Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 226. Köln, 19. Februar 1849.

Bild:
erste Seite
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 226. Köln, Montag den 19 Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr.

7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr.

17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien

an die betreffenden Postanstalten; in London an

W. Thomas, 21 Catherine- Street, Strand; in Paris

an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas,

3 Rue Jean Jacques Reusseau.

Infertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder

deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe

gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Den Freunden unseres Blattes, welche noch zu abonniren wünschen, die Anzeige, daß wir für die Stadt Köln Abonnements für den Zeitraum vom 15. Februar bis 31. März zum Preise von 20 Sgr. praenumerando entgegen nehmen.

Auf die vielen Anfragen von auswärts bedauern wir erwidern zu müssen, daß unsere desfallfigen Anträge bei der Post auf Hindernisse gestoßen sind.

Die Geranten.

Wegen des Karnevals erscheint die Zeitung heute, Montag, wogegen die Dienstag- Nummer ausfällt.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Assisenverhandlungen gegen den Rheinischen Kreisausschuß der Demokraten. - Die Kroaten und Slovaken in Ungarn. - Die Kriegskunst der K. K.) Berlin. (Das Ministerium und die Eröffnung der Kammern. - Das Landproletariat in Schlesien. - Wahlen zur Krautjunkerkammer.) Magdeburg. (Das projektirte Frankfurter Wahlgesetz.) Wien. (Eine neue Kundmachung Weldens. - Journalistisches. - Sturmesvorzeichen. - Die Kassenanweisungen. - Die Dynastie und die Slaven. - Wirthschaft in Wien. - Kremsier.) Kremsier. (Der Reichstag.) Frankfurt. (Kaiserklüngel. - Eine Forderung Oestreichs.) Darmstadt. (Kreistag in Bensheim. - Die zweite Kammer. - Das Geschwornengericht.) Hamburg. (Arbeitercongreß. - Die Constituante.) Schleswig- Holstein. (Das Landesphilisterium.)

Dänemark. Kopenhagen. (Der Kriegsminister und die Kriegsparthei. - Das Staatsgrundgesetz.)

Schweden. Stockholm. (Kriegssteuer auf fremde Geschäftsreisende.)

Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. - National- Versammlung.)

Spanien. Madrid. (Beschenkung des spanischen Windischgrätz.)

Italien. (Die florentinische Revolution. - Drei Bombenschüsse auf die Stadt Ferrara.) Florenz. (Ernennungen durch die provisorische Regierung.) Turin. (Gioberti.) Rom. (Heilige Gebäude als Kasernen.)

Großbritannien. London. (Parlament. - Der Verbindungsweg zwischen dem atlantischen und dem stillen Ozean.)

Deutschland
* Köln, 17. Februar.

Assisenverhandlung wegen Aufreizung zur Rebellion.

Verhandelt zu Köln den 8. Februar.

Die Angeklagten: Karl Marx, Redakteur en chef der "Neuen Rheinischen Zeitung", Karl Schapper, Corrector der "Neuen Rheinischen Zeitung", Schneider II., Advokat, erscheinen ohne Rechtsbeistände. Staatsprokurator Bölling vertritt das öffentliche Ministerium.

Der inkriminirte Aufruf lautet:

Aufruf!

Köln, 18. November. Der rheinische Kreisausschuß der Demokraten fordert alle demokratischen Vereine der Rheinprovinz auf, die Beschlußnahme und Durchführung folgender Maßregeln zu bewerkstelligen:

1. Nachdem die preußische National- Versammlung selbst die Steuerverweigerung beschlussen hat, ist ihre gewaltsame Eintreibung überall durch jede Art des Widerstandes zurückzuweisen.

2. Der Landsturm zur Abwehr des Feindes ist überall zu organisiren. Für die Unbemittelten sind Waffen und Munition auf Gemeindekosten oder durch freiwillige Beiträge zu beschaffen.

3. Die Behörden sind überall aufzufordern, sich öffentlich darüber zu erklären, ob sie die Beschlüsse der National- Versammlung anerkennen und ausführen wollen. Im Weigerungsfalle sind Sicherheitsausschüsse zu ernennen und zwar wo möglich im Einverständnisse mit den Gemeinderäthen. Der gesetzgebenden Versammlung widerstrebende Gemeinderäthe sind durch allgemeine Volkswahl zu erneuern.

Im Namen des rheinischen Kreisausschusses der Demokraten:

Karl Marx. Karl Schapper. Schneider II.

In dem kurzen Interregatorium erklären die Angeklagten, die Verfasser des inkriminirten Aufrufes zu sein, und unter dem innern Feind die bewaffnete Regierungsgewalt verstanden zu haben.

Staatsprokurator Bölling (zur Rechtfertigung der Anklage): Hr. Bölling stellt den Inhalt des angegriffenen Aufrufs kurz zusammen und sucht nachzuweisen, daß in demselben eine Aufreizung zum Widerstande mit Gewalt und Thätlichkeiten gegen die mit der zwangsweisen Betreibung der Steuern beauftragten Beamten enthalten sei. Es kann, sagt er, den Angeklagten nicht zur Entschuldigung gereichen, daß ein Theil der Mitglieder der Nationalversammlung am 15. November v. J. angeblich einen Beschluß gefaßt hatte, wonach keine Steuern mehr bezahlt werden sollten. Jener Beschluß war rechtlich nicht erlassen, weil der Sitz der Nationalversammlung verlegt worden war, und diese folglich in Berlin keine Beschlüsse mehr fassen konnte. Man wird entgegnen, die Regierung habe nicht das Recht gehabt, den Sitz der Nationalversammlung zu verlegen. Es wird indeß nicht schwer halten, dieses Raisonnement zu widerlegen. Die Krone ist bis zum vorigen Jahre im Besitze der absoluten Gewalt gewesen; sie hat damals auf einen Theil dieser Gewalt zu Gunsten des Volkes verzichtet; sie hat nämlich eine Nationalversammlung zur Vereinbarung einer Verfassung zusammenberufen. Die Krone hat aber weder ausdrücklich, noch implicite auf das Recht verzichtet, den Ort zu bestimmen, an dem die Nationalversammlung tagen solle; es kann ihr mithin nach den allgemeinen Interpretationsregeln über Verzichte dieses Recht nicht abgesprochen werden. Wenn man aber auch von den Folgerungen aus der Natur des Verzichtes absehen wollte, so muß man, in Ermangelung eines besonderen Gesetzes darüber, wo die Nationalversammlung tagen solle, auf die fruhere Gesetzgebung, auf das Gesetz über die Vereinigten Landtage zurückgehen. Dieses Gesetz sagt im § 1 ausdrücklich, daß die Regierung den Ort zu bestimmen habe, wo der Vereinigte Landtag zusammentreten solle. Das Recht, den Ort zu bezeichnen, an dem die Nationalversammlung tagen solle, ist ohnehin nur ein Ausfluß der Executivgewalt des Staates, und in allen konstitutionellen Ländern anerkannt.

