Neue Rheinische Zeitung. Nr. 224. Köln, 17. Februar 1849.Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 068 Köln, 15. Febr. Die Berliner "Nationalzeitung" ist der inhaltschwere Ausdruck der Inhaltslosigkeit. Einige neue Proben! Es handelt sich von der preußischen Circularnote. "Zwar können wir nicht wissen, worauf diese "Befriedigten" (die von der Circularnote Befriedigten) mögen gefaßt gewesen sein, daß sie über eine so nichtssagende Erklärung in Entzücken gerathen, aber sie scheinen uns in ihrer Freude die Note gar nicht gelesen zu haben, wenn sie darin finden wollen, daß die preußische Regierung nur Verständigung, nicht Vereinbarung wolle." Ich weiß nicht, warum du über dies Buch in Freude geräthst, aber du scheinst das Buch nicht gelesen zu haben, wenn du darin finden willst, daß sein Verfasser das sagen wollte, was dich in Freude versetzt. Zwar und aber! Können und mögen und scheinen! Finden und wollen, daß die preußische Regierung wolle! Jede Wendung trägt wie ein Bagnosträfling ein Centner Gewicht an den Beinen und wiegt daher schwer. Jedes "wenn", jedes "zwar", jedes "aber" ein leibhafter Dr. utriusque juris! Und wenn ihr all' diesen christlich-germanischen Wulst, all' diese baumwollnen Lappen, worin die "Nationalzeitung" ihre Weisheit vorsorglich einwickelt, eben so sorglich abwickelt, was bleibt übrig? Die einfache Behauptung der "Nationalzeitung", daß ihre Gegner die preußische Circularnote nicht gelesen haben. Ein solches Urtheil einfach herausgestellt, wäre frivol, unsittlich, oberflächlich! Wie gewiegt, wie würdevoll-umsichtig, nimmt es sich aus in den feierlich unbeholfenen Satzwindungen unserer "Nationalzeitung", des Orakels der parlamentarischen Linken! Die Kannengießerei darf in ihrem Moniteur natürlich nicht auftreten, wie in der Bierkneipe. Die Kannengießerei, schwarz auf weiß, als premier Berlin, muß en grande tenue erscheinen. Die Flachheit muß den Schein einer gewissen Fülle erhalten, indem sie sechsmal in sich selbst eingeschachtelt wird. Weiter! "Niemand kann mehr als wir gegen die Politik des Zuwartens, gegen die Spekulation auf den Pessimismus, gegen die Hoffnung auf das reine Nichts sein. Im Gegentheil -- wir sind durchdrungen von der Ueberzeugung, daß diejenige Partei die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt, die dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen, zugleich aber in ihrer Begränzung, in der Art, wie sie geltend gemacht und zur Durchführung gebracht werden, die Gewähr geben, daß es -- einem bestimmten Ziele, einer dauernden Organisation aus einem Gusse mit unbeugsamer Entschiedenheit entgegengeht -- für Preußen, wie für ganz Deutschland. Ehe nicht Preußen eine solche Regierung hat, die zu einem solchen entschiedenen Selbstbewußtsein gelangt ist, die mit dem Volk sich eins fühlt, sich vollkommen auf das Volk stützt, und von nirgends anders her ihre Kraft nehmen will; eher wird die deutsche Sache zu einem befriedigenden Abschluß nicht kommen. Darum sind wir, die wir stets mit demselben Eifer dafür gewesen sind, daß Preußen die ihm gebührende Stellung in Deutschland erhalte, mit allem Eifer Gegner des jetzigen Ministeriums -- weil dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist." Darum sind wir, die wir stets gewesen sind! Aus jedem Worte leuchtet die salbungsvolle Gesinnungstüchtigkeit hervor, der nur eins fehlt: der Sinn. Die "Nationalzeitung" ist gegen die "Politik des Zuwartens." Die Politik des Zuwartens verwandelt sich ihr unter der Hand in die "Spekulation auf den Pessimismus". Was heißt das, auf den Pessimismus spekuliren? Etwa: speculer a la baisse? Endlich häutet sich die "Spekulation auf den Pessimismus" und das neuentstandene Ungeziefer heißt "die Hoffnung auf das reine Nichts". Die Politik der "Nationalzeitung" besteht also "nicht" darin, auf das "reine Nichts zu hoffen!" Seid ihr nun im Reinen über die Politik der "Nationalzeitung"? "Im Gegentheil", docirt die "Nationalzeitung", statt auf das "reine Nichts" zu hoffen, sind wir von einer "Ueberzeugung" durchdrungen. Glänzender Zusammenhang! Und von welcher Ueberzeugung? Von der Ueberzeugung, daß die Partei "die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt." Und mit welchen Forderungen? Hört! Erstens müssen diese "ganz bestimmten Forderungen" dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen." Nun seid ihr "gründlich" über den Inhalt dieser "ganz bestimmten" Forderungen belehrt. Nur so viel ist klar, es handelt sich hier nicht von den Forderungen der demokratischen Partei, denn es versteht sich von selbst, daß die Forderungen dieser Partei "demokratische" Forderungen sind. Diese ebenso "bestimmten" als "gründlichen" Forderungen, die dem "demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen," müssen aber zugleich in ihrer "Begränzung u. s. w. die Gewähr geben," daß es (Wer! Was!) "einer dauernden Organisation aus einem Gusse entgegengeht -- für Preußen wie für ganz Deutschland." Also diese Forderungen geben ihre "Gewähr" nicht durch ihren Inhalt, sondern durch ihre Manier aufzutreten. "Solches entschiedene Selbstbewußtsein", d. h. solche hochbetheuernde Confusion verlangt die Nationalzeitung von der preuß. "Regierung", die der "deutschen Sache einen befriedigenden Abschluß geben soll." Darum ist sie Gegnerin des jetzigen "Ministeriums". Nein nicht darum, besinnt sie sich, sondern "weil dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist." Die "Nationalzeitung" ist offenbar für denkende Leser geschrieben, wie Rottecks Weltgeschichte. Die Franzosen haben eine treffliche Formel für diese Art Denken, dessen ganze Bewegung eine rein sprachliche ist. "Je n'aime pas les epinards et j'en suis bien aise: car si je les aimais, j'en mangerais beaucoup -- et je ne peux pas les souffrir." "Ich esse den Spinat nicht gern, und das ist sehr gut; denn wenn ich ihn gern äße, würde ich nicht genug davon essen können und ich kann ihn nicht ausstehen." So viel aber ist klar, das Ministerium Brandenburg ist ein Unglück für Preußen. Die Nationalversammlung will Preußens Glück und darum -- ein anderes Ministerium. Was sie aber unter allen Umständen will, ist ein Ministerium; das ist auch das einzige, worüber die Patrone der "Nationalzeitung" mit sich selbst im Klaren sind und sich eines "entschiedenen Selbstbewußtseins" erfreuen. 068 Köln, 16. Febr. Gestern erschien Hr. Gladbach, Abgeordneter zur aufgelösten Nationalversammlung, vor dem Instruktionsrichter beim hiesigen Landgericht. Die Untersuchung gegen ihn und die übrigen Abgeordneten erstreckt sich auf fünf verschiedene Punkte. Gladbach wurde namentlich befragt: ob er an dem Beschlusse wegen der Steuerverweigerung Theil genommen; ob er Aufforderungen zu seiner Vollziehung verbreitet, und an wen er sie geschickt; und endlich: wer von den Abgeordneten dabei besonders thätig gewesen sei! Gladbach verweigerte natürlich jede gerichtliche Auslassung über Angelegenheiten, die sich auf seine Thätigkeit als Abgeordneter bezögen, aufs Entschiedenste. Wir sind begierig zu sehen, ob man wagen wird, einen so monströsen Prozeß vor rheinische Geschworne zu bringen. Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß, wie wir aus guter Quelle hören, Hr. Aldenhoven die Wahl in Neuß angenommen und auf die in den Kreisen Mülheim und Köln (Landkreis) verzichtet hat. In diesem Falle wird -- wahrscheinlich am 22. d. [unleserliches Material] in Deutz eine neue Wahl stattfinden. Wir wiederholen: die Ehre der beiden Kreise erfordert, daß sie jetzt Gladbach nach Berlin senden und zwar mit möglichst großer Majorität. Gladbach, einer der talentvollsten, entschiedensten und selbst für die schaamloseste Contrerevolution unangreifbarsten Steuerverweigerer, darf um keinen Preis in der Kammer fehlen. Wir fordern alle freisinnigen Wahlmänner auf, für Gladbach, und für keinen Andern zu stimmen. 15 Düsseldorf, 14. Febr. Dem früheren Postsekretär, jetzigem Mitarbeiter der "Galgenzeitung," Hermann Goedsche, haben Sie schon mehrmals die Ehre der Erwähnung in den Spalten Ihres Blattes zu Theil werden lassen. Trotz des Sprichworts: Wer Pech angreift etc., kann ich es mir doch nicht versagen, auch meinerseits einige Beiträge zur Charakteristik dieses Menschen zu liefern, dessen Lebenslauf noch gar manche interessante Details bietet. Früh schon überschwemmte der saubere Kamerad die leichtgläubige Welt mit seinen ekelhaften literarischen Machwerken. Einen Ruf aber erwarb er sich erst, als ihm sein gutes Glück die Redaktion des hiesigen Kreisblattes in die Hände spielte. Nun war er, natürlich gegen angemessenes Honorar, der Protektor der Obst-, Butter- etc. Höckerinnen. Unter der Rubrik "Plauderer" lasen wir täglich aus der Feder des Hrn. Goedsche eine chronique scandaleuse unserer Stadt, die mit dem "Berliner Zuschauer," der Galgenzeitung an Gemeinheit wetteiferte. Seine Mitarbeiter und Berichterstatter in dieser Art Literatur waren Büttel, Nachtwächter etc. So konnte es nicht ausbleiben, daß der große Autor öfter mit anderer Münze ausbezahlt wurde, als er erwartete und als ihm lieb war. Zu mehreren Malen ist seine Rückseite hier in unangenehme Berührung mit den Fäusten manches braven Arbeiters gekommen -- noch immer eine viel zu große Ehre für sochen Patron. Aehnlich wie sein literarisches Leben, war sein dienstliches. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, von vielen seiner Kollegen über die gänzliche Unbrauchbarbeit des Goedsche als Postbeamter reden zu hören. Regelmäßig wurde der große Autor jedes Frühjahr und jeden Herbst krank und indem seine Arbeiten den ohnehin schon übermäßig beschäftigten andern Beamten aufgebürdet wurden, benutzte er diese erschlichene Muße zur Anfertigung von Artikeln für den Rheinischen Beobachter und ähnliche saubere Blätter. Beim Ausbruch der Berliner Revolution hatte der liebenswürdige Plauderer gerade seine Frühjahrskrankheit. Mit raschem Scharfblick erkannte er, daß Berlin ein größeres und einträglicheres Feld für seine Thätigkeit darbieten würde, schnell suchte er einen ihm auf das Bereitwilligste ertheilten Urlaub nach, ging nach Berlin und seht -- der Hellsehende hatte sich nicht getäuscht, wir erblicken ihn alsbald als Redakteur des Feuilletons der "edlen Kreuzritterin," als treue Stütze und als Bajazzo der Reaktion. Er begann seine Thätigkeit damit, daß er mit Hülfe des ihm ähnlichen Postsekretärs Ritter (mit großer Furcht und vielem Tadel) Westphalen und die Rheinprovinz mit den reaktionärsten Plakaten und Flugschriften überschwemmte. Noch wehte aber dem Edlen der Wind zu revolutionär, als daß er sich sofort in seiner ganzen Frechheit und Größe gezeigt hätte. Darum mußte er die sichere Stellung als Beamter noch beizubehalten suchen, darum wurde ihm sein Urlaub dreimal verlängert, bis dieses endlich, ohne sich zu sehr zu compromittiren, nicht länger möglich war und er angewiesen wurde, auf seinen Posten hieher zurückzukehren. Der Edle ist gehorsam, er erscheint eines Abends allhier, aber nur, um seine Entlassung aus dem Staatsdienste einzureichen und am andern Abend wieder auf den Schauplatz seiner Thaten, zur Kreuzritterin, zurückzukehren. Sein früheres Organ, das hiesige Kreisblatt, kündigte damals seine eintägige Anwesenheit hieselbst zur gefälligen Nachricht für seine vielen Freunde unter Juden und Christen mit den Worten an: "Unser alter Plauderer ist wieder da." Bekannt ist seine Wirksamkeit in dem Hatzfeld'schen Prozeß, wo er zuerst für die Gräfin seine Lanze einlegte, dann aber durch die unwiderstehlichen Gründe des Grafen bewogen, umsattelte und nun für den letztern zu Felde zog. Damals wurden ihm von hiesiger Bühne bei vollem Hause folgende Verse ins Gesicht gesungen: Unser Plauderer ist ja so wacker und brav, Heut schreibt er für die Gräfin und morgen für den Graf, Doch ist ihm der Lohn zu gering, dann, o Graus! So plaudert die Sünden von Beiden er aus. Das sind die Werkzeuge, deren der Absolutismus zur Aufrechthaltung seines morschen Gebäudes sich bedient. Uebrigens hat er hier zwei seiner ganz würdige Nachfolger erhalten, die die schmutzige Wupperthalerin täglich mit den gemeinsten Schandartikeln über Düsseldorf anfüllen. Vor einigen Tagen gab unsere Geld- und Säbelaristokratie dem Kommunisten Drigalski ein glänzendes Abschiedsmahl. Unter der Menge schwarzweißer Toaste, die dabei ausgebracht wurden, lautete einer mirabile dictu auf den geehrten Scheideden, für die Mäßigung, die er während des Belagerungszustandes gezeigt, indem er nicht einmal das Martialgesetz verkündet habe. Daß dieses nicht geschehen, hat gewiß nicht an dem guten Willen des "geehrten Scheidenden" gelegen, sondern einfach daran, daß den Herren Auditoren die Uebernahme der Verantwortung für eine solche Maßregel zu gewagt erschien. Uebrigens empfindet unser Fischmarkt den Verlust der Bürger Drigalski und Spiegel sehr tief, indem namentlich Schellfisch sehr im Preise gesunken ist. X Berlin, 16. Februar. Was wir vor 14. Tagen über die vom Ministerium beabsichtigte Vertagung der Kammern noch vor ihrem Zusammentritt mitgetheilt haben, das bestätigt heute ein offenbar halboffizieller Artikel der "Spenerschen Zeitung." Derselbe gesteht, daß diese Frage "im Ministerium wiederholt in die wichtigste Erwägung gezogen worden", und versucht die "gewichtigen Gründe" zu entwickeln, welche für die Vertagung sprechen. Es beschränken sich aber diese gewichtigen Gründe eigentlich nur auf zwei;': man will die Erledigung der Grundfrage der deutschen Verhältnisse in Frankfurt abwarten, weil "wir sonst in den Fall kommen könnten, unsere Verfassung nach den allgemeinen deutschen Bestimmungen nochmal revidiren zu müssen." Andererseits will man theils "dem Frankfurter Parlament nicht die Männer entziehen, auf welche jetzt schon eine Wahl für unsere Kammern gefallen ist;" theils nach Vollendung der "konstituirenden Aufgabe" Frankfurts "die dortigen Kräfte für die Nachwahlen besser benutzen." Daher dürfe "man in den nächsten Tagen der Vertagungsordre entgegensehen" und wird dieselbe wahrscheinlich "von einem Manifest begleitet sein, worin die bewegenden Gründe dargelegt werden." Soweit der halboffizielle Artikel. Wir erlauben uns, an denselben einige ergänzende Bemerkungen zu knüpfen. Im Hintergrunde dieser Machiavellistischen Machinationen gegen die Freiheit der Völker steht Rußland mit seinen schlagfertigen Armeen und seinen vollen Kassen. Die alte Alliance zwischen Rußland und den beiden deutschen Großmächten ist erneuert zu dem Zwecke "allem Umsichgreifen demokratischer Ideen und Staatsformen auf das Beharrlichste und Kräftigste entgegenzutreten." Wo es an Geld fehlt, wie z B. in Oestreich und bei der monarchischen, namentlich der legitimistischen Partei in Frankreich, da kömmt Rußland bereitwillig zu Hülfe und wir können aus glaubwürdiger Quelle versichern, daß der Reaktion in Paris wie in Wien erst vor Kurzem von russischer Seite her durch einen geheimen Agenten sehr bedeutende Hülfssummen zu nur 2 % Zinsen angeboten worden, wie auch feststeht, daß die Betheiligung des Petersburger Bankhauses Stieglitz bei der neuen östreichischen Anleihe nur eine fingirte, der Kaiser von Rußland aber der eigentliche Darleiher ist. Die in diesem kontrerevolutionären Komplott Preußen zugedachte und für seine heuchlerische Regierung am Besten passende Rolle ist die: Preußen wird einstweilen und bis Alles zum Losschlagen bereit ist, fortfahren, mit der deutschen Einheit zu koquettiren und das Frankfurter Parlament so zu bearbeiten, daß die Reichsverfassung bei ihrer zweiten Lesung eine für den gottbegnadeten absolutistischen Gaumen des hohenzollern'schen Kaisers in spe acceptablere Fassung bekommt. Zu diesem Behufe hat man auch die östreichische Note provozirt. Mit Oestreich selbst wird man sich, im Falle dieser Plan gelingt, über seine Stellung zum zukünftigen deutschen Kaiser schon noch abfinden, falls dies nicht schon im Stillen geschehen ist. Man rechnet ferner Preußischer Seits darauf, von dem Reichswahlgesetz und den darin enthaltenen Bestimmung über die politische Selbstständigkeit Gebrauch zu machen und auf Grund derselben die hiesigen Wahlen zur zweiten Kammer zu annulliren und neue vornehmen zu lassen, von denen man hofft, sie würden günstiger für die Reaktion ausfallen, wenn man die Arbeiter als nicht-selbstständig von der Theilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. Hat dann Preußen erst die Reichs-Central-Exekution in Händen, so wird -- namentlich wenn die Reaktion in Frankreich siegt, wenn Ungarn, wenn Italien durch östreichische Uebermacht erdrückt und von Neuem geknechtet sind -- die deutsche Freiheit bald von Reichs wegen zu existiren aufgehört haben. Läßt sich aber wieder Erwarten Frankfurt nicht verführen, so wird auch Preußen den ohnehin lästigen Heuchelschein des Liberalismus bald von sich werfen und die Koalition wird offen den Kampf gegen die Demokratie aufnehmen. Zu allen diesen Plänen aber braucht man vor Allem Zeit und ungestörte Muße, damit man den Gang der auswärtigen Ereignisse, die man doch nicht nach eigenem Belieben leiten kann, abzuwarten im Stande sei. Daher die dringende Nothwendigkeit, sich die unbequemen Gäste, die hiesigen Kammern, einstweilen vom Leibe zu halten, daher wird auch die Vertagung der Kammern zuerst nur auf einen kurzen Termin geschehen, dann aber, so lange es Noth thut, wiederholt werden. Dies sind die wahren "Gründe einer höhern Politik", welche zur Vertagungsordre führen, und auch wir wünschen mit dem halboffiziellen Artikel, "daß alle Einsichtigen im Lande dieselben würdigen." Wir glauben durch gegenwärtigen Artikel, dessen Angaben wir verbürgen können, einiges Material zu dieser Würdigung geliefert zu haben. Uebrigens wird, wie der halboffizielle Artikel sagt, "die Regierung einer angemessenen Feier des 18. März, dem Preußen doch zunächst seine Wiedergeburt verdankt, selbst während der Dauer des Belagerungszustandes in keiner Weise entgegen sein." Das Central-Comite für volksthümliche Wahlen hat nach langen mühsamen Berathungen endlich sich über die Candidaten geeinigt, die es für die hiesigen Nachwahlen empfehlen will. Für den ersten Wahlbezirk, wo eine Nachwahl erforderlich wird, weil Rodbertus doch politisches Ehrgefühl genug hatte, für den zweiten anzunehmen, ist es gelungen die Candidatur Paalzow, welche namentlich von der Coterie der Nationalzeitung begünstigt ward, zu beseitigen und dafür Heinrich Simon aus Breslau aufstellen. Ebenso ist es geglückt die Einwände des zähen Philisterthums gegen die Candidaturen Jung und Bruno Bauer zu beseitigen. Außerdem spricht man für die vierte Nachwahl, theils von Wesendonk, theils von Schulze (Wanzleben). -- Wir glauben jedoch versichern zu können, daß es jeder liberalen Berliner Capacität, welche in die Schranken treten würde, gelingen dürfte über die letztgenannten auswärtigen Candidaten den Sieg davon zu tragen, da unter den hiesigen Wahlmännern das Berlinerthum sich mächtig regt und man des cosmopolitischen Herumfahrens nach allerhand fremden Berühmtheiten überdrüssig geworden ist. Dieser letztere Umstand hat auch Bruno Bauer's Candidatur bedeutend gefördert. Zuverlässigen Nachrichten aus Ungarn zufolge, stehen an der Spitze der in Siebenbürgen kämpfenden östreichischen Truppen zum Theil russische Befehlshaber. Unter den zur zweiten Kammer gewählten Abgeordneten befinden sich 7 jetzige und gewesene Minister, 18 Landräthe, 13 Bürger-und Ober-Bürgermeister, 85 Juristen, 39 andere königl. und städtische Beamten, 28 Lehrer, Professoren und Literaten, 32 Geistliche, 5 Militair-Personen, 8 Aerzte, 52 Gutsbesitzer, 19 Kaufleute, 12 Handwerker und andere Gewerbetreibende, 19 bäuerliche Wirthe, zusammen 337; die übrigen 13 sind ihrem Stande und ihrer Beschäftigung nach unbestimmt Berlin, im Febr.
