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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 211. Köln, 2. Februar 1849. Beilage.

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Beilage zu Nr. 211 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag 2. Februar 1849.
[Großbritannien]

[Fortsetzung] gezwungen sein, unsere Größe als Nation und die Weisheit anzuerkennen, welche die glorreichen Institutionen geschaffen und erhalten hat, die uns die Aufrechthaltung der "Ordnung" mit ihren segensreichen Folgen: Nationalreichthum und allgemeiner Zufriedenheit sichern!"

"Das war der Sinn, wenn auch vielleicht nicht der genaue Wortlaut, der insolenten Ansprache der Times an Louis Blanc. Und doch wußte die Times sehr wohl, daß der Mann, an den sie ihre Worte richtete, nur ein paar Straßen rechts oder links von der anempfohlenen Promenade abzuschweifen brauchte, um auf Elend zu stoßen, welches Alles, was in der Art in Paris zu finden ist, nicht allein erreicht, sondern es möglicherweise noch übertrifft. Die Times wußte, daß fast im Schatten des Pallastes der Königin, daß im Schatten der Mauern, aus welchen England seine Gesetze empfängt, die jammervollste Armuth und die brutalste Unwissenheit in einem Grade herrschen, wie die französische Metropolis sie nicht kennt. Wo Mangel und Unwissenheit wohnen, da hat auch das Laster seinen Sitz aufgeschlagen. Die Kathedrale von Westminster dünkt sich zu rein, die Bildsäule Byron's zuzulassen, aber sie findet es nicht unter ihrer Würde, den Lohn der Schmach in Gestalt von Hauszins für Bordelle einzustreichen. Das finstere Gefängniß auf den Tothill-Feldern ist ein würdiges Seitenstück zu Pallast und Abtei.

"Ueberall, in Ost, Nord, Süd und West, hätte Louis Blanc zu Boden schmetternde Beweise für die Verrottetheit des allgepriesenen englischen "Systems" auffinden können.

"Der altgewordene Possenreißer Punch bringt diese Woche ein imaginäres Bildniß John Bull's und seiner Familie, wie sie in allen Comforts eines englischen Muster-Home's schweigen. John ist so vollblütig wie ein Preisochs, und so glücklich wie ein wohlgemästeter Idiot. Die Familie entspricht natürlich ihrem Haupte. Um das Bildniß herum schlängeln sich Arabesken, welche die Revolution in Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland carikiren sollen: Alles Bürgerkrieg, Mord, Elend jeglicher Art. Der "Kommunismus" schwingt Dolch und Fackel, und verbreitet rund um sich her Ruin, Verwüstung und Verzweiflung. Der beabsichtigte Kontrast ist nicht zu verkennen. Aber wie jener Künstler ein Pferd malte und darunter schrieb: "Dies ist ein Pferd!" so schreibt Punch, damit man ihn ja nicht mißverstehen möge, unter sein Zerrbild: "Zu Haus ist's am Besten!"

"Nun aber wendet eure Augen von den Windbeuteleien dieses Bourgeois-Possenreißers zu den haarsträubenden Realitäten des Pesthauses von Tooting! In Punch's Phantasiebilde vom Heerde eines Engländers seht ihr die Kinder von jedem Comfort, um nicht zu sagen Luxus, umgeben; einige lesen, andere spielen, alle scheinen glücklich. Das mag auf das Innere von Buckingham-Palace vortrefflich passen, aber es ist schnurstracks das Gegentheil der Wirklichkeiten in Drouet's Schänderhöhle. In diesem Pesthause sind die Kinder geradezu auf dem Altar des Profits geopfert worden. Der Eigenthümer lebte von dem In-Pflege-Nehmen ("farming") von Armenkindern, Knaben und Mädchen, und wie er sie verpflegte, darüber kann das Ergebniß der Untersuchung euch in's Klare setzen. Ueberfüllung, Mangel an Ventilation, ungenügende Bekleidung, zu wenig und nicht geeignete Nahrung, Feuchtigkeit, Kälte und verpestende Ausdünstungen brachten ihre natürlichen Resultate zuwege -- erst Diarrhöe, hernach Cholera. Vierzehn Tage verstrichen zwischen dem Erscheinen der warnenden Symptome und dem Ausbruch der Seuche; dennoch geschah nichts, um das unbedeutendere Uebel zu hemmen und der Ankunft der asiatischen Geißel zuvorzukommen. Keiner der zahllosen angedeuteten Uebelstände (nuisances) wurde beseitigt: keine Verbesserung in Nahrung, Kleidung, Ventilation; keine Umgestaltung des medicinischen Departements der Anstalt! Die Zerstörerin kam, und nachdem Zeugnisse Mr. Wakley's, des Leichenbeschauers, wurden binnen zwei Wochen achtzig Kinder zu Grabe gekarrt! Glücklich diese Unglücklichen, wenn der Tod ihren Leiden ein Ende machte! Denkt sie euch, zwei, drei und selbst vier in Einem Bett, einige eben von der Krankheit befallen, andere schon furchtbar leidend, andere im höchsten Zustande der Agonie, andere sterbend! Denkt euch diese unglücklichen kleinen Wesen, wie sie, mit der Heftigkeit und den Qualen, welche der Cholera eigenthümlich sind, ohne hinreichende Bequemlichkeit und Pflege purgiren und sich erbrechen!" "Ich fand," sagt Mr. Grainger, (einer der zur Untersuchung in die Anstalt geschickten Aerzte) "vier von den weiblichen Pfleglingen der Aufsicht einer Wärterin überwiesen!" Er und ein anderer Arzt, Mr. Popham, erzählen, daß der Fußboden und das Bettzeug -- bloß aus Mangel an genügender Aufwartung -- in den Ausleerungen der leidenden Kinder schwammen! Mehr als hundert von den Opfern starben unter diesem Schrecken. Nur die verhängnißvolle Küste Afrika's kann analoge Fälle aufweisen. Aber die Opfer der Niger-Expedition gingen dem Tode mit offenen Augen entgegen; ihr Verhängniß war ein minder schauderhaftes. Die "Philanthropen" von Exeter-Hall projektirten und die Regierung begünstigte jene wahnsinnige Unternehmung, aber die Männer, die sich zu ihr hergaben, kannten den Charakter des Klima's, dem sie zu trotzen wagten. Von der Liebe zum Abenteuerlichen oder der Hoffnung auf Gewinn getrieben, zogen sie auf ihre romantische Expedition aus, ihr Leben in der Hand, und nur zu viele der Tapfern mußten ihre Tollkühnheit mit theurer Buße bezahlen. Im Falle der "Armenkinder" dagegen waren die beklagenswerthen Opfer keineswegs freie Herren ihrer Handlungen. Sie nahmen ihren Aufenthalt zu Tooting nicht freiwillig. Indem sie den Entbehrungen und Greueln Trotz boten, welche ihren Tod herbeiführten, wurden sie weder durch den Hang zum Abenteuerlichen, noch durch die Hoffnung auf Ruhm oder Gewinn angetrieben. Die hülflosen Opfer eines mitleidslosen Systems, wurden sie "in Pflege gegeben": wenn sie konnten, um zu leben; wenn nicht, um zu sterben! Und wie zu sterben! "Marcus" war ein Philantrop, wenn man ihn mit den Leuten vergleicht, die gegenwärtig für die "Ausrottung des Pauperismus" sorgen, indem sie die Paupers um's Leben bringen. Es ist wahr, der genannte "Philosoph" schlug ein legalisirtes System offnen, unverhüllten Mordes vor, aber er zeigte, daß doch noch ein Fünkchen Mitleid in ihm war, indem er durch "schmerzlose Vertilgung" (jedes dritten, vierten u. s. w. Kindes, um der Uebervölkerung zu steuern) zu morden empfahl. Welcher Vater, wenn seine Kinder einmal umkommen müssen, wird sie nicht lieber durch Aether oder Chloroform sterben sehen, als durch die schreckliche, in den Pesträumen von Tooting ausgebrütete Krankheit! Marcus ist ein Priester der Humanität, wenn man ihn neben die unmenschlichen Händler mit dem Leben englischer "Armenkinder" stellt.

"Seht hin! das die Früchte des saubern Systems, das die grausame Times mit dem gesammten Neste unseres Preßgelichters bis in den Himmel erhebt! Glückliches England! "Zu Haus ist's am Besten!"

(Schluß folgt.)

Donaufürstenthümer.
Bucharest.

Unser glückliches Ländchen, dem doch gewiß kein Leid zugefügt werden kann, da es noch immer von den Bajonetten der mächtigen türkischen und russischen Truppen beschützt wird, bietet fortwährend in seinen Zuständen ein Bild, das in ernsten, wie in komischen Situationen einem Hogarth'schen Pinsel vollkommen reichhaltigen Stoff gäbe. Wie Hogarth die heterogensten Gegenstände auf seinen Platten untereinanderwarf, will auch ich Ihnen die letzten Scenen aus unserem hiesigen Leben, wie sie eben an uns vorübergehen, mittheilen. Daß die allgemeine Entwaffnung sämmtlicher Stadt- und Landbewohner (bei welch' letztern auch die Holzäxte zu den Waffen gezählt wurden, bis man endlich einsah, daß man ohne Aexte kein Holz fällen könne, um die Soldaten zu wärmen) mit aller Strenge vollzogen worden. Daß die Chambre ardente, welche das russische Regiment mit dem einfachen Namen einer Untersuchungs-Kommission aufgestellt hat, die zahlreichen als Revolutionäre denunzirten Opfer aller Stände, in Stadt und Land, vom sonntäglichen Gottesdienste wie aus den Schenken weg und inmitten ihrer gewöhnlichen Beschäftigungen festnehmen und in das Kloster Bakarest einsperren ließ, in dessen Gewölbe auch die leblosen und bei der hiesigen romänischen Freiheits-Erhebung gewiß unschuldigen Revolutionswerkzeuge -- die herbeigesammelten Waffen nämlich -- dem Rost und dem Verderben Preis gegeben worden sind; daß noch immer russische Truppen aus der Moldau nachkommen -- gestern angeblich wieder ein paar Tausend Mann -- und in Stadt und Land bei den Einwohnern einquartirt werden, von denen Mancher in seiner Wohnung, -- er mag Eigenthümer oder Miether sein -- auch wohl 20 dieser ersehnten Gäste zu beherbergen, zu beheizen und zu beleuchten, auch wohl gar mitunter zu beköstigen hat; dies und vielleicht manches andere noch werden Sie früher schon und somit auch erfahren haben, wie väterlich die russische Regierung auch darin für die Walachei gesinnt sei, daß sie der Caimacamie die namhaftesten Geldvorschüsse verabfolgen läßt, damit der Landesschatz in Erfüllung der dem Lande in bestimmten Ausdrücken auferlegten Schuldigkeit, alle Bedürfnisse der russischen Truppen zu bestreiten, nicht in Verlegenheit gerathen möge. Ueber diese dermalen und andere früher geleisteten Vorschüsse -- so lautet huldvoll die diesfällige naive Eröffnung der russischen Regierung an die Caimacamie -- werde man seiner Zeit Abrechnung halten! -- Auf welche Weise diese Abrechnung geschehen solle, darüber ist jetzt natürlich keine Zeit zu sprechen, wo die Hauptsorge des walachischen Caimacams ausschließlich dahin gerichtet sein muß, daß alle Mittel vorhanden seien, damit es den bekreuzten sowohl, als den besternten Pikelhauben und Festragenden Gästen nebst den nothwendigen Bedürfnissen auch an ausgesuchtern Freuden und Annehmlichkeiten der Lebens nicht fehlen möge.

Amerika.
068 New-York, 13. Januar.

Wie wohlfeil die Centralregierung der Vereinigten Freistaaten ist, zeigt jedes Jahr die Botschaft des Präsidenten. Das weiß außerdem Jeder, der nur entfernt von den Verhältnissen der Union hat reden hören. Es frägt sich aber, wie es mit den Kosten der 30 Einzelregierungen bestellt ist; ob nicht, wenn man diese hinzurechnet, die republikanische Regierungsform am Ende denn doch nicht auch hoch genug zu stehen komme?