Nachdem der Staatsprokurator diese Sätze näher auszuführen und zu begründen gesucht, fährt derselbe also fort: Wenn in allen konstitutionellen Staaten der Regierung die Befugniß nicht bestritten wird, die Nationalversammlung aufzulösen, sobald sie der Ansicht ist, daß dieselbe die Stimme des Landes nicht repräsentire, so kann man im vorliegenden Falle, wo nur von einer konstituirenden Versammlung die Rede ist, der Krone dieses Recht gewiß nicht absprechen. Hatte aber die Regierung sogar das Recht, die Nationalversammlung aufzulösen, so durfte sie dieselbe auch sicherlich an einen andern Ort verlegen. Alle Einwendungen, welche gegen dieses Recht der Krone vorgebracht worden sind, beruhen auf einer Begriffsverwirrung, auf einer Verwechselung zwischen legislativer und exekutiver Gewalt.

Nach diesen Ausführungen bemüht sich der Staatsprokurator, nachzuweisen, daß es nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht der Regierung war, die Nationalversammlung von Berlin zu verlegen. Mit besonderer Hervorhebung des Verhaltens des Berliner Volkes der Nationalversammlung gegenüber schildert er die Vorfälle, welche sich in dem Zeitraume vom 9. Juni bis 9. November v. J. zu Berlin in und außerhalb der Vereinbarer- Versammlung zugetragen haben, und sucht daraus zu demonstrirten, daß die Versammlung zu Berlin nicht frei und ihre Verlegung im Interesse des Landes nothwendig war.

Der angebliche Steuerverweigerungs- Beschluß, so fährt er fort, ist auch zweitens deßhalb ungültig, weil dabei die gesetzlichen Förmlichkeiten nicht beobachtet worden sind. Nach der Geschäfts- Ordnung kann kein Antrag vor der zweiten Lesung zum Beschluß erhoben werden. Der Antrag zur Steuerverweigerung ist aber in der ersten Sitzung schon angenommen worden. Viele Deputirte, welche sich der Verlegung nach Brandenburg nicht gefügt und bis dahin in Berlin mit fortgetagt hatten, waren zu jener Sitzung gar nicht eingeladen worden. Die Annahme jenes Beschlusses geschah gleichsam durch eine Ueberrumpelung.

Der angebliche Beschluß ist aber auch drittens in materieller Hinsicht ungültig, weil die Nationalversammlung über Steuern gar nicht zu beschließen hatte. Der Staatsprokurator bemüht sich, diesen Satz durch eine Deduction aus dem § 13 des Gesetzes vom 8. April 1848 herzuleiten, und fragt dann: War es angemessen, daß die Nationalversammlung, selbst wenn sie sich in ihrem Rechte glaubte, der Krone einen solchen Widerstand entgegensetzte und zu dem gefährlichen Mittel der Steuerverweigerung ihre Zuflucht nahm? Wäre es nicht passender gewesen, nach Brandenburg zu gehen, und von dort aus gegen die Verlegung zu protestiren? Konnte man nicht dort eben so gut die Vereinbarung fortsetzen? Statt eine Vermittelung zu versuchen, griff man sogleich zum gefährlichsten Mittel. Um das Ministerium Brandenburg zu beseitigen, beschloß man eine Maßregel, die, wenn sie Erfolg gehabt, den Staat zu Grunde richten und einen Bürgerkrieg herbeiführen mußte. Wer sich einem solchen Beschlusse unterwirft, der hat auch seine Folgen zu tragen. Wenn der Beweis geführt ist, daß jener Beschluß materiel und formel ungültig war, so müssen die Angeklagten verurtheilt werden. Ueberdies war er nicht vollstreckbar, da er nicht durch die Gesetzsammlung publicirt war. Und doch unternahmen es die Angeklagten, ihn auszuführen, ja, sie gehen sogar noch weiter als jener Beschluß, indem sie zu dessen gewaltsamer Durchführung auffordern. Das fühlt aber ein Jeder, der Sinn für Gesetz und Ordnung hat, daß ein solcher ungesetzlicher Widerstand gegen die Beamten eine Rebellion ist und nicht geduldet werden kann. Ich trage deßhalb auf Verurtheilung der sämmtlichen Angeklagten an. (Schluß folgt.)

* Köln, 18. Febr.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 226. Köln, Montag den 19 Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr.

7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr.

17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien

an die betreffenden Postanstalten; in London an

W. Thomas, 21 Catherine- Street, Strand; in Paris

an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas,

3 Rue Jean Jacques Reusseau.

Infertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder

deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe

gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Den Freunden unseres Blattes, welche noch zu abonniren wünschen, die Anzeige, daß wir für die Stadt Köln Abonnements für den Zeitraum vom 15. Februar bis 31. März zum Preise von 20 Sgr. praenumerando entgegen nehmen.

