtung (application militaire de la loi martiale) der gesammten Mitglieder der respektiven Familie, weß Alters sie seien, übergehen. Bedenkt, Brüder, Schwestern in der Demokratie, bedenkt die Millionen von Metternich's und Talleyrand's und Pozzo die Borgo's Schule an Leib und Seele geschändeter und geschädigter Europäer; bedenkt die durch pluto- und aristokratisches Gift befleckten Unschuldigen, bedeckt die durch Grausamkeit der Herrscherklasse verhungernden Arbeit suchenden Proletarier und Proletarierinnen. Bedenkt die tückisch und barbarenhaft zu Boden geschlagenen Nationalitäten; bedenkt die in Spanien, Oestreich, Italien, Polen gemordeten Demokraten." (Schluß.) Marrast (nach einer Pause): Der Minister des Auswärtigen verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung. (Aufmerksamkeit. Drouyn de Lhuys, Minister des Aeußern, besteigt die Bühne. Ich überreiche Ihnen, sagt er, einen Vertrag, welchen die diesseitige Regierung mit der Regierung von Baiern rücksichtlich der Anlage einer Eisenbahn von Straßburg nach Rheinbaiern abgeschlossen hat. (Ah! Ah! Man schien etwas Anderes zu erwarten). Die Maidebatte wird wieder aufgenommen. Jules Favre erhebt sich gegen den Gesetzentwurf. Er bestreitet der Regierung das Recht, die Angeklagten vor einen außerordentlichen Gerichtshof zu stellen und tritt in lange, höchst spezielle, juridische Deduktionen; er erinnert an das Erschießen Rey's und die Attentatsprozesse vor dem monarchischen Pairshofe. Aber die Versammlung zeigt mehr Appetit für ihr Diner als für die Favreschen Deduktionen und politischen Considerationen; sie unterbricht ihn daher haüfig mit dem Rufe: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung! Favre schließt mit der Erklärung, daß die Nationalversammlung nichts an Stärke und Festigkeit verlieren würde, wenn sie die Maigefangenen durch die Assisen richten lasse. (Die Debatte wird geschlossen und zur Abstimmung geschritten. Die Versammlung entscheidet mit 466 gegen 288 Stimmen, daß die Maigefangenen dem ersten Artikel des Entwurfs gemäß, vor die haute Cour zu stellen sind. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen. Odilon-Barrot verspricht statt binnen 40 in 30 Tagen die haute Cour zusammen zurufen Italien. 068 Rom, 12. Jan.
Die vollkommenste Ruhe herrscht in Rom. Der Bann des Pabstes hat nicht die geringste Wirkung gethan. Die Römer meinen, der Pabst sei doch ein anderer Mann als Radetzki, und wünschen nur, daß alle ihre Feinde zu ähnlichen Bannstrahlen ihre Zuflucht nehmen möchten. -- Die Wahl-Listen werden allenthalben angefertigt. -- Pius IX sitzt in einer doppelten Festung zu Gaeta: Von Diplomaten und Kardinälen umlagert, hat er sogar nicht mehr die Freiheit des "guten Willens." Beilage zu Nr. 204 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag 25. Januar 1849. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Wie man die Wahlfreiheit versteht.) Siegburg Cleve, Dortmund, Werl, Münster, Paderborn, (demokratische Wahlen.) Frankfurt. (Was aus dem deutschen Kaiser geworden ist.) Französsische Republik. Paris (Fortschritte der Contrerevolution. — Der 21. Januar. — National-Versammlung (Schluß) Italien. Rom. Die Wahlen.) Livorno. (Attentats-Gerüchte aus Neapel. — Bannstrahl gegen Bamstrahl.) Aus der Lombardei. (Protest der Emigrirten.) Ungarn. Preßburg (Oestreichische Beruhigungsmittel.) Großbritannien. London. (Die ministeriellen Parlaments-Diners.) Amerika. Liverpool. (Die Sclavenfrage. — Postkonvention mit England ratifizirt — Kalifornien. — Landweg dahin. — Räuberbanden in Mexiko. — Cholera zu New-Orleans) Rio de Janeiro. (Fortdauer der Insurrection in Pernambuco.) Deutschland. * Köln, 25. Januar. Bei Gebrüder v. Rath hat der Fabrikmeister seine Stelle verloren, „weil, wie es heißt, die Wahl gezeigt, daß derselbe einen zu großen Anhang unter den Arbeitern besitzt!“ So heißt es. Wir fragen die Herren von Rath: ist dies wahr oder nicht? ** Siegburg, 24. Jan. Bei den hiesigen Wahlen haben die Demokraten in drei Wahlbezirken, die Konstitutionellen im vierten gesiegt und zwar dadurch, daß in der Liste etliche zwanzig demokratische stimmberechtigte Urwähler ausgelassen und dadurch ihres Stimmrechts beraubt wurden, wogegen die Liste mehrere Konstitutionelle enthielt, die auch wirklich mitstimmten und doch keine 24 Jahre alt waren. Die demokratische Partei hat sofort einen Protest an den Oberpräsidenten abgeschickt. (Wir fordern die demokratischen Urwähler des betreffenden Bezirks auf, einen Protest an die zweite Kammer selbst vorzubereiten, da von einer Beschwerde an Manteuffel'sche Behörden in solchen Sachen nichts zu erwarten steht, und da die Kammer in letzter Instanz allein kompetent ist zu entscheiden, ob dergleichen Manöver die Wahl des Abgeordneten ungültig machen. Die Red.) 102 Cleve, 22. Jan. Die konstitutionell-preußen-vereinlichen Wühler, sie müssen wieder Heuler werden. Ach und Weh! Was hat es geholfen, daß der Landrath von Haeften auf stolzem Roß von schnellem Huf, durch die Dörfer sprengte, überall hin guten Rath und Harkort'sche Fabrikate austheilend? Was hat es geholfen, daß der Herr Justizrath von Göckingh, Hochwohlgeboren, eigenfüßig über's Land ging und prinzlich-preußisch-konstitutionelle Drucksachen den Landleuten in die Hände drückte? Was hat es geholfen, daß Bürgermeister, Polizeidiener, Barone, angestellte Nachtwächter und dergleichen Leute beständig auf den Beinen waren, und das Alles für ihr liebes Manteufelchen? Nichts, gar Nichts! Mühe und Geld, schweres Geld! Alles, aber auch Alles vergebens! Gewiß, wir fühlen Mitleid. Wir beklagen auch den armen Mann, der die grausigen Geschichten nach Berlin berichten muß, die heute in der alten guten Stadt Cleve passirt sind. — Der konstitutionelle Preußenverein hat auch nicht einen einzigen seiner vorgeschlagenen Wahlmänner durchgesetzt, wahrend die drei und dreißig vom Wahlverein Aufgestellten mit Glanz durchgekommen sind. Ebenso hat auch die Umgegend Cleve's, die ganze Niederung, entschieden volksfreundliche Wahlmänner gewählt. Möge die Demokratie überall so siegen, wie hier am Orte. Der Papa des konstitutionellen Vereins war Herr Oberprokuraten Wewer und der Präsident: Herr Advokat-Anwalt Dr. Weinhagen. Der Neid muß es ihnen lassen; die Herren haben sich ungeheuer angestrengt. Sie haben, als Männer des Rechts, gegen das klare Recht des Volkes gewirkt, so viel sie konnten. 24 Dortmund, 23. Januar. Seit jener Zeit, wo das reichsstädtische Knüppelregiment dahier sein Auferstehungsfest feierte und wo zwei Demokraten nach Münster geschleppt wurden, hat sich eben Nichts Großes im Eidotter der Mark gezeigt. Jetzt aber ist ein wahres Wunder geschehen. In der gestrigen Wahlschlacht nämlich haben — hören und staunen Sie! — die Demokraten einen vollständigen Sieg errungen. Das sind die traurigen Folgen dieser Neuen Rhein. Zeitung, von welcher hier 21 Exemplare gehalten werden, die mindestens 1000 gierige Leser zählen! Siebzehn Wahlbezirke wählten 24 Demokraten von reinem Wasser und der Jubel darauf war so groß, daß Abends 7 Uhr gegen 200 Demokraten einen Festzug durch die Stadt hielten, der geordnet und ohne jede Störung verlief. Tausend Hochs auf die Gefangenen zu Münster und den vollkommenen Sieg der Demokratie wurden ausgebracht und ergötzlich war es, die langen Gesichter der schwarz-weißen Beamten und Kornsäcke zu schauen! XX Werl, 22. Januar. Ich beeile mich Ihnen anzuzeigen, daß bei uns die Demokratie einen entschiedenen Sieg in den Wahlen davongetragen hat. Außer einigen „Salzjunkern“, denen es gelang, durch Anwendung