Um hierüber jeden Zweifel zu beseitigen, braucht man blos die offiziellen Rechenschaftsberichte der Präsidenten der einzelnen Staaten neben einander zu legen und die Gesammtsumme herauszuziehen. Es ergiebt sich bei dieser Arbeit daß sämmtliche Verwaltungs- oder Regierungskosten in den 30 Republiken der Union jährlich nicht mehr betragen, als 5,062,310 Dollars (7,154,786 Thlr. Pr. Ct.), d. h. nicht mehr als etwa zwei gutgefütterte deutsche "Landesväter" dem deutschen Volke jährlich zu stehen kommen.

Während allein die geliebten und theuern deutschen Fürsten mit ihren-nächsten Hofschranzen jährlich nicht weniger als 45 Mill. Thlr. aus den Taschen der getreuen Unterthanen hinunterschlucken, bedarf die über 12 Mal so große Union -- diese Verbindung von 30 Republiken -- noch lange nicht jene Summe, um sowohl alle Kosten der Centralregierung, wie die der 30 Einzelregierungen, in allen Zweigen der Verwaltung vollständig zu decken.

Daher das große Erstaunen der deutschen Einwanderer, die es in der ersten Zeit ihres Hierseins kaum glauben wollen, daß der Mensch eigentlich nicht ganz zum Steuerzahlen geboren sei, woran man doch in Deutschland als an das erste Gebot von Jugend auf gewöhnt wird. Erst allmälig finden sie sich darein und werden gerade deshalb, weil sie so viele Jahre lang die gottbegnadete Aussaugungskunst und die ganze staatsmännische Spitzbüberei in Deutschland gründlich erduldet haben, um so festere Republikaner.

In den nordamerikanischen Freistaaten werden die Ausgaben, trotz der ungemein steigenden Bevölkerung, jährlich vermindert. (Unsere christlich-germanischen Landesväter werden über solche unhistorische Steuerverminderung waidlich lachen, da sie jedes Jahr das Budget anzuschwellen, keinesfalls aber zu verringern wissen.) In Deutschland wird von den Regierungsmännern gerade das Anwachsen der Bevölkerung als Grund für das Anwachsen der Ausgaben angeführt. Wie müßten da, sollte dieser monarchische Grundsatz hier in der Republik zur Anwendung kommen, die Ausgaben jährlich zunehmen, da sich die Bevölkerung keines Landes auf der Welt so rasch vermehrt, als die der nordamerikanischen Union. Nun findet das gerade Gegentheil statt. Ungeachtet der unglaublich anwachsenden Seelenzahl werden überall die Ausgaben und die ohnehin so geringen Steuern noch mehr verringert. Sehr bitter für die Lobpreiser der Monarchie! Es bleibt ihnen nur übrig, die ungeheure monarchische Steuerlast mit dem unbezahlbaren Glücke zu entschuldigen, daß dafür die "getreuen Unterthanen" von Hofschranzen, Krautjunkern, schleppsäbligen Söldlingen und den Beamten-Heuschwärmen aller Art "von Gottes Gnaden" malträtirt, gemaßregelt, ausgezogen, niedergekolbt und allergnädigst befußtrittet werden.

Redakteur en chef Karl Marx.
Brief an Herrn F. Harkort, Herrn Köster und Consorten, als Antwort auf ihre mir zugegangenen Briefe und Flugblätter.

Gruß und Handschlag Euch Biedermänner, die seit einiger Zeit an meine Ueberzeugungs-Genossen und naich Millionen Schreiben des Vertrauens richteten, aus dem Grunde, weil Ihr zur Stunde der Gefahr unsere Seelen schwarz-weiß anstreichen wolltet!

Dürften wir auf Dank irgend einer Art Anspruch machen, wahrlich, wir hätten ihn reichlich aus Eurer schlichten Hand empfangen!

Es ist wohl schon zu Eurer Wissenschaft gekommen, liebe Freunde und Landesgenossen, daß wir auf Euer Geheiß unsern Bauernwitz zusammengenommen und den Leuten aus der Stadt Berlin die Würmer aus der Nase gezogen haben. Das heißt: wir haben in der beendeten Urwahl fast lauter Demokraten, oder in Euerm Deutsch "Lotterbuben" gewählt.

"Ja," fallt Ihr mir in die Rede und schüttelt mit dem Kopf, "das ist doch so haarscharf noch nicht ausgemacht. Wir Reaktionars sind verflucht pfiffige Kerls. Wir lassen noch eine Millionen demokratische Briefe drucken; dann wollen wir die Demokraten schon klein kriegen und die Deputirten werden doch nach unserm Sinne gewählt."

Ihr lieben Freunde, darauf will ich Euch antworten. Wenn ein schwarz-weißer Schwätzer mit dem Bürgersmann ins Wirthshaus geht, so geschieht oft, daß der Erstere die Zeche bezahlen muß.

Fast alle Tage schaut man solche Exempel, allein kein Mensch nimmt sich ein Exempel dran, sondern Jeder will durch selbst empfangene Schläge klug werden.

Tritt ein Mann mit der Beredsamkeit eines Krummachers an und predigt:

"Wählt nur Reaktionärs!" so behagt das wenig Leuten, da heißt es: das ist die alte Melodie, die uns beinahe ganz die Lust zum Singen benommen hat. Kommt dagegen ein ehrlicher Mann und hat er auch einen gräßlich langen rothen oder schwarzen Bart und sagt uns: wählt Leute, die nicht für Geld sprechen, sondern nach Ueberzeugung, so rufen wir: "Vivant die Demokraten!"

Aber nun drückt Harkort seine Landwehrkappe über das linke Auge, stemmt den Arm auf den Tisch und fährt mich unwirsch an: "Was schiert das Alles mich? Arbeit bleibt für Jedermann der goldene Boden Ich hab' hier in Berlin gut und warm gegessen und mein Zins' und Sportel allzeit richtig abgeführt!"

Sieh Freund, das sprichst Du eben, wie Du es verstehst und vergissest schier, daß Du seit dem 18. März in die Reihen der konstitutionellen Staatsbürger eingetreten bist und dadurch einen Antheil an der Staatsverwaltung erlangtest, für den Du mit Hut und Kragen verantwortlich bist. Meinst Du, das Wahlgeschäft sei nur so zum Spaß vor sich gegangen und Deine guten Freunde, die Demokraten seien nur zu Narrethei und Kurzweil gewählt? Ei Lieber! sieh Du wohl zu und trau den Rothbärten nicht allzuviel; ich fürchte, daß das Häslein, welches sie Dir verschafften, Dir ein theurer Braten wird! Die Sonnenbrüder von Stadt und Land, die Hungerer und Lungerer mit den weiten Bettelsäcken stehen schon bereit; Eure Freunde, die Demokraten, hinter ihnen, -- ich sage Euch, das gibt einen herrlichen Betteltanz und die Melodie von ihrem "heute mir, morgen Dir!" wird Euch in die Ohren gellen, daß Ihr sie Euer Lebtag' nicht vergeßt! --

Aber ein altes Sprichwort geht: "den treuen Freund erkennt man in der Noth!" Gottes weise Fügung hat auch Dich, Freund Harkort, in die Schule der Erfahrung geschickt. Denn, o wehe! Dein Schirmherr Graf Brandenburg stürmt in Dein Zimmer, sein Schleppsäbel fegt den Boden, seine Augen sprühen wie Schrapnells, sein Schnurrbart sträubt sich, wie das Rückenhaar einer Hyäne. In der Hand hält er einen furchtbar langen Zettel; es ist das Verzeichniß der eingegangenen Wahlberichte. "Harkort! Harkort!" schnaubt er voll Wuth, "da haben wir die Bescheerung! Da soll ja ein heiliges Kreuz-Millionen-Donnerwetter hineinfahren! Da habe ich die lumpigen Früchte Eurer gerühmten Wirksamkeit in Händen. Fast lauter Demokraten! nichts als Demokraten! Und sogar so sehr viele Namen aus der vatermörderischen Rotte der Steuerverweigerer. Da habt Ihr nun in dem "Wohlgemeinten Wahlbüchlein" ihre zerborstenen Felle vor Aller Augen aufgehängt, damit das Volk sie schon aus der Ferne an ihrem verwesenden Geruche erkennen und sich vor jeder unliebsamen Annäherung wahren könnte. Was hat es geholfen? Nichts, gar nichts! Und die Millionen und aber Millionen von Flugblättern, die Ihr für höher anschlugt, als die Bibel, -- wieviel rasende Summen haben sie nicht verschlungen! Für diesen Betrag hätte man 6,500 neue bäuerliche Stellen anlegen und an tüchtige Leute vergeben können. Und Alles umsonst! Alles umsonst! Hier habt Ihr den Wisch, auf welchem das gewählte Demokratenvolk steht. Wenn Ihr mir nicht in Zeit von 24 Stunden lauter echte Reaktionäre daraus fabrizirt habt, dann soll Euch ein Kreuz-Millionen-Donnerwetter in die Seele fahren." Also ruft der Gewaltherr und poltert von dannen.

Nun wird Freund Harkort zwar seufzen und sagen: "Das war doch kein christlich-germanischer Fluch;" aber was hilft das! die Liste bleibt, wie sie ist und das Donnerwetter bleibt nicht aus.

Wenn das Donnerwetter vorüber ist, Freund Harkort, so verlasse Berlin und zeuch wieder hin zu dem fernen Westphalenlande, wo Deines Vaters Haus steht und wo Du gar viel hast erzählen hören von dem großen Friedrich und seinen getreuen Pommern. Du bist ja auch eines Landmannes Sohn, kennst Acker und Pflug und weißt, daß man nicht erndten kann, ohne zu säen. Benutze fortan diese Deine Kenntniß, denn Du siehst, mit der Politik geht es nun einmal nicht

Ich schließe mit der Mahnung: Eine gute Wahl bleibt die Hauptsache; paßt daher den Schwätzern auf die Kreide!

Diesen Brief könnt Ihr alle Welt lesen lassen, denn er enthält meine aufrichtige Meinung, und es sollte mich freuen, wenn solche auch in Kreisen des treuen Pommerlandes hie und da ein geeignetes Ohr fände.

Lebt wohl mit Weib und Kind! Kann ich Euch irgend einen ehrlichen Dienst leisten, so schreibt mir nur! Es soll mir eine Freude sein und zur Ehre gereichen, solchen warmen Freunden eines unwirksamen Stils nützen zu können.

-- den 26. Januar 1849.

Jacob Kurzhaar.

Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]

Druckfehler.

In Nr. 209 d. Ztg. Artikel * Paris, 28. Januar, ist in den ersten 800 Exemplaren am Schluß der 3. Seite von den Worten: "Das Betteldepot zu Cambon" an, bis zum Schluß der Seite ein Stück aus dem Artikel Belgien eingerückt worden. Statt dieses Passus muß es folgendermaßen heißen:

"Daher bittet der National und die rothen Blätter das Volk, nur ja ruhig zu bleiben, nur ja keinen Vorwand zum Einschreiten zu geben, da jede Emeute nur das fallende Kabinet stützen, nur der royalistischen Contrerevolution dienen könne.

Daß der Staatsstreich immer näher rückt, beweisen die Vorfälle zwischen Changarnier und den Offizieren der Mobilgarde. Die bouchers de Cavaignac haben keine Lust, sich zu einem royalistischen Coup gebrauchen zu lassen; deshalb sollen sie aufgelöst werden; sie murren, und Changarnier droht sie zusammenhauen zu lassen und steckt ihre Offiziere in Arrest.

Die Situation komplizirt sich scheinbar; in der That aber wird sie sehr einfach, so einfach, wie sie jedesmal am Vorabend einer Revolution ist.

Der Konflikt zwischen der Versammlung und dem Präsidenten nebst seinen Ministern ist zum Ausbruch gekommen. Frankreich kann unter der Impotenz, von der es seit 10 Monaten regiert wird, nicht länger existiren; das Defizit, der gedrückte industrielle und kommerzielle Zustand u. s. w."