Auf die vielen Anfragen von auswärts bedauern wir erwidern zu müssen, daß unsere desfallfigen Anträge bei der Post auf Hindernisse gestoßen sind.

Die Geranten.

Wegen des Karnevals erscheint die Zeitung heute, Montag, wogegen die Dienstag- Nummer ausfällt.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Assisenverhandlungen gegen den Rheinischen Kreisausschuß der Demokraten. ‒ Die Kroaten und Slovaken in Ungarn. ‒ Die Kriegskunst der K. K.) Berlin. (Das Ministerium und die Eröffnung der Kammern. ‒ Das Landproletariat in Schlesien. ‒ Wahlen zur Krautjunkerkammer.) Magdeburg. (Das projektirte Frankfurter Wahlgesetz.) Wien. (Eine neue Kundmachung Weldens. ‒ Journalistisches. ‒ Sturmesvorzeichen. ‒ Die Kassenanweisungen. ‒ Die Dynastie und die Slaven. ‒ Wirthschaft in Wien. ‒ Kremsier.) Kremsier. (Der Reichstag.) Frankfurt. (Kaiserklüngel. ‒ Eine Forderung Oestreichs.) Darmstadt. (Kreistag in Bensheim. ‒ Die zweite Kammer. ‒ Das Geschwornengericht.) Hamburg. (Arbeitercongreß. ‒ Die Constituante.) Schleswig- Holstein. (Das Landesphilisterium.)

Dänemark. Kopenhagen. (Der Kriegsminister und die Kriegsparthei. ‒ Das Staatsgrundgesetz.)

Schweden. Stockholm. (Kriegssteuer auf fremde Geschäftsreisende.)

Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. ‒ National- Versammlung.)

Spanien. Madrid. (Beschenkung des spanischen Windischgrätz.)

Italien. (Die florentinische Revolution. ‒ Drei Bombenschüsse auf die Stadt Ferrara.) Florenz. (Ernennungen durch die provisorische Regierung.) Turin. (Gioberti.) Rom. (Heilige Gebäude als Kasernen.)

Großbritannien. London. (Parlament. ‒ Der Verbindungsweg zwischen dem atlantischen und dem stillen Ozean.)

Deutschland
* Köln, 17. Februar.

Assisenverhandlung wegen Aufreizung zur Rebellion.

Verhandelt zu Köln den 8. Februar.

Die Angeklagten: Karl Marx, Redakteur en chef der „Neuen Rheinischen Zeitung“, Karl Schapper, Corrector der „Neuen Rheinischen Zeitung“, Schneider II., Advokat, erscheinen ohne Rechtsbeistände. Staatsprokurator Bölling vertritt das öffentliche Ministerium.

Der inkriminirte Aufruf lautet:

Aufruf!

Köln, 18. November. Der rheinische Kreisausschuß der Demokraten fordert alle demokratischen Vereine der Rheinprovinz auf, die Beschlußnahme und Durchführung folgender Maßregeln zu bewerkstelligen:

1. Nachdem die preußische National- Versammlung selbst die Steuerverweigerung beschlussen hat, ist ihre gewaltsame Eintreibung überall durch jede Art des Widerstandes zurückzuweisen.

2. Der Landsturm zur Abwehr des Feindes ist überall zu organisiren. Für die Unbemittelten sind Waffen und Munition auf Gemeindekosten oder durch freiwillige Beiträge zu beschaffen.

3. Die Behörden sind überall aufzufordern, sich öffentlich darüber zu erklären, ob sie die Beschlüsse der National- Versammlung anerkennen und ausführen wollen. Im Weigerungsfalle sind Sicherheitsausschüsse zu ernennen und zwar wo möglich im Einverständnisse mit den Gemeinderäthen. Der gesetzgebenden Versammlung widerstrebende Gemeinderäthe sind durch allgemeine Volkswahl zu erneuern.

Im Namen des rheinischen Kreisausschusses der Demokraten:

Karl Marx. Karl Schapper. Schneider II.

In dem kurzen Interregatorium erklären die Angeklagten, die Verfasser des inkriminirten Aufrufes zu sein, und unter dem innern Feind die bewaffnete Regierungsgewalt verstanden zu haben.

Staatsprokurator Bölling (zur Rechtfertigung der Anklage): Hr. Bölling stellt den Inhalt des angegriffenen Aufrufs kurz zusammen und sucht nachzuweisen, daß in demselben eine Aufreizung zum Widerstande mit Gewalt und Thätlichkeiten gegen die mit der zwangsweisen Betreibung der Steuern beauftragten Beamten enthalten sei. Es kann, sagt er, den Angeklagten nicht zur Entschuldigung gereichen, daß ein Theil der Mitglieder der Nationalversammlung am 15. November v. J. angeblich einen Beschluß gefaßt hatte, wonach keine Steuern mehr bezahlt werden sollten. Jener Beschluß war rechtlich nicht erlassen, weil der Sitz der Nationalversammlung verlegt worden war, und diese folglich in Berlin keine Beschlüsse mehr fassen konnte. Man wird entgegnen, die Regierung habe nicht das Recht gehabt, den Sitz der Nationalversammlung zu verlegen. Es wird indeß nicht schwer halten, dieses Raisonnement zu widerlegen. Die Krone ist bis zum vorigen Jahre im Besitze der absoluten Gewalt gewesen; sie hat damals auf einen Theil dieser Gewalt zu Gunsten des Volkes verzichtet; sie hat nämlich eine Nationalversammlung zur Vereinbarung einer Verfassung zusammenberufen. Die Krone hat aber weder ausdrücklich, noch implicite auf das Recht verzichtet, den Ort zu bestimmen, an dem die Nationalversammlung tagen solle; es kann ihr mithin nach den allgemeinen Interpretationsregeln über Verzichte dieses Recht nicht abgesprochen werden. Wenn man aber auch von den Folgerungen aus der Natur des Verzichtes absehen wollte, so muß man, in Ermangelung eines besonderen Gesetzes darüber, wo die Nationalversammlung tagen solle, auf die fruhere Gesetzgebung, auf das Gesetz über die Vereinigten Landtage zurückgehen. Dieses Gesetz sagt im § 1 ausdrücklich, daß die Regierung den Ort zu bestimmen habe, wo der Vereinigte Landtag zusammentreten solle. Das Recht, den Ort zu bezeichnen, an dem die Nationalversammlung tagen solle, ist ohnehin nur ein Ausfluß der Executivgewalt des Staates, und in allen konstitutionellen Ländern anerkannt.

