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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 230. Köln, 24. Februar 1849.

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[Deutschland]

[Fortsetzung] halla. Und solche Kerle dürfen als "Wiener Flüchtlinge" das Mitleid Europas in Anspruch nehmen.

Wenn ihnen sog. Wiener Flüchtlinge vorkommen, so prüfen Sie dieselben erst, denn sie sind entweder blose Kretinen, Schuselka-Genies oder Gauner. Der achtbaren sind nur wenige.

Prag, 15. Febr.

So eben höre ich daß einige Compagnien Militär nach dem Berauner Kreis beordert wurden, weil sich das Volk dort gegen die Recrutirung sträubt. Dasselbe vernimmt man aus dem Klattauer, Pilsner, Saazer Kreise, aus Reichenberg und seiner Umgegend. Die Leute sagen: "Wir wollen unsre Söhne nicht zur Schmälerung der Freiheit hergeben, wir gehorchen nur wenn der Reichstag die Recrutirung anordnet etc." Das Volk hat sich zu einem passiven Widerstand entschlossen; es will ruhig bleiben aber sich nicht zur Rekrutirung stellen. Auch aus andern östreichischen Ländern, z. B. Oberöstreich wird Ihnen wahrscheinlich ähnliches berichtet werden. Bei solchen Umständen dürfte die kürzlich in Kremsier vorgekommene Interpellation hinsichtlich der ohne Bewilligung des Reichstags angeordneten Recrutirung von doppeltem Gewicht seyn. - Die Studentendeputation erhielt vom Minister den Bescheid, daß nur jene Studirenden von der Assentirung zeitweilig befreit (in die dritte Liste gesetzt) werden sollen, welche im Schuljahr 1847 durchaus Vorzugsclassen erhalten hatten (denn im Jahr 1848 wurden wenig Prüfungen gemacht.) Die tschechischen Studenten mußten, weil der Aulasaal auf Anordnung des Rector Magnificus gesperrt blieb, eine Versammlung im Hofe des Carolinums halten. Der Ausschuß hatte den Antrag gemacht "eine öffentliche Erklärung an das Volk zur Verständigung über die Recrutirungsangelegenheit an die Studenten" zu verfassen. Als die Debatten vorgestern eröffnet werden sollten, hatte Dr. Hofmeister zwar den Saal öffnen lassen, aber nur unter den Bedingungen zur Verfügung gestellt daß die Studenten nicht auf die Bänke steigen, nicht rauchen und einander als eigentlichen Studenten das Wort verstatten sollten. (Hiermit sollte Dr. Schladkowski, der das den Juniusereignissen vorangehende Placat mit veranlaßt hatte, von der Debatte ausgeschlossen sein.) Die Studenten brachten dem Dr. Sladkowski ein "Lebehoch", und gingen ohne Debatte auseinander. - Unser erster Preßproceß am 12. fand eine außerordentliche Theilnahme. Das Resultat war vorauszusehen, denn die Sache griff tief in die Parteiungen unsrer Stadt ein, die seit den Pfingsttagen fortdauern. Der Beklagte, Bürger Peschina, welcher den ehemaligen Commandanten der Kleinseitner Nationalgarde, Schebelka, als Denuncianten beim Hradschiner Kriegsgericht in einem hiesigen Blatte dargestellt hatte, wurde von den Geschwornen freigesprochen.

(A. A. Z.)
Polen.
Von der russischen Grenze, 15. Febr.

Die neuesten Nachrichten von Reisenden aus Rußland lauten dahin, daß sich nun doch die Heeresmacht dieses nordischen Kolosses seiner westlichen Grenze näher und näher wälzt. Die Garden, welche Petersburg nur in wichtigen Momenten verlassen, sollen in Wilna eingerückt sein, wo ein Reisender das schöne Gardekosakenregiment gesehen haben will. In Polen herrscht Ruhe, die russische Polizei und die russischen Strafen, die das Wiederholen politischer Wühlereien denselben Subjekten unmöglich machen, sichern mehr noch die Ruhe in Polen als die Kanonen der Citadelle Warschau's und die russischen Truppen. Die strenge Absperrung der polnisch-russischen Grenze vor dem materiellen und geistigen Einschmuggeln aller gefährlich scheinenden Neuerungen wird unerbittlich durchgeführt. In diesen Tagen z. B. kehrte ein polnischer Geistlicher, der emigrirt war, nach Polen zurück, nachdem er von dem Fürsten Statthalter und selbst aus Petersburg seine Begnadigung und Amnestie erhalten hatte. Bis zum polnischen Grenzamte Szczppiorno begleitete den Amnestirten - Jastrzebski mit Namen, einer seiner Freunde aus dem Poseuschen mit einem vollkommen gültigen preußischen Passe, in der Absicht, denselben in Kalisch den polnisch-russischen Behörden vorzustellen. Sobald jedoch die Angelegenheit am Grenzamte amtlich erörtert war wurde dem preußischen Begleiter angedeutet, sofort zurückzukehren, der Amnestirte dagegen wurde von einer Kosakeneskorte nach Kalisch transportirt, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird ihm wohl nie die Gelegenheit werden, demokratische Ideen zu verbreiten.