Beilage zu Nr. 211 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag 2. Februar 1849.
[Großbritannien]

[Fortsetzung] gezwungen sein, unsere Größe als Nation und die Weisheit anzuerkennen, welche die glorreichen Institutionen geschaffen und erhalten hat, die uns die Aufrechthaltung der „Ordnung“ mit ihren segensreichen Folgen: Nationalreichthum und allgemeiner Zufriedenheit sichern!“

„Das war der Sinn, wenn auch vielleicht nicht der genaue Wortlaut, der insolenten Ansprache der Times an Louis Blanc. Und doch wußte die Times sehr wohl, daß der Mann, an den sie ihre Worte richtete, nur ein paar Straßen rechts oder links von der anempfohlenen Promenade abzuschweifen brauchte, um auf Elend zu stoßen, welches Alles, was in der Art in Paris zu finden ist, nicht allein erreicht, sondern es möglicherweise noch übertrifft. Die Times wußte, daß fast im Schatten des Pallastes der Königin, daß im Schatten der Mauern, aus welchen England seine Gesetze empfängt, die jammervollste Armuth und die brutalste Unwissenheit in einem Grade herrschen, wie die französische Metropolis sie nicht kennt. Wo Mangel und Unwissenheit wohnen, da hat auch das Laster seinen Sitz aufgeschlagen. Die Kathedrale von Westminster dünkt sich zu rein, die Bildsäule Byron's zuzulassen, aber sie findet es nicht unter ihrer Würde, den Lohn der Schmach in Gestalt von Hauszins für Bordelle einzustreichen. Das finstere Gefängniß auf den Tothill-Feldern ist ein würdiges Seitenstück zu Pallast und Abtei.

„Ueberall, in Ost, Nord, Süd und West, hätte Louis Blanc zu Boden schmetternde Beweise für die Verrottetheit des allgepriesenen englischen „Systems“ auffinden können.

„Der altgewordene Possenreißer Punch bringt diese Woche ein imaginäres Bildniß John Bull's und seiner Familie, wie sie in allen Comforts eines englischen Muster-Home's schweigen. John ist so vollblütig wie ein Preisochs, und so glücklich wie ein wohlgemästeter Idiot. Die Familie entspricht natürlich ihrem Haupte. Um das Bildniß herum schlängeln sich Arabesken, welche die Revolution in Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland carikiren sollen: Alles Bürgerkrieg, Mord, Elend jeglicher Art. Der „Kommunismus“ schwingt Dolch und Fackel, und verbreitet rund um sich her Ruin, Verwüstung und Verzweiflung. Der beabsichtigte Kontrast ist nicht zu verkennen. Aber wie jener Künstler ein Pferd malte und darunter schrieb: „Dies ist ein Pferd!“ so schreibt Punch, damit man ihn ja nicht mißverstehen möge, unter sein Zerrbild: „Zu Haus ist's am Besten!“

„Nun aber wendet eure Augen von den Windbeuteleien dieses Bourgeois-Possenreißers zu den haarsträubenden Realitäten des Pesthauses von Tooting! In Punch's Phantasiebilde vom Heerde eines Engländers seht ihr die Kinder von jedem Comfort, um nicht zu sagen Luxus, umgeben; einige lesen, andere spielen, alle scheinen glücklich. Das mag auf das Innere von Buckingham-Palace vortrefflich passen, aber es ist schnurstracks das Gegentheil der Wirklichkeiten in Drouet's Schänderhöhle. In diesem Pesthause sind die Kinder geradezu auf dem Altar des Profits geopfert worden. Der Eigenthümer lebte von dem In-Pflege-Nehmen («farming») von Armenkindern, Knaben und Mädchen, und wie er sie verpflegte, darüber kann das Ergebniß der Untersuchung euch in's Klare setzen. Ueberfüllung, Mangel an Ventilation, ungenügende Bekleidung, zu wenig und nicht geeignete Nahrung, Feuchtigkeit, Kälte und verpestende Ausdünstungen brachten ihre natürlichen Resultate zuwege — erst Diarrhöe, hernach Cholera. Vierzehn Tage verstrichen zwischen dem Erscheinen der warnenden Symptome und dem Ausbruch der Seuche; dennoch geschah nichts, um das unbedeutendere Uebel zu hemmen und der Ankunft der asiatischen Geißel zuvorzukommen. Keiner der zahllosen angedeuteten Uebelstände (nuisances) wurde beseitigt: keine Verbesserung in Nahrung, Kleidung, Ventilation; keine Umgestaltung des medicinischen Departements der Anstalt! Die Zerstörerin kam, und nachdem Zeugnisse Mr. Wakley's, des Leichenbeschauers, wurden binnen zwei Wochen achtzig Kinder zu Grabe gekarrt! Glücklich diese Unglücklichen, wenn der Tod ihren Leiden ein Ende machte! Denkt sie euch, zwei, drei und selbst vier in Einem Bett, einige eben von der Krankheit befallen, andere schon furchtbar leidend, andere im höchsten Zustande der Agonie, andere sterbend! Denkt euch diese unglücklichen kleinen Wesen, wie sie, mit der Heftigkeit und den Qualen, welche der Cholera eigenthümlich sind, ohne hinreichende Bequemlichkeit und Pflege purgiren und sich erbrechen!“ „Ich fand,“ sagt Mr. Grainger, (einer der zur Untersuchung in die Anstalt geschickten Aerzte) „vier von den weiblichen Pfleglingen der Aufsicht einer Wärterin überwiesen!“ Er und ein anderer Arzt, Mr. Popham, erzählen, daß der Fußboden und das Bettzeug — bloß aus Mangel an genügender Aufwartung — in den Ausleerungen der leidenden Kinder schwammen! Mehr als hundert von den Opfern starben unter diesem Schrecken. Nur die verhängnißvolle Küste Afrika's kann analoge Fälle aufweisen. Aber die Opfer der Niger-Expedition gingen dem Tode mit offenen Augen entgegen; ihr Verhängniß war ein minder schauderhaftes. Die „Philanthropen“ von Exeter-Hall projektirten und die Regierung begünstigte jene wahnsinnige Unternehmung, aber die Männer, die sich zu ihr hergaben, kannten den Charakter des Klima's, dem sie zu trotzen wagten. Von der Liebe zum Abenteuerlichen oder der Hoffnung auf Gewinn getrieben, zogen sie auf ihre romantische Expedition aus, ihr Leben in der Hand, und nur zu viele der Tapfern mußten ihre Tollkühnheit mit theurer Buße bezahlen. Im Falle der „Armenkinder“ dagegen waren die beklagenswerthen Opfer keineswegs freie Herren ihrer Handlungen. Sie nahmen ihren Aufenthalt zu Tooting nicht freiwillig. Indem sie den Entbehrungen und Greueln Trotz boten, welche ihren Tod herbeiführten, wurden sie weder durch den Hang zum Abenteuerlichen, noch durch die Hoffnung auf Ruhm oder Gewinn angetrieben. Die hülflosen Opfer eines mitleidslosen Systems, wurden sie „in Pflege gegeben“: wenn sie konnten, um zu leben; wenn nicht, um zu sterben! Und wie zu sterben! „Marcus“ war ein Philantrop, wenn man ihn mit den Leuten vergleicht, die gegenwärtig für die „Ausrottung des Pauperismus“ sorgen, indem sie die Paupers um's Leben bringen. Es ist wahr, der genannte „Philosoph“ schlug ein legalisirtes System offnen, unverhüllten Mordes vor, aber er zeigte, daß doch noch ein Fünkchen Mitleid in ihm war, indem er durch „schmerzlose Vertilgung“ (jedes dritten, vierten u. s. w. Kindes, um der Uebervölkerung zu steuern) zu morden empfahl. Welcher Vater, wenn seine Kinder einmal umkommen müssen, wird sie nicht lieber durch Aether oder Chloroform sterben sehen, als durch die schreckliche, in den Pesträumen von Tooting ausgebrütete Krankheit! Marcus ist ein Priester der Humanität, wenn man ihn neben die unmenschlichen Händler mit dem Leben englischer „Armenkinder“ stellt.

„Seht hin! das die Früchte des saubern Systems, das die grausame Times mit dem gesammten Neste unseres Preßgelichters bis in den Himmel erhebt! Glückliches England! „Zu Haus ist's am Besten!“

(Schluß folgt.)

Donaufürstenthümer.
Bucharest.

Unser glückliches Ländchen, dem doch gewiß kein Leid zugefügt werden kann, da es noch immer von den Bajonetten der mächtigen türkischen und russischen Truppen beschützt wird, bietet fortwährend in seinen Zuständen ein Bild, das in ernsten, wie in komischen Situationen einem Hogarth'schen Pinsel vollkommen reichhaltigen Stoff gäbe. Wie Hogarth die heterogensten Gegenstände auf seinen Platten untereinanderwarf, will auch ich Ihnen die letzten Scenen aus unserem hiesigen Leben, wie sie eben an uns vorübergehen, mittheilen. Daß die allgemeine Entwaffnung sämmtlicher Stadt- und Landbewohner (bei welch' letztern auch die Holzäxte zu den Waffen gezählt wurden, bis man endlich einsah, daß man ohne Aexte kein Holz fällen könne, um die Soldaten zu wärmen) mit aller Strenge vollzogen worden. Daß die Chambre ardente, welche das russische Regiment mit dem einfachen Namen einer Untersuchungs-Kommission aufgestellt hat, die zahlreichen als Revolutionäre denunzirten Opfer aller Stände, in Stadt und Land, vom sonntäglichen Gottesdienste wie aus den Schenken weg und inmitten ihrer gewöhnlichen Beschäftigungen festnehmen und in das Kloster Bakarest einsperren ließ, in dessen Gewölbe auch die leblosen und bei der hiesigen romänischen Freiheits-Erhebung gewiß unschuldigen Revolutionswerkzeuge — die herbeigesammelten Waffen nämlich — dem Rost und dem Verderben Preis gegeben worden sind; daß noch immer russische Truppen aus der Moldau nachkommen — gestern angeblich wieder ein paar Tausend Mann — und in Stadt und Land bei den Einwohnern einquartirt werden, von denen Mancher in seiner Wohnung, — er mag Eigenthümer oder Miether sein — auch wohl 20 dieser ersehnten Gäste zu beherbergen, zu beheizen und zu beleuchten, auch wohl gar mitunter zu beköstigen hat; dies und vielleicht manches andere noch werden Sie früher schon und somit auch erfahren haben, wie väterlich die russische Regierung auch darin für die Walachei gesinnt sei, daß sie der Caimacamie die namhaftesten Geldvorschüsse verabfolgen läßt, damit der Landesschatz in Erfüllung der dem Lande in bestimmten Ausdrücken auferlegten Schuldigkeit, alle Bedürfnisse der russischen Truppen zu bestreiten, nicht in Verlegenheit gerathen möge. Ueber diese dermalen und andere früher geleisteten Vorschüsse — so lautet huldvoll die diesfällige naive Eröffnung der russischen Regierung an die Caimacamie — werde man seiner Zeit Abrechnung halten! — Auf welche Weise diese Abrechnung geschehen solle, darüber ist jetzt natürlich keine Zeit zu sprechen, wo die Hauptsorge des walachischen Caimacams ausschließlich dahin gerichtet sein muß, daß alle Mittel vorhanden seien, damit es den bekreuzten sowohl, als den besternten Pikelhauben und Festragenden Gästen nebst den nothwendigen Bedürfnissen auch an ausgesuchtern Freuden und Annehmlichkeiten der Lebens nicht fehlen möge.

Amerika.
068 New-York, 13. Januar.

Wie wohlfeil die Centralregierung der Vereinigten Freistaaten ist, zeigt jedes Jahr die Botschaft des Präsidenten. Das weiß außerdem Jeder, der nur entfernt von den Verhältnissen der Union hat reden hören. Es frägt sich aber, wie es mit den Kosten der 30 Einzelregierungen bestellt ist; ob nicht, wenn man diese hinzurechnet, die republikanische Regierungsform am Ende denn doch nicht auch hoch genug zu stehen komme?

Um hierüber jeden Zweifel zu beseitigen, braucht man blos die offiziellen Rechenschaftsberichte der Präsidenten der einzelnen Staaten neben einander zu legen und die Gesammtsumme herauszuziehen. Es ergiebt sich bei dieser Arbeit daß sämmtliche Verwaltungs- oder Regierungskosten in den 30 Republiken der Union jährlich nicht mehr betragen, als 5,062,310 Dollars (7,154,786 Thlr. Pr. Ct.), d. h. nicht mehr als etwa zwei gutgefütterte deutsche „Landesväter“ dem deutschen Volke jährlich zu stehen kommen.