der äußersten Mittel bei ihren Taglöhnern und Salinen-Arbeitern sich die Majorität zu sichern, ist die Masse der Gewählten demokratisch. Die Schwarz-weißen hatten Alles aufgewandt, um sich Erfolge zu sichern. Selbst auf den Wahlplätzen noch lagen ganze Haufen von Traktätlein, namentlich das Harkort'sche und das herrliche Köster'sche Wahlbüchlein, worin so viel Schönes von unserm König steht. Aber umsonst. Das Volk erklärte, es wolle Demokraten wählen, diese allein verträten wirklich seine Interessen. Auch die „Neue Preuß. Zeitung“ und ihr nobles „Sonntagsblatt“ fällt hier auf unfruchtbaren Boden. Sogar unsere Bauern sind erbittert darüber, daß man sie für unkultivirt genug hält, um an einer solchen Lektüre Geschmack zu finden. Und bedenken Sie, wir sind hier im Herzen der Mark! X Münster, den 23. Jan. Wir hatten 14 Wahlbezirke; in jedem Bezirk wurden 6 Wahlmänner gewählt, macht 84. Unter diesen 84 genau gerechnet 68 Demokraten, welche gesichtet wieder 38 von der allerbreitesten Grundlage und 30 Republikaner geben. Die andern 16 gehören theils der Rechten an, theils befinden sie sich noch im Zustande des Schwankens zwischen der Linken und Rechten. Wenige höhere Beamte, wenige Patrizier und nur ein freisinniger Geistlicher wurden gewählt. Im vorigen Jahr gab es 10 Geistliche unter 42 Wahlmännern, diesmal einen unter 84! Unter den liberalen Beamten, welche gewählt wurden, nenne ich Ihnen den Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, der einzige, welcher gegen das Verfahren des Oberlandesgerichts wider Temme stimmte. Die mageren Triumpfe der Contrerevolution beschränken sich auf den von der Husarenkaserne gewählten Davonläufer Wiedhorst, und auf den am 18. Jan. mit dem Unvermeidlichen gezierten Bankier Niedick, welcher im fettesten Bourgeoisbezirk gegen einen Demokraten nur mit einer Stimme Majorität durchkam. So weit hat es also das nicht allein mit Adler-, sondern auch mit Bodelschwingen ausgerüstete Schwarzweißthum bei uns gebracht. Man glaubte die Demokratie wohl verwahrt hinter den Schlössern und Riegeln des Zuchthauses, und siehe da! die Demokratie ist in allen Gassen, in allen Häusern. Und es ist gar nicht einmal viel gewühlt worden. Zwar haben einige Plakate und die im Zuchthause geborene Volkshalle nach Kräften gewirkt, aber was war das im Vergleich mit dem Schmutzregen manteuffelscher und harkortscher Liebesbriefe. Was war das im Vergleich von Geld und Gut von Seiten unseres hohen Adels und hoher Bourgeoisie an viele Urwähler? Ludwig Philipp hatte nur die Corruption, die Manteuffel haben aber die Säbelherrschaft, die Corruption, die preußischen Pfiffe und das Zuchthaus! Die Manteuffel haben das System Ludwig Philipps unstreitig vervollkommnet. Sehen wir zu, ob sie auch so weit damit kommen werden, als Ludwig Philipp. 068 Frankfurt a. M., 23. Jan. (Nat.-Vers.) Die „Erblichkeit“ wird mit 263 gegen 21 Stimmen, der „lebenslängliche“ Kaiser mit 413 gegen 39; der Kaiser auf „zwölf“ Jahre mit 442 gegen 14, der auf „sechs“ Jahre mit 264 gegen 196, der auf „drei“ Jahre mit 305 gegen 120 verworfen. * Paderborn, 22. Jan. So eben ziehen die Urwähler jubelnd durch die Straßen, die schwarz-roth-goldene Fahne voran. Vor dem Hause des im Zuchthause zu Münster befiadlichen Referendar Loeher werden den „December-Verhafteten“ unzählige Hochs gebracht. Die Demokratie hat glänzend gesiegt. Von den 36 Wahlmännern Paderborns gehören 32 der entschiedenen Demokratie an, Mittelbürger und Referendarien. Die Wahl der 4 von der Rechten, gegen die hart gekämpft wurde, war nur dadurch möglich, daß in ihren Bezirken die Seminaristen, Franziskaner und geistlichen Professoren, zusammen eine starke Schaar, mitwählten. Es sind 3 Geistliche und ein anderer Reaktionär. In der Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In der Stadt Salzkotten sind von 10 Wahlmännern 9 Demokraten und 1 Geistlicher. Im Dorfe Elsen sind sämmtliche 4 Wahlmänner Demokraten. Westfalen wetzt diesmal die Schmach aus, die ihm seine zahlreich ausgerissenen Abgeordneten voriges Jahr angethan. !!! Frankfurt, 23. Januar. Als Curiosum muß ich Ihnen melden, daß Johann mit sammt seinem Central-Reichsministerium nächstens in Schuldarrest gesperrt werden wird. Die auf Preußen, Baiern etc. gezogene Wechsel werden mit Protest zurückgeschickt. Kein Mensch zahlt mehr. Die gute provis. Reichsgewalt ist so arm, daß sie nicht einmal das Geld für Heitzungs- und Beleuchtungsapparat bezahlen kann. — Diese Nat.-Ver.-Angelegenheit wird ein äußerst klägliches Ende nehmen, wie sie es durch ihren 100fachen Verrath am deutschen Volke, durch ihre den Fürsten gegenüber bewiesene Feigheit, durch ihre Nichtbenutzung der schönen Frühlings- und Sommer-Monate verdient. Französische Republik. 17 Paris, 21. Januar. Die Frechheit der Ordnungsfreunde steigt; nach Behinderung des Bernard'schen Valentinoklubs ist die Reihe an den Club der Straße Arbalète gekommen, der im echten Proletarierquartier der Weber und Lumpensammler, Kaninchenfellhändler und kaminfegenden Savoyardenknaben gelegen, ein gar zu bedenklicher Kern des Aufruhrs für das 12. Arondissement, dessen Nationalgardenoberst Barbes, ist. Man wollte, wie gewöhnlich, die kindisch pedantische Broschüre des grundgelehrten Vaterlandsverräthers Guizot (unter dem Spottnamen „Pilatus“ in jenem Klub bekannt, während Adolf Thiers „der unbegnadigte Schächer am Kreuz“, Dupin „Judas Ischarioth“ titulirt wird) discutiren, als die Gardes Mobiles, diese dem einstigen Volksgericht nimmer entrinnenden Metzger Cavaignac's, das Lokal besetzten; die Straße wimmelte von Polizeiagenten. Unweit des Klubhauses liegt das Gefängniß St. Peleagie, wo so viele Schlachtopfer der Bourgeoisrachsucht und Bourgeoisjustiz als „Juniräuber“ auf den nach den Galeeren und Centralfestungen abgehenden Karren warten. Auch ist zu beachten, daß in der Nähe das berüchtigte Jesuitenhaus, dessen Grundstück und Bäulichkeiten neulich auf 2 1/4 Mill. Fr. taxirt wurden, sich befindet, und es ist klar, daß der Unterrichtsminister Falloux, dieser mit Fug vielgehaßte Jesuitenzögling und fanatischer Anbeter des Königthums, speziell von den heiligen Vätern auf den unheiligen Arbaléteklub gehetzt wurde. Falloux ist eine durch und durch verächtliche Kreatur, ohne Herz, ohne Geist, aber gegen religiöse, politische und sociale Ketzer zu jeder Perfidie, zu jeder Rohheit fähig. Der Präsident der Republik hat einige sechzig Frauen und Mädchen, die als Juniinsurgentinnen im Kerker St. Lazare saßen, begnadigt. So erbärmlich wenig dies den prahlenden Verheißungen einer Generalamnestie, womit er sich viele Vota erschlich, entspricht, so soll er doch schon dabei einen heftigen Krakehl mit dem Biedermann und Rechtsbodentreter Odilon Barrot und dem „guten Christen“ Falloux gehabt haben, die selbst eine theilweise Amnestie für zeitungemäß erklären. Barrot wird am besten als Portier dargestellt, der urplötzlich aus seiner düstern Loge zu ebner Erde, auf den hellen Gipfel des Staatsgebäudes emporgeschnellt, dort oben in schwindliger Höhe unerschütterlich an seinen alten Conciergemanieren hängt, wie Eugen Sue in den Pariser Mysterien sie uns im „Père Pipelet“ darstellt. Mit letzterm hat Père Barrot noch die riesige Glatze gemein, auch den, bald totalen, Mangel an Zähnen, wodurch die von Natur sehr laute, bullernde Stimme des alternden Konseilpräsidenten zu einem völlig unartikulirten Knurren und Heulen — der Charivari sagt gar: „Bulldoggenorgan“ — entartet. Man kann jedoch füglich nicht behaupten, daß dies Aeußere im Kontrast stehe mit dem Inhalte; es zeigt sich im Gegentheil eine erfreuliche Harmonie zwischen Père Barrot's Aussprache und Gedankengang; bulldoggisch ist dieser wie jene. Und dazu noch ist er ein ehrenwerther Mann, der auf Recht und Gerechtigkeit hält, er hat mit großer Emphase das Amnestiren bekämpft und in einer Privatunterredung gesagt: „Dem Gesetz muß und wird Kraft verbleiben.