(Bresl. Ztg.)
Warschau, 10. Febr.

Das Bureau des Warschauer Oberpolizeimeisters fordert fast täglich durch Zeitungen verschiedene Personen, welche sich aus dem Königreich ohne Paß entfernt oder nach Ablauf ihrer Urlaubszeit im Auslande verblieben sind, auf, bei Strafe der Sequestration des ganzen Vermögens und ewiger Verbannung schleunigst zurückzukehren. In einer der letzten Citationen finden wir mit Erstaunen auch den Namen des bekannten Bankiers Peter Steinkeller, der im Lande durch großartige industrielle Unternehmungen sich die allgemeine Anerkennung im hohen Grade erworben hatte.

(Osts. Ztg.)

(Dieser Steinkeller ist derselbe, der die berühmten Zellenwagen, genannt Steinkellerka, zum Transport der Gefangenen nach Sibirien erfunden hat.)

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Von der siebenbürgischen Gränze

schreibt man der Breslauer Zeitung folgenden germanisch-walachisch-kaiserlichen Heulartikel, der übrigens die Infamien der k. k. Generale bestätigt:

Es fällt auf, daß die östreichische Regierung trotz wiederholter Aufforderungen von Seiten der Sachsen und Romanen, die seit Mai v. J. im blutigen Bürgerkrieg mit den Magyaren verwickelt sind, keine ausreichende Truppenmasse nach Siebenbürgen geworfen hat, wodurch das schöne Land den gräßlichsten Verwüstungen Preis gegeben ist und die Verzweiflung der der östreichischen Krone treu ergebenen Bevölkerung aufs Höchste angefacht werden mußte. Dies scheint auch der Grund zu sein, daß sich bei Vielen die Ansicht bildete, es sei hierbei auf eine Nothwendigkeit russischer Hülfe gemünzt und läge ein politischer Plan in Bezug auf Ländertheilungen in der nördlichen Türkei im Hintergrunde. Wahrhaft betrübend gestaltet sich aber das Loos der Deutschen in den untern Gegenden, denn bei aller Hingebung für die Sache, der sie sich anschließen, scheinen sie überall nur dazu bestimmt, den ganzen bittern Kelch des Bürgerkrieges zu leeren. Während sie im Sachsenboden für die Sache des Kaisers durch das Schwert des Szeklers leiden müssen, bluten sie hinwiederum im Banat, wo sie die Partei des Magyarismus mit Hartnäckigkeit verfochten haben, unter den Gräuelthaten kroatischer Horden. So hat der nach Suplikatz Tode zum serbischen Woywoden ernannte General Theodorovich gleich nach dem Einzuge in das von seinen deutschen Bewohnern mit einem allseitig angestaunten Heldenmuth vertheidigte Weißkirchen ein schreckliches Blutgericht unter der männlichen Bevölkerung gehalten, indem er 400 aufhängen und von der übrigen Volksmenge jeden fünfzigsten Mann erschießen ließ. So wird in dem frommen Oestreich gegenwärtig Krieg geführt und zwar nicht etwa von den wilden Horden der Szekler, sondern von den k. k. Generalen. Derlei Gräuelthaten lassen erst die Erscheinungen des 30jährigen Krieges innerlich verstehen und viele derselben könnten, ohne einen Anachronismus besorgen zu müssen, als Illustrationen den Geschichtsbüchern des 17. Jahrhunderts eingeheftet werden. - Wie es heißt, will man die Reichsdomänen in Ungarn für das neue Anlehen, das sehr schwierig ist, hypotheziren und Graf Almassy als Chef der Kameraldirektion in Ofen, ist eifrig damit beschäftigt, den Nennwerth derselben zu entziffern. Vielleicht hängt damit auch die endliche Lösung der ungarischen Banknotenfrage zusammen.

Schweiz.
Bern, 19. Febr.

Der sizilianische Abgesandte, Herr Vito Beltrami, hat eine Zuschrift an den Bundesrath gerichtet, die über den Zweck seiner Mission endlich nähern Aufschluß gibt. Sizilien ist geneigt, behufs Auflösung der Kapitulation mit Neapel und Entschädigung der Offiziere und Soldaten für seinen Theil einen angemessenen Beitrag zu leisten, sofern die Auflösung noch während dieses Krieges stattfinde.