Während allein die geliebten und theuern deutschen Fürsten mit ihren-nächsten Hofschranzen jährlich nicht weniger als 45 Mill. Thlr. aus den Taschen der getreuen Unterthanen hinunterschlucken, bedarf die über 12 Mal so große Union — diese Verbindung von 30 Republiken — noch lange nicht jene Summe, um sowohl alle Kosten der Centralregierung, wie die der 30 Einzelregierungen, in allen Zweigen der Verwaltung vollständig zu decken.

Daher das große Erstaunen der deutschen Einwanderer, die es in der ersten Zeit ihres Hierseins kaum glauben wollen, daß der Mensch eigentlich nicht ganz zum Steuerzahlen geboren sei, woran man doch in Deutschland als an das erste Gebot von Jugend auf gewöhnt wird. Erst allmälig finden sie sich darein und werden gerade deshalb, weil sie so viele Jahre lang die gottbegnadete Aussaugungskunst und die ganze staatsmännische Spitzbüberei in Deutschland gründlich erduldet haben, um so festere Republikaner.

In den nordamerikanischen Freistaaten werden die Ausgaben, trotz der ungemein steigenden Bevölkerung, jährlich vermindert. (Unsere christlich-germanischen Landesväter werden über solche unhistorische Steuerverminderung waidlich lachen, da sie jedes Jahr das Budget anzuschwellen, keinesfalls aber zu verringern wissen.) In Deutschland wird von den Regierungsmännern gerade das Anwachsen der Bevölkerung als Grund für das Anwachsen der Ausgaben angeführt. Wie müßten da, sollte dieser monarchische Grundsatz hier in der Republik zur Anwendung kommen, die Ausgaben jährlich zunehmen, da sich die Bevölkerung keines Landes auf der Welt so rasch vermehrt, als die der nordamerikanischen Union. Nun findet das gerade Gegentheil statt. Ungeachtet der unglaublich anwachsenden Seelenzahl werden überall die Ausgaben und die ohnehin so geringen Steuern noch mehr verringert. Sehr bitter für die Lobpreiser der Monarchie! Es bleibt ihnen nur übrig, die ungeheure monarchische Steuerlast mit dem unbezahlbaren Glücke zu entschuldigen, daß dafür die „getreuen Unterthanen“ von Hofschranzen, Krautjunkern, schleppsäbligen Söldlingen und den Beamten-Heuschwärmen aller Art „von Gottes Gnaden“ malträtirt, gemaßregelt, ausgezogen, niedergekolbt und allergnädigst befußtrittet werden.

Redakteur en chef Karl Marx.
Brief an Herrn F. Harkort, Herrn Köster und Consorten, als Antwort auf ihre mir zugegangenen Briefe und Flugblätter.

Gruß und Handschlag Euch Biedermänner, die seit einiger Zeit an meine Ueberzeugungs-Genossen und naich Millionen Schreiben des Vertrauens richteten, aus dem Grunde, weil Ihr zur Stunde der Gefahr unsere Seelen schwarz-weiß anstreichen wolltet!

Dürften wir auf Dank irgend einer Art Anspruch machen, wahrlich, wir hätten ihn reichlich aus Eurer schlichten Hand empfangen!

Es ist wohl schon zu Eurer Wissenschaft gekommen, liebe Freunde und Landesgenossen, daß wir auf Euer Geheiß unsern Bauernwitz zusammengenommen und den Leuten aus der Stadt Berlin die Würmer aus der Nase gezogen haben. Das heißt: wir haben in der beendeten Urwahl fast lauter Demokraten, oder in Euerm Deutsch „Lotterbuben“ gewählt.

„Ja,“ fallt Ihr mir in die Rede und schüttelt mit dem Kopf, „das ist doch so haarscharf noch nicht ausgemacht. Wir Reaktionars sind verflucht pfiffige Kerls. Wir lassen noch eine Millionen demokratische Briefe drucken; dann wollen wir die Demokraten schon klein kriegen und die Deputirten werden doch nach unserm Sinne gewählt.“

Ihr lieben Freunde, darauf will ich Euch antworten. Wenn ein schwarz-weißer Schwätzer mit dem Bürgersmann ins Wirthshaus geht, so geschieht oft, daß der Erstere die Zeche bezahlen muß.

Fast alle Tage schaut man solche Exempel, allein kein Mensch nimmt sich ein Exempel dran, sondern Jeder will durch selbst empfangene Schläge klug werden.

Tritt ein Mann mit der Beredsamkeit eines Krummachers an und predigt:

„Wählt nur Reaktionärs!“ so behagt das wenig Leuten, da heißt es: das ist die alte Melodie, die uns beinahe ganz die Lust zum Singen benommen hat. Kommt dagegen ein ehrlicher Mann und hat er auch einen gräßlich langen rothen oder schwarzen Bart und sagt uns: wählt Leute, die nicht für Geld sprechen, sondern nach Ueberzeugung, so rufen wir: „Vivant die Demokraten!“

Aber nun drückt Harkort seine Landwehrkappe über das linke Auge, stemmt den Arm auf den Tisch und fährt mich unwirsch an: „Was schiert das Alles mich? Arbeit bleibt für Jedermann der goldene Boden Ich hab' hier in Berlin gut und warm gegessen und mein Zins' und Sportel allzeit richtig abgeführt!“

Sieh Freund, das sprichst Du eben, wie Du es verstehst und vergissest schier, daß Du seit dem 18. März in die Reihen der konstitutionellen Staatsbürger eingetreten bist und dadurch einen Antheil an der Staatsverwaltung erlangtest, für den Du mit Hut und Kragen verantwortlich bist. Meinst Du, das Wahlgeschäft sei nur so zum Spaß vor sich gegangen und Deine guten Freunde, die Demokraten seien nur zu Narrethei und Kurzweil gewählt? Ei Lieber! sieh Du wohl zu und trau den Rothbärten nicht allzuviel; ich fürchte, daß das Häslein, welches sie Dir verschafften, Dir ein theurer Braten wird! Die Sonnenbrüder von Stadt und Land, die Hungerer und Lungerer mit den weiten Bettelsäcken stehen schon bereit; Eure Freunde, die Demokraten, hinter ihnen, — ich sage Euch, das gibt einen herrlichen Betteltanz und die Melodie von ihrem „heute mir, morgen Dir!“ wird Euch in die Ohren gellen, daß Ihr sie Euer Lebtag' nicht vergeßt! —

Aber ein altes Sprichwort geht: „den treuen Freund erkennt man in der Noth!“ Gottes weise Fügung hat auch Dich, Freund Harkort, in die Schule der Erfahrung geschickt. Denn, o wehe! Dein Schirmherr Graf Brandenburg stürmt in Dein Zimmer, sein Schleppsäbel fegt den Boden, seine Augen sprühen wie Schrapnells, sein Schnurrbart sträubt sich, wie das Rückenhaar einer Hyäne. In der Hand hält er einen furchtbar langen Zettel; es ist das Verzeichniß der eingegangenen Wahlberichte. „Harkort! Harkort!“ schnaubt er voll Wuth, „da haben wir die Bescheerung! Da soll ja ein heiliges Kreuz-Millionen-Donnerwetter hineinfahren! Da habe ich die lumpigen Früchte Eurer gerühmten Wirksamkeit in Händen. Fast lauter Demokraten! nichts als Demokraten! Und sogar so sehr viele Namen aus der vatermörderischen Rotte der Steuerverweigerer. Da habt Ihr nun in dem „Wohlgemeinten Wahlbüchlein“ ihre zerborstenen Felle vor Aller Augen aufgehängt, damit das Volk sie schon aus der Ferne an ihrem verwesenden Geruche erkennen und sich vor jeder unliebsamen Annäherung wahren könnte. Was hat es geholfen? Nichts, gar nichts! Und die Millionen und aber Millionen von Flugblättern, die Ihr für höher anschlugt, als die Bibel, — wieviel rasende Summen haben sie nicht verschlungen! Für diesen Betrag hätte man 6,500 neue bäuerliche Stellen anlegen und an tüchtige Leute vergeben können. Und Alles umsonst! Alles umsonst! Hier habt Ihr den Wisch, auf welchem das gewählte Demokratenvolk steht. Wenn Ihr mir nicht in Zeit von 24 Stunden lauter echte Reaktionäre daraus fabrizirt habt, dann soll Euch ein Kreuz-Millionen-Donnerwetter in die Seele fahren.“ Also ruft der Gewaltherr und poltert von dannen.

Nun wird Freund Harkort zwar seufzen und sagen: „Das war doch kein christlich-germanischer Fluch;“ aber was hilft das! die Liste bleibt, wie sie ist und das Donnerwetter bleibt nicht aus.

Wenn das Donnerwetter vorüber ist, Freund Harkort, so verlasse Berlin und zeuch wieder hin zu dem fernen Westphalenlande, wo Deines Vaters Haus steht und wo Du gar viel hast erzählen hören von dem großen Friedrich und seinen getreuen Pommern. Du bist ja auch eines Landmannes Sohn, kennst Acker und Pflug und weißt, daß man nicht erndten kann, ohne zu säen. Benutze fortan diese Deine Kenntniß, denn Du siehst, mit der Politik geht es nun einmal nicht

Ich schließe mit der Mahnung: Eine gute Wahl bleibt die Hauptsache; paßt daher den Schwätzern auf die Kreide!

Diesen Brief könnt Ihr alle Welt lesen lassen, denn er enthält meine aufrichtige Meinung, und es sollte mich freuen, wenn solche auch in Kreisen des treuen Pommerlandes hie und da ein geeignetes Ohr fände.

Lebt wohl mit Weib und Kind! Kann ich Euch irgend einen ehrlichen Dienst leisten, so schreibt mir nur! Es soll mir eine Freude sein und zur Ehre gereichen, solchen warmen Freunden eines unwirksamen Stils nützen zu können.

— den 26. Januar 1849.

Jacob Kurzhaar.

Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]

Druckfehler.

In Nr. 209 d. Ztg. Artikel * Paris, 28. Januar, ist in den ersten 800 Exemplaren am Schluß der 3. Seite von den Worten: „Das Betteldepot zu Cambon“ an, bis zum Schluß der Seite ein Stück aus dem Artikel Belgien eingerückt worden. Statt dieses Passus muß es folgendermaßen heißen:

„Daher bittet der National und die rothen Blätter das Volk, nur ja ruhig zu bleiben, nur ja keinen Vorwand zum Einschreiten zu geben, da jede Emeute nur das fallende Kabinet stützen, nur der royalistischen Contrerevolution dienen könne.

Daß der Staatsstreich immer näher rückt, beweisen die Vorfälle zwischen Changarnier und den Offizieren der Mobilgarde. Die bouchers de Cavaignac haben keine Lust, sich zu einem royalistischen Coup gebrauchen zu lassen; deshalb sollen sie aufgelöst werden; sie murren, und Changarnier droht sie zusammenhauen zu lassen und steckt ihre Offiziere in Arrest.

Die Situation komplizirt sich scheinbar; in der That aber wird sie sehr einfach, so einfach, wie sie jedesmal am Vorabend einer Revolution ist.

