Neue Rheinische Zeitung. Nr. 215. Köln, 7. Februar 1849.begrüßte, wies die Nothwendigkeit der Erklärung, Vertheidigung und Ausbreitung der Volkscharter nach. Die Vertheidigung müsse gegenüber den schmählichen Verläumdungen der Bourgeoispresse gegen die Chartisten kräftig geführt und der Lüge die Wahrheit entgegengesetzt werden. Man habe den Chartisten ihre "heftigen" Reden vorgeworfen. Solche Reden gereichten nicht dem Chartismus, sondern dem System der Ungerechtigkeit zur Schande, das zu Worten der Verzweiflung aufreize. Gewaltsamer Widerstand sei bei Engländern im Allgemeinen der letzte Gedanke. Höre man Engländer von Nachahmung anderer Völker sprechen, so könne man daraus schließen, daß die so Redenden schreiendes Unrecht erdulden, und wenig oder keine Hoffnung auf gesetzliche Abhilfe vor sich sehen. Der Redner skizzirt nun die voriges Jahr gegen die Chartisten ins Werk gesetzten Verfolgungen, wie die Regierung durch ihre Spione zu Komplotten, zur Anschaffung von Waffen etc. angereizt, und dann diejenigen, welche in die Falle gegangen, vor die Gerichtshöfe habe schleppen und verurtheilen lassen. Zum Beweise, wie das Ministerium durch seine Spione fortwährend wirkt, liest er einen am nämlichen Abend ihm zugestellten Brief vor, worin mehrere Mittel zur Vernichtung des Militärs und der Tyrannen angegeben werden (vergiftete Kugeln etc.) und die Aufforderung zur baldigen Anwendung enthalten ist... Bei der Explosion des von Powell (berüchtigtem Regierungsspion) angezettelten Komplotts habe die "Times" erklärt, jetzt endlich werde die Volkscharter begriffen. Man habe geglaubt, sie bestände aus 6 Punkten; jetzt zeige es sich, daß sie nur aus 3 Punkten bestehe: Plündern, Brennen, Morden. Scheußlicheres, als dies, sei nie aus der Presse, selbst nicht aus der Times hervorgegangen. Selbst angenommen, daß die dem Cuffey und Genossen schuldgegebenen Pläne auf Wahrheit beruhen sollten: so müßten diese doch Spionen, wie Powell und Konsorten gegenüber, noch als Engel dastehen und weiß wie der Schnee, wenn man ihre angeblichen "Absichten" mit den wirklich vollführten Schauderthaten solcher Raubmörder und Scharfrichter wie Windischgrätz zusammenstelle -- mit jenem Windischgrütz, den die Times seit 3 Monaten als ihren Lieblingshelden ausposaune. Während dieses Blatt das Morden, Plündern, Nothzüchtigen, Braten, Brennen und Sengen in Wien in den Himmel erhebe und zur Nachahmung empfehle, sei es schaamlos genug, die Chartisten als Anhänger der Plünderung etc. zu bezeichnen. Harney setzte hierauf die Gerechtigkeit der in der Volkscharter enthaltenen Punkte in einer durch Klarheit und Energie ausgezeichneten Rede auseinander. Noch viele Trinksprüche und Reden folgten, theils über "Kolonien im Innern und andere soziale Heilmittel," theils in Betreff der wenigen, aber kräftigen Vertreter, welche die Volkssache im Unterhause besitze, theils über die große Anzahl der politischen Gefangenen etc. In später Stunde trennte sich das Meeting, und Thom Clark hatte Recht gehabt zu behaupten, daß eine Menge der eingeladenen, aber ausgebliebenen Parlamentsmitglieder an diesem Abende gar viel hätten lernen können. * London, 3. Febr. Der Geburtstag des unsterblichen Thomas Paine wurde dieses Jahr feierlicher als je begangen. An 300 Personen hatten sich zu diesem Zweck im großen Saale des "literarischen und wissenschaftlichen Instituts" zu einem Thee versammelt. Als dieses Abendmahl beendigt war, öffnete man Saal und Gallerien dem Publikum, das so zahlreich einströmte, daß bald kein Mensch mehr Platz finden konnte und eine große Zahl wieder umkehren mußte. Hetherington präsidirte. "Ein so zahlreiches Meeting," sagte er, "ist ein trefflicher Beweis von der wachsenden Intelligenz unseres Zeitalters. Wer proklamirte je so unwiderstehbare, überzeugende Grundsätze als Thomas Paine in seinem Werke: "Erste Regierungsgrundsätze?" Ich frage jeden Menschen, der diese Schrift gelesen, ob er noch zu behaupten vermag, daß die Menschen auf gleiche politische Rechte keinen Anspruch haben? Aber Paine beschränkte sich sogar schon zu seiner Zeit nicht auf bloße politische Rechte. Er schrieb seine: "Agrarische Gerechtigkeit" und stellte den Grundsatz auf, daß jedes Menschenpaar die Mittel zu seiner Existenzgewinnung erhalten müsse; das Volk sei bisher seiner Rechte beraubt gewesen. Ich freue mich, hier so Viele versammelt zu sehen, da sie zweifelsohne sämmtlich mitwirken wollen, um dem Volke sein Recht zu verschaffen." Es folgten hierauf Toaste und Reden. Holyoake gab den Trinkspruch: "Auf das Volk! Möge es muthig Alles wagen, was gewagt werden sollte!" Miß Dyer: "Der Mann (sagte sie) kann nicht frei sein, so lange das Weib Sklavin ist. (Lauter Beifall). Sie schlug als Toast vor: "Auf das Weib; möge es in Aufdeckung von Irrthümern fortfahren!" R. Buchanan: "Auf die sozial-demokratische Presse!" Diese sei das Mittel, um die Fortschritts-Maßregeln durchzusetzen. In alter Zeit gab's zwei Klassen: Herren und Sklaven. In neuester Zeit habe sich eine Mittelklasse aufgethan, deren Interesse es sei, alle von den Proletariern erzeugten Reichthümer in ihre Gewalt zu bekommen, um sie zu eigenem Profit zu vertheilen. Alle Bewegungen der Neuzeit seien zur Erhebung jene: Klasse gemacht worden, doch die Zukunft gehöre den Proletariern. (Applaus.) Mittelst der Druckerpresse, durch Zeitungen und Broschüren habe die Mittelklasse ihr Ziel erfolgreich angestrebt. Nun, so müssen auch wir uns der Presse bedienen, und besser als bisher. W. Cooper: "Auf Paine und die Demokratie!" Wir sind hier, das Andenken an Paine zu feiern, den unsere Väter in effigie verbrannten, an einen Mann, von dessen Grundsätzen es hieß, daß sie nur des Abschaums der Erde werth wären und dessen Name als Vogelscheuche zur Einschüchterung der Kinder benutzt wurde. Paine's Schrift: "Gesunder Menschenverstand," habe zum Unabhängigkeitskampfe angefeuert, der mit Errichtung einer glorreichen Republik endigte. Die Amerikaner hatten von Uebersteuerung gesprochen. Paine erklärte sofort: "Besteuerung ohne Vertretung ist Tyrannei und ihr sollte Widerstand geleistet werden!" Der Vorsitzende: "Auf Robespierre und die übrigen Märtyrer sozialen Fortschritts!" B. O'Brien motivirte diesen Toast, indem er zeigte, wie auf Veranstaltung der feigen Tyrannen, der gekrönten und ungekrönten, Robespierre auf's Erbärmlichste verläumdet und den Erwachsenen, wie noch mehr der Jugend, gewöhnlich in einem ganz schauderhaften Zerrbilde dargestellt worden. Es folgten noch einige Reden, worauf das Paine'sche Gedächtnißfest mit Absingung der Marseillaise geschlossen wurde. Französische Republik. * Paris, 4. Febr. Immer neue Thatsachen kommen zum Vorschein, die auf's Klarste herausstellen, daß sämmtliche monarchische Parteien am vorigen Montag sich zu einem Staatsstreich Rendezvous gegeben hatten. Vergebens sucht der Moniteur durch allerlei, ihm offen nachgewiesene Lügen, und durch Zusammenstellung harmloser Fakta, den Schein eines demokratisch-sozialen Complotts heraufzuzaubern; kein Mensch glaubt daran, während das Ministerium, die Napoleonisten, und besonders die Royalisten von der Wucht der unleugbarsten, schlagendsten Thatsachen erliegen. Wir verweisen vor Allem auf den Contrepolizeibericht in dieser Nummer. Wir fügen noch andere Thatsachen hinzu: Das royalistische Journal de l'Aisne, anerkanntes Organ Odilon Barrot's, "bietet" am vorigen Montag, 29. Januar, am Tage des Komplotts, den Rothen "Krieg an" -- natürlich in der Erwartung, die Republikaner würden dieses Anerbieten an demselben Montag acceptirt haben. In Caen hatten am 29. Januar notorische Royalisten Attroupements und Prozessionen organisirt, die die Marseillaise singend, durch die Straßen zogen und zu Collisionen provocirten. Die bekanntesten Royalisten waren theils unter ihnen, theils folgten sie ihnen in einiger Entfernung. Der Plan scheiterte. In Straßburg entließ die Regierung am 29. plötzlich 300 Arbeiter des Zeughauses. Auch hier gelang es nicht, eine Ruhestörung zu provociren. Das royalistische Memorial Bordelais veröffentlichte einen Brief aus Paris vom 28. Januar, dem Tage vor dem Ausbruch des Complotts, worin es heißt: "Heute, Sonntag, geht die Post früh ab. Das Wetter ist kalt, ein feiner eisiger Regen schlägt die Lust nieder sich auf der öffentlichen Straße zusammenzurotten. Heut morgen ist die Stadt ruhig; aber morgen, Sturm in der Kammer und vielleicht auch in der Straße. Was und etwas beruhigt, ist, daß eine zahlreiche Armee früh auf den Beinen sein wird; die Kanonen um die Versammlung, die Dragoner, Ulanen und Kürassiere zu Pferde. Die Regimenter in den Forts und der Umgegend sind in die Stadt gezogen oder haben Befehl erhalten, sich zu nähern. Wer hatte dies Royalistenblatt 24 Stunden, ehe Marrast selbst davon wissen wollte, von den Rüstungen unterrichtet? Ein royalistisches Journal von Nevers enthielt einen, Paris, 28. Jan. datirten Artikel, worin die Nationalversammlung, die Constitution, die republikanische Regierungsform und das allgemeine Stimmrecht in der heftigsten Weise angegriffen und eine neue Art Repräsentation oder National-Delegation in Aussicht gestellt wird. Das royalistische Journal de Maine u. Loire endlich sagt offen heraus: "Die guten Bürger mögen sich nicht betrüben... Jeder glaubt in diesen Symptomen die Vorzeichen einer heißerflehten Aenderung zu finden, und man hofft, daß der erwartete große Akt zu Stande kommen wird ohne Schwertstreich. "Und so möge denn Frankreich, in seinen Urversammlungen gesetzlich zusammen berufen, sich endlich über die Regierungsform aussprechen, die ihm am meisten zusagt. "Wenn der Entschluß, den der Präsident und seine Minister gefaßt haben, übertrieben erscheint, wenn ein Staatsstreich von den alten Republikanern für ein Verbrechen erklärt wird, so kann man ihnen immer sagen, daß es nur der Nation zukommt, diesen souveränen Akt zu qualifiziren." Diese Stellen, die in der Nationalversammlung am Samstag von sich reden machten, stehen in einem Artikel, der den versuchten Staatsstreich vom Montag ebenfalls vorhersagt. Welche Absichten die Royalisten hatten, darüber gibt folgender Brief einer legitimistischen, Dame, datirt 28. Jan., Aufschluß: "... mit einem Schlage werden wir die Bonapartisten und die Republik vernichten. Man wird alle Truppen nach Paris kommen lassen, deren Generale unsere Freunde sind; Louis Napoleon wird sich den Truppen zeigen; diese werden rufen: es lebe der Kaiser, und das Volk, im Voraus bezahlt, wird ihn nach den Tuilerien führen wollen. (!) Aber Republikaner, die man davon vorher in Kenntniß setzen und ebenfalls bezahlen wird, werden den neuen Kaiser tödten. Dann, um diesen Mord zu rächen, werden die Soldaten und die Unsrigen über diese Republikanerkanaille herfallen und wir werden sie ein für allemal zu Boden schlagen. Man wird diese Ungeheuer von Deputirten anklagen und verurtheilen, und unser Engel, unser Erlöser wird kommen, uns Frieden und Glück zu bringen. Dann werden unsere erschreckten Bauern etwas resignirter und etwas weniger grob werden." Trotz der romanhaften Auffassung der edlen Chatelaine, sieht man deutlich aus diesem Brief, wie die Royalisten nur auf den Kampf zwischen Bonapartisten und Republikanern lauerten, um ihn für ihre Zwecke auszubeuten. Der National selbst spricht von einem royalistischen Komplott das im Ministerium ausgeheckt sei, und wonach die Demonstration von Montag nur eine Probe gewesen, und die wirkliche Aufführung des Stücks erst in einigen Tagen an die Reihe komme. Man wolle ganz Paris in aller Stille während der Nacht militärisch besetzen. Die Departements würde man den Abend schon durch die Nachricht einer in Paris ausgebrochenen Revolution zum Marsch nach Paris rufen. Zweitausend Verhaftungen, darunter in erster Reihe die Chefs der gemäßigten Republikaner, die Minister und höheren Beamten Cavaignac's, würden während der Nacht vorgenommen, und am nächsten Morgen der Staatsstreich vollzogen. Einige Minister, und speziell Herr Barrot, sollen indeß nicht in dem Komplott sein. Kurz, die Absicht des Staatsstreichs vom Montag wird täglich unleugbarer. Wenn aber noch ein Zweifel bestehen könnte, so wird er niedergeschlagen durch das Beharren der Minister in der Regierung trotz aller Mißtrauensvoten der Kammer. Gegen die Kammer können die Minister nicht regieren, also müssen sie, wenn sie nicht abtreten wollen, die Kammer stürzen, und das können sie nur durch einen Staatsstreich. Seit Montag sind sie 8 Tage an der Regierung geblieben, und gestern, Samstag, haben sie wieder ein Mißtrauensvotum erhalten: Mit 407 gegen 387 Stimmen hat die Kammer die einfache Tagesordnung in Beziehung auf die parlamentarische Untersuchung über die Montags-Ereignisse verworfen. Die Minister regieren indeß ruhig fort, (und zwar nach einer ähnlichen Theorie wie Brandenburg-Manteuffel, siehe unten Berlin). Sie sagen: Allerdings, so lange der Staatschef unverantwortlich war, mußten die Minister abtreten, sobald sie die Majorität verloren; aber jetzt, wo wir einen verantwortlichen Staatschef besitzen, ist jedes Mißtrauensvotum gegen die Minister zugleich ein Mißtrauensvotum gegen den Präsidenten; und da dieser doch Präsident bleibt, so können die Minister auch Minister bleiben trotz der Kammer. Aber ebenso wie hinter Brandenburg-Manteuffels Theorie steckt hinter der Odilon-Barrot'schen Phrase nichts als der Staatsstreich, die Sprengung der Kammer. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß das so arg kompromittirte Kabinet sich nicht mehr halten kann, wenn es nicht, sei es bei der Proposition Rateau, sei es bei der nächsten Gelegenheit, seinen Staatsstreich zur Ausführung bringt. 17 Paris, 4. Febr. Die föderalistischen Mucker des Girondedepartements sind wieder sehr lebhaft; die "honnetteste aller Städte des Südens," das holzköpfige Bordeaux, wo der aus dem Februarexil heimgekehrte Minister Tanneguy Duchatel vorläufig sich aufhält, erläßt seit einer Woche abermals komplete Proklamationen in ihren beiden kreuzritterlichen Schandorganen: Memorial und Courrier, worin für den "höchst betrübsamen Fall eines Sieges der Mordbrenner, Gleichmacher, Guillotinirer und Papiergelddrucker zu Paris," die Ortschaften der Gironde ermahnt werden, des "alten Ruhmes Acquitania's" eingedenk zu bleiben und dem glorreichen Beispiele der Deputirten vom Jahre 1793 zu folgen, d. h. sich gegen Paris zu insurgiren, es aber diesmal "energischer" zu betreiben, um nicht wieder "der Riesenschlange Paris" zu unterliegen. Faktisch ist, daß der Stadtrath von Bordeaux, aus den reichsten und abgefeimtesten Junkern und Bourgeois bestehend, über eine bedeutende Summe Geldes in den Säcken der Kaufleute, deren Handelskammer ihm sogar Hülfe freiwillig angeboten hat, verfügen kann. Faktisch ist ein lebhafter Telegraphenwechsel kurz vor, während und nach dem 29. Januar zwischen Paris und Bordeaux, wodurch letzteres ermächtigt ward, mit seiner Bürgerwehr und der aus den Departementalgemeinden der "bedrängten" Republik zu Hülfe zu fliegen. Mit andern Worten: das Königthum in Paris herstellen zu helfen. Graf Mole, der greise Spitzbube, von Bordeaux in die Kammer gewählt, hat die Hauptfäden in der Hand. Mit dem österreichischen Lloyd und der N. Preuß. Ztg. und der Times wetteifernd, schleudert der Courrier de la Gironde den Bannfluch auf die "Handvoll frecher Ordnungsstörer, die einer Nation von 35 Mill. zu trotzen wagen." Und das pariser Organ des Grafen Mole, die "Assemblee Nationale," bringt seit einigen Tagen Leitartikel in Form von Briefen aus London, die selbst bei einem an dererlei gewohnten Beobachter ein gewisses Erstaunen erregen. Diese mit einem Hufeisen unterzeichneten Briefe, nachdem sie den österreichischen, preußischen, neapolitanischen, französischen und sonstigen Heeren Europa's für ihre "ritterliche" Bekämpfung der "Freiheitstollwuth vom Jahre 1848" Lob gespendet, ja eingestanden, daß nur die Heere Europa's Gesellschaft diesmal gerettet haben, rufen zur "Züchtigung der schon demüthig werdenden Schweizer Radikalen," zur "Herstellung des Berner Patriciats und der Urkantone, der ächten Tellsöhne" auf. Gegen dieses ist die Opposition der Demokratie immer noch sehr lahm. Während die Ledru-Rollianer und sonstige Fraktionen der Demokraten Lärm machen, handeln die Feinde. Da ist z. B. die "brüderliche Gesellschaft des Napoleons-Comites." "Unser Zweck ist, einen mächtigen Verein zu formiren, der alle intelligenten und lebendigen Kräfte der großen Napoleonspartei verbindet und dem Erkorenen der sechs Millionen Franzosen Beistand bringt, damit er die erhabene Mission erfülle, die das Land ihm auflegt. Jedesmal, wenn das Volk Vertreter zu ernennen hat, werden die Mitglieder des Napoleons-Comite in die Wahlarena hinabeilen, und durch Wort und Journal für Kandidaten auftreten, die dem Bürger Louis Bonaparte in der politisch-sozialen Umformung, der er sich gewidmet hat, behülflich sein können. Der Verein besteht in 28 Stiftern oder organisirenden Kommissarien; in 140 Generalkommissarien; in 1400 Spezialkommissarien; in 14,000 Sektionschefs; in 140,000 Brigadechefs, deren jeder unter seinem Befehl eine unbeschränkte Menge Theilnehmer hat. Jedes der 14 Seinearrondissements ist durch zwei Organisatoren vertreten. Jedem Organisator sind 10 Generalkommissarien beigegeben. Jeder Generalkommissar hat 10 Spezialkommissarien unter sich. "Jeder der letzteren hat 10 Sektionschefs, jeder dieser hat 10 Brigadechefs unter sich; jede Brigade darf nicht über 20 Mitglieder anwachsen. Auf dem Gipfel des Ganzen steht das Directorium: Präsident, Vicepräsident, Generalsekretär, Schatzmeister, zwei Untersekretäre und vier Assessoren. Die Stifter und Generalkommissäre zahlen ein Mal zwei Franken. Monatlich zahlt man zehn Sous, die der Brigadechef sammelt und an den nächsten Obern abliefert, dieser weiter, bis an das Napoleonscomite oder Direktorium. Jedes Mitglied erhält eine Medaille, verschieden nach den Graden. Sitz des Vereins ist ... Das Sekretariat ist offen von 10 Uhr bis 4, außer Sonntags, wo es um 1 Uhr schließt. Das Comite ist Hülfe den Mitgliedern schuldig." Dies erbauliche Aktenstückchen wird von der "Revolution democratique sociale" mitgetheilt, die es von einem Arbeiter hat, der fünfzig Sous dafür hatte zahlen müssen; etwas theuer also ist diese kaiserthümliche Machination. Das Ministerium kapert inzwischen an 800 Demokratenchefs weg; so hoch soll die Summe der seit 8 Tagen Eingesperrten bereits sich belaufen. Aus Marseille und Lille kamen gestern Petitionen gegen Auflösung der Kammer mit elftausend Unterschriften, aber das ist noch sehr wenig im Vergleich zu den dreihunderttausend für Auflösung. Die Maithusianer sind so eifrig auf schleunigste Auflösung der Kammer bedacht, weil sie fürchten, die Bergpartei werde noch in aller Eile volksthümliche Vorschläge einreichen, wodurch sie einen antiköniglichen Einfluß auf die Wähler ausüben könnte; in der That hat, nach Proudhon'schem Vorgange, Brives so eben folgendes proponirt: "In Betracht daß die Februarrevolution Handel und Industrie dergestalt zerrüttete, daß daraus ein Fall von force Majeure entspringt; folglich Leiher wie Entlehner, Vermiethende wie Miethende, als vor dem Civilgesetze gleiche Personen, auch gleichmäßig den Druck des Falls von force Majeure tragen sollen; in Betracht, daß noch gar kein Ende der Beschwerden dieser Art, bei dem gegenwärtigen Zustande Europa's, abzusehen; endlich in Betracht, daß die Hypothekengläubiger die faktischen Eigenthümer und Genießer der vermietheten Grundstücke sind: möge die Nationalversammlung beschließen, daß die Miethe der Häuser und Grundstücke, die vor dem 24. Februar 1848 vermiethet wurden, um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt wird; beschließen daß die vor dem 24. Februar 1848 stipulirten Hypothekenzinsen um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt werden; beschließen daß wenn der Vermiethende den Vertrag auflösen will, er den Miethenden 6 Monate vorher in Kenntniß setzen soll, aber die Vertragsauflösung nicht erzwingen darf, sobald der Miethende von Häusern oder Grundstücken auf obige Preiserniedrigung verzichtet." Kein Mensch zweifelt, daß, wenn solcherartige Artikel zu den französischen Bauernohren den Weg sich bahnen könnten, in kürzester Frist die franz. Bauernfäuste den kürzesten Weg an die Gurgeln der Reichen und Edelleute zu finden wüßten. Das ganze Manöver besteht also darin, daß die Reaktionäre den Revolutionären allen journalistischen Einfluß auf die Landleute bisher abgeschnitten haben. Die Proposition, das Jesuitenministerium in Anklage zu bringen, ist trotz der ziemlich imposanten 250 Unterschriften von Deputirten durch das Justizkomite, dessen Berichterstatter der triste Hr. Baze, verworfen worden; in den Bureaus hätte sie wahrscheinlich durchzudringen vermocht. Die Reaktion schießt in allen Blättern deshalb Viktoria, indeß ist der Rateausche Antrag auf Montag verschoben, und wir rathen ihr noch nicht zu triumphiren. "Sie werden wohl nicht eher zu Kreuz kriechen, diese Herren Koblentzer und Chouans, (sagt der Republicain de l'Allier) als bis die mittelalterliche Jaquerie in moderner Form wiederholt ist, mit andern Worten, bis diese Edelleute, die die Guillotinen-Lektion von 1793 längst ausgeschwitzt haben, nochmals von Staatswegen vogelfrei erklärt und den Jagdbüchsen und Aexten ihres Landproletariats überliefert werden; Gott gebe, daß es nicht soweit kommen muß. Die franz. Großbourgeoisie oder Finanzerie ist verbrüdert mit dem Junkerthum, mit dem großen Bodenbesitz, und komplotirt bei uns wie überall, mit dem Junkerthum gegen die Menschheitsentwicklung. Unsere Mittel- und Kleinbourgeoisie schwankt, zittert, taumelt hin und her; obschon sie, wenn sie weiter als ihre Nase sehen könnte, begreifen müßte, daß ihrem Handel, ihrer Industrie jetzt vom grundbeherrschenden Junkerthum der Krieg erklärt worden ist. Und es kann am Ende dahin kommen, daß dieser edle Adel die infame Stadt der Ladenleute, wie Paris in der Adelssprache unserer Provinzen heißt, mit Bomben begrüßen wird. Das geschieht dem Ladenmanne recht, der das Volk fürchtete." 12 Paris, 4. Februar. Der 29. Februar wird jeden Tag klarer; die demokratische Presse ihrerseits hat eine enquete eröffnet, und die enquete hat ein Dokument zu Tage gefördert, welches sie mit Recht einen Kontrepolizei-Bericht nennen kann. Vor allen Dingen ist es nothwendig, die Männer zu kennen, die an der Spitze der jetzigen Polizeipräfektur stehen, und da finden wir dieselben Namen, die unter Louis Philipp als verrucht dastanden und sich zu allen polizeilichen Manövers gebrauchen ließen: Carlier, Chef der Munizipalpolizei und in Wirklichkeit Präfekt; Doussi, Direktor der allgemeinen Polizei im Ministerium des Innern; Froussard, General-Inspektor und Cramette, ehemals bei der Person Louis Philipps attachirter Polizei-Commissar. begrüßte, wies die Nothwendigkeit der Erklärung, Vertheidigung und Ausbreitung der Volkscharter nach. Die Vertheidigung müsse gegenüber den schmählichen Verläumdungen der Bourgeoispresse gegen die Chartisten kräftig geführt und der Lüge die Wahrheit entgegengesetzt werden. Man habe den Chartisten ihre „heftigen“ Reden vorgeworfen. Solche Reden gereichten nicht dem Chartismus, sondern dem System der Ungerechtigkeit zur Schande, das zu Worten der Verzweiflung aufreize. Gewaltsamer Widerstand sei bei Engländern im Allgemeinen der letzte Gedanke. Höre man Engländer von Nachahmung anderer Völker sprechen, so könne man daraus schließen, daß die so Redenden schreiendes Unrecht erdulden, und wenig oder keine Hoffnung auf gesetzliche Abhilfe vor sich sehen. Der Redner skizzirt nun die voriges Jahr gegen die Chartisten ins Werk gesetzten Verfolgungen, wie die Regierung durch ihre Spione zu Komplotten, zur Anschaffung von Waffen etc. angereizt, und dann diejenigen, welche in die Falle gegangen, vor die Gerichtshöfe habe schleppen und verurtheilen lassen. Zum Beweise, wie das Ministerium durch seine Spione fortwährend wirkt, liest er einen am nämlichen Abend ihm zugestellten Brief vor, worin mehrere Mittel zur Vernichtung des Militärs und der Tyrannen angegeben werden (vergiftete Kugeln etc.) und die Aufforderung zur baldigen Anwendung enthalten ist… Bei der Explosion des von Powell (berüchtigtem Regierungsspion) angezettelten Komplotts habe die „Times“ erklärt, jetzt endlich werde die Volkscharter begriffen. Man habe geglaubt, sie bestände aus 6 Punkten; jetzt zeige es sich, daß sie nur aus 3 Punkten bestehe: Plündern, Brennen, Morden. Scheußlicheres, als dies, sei nie aus der Presse, selbst nicht aus der Times hervorgegangen. Selbst angenommen, daß die dem Cuffey und Genossen schuldgegebenen Pläne auf Wahrheit beruhen sollten: so müßten diese doch Spionen, wie Powell und Konsorten gegenüber, noch als Engel dastehen und weiß wie der Schnee, wenn man ihre angeblichen „Absichten“ mit den wirklich vollführten Schauderthaten solcher Raubmörder und Scharfrichter wie Windischgrätz zusammenstelle — mit jenem Windischgrütz, den die Times seit 3 Monaten als ihren Lieblingshelden ausposaune. Während dieses Blatt das Morden, Plündern, Nothzüchtigen, Braten, Brennen und Sengen in Wien in den Himmel erhebe und zur Nachahmung empfehle, sei es schaamlos genug, die Chartisten als Anhänger der Plünderung etc. zu bezeichnen. Harney setzte hierauf die Gerechtigkeit der in der Volkscharter enthaltenen Punkte in einer durch Klarheit und Energie ausgezeichneten Rede auseinander. Noch viele Trinksprüche und Reden folgten, theils über „Kolonien im Innern und andere soziale Heilmittel,“ theils in Betreff der wenigen, aber kräftigen Vertreter, welche die Volkssache im Unterhause besitze, theils über die große Anzahl der politischen Gefangenen etc. In später Stunde trennte sich das Meeting, und Thom Clark hatte Recht gehabt zu behaupten, daß eine Menge der eingeladenen, aber ausgebliebenen Parlamentsmitglieder an diesem Abende gar viel hätten lernen können. * London, 3. Febr. Der Geburtstag des unsterblichen Thomas Paine wurde dieses Jahr feierlicher als je begangen. An 300 Personen hatten sich zu diesem Zweck im großen Saale des „literarischen und wissenschaftlichen Instituts“ zu einem Thee versammelt. Als dieses Abendmahl beendigt war, öffnete man Saal und Gallerien dem Publikum, das so zahlreich einströmte, daß bald kein Mensch mehr Platz finden konnte und eine große Zahl wieder umkehren mußte. Hetherington präsidirte. „Ein so zahlreiches Meeting,“ sagte er, „ist ein trefflicher Beweis von der wachsenden Intelligenz unseres Zeitalters. Wer proklamirte je so unwiderstehbare, überzeugende Grundsätze als Thomas Paine in seinem Werke: „Erste Regierungsgrundsätze?“ Ich frage jeden Menschen, der diese Schrift gelesen, ob er noch zu behaupten vermag, daß die Menschen auf gleiche politische Rechte keinen Anspruch haben? Aber Paine beschränkte sich sogar schon zu seiner Zeit nicht auf bloße politische Rechte. Er schrieb seine: „Agrarische Gerechtigkeit“ und stellte den Grundsatz auf, daß jedes Menschenpaar die Mittel zu seiner Existenzgewinnung erhalten müsse; das Volk sei bisher seiner Rechte beraubt gewesen. Ich freue mich, hier so Viele versammelt zu sehen, da sie zweifelsohne sämmtlich mitwirken wollen, um dem Volke sein Recht zu verschaffen.“ Es folgten hierauf Toaste und Reden. Holyoake gab den Trinkspruch: „Auf das Volk! Möge es muthig Alles wagen, was gewagt werden sollte!“ Miß Dyer: „Der Mann (sagte sie) kann nicht frei sein, so lange das Weib Sklavin ist. (Lauter Beifall). Sie schlug als Toast vor: „Auf das Weib; möge es in Aufdeckung von Irrthümern fortfahren!“ R. Buchanan: „Auf die sozial-demokratische Presse!“ Diese sei das Mittel, um die Fortschritts-Maßregeln durchzusetzen. In alter Zeit gab's zwei Klassen: Herren und Sklaven. In neuester Zeit habe sich eine Mittelklasse aufgethan, deren Interesse es sei, alle von den Proletariern erzeugten Reichthümer in ihre Gewalt zu bekommen, um sie zu eigenem Profit zu vertheilen. Alle Bewegungen der Neuzeit seien zur Erhebung jene: Klasse gemacht worden, doch die Zukunft gehöre den Proletariern. (Applaus.) Mittelst der Druckerpresse, durch Zeitungen und Broschüren habe die Mittelklasse ihr Ziel erfolgreich angestrebt. Nun, so müssen auch wir uns der Presse bedienen, und besser als bisher. W. Cooper: „Auf Paine und die Demokratie!“ Wir sind hier, das Andenken an Paine zu feiern, den unsere Väter in effigie verbrannten, an einen Mann, von dessen Grundsätzen es hieß, daß sie nur des Abschaums der Erde werth wären und dessen Name als Vogelscheuche zur Einschüchterung der Kinder benutzt wurde. Paine's Schrift: „Gesunder Menschenverstand,“ habe zum Unabhängigkeitskampfe angefeuert, der mit Errichtung einer glorreichen Republik endigte. Die Amerikaner hatten von Uebersteuerung gesprochen. Paine erklärte sofort: „Besteuerung ohne Vertretung ist Tyrannei und ihr sollte Widerstand geleistet werden!“ Der Vorsitzende: „Auf Robespierre und die übrigen Märtyrer sozialen Fortschritts!“ B. O'Brien motivirte diesen Toast, indem er zeigte, wie auf Veranstaltung der feigen Tyrannen, der gekrönten und ungekrönten, Robespierre auf's Erbärmlichste verläumdet und den Erwachsenen, wie noch mehr der Jugend, gewöhnlich in einem ganz schauderhaften Zerrbilde dargestellt worden. Es folgten noch einige Reden, worauf das Paine'sche Gedächtnißfest mit Absingung der Marseillaise geschlossen wurde. Französische Republik. * Paris, 4. Febr. Immer neue Thatsachen kommen zum Vorschein, die auf's Klarste herausstellen, daß sämmtliche monarchische Parteien am vorigen Montag sich zu einem Staatsstreich Rendezvous gegeben hatten. Vergebens sucht der Moniteur durch allerlei, ihm offen nachgewiesene Lügen, und durch Zusammenstellung harmloser Fakta, den Schein eines demokratisch-sozialen Complotts heraufzuzaubern; kein Mensch glaubt daran, während das Ministerium, die Napoleonisten, und besonders die Royalisten von der Wucht der unleugbarsten, schlagendsten Thatsachen erliegen. Wir verweisen vor Allem auf den Contrepolizeibericht in dieser Nummer. Wir fügen noch andere Thatsachen hinzu: Das royalistische Journal de l'Aisne, anerkanntes Organ Odilon Barrot's, „bietet“ am vorigen Montag, 29. Januar, am Tage des Komplotts, den Rothen „Krieg an“ — natürlich in der Erwartung, die Republikaner würden dieses Anerbieten an demselben Montag acceptirt haben. In Caen hatten am 29. Januar notorische Royalisten Attroupements und Prozessionen organisirt, die die Marseillaise singend, durch die Straßen zogen und zu Collisionen provocirten. Die bekanntesten Royalisten waren theils unter ihnen, theils folgten sie ihnen in einiger Entfernung. Der Plan scheiterte. In Straßburg entließ die Regierung am 29. plötzlich 300 Arbeiter des Zeughauses. Auch hier gelang es nicht, eine Ruhestörung zu provociren. Das royalistische Mémorial Bordelais veröffentlichte einen Brief aus Paris vom 28. Januar, dem Tage vor dem Ausbruch des Complotts, worin es heißt: „Heute, Sonntag, geht die Post früh ab. Das Wetter ist kalt, ein feiner eisiger Regen schlägt die Lust nieder sich auf der öffentlichen Straße zusammenzurotten. Heut morgen ist die Stadt ruhig; aber morgen, Sturm in der Kammer und vielleicht auch in der Straße. Was und etwas beruhigt, ist, daß eine zahlreiche Armee früh auf den Beinen sein wird; die Kanonen um die Versammlung, die Dragoner, Ulanen und Kürassiere zu Pferde. Die Regimenter in den Forts und der Umgegend sind in die Stadt gezogen oder haben Befehl erhalten, sich zu nähern. Wer hatte dies Royalistenblatt 24 Stunden, ehe Marrast selbst davon wissen wollte, von den Rüstungen unterrichtet? Ein royalistisches Journal von Nevers enthielt einen, Paris, 28. Jan. datirten Artikel, worin die Nationalversammlung, die Constitution, die republikanische Regierungsform und das allgemeine Stimmrecht in der heftigsten Weise angegriffen und eine neue Art Repräsentation oder National-Delegation in Aussicht gestellt wird. Das royalistische Journal de Maine u. Loire endlich sagt offen heraus: „Die guten Bürger mögen sich nicht betrüben… Jeder glaubt in diesen Symptomen die Vorzeichen einer heißerflehten Aenderung zu finden, und man hofft, daß der erwartete große Akt zu Stande kommen wird ohne Schwertstreich. „Und so möge denn Frankreich, in seinen Urversammlungen gesetzlich zusammen berufen, sich endlich über die Regierungsform aussprechen, die ihm am meisten zusagt. „Wenn der Entschluß, den der Präsident und seine Minister gefaßt haben, übertrieben erscheint, wenn ein Staatsstreich von den alten Republikanern für ein Verbrechen erklärt wird, so kann man ihnen immer sagen, daß es nur der Nation zukommt, diesen souveränen Akt zu qualifiziren.“ Diese Stellen, die in der Nationalversammlung am Samstag von sich reden machten, stehen in einem Artikel, der den versuchten Staatsstreich vom Montag ebenfalls vorhersagt. Welche Absichten die Royalisten hatten, darüber gibt folgender Brief einer legitimistischen, Dame, datirt 28. Jan., Aufschluß: „… mit einem Schlage werden wir die Bonapartisten und die Republik vernichten. Man wird alle Truppen nach Paris kommen lassen, deren Generale unsere Freunde sind; Louis Napoleon wird sich den Truppen zeigen; diese werden rufen: es lebe der Kaiser, und das Volk, im Voraus bezahlt, wird ihn nach den Tuilerien führen wollen. (!) Aber Republikaner, die man davon vorher in Kenntniß setzen und ebenfalls bezahlen wird, werden den neuen Kaiser tödten. Dann, um diesen Mord zu rächen, werden die Soldaten und die Unsrigen über diese Republikanerkanaille herfallen und wir werden sie ein für allemal zu Boden schlagen. Man wird diese Ungeheuer von Deputirten anklagen und verurtheilen, und unser Engel, unser Erlöser wird kommen, uns Frieden und Glück zu bringen. Dann werden unsere erschreckten Bauern etwas resignirter und etwas weniger grob werden.“ Trotz der romanhaften Auffassung der edlen Châtelaine, sieht man deutlich aus diesem Brief, wie die Royalisten nur auf den Kampf zwischen Bonapartisten und Republikanern lauerten, um ihn für ihre Zwecke auszubeuten. Der National selbst spricht von einem royalistischen Komplott das im Ministerium ausgeheckt sei, und wonach die Demonstration von Montag nur eine Probe gewesen, und die wirkliche Aufführung des Stücks erst in einigen Tagen an die Reihe komme. Man wolle ganz Paris in aller Stille während der Nacht militärisch besetzen. Die Departements würde man den Abend schon durch die Nachricht einer in Paris ausgebrochenen Revolution zum Marsch nach Paris rufen. Zweitausend Verhaftungen, darunter in erster Reihe die Chefs der gemäßigten Republikaner, die Minister und höheren Beamten Cavaignac's, würden während der Nacht vorgenommen, und am nächsten Morgen der Staatsstreich vollzogen. Einige Minister, und speziell Herr Barrot, sollen indeß nicht in dem Komplott sein. Kurz, die Absicht des Staatsstreichs vom Montag wird täglich unleugbarer. Wenn aber noch ein Zweifel bestehen könnte, so wird er niedergeschlagen durch das Beharren der Minister in der Regierung trotz aller Mißtrauensvoten der Kammer. Gegen die Kammer können die Minister nicht regieren, also müssen sie, wenn sie nicht abtreten wollen, die Kammer stürzen, und das können sie nur durch einen Staatsstreich. Seit Montag sind sie 8 Tage an der Regierung geblieben, und gestern, Samstag, haben sie wieder ein Mißtrauensvotum erhalten: Mit 407 gegen 387 Stimmen hat die Kammer die einfache Tagesordnung in Beziehung auf die parlamentarische Untersuchung über die Montags-Ereignisse verworfen. Die Minister regieren indeß ruhig fort, (und zwar nach einer ähnlichen Theorie wie Brandenburg-Manteuffel, siehe unten Berlin). Sie sagen: Allerdings, so lange der Staatschef unverantwortlich war, mußten die Minister abtreten, sobald sie die Majorität verloren; aber jetzt, wo wir einen verantwortlichen Staatschef besitzen, ist jedes Mißtrauensvotum gegen die Minister zugleich ein Mißtrauensvotum gegen den Präsidenten; und da dieser doch Präsident bleibt, so können die Minister auch Minister bleiben trotz der Kammer. Aber ebenso wie hinter Brandenburg-Manteuffels Theorie steckt hinter der Odilon-Barrot'schen Phrase nichts als der Staatsstreich, die Sprengung der Kammer. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß das so arg kompromittirte Kabinet sich nicht mehr halten kann, wenn es nicht, sei es bei der Proposition Rateau, sei es bei der nächsten Gelegenheit, seinen Staatsstreich zur Ausführung bringt. 