Nachdem der Staatsprokurator diese Sätze näher auszuführen und zu begründen gesucht, fährt derselbe also fort: Wenn in allen konstitutionellen Staaten der Regierung die Befugniß nicht bestritten wird, die Nationalversammlung aufzulösen, sobald sie der Ansicht ist, daß dieselbe die Stimme des Landes nicht repräsentire, so kann man im vorliegenden Falle, wo nur von einer konstituirenden Versammlung die Rede ist, der Krone dieses Recht gewiß nicht absprechen. Hatte aber die Regierung sogar das Recht, die Nationalversammlung aufzulösen, so durfte sie dieselbe auch sicherlich an einen andern Ort verlegen. Alle Einwendungen, welche gegen dieses Recht der Krone vorgebracht worden sind, beruhen auf einer Begriffsverwirrung, auf einer Verwechselung zwischen legislativer und exekutiver Gewalt.

Nach diesen Ausführungen bemüht sich der Staatsprokurator, nachzuweisen, daß es nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht der Regierung war, die Nationalversammlung von Berlin zu verlegen. Mit besonderer Hervorhebung des Verhaltens des Berliner Volkes der Nationalversammlung gegenüber schildert er die Vorfälle, welche sich in dem Zeitraume vom 9. Juni bis 9. November v. J. zu Berlin in und außerhalb der Vereinbarer- Versammlung zugetragen haben, und sucht daraus zu demonstrirten, daß die Versammlung zu Berlin nicht frei und ihre Verlegung im Interesse des Landes nothwendig war.

Der angebliche Steuerverweigerungs- Beschluß, so fährt er fort, ist auch zweitens deßhalb ungültig, weil dabei die gesetzlichen Förmlichkeiten nicht beobachtet worden sind. Nach der Geschäfts- Ordnung kann kein Antrag vor der zweiten Lesung zum Beschluß erhoben werden. Der Antrag zur Steuerverweigerung ist aber in der ersten Sitzung schon angenommen worden. Viele Deputirte, welche sich der Verlegung nach Brandenburg nicht gefügt und bis dahin in Berlin mit fortgetagt hatten, waren zu jener Sitzung gar nicht eingeladen worden. Die Annahme jenes Beschlusses geschah gleichsam durch eine Ueberrumpelung.

Der angebliche Beschluß ist aber auch drittens in materieller Hinsicht ungültig, weil die Nationalversammlung über Steuern gar nicht zu beschließen hatte. Der Staatsprokurator bemüht sich, diesen Satz durch eine Deduction aus dem § 13 des Gesetzes vom 8. April 1848 herzuleiten, und fragt dann: War es angemessen, daß die Nationalversammlung, selbst wenn sie sich in ihrem Rechte glaubte, der Krone einen solchen Widerstand entgegensetzte und zu dem gefährlichen Mittel der Steuerverweigerung ihre Zuflucht nahm? Wäre es nicht passender gewesen, nach Brandenburg zu gehen, und von dort aus gegen die Verlegung zu protestiren? Konnte man nicht dort eben so gut die Vereinbarung fortsetzen? Statt eine Vermittelung zu versuchen, griff man sogleich zum gefährlichsten Mittel. Um das Ministerium Brandenburg zu beseitigen, beschloß man eine Maßregel, die, wenn sie Erfolg gehabt, den Staat zu Grunde richten und einen Bürgerkrieg herbeiführen mußte. Wer sich einem solchen Beschlusse unterwirft, der hat auch seine Folgen zu tragen. Wenn der Beweis geführt ist, daß jener Beschluß materiel und formel ungültig war, so müssen die Angeklagten verurtheilt werden. Ueberdies war er nicht vollstreckbar, da er nicht durch die Gesetzsammlung publicirt war. Und doch unternahmen es die Angeklagten, ihn auszuführen, ja, sie gehen sogar noch weiter als jener Beschluß, indem sie zu dessen gewaltsamer Durchführung auffordern. Das fühlt aber ein Jeder, der Sinn für Gesetz und Ordnung hat, daß ein solcher ungesetzlicher Widerstand gegen die Beamten eine Rebellion ist und nicht geduldet werden kann. Ich trage deßhalb auf Verurtheilung der sämmtlichen Angeklagten an. (Schluß folgt.)