“ Fragt sich bloß, ob dem Portier Barrot noch lange Kraft verbleiben wird, die Amnestie zu verhindern. Im Total werden nur 1063 Junileute begnadigt, das ist das Maximum, wohin es dies s. g. Gnadenkomité zu bringen weiß; ohne dies Gnadenkomité waren längst, auf abermalige Durchsicht der Akten, 995 zur Amnestie notirt; es lohnte sich also um diese kleine Zulage von 68 Individuen wahrlich die Mühe nicht, drei Kommissarien mit Geschrei und Geldkosten nach den Küsten auf die Pontons zu senden. Diese Kommissäre waren bekanntlich drei verstockte Königsanhänger, folglich schon von vornherein wider alles Amnestiren von Leuten, die ihnen den vielgeliebten Louis Philipp zum Teufel gejagt hatten. Es bleiben noch etwa 2000 auf den Pontons, die energischesten, kompromittirtesten. Daß die Zurückkehrenden keine zärtliche Dankbarkeit für die Volksmarkverprasser, von denen sie sechs Monate gemartert, verleumdet und auf alle Weise in ihrer miserabeln Lage festgehalten wurden, hegen, wundert das allzeit naive „Siècle“; die Amnestirten kommen in Zügen von 10 à 15 Mann zurück, und die Arbeiter aller Ortschaften gehen ihnen entgegen, bewirthen sie und geben ihnen das Geleit. Bei dieser Gelegenheit, behauptet das Siècle, fallen sehr bedenkliche Reden, wodurch man eben nicht zum weitern Amnestiren aufgemuntert wird. — Ein blödsinniges Heulen über republikanische Finanzverschleuderung findet seine beste Widerlegung in folgenden Worten des bekannten, vom Schlagfluß getödteten, getrügerischen königlichen Finanzministers Hümann im Jahre 1841: „Die vermuthlichen Ausgaben von 1840 betragen 1402 Mill. 237,220 Fr. und die Einnahmen nur 1239 Mill. 735,540 Fr.; mithin ist in diesem unsern Büdget ein Plus der Ausgaben von 162,501,680 Fr.“ So steht es zu lesen im Bericht an den König (1841 März). Man merke sich dieses Defizit des ordnungsliebenden, friedlichen, erwerbschützenden, tugendpflegenden Königthumes. Und jetzt sind diese Königthümler, denen die Republik vergaß den Hals umzudrehen, oder wenigstens ein revolutionäres Purgir- oder Vomirmittelchen einzutrichtern, um ihnen die seit Robespierre's Fall verschluckten Volksarbeitsschätze wieder auszuquetschen, impertinent genug über die 15 Mill. der, notabene durch royalistische Kniffe, mißglückten Nationalwerkstätten und sonstige Ausgaben zu heulen. Madame France, wie die Republik jetzt heißt, wird sehr passend im Charivari als ein schönes Weib abgebildet, die auf dem Bette liegt als Patientin und von riesenhaften Blutigeln, deren das ganze blutige Zimmer voll, bereits zur Ohnmacht ausgesogen ist. Es wäre endlich Zeit, das revolutionäre Salz diesen Anneliden auf den Schwanz zu streuen. Heute vor 56 Jahren, Mittags, fiel der Kopf Louis XVI. auf dem Fleck, wo jetzt der ägyptische Obelisk steht; zur Feier dieses leider noch isolirten erfreulichen Ereignisses finden heute mehrere Bankette statt. „Die echten Demokraten“ sagt Constituant de Toulouse „hoffen, daß in Jahr und Tag es nicht bei Banketten zum Andenken jener Tyrannentödtung bleiben werde. Brüder aller Zungen! Demokraten der Karpathen und Theis, des Mains und Rheins, der Spree und Donau, der Tiber und Themse, wir beschwören euch angesichts des Tages, an dem unsre wackern Väter in der Revolution ein Königshaupt — und wahrlich keines der schlechtesten — vom Rumpf trennten: einigt euch; wir bieten euch die Hand. Laßt uns in Jahr und Tag eine Pyramide von Königsköpfen aufstapeln. Laßt uns austilgen mit der Wurzel dies dem Zeitgeist unangemessen gewordene Schmarotzergewächs, Königthum geheißen; seht, der würdige Nachkömmling des Bluthunds Wallenstein, der moderne Tilly, Fürst Windischgrätz, der stupide, brutale Mordbrenner Prag's und Wien's, der Bombardirer tschechischer und deutscher Freiheit, zeigt er euch und uns nicht den einzig richtigen Pfad? was eine unheilige Schurkenwaffe ist in der Hand dieses k. k. habsburgischen unreinen Thieres (bète immonde), das wird eine heilige Ehrenwaffe sein in der strafenden Hand des gerechten Volksmanns. Brüder! gelobt am 21. Januar, dem großen Feiertage der Volksjustiz, nicht zu zaudern, wo auch immer der Sieg euch lächelt, das Belagerungsgesetz mit Pulver und Blei zu proklamiren gegen die Feinde der Menschheit, und sollte eine ganze Kaste, eine ganze Klasse, wie z. B. die, welche die Wiener verrieth, darunter begriffen werden müssen. Gelobt, die alte siegreiche Energie unserer Revolutionsmänner von 1794 wieder zu bewahrheiten mit der schlagenden, unabwendbaren, scharfen That, und nicht nur auf dem geduldigen Papiere. Die Puritaner köpften einen verrätherischen Stuart. Die Jakobiner köpften einen verrätherischen Bourbon. Unmöglich darf es bleiben bei diesen zwei Exempeln; uns sind hunderte solcher Art nöthig, denn, wisset es, wir dürfen fortan nicht mehr mit Standrechtung, oder gar langweiliger Verurtheilung und Hinrichtung dieses oder jenes vereinzelten regierenden Familienchefs uns begnügen, sondern endlich ganz einfach zur Standrechtung (application militaire de la loi martiale) der gesammten Mitglieder der respektiven Familie, weß Alters sie seien, übergehen. Bedenkt, Brüder, Schwestern in der Demokratie, bedenkt die Millionen von Metternich's und Talleyrand's und Pozzo die Borgo's Schule an Leib und Seele geschändeter und geschädigter Europäer; bedenkt die durch pluto- und aristokratisches Gift befleckten Unschuldigen, bedeckt die durch Grausamkeit der Herrscherklasse verhungernden Arbeit suchenden Proletarier und Proletarierinnen. Bedenkt die tückisch und barbarenhaft zu Boden geschlagenen Nationalitäten; bedenkt die in Spanien, Oestreich, Italien, Polen gemordeten Demokraten.“ (Schluß.) Marrast (nach einer Pause): Der Minister des Auswärtigen verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung. (Aufmerksamkeit. Drouyn de Lhuys, Minister des Aeußern, besteigt die Bühne. Ich überreiche Ihnen, sagt er, einen Vertrag, welchen die diesseitige Regierung mit der Regierung von Baiern rücksichtlich der Anlage einer Eisenbahn von Straßburg nach Rheinbaiern abgeschlossen hat. (Ah! Ah! Man schien etwas Anderes zu erwarten). Die Maidebatte wird wieder aufgenommen. Jules Favre erhebt sich gegen den Gesetzentwurf. Er bestreitet der Regierung das Recht, die Angeklagten vor einen außerordentlichen Gerichtshof zu stellen und tritt in lange, höchst spezielle, juridische Deduktionen; er erinnert an das Erschießen Rey's und die Attentatsprozesse vor dem monarchischen Pairshofe. Aber die Versammlung zeigt mehr Appetit für ihr Diner als für die Favreschen Deduktionen und politischen Considerationen; sie unterbricht ihn daher haüfig mit dem Rufe: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung! Favre schließt mit der Erklärung, daß die Nationalversammlung nichts an Stärke und Festigkeit verlieren würde, wenn sie die Maigefangenen durch die Assisen richten lasse. (Die Debatte wird geschlossen und zur Abstimmung geschritten. Die Versammlung entscheidet mit 466 gegen 288 Stimmen, daß die Maigefangenen dem ersten Artikel des Entwurfs gemäß, vor die haute Cour zu stellen sind. Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen. Odilon-Barrot verspricht statt binnen 40 in 30 Tagen die haute Cour zusammen zurufen Italien. 068 Rom, 12. Jan.