17 Paris, 4. Febr. Die föderalistischen Mucker des Girondedepartements sind wieder sehr lebhaft; die „honnetteste aller Städte des Südens,“ das holzköpfige Bordeaux, wo der aus dem Februarexil heimgekehrte Minister Tanneguy Duchatel vorläufig sich aufhält, erläßt seit einer Woche abermals komplete Proklamationen in ihren beiden kreuzritterlichen Schandorganen: Memorial und Courrier, worin für den „höchst betrübsamen Fall eines Sieges der Mordbrenner, Gleichmacher, Guillotinirer und Papiergelddrucker zu Paris,“ die Ortschaften der Gironde ermahnt werden, des „alten Ruhmes Acquitania's“ eingedenk zu bleiben und dem glorreichen Beispiele der Deputirten vom Jahre 1793 zu folgen, d. h. sich gegen Paris zu insurgiren, es aber diesmal „energischer“ zu betreiben, um nicht wieder „der Riesenschlange Paris“ zu unterliegen. Faktisch ist, daß der Stadtrath von Bordeaux, aus den reichsten und abgefeimtesten Junkern und Bourgeois bestehend, über eine bedeutende Summe Geldes in den Säcken der Kaufleute, deren Handelskammer ihm sogar Hülfe freiwillig angeboten hat, verfügen kann. Faktisch ist ein lebhafter Telegraphenwechsel kurz vor, während und nach dem 29. Januar zwischen Paris und Bordeaux, wodurch letzteres ermächtigt ward, mit seiner Bürgerwehr und der aus den Departementalgemeinden der „bedrängten“ Republik zu Hülfe zu fliegen. Mit andern Worten: das Königthum in Paris herstellen zu helfen. Graf Molé, der greise Spitzbube, von Bordeaux in die Kammer gewählt, hat die Hauptfäden in der Hand. Mit dem österreichischen Lloyd und der N. Preuß. Ztg. und der Times wetteifernd, schleudert der Courrier de la Gironde den Bannfluch auf die „Handvoll frecher Ordnungsstörer, die einer Nation von 35 Mill. zu trotzen wagen.“ Und das pariser Organ des Grafen Molé, die „Assemblee Nationale,“ bringt seit einigen Tagen Leitartikel in Form von Briefen aus London, die selbst bei einem an dererlei gewohnten Beobachter ein gewisses Erstaunen erregen. Diese mit einem Hufeisen unterzeichneten Briefe, nachdem sie den österreichischen, preußischen, neapolitanischen, französischen und sonstigen Heeren Europa's für ihre „ritterliche“ Bekämpfung der „Freiheitstollwuth vom Jahre 1848“ Lob gespendet, ja eingestanden, daß nur die Heere Europa's Gesellschaft diesmal gerettet haben, rufen zur „Züchtigung der schon demüthig werdenden Schweizer Radikalen,“ zur „Herstellung des Berner Patriciats und der Urkantone, der ächten Tellsöhne“ auf. Gegen dieses ist die Opposition der Demokratie immer noch sehr lahm. Während die Ledru-Rollianer und sonstige Fraktionen der Demokraten Lärm machen, handeln die Feinde. Da ist z. B. die „brüderliche Gesellschaft des Napoleons-Comités.“ „Unser Zweck ist, einen mächtigen Verein zu formiren, der alle intelligenten und lebendigen Kräfte der großen Napoleonspartei verbindet und dem Erkorenen der sechs Millionen Franzosen Beistand bringt, damit er die erhabene Mission erfülle, die das Land ihm auflegt. Jedesmal, wenn das Volk Vertreter zu ernennen hat, werden die Mitglieder des Napoleons-Comité in die Wahlarena hinabeilen, und durch Wort und Journal für Kandidaten auftreten, die dem Bürger Louis Bonaparte in der politisch-sozialen Umformung, der er sich gewidmet hat, behülflich sein können. Der Verein besteht in 28 Stiftern oder organisirenden Kommissarien; in 140 Generalkommissarien; in 1400 Spezialkommissarien; in 14,000 Sektionschefs; in 140,000 Brigadechefs, deren jeder unter seinem Befehl eine unbeschränkte Menge Theilnehmer hat. Jedes der 14 Seinearrondissements ist durch zwei Organisatoren vertreten. Jedem Organisator sind 10 Generalkommissarien beigegeben. Jeder Generalkommissar hat 10 Spezialkommissarien unter sich. „Jeder der letzteren hat 10 Sektionschefs, jeder dieser hat 10 Brigadechefs unter sich; jede Brigade darf nicht über 20 Mitglieder anwachsen. Auf dem Gipfel des Ganzen steht das Directorium: Präsident, Vicepräsident, Generalsekretär, Schatzmeister, zwei Untersekretäre und vier Assessoren. Die Stifter und Generalkommissäre zahlen ein Mal zwei Franken. Monatlich zahlt man zehn Sous, die der Brigadechef sammelt und an den nächsten Obern abliefert, dieser weiter, bis an das Napoleonscomite oder Direktorium. Jedes Mitglied erhält eine Medaille, verschieden nach den Graden. Sitz des Vereins ist … Das Sekretariat ist offen von 10 Uhr bis 4, außer Sonntags, wo es um 1 Uhr schließt. Das Comite ist Hülfe den Mitgliedern schuldig.“ Dies erbauliche Aktenstückchen wird von der „Revolution democratique sociale“ mitgetheilt, die es von einem Arbeiter hat, der fünfzig Sous dafür hatte zahlen müssen; etwas theuer also ist diese kaiserthümliche Machination. Das Ministerium kapert inzwischen an 800 Demokratenchefs weg; so hoch soll die Summe der seit 8 Tagen Eingesperrten bereits sich belaufen. Aus Marseille und Lille kamen gestern Petitionen gegen Auflösung der Kammer mit elftausend Unterschriften, aber das ist noch sehr wenig im Vergleich zu den dreihunderttausend für Auflösung. Die Maithusianer sind so eifrig auf schleunigste Auflösung der Kammer bedacht, weil sie fürchten, die Bergpartei werde noch in aller Eile volksthümliche Vorschläge einreichen, wodurch sie einen antiköniglichen Einfluß auf die Wähler ausüben könnte; in der That hat, nach Proudhon'schem Vorgange, Brives so eben folgendes proponirt: „In Betracht daß die Februarrevolution Handel und Industrie dergestalt zerrüttete, daß daraus ein Fall von force Majeure entspringt; folglich Leiher wie Entlehner, Vermiethende wie Miethende, als vor dem Civilgesetze gleiche Personen, auch gleichmäßig den Druck des Falls von force Majeure tragen sollen; in Betracht, daß noch gar kein Ende der Beschwerden dieser Art, bei dem gegenwärtigen Zustande Europa's, abzusehen; endlich in Betracht, daß die Hypothekengläubiger die faktischen Eigenthümer und Genießer der vermietheten Grundstücke sind: möge die Nationalversammlung beschließen, daß die Miethe der Häuser und Grundstücke, die vor dem 24. Februar 1848 vermiethet wurden, um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt wird; beschließen daß die vor dem 24. Februar 1848 stipulirten Hypothekenzinsen um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt werden; beschließen daß wenn der Vermiethende den Vertrag auflösen will, er den Miethenden 6 Monate vorher in Kenntniß setzen soll, aber die Vertragsauflösung nicht erzwingen darf, sobald der Miethende von Häusern oder Grundstücken auf obige Preiserniedrigung verzichtet.“ Kein Mensch zweifelt, daß, wenn solcherartige Artikel zu den französischen Bauernohren den Weg sich bahnen könnten, in kürzester Frist die franz. Bauernfäuste den kürzesten Weg an die Gurgeln der Reichen und Edelleute zu finden wüßten. Das ganze Manöver besteht also darin, daß die Reaktionäre den Revolutionären allen journalistischen Einfluß auf die Landleute bisher abgeschnitten haben. Die Proposition, das Jesuitenministerium in Anklage zu bringen, ist trotz der ziemlich imposanten 250 Unterschriften von Deputirten durch das Justizkomite, dessen Berichterstatter der triste Hr. Baze, verworfen worden; in den Bureaus hätte sie wahrscheinlich durchzudringen vermocht. Die Reaktion schießt in allen Blättern deshalb Viktoria, indeß ist der Rateausche Antrag auf Montag verschoben, und wir rathen ihr noch nicht zu triumphiren. „Sie werden wohl nicht eher zu Kreuz kriechen, diese Herren Koblentzer und Chouans, (sagt der Republicain de l'Allier) als bis die mittelalterliche Jaquerie in moderner Form wiederholt ist, mit andern Worten, bis diese Edelleute, die die Guillotinen-Lektion von 1793 längst ausgeschwitzt haben, nochmals von Staatswegen vogelfrei erklärt und den Jagdbüchsen und Aexten ihres Landproletariats überliefert werden; Gott gebe, daß es nicht soweit kommen muß. Die franz. Großbourgeoisie oder Finanzerie ist verbrüdert mit dem Junkerthum, mit dem großen Bodenbesitz, und komplotirt bei uns wie überall, mit dem Junkerthum gegen die Menschheitsentwicklung. Unsere Mittel- und Kleinbourgeoisie schwankt, zittert, taumelt hin und her; obschon sie, wenn sie weiter als ihre Nase sehen könnte, begreifen müßte, daß ihrem Handel, ihrer Industrie jetzt vom grundbeherrschenden Junkerthum der Krieg erklärt worden ist. Und es kann am Ende dahin kommen, daß dieser edle Adel die infame Stadt der Ladenleute, wie Paris in der Adelssprache unserer Provinzen heißt, mit Bomben begrüßen wird. Das geschieht dem Ladenmanne recht, der das Volk fürchtete.“ 12 Paris, 4. Februar. Der 29. Februar wird jeden Tag klarer; die demokratische Presse ihrerseits hat eine enquête eröffnet, und die enquête hat ein Dokument zu Tage gefördert, welches sie mit Recht einen Kontrepolizei-Bericht nennen kann. Vor allen Dingen ist es nothwendig, die Männer zu kennen, die an der Spitze der jetzigen Polizeipräfektur stehen, und da finden wir dieselben Namen, die unter Louis Philipp als verrucht dastanden und sich zu allen polizeilichen Manövers gebrauchen ließen: Carlier, Chef der Munizipalpolizei und in Wirklichkeit Präfekt; Doussi, Direktor der allgemeinen Polizei im Ministerium des Innern; Froussard, General-Inspektor und Cramette, ehemals bei der Person Louis Philipps attachirter Polizei-Commissar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar215_022" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1181"/> begrüßte, wies die Nothwendigkeit der Erklärung, Vertheidigung und Ausbreitung der Volkscharter nach. Die Vertheidigung müsse gegenüber den schmählichen Verläumdungen der Bourgeoispresse gegen die Chartisten kräftig geführt und der Lüge die Wahrheit entgegengesetzt werden. Man habe den Chartisten ihre „heftigen“ Reden vorgeworfen. Solche Reden gereichten nicht dem Chartismus, sondern dem System der Ungerechtigkeit zur Schande, das zu Worten der Verzweiflung aufreize. Gewaltsamer Widerstand sei bei Engländern im Allgemeinen der letzte Gedanke. Höre man Engländer von Nachahmung anderer Völker sprechen, so könne man daraus schließen, daß die so Redenden schreiendes Unrecht erdulden, und wenig oder keine Hoffnung auf gesetzliche Abhilfe vor sich sehen. Der Redner skizzirt nun die voriges Jahr gegen die Chartisten ins Werk gesetzten Verfolgungen, wie die Regierung durch ihre Spione zu Komplotten, zur Anschaffung von Waffen etc. angereizt, und dann diejenigen, welche in die Falle gegangen, vor die Gerichtshöfe habe schleppen und verurtheilen lassen. Zum Beweise, wie das Ministerium durch seine Spione fortwährend wirkt, liest er einen am nämlichen Abend ihm zugestellten Brief vor, worin mehrere Mittel zur Vernichtung des Militärs und der Tyrannen angegeben werden (vergiftete Kugeln etc.) und die Aufforderung zur baldigen Anwendung enthalten ist… Bei der Explosion des von Powell (berüchtigtem Regierungsspion) angezettelten Komplotts habe die „Times“ erklärt, jetzt endlich werde die Volkscharter begriffen. Man habe geglaubt, sie bestände aus 6 Punkten; jetzt zeige es sich, daß sie nur aus 3 Punkten bestehe: Plündern, Brennen, Morden. Scheußlicheres, als dies, sei nie aus der Presse, selbst nicht aus der Times hervorgegangen. Selbst angenommen, daß die dem Cuffey und Genossen schuldgegebenen Pläne auf Wahrheit beruhen sollten: so müßten diese doch Spionen, wie Powell und Konsorten gegenüber, noch als Engel dastehen und weiß wie der Schnee, wenn man ihre angeblichen „Absichten“ mit den wirklich vollführten Schauderthaten solcher Raubmörder und Scharfrichter wie Windischgrätz zusammenstelle — mit jenem Windischgrütz, den die Times seit 3 Monaten als ihren Lieblingshelden ausposaune. Während dieses Blatt das Morden, Plündern, Nothzüchtigen, Braten, Brennen und Sengen in Wien in den Himmel erhebe und zur Nachahmung empfehle, sei es schaamlos genug, die Chartisten als Anhänger der Plünderung etc. zu bezeichnen. Harney setzte hierauf die Gerechtigkeit der in der Volkscharter enthaltenen Punkte in einer durch Klarheit und Energie ausgezeichneten Rede auseinander. Noch viele Trinksprüche und Reden folgten, theils über „Kolonien im Innern und andere soziale Heilmittel,“ theils in Betreff der wenigen, aber kräftigen Vertreter, welche die Volkssache im Unterhause besitze, theils über die große Anzahl der politischen Gefangenen etc. In später Stunde trennte sich das Meeting, und Thom Clark hatte Recht gehabt zu behaupten, daß eine Menge der eingeladenen, aber ausgebliebenen Parlamentsmitglieder an diesem Abende gar viel hätten lernen können.