Der Konflikt zwischen der Versammlung und dem Präsidenten nebst seinen Ministern ist zum Ausbruch gekommen. Frankreich kann unter der Impotenz, von der es seit 10 Monaten regiert wird, nicht länger existiren; das Defizit, der gedrückte industrielle und kommerzielle Zustand u. s. w.“

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        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 211 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>Freitag 2. Februar 1849.</docDate>
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        <head>[Großbritannien]</head>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> gezwungen sein, unsere Größe als Nation und die Weisheit anzuerkennen, welche die glorreichen Institutionen geschaffen und erhalten hat, die uns die Aufrechthaltung der &#x201E;Ordnung&#x201C; mit ihren segensreichen Folgen: Nationalreichthum und allgemeiner Zufriedenheit sichern!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Das war der Sinn, wenn auch vielleicht nicht der genaue Wortlaut, der insolenten Ansprache der Times an Louis Blanc. Und doch wußte die Times sehr wohl, daß der Mann, an den sie ihre Worte richtete, nur ein paar Straßen rechts oder links von der anempfohlenen Promenade abzuschweifen brauchte, um auf Elend zu stoßen, welches Alles, was in der Art in Paris zu finden ist, nicht allein erreicht, sondern es möglicherweise noch übertrifft. Die Times wußte, daß fast im Schatten des Pallastes der Königin, daß im Schatten der Mauern, aus welchen England seine Gesetze empfängt, die jammervollste Armuth und die brutalste Unwissenheit in einem Grade herrschen, wie die französische Metropolis sie nicht kennt. Wo Mangel und Unwissenheit wohnen, da hat auch das Laster seinen Sitz aufgeschlagen. Die Kathedrale von Westminster dünkt sich zu rein, die Bildsäule Byron's zuzulassen, aber sie findet es nicht unter ihrer Würde, den Lohn der Schmach in Gestalt von Hauszins für Bordelle einzustreichen. Das finstere Gefängniß auf den Tothill-Feldern ist ein würdiges Seitenstück zu Pallast und Abtei.</p>
          <p>&#x201E;Ueberall, in Ost, Nord, Süd und West, hätte Louis Blanc zu Boden schmetternde Beweise für die Verrottetheit des allgepriesenen englischen &#x201E;Systems&#x201C; auffinden können.</p>
          <p>&#x201E;Der altgewordene Possenreißer Punch bringt diese Woche ein <hi rendition="#g">imaginäres</hi> Bildniß John Bull's und seiner Familie, wie sie in allen Comforts eines englischen Muster-Home's schweigen. John ist so vollblütig wie ein Preisochs, und so glücklich wie ein wohlgemästeter Idiot. Die Familie entspricht natürlich ihrem Haupte. Um das Bildniß herum schlängeln sich Arabesken, welche die Revolution in Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland carikiren sollen: Alles Bürgerkrieg, Mord, Elend jeglicher Art. Der &#x201E;Kommunismus&#x201C; schwingt Dolch und Fackel, und verbreitet rund um sich her Ruin, Verwüstung und Verzweiflung. Der beabsichtigte Kontrast ist nicht zu verkennen. Aber wie jener Künstler ein Pferd malte und darunter schrieb: &#x201E;Dies ist ein Pferd!&#x201C; so schreibt Punch, damit man ihn ja nicht mißverstehen möge, unter sein Zerrbild: &#x201E;Zu Haus ist's am Besten!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Nun aber wendet eure Augen von den Windbeuteleien dieses Bourgeois-Possenreißers zu den haarsträubenden Realitäten des Pesthauses von Tooting! In Punch's Phantasiebilde vom Heerde eines Engländers seht ihr die Kinder von jedem Comfort, um nicht zu sagen Luxus, umgeben; einige lesen, andere spielen, alle scheinen glücklich. Das mag auf das Innere von Buckingham-Palace vortrefflich passen, aber es ist schnurstracks das Gegentheil der Wirklichkeiten in Drouet's Schänderhöhle. In diesem Pesthause sind die Kinder geradezu auf dem Altar des Profits geopfert worden. Der Eigenthümer lebte von dem In-Pflege-Nehmen («farming») von Armenkindern, Knaben und Mädchen, und <hi rendition="#g">wie</hi> er sie verpflegte, darüber kann das Ergebniß der Untersuchung euch in's Klare setzen. Ueberfüllung, Mangel an Ventilation, ungenügende Bekleidung, zu wenig und nicht geeignete Nahrung, Feuchtigkeit, Kälte und verpestende Ausdünstungen brachten ihre natürlichen Resultate zuwege &#x2014; erst Diarrhöe, hernach Cholera. Vierzehn Tage verstrichen zwischen dem Erscheinen der warnenden Symptome und dem Ausbruch der Seuche; dennoch geschah nichts, um das unbedeutendere Uebel zu hemmen und der Ankunft der asiatischen Geißel zuvorzukommen. Keiner der zahllosen angedeuteten Uebelstände (nuisances) wurde beseitigt: keine Verbesserung in Nahrung, Kleidung, Ventilation; keine Umgestaltung des medicinischen Departements der Anstalt! Die Zerstörerin kam, und nachdem Zeugnisse Mr. Wakley's, des Leichenbeschauers, wurden binnen zwei Wochen achtzig Kinder zu Grabe gekarrt! Glücklich diese Unglücklichen, wenn der Tod ihren Leiden ein Ende machte! Denkt sie euch, zwei, drei und selbst vier in Einem Bett, einige eben von der Krankheit befallen, andere schon furchtbar leidend, andere im höchsten Zustande der Agonie, andere sterbend! Denkt euch diese unglücklichen kleinen Wesen, wie sie, mit der Heftigkeit und den Qualen, welche der Cholera eigenthümlich sind, ohne hinreichende Bequemlichkeit und Pflege purgiren und sich erbrechen!&#x201C; &#x201E;Ich fand,&#x201C; sagt Mr. Grainger, (einer der zur Untersuchung in die Anstalt geschickten Aerzte) &#x201E;<hi rendition="#g">vier</hi> von den weiblichen Pfleglingen der Aufsicht <hi rendition="#g">einer</hi> Wärterin überwiesen!&#x201C; Er und ein anderer Arzt, Mr. Popham, erzählen, daß der Fußboden und das Bettzeug &#x2014; bloß aus Mangel an genügender Aufwartung &#x2014; in den Ausleerungen der leidenden Kinder schwammen! Mehr als hundert von den Opfern starben unter diesem Schrecken. Nur die verhängnißvolle Küste Afrika's kann analoge Fälle aufweisen. Aber die Opfer der Niger-Expedition gingen dem Tode mit offenen Augen entgegen; ihr Verhängniß war ein minder schauderhaftes. Die &#x201E;Philanthropen&#x201C; von Exeter-Hall projektirten und die Regierung begünstigte jene wahnsinnige Unternehmung, aber die Männer, die sich zu ihr hergaben, kannten den Charakter des Klima's, dem sie zu trotzen wagten. Von der Liebe zum Abenteuerlichen oder der Hoffnung auf Gewinn getrieben, zogen sie auf ihre romantische Expedition aus, ihr Leben in der Hand, und nur zu viele der Tapfern mußten ihre Tollkühnheit mit theurer Buße bezahlen. Im Falle der &#x201E;Armenkinder&#x201C; dagegen waren die beklagenswerthen Opfer keineswegs freie Herren ihrer Handlungen. Sie nahmen ihren Aufenthalt zu Tooting nicht freiwillig. Indem sie den Entbehrungen und Greueln Trotz boten, welche ihren Tod herbeiführten, wurden sie weder durch den Hang zum Abenteuerlichen, noch durch die Hoffnung auf Ruhm oder Gewinn angetrieben. Die hülflosen Opfer eines mitleidslosen Systems, wurden sie &#x201E;in Pflege gegeben&#x201C;: wenn sie konnten, um zu leben; wenn nicht, um zu sterben! Und <hi rendition="#g">wie</hi> zu sterben! &#x201E;Marcus&#x201C; war ein Philantrop, wenn man ihn mit den Leuten vergleicht, die gegenwärtig für die &#x201E;Ausrottung des Pauperismus&#x201C; sorgen, indem sie die Paupers um's Leben bringen. Es ist wahr, der genannte &#x201E;Philosoph&#x201C; schlug ein legalisirtes System offnen, unverhüllten <hi rendition="#g">Mordes</hi> vor, aber er zeigte, daß doch noch ein Fünkchen Mitleid in ihm war, indem er durch &#x201E;schmerzlose Vertilgung&#x201C; (jedes dritten, vierten u. s. w. Kindes, um der Uebervölkerung zu steuern) zu morden empfahl. Welcher Vater, wenn seine Kinder einmal umkommen müssen, wird sie nicht lieber durch Aether oder Chloroform sterben sehen, als durch die schreckliche, in den Pesträumen von Tooting ausgebrütete Krankheit! Marcus ist ein Priester der Humanität, wenn man ihn neben die unmenschlichen Händler mit dem Leben englischer &#x201E;Armenkinder&#x201C; stellt.</p>
          <p>&#x201E;Seht hin! das die Früchte des saubern Systems, das die grausame Times mit dem gesammten Neste unseres Preßgelichters bis in den Himmel erhebt! Glückliches England! &#x201E;<hi rendition="#g">Zu Haus ist's am Besten</hi>!&#x201C;</p>
          <p>
            <ref type="link">(Schluß folgt.)</ref>
          </p>
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      <div n="1">
        <head>Donaufürstenthümer.</head>
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          <head>Bucharest.</head>
          <p>Unser glückliches Ländchen, dem doch gewiß kein Leid zugefügt werden kann, da es noch immer von den Bajonetten der mächtigen türkischen und russischen Truppen beschützt wird, bietet fortwährend in seinen Zuständen ein Bild, das in ernsten, wie in komischen Situationen einem Hogarth'schen Pinsel vollkommen reichhaltigen Stoff gäbe. Wie Hogarth die heterogensten Gegenstände auf seinen Platten untereinanderwarf, will auch ich Ihnen die letzten Scenen aus unserem hiesigen Leben, wie sie eben an uns vorübergehen, mittheilen. Daß die allgemeine Entwaffnung sämmtlicher Stadt- und Landbewohner (bei welch' letztern auch die Holzäxte zu den Waffen gezählt wurden, bis man endlich einsah, daß man ohne Aexte kein Holz fällen könne, um die Soldaten zu wärmen) mit aller Strenge vollzogen worden. Daß die Chambre ardente, welche das russische Regiment mit dem einfachen Namen einer Untersuchungs-Kommission aufgestellt hat, die zahlreichen als Revolutionäre denunzirten Opfer aller Stände, in Stadt und Land, vom sonntäglichen Gottesdienste wie aus den Schenken weg und inmitten ihrer gewöhnlichen Beschäftigungen festnehmen und in das Kloster Bakarest einsperren ließ, in dessen Gewölbe auch die leblosen und bei der hiesigen romänischen Freiheits-Erhebung gewiß unschuldigen Revolutionswerkzeuge &#x2014; die herbeigesammelten Waffen nämlich &#x2014; dem Rost und dem Verderben Preis gegeben worden sind; daß noch immer russische Truppen aus der Moldau nachkommen &#x2014; gestern angeblich wieder ein paar Tausend Mann &#x2014; und in Stadt und Land bei den Einwohnern einquartirt werden, von denen Mancher in seiner Wohnung, &#x2014; er mag Eigenthümer oder Miether sein &#x2014; auch wohl 20 dieser ersehnten Gäste zu beherbergen, zu beheizen und zu beleuchten, auch wohl gar mitunter zu beköstigen hat; dies und vielleicht manches andere noch werden Sie früher schon und somit auch erfahren haben, wie väterlich die russische Regierung auch darin für die Walachei gesinnt sei, daß sie der Caimacamie die namhaftesten Geldvorschüsse verabfolgen läßt, damit der Landesschatz in Erfüllung der dem Lande in bestimmten Ausdrücken auferlegten Schuldigkeit, alle Bedürfnisse der russischen Truppen zu bestreiten, nicht in Verlegenheit gerathen möge. Ueber diese dermalen und andere früher geleisteten Vorschüsse &#x2014; so lautet huldvoll die diesfällige naive Eröffnung der russischen Regierung an die Caimacamie &#x2014; werde man seiner Zeit Abrechnung halten! &#x2014; Auf welche Weise diese Abrechnung geschehen solle, darüber ist jetzt natürlich keine Zeit zu sprechen, wo die Hauptsorge des walachischen Caimacams ausschließlich dahin gerichtet sein muß, daß alle Mittel vorhanden seien, damit es den bekreuzten sowohl, als den besternten Pikelhauben und Festragenden Gästen nebst den nothwendigen Bedürfnissen auch an ausgesuchtern Freuden und Annehmlichkeiten der Lebens nicht fehlen möge.</p>