* Köln, 18. Febr.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="1245"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>No 226. Köln, Montag den 19 Februar. 1849.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div type="jExpedition">
        <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr.</p>
        <p>7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr.</p>
        <p>17 Sgr. &#x2012; Im Auslande wende man sich: in Belgien</p>
        <p>an die betreffenden Postanstalten; in London an</p>
        <p>W. Thomas, 21 Catherine- Street, Strand; in Paris</p>
        <p>an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas,</p>
        <p>3 Rue Jean Jacques Reusseau.</p>
        <p>Infertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder</p>
        <p>deren Raum berechnet.</p>
        <p>Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe</p>
        <p>gratis.</p>
        <p>Nur frankirte Briefe werden angenommen.</p>
        <p>Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.</p>
      </div>
      <div type="jExpedition">
        <p>Den Freunden unseres Blattes, welche noch zu abonniren wünschen, die Anzeige, daß wir für die Stadt Köln Abonnements für den Zeitraum vom 15. Februar bis 31. März zum Preise von 20 Sgr. praenumerando entgegen nehmen.</p>
        <p>Auf die vielen Anfragen von auswärts bedauern wir erwidern zu müssen, daß unsere desfallfigen Anträge bei der Post auf Hindernisse gestoßen sind.</p>
        <p>Die Geranten.</p>
      </div>
      <div n="1">
        <p>Wegen des Karnevals erscheint die Zeitung heute, Montag, wogegen die Dienstag- Nummer ausfällt.</p>
      </div>
      <div type="contents" n="1">
        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Köln. (Assisenverhandlungen gegen den Rheinischen Kreisausschuß der Demokraten. &#x2012; Die Kroaten und Slovaken in Ungarn. &#x2012; Die Kriegskunst der K. K.) Berlin. (Das Ministerium und die Eröffnung der Kammern. &#x2012; Das Landproletariat in Schlesien. &#x2012; Wahlen zur Krautjunkerkammer.) Magdeburg. (Das projektirte Frankfurter Wahlgesetz.) Wien. (Eine neue Kundmachung Weldens. &#x2012; Journalistisches. &#x2012; Sturmesvorzeichen. &#x2012; Die Kassenanweisungen. &#x2012; Die Dynastie und die Slaven. &#x2012; Wirthschaft in Wien. &#x2012; Kremsier.) Kremsier. (Der Reichstag.) Frankfurt. (Kaiserklüngel. &#x2012; Eine Forderung Oestreichs.) Darmstadt. (Kreistag in Bensheim. &#x2012; Die zweite Kammer. &#x2012; Das Geschwornengericht.) Hamburg. (Arbeitercongreß. &#x2012; Die Constituante.) Schleswig- Holstein. (Das Landesphilisterium.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Dänemark.</hi> Kopenhagen. (Der Kriegsminister und die Kriegsparthei. &#x2012; Das Staatsgrundgesetz.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Schweden.</hi> Stockholm. (Kriegssteuer auf fremde Geschäftsreisende.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Franz. Republik.</hi> Paris. (Vermischtes. &#x2012; National- Versammlung.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Spanien.</hi> Madrid. (Beschenkung des spanischen Windischgrätz.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> (Die florentinische Revolution. &#x2012; Drei Bombenschüsse auf die Stadt Ferrara.) Florenz. (Ernennungen durch die provisorische Regierung.) Turin. (Gioberti.) Rom. (Heilige Gebäude als Kasernen.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Parlament. &#x2012; Der Verbindungsweg zwischen dem atlantischen und dem stillen Ozean.)</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Deutschland</head>
        <div xml:id="ar226_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 17. Februar.</head>
          <p>Assisenverhandlung wegen Aufreizung zur Rebellion.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Verhandelt zu Köln den 8. Februar.</hi> </p>
          <p>Die Angeklagten: <hi rendition="#g">Karl Marx,</hi> Redakteur en chef der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C;, <hi rendition="#g">Karl Schapper,</hi> Corrector der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C;, <hi rendition="#g">Schneider II.,</hi> Advokat, erscheinen ohne Rechtsbeistände. Staatsprokurator <hi rendition="#g">Bölling</hi> vertritt das öffentliche Ministerium.</p>
          <p>Der inkriminirte Aufruf lautet:</p>
          <p> <hi rendition="#g">Aufruf!</hi> </p>
          <p><hi rendition="#g">Köln,</hi> 18. November. Der rheinische Kreisausschuß der Demokraten fordert alle demokratischen Vereine der Rheinprovinz auf, die Beschlußnahme und Durchführung folgender Maßregeln zu bewerkstelligen:</p>
          <p>1. Nachdem die preußische National- Versammlung selbst die Steuerverweigerung beschlussen hat, ist ihre gewaltsame Eintreibung überall durch jede Art des Widerstandes zurückzuweisen.</p>
          <p>2. Der Landsturm zur Abwehr des Feindes ist überall zu organisiren. Für die Unbemittelten sind Waffen und Munition auf Gemeindekosten oder durch freiwillige Beiträge zu beschaffen.</p>
          <p>3. Die Behörden sind überall aufzufordern, sich öffentlich darüber zu erklären, ob sie die Beschlüsse der National- Versammlung anerkennen und ausführen wollen. Im Weigerungsfalle sind Sicherheitsausschüsse zu ernennen und zwar wo möglich im Einverständnisse mit den Gemeinderäthen. Der gesetzgebenden Versammlung widerstrebende Gemeinderäthe sind durch allgemeine Volkswahl zu erneuern.</p>