- Der Ritter v. Reuwall, Geschäftsträger der deutschen Centralgewalt, hat Bern plötzlich verlassen, worüber nun verschiedene Gerüchte zirkuliren. Man weiß nicht, ob er bloß Urlaub [Fortsetzung]

Webers-Creek, 6. Juli. Eine weitere mehrtägige Erfahrung in der Nähe der Mühle überzeugte uns von dem großen Zeitverlust und der vielen Mühe beim Transport des Minerals nach dem Flusse. Deshalb kamen wir überein, uns nach einer günstigeren Stelle umzusehen. So lange wir in der Mühle waren, hörten wir beständig davon reden, daß man im "Webers-Creek" das Gold in größerer Masse finde. So wollten wir denn unser Glück auf jener Seite versuchen. Unter "Webers-Creek" versteht man einen kleinen Bach, einen nördlichen Zufluß der "amerikanischen Gabel" (Fork) oder des Amerikanerflusses. Denn beide Benennungen sind im Gebrauch. Am Morgen brachen wir auf und waren Abends an Ort und Stelle. Auf unserm Wege trafen wir überall Arbeiter ("Goldarbeiter" im eigentlichen Sinne), Zelte, Lager. Heute früh standen wir zeitig auf und suchten alsbald eine passende Stelle für unsere Arbeiten.

Wir fanden bald, etwa 15 engl. Meilen vom Einfluß des Weber's-Creek in die "amerikanische Gabel", einen Ort, für den wir uns entschieden Es war ein wirkliches Lager, zwar nicht so zahlreich, wie bei den Mormonen-Gruben, aber doch aus vielen Leuten bestehend. Die Einen arbeiteten im Flußbette selbst, die Andern, und ihrer waren die Meisten, durchstöberten die von den Bergen herabsteigenden Schluchten. Jene gewannen mehr an Masse, diese erlangten größere und werthvollere Stücke. Man sagt uns, daß die Bergspalten sehr reich sind, die Ausbeutung des Flußbettes aber sicherer ist. Im Gebirge findet man sehr häufig Goldkörner von mehreren Unzen, oft aber trifft man auch halbe Tage lang gar nichts, während man im Flußbett stets sicher ist, täglich wenigstens 1 Unze, bisweilen aber mehr, zu gewinnen. Diese Gründe bestimmten uns, das Arbeiten im Wasser vorzuziehen. Unsere erste Sorge war auf Zusammensetzung einer "Cradle" gerichtet. In einer Bude fanden wir Bretter zum Verkauf, doch war der verlangte Preis so enorm, daß wir nicht Handels einig wurden. Wir suchten uns also das nöthige Holz im Walde und das Werk gelang uns mit Hülfe eines Schiffszimmermanns, der, sehr höflich und zuvorkommend gegen uns, blos 30 Dollars täglichen Arbeitslohn ausbedang. Wir haben stark gearbeitet; die Hitze, hier viel ärger als an der Küste, war erdrückend; doch genug, es ist überstanden.

8. Juli. Während wir nach dem Mittagessen uns einen Augenblick Ruhe gönnten, entstand im Lager plötzlich ein großer Lärm. Alles stürzte aus den Zelten, rief die Nachbarn und drängte sich um eine Reitergruppe. Bradley und ich gingen gleich den Uebrigen hin. Es war Oberst Mason, der mit seinem Adjutanten und einer Eskorte den Goldminen einen Besuch abstattete, um der Regierung in Washington darüber zu berichten. Bradley bot sich ihm für das Lager von Weber's-Creek zum Führer an. Als er ins Zelt zurückkam, theilte er uns mit, daß der Oberst und seine Eskorte noch den nämlichen Abend nach dem Fort des Capitän Suter abreisen werde. Bradley nahm mich bei Seite und frug um meine Ansicht, ob ich dies nicht für eine gute Gelegenheit hielte, um unser bis jetzt gesammeltes Gold dem Kapitän zu übersenden, der gegen angemessene Kommissionsgebühren es weiter an einen Kaufmann in Monterey konsigniren würde. Die Menge unseres Goldes setzte uns bereits in Verlegenheit und wir waren stets in wahrer Todesangst, es möchte uns irgend ein Unglück zustoßen. "Das ist der Augenblick", sagte Bradley weiter, "um unsern Gewinnst in Sicherheit zu bringen". Er kannte den Obersten, da er unter ihm gedient und erbot sich, wenn der Vorschlag Beifall finde, den Transport unserer Reichthümer zum Kapitän Suter selber zu übernehmen.

Der Vorschlag hatte etwas Vernünftiges an sich und der Oberst hatte auf eine Anfrage geantwortet, daß er sehr gern die Begleitung Bradley's annehme. Wir versammelten uns demgemäß, das von uns gesammelte Gold wurde vor unsern Augen gewogen, und es ergab sich, daß wir, sechs Personen an der Zahl, durch noch nicht 20tägige Arbeit 27 Pfund und 8 Unzen Gold (auf 4000 Dollars geschätzt) gewonnen hatten. Bradley gab uns Quittung und verpflichtete sich, eine Empfangsbescheinigung vom Kapitän Suter zurückzubringen. Jetzt wurde das Gold in einen kleinen Mantelsack gethan, gehörig verwahrt und auf das beste auf eins von unsern Pferden gepackt, das Bradley neben sich mitführen sollte. Er selbst bewaffnete sich mit Büchse und Pistolen, und reiste endlich gegen Abend mit dem Obersten ab.