Die vollkommenste Ruhe herrscht in Rom. Der Bann des Pabstes hat nicht die geringste Wirkung gethan. Die Römer meinen, der Pabst sei doch ein anderer Mann als Radetzki, und wünschen nur, daß alle ihre Feinde zu ähnlichen Bannstrahlen ihre Zuflucht nehmen möchten. — Die Wahl-Listen werden allenthalben angefertigt. — Pius IX sitzt in einer doppelten Festung zu Gaeta: Von Diplomaten und Kardinälen umlagert, hat er sogar nicht mehr die Freiheit des „guten Willens.“ <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1115"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 204 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Donnerstag 25. Januar 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Wie man die Wahlfreiheit versteht.) Siegburg Cleve, Dortmund, Werl, Münster, Paderborn, (demokratische Wahlen.) Frankfurt. (Was aus dem deutschen Kaiser geworden ist.)</p> <p><hi rendition="#g">Französsische Republik</hi>. Paris (Fortschritte der Contrerevolution. — Der 21. Januar. — National-Versammlung (Schluß)</p> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Rom. Die Wahlen.) Livorno. (Attentats-Gerüchte aus Neapel. — Bannstrahl gegen Bamstrahl.) Aus der Lombardei. (Protest der Emigrirten.)</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn</hi>. Preßburg (Oestreichische Beruhigungsmittel.)</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. London. (Die ministeriellen Parlaments-Diners.)</p> <p><hi rendition="#g">Amerika</hi>. Liverpool. (Die Sclavenfrage. — Postkonvention mit England ratifizirt — Kalifornien. — Landweg dahin. — Räuberbanden in Mexiko. — Cholera zu New-Orleans) Rio de Janeiro. (Fortdauer der Insurrection in Pernambuco.)</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar204b_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 25. Januar.</head> <p>Bei Gebrüder v. Rath hat der Fabrikmeister seine Stelle verloren, „weil, wie es heißt, die Wahl gezeigt, daß derselbe einen zu großen Anhang unter den Arbeitern besitzt!“ So heißt es. Wir fragen die Herren von Rath: ist dies wahr oder nicht?</p> </div> <div xml:id="ar204b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Siegburg, 24. Jan.</head> <p>Bei den hiesigen Wahlen haben die Demokraten in drei Wahlbezirken, die Konstitutionellen im vierten gesiegt und zwar dadurch, daß in der Liste etliche zwanzig demokratische stimmberechtigte Urwähler ausgelassen und dadurch ihres Stimmrechts beraubt wurden, wogegen die Liste mehrere Konstitutionelle enthielt, die auch wirklich mitstimmten und doch keine 24 Jahre alt waren.</p> <p>Die demokratische Partei hat sofort einen Protest an den Oberpräsidenten abgeschickt.</p> <p>(Wir fordern die demokratischen Urwähler des betreffenden Bezirks auf, einen Protest an die zweite Kammer selbst vorzubereiten, da von einer Beschwerde an Manteuffel'sche Behörden in solchen Sachen nichts zu erwarten steht, und da die Kammer in letzter Instanz allein kompetent ist zu entscheiden, ob dergleichen Manöver die Wahl des Abgeordneten ungültig machen. Die Red.)</p> </div> <div xml:id="ar204b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>102</author></bibl> Cleve, 22. Jan.</head> <p>Die konstitutionell-preußen-vereinlichen Wühler, sie müssen wieder Heuler werden. Ach und Weh! Was hat es geholfen, daß der Landrath von Haeften auf stolzem Roß von schnellem Huf, durch die Dörfer sprengte, überall hin guten Rath und Harkort'sche Fabrikate austheilend? Was hat es geholfen, daß der Herr Justizrath von Göckingh, Hochwohlgeboren, eigenfüßig über's Land ging und prinzlich-preußisch-konstitutionelle Drucksachen den Landleuten in die Hände drückte? Was hat es geholfen, daß Bürgermeister, Polizeidiener, Barone, angestellte Nachtwächter und dergleichen Leute beständig auf den Beinen waren, und das Alles für ihr liebes Manteufelchen? Nichts, gar Nichts! Mühe und Geld, schweres Geld! Alles, aber auch Alles vergebens! Gewiß, wir fühlen Mitleid. Wir beklagen auch den armen Mann, der die grausigen Geschichten nach Berlin berichten muß, die heute in der alten guten Stadt Cleve passirt sind. —</p> <p>Der konstitutionelle Preußenverein hat auch nicht einen einzigen seiner vorgeschlagenen Wahlmänner durchgesetzt, wahrend die drei und dreißig vom Wahlverein Aufgestellten mit Glanz durchgekommen sind. Ebenso hat auch die Umgegend Cleve's, die ganze Niederung, entschieden volksfreundliche Wahlmänner gewählt. Möge die Demokratie überall so siegen, wie hier am Orte.</p> <p>Der Papa des konstitutionellen Vereins war Herr Oberprokuraten Wewer und der Präsident: Herr Advokat-Anwalt Dr. Weinhagen. Der Neid muß es ihnen lassen; die Herren haben sich ungeheuer angestrengt. Sie haben, als Männer des Rechts, gegen das klare Recht des Volkes gewirkt, so viel sie konnten.</p> </div> <div xml:id="ar204b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Dortmund, 23. Januar.</head> <p>Seit jener Zeit, wo das reichsstädtische Knüppelregiment dahier sein Auferstehungsfest feierte und wo zwei Demokraten nach Münster geschleppt wurden, hat sich eben Nichts Großes im Eidotter der Mark gezeigt. Jetzt aber ist ein wahres Wunder geschehen.</p> <p>In der gestrigen Wahlschlacht nämlich haben — hören und staunen Sie! — die <hi rendition="#g">Demokraten einen vollständigen Sieg errungen</hi>. Das sind die traurigen Folgen dieser Neuen Rhein. Zeitung, von welcher hier 21 Exemplare gehalten werden, die mindestens 1000 gierige Leser zählen!</p> <p>Siebzehn Wahlbezirke wählten 24 Demokraten von reinem Wasser und der Jubel darauf war so groß, daß Abends 7 Uhr gegen 200 Demokraten einen Festzug durch die Stadt hielten, der geordnet und ohne jede Störung verlief. Tausend Hochs auf die Gefangenen zu Münster und den vollkommenen Sieg der Demokratie wurden ausgebracht und ergötzlich war es, die langen Gesichter der schwarz-weißen Beamten und Kornsäcke zu schauen!</p> </div> <div xml:id="ar204b_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>XX</author></bibl> Werl, 22. Januar.</head> <p>Ich beeile mich Ihnen anzuzeigen, daß bei uns die Demokratie einen <hi rendition="#g">entschiedenen Sieg</hi> in den Wahlen davongetragen hat. Außer einigen „Salzjunkern“, denen es gelang, durch Anwendung der äußersten Mittel bei ihren Taglöhnern und Salinen-Arbeitern sich die Majorität zu sichern, ist die Masse der Gewählten demokratisch.</p> <p>Die Schwarz-weißen hatten Alles aufgewandt, um sich Erfolge zu sichern. Selbst auf den Wahlplätzen noch lagen ganze Haufen von Traktätlein, namentlich das Harkort'sche und das herrliche Köster'sche Wahlbüchlein, worin so viel Schönes von unserm König steht. Aber umsonst. Das Volk erklärte, es wolle Demokraten wählen, diese allein verträten wirklich seine Interessen. Auch die „Neue Preuß. Zeitung“ und ihr nobles „Sonntagsblatt“ fällt hier auf unfruchtbaren Boden. Sogar unsere Bauern sind erbittert darüber, daß man sie für unkultivirt genug hält, um an einer solchen Lektüre Geschmack zu finden. Und bedenken Sie, wir sind hier im Herzen der Mark!</p> </div> <div xml:id="ar204b_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Münster, den 23. Jan.</head> <p>Wir hatten 14 Wahlbezirke; in jedem Bezirk wurden 6 Wahlmänner gewählt, macht 84. Unter diesen 84 genau gerechnet 68 Demokraten, welche gesichtet wieder 38 von der allerbreitesten Grundlage und 30 Republikaner geben. Die andern 16 gehören theils der Rechten an, theils befinden sie sich noch im Zustande des Schwankens zwischen der Linken und Rechten. Wenige höhere Beamte, wenige Patrizier und nur ein freisinniger Geistlicher wurden gewählt. Im vorigen Jahr gab es 10 Geistliche unter 42 Wahlmännern, diesmal einen unter 84!</p> <p>Unter den liberalen Beamten, welche gewählt wurden, nenne ich Ihnen den Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, der einzige, welcher gegen das Verfahren des Oberlandesgerichts wider Temme stimmte. Die mageren Triumpfe der Contrerevolution beschränken sich auf den von der Husarenkaserne gewählten Davonläufer Wiedhorst, und auf den am 18. Jan. mit dem Unvermeidlichen gezierten Bankier Niedick, welcher im fettesten Bourgeoisbezirk gegen einen Demokraten nur mit einer Stimme Majorität durchkam.</p> <p>So weit hat es also das nicht allein mit Adler-, sondern auch mit Bodelschwingen ausgerüstete Schwarzweißthum bei uns gebracht. Man glaubte die Demokratie wohl verwahrt hinter den Schlössern und Riegeln des Zuchthauses, und siehe da! die Demokratie ist in allen Gassen, in allen Häusern. Und es ist gar nicht einmal viel gewühlt worden. Zwar haben einige Plakate und die im Zuchthause geborene Volkshalle nach Kräften gewirkt, aber was war das im Vergleich mit dem Schmutzregen manteuffelscher und harkortscher Liebesbriefe. Was war das im Vergleich von Geld und Gut von Seiten unseres hohen Adels und hoher Bourgeoisie an viele Urwähler? Ludwig Philipp hatte nur die Corruption, die Manteuffel haben aber die Säbelherrschaft, die Corruption, die preußischen Pfiffe und das Zuchthaus! Die Manteuffel haben das System Ludwig Philipps unstreitig vervollkommnet. Sehen wir zu, ob sie auch so weit damit kommen werden, als Ludwig Philipp.