</p> </div> <div xml:id="ar215_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 3. Febr.</head> <p>Der Geburtstag des unsterblichen <hi rendition="#g">Thomas Paine</hi> wurde dieses Jahr feierlicher als je begangen. An 300 Personen hatten sich zu diesem Zweck im großen Saale des „literarischen und wissenschaftlichen Instituts“ zu einem Thee versammelt. Als dieses Abendmahl beendigt war, öffnete man Saal und Gallerien dem Publikum, das so zahlreich einströmte, daß bald kein Mensch mehr Platz finden konnte und eine große Zahl wieder umkehren mußte. <hi rendition="#g">Hetherington</hi> präsidirte. „Ein so zahlreiches Meeting,“ sagte er, „ist ein trefflicher Beweis von der wachsenden Intelligenz unseres Zeitalters. Wer proklamirte je so unwiderstehbare, überzeugende Grundsätze als Thomas Paine in seinem Werke: „Erste Regierungsgrundsätze?“ Ich frage jeden Menschen, der diese Schrift gelesen, ob er noch zu behaupten vermag, daß die Menschen auf gleiche politische Rechte keinen Anspruch haben? Aber Paine beschränkte sich sogar schon zu seiner Zeit nicht auf bloße politische Rechte. Er schrieb seine: „Agrarische Gerechtigkeit“ und stellte den Grundsatz auf, daß jedes Menschenpaar die Mittel zu seiner Existenzgewinnung erhalten müsse; das Volk sei bisher seiner Rechte beraubt gewesen. Ich freue mich, hier so Viele versammelt zu sehen, da sie zweifelsohne sämmtlich mitwirken wollen, um dem Volke sein Recht zu verschaffen.“</p> <p>Es folgten hierauf Toaste und Reden. <hi rendition="#g">Holyoake</hi> gab den Trinkspruch: „Auf das Volk! Möge es muthig Alles wagen, was gewagt werden sollte!“ Miß <hi rendition="#g">Dyer</hi>: „Der Mann (sagte sie) kann nicht frei sein, so lange das Weib Sklavin ist. (Lauter Beifall). Sie schlug als Toast vor: „Auf das Weib; möge es in Aufdeckung von Irrthümern fortfahren!“ <hi rendition="#g">R. Buchanan</hi>: „Auf die sozial-demokratische Presse!“ Diese sei das Mittel, um die Fortschritts-Maßregeln durchzusetzen. In alter Zeit gab's zwei Klassen: Herren und Sklaven. In neuester Zeit habe sich eine Mittelklasse aufgethan, deren Interesse es sei, alle von den Proletariern erzeugten Reichthümer in ihre Gewalt zu bekommen, um sie zu eigenem Profit zu vertheilen. Alle Bewegungen der Neuzeit seien zur Erhebung jene: Klasse gemacht worden, doch die Zukunft gehöre den Proletariern. (Applaus.) Mittelst der Druckerpresse, durch Zeitungen und Broschüren habe die Mittelklasse ihr Ziel erfolgreich angestrebt. Nun, so müssen auch wir uns der Presse bedienen, und besser als bisher.</p> <p><hi rendition="#g">W. Cooper:</hi> „Auf Paine und die Demokratie!“ Wir sind hier, das Andenken an Paine zu feiern, den unsere Väter in effigie verbrannten, an einen Mann, von dessen Grundsätzen es hieß, daß sie nur des Abschaums der Erde werth wären und dessen Name als Vogelscheuche zur Einschüchterung der Kinder benutzt wurde. Paine's Schrift: „Gesunder Menschenverstand,“ habe zum Unabhängigkeitskampfe angefeuert, der mit Errichtung einer glorreichen Republik endigte. Die Amerikaner hatten von Uebersteuerung gesprochen. Paine erklärte sofort: „Besteuerung ohne Vertretung ist Tyrannei und ihr sollte Widerstand geleistet werden!“</p> <p>Der <hi rendition="#g">Vorsitzende:</hi> „Auf Robespierre und die übrigen Märtyrer sozialen Fortschritts!“</p> <p>B. O'Brien motivirte diesen Toast, indem er zeigte, wie auf Veranstaltung der feigen Tyrannen, der gekrönten und ungekrönten, Robespierre auf's Erbärmlichste verläumdet und den Erwachsenen, wie noch mehr der Jugend, gewöhnlich in einem ganz schauderhaften Zerrbilde dargestellt worden. Es folgten noch einige Reden, worauf das Paine'sche Gedächtnißfest mit Absingung der Marseillaise geschlossen wurde.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar215_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 4. Febr.</head> <p>Immer neue Thatsachen kommen zum Vorschein, die auf's Klarste herausstellen, daß sämmtliche monarchische Parteien am vorigen Montag sich zu einem Staatsstreich Rendezvous gegeben hatten. Vergebens sucht der Moniteur durch allerlei, ihm offen nachgewiesene Lügen, und durch Zusammenstellung harmloser Fakta, den Schein eines demokratisch-sozialen Complotts heraufzuzaubern; kein Mensch glaubt daran, während das Ministerium, die Napoleonisten, und besonders die Royalisten von der Wucht der unleugbarsten, schlagendsten Thatsachen erliegen.</p> <p>Wir verweisen vor Allem auf den Contrepolizeibericht in dieser Nummer. Wir fügen noch andere Thatsachen hinzu:</p> <p>Das royalistische Journal de l'Aisne, anerkanntes Organ Odilon Barrot's, „<hi rendition="#g">bietet</hi>“ am vorigen Montag, 29. Januar, am Tage des Komplotts, den Rothen „<hi rendition="#g">Krieg an</hi>“ — natürlich in der Erwartung, die Republikaner würden dieses Anerbieten an demselben Montag acceptirt haben.</p> <p>In Caen hatten am 29. Januar notorische Royalisten Attroupements und Prozessionen organisirt, die die Marseillaise singend, durch die Straßen zogen und zu Collisionen provocirten. Die bekanntesten Royalisten waren theils unter ihnen, theils folgten sie ihnen in einiger Entfernung. Der Plan scheiterte.</p> <p>In Straßburg entließ die Regierung am 29. plötzlich 300 Arbeiter des Zeughauses. Auch hier gelang es nicht, eine Ruhestörung zu provociren.</p> <p>Das royalistische Mémorial Bordelais veröffentlichte einen Brief aus Paris vom 28. Januar, dem Tage vor dem Ausbruch des Complotts, worin es heißt:</p> <p>„Heute, Sonntag, geht die Post früh ab. Das Wetter ist kalt, ein feiner eisiger Regen schlägt die Lust nieder sich auf der öffentlichen Straße zusammenzurotten. Heut morgen ist die Stadt ruhig; aber morgen, Sturm in der Kammer und vielleicht auch in der Straße. Was und etwas beruhigt, ist, daß <hi rendition="#g">eine zahlreiche Armee früh auf den Beinen sein wird; die Kanonen um die Versammlung, die Dragoner, Ulanen und Kürassiere zu Pferde. Die Regimenter in den Forts und der Umgegend sind in die Stadt gezogen oder haben Befehl erhalten, sich zu nähern.</hi> </p> <p>Wer hatte dies Royalistenblatt 24 Stunden, ehe Marrast selbst davon wissen wollte, von den Rüstungen unterrichtet?</p> <p>Ein royalistisches Journal von Nevers enthielt einen, <hi rendition="#g">Paris</hi>, 28. Jan. datirten Artikel, worin die Nationalversammlung, die Constitution, die republikanische Regierungsform und das allgemeine Stimmrecht in der heftigsten Weise angegriffen und eine neue Art Repräsentation oder National-Delegation in Aussicht gestellt wird.</p> <p>Das royalistische Journal de Maine u. Loire endlich sagt offen heraus:</p> <p>„Die guten Bürger mögen sich nicht betrüben… Jeder glaubt in diesen Symptomen die Vorzeichen einer <hi rendition="#g">heißerflehten Aenderung</hi> zu finden, und man hofft, daß <hi rendition="#g">der erwartete große Akt</hi> zu Stande kommen wird <hi rendition="#g">ohne Schwertstreich.</hi> </p> <p>„Und so möge denn Frankreich, <hi rendition="#g">in seinen Urversammlungen gesetzlich zusammen berufen</hi>, sich endlich über die <hi rendition="#g">Regierungsform aussprechen</hi>, die ihm am meisten zusagt.</p> <p>„Wenn der Entschluß, den <hi rendition="#g">der Präsident und seine Minister</hi> gefaßt haben, <hi rendition="#g">übertrieben</hi> erscheint, wenn ein <hi rendition="#g">Staatsstreich</hi> von den alten Republikanern für ein Verbrechen erklärt wird, so kann man ihnen immer sagen, daß es nur der Nation zukommt, diesen <hi rendition="#g">souveränen Akt</hi> zu qualifiziren.“</p> <p>Diese Stellen, die in der Nationalversammlung am Samstag von sich reden machten, stehen in einem Artikel, der den versuchten Staatsstreich vom Montag ebenfalls vorhersagt.</p> <p>Welche Absichten die Royalisten hatten, darüber gibt folgender Brief einer legitimistischen, <hi rendition="#g">Dame</hi>, datirt 28. Jan., Aufschluß:</p> <p>„… mit einem Schlage werden wir die Bonapartisten und die Republik vernichten. Man wird alle Truppen nach Paris kommen lassen, deren Generale unsere Freunde sind; Louis Napoleon wird sich den Truppen zeigen; diese werden rufen: es lebe der Kaiser, und das Volk, im Voraus bezahlt, wird ihn nach den Tuilerien führen wollen. (!) Aber Republikaner, die man davon vorher in Kenntniß setzen und ebenfalls bezahlen wird, werden den neuen Kaiser tödten. Dann, um diesen Mord zu rächen, werden die Soldaten und die Unsrigen über diese Republikanerkanaille herfallen und wir werden sie ein für allemal zu Boden schlagen. Man wird diese Ungeheuer von Deputirten anklagen und verurtheilen, und unser <hi rendition="#g">Engel,</hi> unser <hi rendition="#g">Erlöser</hi> wird kommen, uns Frieden und Glück zu bringen. Dann werden unsere erschreckten Bauern etwas <hi rendition="#g">resignirter</hi> und etwas weniger <hi rendition="#g">grob</hi> werden.“</p> <p>Trotz der romanhaften Auffassung der edlen Châtelaine, sieht man deutlich aus diesem Brief, wie die Royalisten nur auf den Kampf zwischen Bonapartisten und Republikanern lauerten, um ihn für ihre Zwecke auszubeuten.</p> <p>Der National selbst spricht von einem royalistischen Komplott das im Ministerium ausgeheckt sei, und wonach die Demonstration von Montag nur eine Probe gewesen, und die wirkliche Aufführung des Stücks erst in einigen Tagen an die Reihe komme. Man wolle ganz Paris in aller Stille während der Nacht militärisch besetzen. Die Departements würde man den Abend schon durch die Nachricht einer in Paris ausgebrochenen Revolution zum Marsch nach Paris rufen. Zweitausend Verhaftungen, darunter in erster Reihe die Chefs der gemäßigten Republikaner, die Minister und höheren Beamten Cavaignac's, würden während der Nacht vorgenommen, und am nächsten Morgen der Staatsstreich vollzogen. Einige Minister, und speziell Herr Barrot, sollen indeß nicht in dem Komplott sein.</p> <p>Kurz, die Absicht des Staatsstreichs vom Montag wird täglich unleugbarer. Wenn aber noch ein Zweifel bestehen könnte, so wird er niedergeschlagen durch das Beharren der Minister in der Regierung trotz aller Mißtrauensvoten der Kammer.</p> <p>Gegen die Kammer können die Minister nicht regieren, also müssen sie, wenn sie nicht abtreten wollen, die Kammer stürzen, und das können sie nur durch einen Staatsstreich. Seit Montag sind sie 8 Tage an der Regierung geblieben, und gestern, Samstag, haben sie wieder ein Mißtrauensvotum erhalten: Mit 407 gegen 387 Stimmen hat die Kammer die einfache Tagesordnung in Beziehung auf die parlamentarische Untersuchung über die Montags-Ereignisse verworfen. Die Minister regieren indeß ruhig fort, (und zwar nach einer ähnlichen Theorie wie Brandenburg-Manteuffel, siehe unten Berlin). Sie sagen: Allerdings, so lange der Staatschef unverantwortlich war, mußten die Minister abtreten, sobald sie die Majorität verloren; aber jetzt, wo wir einen verantwortlichen Staatschef besitzen, ist jedes Mißtrauensvotum gegen die Minister zugleich ein Mißtrauensvotum gegen den Präsidenten; und da dieser doch Präsident bleibt, so können die Minister auch Minister bleiben trotz der Kammer.</p> <p>Aber ebenso wie hinter Brandenburg-Manteuffels Theorie steckt hinter der Odilon-Barrot'schen Phrase nichts als der Staatsstreich, die Sprengung der Kammer. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß das so arg kompromittirte Kabinet sich nicht mehr halten <hi rendition="#g">kann,</hi> wenn es nicht, sei es bei der Proposition Rateau, sei es bei der nächsten Gelegenheit, seinen Staatsstreich zur Ausführung bringt.</p> </div> <div xml:id="ar215_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 4. Febr.