          <p>Im Namen des rheinischen Kreisausschusses der Demokraten:</p>
          <p> <hi rendition="#g">Karl Marx. Karl Schapper. Schneider II.</hi> </p>
          <p>In dem kurzen Interregatorium erklären die Angeklagten, die Verfasser des inkriminirten Aufrufes zu sein, und unter dem innern Feind die bewaffnete Regierungsgewalt verstanden zu haben.</p>
          <p>Staatsprokurator <hi rendition="#g">Bölling</hi> (zur Rechtfertigung der Anklage): Hr. Bölling stellt den Inhalt des angegriffenen Aufrufs kurz zusammen und sucht nachzuweisen, daß in demselben eine Aufreizung zum Widerstande mit Gewalt und Thätlichkeiten gegen die mit der zwangsweisen Betreibung der Steuern beauftragten Beamten enthalten sei. Es kann, sagt er, den Angeklagten nicht zur Entschuldigung gereichen, daß ein Theil der Mitglieder der Nationalversammlung am 15. November v. J. angeblich einen Beschluß gefaßt hatte, wonach keine Steuern mehr bezahlt werden sollten. Jener Beschluß war <hi rendition="#g">rechtlich nicht</hi> erlassen, weil der Sitz der Nationalversammlung verlegt worden war, und diese folglich in Berlin keine Beschlüsse mehr fassen konnte. Man wird entgegnen, die Regierung habe nicht das Recht gehabt, den Sitz der Nationalversammlung zu verlegen. Es wird indeß nicht schwer halten, dieses Raisonnement zu widerlegen. Die Krone ist bis zum vorigen Jahre im Besitze der absoluten Gewalt gewesen; sie hat damals auf einen Theil dieser Gewalt zu Gunsten des Volkes verzichtet; sie hat nämlich eine Nationalversammlung zur Vereinbarung einer Verfassung zusammenberufen. Die Krone hat aber weder ausdrücklich, noch implicite auf das Recht verzichtet, den Ort zu bestimmen, an dem die Nationalversammlung tagen solle; es kann ihr mithin nach den allgemeinen Interpretationsregeln über Verzichte dieses Recht nicht abgesprochen werden. Wenn man aber auch von den Folgerungen aus der Natur des Verzichtes absehen wollte, so muß man, in Ermangelung eines besonderen Gesetzes darüber, wo die Nationalversammlung tagen solle, auf die fruhere Gesetzgebung, auf das Gesetz über die Vereinigten Landtage zurückgehen. Dieses Gesetz sagt im § 1 ausdrücklich, daß die Regierung den Ort zu bestimmen habe, wo der Vereinigte Landtag zusammentreten solle. Das Recht, den Ort zu bezeichnen, an dem die Nationalversammlung tagen solle, ist ohnehin nur ein Ausfluß der Executivgewalt des Staates, und in allen konstitutionellen Ländern anerkannt.</p>
          <p>Nachdem der Staatsprokurator diese Sätze näher auszuführen und zu begründen gesucht, fährt derselbe also fort: Wenn in allen konstitutionellen Staaten der Regierung die Befugniß nicht bestritten wird, die Nationalversammlung aufzulösen, sobald sie der Ansicht ist, daß dieselbe die Stimme des Landes nicht repräsentire, so kann man im vorliegenden Falle, wo nur von einer konstituirenden Versammlung die Rede ist, der Krone dieses Recht gewiß nicht absprechen. Hatte aber die Regierung sogar das Recht, die Nationalversammlung aufzulösen, so durfte sie dieselbe auch sicherlich an einen andern Ort verlegen. Alle Einwendungen, welche gegen dieses Recht der Krone vorgebracht worden sind, beruhen auf einer Begriffsverwirrung, auf einer Verwechselung zwischen legislativer und exekutiver Gewalt.</p>
          <p>Nach diesen Ausführungen bemüht sich der Staatsprokurator, nachzuweisen, daß es nicht allein das Recht, sondern auch die <hi rendition="#g">Pflicht</hi> der Regierung war, die Nationalversammlung von Berlin zu verlegen. Mit besonderer Hervorhebung des Verhaltens des Berliner Volkes der Nationalversammlung gegenüber schildert er die Vorfälle, welche sich in dem Zeitraume vom 9. Juni bis 9. November v. J. zu Berlin in und außerhalb der Vereinbarer- Versammlung zugetragen haben, und sucht daraus zu demonstrirten, daß die Versammlung zu Berlin nicht frei und ihre Verlegung im Interesse des Landes nothwendig war.</p>
          <p>Der angebliche Steuerverweigerungs- Beschluß, so fährt er fort, ist auch zweitens deßhalb ungültig, weil dabei die gesetzlichen Förmlichkeiten nicht beobachtet worden sind. Nach der Geschäfts- Ordnung kann kein Antrag vor der zweiten Lesung zum Beschluß erhoben werden. Der Antrag zur Steuerverweigerung ist aber in der ersten Sitzung schon angenommen worden. Viele Deputirte, welche sich der Verlegung nach Brandenburg nicht gefügt und bis dahin in Berlin mit fortgetagt hatten, waren zu jener Sitzung gar nicht eingeladen worden. Die Annahme jenes Beschlusses geschah gleichsam durch eine Ueberrumpelung.</p>
          <p>Der angebliche Beschluß ist aber auch drittens in <hi rendition="#g">materieller</hi> Hinsicht ungültig, weil die Nationalversammlung über Steuern gar nicht zu beschließen hatte. Der Staatsprokurator bemüht sich, diesen Satz durch eine Deduction aus dem § 13 des Gesetzes vom 8. April 1848 herzuleiten, und fragt dann: War es angemessen, daß die Nationalversammlung, selbst wenn sie sich in ihrem Rechte glaubte, der Krone einen solchen Widerstand entgegensetzte und zu dem gefährlichen Mittel der Steuerverweigerung ihre Zuflucht nahm? Wäre es nicht passender gewesen, nach Brandenburg zu gehen, und von dort aus gegen die Verlegung zu protestiren? Konnte man nicht dort eben so gut die Vereinbarung fortsetzen? Statt eine Vermittelung zu versuchen, griff man sogleich zum gefährlichsten Mittel. Um das Ministerium Brandenburg zu beseitigen, beschloß man eine Maßregel, die, wenn sie Erfolg gehabt, den Staat zu Grunde richten und einen Bürgerkrieg herbeiführen mußte. Wer sich einem solchen Beschlusse unterwirft, der hat auch seine Folgen zu tragen. Wenn der Beweis geführt ist, daß jener Beschluß materiel und formel ungültig war, so müssen die Angeklagten verurtheilt werden. Ueberdies war er nicht vollstreckbar, da er nicht durch die Gesetzsammlung publicirt war. Und doch unternahmen es die Angeklagten, ihn auszuführen, ja, sie gehen sogar noch weiter als jener Beschluß, indem sie zu dessen gewaltsamer Durchführung auffordern. Das fühlt aber ein Jeder, der Sinn für Gesetz und Ordnung hat, daß ein solcher ungesetzlicher Widerstand gegen die Beamten eine <hi rendition="#g">Rebellion</hi> ist und nicht geduldet werden kann. Ich trage deßhalb auf <hi rendition="#g">Verurtheilung</hi> der sämmtlichen Angeklagten an. (Schluß folgt.