</p> </div> <div xml:id="ar204b_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Frankfurt a. M., 23. Jan.</head> <p>(Nat.-Vers.) Die „<hi rendition="#g">Erblichkeit</hi>“ wird mit 263 gegen 21 Stimmen, der „lebenslängliche“ Kaiser mit 413 gegen 39; der Kaiser auf „zwölf“ Jahre mit 442 gegen 14, der auf „sechs“ Jahre mit 264 gegen 196, der auf „drei“ Jahre mit 305 gegen 120 verworfen.</p> </div> <div xml:id="ar204b_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Paderborn, 22. Jan.</head> <p>So eben ziehen die Urwähler jubelnd durch die Straßen, die schwarz-roth-goldene Fahne voran. Vor dem Hause des im Zuchthause zu Münster befiadlichen Referendar <hi rendition="#g">Loeher</hi> werden den „December-Verhafteten“ unzählige Hochs gebracht. Die Demokratie hat glänzend gesiegt. Von den 36 Wahlmännern Paderborns gehören 32 der entschiedenen Demokratie an, Mittelbürger und Referendarien. Die Wahl der 4 von der Rechten, gegen die hart gekämpft wurde, war nur dadurch möglich, daß in ihren Bezirken die Seminaristen, Franziskaner und geistlichen Professoren, zusammen eine starke Schaar, mitwählten. Es sind 3 Geistliche und ein anderer Reaktionär. In der Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In der Stadt Salzkotten sind von 10 Wahlmännern 9 Demokraten und 1 Geistlicher. Im Dorfe Elsen sind sämmtliche 4 Wahlmänner Demokraten. Westfalen wetzt diesmal die Schmach aus, die ihm seine zahlreich ausgerissenen Abgeordneten voriges Jahr angethan.</p> </div> <div xml:id="ar204b_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 23. Januar.</head> <p>Als Curiosum muß ich Ihnen melden, daß Johann mit sammt seinem Central-Reichsministerium nächstens in Schuldarrest gesperrt werden wird. Die auf Preußen, Baiern etc. gezogene Wechsel werden mit Protest zurückgeschickt. Kein Mensch zahlt mehr. Die gute provis. Reichsgewalt ist so arm, daß sie nicht einmal das Geld für Heitzungs- und Beleuchtungsapparat bezahlen kann. — Diese Nat.-Ver.-Angelegenheit wird ein äußerst klägliches Ende nehmen, wie sie es durch ihren 100fachen Verrath am deutschen Volke, durch ihre den Fürsten gegenüber bewiesene Feigheit, durch ihre Nichtbenutzung der schönen Frühlings- und Sommer-Monate verdient.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar204b_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 21. Januar.</head> <p>Die Frechheit der Ordnungsfreunde steigt; nach Behinderung des Bernard'schen Valentinoklubs ist die Reihe an den Club der Straße Arbalète gekommen, der im echten Proletarierquartier der Weber und Lumpensammler, Kaninchenfellhändler und kaminfegenden Savoyardenknaben gelegen, ein gar zu bedenklicher Kern des Aufruhrs für das 12. Arondissement, dessen Nationalgardenoberst Barbes, ist. Man wollte, wie gewöhnlich, die kindisch pedantische Broschüre des grundgelehrten Vaterlandsverräthers <hi rendition="#g">Guizot</hi> (unter dem Spottnamen „Pilatus“ in jenem Klub bekannt, während Adolf Thiers „der unbegnadigte Schächer am Kreuz“, Dupin „Judas Ischarioth“ titulirt wird) discutiren, als die Gardes Mobiles, diese dem einstigen Volksgericht nimmer entrinnenden Metzger Cavaignac's, das Lokal besetzten; die Straße wimmelte von Polizeiagenten. Unweit des Klubhauses liegt das Gefängniß St. Peleagie, wo so viele Schlachtopfer der Bourgeoisrachsucht und Bourgeoisjustiz als „Juniräuber“ auf den nach den Galeeren und Centralfestungen abgehenden Karren warten. Auch ist zu beachten, daß in der Nähe das berüchtigte Jesuitenhaus, dessen Grundstück und Bäulichkeiten neulich auf 2 1/4 Mill. Fr. taxirt wurden, sich befindet, und es ist klar, daß der Unterrichtsminister Falloux, dieser mit Fug vielgehaßte Jesuitenzögling und fanatischer Anbeter des Königthums, speziell von den heiligen Vätern auf den unheiligen Arbaléteklub gehetzt wurde. Falloux ist eine durch und durch verächtliche Kreatur, ohne Herz, ohne Geist, aber gegen religiöse, politische und sociale Ketzer zu jeder Perfidie, zu jeder Rohheit fähig. Der Präsident der Republik hat einige sechzig Frauen und Mädchen, die als Juniinsurgentinnen im Kerker St. Lazare saßen, begnadigt. So erbärmlich wenig dies den prahlenden Verheißungen einer Generalamnestie, womit er sich viele Vota erschlich, entspricht, so soll er doch schon dabei einen heftigen Krakehl mit dem Biedermann und Rechtsbodentreter Odilon Barrot und dem „guten Christen“ Falloux gehabt haben, die selbst eine theilweise Amnestie für zeitungemäß erklären. Barrot wird am besten als Portier dargestellt, der urplötzlich aus seiner düstern Loge zu ebner Erde, auf den hellen Gipfel des Staatsgebäudes emporgeschnellt, dort oben in schwindliger Höhe unerschütterlich an seinen alten Conciergemanieren hängt, wie Eugen Sue in den Pariser Mysterien sie uns im „Père Pipelet“ darstellt. Mit letzterm hat Père Barrot noch die riesige Glatze gemein, auch den, bald totalen, Mangel an Zähnen, wodurch die von Natur sehr laute, bullernde Stimme des alternden Konseilpräsidenten zu einem völlig unartikulirten Knurren und Heulen — der Charivari sagt gar: „Bulldoggenorgan“ — entartet. Man kann jedoch füglich nicht behaupten, daß dies Aeußere im Kontrast stehe mit dem Inhalte; es zeigt sich im Gegentheil eine erfreuliche Harmonie zwischen Père Barrot's Aussprache und Gedankengang; bulldoggisch ist dieser wie jene. Und dazu noch ist er ein ehrenwerther Mann, der auf Recht und Gerechtigkeit hält, er hat mit großer Emphase das Amnestiren bekämpft und in einer Privatunterredung gesagt: „Dem Gesetz muß und wird Kraft verbleiben.“ Fragt sich bloß, ob dem Portier Barrot noch lange Kraft verbleiben wird, die Amnestie zu verhindern. Im Total werden nur 1063 Junileute begnadigt, das ist das Maximum, wohin es dies s. g. Gnadenkomité zu bringen weiß; ohne dies Gnadenkomité waren längst, auf abermalige Durchsicht der Akten, 995 zur Amnestie notirt; es lohnte sich also um diese kleine Zulage von 68 Individuen wahrlich die Mühe nicht, drei Kommissarien mit Geschrei und Geldkosten nach den Küsten auf die Pontons zu senden. Diese Kommissäre waren bekanntlich drei verstockte Königsanhänger, folglich schon von vornherein wider alles Amnestiren von Leuten, die ihnen den vielgeliebten Louis Philipp zum Teufel gejagt hatten. Es bleiben noch etwa 2000 auf den Pontons, die energischesten, kompromittirtesten. Daß die Zurückkehrenden keine zärtliche Dankbarkeit für die Volksmarkverprasser, von denen sie sechs Monate gemartert, verleumdet und auf alle Weise in ihrer miserabeln Lage festgehalten wurden, hegen, wundert das allzeit naive „Siècle“; die Amnestirten kommen in Zügen von 10 à 15 Mann zurück, und die Arbeiter aller Ortschaften gehen ihnen entgegen, bewirthen sie und geben ihnen das Geleit. Bei dieser Gelegenheit, behauptet das Siècle, fallen sehr bedenkliche Reden, wodurch man eben nicht zum weitern Amnestiren aufgemuntert wird. — Ein blödsinniges Heulen über republikanische Finanzverschleuderung findet seine beste Widerlegung in folgenden Worten des bekannten, vom Schlagfluß getödteten, getrügerischen königlichen Finanzministers Hümann im Jahre 1841: „Die vermuthlichen Ausgaben von 1840 betragen 1402 Mill. 237,220 Fr. und die Einnahmen nur 1239 Mill. 735,540 Fr.; mithin ist in diesem unsern Büdget ein Plus der Ausgaben von 162,501,680 Fr.“ So steht es zu lesen im Bericht an den König (1841 März). Man merke sich dieses Defizit des ordnungsliebenden, friedlichen, erwerbschützenden, tugendpflegenden Königthumes. Und jetzt sind diese Königthümler, denen die Republik vergaß den Hals umzudrehen, oder wenigstens ein revolutionäres Purgir- oder Vomirmittelchen einzutrichtern, um ihnen die seit Robespierre's Fall verschluckten Volksarbeitsschätze wieder auszuquetschen, impertinent genug über die 15 Mill. der, notabene durch royalistische Kniffe, mißglückten Nationalwerkstätten und sonstige Ausgaben zu heulen. Madame France, wie die Republik jetzt heißt, wird sehr passend im Charivari als ein schönes Weib abgebildet, die auf dem Bette liegt als Patientin und von riesenhaften Blutigeln, deren das ganze blutige Zimmer voll, bereits zur Ohnmacht ausgesogen ist. Es wäre endlich Zeit, das revolutionäre Salz diesen Anneliden auf den Schwanz zu streuen. Heute vor 56 Jahren, Mittags, fiel der Kopf Louis XVI. auf dem Fleck, wo jetzt der ägyptische Obelisk steht; zur Feier dieses leider noch isolirten erfreulichen Ereignisses finden heute mehrere Bankette statt. „Die echten Demokraten“ sagt Constituant de Toulouse „hoffen, daß in Jahr und Tag es nicht bei Banketten zum Andenken jener Tyrannentödtung bleiben werde. Brüder aller Zungen! Demokraten der Karpathen und Theis, des Mains und Rheins, der Spree und Donau, der Tiber und Themse, wir beschwören euch angesichts des Tages, an dem unsre wackern Väter in der Revolution ein Königshaupt — und wahrlich keines der schlechtesten — vom