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        <head>Amerika.</head>
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          <head><bibl><author>068</author></bibl> New-York, 13. Januar.</head>
          <p>Wie wohlfeil die Centralregierung der Vereinigten Freistaaten ist, zeigt jedes Jahr die Botschaft des Präsidenten. Das weiß außerdem Jeder, der nur entfernt von den Verhältnissen der Union hat reden hören. Es frägt sich aber, wie es mit den Kosten der 30 Einzelregierungen bestellt ist; ob nicht, wenn man diese hinzurechnet, die republikanische Regierungsform am Ende denn doch nicht auch hoch genug zu stehen komme?</p>
          <p>Um hierüber jeden Zweifel zu beseitigen, braucht man blos die offiziellen Rechenschaftsberichte der Präsidenten der einzelnen Staaten neben einander zu legen und die Gesammtsumme herauszuziehen. Es ergiebt sich bei dieser Arbeit daß sämmtliche Verwaltungs- oder Regierungskosten in den 30 Republiken der Union jährlich nicht mehr betragen, als 5,062,310 Dollars (7,154,786 Thlr. Pr. Ct.), d. h. nicht mehr als etwa zwei gutgefütterte deutsche &#x201E;Landesväter&#x201C; dem deutschen Volke jährlich zu stehen kommen.</p>
          <p>Während allein die geliebten und theuern deutschen Fürsten mit ihren-nächsten Hofschranzen jährlich nicht weniger als 45 Mill. Thlr. aus den Taschen der getreuen Unterthanen hinunterschlucken, bedarf die über 12 Mal so große Union &#x2014; diese Verbindung von 30 Republiken &#x2014; noch lange nicht jene Summe, um sowohl alle Kosten der Centralregierung, wie die der 30 Einzelregierungen, in allen Zweigen der Verwaltung vollständig zu decken.</p>
          <p>Daher das große Erstaunen der deutschen Einwanderer, die es in der ersten Zeit ihres Hierseins kaum glauben wollen, daß der Mensch eigentlich nicht ganz zum Steuerzahlen geboren sei, woran man doch in Deutschland als an das erste Gebot von Jugend auf gewöhnt wird. Erst allmälig finden sie sich darein und werden gerade deshalb, weil sie so viele Jahre lang die gottbegnadete Aussaugungskunst und die ganze staatsmännische Spitzbüberei in Deutschland gründlich erduldet haben, um so festere Republikaner.</p>
          <p>In den nordamerikanischen Freistaaten werden die Ausgaben, trotz der ungemein steigenden Bevölkerung, jährlich vermindert. (Unsere christlich-germanischen Landesväter werden über solche unhistorische Steuerverminderung waidlich lachen, da sie jedes Jahr das Budget anzuschwellen, keinesfalls aber zu verringern wissen.) In Deutschland wird von den Regierungsmännern gerade das Anwachsen der Bevölkerung als Grund für das Anwachsen der Ausgaben angeführt. Wie müßten da, sollte dieser monarchische Grundsatz hier in der Republik zur Anwendung kommen, die Ausgaben jährlich zunehmen, da sich die Bevölkerung keines Landes auf der Welt so rasch vermehrt, als die der nordamerikanischen Union. Nun findet das gerade Gegentheil statt. Ungeachtet der unglaublich anwachsenden Seelenzahl werden überall die Ausgaben und die ohnehin so geringen Steuern noch mehr verringert. Sehr bitter für die Lobpreiser der Monarchie! Es bleibt ihnen nur übrig, die ungeheure monarchische Steuerlast mit dem unbezahlbaren Glücke zu entschuldigen, daß dafür die &#x201E;getreuen Unterthanen&#x201C; von Hofschranzen, Krautjunkern, schleppsäbligen Söldlingen und den Beamten-Heuschwärmen aller Art &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; malträtirt, gemaßregelt, ausgezogen, niedergekolbt und allergnädigst befußtrittet werden.</p>
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        <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
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          <head>Brief an Herrn F. Harkort, Herrn Köster und Consorten, als Antwort auf ihre mir zugegangenen Briefe und Flugblätter.</head>
          <p>Gruß und Handschlag Euch Biedermänner, die seit einiger Zeit an meine Ueberzeugungs-Genossen und naich Millionen Schreiben des Vertrauens richteten, aus dem Grunde, weil Ihr zur Stunde der Gefahr unsere Seelen schwarz-weiß anstreichen wolltet!</p>
          <p>Dürften wir auf Dank irgend einer Art Anspruch machen, wahrlich, wir hätten ihn reichlich aus Eurer schlichten Hand empfangen!</p>
          <p>Es ist wohl schon zu Eurer Wissenschaft gekommen, liebe Freunde und Landesgenossen, daß wir auf Euer Geheiß unsern Bauernwitz zusammengenommen und den Leuten aus der Stadt Berlin die Würmer aus der Nase gezogen haben. Das heißt: wir haben in der beendeten Urwahl fast lauter Demokraten, oder in Euerm Deutsch &#x201E;Lotterbuben&#x201C; gewählt.</p>
          <p>&#x201E;Ja,&#x201C; fallt Ihr mir in die Rede und schüttelt mit dem Kopf, &#x201E;das ist doch so haarscharf noch nicht ausgemacht. Wir Reaktionars sind verflucht pfiffige Kerls. Wir lassen noch eine Millionen demokratische Briefe drucken; dann wollen wir die Demokraten schon klein kriegen und die Deputirten werden doch nach unserm Sinne gewählt.&#x201C;</p>
          <p>Ihr lieben Freunde, darauf will ich Euch antworten. Wenn ein schwarz-weißer Schwätzer mit dem Bürgersmann ins Wirthshaus geht, so geschieht oft, daß der Erstere die Zeche bezahlen muß.</p>
          <p>Fast alle Tage schaut man solche Exempel, allein kein Mensch nimmt sich ein Exempel dran, sondern Jeder will durch selbst empfangene Schläge klug werden.</p>
          <p>Tritt ein Mann mit der Beredsamkeit eines Krummachers an und predigt:</p>
          <p>&#x201E;Wählt nur Reaktionärs!&#x201C; so behagt das wenig Leuten, da heißt es: das ist die alte Melodie, die uns beinahe ganz die Lust zum Singen benommen hat. Kommt dagegen ein ehrlicher Mann und hat er auch einen gräßlich langen rothen oder schwarzen Bart und sagt uns: wählt Leute, die nicht für Geld sprechen, sondern nach Ueberzeugung, so rufen wir: &#x201E;Vivant die Demokraten!&#x201C;</p>
          <p>Aber nun drückt <hi rendition="#g">Harkort</hi> seine Landwehrkappe über das linke Auge, stemmt den Arm auf den Tisch und fährt mich unwirsch an: &#x201E;Was schiert das Alles mich? Arbeit bleibt für Jedermann der goldene Boden Ich hab' hier in Berlin gut und warm gegessen und mein Zins' und Sportel allzeit richtig abgeführt!&#x201C;</p>
          <p>Sieh Freund, das sprichst Du eben, wie Du es verstehst und vergissest schier, daß Du seit dem 18. März in die Reihen der konstitutionellen Staatsbürger eingetreten bist und dadurch einen Antheil an der Staatsverwaltung erlangtest, für den Du mit Hut und Kragen verantwortlich bist. Meinst Du, das Wahlgeschäft sei nur so zum Spaß vor sich gegangen und Deine guten Freunde, die Demokraten seien nur zu Narrethei und Kurzweil gewählt? Ei Lieber! sieh Du wohl zu und trau den Rothbärten nicht allzuviel; ich fürchte, daß das Häslein, welches sie Dir verschafften, Dir ein theurer Braten wird! Die Sonnenbrüder von Stadt und Land, die Hungerer und Lungerer mit den weiten Bettelsäcken stehen schon bereit; Eure Freunde, die Demokraten, hinter ihnen, &#x2014; ich sage Euch, das gibt einen herrlichen Betteltanz und die Melodie von ihrem &#x201E;heute mir, morgen Dir!&#x201C; wird Euch in die Ohren gellen, daß Ihr sie Euer Lebtag' nicht vergeßt! &#x2014;</p>
          <p>Aber ein altes Sprichwort geht: &#x201E;den treuen Freund erkennt man in der Noth!&#x201C; Gottes weise Fügung hat auch Dich, Freund Harkort, in die Schule der Erfahrung geschickt. Denn, o wehe! Dein Schirmherr Graf Brandenburg stürmt in Dein Zimmer, sein Schleppsäbel fegt den Boden, seine Augen sprühen wie Schrapnells, sein Schnurrbart sträubt sich, wie das Rückenhaar einer Hyäne. In der Hand hält er einen furchtbar langen Zettel; es ist das Verzeichniß der eingegangenen Wahlberichte. &#x201E;Harkort! Harkort!&#x201C; schnaubt er voll Wuth, &#x201E;da haben wir die Bescheerung! Da soll ja ein heiliges Kreuz-Millionen-Donnerwetter hineinfahren! Da habe ich die lumpigen Früchte Eurer gerühmten Wirksamkeit in Händen. Fast lauter Demokraten! nichts als Demokraten! Und sogar so sehr viele Namen aus der vatermörderischen Rotte der Steuerverweigerer. Da habt Ihr nun in dem &#x201E;Wohlgemeinten Wahlbüchlein&#x201C; ihre zerborstenen Felle vor Aller Augen aufgehängt, damit das Volk sie schon aus der Ferne an ihrem verwesenden Geruche erkennen und sich vor jeder unliebsamen Annäherung wahren könnte. Was hat es geholfen? Nichts, gar nichts! Und die Millionen und aber Millionen von Flugblättern, die Ihr für höher anschlugt, als die Bibel, &#x2014; wieviel rasende Summen haben sie nicht verschlungen! Für diesen Betrag hätte man 6,500 neue bäuerliche Stellen anlegen und an tüchtige Leute vergeben können. Und Alles umsonst! Alles umsonst! Hier habt Ihr den Wisch, auf welchem das gewählte Demokratenvolk steht. Wenn Ihr mir nicht in Zeit von 24 Stunden lauter echte Reaktionäre daraus fabrizirt habt, dann soll Euch ein Kreuz-Millionen-Donnerwetter in die Seele fahren.&#x201C; Also ruft der Gewaltherr und poltert von dannen.</p>
          <p>Nun wird Freund Harkort zwar seufzen und sagen: &#x201E;Das war doch kein christlich-germanischer Fluch;&#x201C; aber was hilft das! die Liste bleibt, wie sie ist und das Donnerwetter bleibt nicht aus.</p>
          <p>Wenn das Donnerwetter vorüber ist, Freund Harkort, so verlasse Berlin und zeuch wieder hin zu dem fernen Westphalenlande, wo Deines Vaters Haus steht und wo Du gar viel hast erzählen hören von dem großen Friedrich und seinen getreuen Pommern. Du bist ja auch eines Landmannes Sohn, kennst Acker und Pflug und weißt, daß man nicht erndten kann, ohne zu säen. Benutze fortan diese Deine Kenntniß, denn Du siehst, mit der Politik geht es nun einmal nicht</p>
          <p>Ich schließe mit der Mahnung: Eine gute Wahl bleibt die Hauptsache; paßt daher den Schwätzern auf die Kreide!</p>
          <p>Diesen Brief könnt Ihr alle Welt lesen lassen, denn er enthält meine aufrichtige Meinung, und es sollte mich freuen, wenn solche auch in Kreisen des treuen Pommerlandes hie und da ein geeignetes Ohr fände.</p>
          <p>Lebt wohl mit Weib und Kind! Kann ich Euch irgend einen ehrlichen Dienst leisten, so schreibt mir nur! Es soll mir eine Freude sein und zur Ehre gereichen, solchen warmen Freunden eines unwirksamen Stils nützen zu können.</p>
          <p>&#x2014; den 26. Januar 1849.</p>
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        <p>Druckfehler.</p>
        <p>In Nr. 209 d. Ztg. Artikel * <hi rendition="#g">Paris,</hi> 28. Januar, ist in den ersten 800 Exemplaren am Schluß der 3. Seite von den Worten: &#x201E;Das Betteldepot zu Cambon&#x201C; an, bis zum Schluß der Seite ein Stück aus dem Artikel Belgien eingerückt worden. Statt dieses Passus muß es folgendermaßen heißen:</p>