Mittwoch, 12. Juli. Endlich hatten wir unsre "Cradles" fertig und begaben uns Montags an die Arbeit. Den Sonntag benutzte ich zu einem Besuch in den nahen Lagern. Ich fand eine große Zahl der Goldwühler an intermittirenden Fiebern leidend. Ich wundre mich nicht darüber. Die schlechte Nahrung, die unaufhörliche Sonnenhitze, der Einfluß der feuchten Nächte: das genügt, um gefährliche Krankheiten zu erzeugen. Montags arbeiteten wir nun tüchtig, scharrten, gruben, hackten und füllten und schwenkten unsre "Cradles". Am Abende ergab sich folgender Ertrag: mit der einen Maschine hatten wir 9, mit der andern 7 1/2 Unzen (insgesammt 1346 Fr. 20 Cent.) gewonnen. Früh kehrte Bradley zurück. Suter hatte Alles zu unserer Zufriedenheit geordnet. Gegen Abend kam ein Mann zu mir, der das intermittirende Fieber hatte und frug, ob ich ihm Medizin ablassen könnte. Ich gab ihm China und rieth ihm an, sich für einige Zeit auszuruhen und zu pflegen. Am andern Tage sah ich ihn aber in seinen fieberfreien Augenblicken so hastig arbeiten, wie irgend einen Andern. Es hatte sich bald das Gerücht verbreitet, daß sich ein Doktor im Lager befinde, und jetzt werde ich von allen Seiten gerufen, denn die Zahl der Kranken ist groß. Für jeden Besuch erhalte ich in der Regel 1 Unze Gold. Das ist eine vortheilhaftere und weniger angreifende Arbeit, als die an der "Cradle". Schade, daß die Leute nicht blos meinen Rath sondern auch Medizin brauchen. Ich habe von letzterer nur noch einen kleinen Vorrath, den ich für unsre Gesellschaft bestimmt habe. Von denen, die den ganzen Tag am Ufer der Sonnenhitze ausgesetzt arbeiten, sind bereits mehrere unterlegen. Auch die Dyffenterie fordert bereits Opfer. Die Lage ist nicht heiter.

(Fortsetzung folgt.)

[Deutschland]

[Fortsetzung] halla. Und solche Kerle dürfen als „Wiener Flüchtlinge“ das Mitleid Europas in Anspruch nehmen.

Wenn ihnen sog. Wiener Flüchtlinge vorkommen, so prüfen Sie dieselben erst, denn sie sind entweder blose Kretinen, Schuselka-Genies oder Gauner. Der achtbaren sind nur wenige.

Prag, 15. Febr.

So eben höre ich daß einige Compagnien Militär nach dem Berauner Kreis beordert wurden, weil sich das Volk dort gegen die Recrutirung sträubt. Dasselbe vernimmt man aus dem Klattauer, Pilsner, Saazer Kreise, aus Reichenberg und seiner Umgegend. Die Leute sagen: „Wir wollen unsre Söhne nicht zur Schmälerung der Freiheit hergeben, wir gehorchen nur wenn der Reichstag die Recrutirung anordnet etc.“ Das Volk hat sich zu einem passiven Widerstand entschlossen; es will ruhig bleiben aber sich nicht zur Rekrutirung stellen. Auch aus andern östreichischen Ländern, z. B. Oberöstreich wird Ihnen wahrscheinlich ähnliches berichtet werden. Bei solchen Umständen dürfte die kürzlich in Kremsier vorgekommene Interpellation hinsichtlich der ohne Bewilligung des Reichstags angeordneten Recrutirung von doppeltem Gewicht seyn. ‒ Die Studentendeputation erhielt vom Minister den Bescheid, daß nur jene Studirenden von der Assentirung zeitweilig befreit (in die dritte Liste gesetzt) werden sollen, welche im Schuljahr 1847 durchaus Vorzugsclassen erhalten hatten (denn im Jahr 1848 wurden wenig Prüfungen gemacht.) Die tschechischen Studenten mußten, weil der Aulasaal auf Anordnung des Rector Magnificus gesperrt blieb, eine Versammlung im Hofe des Carolinums halten. Der Ausschuß hatte den Antrag gemacht „eine öffentliche Erklärung an das Volk zur Verständigung über die Recrutirungsangelegenheit an die Studenten“ zu verfassen. Als die Debatten vorgestern eröffnet werden sollten, hatte Dr. Hofmeister zwar den Saal öffnen lassen, aber nur unter den Bedingungen zur Verfügung gestellt daß die Studenten nicht auf die Bänke steigen, nicht rauchen und einander als eigentlichen Studenten das Wort verstatten sollten. (Hiermit sollte Dr. Schladkowski, der das den Juniusereignissen vorangehende Placat mit veranlaßt hatte, von der Debatte ausgeschlossen sein.) Die Studenten brachten dem Dr. Sladkowski ein „Lebehoch“, und gingen ohne Debatte auseinander. ‒ Unser erster Preßproceß am 12. fand eine außerordentliche Theilnahme. Das Resultat war vorauszusehen, denn die Sache griff tief in die Parteiungen unsrer Stadt ein, die seit den Pfingsttagen fortdauern. Der Beklagte, Bürger Peschina, welcher den ehemaligen Commandanten der Kleinseitner Nationalgarde, Schebelka, als Denuncianten beim Hradschiner Kriegsgericht in einem hiesigen Blatte dargestellt hatte, wurde von den Geschwornen freigesprochen.