Rumpf trennten: einigt euch; wir bieten euch die Hand. Laßt uns in Jahr und Tag eine Pyramide von Königsköpfen aufstapeln. Laßt uns austilgen mit der Wurzel dies dem Zeitgeist unangemessen gewordene Schmarotzergewächs, Königthum geheißen; seht, der würdige Nachkömmling des Bluthunds Wallenstein, der moderne Tilly, Fürst Windischgrätz, der stupide, brutale Mordbrenner Prag's und Wien's, der Bombardirer tschechischer und deutscher Freiheit, zeigt er euch und uns nicht den einzig richtigen Pfad? was eine unheilige Schurkenwaffe ist in der Hand dieses k. k. habsburgischen unreinen Thieres (bète immonde), das wird eine heilige Ehrenwaffe sein in der strafenden Hand des gerechten Volksmanns. Brüder! gelobt am 21. Januar, dem großen Feiertage der Volksjustiz, nicht zu zaudern, wo auch immer der Sieg euch lächelt, das Belagerungsgesetz mit Pulver und Blei zu proklamiren gegen die Feinde der Menschheit, und sollte eine ganze Kaste, eine ganze Klasse, wie z. B. die, welche die Wiener verrieth, darunter begriffen werden müssen. Gelobt, die alte siegreiche Energie unserer Revolutionsmänner von 1794 wieder zu bewahrheiten mit der schlagenden, unabwendbaren, scharfen That, und nicht nur auf dem geduldigen Papiere. Die Puritaner köpften einen verrätherischen Stuart. Die Jakobiner köpften einen verrätherischen Bourbon. Unmöglich darf es bleiben bei diesen zwei Exempeln; uns sind hunderte solcher Art nöthig, denn, wisset es, wir dürfen fortan nicht mehr mit Standrechtung, oder gar langweiliger Verurtheilung und Hinrichtung dieses oder jenes vereinzelten regierenden Familienchefs uns begnügen, sondern endlich ganz einfach zur Standrechtung (application militaire de la loi martiale) der gesammten Mitglieder der respektiven Familie, weß Alters sie seien, übergehen. Bedenkt, Brüder, Schwestern in der Demokratie, bedenkt die Millionen von Metternich's und Talleyrand's und Pozzo die Borgo's Schule an Leib und Seele geschändeter und geschädigter Europäer; bedenkt die durch pluto- und aristokratisches Gift befleckten Unschuldigen, bedeckt die durch Grausamkeit der Herrscherklasse verhungernden Arbeit suchenden Proletarier und Proletarierinnen. Bedenkt die tückisch und barbarenhaft zu Boden geschlagenen Nationalitäten; bedenkt die in Spanien, Oestreich, Italien, Polen gemordeten Demokraten.“</p> </div> <div xml:id="ar204b_010b" type="jArticle"> <p>(Schluß.) <hi rendition="#g">Marrast</hi> (nach einer Pause): Der Minister des Auswärtigen verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung. (Aufmerksamkeit.</p> <p><hi rendition="#g">Drouyn de Lhuys,</hi> Minister des Aeußern, besteigt die Bühne. Ich überreiche Ihnen, sagt er, einen Vertrag, welchen die diesseitige Regierung mit der Regierung von Baiern rücksichtlich der Anlage einer Eisenbahn von Straßburg nach Rheinbaiern abgeschlossen hat. (Ah! Ah! Man schien etwas Anderes zu erwarten).</p> <p>Die Maidebatte wird wieder aufgenommen.</p> <p><hi rendition="#g">Jules Favre</hi> erhebt sich gegen den Gesetzentwurf. Er bestreitet der Regierung das Recht, die Angeklagten vor einen außerordentlichen Gerichtshof zu stellen und tritt in lange, höchst spezielle, juridische Deduktionen; er erinnert an das Erschießen Rey's und die Attentatsprozesse vor dem monarchischen Pairshofe.</p> <p>Aber die Versammlung zeigt mehr Appetit für ihr Diner als für die Favreschen Deduktionen und politischen Considerationen; sie unterbricht ihn daher haüfig mit dem Rufe: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!</p> <p>Favre schließt mit der Erklärung, daß die Nationalversammlung nichts an Stärke und Festigkeit verlieren würde, wenn sie die Maigefangenen durch die Assisen richten lasse. (Die Debatte wird geschlossen und zur Abstimmung geschritten. Die Versammlung entscheidet mit 466 gegen 288 Stimmen, daß die Maigefangenen dem ersten Artikel des Entwurfs gemäß, vor die haute Cour zu stellen sind.</p> <p>Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen.</p> <p>Odilon-Barrot verspricht statt binnen 40 in 30 Tagen die haute Cour zusammen zurufen</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar204b_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Rom, 12. Jan.</head> <p>Die vollkommenste Ruhe herrscht in Rom. Der Bann des Pabstes hat nicht die geringste Wirkung gethan. Die Römer meinen, der Pabst sei doch ein anderer Mann als Radetzki, und wünschen nur, daß alle ihre Feinde zu ähnlichen Bannstrahlen ihre Zuflucht nehmen möchten. — Die Wahl-Listen werden allenthalben angefertigt. — Pius IX sitzt in einer doppelten Festung zu Gaeta: Von Diplomaten und Kardinälen umlagert, hat er sogar nicht mehr die Freiheit des „<hi rendition="#g">guten Willens</hi>.“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1115/0001]
Beilage zu Nr. 204 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Donnerstag 25. Januar 1849. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Wie man die Wahlfreiheit versteht.) Siegburg Cleve, Dortmund, Werl, Münster, Paderborn, (demokratische Wahlen.) Frankfurt. (Was aus dem deutschen Kaiser geworden ist.)
Französsische Republik. Paris (Fortschritte der Contrerevolution. — Der 21. Januar. — National-Versammlung (Schluß)
Italien. Rom. Die Wahlen.) Livorno. (Attentats-Gerüchte aus Neapel. — Bannstrahl gegen Bamstrahl.) Aus der Lombardei. (Protest der Emigrirten.)
Ungarn. Preßburg (Oestreichische Beruhigungsmittel.)
Großbritannien. London. (Die ministeriellen Parlaments-Diners.)
Amerika. Liverpool. (Die Sclavenfrage. — Postkonvention mit England ratifizirt — Kalifornien. — Landweg dahin. — Räuberbanden in Mexiko. — Cholera zu New-Orleans) Rio de Janeiro. (Fortdauer der Insurrection in Pernambuco.)
Deutschland. * Köln, 25. Januar. Bei Gebrüder v. Rath hat der Fabrikmeister seine Stelle verloren, „weil, wie es heißt, die Wahl gezeigt, daß derselbe einen zu großen Anhang unter den Arbeitern besitzt!“ So heißt es. Wir fragen die Herren von Rath: ist dies wahr oder nicht?
** Siegburg, 24. Jan. Bei den hiesigen Wahlen haben die Demokraten in drei Wahlbezirken, die Konstitutionellen im vierten gesiegt und zwar dadurch, daß in der Liste etliche zwanzig demokratische stimmberechtigte Urwähler ausgelassen und dadurch ihres Stimmrechts beraubt wurden, wogegen die Liste mehrere Konstitutionelle enthielt, die auch wirklich mitstimmten und doch keine 24 Jahre alt waren.
Die demokratische Partei hat sofort einen Protest an den Oberpräsidenten abgeschickt.
(Wir fordern die demokratischen Urwähler des betreffenden Bezirks auf, einen Protest an die zweite Kammer selbst vorzubereiten, da von einer Beschwerde an Manteuffel'sche Behörden in solchen Sachen nichts zu erwarten steht, und da die Kammer in letzter Instanz allein kompetent ist zu entscheiden, ob dergleichen Manöver die Wahl des Abgeordneten ungültig machen. Die Red.)
102 Cleve, 22. Jan. Die konstitutionell-preußen-vereinlichen Wühler, sie müssen wieder Heuler werden. Ach und Weh! Was hat es geholfen, daß der Landrath von Haeften auf stolzem Roß von schnellem Huf, durch die Dörfer sprengte, überall hin guten Rath und Harkort'sche Fabrikate austheilend? Was hat es geholfen, daß der Herr Justizrath von Göckingh, Hochwohlgeboren, eigenfüßig über's Land ging und prinzlich-preußisch-konstitutionelle Drucksachen den Landleuten in die Hände drückte? Was hat es geholfen, daß Bürgermeister, Polizeidiener, Barone, angestellte Nachtwächter und dergleichen Leute beständig auf den Beinen waren, und das Alles für ihr liebes Manteufelchen? Nichts, gar Nichts! Mühe und Geld, schweres Geld! Alles, aber auch Alles vergebens! Gewiß, wir fühlen Mitleid. Wir beklagen auch den armen Mann, der die grausigen Geschichten nach Berlin berichten muß, die heute in der alten guten Stadt Cleve passirt sind. —
Der konstitutionelle Preußenverein hat auch nicht einen einzigen seiner vorgeschlagenen Wahlmänner durchgesetzt, wahrend die drei und dreißig vom Wahlverein Aufgestellten mit Glanz durchgekommen sind. Ebenso hat auch die Umgegend Cleve's, die ganze Niederung, entschieden volksfreundliche Wahlmänner gewählt. Möge die Demokratie überall so siegen, wie hier am Orte.
Der Papa des konstitutionellen Vereins war Herr Oberprokuraten Wewer und der Präsident: Herr Advokat-Anwalt Dr. Weinhagen. Der Neid muß es ihnen lassen; die Herren haben sich ungeheuer angestrengt. Sie haben, als Männer des Rechts, gegen das klare Recht des Volkes gewirkt, so viel sie konnten.
24 Dortmund, 23. Januar. Seit jener Zeit, wo das reichsstädtische Knüppelregiment dahier sein Auferstehungsfest feierte und wo zwei Demokraten nach Münster geschleppt wurden, hat sich eben Nichts Großes im Eidotter der Mark gezeigt. Jetzt aber ist ein wahres Wunder geschehen.
In der gestrigen Wahlschlacht nämlich haben — hören und staunen Sie! — die Demokraten einen vollständigen Sieg errungen. Das sind die traurigen Folgen dieser Neuen Rhein. Zeitung, von welcher hier 21 Exemplare gehalten werden, die mindestens 1000 gierige Leser zählen!