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar226_002_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Die Kroaten und Slovaken in Ungarn, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8.         </bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 18. Febr.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1245/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 226. Köln, Montag den 19 Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine- Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Reusseau. Infertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Den Freunden unseres Blattes, welche noch zu abonniren wünschen, die Anzeige, daß wir für die Stadt Köln Abonnements für den Zeitraum vom 15. Februar bis 31. März zum Preise von 20 Sgr. praenumerando entgegen nehmen. Auf die vielen Anfragen von auswärts bedauern wir erwidern zu müssen, daß unsere desfallfigen Anträge bei der Post auf Hindernisse gestoßen sind. Die Geranten. Wegen des Karnevals erscheint die Zeitung heute, Montag, wogegen die Dienstag- Nummer ausfällt. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Assisenverhandlungen gegen den Rheinischen Kreisausschuß der Demokraten. ‒ Die Kroaten und Slovaken in Ungarn. ‒ Die Kriegskunst der K. K.) Berlin. (Das Ministerium und die Eröffnung der Kammern. ‒ Das Landproletariat in Schlesien. ‒ Wahlen zur Krautjunkerkammer.) Magdeburg. (Das projektirte Frankfurter Wahlgesetz.) Wien. (Eine neue Kundmachung Weldens. ‒ Journalistisches. ‒ Sturmesvorzeichen. ‒ Die Kassenanweisungen. ‒ Die Dynastie und die Slaven. ‒ Wirthschaft in Wien. ‒ Kremsier.) Kremsier. (Der Reichstag.) Frankfurt. (Kaiserklüngel. ‒ Eine Forderung Oestreichs.) Darmstadt. (Kreistag in Bensheim. ‒ Die zweite Kammer. ‒ Das Geschwornengericht.) Hamburg. (Arbeitercongreß. ‒ Die Constituante.) Schleswig- Holstein. (Das Landesphilisterium.) Dänemark. Kopenhagen. (Der Kriegsminister und die Kriegsparthei. ‒ Das Staatsgrundgesetz.) Schweden. Stockholm. (Kriegssteuer auf fremde Geschäftsreisende.) Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. ‒ National- Versammlung.) Spanien. Madrid. (Beschenkung des spanischen Windischgrätz.) Italien. (Die florentinische Revolution. ‒ Drei Bombenschüsse auf die Stadt Ferrara.) Florenz. (Ernennungen durch die provisorische Regierung.) Turin. (Gioberti.) Rom. (Heilige Gebäude als Kasernen.) Großbritannien. London. (Parlament. ‒ Der Verbindungsweg zwischen dem atlantischen und dem stillen Ozean.) Deutschland * Köln, 17. Februar. Assisenverhandlung wegen Aufreizung zur Rebellion. Verhandelt zu Köln den 8. Februar. Die Angeklagten: Karl Marx, Redakteur en chef der „Neuen Rheinischen Zeitung“, Karl Schapper, Corrector der „Neuen Rheinischen Zeitung“, Schneider II., Advokat, erscheinen ohne Rechtsbeistände. Staatsprokurator Bölling vertritt das öffentliche Ministerium. Der inkriminirte Aufruf lautet: Aufruf! Köln, 18. November. Der rheinische Kreisausschuß der Demokraten fordert alle demokratischen Vereine der Rheinprovinz auf, die Beschlußnahme und Durchführung folgender Maßregeln zu bewerkstelligen: 1. Nachdem die preußische National- Versammlung selbst die Steuerverweigerung beschlussen hat, ist ihre gewaltsame Eintreibung überall durch jede Art des Widerstandes zurückzuweisen. 2. Der Landsturm zur Abwehr des Feindes ist überall zu organisiren. Für die Unbemittelten sind Waffen und Munition auf Gemeindekosten oder durch freiwillige Beiträge zu beschaffen. 3. Die Behörden sind überall aufzufordern, sich öffentlich darüber zu erklären, ob sie die Beschlüsse der National- Versammlung anerkennen und ausführen wollen. Im Weigerungsfalle sind Sicherheitsausschüsse zu ernennen und zwar wo möglich im Einverständnisse mit den Gemeinderäthen. Der gesetzgebenden Versammlung widerstrebende Gemeinderäthe sind durch allgemeine Volkswahl zu erneuern. Im Namen des rheinischen Kreisausschusses der Demokraten: Karl Marx. Karl Schapper. Schneider II. In dem kurzen Interregatorium erklären die Angeklagten, die Verfasser des inkriminirten Aufrufes zu sein, und unter dem innern Feind die bewaffnete Regierungsgewalt verstanden zu haben. Staatsprokurator Bölling (zur Rechtfertigung der Anklage): Hr. Bölling stellt den Inhalt des angegriffenen Aufrufs kurz zusammen und sucht nachzuweisen, daß in demselben eine Aufreizung zum Widerstande mit Gewalt und Thätlichkeiten gegen die mit der zwangsweisen Betreibung der Steuern beauftragten Beamten enthalten sei. Es kann, sagt er, den Angeklagten nicht zur Entschuldigung gereichen, daß ein Theil der Mitglieder der Nationalversammlung am 15. November v. J. angeblich einen Beschluß gefaßt hatte, wonach keine Steuern mehr bezahlt werden sollten. Jener Beschluß