</head> <p>Die föderalistischen Mucker des Girondedepartements sind wieder sehr lebhaft; die „honnetteste aller Städte des Südens,“ das holzköpfige Bordeaux, wo der aus dem Februarexil heimgekehrte Minister Tanneguy Duchatel vorläufig sich aufhält, erläßt seit einer Woche abermals komplete Proklamationen in ihren beiden kreuzritterlichen Schandorganen: Memorial und Courrier, worin für den „höchst betrübsamen Fall eines Sieges der Mordbrenner, Gleichmacher, Guillotinirer und Papiergelddrucker zu Paris,“ die Ortschaften der Gironde ermahnt werden, des „alten Ruhmes Acquitania's“ eingedenk zu bleiben und dem glorreichen Beispiele der Deputirten vom Jahre 1793 zu folgen, d. h. sich gegen Paris zu insurgiren, es aber diesmal „energischer“ zu betreiben, um nicht wieder „der Riesenschlange Paris“ zu unterliegen. Faktisch ist, daß der Stadtrath von Bordeaux, aus den reichsten und abgefeimtesten Junkern und Bourgeois bestehend, über eine bedeutende Summe Geldes in den Säcken der Kaufleute, deren Handelskammer ihm sogar Hülfe freiwillig angeboten hat, verfügen kann. Faktisch ist ein lebhafter Telegraphenwechsel kurz vor, während und nach dem 29. Januar zwischen Paris und Bordeaux, wodurch letzteres ermächtigt ward, mit seiner Bürgerwehr und der aus den Departementalgemeinden der „bedrängten“ Republik zu Hülfe zu fliegen. Mit andern Worten: das Königthum in Paris herstellen zu helfen. Graf Molé, der greise Spitzbube, von Bordeaux in die Kammer gewählt, hat die Hauptfäden in der Hand. Mit dem österreichischen Lloyd und der N. Preuß. Ztg. und der Times wetteifernd, schleudert der Courrier de la Gironde den Bannfluch auf die „Handvoll frecher Ordnungsstörer, die einer Nation von 35 Mill. zu trotzen wagen.“ Und das pariser Organ des Grafen Molé, die „Assemblee Nationale,“ bringt seit einigen Tagen Leitartikel in Form von Briefen aus London, die selbst bei einem an dererlei gewohnten Beobachter ein gewisses Erstaunen erregen. Diese mit einem Hufeisen unterzeichneten Briefe, nachdem sie den österreichischen, preußischen, neapolitanischen, französischen und sonstigen Heeren Europa's für ihre „ritterliche“ Bekämpfung der „Freiheitstollwuth vom Jahre 1848“ Lob gespendet, ja eingestanden, daß nur die Heere Europa's Gesellschaft diesmal gerettet haben, rufen zur „Züchtigung der schon demüthig werdenden Schweizer Radikalen,“ zur „Herstellung des Berner Patriciats und der Urkantone, der ächten Tellsöhne“ auf. Gegen dieses ist die Opposition der Demokratie immer noch sehr lahm.</p> <p>Während die Ledru-Rollianer und sonstige Fraktionen der Demokraten Lärm machen, handeln die Feinde. Da ist z. B. die „brüderliche Gesellschaft des Napoleons-Comités.“ „Unser Zweck ist, einen mächtigen Verein zu formiren, der alle intelligenten und lebendigen Kräfte der großen Napoleonspartei verbindet und dem Erkorenen der sechs Millionen Franzosen Beistand bringt, damit er die erhabene Mission erfülle, die das Land ihm auflegt. Jedesmal, wenn das Volk Vertreter zu ernennen hat, werden die Mitglieder des Napoleons-Comité in die Wahlarena hinabeilen, und durch Wort und Journal für Kandidaten auftreten, die dem Bürger Louis Bonaparte in der politisch-sozialen Umformung, der er sich gewidmet hat, behülflich sein können. Der Verein besteht in 28 Stiftern oder organisirenden Kommissarien; in 140 Generalkommissarien; in 1400 Spezialkommissarien; in 14,000 Sektionschefs; in 140,000 Brigadechefs, deren jeder unter seinem Befehl eine unbeschränkte Menge Theilnehmer hat. Jedes der 14 Seinearrondissements ist durch zwei Organisatoren vertreten. Jedem Organisator sind 10 Generalkommissarien beigegeben. Jeder Generalkommissar hat 10 Spezialkommissarien unter sich.</p> <p>„Jeder der letzteren hat 10 Sektionschefs, jeder dieser hat 10 Brigadechefs unter sich; jede Brigade darf nicht über 20 Mitglieder anwachsen. Auf dem Gipfel des Ganzen steht das Directorium: Präsident, Vicepräsident, Generalsekretär, Schatzmeister, zwei Untersekretäre und vier Assessoren. Die Stifter und Generalkommissäre zahlen ein Mal zwei Franken. Monatlich zahlt man zehn Sous, die der Brigadechef sammelt und an den nächsten Obern abliefert, dieser weiter, bis an das Napoleonscomite oder Direktorium. Jedes Mitglied erhält eine Medaille, verschieden nach den Graden. Sitz des Vereins ist … Das Sekretariat ist offen von 10 Uhr bis 4, außer Sonntags, wo es um 1 Uhr schließt. Das Comite ist Hülfe den Mitgliedern schuldig.“ Dies erbauliche Aktenstückchen wird von der „Revolution democratique sociale“ mitgetheilt, die es von einem Arbeiter hat, der fünfzig Sous dafür hatte zahlen müssen; etwas theuer also ist diese kaiserthümliche Machination. Das Ministerium kapert inzwischen an 800 Demokratenchefs weg; so hoch soll die Summe der seit 8 Tagen Eingesperrten bereits sich belaufen. Aus Marseille und Lille kamen gestern Petitionen gegen Auflösung der Kammer mit elftausend Unterschriften, aber das ist noch sehr wenig im Vergleich zu den dreihunderttausend für Auflösung. Die Maithusianer sind so eifrig auf schleunigste Auflösung der Kammer bedacht, weil sie fürchten, die Bergpartei werde noch in aller Eile volksthümliche Vorschläge einreichen, wodurch sie einen antiköniglichen Einfluß auf die Wähler ausüben könnte; in der That hat, nach Proudhon'schem Vorgange, Brives so eben folgendes proponirt: „In Betracht daß die Februarrevolution Handel und Industrie dergestalt zerrüttete, daß daraus ein Fall von force Majeure entspringt; folglich Leiher wie Entlehner, Vermiethende wie Miethende, als vor dem Civilgesetze gleiche Personen, auch gleichmäßig den Druck des Falls von force Majeure tragen sollen; in Betracht, daß noch gar kein Ende der Beschwerden dieser Art, bei dem gegenwärtigen Zustande Europa's, abzusehen; endlich in Betracht, daß die Hypothekengläubiger die faktischen Eigenthümer und Genießer der vermietheten Grundstücke sind: möge die Nationalversammlung beschließen, daß die Miethe der Häuser und Grundstücke, die <hi rendition="#g">vor</hi> dem 24. Februar 1848 vermiethet wurden, um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt wird; beschließen daß die <hi rendition="#g">vor</hi> dem 24. Februar 1848 stipulirten Hypothekenzinsen um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt werden; beschließen daß wenn der Vermiethende den Vertrag auflösen will, er den Miethenden 6 Monate vorher in Kenntniß setzen soll, aber die Vertragsauflösung nicht erzwingen darf, sobald der Miethende von Häusern oder Grundstücken auf obige Preiserniedrigung verzichtet.“</p> <p>Kein Mensch zweifelt, daß, wenn solcherartige Artikel zu den französischen Bauernohren den Weg sich bahnen könnten, in kürzester Frist die franz. Bauernfäuste den kürzesten Weg an die Gurgeln der Reichen und Edelleute zu finden wüßten. Das ganze Manöver besteht also darin, daß die Reaktionäre den Revolutionären allen journalistischen Einfluß auf die Landleute bisher abgeschnitten haben.</p> <p>Die Proposition, das Jesuitenministerium in Anklage zu bringen, ist trotz der ziemlich imposanten 250 Unterschriften von Deputirten durch das Justizkomite, dessen Berichterstatter der triste Hr. Baze, verworfen worden; in den Bureaus hätte sie wahrscheinlich durchzudringen vermocht.</p> <p>Die Reaktion schießt in allen Blättern deshalb Viktoria, indeß ist der Rateausche Antrag auf Montag verschoben, und wir rathen ihr noch nicht zu triumphiren.</p> <p>„Sie werden wohl nicht eher zu Kreuz kriechen, diese Herren Koblentzer und Chouans, (sagt der Republicain de l'Allier) als bis die mittelalterliche Jaquerie in moderner Form wiederholt ist, mit andern Worten, bis diese Edelleute, die die Guillotinen-Lektion von 1793 längst ausgeschwitzt haben, nochmals von Staatswegen vogelfrei erklärt und den Jagdbüchsen und Aexten ihres Landproletariats überliefert werden; Gott gebe, daß es nicht soweit kommen <hi rendition="#g">muß</hi>. Die franz. Großbourgeoisie oder Finanzerie ist verbrüdert mit dem Junkerthum, mit dem großen Bodenbesitz, und komplotirt bei uns wie überall, mit dem Junkerthum gegen die Menschheitsentwicklung. Unsere Mittel- und Kleinbourgeoisie schwankt, zittert, taumelt hin und her; obschon sie, wenn sie weiter als ihre Nase sehen könnte, begreifen müßte, daß ihrem Handel, ihrer Industrie jetzt vom grundbeherrschenden Junkerthum der Krieg erklärt worden ist. Und es kann am Ende dahin kommen, daß dieser edle Adel die <hi rendition="#g">infame Stadt der Ladenleute,</hi> wie Paris in der Adelssprache unserer Provinzen heißt, mit Bomben begrüßen wird. Das geschieht dem Ladenmanne recht, der das Volk fürchtete.“</p> </div> <div xml:id="ar215_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 4. Februar.</head> <p>Der 29. Februar wird jeden Tag klarer; die demokratische Presse ihrerseits hat eine enquête eröffnet, und die enquête hat ein Dokument zu Tage gefördert, welches sie mit Recht einen Kontrepolizei-Bericht nennen kann.</p> <p>Vor allen Dingen ist es nothwendig, die Männer zu kennen, die an der Spitze der jetzigen Polizeipräfektur stehen, und da finden wir dieselben Namen, die unter Louis Philipp als verrucht dastanden und sich zu allen polizeilichen Manövers gebrauchen ließen: Carlier, Chef der Munizipalpolizei und in Wirklichkeit Präfekt; Doussi, Direktor der allgemeinen Polizei im Ministerium des Innern; Froussard, General-Inspektor und Cramette, ehemals bei der Person Louis Philipps attachirter Polizei-Commissar.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1181/0003]
begrüßte, wies die Nothwendigkeit der Erklärung, Vertheidigung und Ausbreitung der Volkscharter nach. Die Vertheidigung müsse gegenüber den schmählichen Verläumdungen der Bourgeoispresse gegen die Chartisten kräftig geführt und der Lüge die Wahrheit entgegengesetzt werden. Man habe den Chartisten ihre „heftigen“ Reden vorgeworfen. Solche Reden gereichten nicht dem Chartismus, sondern dem System der Ungerechtigkeit zur Schande, das zu Worten der Verzweiflung aufreize. Gewaltsamer Widerstand sei bei Engländern im Allgemeinen der letzte Gedanke. Höre man Engländer von Nachahmung anderer Völker sprechen, so könne man daraus schließen, daß die so Redenden schreiendes Unrecht erdulden, und wenig oder keine Hoffnung auf gesetzliche Abhilfe vor sich sehen. Der Redner skizzirt nun die voriges Jahr gegen die Chartisten ins Werk gesetzten Verfolgungen, wie die Regierung durch ihre Spione zu Komplotten, zur Anschaffung von Waffen etc. angereizt, und dann diejenigen, welche in die Falle gegangen, vor die Gerichtshöfe habe schleppen und verurtheilen lassen. Zum Beweise, wie das Ministerium durch seine Spione fortwährend wirkt, liest er einen am nämlichen Abend ihm zugestellten Brief vor, worin mehrere Mittel zur Vernichtung des Militärs und der Tyrannen angegeben werden (vergiftete Kugeln etc.) und die Aufforderung zur baldigen Anwendung enthalten ist… Bei der Explosion des von Powell (berüchtigtem Regierungsspion) angezettelten Komplotts habe die „Times“ erklärt, jetzt endlich werde die Volkscharter begriffen. Man habe geglaubt, sie bestände aus 6 Punkten; jetzt zeige es sich, daß sie nur aus 3 Punkten bestehe: Plündern, Brennen, Morden. Scheußlicheres, als dies, sei nie aus der Presse, selbst nicht aus der Times hervorgegangen. Selbst angenommen, daß die dem Cuffey und Genossen schuldgegebenen Pläne auf Wahrheit beruhen sollten: so müßten diese doch Spionen, wie Powell und Konsorten gegenüber, noch als Engel dastehen und weiß wie der Schnee, wenn man ihre angeblichen „Absichten“ mit den wirklich vollführten Schauderthaten solcher Raubmörder und Scharfrichter wie Windischgrätz zusammenstelle — mit jenem Windischgrütz, den die Times seit 3 Monaten als ihren Lieblingshelden ausposaune. Während dieses Blatt das Morden, Plündern, Nothzüchtigen, Braten, Brennen und Sengen in Wien in den Himmel erhebe und zur Nachahmung empfehle, sei es schaamlos genug, die Chartisten als Anhänger der Plünderung etc. zu bezeichnen. Harney setzte hierauf die Gerechtigkeit der in der Volkscharter enthaltenen Punkte in einer durch Klarheit und Energie ausgezeichneten Rede auseinander. Noch viele Trinksprüche und Reden folgten, theils über „Kolonien im Innern und andere soziale Heilmittel,“ theils in Betreff der wenigen, aber kräftigen Vertreter, welche die Volkssache im Unterhause besitze, theils über die große Anzahl der politischen Gefangenen etc. In später Stunde trennte sich das Meeting, und Thom Clark hatte Recht gehabt zu behaupten, daß eine Menge der eingeladenen, aber ausgebliebenen Parlamentsmitglieder an diesem Abende gar viel hätten lernen können.