Siebzehn Wahlbezirke wählten 24 Demokraten von reinem Wasser und der Jubel darauf war so groß, daß Abends 7 Uhr gegen 200 Demokraten einen Festzug durch die Stadt hielten, der geordnet und ohne jede Störung verlief. Tausend Hochs auf die Gefangenen zu Münster und den vollkommenen Sieg der Demokratie wurden ausgebracht und ergötzlich war es, die langen Gesichter der schwarz-weißen Beamten und Kornsäcke zu schauen!
XX Werl, 22. Januar. Ich beeile mich Ihnen anzuzeigen, daß bei uns die Demokratie einen entschiedenen Sieg in den Wahlen davongetragen hat. Außer einigen „Salzjunkern“, denen es gelang, durch Anwendung der äußersten Mittel bei ihren Taglöhnern und Salinen-Arbeitern sich die Majorität zu sichern, ist die Masse der Gewählten demokratisch.
Die Schwarz-weißen hatten Alles aufgewandt, um sich Erfolge zu sichern. Selbst auf den Wahlplätzen noch lagen ganze Haufen von Traktätlein, namentlich das Harkort'sche und das herrliche Köster'sche Wahlbüchlein, worin so viel Schönes von unserm König steht. Aber umsonst. Das Volk erklärte, es wolle Demokraten wählen, diese allein verträten wirklich seine Interessen. Auch die „Neue Preuß. Zeitung“ und ihr nobles „Sonntagsblatt“ fällt hier auf unfruchtbaren Boden. Sogar unsere Bauern sind erbittert darüber, daß man sie für unkultivirt genug hält, um an einer solchen Lektüre Geschmack zu finden. Und bedenken Sie, wir sind hier im Herzen der Mark!
X Münster, den 23. Jan. Wir hatten 14 Wahlbezirke; in jedem Bezirk wurden 6 Wahlmänner gewählt, macht 84. Unter diesen 84 genau gerechnet 68 Demokraten, welche gesichtet wieder 38 von der allerbreitesten Grundlage und 30 Republikaner geben. Die andern 16 gehören theils der Rechten an, theils befinden sie sich noch im Zustande des Schwankens zwischen der Linken und Rechten. Wenige höhere Beamte, wenige Patrizier und nur ein freisinniger Geistlicher wurden gewählt. Im vorigen Jahr gab es 10 Geistliche unter 42 Wahlmännern, diesmal einen unter 84!
Unter den liberalen Beamten, welche gewählt wurden, nenne ich Ihnen den Oberlandesgerichtsrath Stahlknecht, der einzige, welcher gegen das Verfahren des Oberlandesgerichts wider Temme stimmte. Die mageren Triumpfe der Contrerevolution beschränken sich auf den von der Husarenkaserne gewählten Davonläufer Wiedhorst, und auf den am 18. Jan. mit dem Unvermeidlichen gezierten Bankier Niedick, welcher im fettesten Bourgeoisbezirk gegen einen Demokraten nur mit einer Stimme Majorität durchkam.
So weit hat es also das nicht allein mit Adler-, sondern auch mit Bodelschwingen ausgerüstete Schwarzweißthum bei uns gebracht. Man glaubte die Demokratie wohl verwahrt hinter den Schlössern und Riegeln des Zuchthauses, und siehe da! die Demokratie ist in allen Gassen, in allen Häusern. Und es ist gar nicht einmal viel gewühlt worden. Zwar haben einige Plakate und die im Zuchthause geborene Volkshalle nach Kräften gewirkt, aber was war das im Vergleich mit dem Schmutzregen manteuffelscher und harkortscher Liebesbriefe. Was war das im Vergleich von Geld und Gut von Seiten unseres hohen Adels und hoher Bourgeoisie an viele Urwähler? Ludwig Philipp hatte nur die Corruption, die Manteuffel haben aber die Säbelherrschaft, die Corruption, die preußischen Pfiffe und das Zuchthaus! Die Manteuffel haben das System Ludwig Philipps unstreitig vervollkommnet. Sehen wir zu, ob sie auch so weit damit kommen werden, als Ludwig Philipp.
068 Frankfurt a. M., 23. Jan. (Nat.-Vers.) Die „Erblichkeit“ wird mit 263 gegen 21 Stimmen, der „lebenslängliche“ Kaiser mit 413 gegen 39; der Kaiser auf „zwölf“ Jahre mit 442 gegen 14, der auf „sechs“ Jahre mit 264 gegen 196, der auf „drei“ Jahre mit 305 gegen 120 verworfen.
* Paderborn, 22. Jan. So eben ziehen die Urwähler jubelnd durch die Straßen, die schwarz-roth-goldene Fahne voran. Vor dem Hause des im Zuchthause zu Münster befiadlichen Referendar Loeher werden den „December-Verhafteten“ unzählige Hochs gebracht. Die Demokratie hat glänzend gesiegt. Von den 36 Wahlmännern Paderborns gehören 32 der entschiedenen Demokratie an, Mittelbürger und Referendarien. Die Wahl der 4 von der Rechten, gegen die hart gekämpft wurde, war nur dadurch möglich, daß in ihren Bezirken die Seminaristen, Franziskaner und geistlichen Professoren, zusammen eine starke Schaar, mitwählten. Es sind 3 Geistliche und ein anderer Reaktionär. In der Umgegend sind die Wahlen entschieden demokratisch ausgefallen. In der Stadt Salzkotten sind von 10 Wahlmännern 9 Demokraten und 1 Geistlicher. Im Dorfe Elsen sind sämmtliche 4 Wahlmänner Demokraten. Westfalen wetzt diesmal die Schmach aus, die ihm seine zahlreich ausgerissenen Abgeordneten voriges Jahr angethan.
!!! Frankfurt, 23. Januar. Als Curiosum muß ich Ihnen melden, daß Johann mit sammt seinem Central-Reichsministerium nächstens in Schuldarrest gesperrt werden wird. Die auf Preußen, Baiern etc. gezogene Wechsel werden mit Protest zurückgeschickt. Kein Mensch zahlt mehr. Die gute provis. Reichsgewalt ist so arm, daß sie nicht einmal das Geld für Heitzungs- und Beleuchtungsapparat bezahlen kann. — Diese Nat.-Ver.-Angelegenheit wird ein äußerst klägliches Ende nehmen, wie sie es durch ihren 100fachen Verrath am deutschen Volke, durch ihre den Fürsten gegenüber bewiesene Feigheit, durch ihre Nichtbenutzung der schönen Frühlings- und Sommer-Monate verdient.
Französische Republik. 17 Paris, 21. Januar. Die Frechheit der Ordnungsfreunde steigt; nach Behinderung des Bernard'schen Valentinoklubs ist die Reihe an den Club der Straße Arbalète gekommen, der im echten Proletarierquartier der Weber und Lumpensammler, Kaninchenfellhändler und kaminfegenden Savoyardenknaben gelegen, ein gar zu bedenklicher Kern des Aufruhrs für das 12. Arondissement, dessen Nationalgardenoberst Barbes, ist. Man wollte, wie gewöhnlich, die kindisch pedantische Broschüre des grundgelehrten Vaterlandsverräthers Guizot (unter dem Spottnamen „Pilatus“ in jenem Klub bekannt, während Adolf Thiers „der unbegnadigte Schächer am Kreuz“, Dupin „Judas Ischarioth“ titulirt wird) discutiren, als die Gardes Mobiles, diese dem einstigen Volksgericht nimmer entrinnenden Metzger Cavaignac's, das Lokal besetzten; die Straße wimmelte von Polizeiagenten. Unweit des Klubhauses liegt das Gefängniß St. Peleagie, wo so viele Schlachtopfer der Bourgeoisrachsucht und Bourgeoisjustiz als „Juniräuber“ auf den nach den Galeeren und Centralfestungen abgehenden Karren warten. Auch ist zu beachten, daß in der Nähe das berüchtigte Jesuitenhaus, dessen Grundstück und Bäulichkeiten neulich auf 2 1/4 Mill. Fr. taxirt wurden, sich befindet, und es ist klar, daß der Unterrichtsminister Falloux, dieser mit Fug vielgehaßte Jesuitenzögling und fanatischer Anbeter des Königthums, speziell von den heiligen Vätern auf den unheiligen Arbaléteklub gehetzt wurde. Falloux ist eine durch und durch verächtliche Kreatur, ohne Herz, ohne Geist, aber gegen religiöse, politische und sociale Ketzer zu jeder Perfidie, zu jeder Rohheit fähig. Der Präsident der Republik hat einige sechzig Frauen und Mädchen, die als Juniinsurgentinnen im Kerker St. Lazare saßen, begnadigt. So erbärmlich wenig dies den prahlenden Verheißungen einer Generalamnestie, womit er sich viele Vota erschlich, entspricht, so soll er doch schon dabei einen heftigen Krakehl mit dem Biedermann und Rechtsbodentreter Odilon Barrot und dem „guten Christen“ Falloux gehabt haben, die selbst eine theilweise Amnestie für zeitungemäß erklären. Barrot wird am besten als Portier dargestellt, der urplötzlich aus seiner düstern Loge zu ebner Erde, auf den hellen Gipfel des Staatsgebäudes emporgeschnellt, dort oben in schwindliger Höhe unerschütterlich an seinen alten Conciergemanieren hängt, wie Eugen Sue in den Pariser Mysterien sie uns im „Père Pipelet“ darstellt. Mit letzterm hat Père Barrot noch die riesige Glatze gemein, auch den, bald totalen, Mangel an Zähnen, wodurch die von Natur sehr laute, bullernde Stimme des alternden Konseilpräsidenten zu einem völlig unartikulirten Knurren und Heulen — der Charivari sagt gar: „Bulldoggenorgan“ — entartet. Man kann jedoch füglich nicht behaupten, daß dies Aeußere im Kontrast stehe mit dem Inhalte; es zeigt sich im Gegentheil eine erfreuliche Harmonie zwischen Père Barrot's Aussprache und Gedankengang; bulldoggisch ist dieser wie jene. Und dazu noch ist er ein ehrenwerther Mann, der auf Recht und Gerechtigkeit hält, er hat mit großer Emphase das Amnestiren bekämpft und in einer Privatunterredung gesagt: „Dem Gesetz muß und wird Kraft verbleiben.