        <p>&#x201E;Daher bittet der National und die rothen Blätter das Volk, nur ja ruhig zu bleiben, nur ja keinen Vorwand zum Einschreiten zu geben, da jede Emeute nur das fallende Kabinet stützen, nur der royalistischen Contrerevolution dienen könne.</p>
        <p>Daß der Staatsstreich immer näher rückt, beweisen die Vorfälle zwischen Changarnier und den Offizieren der Mobilgarde. Die bouchers de Cavaignac haben keine Lust, sich zu einem royalistischen Coup gebrauchen zu lassen; deshalb sollen sie aufgelöst werden; sie murren, und Changarnier droht sie zusammenhauen zu lassen und steckt ihre Offiziere in Arrest.</p>
        <p>Die Situation komplizirt sich scheinbar; in der That aber wird sie sehr einfach, so einfach, wie sie jedesmal am Vorabend einer Revolution ist.</p>
        <p>Der Konflikt zwischen der Versammlung und dem Präsidenten nebst seinen Ministern ist zum Ausbruch gekommen. Frankreich kann unter der Impotenz, von der es seit 10 Monaten regiert wird, nicht länger existiren; das Defizit, der gedrückte industrielle und kommerzielle Zustand u. s. w.&#x201C;</p>
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[1159/0001] Beilage zu Nr. 211 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 2. Februar 1849. [Großbritannien] [Fortsetzung] gezwungen sein, unsere Größe als Nation und die Weisheit anzuerkennen, welche die glorreichen Institutionen geschaffen und erhalten hat, die uns die Aufrechthaltung der „Ordnung“ mit ihren segensreichen Folgen: Nationalreichthum und allgemeiner Zufriedenheit sichern!“ „Das war der Sinn, wenn auch vielleicht nicht der genaue Wortlaut, der insolenten Ansprache der Times an Louis Blanc. Und doch wußte die Times sehr wohl, daß der Mann, an den sie ihre Worte richtete, nur ein paar Straßen rechts oder links von der anempfohlenen Promenade abzuschweifen brauchte, um auf Elend zu stoßen, welches Alles, was in der Art in Paris zu finden ist, nicht allein erreicht, sondern es möglicherweise noch übertrifft. Die Times wußte, daß fast im Schatten des Pallastes der Königin, daß im Schatten der Mauern, aus welchen England seine Gesetze empfängt, die jammervollste Armuth und die brutalste Unwissenheit in einem Grade herrschen, wie die französische Metropolis sie nicht kennt. Wo Mangel und Unwissenheit wohnen, da hat auch das Laster seinen Sitz aufgeschlagen. Die Kathedrale von Westminster dünkt sich zu rein, die Bildsäule Byron's zuzulassen, aber sie findet es nicht unter ihrer Würde, den Lohn der Schmach in Gestalt von Hauszins für Bordelle einzustreichen. Das finstere Gefängniß auf den Tothill-Feldern ist ein würdiges Seitenstück zu Pallast und Abtei. „Ueberall, in Ost, Nord, Süd und West, hätte Louis Blanc zu Boden schmetternde Beweise für die Verrottetheit des allgepriesenen englischen „Systems“ auffinden können. „Der altgewordene Possenreißer Punch bringt diese Woche ein imaginäres Bildniß John Bull's und seiner Familie, wie sie in allen Comforts eines englischen Muster-Home's schweigen. John ist so vollblütig wie ein Preisochs, und so glücklich wie ein wohlgemästeter Idiot. Die Familie entspricht natürlich ihrem Haupte. Um das Bildniß herum schlängeln sich Arabesken, welche die Revolution in Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland carikiren sollen: Alles Bürgerkrieg, Mord, Elend jeglicher Art. Der „Kommunismus“ schwingt Dolch und Fackel, und verbreitet rund um sich her Ruin, Verwüstung und Verzweiflung. Der beabsichtigte Kontrast ist nicht zu verkennen. Aber wie jener Künstler ein Pferd malte und darunter schrieb: „Dies ist ein Pferd!“ so schreibt Punch, damit man ihn ja nicht mißverstehen möge, unter sein Zerrbild: „Zu Haus ist's am Besten!“ „Nun aber wendet eure Augen von den Windbeuteleien dieses Bourgeois-Possenreißers zu den haarsträubenden Realitäten des Pesthauses von Tooting! In Punch's Phantasiebilde vom Heerde eines Engländers seht ihr die Kinder von jedem Comfort, um nicht zu sagen Luxus, umgeben; einige lesen, andere spielen, alle scheinen glücklich. Das mag auf das Innere von Buckingham-Palace vortrefflich passen, aber es ist schnurstracks das Gegentheil der Wirklichkeiten in Drouet's Schänderhöhle. In diesem Pesthause sind die Kinder geradezu auf dem Altar des Profits geopfert worden. Der Eigenthümer lebte von dem In-Pflege-Nehmen («farming») von Armenkindern, Knaben und Mädchen, und wie er sie verpflegte, darüber kann das Ergebniß der Untersuchung euch in's Klare setzen. Ueberfüllung, Mangel an Ventilation, ungenügende Bekleidung, zu wenig und nicht geeignete Nahrung, Feuchtigkeit, Kälte und verpestende Ausdünstungen brachten ihre natürlichen Resultate zuwege — erst Diarrhöe, hernach Cholera. Vierzehn Tage verstrichen zwischen dem Erscheinen der warnenden Symptome und dem Ausbruch der Seuche; dennoch geschah nichts, um das unbedeutendere Uebel zu hemmen und der Ankunft der asiatischen Geißel zuvorzukommen. Keiner der zahllosen angedeuteten Uebelstände (nuisances) wurde beseitigt: keine Verbesserung in Nahrung, Kleidung, Ventilation; keine Umgestaltung des medicinischen Departements der Anstalt! Die Zerstörerin kam, und nachdem Zeugnisse Mr. Wakley's, des Leichenbeschauers, wurden binnen zwei Wochen achtzig Kinder zu Grabe gekarrt! Glücklich diese Unglücklichen, wenn der Tod ihren Leiden ein Ende machte! Denkt sie euch, zwei, drei und selbst vier in Einem Bett, einige eben von der Krankheit befallen, andere schon furchtbar leidend, andere im höchsten Zustande der Agonie, andere sterbend! Denkt euch diese unglücklichen kleinen Wesen, wie sie, mit der Heftigkeit und den Qualen, welche der Cholera eigenthümlich sind, ohne hinreichende Bequemlichkeit und Pflege purgiren und sich erbrechen!“ „Ich fand,“ sagt Mr. Grainger, (einer der zur Untersuchung in die Anstalt geschickten Aerzte) „vier von den weiblichen Pfleglingen der Aufsicht einer Wärterin überwiesen!“ Er und ein anderer Arzt, Mr. Popham, erzählen, daß der Fußboden und das Bettzeug — bloß aus Mangel an genügender Aufwartung — in den Ausleerungen der leidenden Kinder schwammen! Mehr als hundert von den Opfern starben unter diesem Schrecken. Nur die verhängnißvolle Küste Afrika's kann analoge Fälle aufweisen. Aber die Opfer der Niger-Expedition gingen dem Tode mit offenen Augen entgegen; ihr Verhängniß war ein minder schauderhaftes. Die „Philanthropen“ von Exeter-Hall projektirten und die Regierung begünstigte jene wahnsinnige Unternehmung, aber die Männer, die sich zu ihr hergaben, kannten den Charakter des Klima's, dem sie zu trotzen wagten. Von der Liebe zum Abenteuerlichen oder der Hoffnung auf Gewinn getrieben, zogen sie auf ihre romantische Expedition aus, ihr Leben in der Hand, und nur zu viele der Tapfern mußten ihre Tollkühnheit mit theurer Buße bezahlen. Im Falle der „Armenkinder“ dagegen waren die beklagenswerthen Opfer keineswegs freie Herren ihrer Handlungen. Sie nahmen ihren Aufenthalt zu Tooting nicht freiwillig. Indem sie den Entbehrungen und Greueln Trotz boten, welche ihren Tod herbeiführten, wurden sie weder durch den Hang zum Abenteuerlichen, noch durch die Hoffnung auf Ruhm oder Gewinn angetrieben. Die hülflosen Opfer eines mitleidslosen Systems, wurden sie „in Pflege gegeben“: wenn sie konnten, um zu leben; wenn nicht, um zu sterben! Und wie zu sterben! „Marcus“ war ein Philantrop, wenn man ihn mit den Leuten vergleicht, die gegenwärtig für die „Ausrottung des Pauperismus“ sorgen, indem sie die Paupers um's Leben bringen. Es ist wahr, der genannte „Philosoph“ schlug ein legalisirtes System offnen, unverhüllten Mordes vor, aber er zeigte, daß doch noch ein Fünkchen Mitleid in ihm war, indem er durch „schmerzlose Vertilgung“ (jedes dritten, vierten u. s. w. Kindes, um der Uebervölkerung zu steuern) zu morden empfahl. Welcher Vater, wenn seine Kinder einmal umkommen müssen, wird sie nicht lieber durch Aether oder Chloroform sterben sehen, als durch die schreckliche, in den Pesträumen von Tooting ausgebrütete Krankheit! Marcus ist ein Priester der Humanität, wenn man ihn neben die unmenschlichen Händler mit dem Leben englischer „Armenkinder“ stellt. „Seht hin! das die Früchte des saubern Systems, das die grausame Times mit dem gesammten Neste unseres Preßgelichters bis in den Himmel erhebt! Glückliches England! „Zu Haus ist's am Besten!“ (Schluß folgt.) Donaufürstenthümer. Bucharest. Unser glückliches Ländchen, dem doch gewiß kein Leid zugefügt werden kann, da es noch immer von den Bajonetten der mächtigen türkischen und russischen Truppen beschützt wird, bietet fortwährend in seinen Zuständen ein Bild, das in ernsten, wie in komischen Situationen einem Hogarth'schen Pinsel vollkommen reichhaltigen Stoff gäbe. Wie Hogarth die heterogensten Gegenstände auf seinen Platten untereinanderwarf, will auch ich Ihnen die letzten Scenen aus unserem hiesigen Leben, wie sie eben an uns vorübergehen, mittheilen. Daß die allgemeine Entwaffnung sämmtlicher Stadt- und Landbewohner (bei welch' letztern auch die Holzäxte zu den Waffen gezählt wurden, bis man endlich einsah, daß man ohne Aexte kein Holz fällen könne, um die Soldaten zu wärmen) mit aller Strenge vollzogen worden. Daß die Chambre ardente, welche das russische Regiment mit dem einfachen Namen einer Untersuchungs-Kommission aufgestellt hat, die zahlreichen als Revolutionäre denunzirten Opfer aller Stände, in Stadt und Land, vom sonntäglichen Gottesdienste wie aus den Schenken weg und inmitten ihrer gewöhnlichen Beschäftigungen festnehmen und in das Kloster Bakarest einsperren ließ, in dessen Gewölbe auch die leblosen und bei der hiesigen romänischen Freiheits-Erhebung gewiß unschuldigen Revolutionswerkzeuge — die herbeigesammelten Waffen nämlich — dem Rost und dem Verderben Preis gegeben worden sind; daß noch immer russische Truppen aus der Moldau nachkommen — gestern angeblich wieder ein paar Tausend Mann — und in Stadt und Land bei den Einwohnern einquartirt werden, von denen Mancher in seiner Wohnung, — er mag Eigenthümer oder Miether sein — auch wohl 20 dieser ersehnten Gäste zu beherbergen, zu beheizen und zu beleuchten, auch wohl gar mitunter zu beköstigen hat; dies und vielleicht manches andere noch werden Sie früher schon und somit auch erfahren haben, wie väterlich die russische Regierung auch darin für die Walachei gesinnt sei, daß sie der Caimacamie die namhaftesten Geldvorschüsse verabfolgen läßt, damit der Landesschatz in Erfüllung der dem Lande in bestimmten Ausdrücken auferlegten Schuldigkeit, alle Bedürfnisse der russischen Truppen zu bestreiten, nicht in Verlegenheit gerathen möge. Ueber diese dermalen und andere früher geleisteten Vorschüsse — so lautet huldvoll die diesfällige naive Eröffnung der russischen Regierung an die Caimacamie — werde man seiner Zeit Abrechnung halten! — Auf welche Weise diese Abrechnung geschehen solle, darüber ist jetzt natürlich keine Zeit zu sprechen, wo die Hauptsorge des walachischen Caimacams ausschließlich dahin gerichtet sein muß, daß alle Mittel vorhanden seien, damit es den bekreuzten sowohl, als den besternten Pikelhauben und Festragenden Gästen nebst den nothwendigen Bedürfnissen auch an ausgesuchtern Freuden und Annehmlichkeiten der Lebens nicht fehlen möge. Amerika. 