(A. A. Z.)
Polen.
Von der russischen Grenze, 15. Febr.

Die neuesten Nachrichten von Reisenden aus Rußland lauten dahin, daß sich nun doch die Heeresmacht dieses nordischen Kolosses seiner westlichen Grenze näher und näher wälzt. Die Garden, welche Petersburg nur in wichtigen Momenten verlassen, sollen in Wilna eingerückt sein, wo ein Reisender das schöne Gardekosakenregiment gesehen haben will. In Polen herrscht Ruhe, die russische Polizei und die russischen Strafen, die das Wiederholen politischer Wühlereien denselben Subjekten unmöglich machen, sichern mehr noch die Ruhe in Polen als die Kanonen der Citadelle Warschau's und die russischen Truppen. Die strenge Absperrung der polnisch-russischen Grenze vor dem materiellen und geistigen Einschmuggeln aller gefährlich scheinenden Neuerungen wird unerbittlich durchgeführt. In diesen Tagen z. B. kehrte ein polnischer Geistlicher, der emigrirt war, nach Polen zurück, nachdem er von dem Fürsten Statthalter und selbst aus Petersburg seine Begnadigung und Amnestie erhalten hatte. Bis zum polnischen Grenzamte Szczppiorno begleitete den Amnestirten ‒ Jastrzebski mit Namen, einer seiner Freunde aus dem Poseuschen mit einem vollkommen gültigen preußischen Passe, in der Absicht, denselben in Kalisch den polnisch-russischen Behörden vorzustellen. Sobald jedoch die Angelegenheit am Grenzamte amtlich erörtert war wurde dem preußischen Begleiter angedeutet, sofort zurückzukehren, der Amnestirte dagegen wurde von einer Kosakeneskorte nach Kalisch transportirt, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird ihm wohl nie die Gelegenheit werden, demokratische Ideen zu verbreiten.

(Bresl. Ztg.)
Warschau, 10. Febr.

Das Bureau des Warschauer Oberpolizeimeisters fordert fast täglich durch Zeitungen verschiedene Personen, welche sich aus dem Königreich ohne Paß entfernt oder nach Ablauf ihrer Urlaubszeit im Auslande verblieben sind, auf, bei Strafe der Sequestration des ganzen Vermögens und ewiger Verbannung schleunigst zurückzukehren. In einer der letzten Citationen finden wir mit Erstaunen auch den Namen des bekannten Bankiers Peter Steinkeller, der im Lande durch großartige industrielle Unternehmungen sich die allgemeine Anerkennung im hohen Grade erworben hatte.

(Osts. Ztg.)

(Dieser Steinkeller ist derselbe, der die berühmten Zellenwagen, genannt Steinkellerka, zum Transport der Gefangenen nach Sibirien erfunden hat.)

Ungarn.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Von der siebenbürgischen Gränze

schreibt man der Breslauer Zeitung folgenden germanisch-walachisch-kaiserlichen Heulartikel, der übrigens die Infamien der k. k. Generale bestätigt:

Es fällt auf, daß die östreichische Regierung trotz wiederholter Aufforderungen von Seiten der Sachsen und Romanen, die seit Mai v. J. im blutigen Bürgerkrieg mit den Magyaren verwickelt sind, keine ausreichende Truppenmasse nach Siebenbürgen geworfen hat, wodurch das schöne Land den gräßlichsten Verwüstungen Preis gegeben ist und die Verzweiflung der der östreichischen Krone treu ergebenen Bevölkerung aufs Höchste angefacht werden mußte. Dies scheint auch der Grund zu sein, daß sich bei Vielen die Ansicht bildete, es sei hierbei auf eine Nothwendigkeit russischer Hülfe gemünzt und läge ein politischer Plan in Bezug auf Ländertheilungen in der nördlichen Türkei im Hintergrunde. Wahrhaft betrübend gestaltet sich aber das Loos der Deutschen in den untern Gegenden, denn bei aller Hingebung für die Sache, der sie sich anschließen, scheinen sie überall nur dazu bestimmt, den ganzen bittern Kelch des Bürgerkrieges zu leeren. Während sie im Sachsenboden für die Sache des Kaisers durch das Schwert des Szeklers leiden müssen, bluten sie hinwiederum im Banat, wo sie die Partei des Magyarismus mit Hartnäckigkeit verfochten haben, unter den Gräuelthaten kroatischer Horden. So hat der nach Suplikatz Tode zum serbischen Woywoden ernannte General Theodorovich gleich nach dem Einzuge in das von seinen deutschen Bewohnern mit einem allseitig angestaunten Heldenmuth vertheidigte Weißkirchen ein schreckliches Blutgericht unter der männlichen Bevölkerung gehalten, indem er 400 aufhängen und von der übrigen Volksmenge jeden fünfzigsten Mann erschießen ließ. So wird in dem frommen Oestreich gegenwärtig Krieg geführt und zwar nicht etwa von den wilden Horden der Szekler, sondern von den k. k. Generalen. Derlei Gräuelthaten lassen erst die Erscheinungen des 30jährigen Krieges innerlich verstehen und viele derselben könnten, ohne einen Anachronismus besorgen zu müssen, als Illustrationen den Geschichtsbüchern des 17. Jahrhunderts eingeheftet werden. ‒ Wie es heißt, will man die Reichsdomänen in Ungarn für das neue Anlehen, das sehr schwierig ist, hypotheziren und Graf Almassy als Chef der Kameraldirektion in Ofen, ist eifrig damit beschäftigt, den Nennwerth derselben zu entziffern. Vielleicht hängt damit auch die endliche Lösung der ungarischen Banknotenfrage zusammen.

Schweiz.
Bern, 19. Febr.

Der sizilianische Abgesandte, Herr Vito Beltrami, hat eine Zuschrift an den Bundesrath gerichtet, die über den Zweck seiner Mission endlich nähern Aufschluß gibt. Sizilien ist geneigt, behufs Auflösung der Kapitulation mit Neapel und Entschädigung der Offiziere und Soldaten für seinen Theil einen angemessenen Beitrag zu leisten, sofern die Auflösung noch während dieses Krieges stattfinde.

‒ Der Ritter v. Reuwall, Geschäftsträger der deutschen Centralgewalt, hat Bern plötzlich verlassen, worüber nun verschiedene Gerüchte zirkuliren. Man weiß nicht, ob er bloß Urlaub [Fortsetzung]

Webers-Creek, 6. Juli. Eine weitere mehrtägige Erfahrung in der Nähe der Mühle überzeugte uns von dem großen Zeitverlust und der vielen Mühe beim Transport des Minerals nach dem Flusse. Deshalb kamen wir überein, uns nach einer günstigeren Stelle umzusehen. So lange wir in der Mühle waren, hörten wir beständig davon reden, daß man im „Webers-Creek“ das Gold in größerer Masse finde. So wollten wir denn unser Glück auf jener Seite versuchen. Unter „Webers-Creek“ versteht man einen kleinen Bach, einen nördlichen Zufluß der „amerikanischen Gabel“ (Fork) oder des Amerikanerflusses. Denn beide Benennungen sind im Gebrauch. Am Morgen brachen wir auf und waren Abends an Ort und Stelle. Auf unserm Wege trafen wir überall Arbeiter („Goldarbeiter“ im eigentlichen Sinne), Zelte, Lager. Heute früh standen wir zeitig auf und suchten alsbald eine passende Stelle für unsere Arbeiten.

Wir fanden bald, etwa 15 engl. Meilen vom Einfluß des Weber's-Creek in die „amerikanische Gabel“, einen Ort, für den wir uns entschieden Es war ein wirkliches Lager, zwar nicht so zahlreich, wie bei den Mormonen-Gruben, aber doch aus vielen Leuten bestehend. Die Einen arbeiteten im Flußbette selbst, die Andern, und ihrer waren die Meisten, durchstöberten die von den Bergen herabsteigenden Schluchten. Jene gewannen mehr an Masse, diese erlangten größere und werthvollere Stücke. Man sagt uns, daß die Bergspalten sehr reich sind, die Ausbeutung des Flußbettes aber sicherer ist. Im Gebirge findet man sehr häufig Goldkörner von mehreren Unzen, oft aber trifft man auch halbe Tage lang gar nichts, während man im Flußbett stets sicher ist, täglich wenigstens 1 Unze, bisweilen aber mehr, zu gewinnen. Diese Gründe bestimmten uns, das Arbeiten im Wasser vorzuziehen. Unsere erste Sorge war auf Zusammensetzung einer „Cradle“ gerichtet. In einer Bude fanden wir Bretter zum Verkauf, doch war der verlangte Preis so enorm, daß wir nicht Handels einig wurden. Wir suchten uns also das nöthige Holz im Walde und das Werk gelang uns mit Hülfe eines Schiffszimmermanns, der, sehr höflich und zuvorkommend gegen uns, blos 30 Dollars täglichen Arbeitslohn ausbedang. Wir haben stark gearbeitet; die Hitze, hier viel ärger als an der Küste, war erdrückend; doch genug, es ist überstanden.