“ Fragt sich bloß, ob dem Portier Barrot noch lange Kraft verbleiben wird, die Amnestie zu verhindern. Im Total werden nur 1063 Junileute begnadigt, das ist das Maximum, wohin es dies s. g. Gnadenkomité zu bringen weiß; ohne dies Gnadenkomité waren längst, auf abermalige Durchsicht der Akten, 995 zur Amnestie notirt; es lohnte sich also um diese kleine Zulage von 68 Individuen wahrlich die Mühe nicht, drei Kommissarien mit Geschrei und Geldkosten nach den Küsten auf die Pontons zu senden. Diese Kommissäre waren bekanntlich drei verstockte Königsanhänger, folglich schon von vornherein wider alles Amnestiren von Leuten, die ihnen den vielgeliebten Louis Philipp zum Teufel gejagt hatten. Es bleiben noch etwa 2000 auf den Pontons, die energischesten, kompromittirtesten. Daß die Zurückkehrenden keine zärtliche Dankbarkeit für die Volksmarkverprasser, von denen sie sechs Monate gemartert, verleumdet und auf alle Weise in ihrer miserabeln Lage festgehalten wurden, hegen, wundert das allzeit naive „Siècle“; die Amnestirten kommen in Zügen von 10 à 15 Mann zurück, und die Arbeiter aller Ortschaften gehen ihnen entgegen, bewirthen sie und geben ihnen das Geleit. Bei dieser Gelegenheit, behauptet das Siècle, fallen sehr bedenkliche Reden, wodurch man eben nicht zum weitern Amnestiren aufgemuntert wird. — Ein blödsinniges Heulen über republikanische Finanzverschleuderung findet seine beste Widerlegung in folgenden Worten des bekannten, vom Schlagfluß getödteten, getrügerischen königlichen Finanzministers Hümann im Jahre 1841: „Die vermuthlichen Ausgaben von 1840 betragen 1402 Mill. 237,220 Fr. und die Einnahmen nur 1239 Mill. 735,540 Fr.; mithin ist in diesem unsern Büdget ein Plus der Ausgaben von 162,501,680 Fr.“ So steht es zu lesen im Bericht an den König (1841 März). Man merke sich dieses Defizit des ordnungsliebenden, friedlichen, erwerbschützenden, tugendpflegenden Königthumes. Und jetzt sind diese Königthümler, denen die Republik vergaß den Hals umzudrehen, oder wenigstens ein revolutionäres Purgir- oder Vomirmittelchen einzutrichtern, um ihnen die seit Robespierre's Fall verschluckten Volksarbeitsschätze wieder auszuquetschen, impertinent genug über die 15 Mill. der, notabene durch royalistische Kniffe, mißglückten Nationalwerkstätten und sonstige Ausgaben zu heulen. Madame France, wie die Republik jetzt heißt, wird sehr passend im Charivari als ein schönes Weib abgebildet, die auf dem Bette liegt als Patientin und von riesenhaften Blutigeln, deren das ganze blutige Zimmer voll, bereits zur Ohnmacht ausgesogen ist. Es wäre endlich Zeit, das revolutionäre Salz diesen Anneliden auf den Schwanz zu streuen. Heute vor 56 Jahren, Mittags, fiel der Kopf Louis XVI. auf dem Fleck, wo jetzt der ägyptische Obelisk steht; zur Feier dieses leider noch isolirten erfreulichen Ereignisses finden heute mehrere Bankette statt. „Die echten Demokraten“ sagt Constituant de Toulouse „hoffen, daß in Jahr und Tag es nicht bei Banketten zum Andenken jener Tyrannentödtung bleiben werde. Brüder aller Zungen! Demokraten der Karpathen und Theis, des Mains und Rheins, der Spree und Donau, der Tiber und Themse, wir beschwören euch angesichts des Tages, an dem unsre wackern Väter in der Revolution ein Königshaupt — und wahrlich keines der schlechtesten — vom Rumpf trennten: einigt euch; wir bieten euch die Hand. Laßt uns in Jahr und Tag eine Pyramide von Königsköpfen aufstapeln. Laßt uns austilgen mit der Wurzel dies dem Zeitgeist unangemessen gewordene Schmarotzergewächs, Königthum geheißen; seht, der würdige Nachkömmling des Bluthunds Wallenstein, der moderne Tilly, Fürst Windischgrätz, der stupide, brutale Mordbrenner Prag's und Wien's, der Bombardirer tschechischer und deutscher Freiheit, zeigt er euch und uns nicht den einzig richtigen Pfad? was eine unheilige Schurkenwaffe ist in der Hand dieses k. k. habsburgischen unreinen Thieres (bète immonde), das wird eine heilige Ehrenwaffe sein in der strafenden Hand des gerechten Volksmanns. Brüder! gelobt am 21. Januar, dem großen Feiertage der Volksjustiz, nicht zu zaudern, wo auch immer der Sieg euch lächelt, das Belagerungsgesetz mit Pulver und Blei zu proklamiren gegen die Feinde der Menschheit, und sollte eine ganze Kaste, eine ganze Klasse, wie z. B. die, welche die Wiener verrieth, darunter begriffen werden müssen. Gelobt, die alte siegreiche Energie unserer Revolutionsmänner von 1794 wieder zu bewahrheiten mit der schlagenden, unabwendbaren, scharfen That, und nicht nur auf dem geduldigen Papiere. Die Puritaner köpften einen verrätherischen Stuart. Die Jakobiner köpften einen verrätherischen Bourbon. Unmöglich darf es bleiben bei diesen zwei Exempeln; uns sind hunderte solcher Art nöthig, denn, wisset es, wir dürfen fortan nicht mehr mit Standrechtung, oder gar langweiliger Verurtheilung und Hinrichtung dieses oder jenes vereinzelten regierenden Familienchefs uns begnügen, sondern endlich ganz einfach zur Standrechtung (application militaire de la loi martiale) der gesammten Mitglieder der respektiven Familie, weß Alters sie seien, übergehen. Bedenkt, Brüder, Schwestern in der Demokratie, bedenkt die Millionen von Metternich's und Talleyrand's und Pozzo die Borgo's Schule an Leib und Seele geschändeter und geschädigter Europäer; bedenkt die durch pluto- und aristokratisches Gift befleckten Unschuldigen, bedeckt die durch Grausamkeit der Herrscherklasse verhungernden Arbeit suchenden Proletarier und Proletarierinnen. Bedenkt die tückisch und barbarenhaft zu Boden geschlagenen Nationalitäten; bedenkt die in Spanien, Oestreich, Italien, Polen gemordeten Demokraten.“
(Schluß.) Marrast (nach einer Pause): Der Minister des Auswärtigen verlangt das Wort zu einer Mittheilung der Regierung. (Aufmerksamkeit.
Drouyn de Lhuys, Minister des Aeußern, besteigt die Bühne. Ich überreiche Ihnen, sagt er, einen Vertrag, welchen die diesseitige Regierung mit der Regierung von Baiern rücksichtlich der Anlage einer Eisenbahn von Straßburg nach Rheinbaiern abgeschlossen hat. (Ah! Ah! Man schien etwas Anderes zu erwarten).
Die Maidebatte wird wieder aufgenommen.
Jules Favre erhebt sich gegen den Gesetzentwurf. Er bestreitet der Regierung das Recht, die Angeklagten vor einen außerordentlichen Gerichtshof zu stellen und tritt in lange, höchst spezielle, juridische Deduktionen; er erinnert an das Erschießen Rey's und die Attentatsprozesse vor dem monarchischen Pairshofe.
Aber die Versammlung zeigt mehr Appetit für ihr Diner als für die Favreschen Deduktionen und politischen Considerationen; sie unterbricht ihn daher haüfig mit dem Rufe: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!
Favre schließt mit der Erklärung, daß die Nationalversammlung nichts an Stärke und Festigkeit verlieren würde, wenn sie die Maigefangenen durch die Assisen richten lasse. (Die Debatte wird geschlossen und zur Abstimmung geschritten. Die Versammlung entscheidet mit 466 gegen 288 Stimmen, daß die Maigefangenen dem ersten Artikel des Entwurfs gemäß, vor die haute Cour zu stellen sind.
Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen.
Odilon-Barrot verspricht statt binnen 40 in 30 Tagen die haute Cour zusammen zurufen
Italien. 068 Rom, 12. Jan. Die vollkommenste Ruhe herrscht in Rom. Der Bann des Pabstes hat nicht die geringste Wirkung gethan. Die Römer meinen, der Pabst sei doch ein anderer Mann als Radetzki, und wünschen nur, daß alle ihre Feinde zu ähnlichen Bannstrahlen ihre Zuflucht nehmen möchten. — Die Wahl-Listen werden allenthalben angefertigt. — Pius IX sitzt in einer doppelten Festung zu Gaeta: Von Diplomaten und Kardinälen umlagert, hat er sogar nicht mehr die Freiheit des „guten Willens.“
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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