Dem Vernehmen nach sieht es in den mecklenburgischen Herzogthümern sehr schlimm aus. Die Demokratie hat dort gesiegt; der Adel, welcher in keinem deutschen Lande noch so viele feudalen Vorrechte besaß, ist fast ganz von der Ständeversammlung ausgeschlossen; der Herzog hat nachgegeben, und die demokratische Partei ist dabei, die Rumpelkammer des heiligen römischen Reichs gründlich auszufegen. Inzwischen hat sich jedoch, wie überall, durch die langen und langsamen parlamentarischen Kämpfe die Reactionspartei auch dort gebildet; der Herzog ist schwankend geworden; da aber auch die Soldaten in Mecklenburg auf Seite der Volkspartei stehen, fürchtet man, daß eine Beruhigung, oder was man Herstellung der Ordnung im Wege des Octroyirens nennt, nicht anders als mit Hülfe einer Reichsarmee geschehen könne Es sollen in Frankfurt Anträge gemacht worden sein und dem Gerücht nach Preußen und Hannover der Auftrag bevorstehen, den Herzogen von Mecklenburg hülfreich beizustehen. (Z. f. N.)Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 068 Köln, 15. Febr. Die Berliner „Nationalzeitung“ ist der inhaltschwere Ausdruck der Inhaltslosigkeit. Einige neue Proben! Es handelt sich von der preußischen Circularnote. „Zwar können wir nicht wissen, worauf diese „Befriedigten“ (die von der Circularnote Befriedigten) mögen gefaßt gewesen sein, daß sie über eine so nichtssagende Erklärung in Entzücken gerathen, aber sie scheinen uns in ihrer Freude die Note gar nicht gelesen zu haben, wenn sie darin finden wollen, daß die preußische Regierung nur Verständigung, nicht Vereinbarung wolle.“ Ich weiß nicht, warum du über dies Buch in Freude geräthst, aber du scheinst das Buch nicht gelesen zu haben, wenn du darin finden willst, daß sein Verfasser das sagen wollte, was dich in Freude versetzt. Zwar und aber! Können und mögen und scheinen! Finden und wollen, daß die preußische Regierung wolle! Jede Wendung trägt wie ein Bagnosträfling ein Centner Gewicht an den Beinen und wiegt daher schwer. Jedes „wenn“, jedes „zwar“, jedes „aber“ ein leibhafter Dr. utriusque juris! Und wenn ihr all' diesen christlich-germanischen Wulst, all' diese baumwollnen Lappen, worin die „Nationalzeitung“ ihre Weisheit vorsorglich einwickelt, eben so sorglich abwickelt, was bleibt übrig? Die einfache Behauptung der „Nationalzeitung“, daß ihre Gegner die preußische Circularnote nicht gelesen haben. Ein solches Urtheil einfach herausgestellt, wäre frivol, unsittlich, oberflächlich! Wie gewiegt, wie würdevoll-umsichtig, nimmt es sich aus in den feierlich unbeholfenen Satzwindungen unserer „Nationalzeitung“, des Orakels der parlamentarischen Linken! Die Kannengießerei darf in ihrem Moniteur natürlich nicht auftreten, wie in der Bierkneipe. Die Kannengießerei, schwarz auf weiß, als premier Berlin, muß en grande tenue erscheinen. Die Flachheit muß den Schein einer gewissen Fülle erhalten, indem sie sechsmal in sich selbst eingeschachtelt wird. Weiter! „Niemand kann mehr als wir gegen die Politik des Zuwartens, gegen die Spekulation auf den Pessimismus, gegen die Hoffnung auf das reine Nichts sein. Im Gegentheil — wir sind durchdrungen von der Ueberzeugung, daß diejenige Partei die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt, die dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen, zugleich aber in ihrer Begränzung, in der Art, wie sie geltend gemacht und zur Durchführung gebracht werden, die Gewähr geben, daß es — einem bestimmten Ziele, einer dauernden Organisation aus einem Gusse mit unbeugsamer Entschiedenheit entgegengeht — für Preußen, wie für ganz Deutschland. Ehe nicht Preußen eine solche Regierung hat, die zu einem solchen entschiedenen Selbstbewußtsein gelangt ist, die mit dem Volk sich eins fühlt, sich vollkommen auf das Volk stützt, und von nirgends anders her ihre Kraft nehmen will; eher wird die deutsche Sache zu einem befriedigenden Abschluß nicht kommen. Darum sind wir, die wir stets mit demselben Eifer dafür gewesen sind, daß Preußen die ihm gebührende Stellung in Deutschland erhalte, mit allem Eifer Gegner des jetzigen Ministeriums — weil dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist.“ Darum sind wir, die wir stets gewesen sind! Aus jedem Worte leuchtet die salbungsvolle Gesinnungstüchtigkeit hervor, der nur eins fehlt: der Sinn. Die „Nationalzeitung“ ist gegen die „Politik des Zuwartens.“ Die Politik des Zuwartens verwandelt sich ihr unter der Hand in die „Spekulation auf den Pessimismus“. Was heißt das, auf den Pessimismus spekuliren? Etwa: spéculer à la baisse? Endlich häutet sich die „Spekulation auf den Pessimismus“ und das neuentstandene Ungeziefer heißt „die Hoffnung auf das reine Nichts“. Die Politik der „Nationalzeitung“ besteht also „nicht“ darin, auf das „reine Nichts zu hoffen!“ Seid ihr nun im Reinen über die Politik der „Nationalzeitung“? „Im Gegentheil“, docirt die „Nationalzeitung“, statt auf das „reine Nichts“ zu hoffen, sind wir von einer „Ueberzeugung“ durchdrungen. Glänzender Zusammenhang! Und von welcher Ueberzeugung? Von der Ueberzeugung, daß die Partei „die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt.“ Und mit welchen Forderungen? Hört! Erstens müssen diese „ganz bestimmten Forderungen“ dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen.“ Nun seid ihr „gründlich“ über den Inhalt dieser „ganz bestimmten“ Forderungen belehrt. Nur so viel ist klar, es handelt sich hier nicht von den Forderungen der demokratischen Partei, denn es versteht sich von selbst, daß die Forderungen dieser Partei „demokratische“ Forderungen sind. Diese ebenso „bestimmten“ als „gründlichen“ Forderungen, die dem „demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen,“ müssen aber zugleich in ihrer „Begränzung u. s. w. die Gewähr geben,“ daß es (Wer! Was!) „einer dauernden Organisation aus einem Gusse entgegengeht — für Preußen wie für ganz Deutschland.“ Also diese Forderungen geben ihre „Gewähr“ nicht durch ihren Inhalt, sondern durch ihre Manier aufzutreten. „Solches entschiedene Selbstbewußtsein“, d. h. solche hochbetheuernde Confusion verlangt die Nationalzeitung von der preuß. „Regierung“, die der „deutschen Sache einen befriedigenden Abschluß geben soll.“ Darum ist sie Gegnerin des jetzigen „Ministeriums“. Nein nicht darum, besinnt sie sich, sondern „weil dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist.“ Die „Nationalzeitung“ ist offenbar für denkende Leser geschrieben, wie Rottecks Weltgeschichte. Die Franzosen haben eine treffliche Formel für diese Art Denken, dessen ganze Bewegung eine rein sprachliche ist. »Je n'aime pas les épinards et j'en suis bien aise: car si je les aimais, j'en mangerais beaucoup — et je ne peux pas les souffrir.« „Ich esse den Spinat nicht gern, und das ist sehr gut; denn wenn ich ihn gern äße, würde ich nicht genug davon essen können und ich kann ihn nicht ausstehen.“ So viel aber ist klar, das Ministerium Brandenburg ist ein Unglück für Preußen. Die Nationalversammlung will Preußens Glück und darum — ein anderes Ministerium. Was sie aber unter allen Umständen will, ist ein Ministerium; das ist auch das einzige, worüber die Patrone der „Nationalzeitung“ mit sich selbst im Klaren sind und sich eines „entschiedenen Selbstbewußtseins“ erfreuen. 068 Köln, 16. Febr. Gestern erschien Hr. Gladbach, Abgeordneter zur aufgelösten Nationalversammlung, vor dem Instruktionsrichter beim hiesigen Landgericht. Die Untersuchung gegen ihn und die übrigen Abgeordneten erstreckt sich auf fünf verschiedene Punkte. Gladbach wurde namentlich befragt: ob er an dem Beschlusse wegen der Steuerverweigerung Theil genommen; ob er Aufforderungen zu seiner Vollziehung verbreitet, und an wen er sie geschickt; und endlich: wer von den Abgeordneten dabei besonders thätig gewesen sei! Gladbach verweigerte natürlich jede gerichtliche Auslassung über Angelegenheiten, die sich auf seine Thätigkeit als Abgeordneter bezögen, aufs Entschiedenste. Wir sind begierig zu sehen, ob man wagen wird, einen so monströsen Prozeß vor rheinische Geschworne zu bringen. Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß, wie wir aus guter Quelle hören, Hr. Aldenhoven die Wahl in Neuß angenommen und auf die in den Kreisen Mülheim und Köln (Landkreis) verzichtet hat. In diesem Falle wird — wahrscheinlich am 22. d. [unleserliches Material] in Deutz eine neue Wahl stattfinden. Wir wiederholen: die Ehre der beiden Kreise erfordert, daß sie jetzt Gladbach nach Berlin senden und zwar mit möglichst großer Majorität. Gladbach, einer der talentvollsten, entschiedensten und selbst für die schaamloseste Contrerevolution unangreifbarsten Steuerverweigerer, darf um keinen Preis in der Kammer fehlen. Wir fordern alle freisinnigen Wahlmänner auf, für Gladbach, und für keinen Andern zu stimmen. 15 Düsseldorf, 14. Febr. Dem früheren Postsekretär, jetzigem Mitarbeiter der „Galgenzeitung,“ Hermann Goedsche, haben Sie schon mehrmals die Ehre der Erwähnung in den Spalten Ihres Blattes zu Theil werden lassen. Trotz des Sprichworts: Wer Pech angreift etc., kann ich es mir doch nicht versagen, auch meinerseits einige Beiträge zur Charakteristik dieses Menschen zu liefern, dessen Lebenslauf noch gar manche interessante Details bietet. Früh schon überschwemmte der saubere Kamerad die leichtgläubige Welt mit seinen ekelhaften literarischen Machwerken. Einen Ruf aber erwarb er sich erst, als ihm sein gutes Glück die Redaktion des hiesigen Kreisblattes in die Hände spielte. Nun war er, natürlich gegen angemessenes Honorar, der Protektor der Obst-, Butter- etc. Höckerinnen. Unter der Rubrik „Plauderer“ lasen wir täglich aus der Feder des Hrn. Goedsche eine chronique scandaleuse unserer Stadt, die mit dem „Berliner Zuschauer,“ der Galgenzeitung an Gemeinheit wetteiferte. Seine Mitarbeiter und Berichterstatter in dieser Art Literatur waren Büttel, Nachtwächter etc. So konnte es nicht ausbleiben, daß der große Autor öfter mit anderer Münze ausbezahlt wurde, als er erwartete und als ihm lieb war. Zu mehreren Malen ist seine Rückseite hier in unangenehme Berührung mit den Fäusten manches braven Arbeiters gekommen — noch immer eine viel zu große Ehre für sochen Patron. Aehnlich wie sein literarisches Leben, war sein dienstliches. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, von vielen seiner Kollegen über die gänzliche Unbrauchbarbeit des Goedsche als Postbeamter reden zu hören. Regelmäßig wurde der große Autor jedes Frühjahr und jeden Herbst krank und indem seine Arbeiten den ohnehin schon übermäßig beschäftigten andern Beamten aufgebürdet wurden, benutzte er diese erschlichene Muße zur Anfertigung von Artikeln für den Rheinischen Beobachter und ähnliche saubere Blätter. Beim Ausbruch der Berliner Revolution hatte der liebenswürdige Plauderer gerade seine Frühjahrskrankheit. Mit raschem Scharfblick erkannte er, daß Berlin ein größeres und einträglicheres Feld für seine Thätigkeit darbieten würde, schnell suchte er einen ihm auf das Bereitwilligste ertheilten Urlaub nach, ging nach Berlin und seht — der Hellsehende hatte sich nicht getäuscht, wir erblicken ihn alsbald als Redakteur des Feuilletons der „edlen Kreuzritterin,“ als treue Stütze und als Bajazzo der Reaktion. Er begann seine Thätigkeit damit, daß er mit Hülfe des ihm ähnlichen Postsekretärs Ritter (mit großer Furcht und vielem Tadel) Westphalen und die Rheinprovinz mit den reaktionärsten Plakaten und Flugschriften überschwemmte. Noch wehte aber dem Edlen der Wind zu revolutionär, als daß er sich sofort in seiner ganzen Frechheit und Größe gezeigt hätte. Darum mußte er die sichere Stellung als Beamter noch beizubehalten suchen, darum wurde ihm sein Urlaub dreimal verlängert, bis dieses endlich, ohne sich zu sehr zu compromittiren, nicht länger möglich war und er angewiesen wurde, auf seinen Posten hieher zurückzukehren. Der Edle ist gehorsam, er erscheint eines Abends allhier, aber nur, um seine Entlassung aus dem Staatsdienste einzureichen und am andern Abend wieder auf den Schauplatz seiner Thaten, zur Kreuzritterin, zurückzukehren. Sein früheres Organ, das hiesige Kreisblatt, kündigte damals seine eintägige Anwesenheit hieselbst zur gefälligen Nachricht für seine vielen Freunde unter Juden und Christen mit den Worten an: „Unser alter Plauderer ist wieder da.“ Bekannt ist seine Wirksamkeit in dem Hatzfeld'schen Prozeß, wo er zuerst für die Gräfin seine Lanze einlegte, dann aber durch die unwiderstehlichen Gründe des Grafen bewogen, umsattelte und nun für den letztern zu Felde zog. Damals wurden ihm von hiesiger Bühne bei vollem Hause folgende Verse ins Gesicht gesungen: Unser Plauderer ist ja so wacker und brav, Heut schreibt er für die Gräfin und morgen für den Graf, Doch ist ihm der Lohn zu gering, dann, o Graus! So plaudert die Sünden von Beiden er aus. Das sind die Werkzeuge, deren der Absolutismus zur Aufrechthaltung seines morschen Gebäudes sich bedient. Uebrigens hat er hier zwei seiner ganz würdige Nachfolger erhalten, die die schmutzige Wupperthalerin täglich mit den gemeinsten Schandartikeln über Düsseldorf anfüllen. Vor einigen Tagen gab unsere Geld- und Säbelaristokratie dem Kommunisten Drigalski ein glänzendes Abschiedsmahl. Unter der Menge schwarzweißer Toaste, die dabei ausgebracht wurden, lautete einer mirabile dictu auf den geehrten Scheideden, für die Mäßigung, die er während des Belagerungszustandes gezeigt, indem er nicht einmal das Martialgesetz verkündet habe. Daß dieses nicht geschehen, hat gewiß nicht an dem guten Willen des „geehrten Scheidenden“ gelegen, sondern einfach daran, daß den Herren Auditoren die Uebernahme der Verantwortung für eine solche Maßregel zu gewagt erschien. Uebrigens empfindet unser Fischmarkt den Verlust der Bürger Drigalski und Spiegel sehr tief, indem namentlich Schellfisch sehr im Preise gesunken ist. X Berlin, 16. Februar. Was wir vor 14. Tagen über die vom Ministerium beabsichtigte Vertagung der Kammern noch vor ihrem Zusammentritt mitgetheilt haben, das bestätigt heute ein offenbar halboffizieller Artikel der „Spenerschen Zeitung.“ Derselbe gesteht, daß diese Frage „im Ministerium wiederholt in die wichtigste Erwägung gezogen worden“, und versucht die „gewichtigen Gründe“ zu entwickeln, welche für die Vertagung sprechen. Es beschränken sich aber diese gewichtigen Gründe eigentlich nur auf zwei;': man will die Erledigung der Grundfrage der deutschen Verhältnisse in Frankfurt abwarten, weil „wir sonst in den Fall kommen könnten, unsere Verfassung nach den allgemeinen deutschen Bestimmungen nochmal revidiren zu müssen.“ Andererseits will man theils „dem Frankfurter Parlament nicht die Männer entziehen, auf welche jetzt schon eine Wahl für unsere Kammern gefallen ist;“ theils nach Vollendung der „konstituirenden Aufgabe“ Frankfurts „die dortigen Kräfte für die Nachwahlen besser benutzen.“ Daher dürfe „man in den nächsten Tagen der Vertagungsordre entgegensehen“ und wird dieselbe wahrscheinlich „von einem Manifest begleitet sein, worin die bewegenden Gründe dargelegt werden.“ Soweit der halboffizielle Artikel. Wir erlauben uns, an denselben einige ergänzende Bemerkungen zu knüpfen. Im Hintergrunde dieser Machiavellistischen Machinationen gegen die Freiheit der Völker steht Rußland mit seinen schlagfertigen Armeen und seinen vollen Kassen. Die alte Alliance zwischen Rußland und den beiden deutschen Großmächten ist erneuert zu dem Zwecke „allem Umsichgreifen demokratischer Ideen und Staatsformen auf das Beharrlichste und Kräftigste entgegenzutreten.“ Wo es an Geld fehlt, wie z B. in Oestreich und bei der monarchischen, namentlich der legitimistischen Partei in Frankreich, da kömmt Rußland bereitwillig zu Hülfe und wir können aus glaubwürdiger Quelle versichern, daß der Reaktion in Paris wie in Wien erst vor Kurzem von russischer Seite her durch einen geheimen Agenten sehr bedeutende Hülfssummen zu nur 2 % Zinsen angeboten worden, wie auch feststeht, daß die Betheiligung des Petersburger Bankhauses Stieglitz bei der neuen östreichischen Anleihe nur eine fingirte, der Kaiser von Rußland aber der eigentliche Darleiher ist. Die in diesem kontrerevolutionären Komplott Preußen zugedachte und für seine heuchlerische Regierung am Besten passende Rolle ist die: Preußen wird einstweilen und bis Alles zum Losschlagen bereit ist, fortfahren, mit der deutschen Einheit zu koquettiren und das Frankfurter Parlament so zu bearbeiten, daß die Reichsverfassung bei ihrer zweiten Lesung eine für den gottbegnadeten absolutistischen Gaumen des hohenzollern'schen Kaisers in spe acceptablere Fassung bekommt. Zu diesem Behufe hat man auch die östreichische Note provozirt. Mit Oestreich selbst wird man sich, im Falle dieser Plan gelingt, über seine Stellung zum zukünftigen deutschen Kaiser schon noch abfinden, falls dies nicht schon im Stillen geschehen ist. Man rechnet ferner Preußischer Seits darauf, von dem Reichswahlgesetz und den darin enthaltenen Bestimmung über die politische Selbstständigkeit Gebrauch zu machen und auf Grund derselben die hiesigen Wahlen zur zweiten Kammer zu annulliren und neue vornehmen zu lassen, von denen man hofft, sie würden günstiger für die Reaktion ausfallen, wenn man die Arbeiter als nicht-selbstständig von der Theilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. Hat dann Preußen erst die Reichs-Central-Exekution in Händen, so wird — namentlich wenn die Reaktion in Frankreich siegt, wenn Ungarn, wenn Italien durch östreichische Uebermacht erdrückt und von Neuem geknechtet sind — die deutsche Freiheit bald von Reichs wegen zu existiren aufgehört haben. Läßt sich aber wieder Erwarten Frankfurt nicht verführen, so wird auch Preußen den ohnehin lästigen Heuchelschein des Liberalismus bald von sich werfen und die Koalition wird offen den Kampf gegen die Demokratie aufnehmen. Zu allen diesen Plänen aber braucht man vor Allem Zeit und ungestörte Muße, damit man den Gang der auswärtigen Ereignisse, die man doch nicht nach eigenem Belieben leiten kann, abzuwarten im Stande sei. Daher die dringende Nothwendigkeit, sich die unbequemen Gäste, die hiesigen Kammern, einstweilen vom Leibe zu halten, daher wird auch die Vertagung der Kammern zuerst nur auf einen kurzen Termin geschehen, dann aber, so lange es Noth thut, wiederholt werden. Dies sind die wahren „Gründe einer höhern Politik“, welche zur Vertagungsordre führen, und auch wir wünschen mit dem halboffiziellen Artikel, „daß alle Einsichtigen im Lande dieselben würdigen.“ Wir glauben durch gegenwärtigen Artikel, dessen Angaben wir verbürgen können, einiges Material zu dieser Würdigung geliefert zu haben. Uebrigens wird, wie der halboffizielle Artikel sagt, „die Regierung einer angemessenen Feier des 18. März, dem Preußen doch zunächst seine Wiedergeburt verdankt, selbst während der Dauer des Belagerungszustandes in keiner Weise entgegen sein.“ Das Central-Comite für volksthümliche Wahlen hat nach langen mühsamen Berathungen endlich sich über die Candidaten geeinigt, die es für die hiesigen Nachwahlen empfehlen will. Für den ersten Wahlbezirk, wo eine Nachwahl erforderlich wird, weil Rodbertus doch politisches Ehrgefühl genug hatte, für den zweiten anzunehmen, ist es gelungen die Candidatur Paalzow, welche namentlich von der Coterie der Nationalzeitung begünstigt ward, zu beseitigen und dafür Heinrich Simon aus Breslau aufstellen. Ebenso ist es geglückt die Einwände des zähen Philisterthums gegen die Candidaturen Jung und Bruno Bauer zu beseitigen. Außerdem spricht man für die vierte Nachwahl, theils von Wesendonk, theils von Schulze (Wanzleben). — Wir glauben jedoch versichern zu können, daß es jeder liberalen Berliner Capacität, welche in die Schranken treten würde, gelingen dürfte über die letztgenannten auswärtigen Candidaten den Sieg davon zu tragen, da unter den hiesigen Wahlmännern das Berlinerthum sich mächtig regt und man des cosmopolitischen Herumfahrens nach allerhand fremden Berühmtheiten überdrüssig geworden ist. Dieser letztere Umstand hat auch Bruno Bauer's Candidatur bedeutend gefördert. Zuverlässigen Nachrichten aus Ungarn zufolge, stehen an der Spitze der in Siebenbürgen kämpfenden östreichischen Truppen zum Theil russische Befehlshaber. Unter den zur zweiten Kammer gewählten Abgeordneten befinden sich 7 jetzige und gewesene Minister, 18 Landräthe, 13 Bürger-und Ober-Bürgermeister, 85 Juristen, 39 andere königl. und städtische Beamten, 28 Lehrer, Professoren und Literaten, 32 Geistliche, 5 Militair-Personen, 8 Aerzte, 52 Gutsbesitzer, 19 Kaufleute, 12 Handwerker und andere Gewerbetreibende, 19 bäuerliche Wirthe, zusammen 337; die übrigen 13 sind ihrem Stande und ihrer Beschäftigung nach unbestimmt Berlin, im Febr.