8. Juli. Während wir nach dem Mittagessen uns einen Augenblick Ruhe gönnten, entstand im Lager plötzlich ein großer Lärm. Alles stürzte aus den Zelten, rief die Nachbarn und drängte sich um eine Reitergruppe. Bradley und ich gingen gleich den Uebrigen hin. Es war Oberst Mason, der mit seinem Adjutanten und einer Eskorte den Goldminen einen Besuch abstattete, um der Regierung in Washington darüber zu berichten. Bradley bot sich ihm für das Lager von Weber's-Creek zum Führer an. Als er ins Zelt zurückkam, theilte er uns mit, daß der Oberst und seine Eskorte noch den nämlichen Abend nach dem Fort des Capitän Suter abreisen werde. Bradley nahm mich bei Seite und frug um meine Ansicht, ob ich dies nicht für eine gute Gelegenheit hielte, um unser bis jetzt gesammeltes Gold dem Kapitän zu übersenden, der gegen angemessene Kommissionsgebühren es weiter an einen Kaufmann in Monterey konsigniren würde. Die Menge unseres Goldes setzte uns bereits in Verlegenheit und wir waren stets in wahrer Todesangst, es möchte uns irgend ein Unglück zustoßen. „Das ist der Augenblick“, sagte Bradley weiter, „um unsern Gewinnst in Sicherheit zu bringen“. Er kannte den Obersten, da er unter ihm gedient und erbot sich, wenn der Vorschlag Beifall finde, den Transport unserer Reichthümer zum Kapitän Suter selber zu übernehmen.

Der Vorschlag hatte etwas Vernünftiges an sich und der Oberst hatte auf eine Anfrage geantwortet, daß er sehr gern die Begleitung Bradley's annehme. Wir versammelten uns demgemäß, das von uns gesammelte Gold wurde vor unsern Augen gewogen, und es ergab sich, daß wir, sechs Personen an der Zahl, durch noch nicht 20tägige Arbeit 27 Pfund und 8 Unzen Gold (auf 4000 Dollars geschätzt) gewonnen hatten. Bradley gab uns Quittung und verpflichtete sich, eine Empfangsbescheinigung vom Kapitän Suter zurückzubringen. Jetzt wurde das Gold in einen kleinen Mantelsack gethan, gehörig verwahrt und auf das beste auf eins von unsern Pferden gepackt, das Bradley neben sich mitführen sollte. Er selbst bewaffnete sich mit Büchse und Pistolen, und reiste endlich gegen Abend mit dem Obersten ab.

Mittwoch, 12. Juli. Endlich hatten wir unsre „Cradles“ fertig und begaben uns Montags an die Arbeit. Den Sonntag benutzte ich zu einem Besuch in den nahen Lagern. Ich fand eine große Zahl der Goldwühler an intermittirenden Fiebern leidend. Ich wundre mich nicht darüber. Die schlechte Nahrung, die unaufhörliche Sonnenhitze, der Einfluß der feuchten Nächte: das genügt, um gefährliche Krankheiten zu erzeugen. Montags arbeiteten wir nun tüchtig, scharrten, gruben, hackten und füllten und schwenkten unsre „Cradles“. Am Abende ergab sich folgender Ertrag: mit der einen Maschine hatten wir 9, mit der andern 7 1/2 Unzen (insgesammt 1346 Fr. 20 Cent.) gewonnen. Früh kehrte Bradley zurück. Suter hatte Alles zu unserer Zufriedenheit geordnet. Gegen Abend kam ein Mann zu mir, der das intermittirende Fieber hatte und frug, ob ich ihm Medizin ablassen könnte. Ich gab ihm China und rieth ihm an, sich für einige Zeit auszuruhen und zu pflegen. Am andern Tage sah ich ihn aber in seinen fieberfreien Augenblicken so hastig arbeiten, wie irgend einen Andern. Es hatte sich bald das Gerücht verbreitet, daß sich ein Doktor im Lager befinde, und jetzt werde ich von allen Seiten gerufen, denn die Zahl der Kranken ist groß. Für jeden Besuch erhalte ich in der Regel 1 Unze Gold. Das ist eine vortheilhaftere und weniger angreifende Arbeit, als die an der „Cradle“. Schade, daß die Leute nicht blos meinen Rath sondern auch Medizin brauchen. Ich habe von letzterer nur noch einen kleinen Vorrath, den ich für unsre Gesellschaft bestimmt habe. Von denen, die den ganzen Tag am Ufer der Sonnenhitze ausgesetzt arbeiten, sind bereits mehrere unterlegen. Auch die Dyffenterie fordert bereits Opfer. Die Lage ist nicht heiter.