war rechtlich nicht erlassen, weil der Sitz der Nationalversammlung verlegt worden war, und diese folglich in Berlin keine Beschlüsse mehr fassen konnte. Man wird entgegnen, die Regierung habe nicht das Recht gehabt, den Sitz der Nationalversammlung zu verlegen. Es wird indeß nicht schwer halten, dieses Raisonnement zu widerlegen. Die Krone ist bis zum vorigen Jahre im Besitze der absoluten Gewalt gewesen; sie hat damals auf einen Theil dieser Gewalt zu Gunsten des Volkes verzichtet; sie hat nämlich eine Nationalversammlung zur Vereinbarung einer Verfassung zusammenberufen. Die Krone hat aber weder ausdrücklich, noch implicite auf das Recht verzichtet, den Ort zu bestimmen, an dem die Nationalversammlung tagen solle; es kann ihr mithin nach den allgemeinen Interpretationsregeln über Verzichte dieses Recht nicht abgesprochen werden. Wenn man aber auch von den Folgerungen aus der Natur des Verzichtes absehen wollte, so muß man, in Ermangelung eines besonderen Gesetzes darüber, wo die Nationalversammlung tagen solle, auf die fruhere Gesetzgebung, auf das Gesetz über die Vereinigten Landtage zurückgehen. Dieses Gesetz sagt im § 1 ausdrücklich, daß die Regierung den Ort zu bestimmen habe, wo der Vereinigte Landtag zusammentreten solle. Das Recht, den Ort zu bezeichnen, an dem die Nationalversammlung tagen solle, ist ohnehin nur ein Ausfluß der Executivgewalt des Staates, und in allen konstitutionellen Ländern anerkannt. Nachdem der Staatsprokurator diese Sätze näher auszuführen und zu begründen gesucht, fährt derselbe also fort: Wenn in allen konstitutionellen Staaten der Regierung die Befugniß nicht bestritten wird, die Nationalversammlung aufzulösen, sobald sie der Ansicht ist, daß dieselbe die Stimme des Landes nicht repräsentire, so kann man im vorliegenden Falle, wo nur von einer konstituirenden Versammlung die Rede ist, der Krone dieses Recht gewiß nicht absprechen. Hatte aber die Regierung sogar das Recht, die Nationalversammlung aufzulösen, so durfte sie dieselbe auch sicherlich an einen andern Ort verlegen. Alle Einwendungen, welche gegen dieses Recht der Krone vorgebracht worden sind, beruhen auf einer Begriffsverwirrung, auf einer Verwechselung zwischen legislativer und exekutiver Gewalt. Nach diesen Ausführungen bemüht sich der Staatsprokurator, nachzuweisen, daß es nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht der Regierung war, die Nationalversammlung von Berlin zu verlegen. Mit besonderer Hervorhebung des Verhaltens des Berliner Volkes der Nationalversammlung gegenüber schildert er die Vorfälle, welche sich in dem Zeitraume vom 9. Juni bis 9. November v. J. zu Berlin in und außerhalb der Vereinbarer- Versammlung zugetragen haben, und sucht daraus zu demonstrirten, daß die Versammlung zu Berlin nicht frei und ihre Verlegung im Interesse des Landes nothwendig war. Der angebliche Steuerverweigerungs- Beschluß, so fährt er fort, ist auch zweitens deßhalb ungültig, weil dabei die gesetzlichen Förmlichkeiten nicht beobachtet worden sind. Nach der Geschäfts- Ordnung kann kein Antrag vor der zweiten Lesung zum Beschluß erhoben werden. Der Antrag zur Steuerverweigerung ist aber in der ersten Sitzung schon angenommen worden. Viele Deputirte, welche sich der Verlegung nach Brandenburg nicht gefügt und bis dahin in Berlin mit fortgetagt hatten, waren zu jener Sitzung gar nicht eingeladen worden. Die Annahme jenes Beschlusses geschah gleichsam durch eine Ueberrumpelung. Der angebliche Beschluß ist aber auch drittens in materieller Hinsicht ungültig, weil die Nationalversammlung über Steuern gar nicht zu beschließen hatte. Der Staatsprokurator bemüht sich, diesen Satz durch eine Deduction aus dem § 13 des Gesetzes vom 8. April 1848 herzuleiten, und fragt dann: War es angemessen, daß die Nationalversammlung, selbst wenn sie sich in ihrem Rechte glaubte, der Krone einen solchen Widerstand entgegensetzte und zu dem gefährlichen Mittel der Steuerverweigerung ihre Zuflucht nahm? Wäre es nicht passender gewesen, nach Brandenburg zu gehen, und von dort aus gegen die Verlegung zu protestiren? Konnte man nicht dort eben so gut die Vereinbarung fortsetzen? Statt eine Vermittelung zu versuchen, griff man sogleich zum gefährlichsten Mittel. Um das Ministerium Brandenburg zu beseitigen, beschloß man eine Maßregel, die, wenn sie Erfolg gehabt, den Staat zu Grunde richten und einen Bürgerkrieg herbeiführen mußte. Wer sich einem solchen Beschlusse unterwirft, der hat auch seine Folgen zu tragen. Wenn der Beweis geführt ist, daß jener Beschluß materiel und formel ungültig war, so müssen die Angeklagten verurtheilt werden. Ueberdies war er nicht vollstreckbar, da er nicht durch die Gesetzsammlung publicirt war. Und doch unternahmen es die Angeklagten, ihn auszuführen, ja, sie gehen sogar noch weiter als jener Beschluß, indem sie zu dessen gewaltsamer Durchführung auffordern. Das fühlt aber ein Jeder, der Sinn für Gesetz und Ordnung hat, daß ein solcher ungesetzlicher Widerstand gegen die Beamten eine Rebellion ist und nicht geduldet werden kann. Ich trage deßhalb auf Verurtheilung der sämmtlichen Angeklagten an. (Schluß folgt.) * Köln, 18. Febr. _

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz226_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz226_1849/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 226. Köln, 19. Februar 1849, S. 1245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz226_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.