Dem Vernehmen nach sieht es in den mecklenburgischen Herzogthümern sehr schlimm aus. Die Demokratie hat dort gesiegt; der Adel, welcher in keinem deutschen Lande noch so viele feudalen Vorrechte besaß, ist fast ganz von der Ständeversammlung ausgeschlossen; der Herzog hat nachgegeben, und die demokratische Partei ist dabei, die Rumpelkammer des heiligen römischen Reichs gründlich auszufegen. Inzwischen hat sich jedoch, wie überall, durch die langen und langsamen parlamentarischen Kämpfe die Reactionspartei auch dort gebildet; der Herzog ist schwankend geworden; da aber auch die Soldaten in Mecklenburg auf Seite der Volkspartei stehen, fürchtet man, daß eine Beruhigung, oder was man Herstellung der Ordnung im Wege des Octroyirens nennt, nicht anders als mit Hülfe einer Reichsarmee geschehen könne Es sollen in Frankfurt Anträge gemacht worden sein und dem Gerücht nach Preußen und Hannover der Auftrag bevorstehen, den Herzogen von Mecklenburg hülfreich beizustehen. (Z. f. N.)<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0003" n="1231"/> <div xml:id="ar224_003_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Preußische Finanzwirtschaft unter Bodelschwingh und Konsorten, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8. </bibl> </note> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar224_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Köln, 15. Febr.</head> <p>Die Berliner „<hi rendition="#g">Nationalzeitung</hi>“ ist der <hi rendition="#g">inhaltschwere Ausdruck der Inhaltslosigkeit</hi>.</p> <p>Einige neue Proben!</p> <p>Es handelt sich von der preußischen Circularnote.</p> <p>„<hi rendition="#g">Zwar können</hi> wir nicht wissen, worauf diese „Befriedigten“ (die von der Circularnote Befriedigten) <hi rendition="#g">mögen</hi> gefaßt gewesen sein, <hi rendition="#g">daß</hi> sie über eine so nichtssagende Erklärung in Entzücken gerathen, <hi rendition="#g">aber</hi> sie <hi rendition="#g">scheinen</hi> uns in ihrer Freude die Note gar nicht gelesen zu haben, <hi rendition="#g">wenn</hi> sie darin finden wollen, daß die preußische Regierung nur Verständigung, nicht Vereinbarung <hi rendition="#g">wolle</hi>.“</p> <p>Ich <hi rendition="#g">weiß nicht,</hi> warum du über dies Buch in Freude geräthst, <hi rendition="#g">aber</hi> du <hi rendition="#g">scheinst</hi> das Buch nicht gelesen zu haben, <hi rendition="#g">wenn</hi> du darin finden <hi rendition="#g">willst,</hi> daß sein Verfasser das sagen <hi rendition="#g">wollte,</hi> was dich in Freude versetzt.</p> <p>Zwar und aber! Können und mögen und scheinen! Finden und wollen, daß die preußische Regierung wolle! Jede Wendung trägt wie ein Bagnosträfling ein Centner Gewicht an den Beinen und wiegt daher schwer. Jedes „wenn“, jedes „zwar“, jedes „aber“ ein leibhafter Dr. utriusque juris!</p> <p>Und wenn ihr all' diesen christlich-germanischen Wulst, all' diese baumwollnen Lappen, worin die „Nationalzeitung“ ihre Weisheit vorsorglich einwickelt, eben so sorglich abwickelt, was bleibt übrig?</p> <p>Die einfache Behauptung der „Nationalzeitung“, daß ihre Gegner die preußische Circularnote <hi rendition="#g">nicht gelesen haben</hi>.</p> <p>Ein solches Urtheil einfach herausgestellt, wäre frivol, unsittlich, oberflächlich! Wie gewiegt, wie würdevoll-umsichtig, nimmt es sich aus in den feierlich unbeholfenen Satzwindungen unserer „Nationalzeitung“, des Orakels der parlamentarischen Linken! Die Kannengießerei darf in ihrem Moniteur natürlich nicht auftreten, wie in der Bierkneipe. Die Kannengießerei, schwarz auf weiß, als premier Berlin, muß en grande tenue erscheinen. Die Flachheit muß den Schein einer gewissen Fülle erhalten, indem sie sechsmal in sich selbst eingeschachtelt wird.</p> <p>Weiter!</p> <p>„Niemand kann mehr als wir gegen die Politik des <hi rendition="#g">Zuwartens</hi>, gegen die Spekulation auf den Pessimismus, gegen die Hoffnung auf das reine Nichts sein. Im Gegentheil — wir sind durchdrungen von der Ueberzeugung, daß diejenige Partei die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt, die dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen, zugleich aber in ihrer Begränzung, in der Art, wie sie geltend gemacht und zur Durchführung gebracht werden, die Gewähr geben, daß es — einem bestimmten Ziele, einer dauernden Organisation aus einem Gusse mit unbeugsamer Entschiedenheit entgegengeht — für Preußen, wie für ganz Deutschland. Ehe nicht Preußen eine solche Regierung hat, die zu einem <hi rendition="#g">solchen entschiedenen Selbstbewußtsein</hi> gelangt ist, die mit dem Volk sich eins fühlt, sich vollkommen auf das Volk stützt, und von nirgends anders her ihre Kraft nehmen will; eher wird die deutsche Sache zu einem befriedigenden Abschluß nicht kommen. <hi rendition="#g">Darum sind wir, die wir</hi> stets mit demselben Eifer dafür <hi rendition="#g">gewesen sind,</hi> daß Preußen die ihm gebührende Stellung in Deutschland erhalte, mit allem Eifer Gegner des jetzigen Ministeriums — <hi rendition="#g">weil</hi> dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist.“</p> <p>Darum sind wir, die wir stets gewesen sind! Aus jedem Worte leuchtet die salbungsvolle <hi rendition="#g">Gesinnungstüchtigkeit</hi> hervor, der nur eins fehlt: der <hi rendition="#g">Sinn</hi>.</p> <p>Die „Nationalzeitung“ ist gegen die „Politik des Zuwartens.“</p> <p>Die Politik des Zuwartens verwandelt sich ihr unter der Hand in die „Spekulation auf den Pessimismus“. Was heißt das, auf den Pessimismus spekuliren? Etwa: spéculer à la baisse? Endlich häutet sich die „Spekulation auf den Pessimismus“ und das neuentstandene Ungeziefer heißt „die Hoffnung auf das reine Nichts“. Die Politik der „Nationalzeitung“ besteht also „nicht“ darin, auf das „reine Nichts zu hoffen!“ Seid ihr nun im Reinen über die Politik der „Nationalzeitung“?</p> <p>„Im Gegentheil“, docirt die „Nationalzeitung“, statt auf das „reine Nichts“ zu hoffen, sind wir von einer „Ueberzeugung“ durchdrungen. Glänzender Zusammenhang! Und von welcher Ueberzeugung? Von der Ueberzeugung, daß die Partei „die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt.“ Und mit welchen Forderungen? Hört! Erstens müssen diese „ganz bestimmten Forderungen“ dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen.“</p> <p>Nun seid ihr „gründlich“ über den Inhalt dieser „ganz bestimmten“ Forderungen belehrt. Nur so viel ist klar, es handelt sich hier nicht von den Forderungen der demokratischen Partei, denn es versteht sich von selbst, daß die Forderungen dieser Partei „demokratische“ Forderungen sind.</p> <p>Diese ebenso „bestimmten“ als „gründlichen“ Forderungen, die dem „demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen,“ müssen aber zugleich in ihrer „Begränzung u. s. w. die Gewähr geben,“ daß <hi rendition="#g">es (Wer! Was!)</hi> „einer dauernden Organisation aus einem Gusse entgegengeht — für Preußen wie für ganz Deutschland.“</p> <p>Also diese Forderungen geben ihre „Gewähr“ nicht durch ihren Inhalt, sondern durch ihre <hi rendition="#g">Manier aufzutreten</hi>.</p> <p>„<hi rendition="#g">Solches entschiedene Selbstbewußtsein</hi>“, d. h. solche hochbetheuernde Confusion verlangt die Nationalzeitung von der preuß. „Regierung“, die der „deutschen Sache einen befriedigenden Abschluß geben soll.“ <hi rendition="#g">Darum</hi> ist sie Gegnerin des jetzigen „Ministeriums“. Nein nicht <hi rendition="#g">darum</hi>, besinnt sie sich, sondern „<hi rendition="#g">weil</hi> dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist.“</p> <p>Die „Nationalzeitung“ ist offenbar für <hi rendition="#g">denkende Leser</hi> geschrieben, wie Rottecks Weltgeschichte. Die Franzosen haben eine treffliche Formel für diese Art Denken, dessen ganze Bewegung eine rein sprachliche ist.</p> <p>»Je n'aime pas les épinards et j'en suis bien aise: car si je les aimais, j'en mangerais beaucoup — et je ne peux pas les souffrir.«</p> <p>„Ich esse den Spinat nicht gern, und das ist sehr gut; denn <hi rendition="#g">wenn</hi> ich ihn gern äße, würde ich nicht genug davon essen können und ich kann ihn nicht ausstehen.“</p> <p>So viel aber ist klar, das Ministerium Brandenburg ist ein Unglück für Preußen. Die Nationalversammlung will Preußens Glück und darum — ein anderes Ministerium. Was sie aber unter allen Umständen will, ist ein <hi rendition="#g">Ministerium;</hi> das ist auch das einzige, worüber die Patrone der „Nationalzeitung“ mit sich selbst im Klaren sind und sich eines „entschiedenen Selbstbewußtseins“ erfreuen.</p> </div> <div xml:id="ar224_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Köln, 16. Febr.</head> <p>Gestern erschien Hr. <hi rendition="#g">Gladbach,</hi> Abgeordneter zur aufgelösten Nationalversammlung, vor dem Instruktionsrichter beim hiesigen Landgericht. Die Untersuchung gegen ihn und die übrigen Abgeordneten erstreckt sich auf <hi rendition="#g">fünf</hi> verschiedene Punkte. Gladbach wurde namentlich befragt: ob er an dem Beschlusse wegen der Steuerverweigerung Theil genommen; ob er Aufforderungen zu seiner Vollziehung verbreitet, und an wen er sie geschickt; und endlich: wer von den Abgeordneten dabei besonders thätig gewesen sei!</p> <p>Gladbach verweigerte natürlich jede gerichtliche Auslassung über Angelegenheiten, die sich auf seine Thätigkeit als Abgeordneter bezögen, aufs Entschiedenste.</p> <p>Wir sind begierig zu sehen, ob man wagen wird, einen so monströsen Prozeß vor rheinische Geschworne zu bringen.</p> <p>Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß, wie wir aus guter Quelle hören, Hr. Aldenhoven die Wahl in Neuß angenommen und auf die in den Kreisen Mülheim und Köln (Landkreis) verzichtet hat. In diesem Falle wird — wahrscheinlich am 22. d. <gap reason="illegible"/> in Deutz eine neue Wahl stattfinden. Wir wiederholen: die Ehre der beiden Kreise erfordert, daß sie jetzt <hi rendition="#g">Gladbach</hi> nach Berlin senden und zwar mit möglichst großer Majorität. Gladbach, einer der talentvollsten, entschiedensten und selbst für die schaamloseste Contrerevolution unangreifbarsten Steuerverweigerer, darf um keinen Preis in der Kammer fehlen. Wir fordern alle freisinnigen Wahlmänner auf, für Gladbach, und für keinen Andern zu stimmen.</p> </div> <div xml:id="ar224_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Düsseldorf, 14. Febr.</head> <p>Dem früheren Postsekretär, jetzigem Mitarbeiter der „Galgenzeitung,“ Hermann Goedsche, haben Sie schon mehrmals die Ehre der Erwähnung in den Spalten Ihres Blattes zu Theil werden lassen. Trotz des Sprichworts: Wer Pech angreift etc., kann ich es mir doch nicht versagen, auch meinerseits einige Beiträge zur Charakteristik dieses Menschen zu liefern, dessen Lebenslauf noch gar manche interessante Details bietet.</p> <p>Früh schon überschwemmte der saubere Kamerad die leichtgläubige Welt mit seinen ekelhaften literarischen Machwerken. Einen Ruf aber erwarb er sich erst, als ihm sein gutes Glück die Redaktion des hiesigen Kreisblattes in die Hände spielte. Nun war er, natürlich gegen angemessenes Honorar, der Protektor der Obst-, Butter- etc. Höckerinnen. Unter der Rubrik „Plauderer“ lasen wir täglich aus der Feder des Hrn. Goedsche eine chronique scandaleuse unserer Stadt, die mit dem „Berliner Zuschauer,“ der Galgenzeitung an Gemeinheit wetteiferte. Seine Mitarbeiter und Berichterstatter in dieser Art Literatur waren Büttel, Nachtwächter etc. So konnte es nicht ausbleiben, daß der große Autor öfter mit anderer Münze ausbezahlt wurde, als er erwartete und als ihm lieb war. Zu mehreren Malen ist seine Rückseite hier in unangenehme Berührung mit den Fäusten manches braven Arbeiters gekommen — noch immer eine viel zu große Ehre für sochen Patron.</p> <p>Aehnlich wie sein literarisches Leben, war sein dienstliches. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, von vielen seiner Kollegen über die gänzliche Unbrauchbarbeit des Goedsche als Postbeamter reden zu hören. Regelmäßig wurde der große Autor jedes Frühjahr und jeden Herbst krank und indem seine Arbeiten den ohnehin schon übermäßig beschäftigten andern Beamten aufgebürdet wurden, benutzte er diese erschlichene Muße zur Anfertigung von Artikeln für den Rheinischen Beobachter und ähnliche saubere Blätter. Beim Ausbruch der Berliner Revolution hatte der liebenswürdige Plauderer gerade seine Frühjahrskrankheit. Mit raschem Scharfblick erkannte er, daß Berlin ein größeres und einträglicheres Feld für seine Thätigkeit darbieten würde, schnell suchte er einen ihm auf das Bereitwilligste ertheilten Urlaub nach, ging nach Berlin und seht — der Hellsehende hatte sich nicht getäuscht, wir erblicken ihn alsbald als Redakteur des Feuilletons der „edlen Kreuzritterin,“ als treue Stütze und als Bajazzo der Reaktion.</p> <p>Er begann seine Thätigkeit damit, daß er mit Hülfe des ihm ähnlichen Postsekretärs Ritter (mit großer Furcht und vielem Tadel) Westphalen und die Rheinprovinz mit den reaktionärsten Plakaten und Flugschriften überschwemmte. Noch wehte aber dem Edlen der Wind zu revolutionär, als daß er sich sofort in seiner ganzen Frechheit und Größe gezeigt hätte. Darum mußte er die sichere Stellung als Beamter noch beizubehalten suchen, darum wurde ihm sein Urlaub dreimal verlängert, bis dieses endlich, ohne sich zu sehr zu compromittiren, nicht länger möglich war und er angewiesen wurde, auf seinen Posten hieher zurückzukehren. Der Edle ist gehorsam, er erscheint eines Abends allhier, aber nur, um seine Entlassung aus dem Staatsdienste einzureichen und am andern Abend wieder auf den Schauplatz seiner Thaten, zur Kreuzritterin, zurückzukehren. Sein früheres Organ, das hiesige Kreisblatt, kündigte damals seine eintägige Anwesenheit hieselbst zur gefälligen Nachricht für seine vielen Freunde unter Juden und Christen mit den Worten an: „Unser alter Plauderer ist wieder da.“</p> <p>Bekannt ist seine Wirksamkeit in dem Hatzfeld'schen Prozeß, wo er zuerst für die Gräfin seine Lanze einlegte, dann aber durch die unwiderstehlichen Gründe des Grafen bewogen, umsattelte und nun für den letztern zu Felde zog. Damals wurden ihm von hiesiger Bühne bei vollem Hause folgende Verse ins Gesicht gesungen:</p> <lg type="poem"> <l>Unser Plauderer ist ja so wacker und brav,</l><lb/> <l>Heut schreibt er für die Gräfin und morgen für den Graf,</l><lb/> <l>Doch ist ihm der Lohn zu gering, dann, o Graus!</l><lb/> <l>So plaudert die Sünden von Beiden er aus.</l><lb/> </lg> <p>Das sind die Werkzeuge, deren der Absolutismus zur Aufrechthaltung seines morschen Gebäudes sich bedient. Uebrigens hat er hier zwei seiner ganz würdige Nachfolger erhalten, die die schmutzige Wupperthalerin täglich mit den gemeinsten Schandartikeln über Düsseldorf anfüllen.</p> <p>Vor einigen Tagen gab unsere Geld- und Säbelaristokratie dem Kommunisten Drigalski ein glänzendes Abschiedsmahl. Unter der Menge schwarzweißer Toaste, die dabei ausgebracht wurden, lautete einer mirabile dictu auf den geehrten Scheideden, für die Mäßigung, die er während des Belagerungszustandes gezeigt, indem er nicht einmal das Martialgesetz verkündet habe. Daß dieses nicht geschehen, hat gewiß nicht an dem guten Willen des „geehrten Scheidenden“ gelegen, sondern einfach daran, daß den Herren Auditoren die Uebernahme der Verantwortung für eine solche Maßregel zu gewagt erschien.</p> <p>Uebrigens empfindet unser Fischmarkt den Verlust der Bürger Drigalski und Spiegel sehr tief, indem namentlich Schellfisch sehr im Preise gesunken ist.</p> </div> <div xml:id="ar224_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 16. Februar.</head> <p>Was wir vor 14. Tagen über die vom Ministerium beabsichtigte Vertagung der Kammern noch vor ihrem Zusammentritt mitgetheilt haben, das bestätigt heute ein offenbar halboffizieller Artikel der „Spenerschen Zeitung.“ Derselbe gesteht, daß diese Frage „im Ministerium wiederholt in die wichtigste Erwägung gezogen worden“, und versucht die „gewichtigen Gründe“ zu entwickeln, welche für die Vertagung sprechen. Es beschränken sich aber diese gewichtigen Gründe eigentlich nur auf zwei;': man will die Erledigung der Grundfrage der deutschen Verhältnisse in Frankfurt abwarten, weil „wir sonst in den Fall kommen könnten, unsere Verfassung nach den allgemeinen deutschen Bestimmungen nochmal revidiren zu müssen.“ Andererseits will man theils „dem Frankfurter Parlament nicht die Männer entziehen, auf welche jetzt schon eine Wahl für unsere Kammern gefallen ist;“ theils nach Vollendung der „konstituirenden Aufgabe“ Frankfurts „die dortigen Kräfte für die Nachwahlen besser benutzen.“ Daher dürfe „man in den nächsten Tagen der Vertagungsordre entgegensehen“ und wird dieselbe wahrscheinlich „von einem Manifest begleitet sein, worin die bewegenden Gründe dargelegt werden.“ Soweit der halboffizielle Artikel. Wir erlauben uns, an denselben einige ergänzende Bemerkungen zu knüpfen. Im Hintergrunde dieser Machiavellistischen Machinationen gegen die Freiheit der Völker steht <hi rendition="#g">Rußland</hi> mit seinen schlagfertigen Armeen und seinen vollen Kassen. Die alte Alliance zwischen Rußland und den beiden deutschen Großmächten ist erneuert zu dem Zwecke „<hi rendition="#g">allem Umsichgreifen demokratischer Ideen und Staatsformen auf das Beharrlichste und Kräftigste entgegenzutreten</hi>.“ Wo es an Geld fehlt, wie z B. in Oestreich und bei der monarchischen, namentlich der legitimistischen Partei in Frankreich, da kömmt Rußland bereitwillig zu Hülfe und wir können aus glaubwürdiger Quelle versichern, daß der Reaktion in Paris wie in Wien erst vor Kurzem von russischer Seite her durch einen geheimen Agenten sehr bedeutende Hülfssummen zu nur 2 % Zinsen angeboten worden, wie auch feststeht, daß die Betheiligung des Petersburger Bankhauses Stieglitz bei der neuen östreichischen Anleihe nur eine fingirte, der Kaiser von Rußland aber der eigentliche Darleiher ist. Die in diesem kontrerevolutionären Komplott <hi rendition="#g">Preußen</hi> zugedachte und für seine heuchlerische Regierung am Besten passende Rolle ist die: Preußen wird einstweilen und bis Alles zum Losschlagen bereit ist, fortfahren, mit der deutschen Einheit zu koquettiren und das Frankfurter Parlament so zu bearbeiten, daß die Reichsverfassung bei ihrer zweiten Lesung eine für den gottbegnadeten absolutistischen Gaumen des hohenzollern'schen Kaisers in spe acceptablere Fassung bekommt. Zu diesem Behufe hat man auch die östreichische Note provozirt. Mit Oestreich selbst wird man sich, im Falle dieser Plan gelingt, über seine Stellung zum zukünftigen deutschen Kaiser schon noch abfinden, falls dies nicht schon im Stillen geschehen ist. Man rechnet ferner Preußischer Seits darauf, von dem Reichswahlgesetz und den darin enthaltenen Bestimmung über die politische <hi rendition="#g">Selbstständigkeit</hi> Gebrauch zu machen und auf Grund derselben die hiesigen Wahlen zur zweiten Kammer zu annulliren und neue vornehmen zu lassen, von denen man hofft, sie würden günstiger für die Reaktion ausfallen, wenn man die Arbeiter als <hi rendition="#g">nicht-selbstständig</hi> von der Theilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. Hat dann Preußen erst die Reichs-Central-Exekution in Händen, so wird — namentlich wenn die Reaktion in Frankreich siegt, wenn Ungarn, wenn Italien durch östreichische Uebermacht erdrückt und von Neuem geknechtet sind — die deutsche Freiheit bald von Reichs wegen zu existiren aufgehört haben. Läßt sich aber wieder Erwarten Frankfurt nicht verführen, so wird auch Preußen den ohnehin lästigen Heuchelschein des Liberalismus bald von sich werfen und die Koalition wird offen den Kampf gegen die Demokratie aufnehmen. Zu allen diesen Plänen aber braucht man vor Allem Zeit und ungestörte Muße, damit man den Gang der auswärtigen Ereignisse, die man doch nicht nach eigenem Belieben leiten kann, abzuwarten im Stande sei. Daher die dringende Nothwendigkeit, sich die unbequemen Gäste, die hiesigen Kammern, einstweilen vom Leibe zu halten, daher wird auch die Vertagung der Kammern zuerst nur auf einen kurzen Termin geschehen, dann aber, so lange es Noth thut, wiederholt werden. Dies sind die wahren „Gründe einer höhern Politik“, welche zur Vertagungsordre führen, und auch wir wünschen mit dem halboffiziellen Artikel, „daß alle Einsichtigen im Lande dieselben würdigen.“ Wir glauben durch gegenwärtigen Artikel, dessen Angaben wir verbürgen können, einiges Material zu dieser Würdigung geliefert zu haben. Uebrigens wird, wie der halboffizielle Artikel sagt, „die Regierung einer <hi rendition="#g">angemessenen</hi> Feier des 18. März, dem Preußen doch zunächst seine Wiedergeburt verdankt, <hi rendition="#g">selbst während der Dauer des Belagerungszustandes</hi> in keiner Weise entgegen sein.“</p> <p>Das Central-Comite für volksthümliche Wahlen hat nach langen mühsamen Berathungen endlich sich über die Candidaten geeinigt, die es für die hiesigen Nachwahlen empfehlen will. Für den ersten Wahlbezirk, wo eine Nachwahl erforderlich wird, weil <hi rendition="#g">Rodbertus</hi> doch politisches Ehrgefühl genug hatte, für den zweiten anzunehmen, ist es gelungen die Candidatur Paalzow, welche namentlich von der Coterie der Nationalzeitung begünstigt ward, zu beseitigen und dafür <hi rendition="#g">Heinrich Simon</hi> aus Breslau aufstellen. Ebenso ist es geglückt die Einwände des zähen Philisterthums gegen die Candidaturen <hi rendition="#g">Jung</hi> und <hi rendition="#g">Bruno Bauer</hi> zu beseitigen.</p> <p>Außerdem spricht man für die vierte Nachwahl, theils von <hi rendition="#g">Wesendonk,</hi> theils von <hi rendition="#g">Schulze</hi> (Wanzleben). — Wir glauben jedoch versichern zu können, daß es jeder liberalen <hi rendition="#g">Berliner</hi> Capacität, welche in die Schranken treten würde, gelingen dürfte über die letztgenannten <hi rendition="#g">auswärtigen</hi> Candidaten den Sieg davon zu tragen, da unter den hiesigen Wahlmännern das Berlinerthum sich mächtig regt und man des cosmopolitischen Herumfahrens nach allerhand fremden Berühmtheiten überdrüssig geworden ist. Dieser letztere Umstand hat auch Bruno Bauer's Candidatur bedeutend gefördert.</p> <p>Zuverlässigen Nachrichten aus <hi rendition="#g">Ungarn</hi> zufolge, stehen an der Spitze der in Siebenbürgen kämpfenden östreichischen Truppen zum Theil <hi rendition="#g">russische</hi> Befehlshaber.</p> <p>Unter den zur zweiten Kammer gewählten Abgeordneten befinden sich 7 jetzige und gewesene Minister, 18 Landräthe, 13 Bürger-und Ober-Bürgermeister, 85 Juristen, 39 andere königl. und städtische Beamten, 28 Lehrer, Professoren und Literaten, 32 Geistliche, 5 Militair-Personen, 8 Aerzte, 52 Gutsbesitzer, 19 Kaufleute, 12 Handwerker und andere Gewerbetreibende, 19 bäuerliche Wirthe, zusammen 337; die übrigen 13 sind ihrem Stande und ihrer Beschäftigung nach unbestimmt</p> </div> <div xml:id="ar224_008" type="jArticle"> <head>Berlin, im Febr.</head> <p>Dem Vernehmen nach sieht es in den mecklenburgischen Herzogthümern sehr schlimm aus. Die Demokratie hat dort gesiegt; der Adel, welcher in keinem deutschen Lande noch so viele feudalen Vorrechte besaß, ist fast ganz von der Ständeversammlung ausgeschlossen; der Herzog hat nachgegeben, und die demokratische Partei ist dabei, die Rumpelkammer des heiligen römischen Reichs gründlich auszufegen. Inzwischen hat sich jedoch, wie überall, durch die langen und langsamen parlamentarischen Kämpfe die Reactionspartei auch dort gebildet; der Herzog ist schwankend geworden; da aber auch die Soldaten in Mecklenburg auf Seite der Volkspartei stehen, fürchtet man, daß eine Beruhigung, oder was man Herstellung der Ordnung im Wege des Octroyirens nennt, nicht anders als mit Hülfe einer Reichsarmee geschehen könne Es sollen in Frankfurt Anträge gemacht worden sein und dem Gerücht nach Preußen und Hannover der Auftrag bevorstehen, den Herzogen von Mecklenburg hülfreich beizustehen.</p> <bibl>(Z. f. N.)</bibl> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1231/0003]
_ 068 Köln, 15. Febr. Die Berliner „Nationalzeitung“ ist der inhaltschwere Ausdruck der Inhaltslosigkeit.