068 New-York, 13. Januar. Wie wohlfeil die Centralregierung der Vereinigten Freistaaten ist, zeigt jedes Jahr die Botschaft des Präsidenten. Das weiß außerdem Jeder, der nur entfernt von den Verhältnissen der Union hat reden hören. Es frägt sich aber, wie es mit den Kosten der 30 Einzelregierungen bestellt ist; ob nicht, wenn man diese hinzurechnet, die republikanische Regierungsform am Ende denn doch nicht auch hoch genug zu stehen komme? Um hierüber jeden Zweifel zu beseitigen, braucht man blos die offiziellen Rechenschaftsberichte der Präsidenten der einzelnen Staaten neben einander zu legen und die Gesammtsumme herauszuziehen. Es ergiebt sich bei dieser Arbeit daß sämmtliche Verwaltungs- oder Regierungskosten in den 30 Republiken der Union jährlich nicht mehr betragen, als 5,062,310 Dollars (7,154,786 Thlr. Pr. Ct.), d. h. nicht mehr als etwa zwei gutgefütterte deutsche „Landesväter“ dem deutschen Volke jährlich zu stehen kommen. Während allein die geliebten und theuern deutschen Fürsten mit ihren-nächsten Hofschranzen jährlich nicht weniger als 45 Mill. Thlr. aus den Taschen der getreuen Unterthanen hinunterschlucken, bedarf die über 12 Mal so große Union — diese Verbindung von 30 Republiken — noch lange nicht jene Summe, um sowohl alle Kosten der Centralregierung, wie die der 30 Einzelregierungen, in allen Zweigen der Verwaltung vollständig zu decken. Daher das große Erstaunen der deutschen Einwanderer, die es in der ersten Zeit ihres Hierseins kaum glauben wollen, daß der Mensch eigentlich nicht ganz zum Steuerzahlen geboren sei, woran man doch in Deutschland als an das erste Gebot von Jugend auf gewöhnt wird. Erst allmälig finden sie sich darein und werden gerade deshalb, weil sie so viele Jahre lang die gottbegnadete Aussaugungskunst und die ganze staatsmännische Spitzbüberei in Deutschland gründlich erduldet haben, um so festere Republikaner. In den nordamerikanischen Freistaaten werden die Ausgaben, trotz der ungemein steigenden Bevölkerung, jährlich vermindert. (Unsere christlich-germanischen Landesväter werden über solche unhistorische Steuerverminderung waidlich lachen, da sie jedes Jahr das Budget anzuschwellen, keinesfalls aber zu verringern wissen.) In Deutschland wird von den Regierungsmännern gerade das Anwachsen der Bevölkerung als Grund für das Anwachsen der Ausgaben angeführt. Wie müßten da, sollte dieser monarchische Grundsatz hier in der Republik zur Anwendung kommen, die Ausgaben jährlich zunehmen, da sich die Bevölkerung keines Landes auf der Welt so rasch vermehrt, als die der nordamerikanischen Union. Nun findet das gerade Gegentheil statt. Ungeachtet der unglaublich anwachsenden Seelenzahl werden überall die Ausgaben und die ohnehin so geringen Steuern noch mehr verringert. Sehr bitter für die Lobpreiser der Monarchie! Es bleibt ihnen nur übrig, die ungeheure monarchische Steuerlast mit dem unbezahlbaren Glücke zu entschuldigen, daß dafür die „getreuen Unterthanen“ von Hofschranzen, Krautjunkern, schleppsäbligen Söldlingen und den Beamten-Heuschwärmen aller Art „von Gottes Gnaden“ malträtirt, gemaßregelt, ausgezogen, niedergekolbt und allergnädigst befußtrittet werden. Redakteur en chef Karl Marx. Brief an Herrn F. Harkort, Herrn Köster und Consorten, als Antwort auf ihre mir zugegangenen Briefe und Flugblätter. Gruß und Handschlag Euch Biedermänner, die seit einiger Zeit an meine Ueberzeugungs-Genossen und naich Millionen Schreiben des Vertrauens richteten, aus dem Grunde, weil Ihr zur Stunde der Gefahr unsere Seelen schwarz-weiß anstreichen wolltet! Dürften wir auf Dank irgend einer Art Anspruch machen, wahrlich, wir hätten ihn reichlich aus Eurer schlichten Hand empfangen! Es ist wohl schon zu Eurer Wissenschaft gekommen, liebe Freunde und Landesgenossen, daß wir auf Euer Geheiß unsern Bauernwitz zusammengenommen und den Leuten aus der Stadt Berlin die Würmer aus der Nase gezogen haben. Das heißt: wir haben in der beendeten Urwahl fast lauter Demokraten, oder in Euerm Deutsch „Lotterbuben“ gewählt. „Ja,“ fallt Ihr mir in die Rede und schüttelt mit dem Kopf, „das ist doch so haarscharf noch nicht ausgemacht. Wir Reaktionars sind verflucht pfiffige Kerls. Wir lassen noch eine Millionen demokratische Briefe drucken; dann wollen wir die Demokraten schon klein kriegen und die Deputirten werden doch nach unserm Sinne gewählt.“ Ihr lieben Freunde, darauf will ich Euch antworten. Wenn ein schwarz-weißer Schwätzer mit dem Bürgersmann ins Wirthshaus geht, so geschieht oft, daß der Erstere die Zeche bezahlen muß. Fast alle Tage schaut man solche Exempel, allein kein Mensch nimmt sich ein Exempel dran, sondern Jeder will durch selbst empfangene Schläge klug werden. Tritt ein Mann mit der Beredsamkeit eines Krummachers an und predigt: „Wählt nur Reaktionärs!“ so behagt das wenig Leuten, da heißt es: das ist die alte Melodie, die uns beinahe ganz die Lust zum Singen benommen hat. Kommt dagegen ein ehrlicher Mann und hat er auch einen gräßlich langen rothen oder schwarzen Bart und sagt uns: wählt Leute, die nicht für Geld sprechen, sondern nach Ueberzeugung, so rufen wir: „Vivant die Demokraten!“ Aber nun drückt Harkort seine Landwehrkappe über das linke Auge, stemmt den Arm auf den Tisch und fährt mich unwirsch an: „Was schiert das Alles mich? Arbeit bleibt für Jedermann der goldene Boden Ich hab' hier in Berlin gut und warm gegessen und mein Zins' und Sportel allzeit richtig abgeführt!“ Sieh Freund, das sprichst Du eben, wie Du es verstehst und vergissest schier, daß Du seit dem 18. März in die Reihen der konstitutionellen Staatsbürger eingetreten bist und dadurch einen Antheil an der Staatsverwaltung erlangtest, für den Du mit Hut und Kragen verantwortlich bist. Meinst Du, das Wahlgeschäft sei nur so zum Spaß vor sich gegangen und Deine guten Freunde, die Demokraten seien nur zu Narrethei und Kurzweil gewählt? Ei Lieber! sieh Du wohl zu und trau den Rothbärten nicht allzuviel; ich fürchte, daß das Häslein, welches sie Dir verschafften, Dir ein theurer Braten wird! Die Sonnenbrüder von Stadt und Land, die Hungerer und Lungerer mit den weiten Bettelsäcken stehen schon bereit; Eure Freunde, die Demokraten, hinter ihnen, — ich sage Euch, das gibt einen herrlichen Betteltanz und die Melodie von ihrem „heute mir, morgen Dir!“ wird Euch in die Ohren gellen, daß Ihr sie Euer Lebtag' nicht vergeßt! — Aber ein altes Sprichwort geht: „den treuen Freund erkennt man in der Noth!“ Gottes weise Fügung hat auch Dich, Freund Harkort, in die Schule der Erfahrung geschickt. Denn, o wehe! Dein Schirmherr Graf Brandenburg stürmt in Dein Zimmer, sein Schleppsäbel fegt den Boden, seine Augen sprühen wie Schrapnells, sein Schnurrbart sträubt sich, wie das Rückenhaar einer Hyäne. In der Hand hält er einen furchtbar langen Zettel; es ist das Verzeichniß der eingegangenen Wahlberichte. „Harkort! Harkort!“ schnaubt er voll Wuth, „da haben wir die Bescheerung! Da soll ja ein heiliges Kreuz-Millionen-Donnerwetter hineinfahren! Da habe ich die lumpigen Früchte Eurer gerühmten Wirksamkeit in Händen. Fast lauter Demokraten! nichts als Demokraten! Und sogar so sehr viele Namen aus der vatermörderischen Rotte der Steuerverweigerer. Da habt Ihr nun in dem „Wohlgemeinten Wahlbüchlein“ ihre zerborstenen Felle vor Aller Augen aufgehängt, damit das Volk sie schon aus der Ferne an ihrem verwesenden Geruche erkennen und sich vor jeder unliebsamen Annäherung wahren könnte. Was hat es geholfen? Nichts, gar nichts! Und die Millionen und aber Millionen von Flugblättern, die Ihr für höher anschlugt, als die Bibel, — wieviel rasende Summen haben sie nicht verschlungen! Für diesen Betrag hätte man 6,500 neue bäuerliche Stellen anlegen und an tüchtige Leute vergeben können. Und Alles umsonst! Alles umsonst! Hier habt Ihr den Wisch, auf welchem das gewählte Demokratenvolk steht. Wenn Ihr mir nicht in Zeit von 24 Stunden lauter echte Reaktionäre daraus fabrizirt habt, dann soll Euch ein Kreuz-Millionen-Donnerwetter in die Seele fahren.“ Also ruft der Gewaltherr und poltert von dannen. Nun wird Freund Harkort zwar seufzen und sagen: „Das war doch kein christlich-germanischer Fluch;“ aber was hilft das! die Liste bleibt, wie sie ist und das Donnerwetter bleibt nicht aus. Wenn das Donnerwetter vorüber ist, Freund Harkort, so verlasse Berlin und zeuch wieder hin zu dem fernen Westphalenlande, wo Deines Vaters Haus steht und wo Du gar viel hast erzählen hören von dem großen Friedrich und seinen getreuen Pommern. Du bist ja auch eines Landmannes Sohn, kennst Acker und Pflug und weißt, daß man nicht erndten kann, ohne zu säen. Benutze fortan diese Deine Kenntniß, denn Du siehst, mit der Politik geht es nun einmal nicht Ich schließe mit der Mahnung: Eine gute Wahl bleibt die Hauptsache; paßt daher den Schwätzern auf die Kreide! Diesen Brief könnt Ihr alle Welt lesen lassen, denn er enthält meine aufrichtige Meinung, und es sollte mich freuen, wenn solche auch in Kreisen des treuen Pommerlandes hie und da ein geeignetes Ohr fände. Lebt wohl mit Weib und Kind! Kann ich Euch irgend einen ehrlichen Dienst leisten, so schreibt mir nur! Es soll mir eine Freude sein und zur Ehre gereichen, solchen warmen Freunden eines unwirksamen Stils nützen zu können. — den 26. Januar 1849. Jacob Kurzhaar. Handelsnachrichten. _ Druckfehler. In Nr. 209 d. Ztg. Artikel * Paris, 28. Januar, ist in den ersten 800 Exemplaren am Schluß der 3. Seite von den Worten: „Das Betteldepot zu Cambon“ an, bis zum Schluß der Seite ein Stück aus dem Artikel Belgien eingerückt worden. Statt dieses Passus muß es folgendermaßen heißen: „Daher bittet der National und die rothen Blätter das Volk, nur ja ruhig zu bleiben, nur ja keinen Vorwand zum Einschreiten zu geben, da jede Emeute nur das fallende Kabinet stützen, nur der royalistischen Contrerevolution dienen könne. Daß der Staatsstreich immer näher rückt, beweisen die Vorfälle zwischen Changarnier und den Offizieren der Mobilgarde. Die bouchers de Cavaignac haben keine Lust, sich zu einem royalistischen Coup gebrauchen zu lassen; deshalb sollen sie aufgelöst werden; sie murren, und Changarnier droht sie zusammenhauen zu lassen und steckt ihre Offiziere in Arrest. Die Situation komplizirt sich scheinbar; in der That aber wird sie sehr einfach, so einfach, wie sie jedesmal am Vorabend einer Revolution ist. Der Konflikt zwischen der Versammlung und dem Präsidenten nebst seinen Ministern ist zum Ausbruch gekommen. Frankreich kann unter der Impotenz, von der es seit 10 Monaten regiert wird, nicht länger existiren; das Defizit, der gedrückte industrielle und kommerzielle Zustand u. s. w.“

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 211. Köln, 2. Februar 1849. Beilage, S. 1159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz211b_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.