* London, 3. Febr. Der Geburtstag des unsterblichen Thomas Paine wurde dieses Jahr feierlicher als je begangen. An 300 Personen hatten sich zu diesem Zweck im großen Saale des „literarischen und wissenschaftlichen Instituts“ zu einem Thee versammelt. Als dieses Abendmahl beendigt war, öffnete man Saal und Gallerien dem Publikum, das so zahlreich einströmte, daß bald kein Mensch mehr Platz finden konnte und eine große Zahl wieder umkehren mußte. Hetherington präsidirte. „Ein so zahlreiches Meeting,“ sagte er, „ist ein trefflicher Beweis von der wachsenden Intelligenz unseres Zeitalters. Wer proklamirte je so unwiderstehbare, überzeugende Grundsätze als Thomas Paine in seinem Werke: „Erste Regierungsgrundsätze?“ Ich frage jeden Menschen, der diese Schrift gelesen, ob er noch zu behaupten vermag, daß die Menschen auf gleiche politische Rechte keinen Anspruch haben? Aber Paine beschränkte sich sogar schon zu seiner Zeit nicht auf bloße politische Rechte. Er schrieb seine: „Agrarische Gerechtigkeit“ und stellte den Grundsatz auf, daß jedes Menschenpaar die Mittel zu seiner Existenzgewinnung erhalten müsse; das Volk sei bisher seiner Rechte beraubt gewesen. Ich freue mich, hier so Viele versammelt zu sehen, da sie zweifelsohne sämmtlich mitwirken wollen, um dem Volke sein Recht zu verschaffen.“
Es folgten hierauf Toaste und Reden. Holyoake gab den Trinkspruch: „Auf das Volk! Möge es muthig Alles wagen, was gewagt werden sollte!“ Miß Dyer: „Der Mann (sagte sie) kann nicht frei sein, so lange das Weib Sklavin ist. (Lauter Beifall). Sie schlug als Toast vor: „Auf das Weib; möge es in Aufdeckung von Irrthümern fortfahren!“ R. Buchanan: „Auf die sozial-demokratische Presse!“ Diese sei das Mittel, um die Fortschritts-Maßregeln durchzusetzen. In alter Zeit gab's zwei Klassen: Herren und Sklaven. In neuester Zeit habe sich eine Mittelklasse aufgethan, deren Interesse es sei, alle von den Proletariern erzeugten Reichthümer in ihre Gewalt zu bekommen, um sie zu eigenem Profit zu vertheilen. Alle Bewegungen der Neuzeit seien zur Erhebung jene: Klasse gemacht worden, doch die Zukunft gehöre den Proletariern. (Applaus.) Mittelst der Druckerpresse, durch Zeitungen und Broschüren habe die Mittelklasse ihr Ziel erfolgreich angestrebt. Nun, so müssen auch wir uns der Presse bedienen, und besser als bisher.
W. Cooper: „Auf Paine und die Demokratie!“ Wir sind hier, das Andenken an Paine zu feiern, den unsere Väter in effigie verbrannten, an einen Mann, von dessen Grundsätzen es hieß, daß sie nur des Abschaums der Erde werth wären und dessen Name als Vogelscheuche zur Einschüchterung der Kinder benutzt wurde. Paine's Schrift: „Gesunder Menschenverstand,“ habe zum Unabhängigkeitskampfe angefeuert, der mit Errichtung einer glorreichen Republik endigte. Die Amerikaner hatten von Uebersteuerung gesprochen. Paine erklärte sofort: „Besteuerung ohne Vertretung ist Tyrannei und ihr sollte Widerstand geleistet werden!“
Der Vorsitzende: „Auf Robespierre und die übrigen Märtyrer sozialen Fortschritts!“
B. O'Brien motivirte diesen Toast, indem er zeigte, wie auf Veranstaltung der feigen Tyrannen, der gekrönten und ungekrönten, Robespierre auf's Erbärmlichste verläumdet und den Erwachsenen, wie noch mehr der Jugend, gewöhnlich in einem ganz schauderhaften Zerrbilde dargestellt worden. Es folgten noch einige Reden, worauf das Paine'sche Gedächtnißfest mit Absingung der Marseillaise geschlossen wurde.
Französische Republik. * Paris, 4. Febr. Immer neue Thatsachen kommen zum Vorschein, die auf's Klarste herausstellen, daß sämmtliche monarchische Parteien am vorigen Montag sich zu einem Staatsstreich Rendezvous gegeben hatten. Vergebens sucht der Moniteur durch allerlei, ihm offen nachgewiesene Lügen, und durch Zusammenstellung harmloser Fakta, den Schein eines demokratisch-sozialen Complotts heraufzuzaubern; kein Mensch glaubt daran, während das Ministerium, die Napoleonisten, und besonders die Royalisten von der Wucht der unleugbarsten, schlagendsten Thatsachen erliegen.
Wir verweisen vor Allem auf den Contrepolizeibericht in dieser Nummer. Wir fügen noch andere Thatsachen hinzu:
Das royalistische Journal de l'Aisne, anerkanntes Organ Odilon Barrot's, „bietet“ am vorigen Montag, 29. Januar, am Tage des Komplotts, den Rothen „Krieg an“ — natürlich in der Erwartung, die Republikaner würden dieses Anerbieten an demselben Montag acceptirt haben.
In Caen hatten am 29. Januar notorische Royalisten Attroupements und Prozessionen organisirt, die die Marseillaise singend, durch die Straßen zogen und zu Collisionen provocirten. Die bekanntesten Royalisten waren theils unter ihnen, theils folgten sie ihnen in einiger Entfernung. Der Plan scheiterte.
In Straßburg entließ die Regierung am 29. plötzlich 300 Arbeiter des Zeughauses. Auch hier gelang es nicht, eine Ruhestörung zu provociren.
Das royalistische Mémorial Bordelais veröffentlichte einen Brief aus Paris vom 28. Januar, dem Tage vor dem Ausbruch des Complotts, worin es heißt:
„Heute, Sonntag, geht die Post früh ab. Das Wetter ist kalt, ein feiner eisiger Regen schlägt die Lust nieder sich auf der öffentlichen Straße zusammenzurotten. Heut morgen ist die Stadt ruhig; aber morgen, Sturm in der Kammer und vielleicht auch in der Straße. Was und etwas beruhigt, ist, daß eine zahlreiche Armee früh auf den Beinen sein wird; die Kanonen um die Versammlung, die Dragoner, Ulanen und Kürassiere zu Pferde. Die Regimenter in den Forts und der Umgegend sind in die Stadt gezogen oder haben Befehl erhalten, sich zu nähern.
Wer hatte dies Royalistenblatt 24 Stunden, ehe Marrast selbst davon wissen wollte, von den Rüstungen unterrichtet?
Ein royalistisches Journal von Nevers enthielt einen, Paris, 28. Jan. datirten Artikel, worin die Nationalversammlung, die Constitution, die republikanische Regierungsform und das allgemeine Stimmrecht in der heftigsten Weise angegriffen und eine neue Art Repräsentation oder National-Delegation in Aussicht gestellt wird.
Das royalistische Journal de Maine u. Loire endlich sagt offen heraus:
„Die guten Bürger mögen sich nicht betrüben… Jeder glaubt in diesen Symptomen die Vorzeichen einer heißerflehten Aenderung zu finden, und man hofft, daß der erwartete große Akt zu Stande kommen wird ohne Schwertstreich.
„Und so möge denn Frankreich, in seinen Urversammlungen gesetzlich zusammen berufen, sich endlich über die Regierungsform aussprechen, die ihm am meisten zusagt.
„Wenn der Entschluß, den der Präsident und seine Minister gefaßt haben, übertrieben erscheint, wenn ein Staatsstreich von den alten Republikanern für ein Verbrechen erklärt wird, so kann man ihnen immer sagen, daß es nur der Nation zukommt, diesen souveränen Akt zu qualifiziren.“
Diese Stellen, die in der Nationalversammlung am Samstag von sich reden machten, stehen in einem Artikel, der den versuchten Staatsstreich vom Montag ebenfalls vorhersagt.
Welche Absichten die Royalisten hatten, darüber gibt folgender Brief einer legitimistischen, Dame, datirt 28. Jan., Aufschluß:
„… mit einem Schlage werden wir die Bonapartisten und die Republik vernichten. Man wird alle Truppen nach Paris kommen lassen, deren Generale unsere Freunde sind; Louis Napoleon wird sich den Truppen zeigen; diese werden rufen: es lebe der Kaiser, und das Volk, im Voraus bezahlt, wird ihn nach den Tuilerien führen wollen. (!) Aber Republikaner, die man davon vorher in Kenntniß setzen und ebenfalls bezahlen wird, werden den neuen Kaiser tödten. Dann, um diesen Mord zu rächen, werden die Soldaten und die Unsrigen über diese Republikanerkanaille herfallen und wir werden sie ein für allemal zu Boden schlagen. Man wird diese Ungeheuer von Deputirten anklagen und verurtheilen, und unser Engel, unser Erlöser wird kommen, uns Frieden und Glück zu bringen. Dann werden unsere erschreckten Bauern etwas resignirter und etwas weniger grob werden.“
Trotz der romanhaften Auffassung der edlen Châtelaine, sieht man deutlich aus diesem Brief, wie die Royalisten nur auf den Kampf zwischen Bonapartisten und Republikanern lauerten, um ihn für ihre Zwecke auszubeuten.