Einige neue Proben!
Es handelt sich von der preußischen Circularnote.
„Zwar können wir nicht wissen, worauf diese „Befriedigten“ (die von der Circularnote Befriedigten) mögen gefaßt gewesen sein, daß sie über eine so nichtssagende Erklärung in Entzücken gerathen, aber sie scheinen uns in ihrer Freude die Note gar nicht gelesen zu haben, wenn sie darin finden wollen, daß die preußische Regierung nur Verständigung, nicht Vereinbarung wolle.“
Ich weiß nicht, warum du über dies Buch in Freude geräthst, aber du scheinst das Buch nicht gelesen zu haben, wenn du darin finden willst, daß sein Verfasser das sagen wollte, was dich in Freude versetzt.
Zwar und aber! Können und mögen und scheinen! Finden und wollen, daß die preußische Regierung wolle! Jede Wendung trägt wie ein Bagnosträfling ein Centner Gewicht an den Beinen und wiegt daher schwer. Jedes „wenn“, jedes „zwar“, jedes „aber“ ein leibhafter Dr. utriusque juris!
Und wenn ihr all' diesen christlich-germanischen Wulst, all' diese baumwollnen Lappen, worin die „Nationalzeitung“ ihre Weisheit vorsorglich einwickelt, eben so sorglich abwickelt, was bleibt übrig?
Die einfache Behauptung der „Nationalzeitung“, daß ihre Gegner die preußische Circularnote nicht gelesen haben.
Ein solches Urtheil einfach herausgestellt, wäre frivol, unsittlich, oberflächlich! Wie gewiegt, wie würdevoll-umsichtig, nimmt es sich aus in den feierlich unbeholfenen Satzwindungen unserer „Nationalzeitung“, des Orakels der parlamentarischen Linken! Die Kannengießerei darf in ihrem Moniteur natürlich nicht auftreten, wie in der Bierkneipe. Die Kannengießerei, schwarz auf weiß, als premier Berlin, muß en grande tenue erscheinen. Die Flachheit muß den Schein einer gewissen Fülle erhalten, indem sie sechsmal in sich selbst eingeschachtelt wird.
Weiter!
„Niemand kann mehr als wir gegen die Politik des Zuwartens, gegen die Spekulation auf den Pessimismus, gegen die Hoffnung auf das reine Nichts sein. Im Gegentheil — wir sind durchdrungen von der Ueberzeugung, daß diejenige Partei die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt, die dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen, zugleich aber in ihrer Begränzung, in der Art, wie sie geltend gemacht und zur Durchführung gebracht werden, die Gewähr geben, daß es — einem bestimmten Ziele, einer dauernden Organisation aus einem Gusse mit unbeugsamer Entschiedenheit entgegengeht — für Preußen, wie für ganz Deutschland. Ehe nicht Preußen eine solche Regierung hat, die zu einem solchen entschiedenen Selbstbewußtsein gelangt ist, die mit dem Volk sich eins fühlt, sich vollkommen auf das Volk stützt, und von nirgends anders her ihre Kraft nehmen will; eher wird die deutsche Sache zu einem befriedigenden Abschluß nicht kommen. Darum sind wir, die wir stets mit demselben Eifer dafür gewesen sind, daß Preußen die ihm gebührende Stellung in Deutschland erhalte, mit allem Eifer Gegner des jetzigen Ministeriums — weil dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist.“
Darum sind wir, die wir stets gewesen sind! Aus jedem Worte leuchtet die salbungsvolle Gesinnungstüchtigkeit hervor, der nur eins fehlt: der Sinn.
Die „Nationalzeitung“ ist gegen die „Politik des Zuwartens.“
Die Politik des Zuwartens verwandelt sich ihr unter der Hand in die „Spekulation auf den Pessimismus“. Was heißt das, auf den Pessimismus spekuliren? Etwa: spéculer à la baisse? Endlich häutet sich die „Spekulation auf den Pessimismus“ und das neuentstandene Ungeziefer heißt „die Hoffnung auf das reine Nichts“. Die Politik der „Nationalzeitung“ besteht also „nicht“ darin, auf das „reine Nichts zu hoffen!“ Seid ihr nun im Reinen über die Politik der „Nationalzeitung“?
„Im Gegentheil“, docirt die „Nationalzeitung“, statt auf das „reine Nichts“ zu hoffen, sind wir von einer „Ueberzeugung“ durchdrungen. Glänzender Zusammenhang! Und von welcher Ueberzeugung? Von der Ueberzeugung, daß die Partei „die mächtigste, die für die nächste Zeit tonangebende und gestaltende sein wird, welche mit ganz bestimmten Forderungen auftritt.“ Und mit welchen Forderungen? Hört! Erstens müssen diese „ganz bestimmten Forderungen“ dem demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen.“
Nun seid ihr „gründlich“ über den Inhalt dieser „ganz bestimmten“ Forderungen belehrt. Nur so viel ist klar, es handelt sich hier nicht von den Forderungen der demokratischen Partei, denn es versteht sich von selbst, daß die Forderungen dieser Partei „demokratische“ Forderungen sind.
Diese ebenso „bestimmten“ als „gründlichen“ Forderungen, die dem „demokratischen Prinzip gründlich Rechnung tragen,“ müssen aber zugleich in ihrer „Begränzung u. s. w. die Gewähr geben,“ daß es (Wer! Was!) „einer dauernden Organisation aus einem Gusse entgegengeht — für Preußen wie für ganz Deutschland.“
Also diese Forderungen geben ihre „Gewähr“ nicht durch ihren Inhalt, sondern durch ihre Manier aufzutreten.
„Solches entschiedene Selbstbewußtsein“, d. h. solche hochbetheuernde Confusion verlangt die Nationalzeitung von der preuß. „Regierung“, die der „deutschen Sache einen befriedigenden Abschluß geben soll.“ Darum ist sie Gegnerin des jetzigen „Ministeriums“. Nein nicht darum, besinnt sie sich, sondern „weil dasselbe ein Unglück für Preußen und für Deutschland ist.“
Die „Nationalzeitung“ ist offenbar für denkende Leser geschrieben, wie Rottecks Weltgeschichte. Die Franzosen haben eine treffliche Formel für diese Art Denken, dessen ganze Bewegung eine rein sprachliche ist.
»Je n'aime pas les épinards et j'en suis bien aise: car si je les aimais, j'en mangerais beaucoup — et je ne peux pas les souffrir.«
„Ich esse den Spinat nicht gern, und das ist sehr gut; denn wenn ich ihn gern äße, würde ich nicht genug davon essen können und ich kann ihn nicht ausstehen.“
So viel aber ist klar, das Ministerium Brandenburg ist ein Unglück für Preußen. Die Nationalversammlung will Preußens Glück und darum — ein anderes Ministerium. Was sie aber unter allen Umständen will, ist ein Ministerium; das ist auch das einzige, worüber die Patrone der „Nationalzeitung“ mit sich selbst im Klaren sind und sich eines „entschiedenen Selbstbewußtseins“ erfreuen.
068 Köln, 16. Febr. Gestern erschien Hr. Gladbach, Abgeordneter zur aufgelösten Nationalversammlung, vor dem Instruktionsrichter beim hiesigen Landgericht. Die Untersuchung gegen ihn und die übrigen Abgeordneten erstreckt sich auf fünf verschiedene Punkte. Gladbach wurde namentlich befragt: ob er an dem Beschlusse wegen der Steuerverweigerung Theil genommen; ob er Aufforderungen zu seiner Vollziehung verbreitet, und an wen er sie geschickt; und endlich: wer von den Abgeordneten dabei besonders thätig gewesen sei!
Gladbach verweigerte natürlich jede gerichtliche Auslassung über Angelegenheiten, die sich auf seine Thätigkeit als Abgeordneter bezögen, aufs Entschiedenste.
Wir sind begierig zu sehen, ob man wagen wird, einen so monströsen Prozeß vor rheinische Geschworne zu bringen.
Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß, wie wir aus guter Quelle hören, Hr. Aldenhoven die Wahl in Neuß angenommen und auf die in den Kreisen Mülheim und Köln (Landkreis) verzichtet hat. In diesem Falle wird — wahrscheinlich am 22. d. _ in Deutz eine neue Wahl stattfinden. Wir wiederholen: die Ehre der beiden Kreise erfordert, daß sie jetzt Gladbach nach Berlin senden und zwar mit möglichst großer Majorität. Gladbach, einer der talentvollsten, entschiedensten und selbst für die schaamloseste Contrerevolution unangreifbarsten Steuerverweigerer, darf um keinen Preis in der Kammer fehlen. Wir fordern alle freisinnigen Wahlmänner auf, für Gladbach, und für keinen Andern zu stimmen.
15 Düsseldorf, 14. Febr. Dem früheren Postsekretär, jetzigem Mitarbeiter der „Galgenzeitung,“ Hermann Goedsche, haben Sie schon mehrmals die Ehre der Erwähnung in den Spalten Ihres Blattes zu Theil werden lassen. Trotz des Sprichworts: Wer Pech angreift etc., kann ich es mir doch nicht versagen, auch meinerseits einige Beiträge zur Charakteristik dieses Menschen zu liefern, dessen Lebenslauf noch gar manche interessante Details bietet.
Früh schon überschwemmte der saubere Kamerad die leichtgläubige Welt mit seinen ekelhaften literarischen Machwerken. Einen Ruf aber erwarb er sich erst, als ihm sein gutes Glück die Redaktion des hiesigen Kreisblattes in die Hände spielte. Nun war er, natürlich gegen angemessenes Honorar, der Protektor der Obst-, Butter- etc. Höckerinnen. Unter der Rubrik „Plauderer“ lasen wir täglich aus der Feder des Hrn. Goedsche eine chronique scandaleuse unserer Stadt, die mit dem „Berliner Zuschauer,“ der Galgenzeitung an Gemeinheit wetteiferte. Seine Mitarbeiter und Berichterstatter in dieser Art Literatur waren Büttel, Nachtwächter etc. So konnte es nicht ausbleiben, daß der große Autor öfter mit anderer Münze ausbezahlt wurde, als er erwartete und als ihm lieb war. Zu mehreren Malen ist seine Rückseite hier in unangenehme Berührung mit den Fäusten manches braven Arbeiters gekommen — noch immer eine viel zu große Ehre für sochen Patron.
Aehnlich wie sein literarisches Leben, war sein dienstliches. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, von vielen seiner Kollegen über die gänzliche Unbrauchbarbeit des Goedsche als Postbeamter reden zu hören. Regelmäßig wurde der große Autor jedes Frühjahr und jeden Herbst krank und indem seine Arbeiten den ohnehin schon übermäßig beschäftigten andern Beamten aufgebürdet wurden, benutzte er diese erschlichene Muße zur Anfertigung von Artikeln für den Rheinischen Beobachter und ähnliche saubere Blätter. Beim Ausbruch der Berliner Revolution hatte der liebenswürdige Plauderer gerade seine Frühjahrskrankheit. Mit raschem Scharfblick erkannte er, daß Berlin ein größeres und einträglicheres Feld für seine Thätigkeit darbieten würde, schnell suchte er einen ihm auf das Bereitwilligste ertheilten Urlaub nach, ging nach Berlin und seht — der Hellsehende hatte sich nicht getäuscht, wir erblicken ihn alsbald als Redakteur des Feuilletons der „edlen Kreuzritterin,“ als treue Stütze und als Bajazzo der Reaktion.