Der National selbst spricht von einem royalistischen Komplott das im Ministerium ausgeheckt sei, und wonach die Demonstration von Montag nur eine Probe gewesen, und die wirkliche Aufführung des Stücks erst in einigen Tagen an die Reihe komme. Man wolle ganz Paris in aller Stille während der Nacht militärisch besetzen. Die Departements würde man den Abend schon durch die Nachricht einer in Paris ausgebrochenen Revolution zum Marsch nach Paris rufen. Zweitausend Verhaftungen, darunter in erster Reihe die Chefs der gemäßigten Republikaner, die Minister und höheren Beamten Cavaignac's, würden während der Nacht vorgenommen, und am nächsten Morgen der Staatsstreich vollzogen. Einige Minister, und speziell Herr Barrot, sollen indeß nicht in dem Komplott sein.
Kurz, die Absicht des Staatsstreichs vom Montag wird täglich unleugbarer. Wenn aber noch ein Zweifel bestehen könnte, so wird er niedergeschlagen durch das Beharren der Minister in der Regierung trotz aller Mißtrauensvoten der Kammer.
Gegen die Kammer können die Minister nicht regieren, also müssen sie, wenn sie nicht abtreten wollen, die Kammer stürzen, und das können sie nur durch einen Staatsstreich. Seit Montag sind sie 8 Tage an der Regierung geblieben, und gestern, Samstag, haben sie wieder ein Mißtrauensvotum erhalten: Mit 407 gegen 387 Stimmen hat die Kammer die einfache Tagesordnung in Beziehung auf die parlamentarische Untersuchung über die Montags-Ereignisse verworfen. Die Minister regieren indeß ruhig fort, (und zwar nach einer ähnlichen Theorie wie Brandenburg-Manteuffel, siehe unten Berlin). Sie sagen: Allerdings, so lange der Staatschef unverantwortlich war, mußten die Minister abtreten, sobald sie die Majorität verloren; aber jetzt, wo wir einen verantwortlichen Staatschef besitzen, ist jedes Mißtrauensvotum gegen die Minister zugleich ein Mißtrauensvotum gegen den Präsidenten; und da dieser doch Präsident bleibt, so können die Minister auch Minister bleiben trotz der Kammer.
Aber ebenso wie hinter Brandenburg-Manteuffels Theorie steckt hinter der Odilon-Barrot'schen Phrase nichts als der Staatsstreich, die Sprengung der Kammer. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß das so arg kompromittirte Kabinet sich nicht mehr halten kann, wenn es nicht, sei es bei der Proposition Rateau, sei es bei der nächsten Gelegenheit, seinen Staatsstreich zur Ausführung bringt.
17 Paris, 4. Febr. Die föderalistischen Mucker des Girondedepartements sind wieder sehr lebhaft; die „honnetteste aller Städte des Südens,“ das holzköpfige Bordeaux, wo der aus dem Februarexil heimgekehrte Minister Tanneguy Duchatel vorläufig sich aufhält, erläßt seit einer Woche abermals komplete Proklamationen in ihren beiden kreuzritterlichen Schandorganen: Memorial und Courrier, worin für den „höchst betrübsamen Fall eines Sieges der Mordbrenner, Gleichmacher, Guillotinirer und Papiergelddrucker zu Paris,“ die Ortschaften der Gironde ermahnt werden, des „alten Ruhmes Acquitania's“ eingedenk zu bleiben und dem glorreichen Beispiele der Deputirten vom Jahre 1793 zu folgen, d. h. sich gegen Paris zu insurgiren, es aber diesmal „energischer“ zu betreiben, um nicht wieder „der Riesenschlange Paris“ zu unterliegen. Faktisch ist, daß der Stadtrath von Bordeaux, aus den reichsten und abgefeimtesten Junkern und Bourgeois bestehend, über eine bedeutende Summe Geldes in den Säcken der Kaufleute, deren Handelskammer ihm sogar Hülfe freiwillig angeboten hat, verfügen kann. Faktisch ist ein lebhafter Telegraphenwechsel kurz vor, während und nach dem 29. Januar zwischen Paris und Bordeaux, wodurch letzteres ermächtigt ward, mit seiner Bürgerwehr und der aus den Departementalgemeinden der „bedrängten“ Republik zu Hülfe zu fliegen. Mit andern Worten: das Königthum in Paris herstellen zu helfen. Graf Molé, der greise Spitzbube, von Bordeaux in die Kammer gewählt, hat die Hauptfäden in der Hand. Mit dem österreichischen Lloyd und der N. Preuß. Ztg. und der Times wetteifernd, schleudert der Courrier de la Gironde den Bannfluch auf die „Handvoll frecher Ordnungsstörer, die einer Nation von 35 Mill. zu trotzen wagen.“ Und das pariser Organ des Grafen Molé, die „Assemblee Nationale,“ bringt seit einigen Tagen Leitartikel in Form von Briefen aus London, die selbst bei einem an dererlei gewohnten Beobachter ein gewisses Erstaunen erregen. Diese mit einem Hufeisen unterzeichneten Briefe, nachdem sie den österreichischen, preußischen, neapolitanischen, französischen und sonstigen Heeren Europa's für ihre „ritterliche“ Bekämpfung der „Freiheitstollwuth vom Jahre 1848“ Lob gespendet, ja eingestanden, daß nur die Heere Europa's Gesellschaft diesmal gerettet haben, rufen zur „Züchtigung der schon demüthig werdenden Schweizer Radikalen,“ zur „Herstellung des Berner Patriciats und der Urkantone, der ächten Tellsöhne“ auf. Gegen dieses ist die Opposition der Demokratie immer noch sehr lahm.
Während die Ledru-Rollianer und sonstige Fraktionen der Demokraten Lärm machen, handeln die Feinde. Da ist z. B. die „brüderliche Gesellschaft des Napoleons-Comités.“ „Unser Zweck ist, einen mächtigen Verein zu formiren, der alle intelligenten und lebendigen Kräfte der großen Napoleonspartei verbindet und dem Erkorenen der sechs Millionen Franzosen Beistand bringt, damit er die erhabene Mission erfülle, die das Land ihm auflegt. Jedesmal, wenn das Volk Vertreter zu ernennen hat, werden die Mitglieder des Napoleons-Comité in die Wahlarena hinabeilen, und durch Wort und Journal für Kandidaten auftreten, die dem Bürger Louis Bonaparte in der politisch-sozialen Umformung, der er sich gewidmet hat, behülflich sein können. Der Verein besteht in 28 Stiftern oder organisirenden Kommissarien; in 140 Generalkommissarien; in 1400 Spezialkommissarien; in 14,000 Sektionschefs; in 140,000 Brigadechefs, deren jeder unter seinem Befehl eine unbeschränkte Menge Theilnehmer hat. Jedes der 14 Seinearrondissements ist durch zwei Organisatoren vertreten. Jedem Organisator sind 10 Generalkommissarien beigegeben. Jeder Generalkommissar hat 10 Spezialkommissarien unter sich.
„Jeder der letzteren hat 10 Sektionschefs, jeder dieser hat 10 Brigadechefs unter sich; jede Brigade darf nicht über 20 Mitglieder anwachsen. Auf dem Gipfel des Ganzen steht das Directorium: Präsident, Vicepräsident, Generalsekretär, Schatzmeister, zwei Untersekretäre und vier Assessoren. Die Stifter und Generalkommissäre zahlen ein Mal zwei Franken. Monatlich zahlt man zehn Sous, die der Brigadechef sammelt und an den nächsten Obern abliefert, dieser weiter, bis an das Napoleonscomite oder Direktorium. Jedes Mitglied erhält eine Medaille, verschieden nach den Graden. Sitz des Vereins ist … Das Sekretariat ist offen von 10 Uhr bis 4, außer Sonntags, wo es um 1 Uhr schließt. Das Comite ist Hülfe den Mitgliedern schuldig.“ Dies erbauliche Aktenstückchen wird von der „Revolution democratique sociale“ mitgetheilt, die es von einem Arbeiter hat, der fünfzig Sous dafür hatte zahlen müssen; etwas theuer also ist diese kaiserthümliche Machination. Das Ministerium kapert inzwischen an 800 Demokratenchefs weg; so hoch soll die Summe der seit 8 Tagen Eingesperrten bereits sich belaufen. Aus Marseille und Lille kamen gestern Petitionen gegen Auflösung der Kammer mit elftausend Unterschriften, aber das ist noch sehr wenig im Vergleich zu den dreihunderttausend für Auflösung. Die Maithusianer sind so eifrig auf schleunigste Auflösung der Kammer bedacht, weil sie fürchten, die Bergpartei werde noch in aller Eile volksthümliche Vorschläge einreichen, wodurch sie einen antiköniglichen Einfluß auf die Wähler ausüben könnte; in der That hat, nach Proudhon'schem Vorgange, Brives so eben folgendes proponirt: „In Betracht daß die Februarrevolution Handel und Industrie dergestalt zerrüttete, daß daraus ein Fall von force Majeure entspringt; folglich Leiher wie Entlehner, Vermiethende wie Miethende, als vor dem Civilgesetze gleiche Personen, auch gleichmäßig den Druck des Falls von force Majeure tragen sollen; in Betracht, daß noch gar kein Ende der Beschwerden dieser Art, bei dem gegenwärtigen Zustande Europa's, abzusehen; endlich in Betracht, daß die Hypothekengläubiger die faktischen Eigenthümer und Genießer der vermietheten Grundstücke sind: möge die Nationalversammlung beschließen, daß die Miethe der Häuser und Grundstücke, die vor dem 24. Februar 1848 vermiethet wurden, um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt wird; beschließen daß die vor dem 24. Februar 1848 stipulirten Hypothekenzinsen um 25 pCt. während 1849 und 1850 herabgesetzt werden; beschließen daß wenn der Vermiethende den Vertrag auflösen will, er den Miethenden 6 Monate vorher in Kenntniß setzen soll, aber die Vertragsauflösung nicht erzwingen darf, sobald der Miethende von Häusern oder Grundstücken auf obige Preiserniedrigung verzichtet.“
Kein Mensch zweifelt, daß, wenn solcherartige Artikel zu den französischen Bauernohren den Weg sich bahnen könnten, in kürzester Frist die franz. Bauernfäuste den kürzesten Weg an die Gurgeln der Reichen und Edelleute zu finden wüßten. Das ganze Manöver besteht also darin, daß die Reaktionäre den Revolutionären allen journalistischen Einfluß auf die Landleute bisher abgeschnitten haben.
Die Proposition, das Jesuitenministerium in Anklage zu bringen, ist trotz der ziemlich imposanten 250 Unterschriften von Deputirten durch das Justizkomite, dessen Berichterstatter der triste Hr. Baze, verworfen worden; in den Bureaus hätte sie wahrscheinlich durchzudringen vermocht.
Die Reaktion schießt in allen Blättern deshalb Viktoria, indeß ist der Rateausche Antrag auf Montag verschoben, und wir rathen ihr noch nicht zu triumphiren.
„Sie werden wohl nicht eher zu Kreuz kriechen, diese Herren Koblentzer und Chouans, (sagt der Republicain de l'Allier) als bis die mittelalterliche Jaquerie in moderner Form wiederholt ist, mit andern Worten, bis diese Edelleute, die die Guillotinen-Lektion von 1793 längst ausgeschwitzt haben, nochmals von Staatswegen vogelfrei erklärt und den Jagdbüchsen und Aexten ihres Landproletariats überliefert werden; Gott gebe, daß es nicht soweit kommen muß. Die franz. Großbourgeoisie oder Finanzerie ist verbrüdert mit dem Junkerthum, mit dem großen Bodenbesitz, und komplotirt bei uns wie überall, mit dem Junkerthum gegen die Menschheitsentwicklung. Unsere Mittel- und Kleinbourgeoisie schwankt, zittert, taumelt hin und her; obschon sie, wenn sie weiter als ihre Nase sehen könnte, begreifen müßte, daß ihrem Handel, ihrer Industrie jetzt vom grundbeherrschenden Junkerthum der Krieg erklärt worden ist. Und es kann am Ende dahin kommen, daß dieser edle Adel die infame Stadt der Ladenleute, wie Paris in der Adelssprache unserer Provinzen heißt, mit Bomben begrüßen wird. Das geschieht dem Ladenmanne recht, der das Volk fürchtete.“
12 Paris, 4. Februar. Der 29. Februar wird jeden Tag klarer; die demokratische Presse ihrerseits hat eine enquête eröffnet, und die enquête hat ein Dokument zu Tage gefördert, welches sie mit Recht einen Kontrepolizei-Bericht nennen kann.
Vor allen Dingen ist es nothwendig, die Männer zu kennen, die an der Spitze der jetzigen Polizeipräfektur stehen, und da finden wir dieselben Namen, die unter Louis Philipp als verrucht dastanden und sich zu allen polizeilichen Manövers gebrauchen ließen: Carlier, Chef der Munizipalpolizei und in Wirklichkeit Präfekt; Doussi, Direktor der allgemeinen Polizei im Ministerium des Innern; Froussard, General-Inspektor und Cramette, ehemals bei der Person Louis Philipps attachirter Polizei-Commissar.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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