Er begann seine Thätigkeit damit, daß er mit Hülfe des ihm ähnlichen Postsekretärs Ritter (mit großer Furcht und vielem Tadel) Westphalen und die Rheinprovinz mit den reaktionärsten Plakaten und Flugschriften überschwemmte. Noch wehte aber dem Edlen der Wind zu revolutionär, als daß er sich sofort in seiner ganzen Frechheit und Größe gezeigt hätte. Darum mußte er die sichere Stellung als Beamter noch beizubehalten suchen, darum wurde ihm sein Urlaub dreimal verlängert, bis dieses endlich, ohne sich zu sehr zu compromittiren, nicht länger möglich war und er angewiesen wurde, auf seinen Posten hieher zurückzukehren. Der Edle ist gehorsam, er erscheint eines Abends allhier, aber nur, um seine Entlassung aus dem Staatsdienste einzureichen und am andern Abend wieder auf den Schauplatz seiner Thaten, zur Kreuzritterin, zurückzukehren. Sein früheres Organ, das hiesige Kreisblatt, kündigte damals seine eintägige Anwesenheit hieselbst zur gefälligen Nachricht für seine vielen Freunde unter Juden und Christen mit den Worten an: „Unser alter Plauderer ist wieder da.“
Bekannt ist seine Wirksamkeit in dem Hatzfeld'schen Prozeß, wo er zuerst für die Gräfin seine Lanze einlegte, dann aber durch die unwiderstehlichen Gründe des Grafen bewogen, umsattelte und nun für den letztern zu Felde zog. Damals wurden ihm von hiesiger Bühne bei vollem Hause folgende Verse ins Gesicht gesungen:
Unser Plauderer ist ja so wacker und brav,
Heut schreibt er für die Gräfin und morgen für den Graf,
Doch ist ihm der Lohn zu gering, dann, o Graus!
So plaudert die Sünden von Beiden er aus.
Das sind die Werkzeuge, deren der Absolutismus zur Aufrechthaltung seines morschen Gebäudes sich bedient. Uebrigens hat er hier zwei seiner ganz würdige Nachfolger erhalten, die die schmutzige Wupperthalerin täglich mit den gemeinsten Schandartikeln über Düsseldorf anfüllen.
Vor einigen Tagen gab unsere Geld- und Säbelaristokratie dem Kommunisten Drigalski ein glänzendes Abschiedsmahl. Unter der Menge schwarzweißer Toaste, die dabei ausgebracht wurden, lautete einer mirabile dictu auf den geehrten Scheideden, für die Mäßigung, die er während des Belagerungszustandes gezeigt, indem er nicht einmal das Martialgesetz verkündet habe. Daß dieses nicht geschehen, hat gewiß nicht an dem guten Willen des „geehrten Scheidenden“ gelegen, sondern einfach daran, daß den Herren Auditoren die Uebernahme der Verantwortung für eine solche Maßregel zu gewagt erschien.
Uebrigens empfindet unser Fischmarkt den Verlust der Bürger Drigalski und Spiegel sehr tief, indem namentlich Schellfisch sehr im Preise gesunken ist.
X Berlin, 16. Februar. Was wir vor 14. Tagen über die vom Ministerium beabsichtigte Vertagung der Kammern noch vor ihrem Zusammentritt mitgetheilt haben, das bestätigt heute ein offenbar halboffizieller Artikel der „Spenerschen Zeitung.“ Derselbe gesteht, daß diese Frage „im Ministerium wiederholt in die wichtigste Erwägung gezogen worden“, und versucht die „gewichtigen Gründe“ zu entwickeln, welche für die Vertagung sprechen. Es beschränken sich aber diese gewichtigen Gründe eigentlich nur auf zwei;': man will die Erledigung der Grundfrage der deutschen Verhältnisse in Frankfurt abwarten, weil „wir sonst in den Fall kommen könnten, unsere Verfassung nach den allgemeinen deutschen Bestimmungen nochmal revidiren zu müssen.“ Andererseits will man theils „dem Frankfurter Parlament nicht die Männer entziehen, auf welche jetzt schon eine Wahl für unsere Kammern gefallen ist;“ theils nach Vollendung der „konstituirenden Aufgabe“ Frankfurts „die dortigen Kräfte für die Nachwahlen besser benutzen.“ Daher dürfe „man in den nächsten Tagen der Vertagungsordre entgegensehen“ und wird dieselbe wahrscheinlich „von einem Manifest begleitet sein, worin die bewegenden Gründe dargelegt werden.“ Soweit der halboffizielle Artikel. Wir erlauben uns, an denselben einige ergänzende Bemerkungen zu knüpfen. Im Hintergrunde dieser Machiavellistischen Machinationen gegen die Freiheit der Völker steht Rußland mit seinen schlagfertigen Armeen und seinen vollen Kassen. Die alte Alliance zwischen Rußland und den beiden deutschen Großmächten ist erneuert zu dem Zwecke „allem Umsichgreifen demokratischer Ideen und Staatsformen auf das Beharrlichste und Kräftigste entgegenzutreten.“ Wo es an Geld fehlt, wie z B. in Oestreich und bei der monarchischen, namentlich der legitimistischen Partei in Frankreich, da kömmt Rußland bereitwillig zu Hülfe und wir können aus glaubwürdiger Quelle versichern, daß der Reaktion in Paris wie in Wien erst vor Kurzem von russischer Seite her durch einen geheimen Agenten sehr bedeutende Hülfssummen zu nur 2 % Zinsen angeboten worden, wie auch feststeht, daß die Betheiligung des Petersburger Bankhauses Stieglitz bei der neuen östreichischen Anleihe nur eine fingirte, der Kaiser von Rußland aber der eigentliche Darleiher ist. Die in diesem kontrerevolutionären Komplott Preußen zugedachte und für seine heuchlerische Regierung am Besten passende Rolle ist die: Preußen wird einstweilen und bis Alles zum Losschlagen bereit ist, fortfahren, mit der deutschen Einheit zu koquettiren und das Frankfurter Parlament so zu bearbeiten, daß die Reichsverfassung bei ihrer zweiten Lesung eine für den gottbegnadeten absolutistischen Gaumen des hohenzollern'schen Kaisers in spe acceptablere Fassung bekommt. Zu diesem Behufe hat man auch die östreichische Note provozirt. Mit Oestreich selbst wird man sich, im Falle dieser Plan gelingt, über seine Stellung zum zukünftigen deutschen Kaiser schon noch abfinden, falls dies nicht schon im Stillen geschehen ist. Man rechnet ferner Preußischer Seits darauf, von dem Reichswahlgesetz und den darin enthaltenen Bestimmung über die politische Selbstständigkeit Gebrauch zu machen und auf Grund derselben die hiesigen Wahlen zur zweiten Kammer zu annulliren und neue vornehmen zu lassen, von denen man hofft, sie würden günstiger für die Reaktion ausfallen, wenn man die Arbeiter als nicht-selbstständig von der Theilnahme an den Wahlen ausgeschlossen. Hat dann Preußen erst die Reichs-Central-Exekution in Händen, so wird — namentlich wenn die Reaktion in Frankreich siegt, wenn Ungarn, wenn Italien durch östreichische Uebermacht erdrückt und von Neuem geknechtet sind — die deutsche Freiheit bald von Reichs wegen zu existiren aufgehört haben. Läßt sich aber wieder Erwarten Frankfurt nicht verführen, so wird auch Preußen den ohnehin lästigen Heuchelschein des Liberalismus bald von sich werfen und die Koalition wird offen den Kampf gegen die Demokratie aufnehmen. Zu allen diesen Plänen aber braucht man vor Allem Zeit und ungestörte Muße, damit man den Gang der auswärtigen Ereignisse, die man doch nicht nach eigenem Belieben leiten kann, abzuwarten im Stande sei. Daher die dringende Nothwendigkeit, sich die unbequemen Gäste, die hiesigen Kammern, einstweilen vom Leibe zu halten, daher wird auch die Vertagung der Kammern zuerst nur auf einen kurzen Termin geschehen, dann aber, so lange es Noth thut, wiederholt werden. Dies sind die wahren „Gründe einer höhern Politik“, welche zur Vertagungsordre führen, und auch wir wünschen mit dem halboffiziellen Artikel, „daß alle Einsichtigen im Lande dieselben würdigen.“ Wir glauben durch gegenwärtigen Artikel, dessen Angaben wir verbürgen können, einiges Material zu dieser Würdigung geliefert zu haben. Uebrigens wird, wie der halboffizielle Artikel sagt, „die Regierung einer angemessenen Feier des 18. März, dem Preußen doch zunächst seine Wiedergeburt verdankt, selbst während der Dauer des Belagerungszustandes in keiner Weise entgegen sein.“
Das Central-Comite für volksthümliche Wahlen hat nach langen mühsamen Berathungen endlich sich über die Candidaten geeinigt, die es für die hiesigen Nachwahlen empfehlen will. Für den ersten Wahlbezirk, wo eine Nachwahl erforderlich wird, weil Rodbertus doch politisches Ehrgefühl genug hatte, für den zweiten anzunehmen, ist es gelungen die Candidatur Paalzow, welche namentlich von der Coterie der Nationalzeitung begünstigt ward, zu beseitigen und dafür Heinrich Simon aus Breslau aufstellen. Ebenso ist es geglückt die Einwände des zähen Philisterthums gegen die Candidaturen Jung und Bruno Bauer zu beseitigen.
Außerdem spricht man für die vierte Nachwahl, theils von Wesendonk, theils von Schulze (Wanzleben). — Wir glauben jedoch versichern zu können, daß es jeder liberalen Berliner Capacität, welche in die Schranken treten würde, gelingen dürfte über die letztgenannten auswärtigen Candidaten den Sieg davon zu tragen, da unter den hiesigen Wahlmännern das Berlinerthum sich mächtig regt und man des cosmopolitischen Herumfahrens nach allerhand fremden Berühmtheiten überdrüssig geworden ist. Dieser letztere Umstand hat auch Bruno Bauer's Candidatur bedeutend gefördert.
Zuverlässigen Nachrichten aus Ungarn zufolge, stehen an der Spitze der in Siebenbürgen kämpfenden östreichischen Truppen zum Theil russische Befehlshaber.
Unter den zur zweiten Kammer gewählten Abgeordneten befinden sich 7 jetzige und gewesene Minister, 18 Landräthe, 13 Bürger-und Ober-Bürgermeister, 85 Juristen, 39 andere königl. und städtische Beamten, 28 Lehrer, Professoren und Literaten, 32 Geistliche, 5 Militair-Personen, 8 Aerzte, 52 Gutsbesitzer, 19 Kaufleute, 12 Handwerker und andere Gewerbetreibende, 19 bäuerliche Wirthe, zusammen 337; die übrigen 13 sind ihrem Stande und ihrer Beschäftigung nach unbestimmt
Berlin, im Febr. Dem Vernehmen nach sieht es in den mecklenburgischen Herzogthümern sehr schlimm aus. Die Demokratie hat dort gesiegt; der Adel, welcher in keinem deutschen Lande noch so viele feudalen Vorrechte besaß, ist fast ganz von der Ständeversammlung ausgeschlossen; der Herzog hat nachgegeben, und die demokratische Partei ist dabei, die Rumpelkammer des heiligen römischen Reichs gründlich auszufegen. Inzwischen hat sich jedoch, wie überall, durch die langen und langsamen parlamentarischen Kämpfe die Reactionspartei auch dort gebildet; der Herzog ist schwankend geworden; da aber auch die Soldaten in Mecklenburg auf Seite der Volkspartei stehen, fürchtet man, daß eine Beruhigung, oder was man Herstellung der Ordnung im Wege des Octroyirens nennt, nicht anders als mit Hülfe einer Reichsarmee geschehen könne Es sollen in Frankfurt Anträge gemacht worden sein und dem Gerücht nach Preußen und Hannover der Auftrag bevorstehen, den Herzogen von Mecklenburg hülfreich beizustehen.
(Z. f. N.)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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