(Fortsetzung folgt.)

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          <head>Von der russischen Grenze, 15. Febr.</head>
          <p>Die neuesten Nachrichten von Reisenden aus Rußland lauten dahin, daß sich nun doch die Heeresmacht dieses nordischen Kolosses seiner westlichen Grenze näher und näher wälzt. Die <hi rendition="#g">Garden,</hi> welche Petersburg nur in wichtigen Momenten verlassen, <hi rendition="#g">sollen in Wilna eingerückt sein,</hi> wo ein Reisender das schöne Gardekosakenregiment gesehen haben will. <hi rendition="#g">In Polen herrscht Ruhe,</hi> die russische Polizei und die russischen Strafen, die das Wiederholen politischer Wühlereien denselben Subjekten unmöglich machen, sichern mehr noch die Ruhe in Polen als die Kanonen der Citadelle Warschau's und die russischen Truppen. Die strenge Absperrung der polnisch-russischen Grenze vor dem materiellen und geistigen Einschmuggeln aller gefährlich scheinenden Neuerungen wird unerbittlich durchgeführt. In diesen Tagen z. B. kehrte <hi rendition="#g">ein</hi> polnischer Geistlicher, der emigrirt war, nach Polen zurück, nachdem er von dem Fürsten Statthalter und selbst aus Petersburg seine Begnadigung und Amnestie erhalten hatte. Bis zum polnischen Grenzamte Szczppiorno begleitete den Amnestirten &#x2012; Jastrzebski mit Namen, einer seiner Freunde aus dem Poseuschen mit einem vollkommen gültigen preußischen Passe, in der Absicht, denselben in Kalisch den polnisch-russischen Behörden vorzustellen. Sobald jedoch die Angelegenheit am Grenzamte amtlich erörtert war wurde dem preußischen Begleiter angedeutet, sofort zurückzukehren, der Amnestirte dagegen wurde von einer Kosakeneskorte nach Kalisch transportirt, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird ihm wohl nie die Gelegenheit werden, demokratische Ideen zu verbreiten.</p>
          <bibl>(Bresl. Ztg.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar230_009" type="jArticle">
          <head>Warschau, 10. Febr.</head>
          <p>Das Bureau des Warschauer Oberpolizeimeisters fordert fast täglich durch Zeitungen verschiedene Personen, welche sich aus dem Königreich ohne Paß entfernt oder nach Ablauf ihrer Urlaubszeit im Auslande verblieben sind, auf, bei Strafe der Sequestration des ganzen Vermögens und ewiger Verbannung schleunigst zurückzukehren. In einer der letzten Citationen finden wir mit Erstaunen auch den Namen des bekannten Bankiers Peter Steinkeller, der im Lande durch großartige industrielle Unternehmungen sich die allgemeine Anerkennung im hohen Grade erworben hatte.</p>
          <bibl>(Osts. Ztg.)</bibl>
          <p>(Dieser Steinkeller ist derselbe, der die berühmten Zellenwagen, genannt Steinkellerka, zum Transport der Gefangenen nach Sibirien erfunden hat.)</p>
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      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar230_010_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: 23. Bulletin &#x2013; Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8.         </bibl>                </note>
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        </div>
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          <head>Von der siebenbürgischen Gränze</head>
          <p>schreibt man der Breslauer Zeitung folgenden germanisch-walachisch-kaiserlichen Heulartikel, der übrigens die Infamien der k. k. Generale bestätigt:</p>
          <p>Es fällt auf, daß die östreichische Regierung trotz wiederholter Aufforderungen von Seiten der Sachsen und Romanen, die seit Mai v. J. im blutigen Bürgerkrieg mit den Magyaren verwickelt sind, keine ausreichende Truppenmasse nach Siebenbürgen geworfen hat, wodurch das schöne Land den gräßlichsten Verwüstungen Preis gegeben ist und die Verzweiflung der der östreichischen Krone treu ergebenen Bevölkerung aufs Höchste angefacht werden mußte. Dies scheint auch der Grund zu sein, daß sich bei Vielen die Ansicht bildete, es sei hierbei auf eine Nothwendigkeit russischer Hülfe gemünzt und läge ein politischer Plan in Bezug auf Ländertheilungen in der nördlichen Türkei im Hintergrunde. Wahrhaft betrübend gestaltet sich aber das Loos der Deutschen in den untern Gegenden, denn bei aller Hingebung für die Sache, der sie sich anschließen, scheinen sie überall nur dazu bestimmt, den ganzen bittern Kelch des Bürgerkrieges zu leeren. Während sie im Sachsenboden für die Sache des Kaisers durch das Schwert des Szeklers leiden müssen, bluten sie hinwiederum im Banat, wo sie die Partei des Magyarismus mit Hartnäckigkeit verfochten haben, unter den Gräuelthaten kroatischer Horden. So hat der nach Suplikatz Tode zum serbischen Woywoden ernannte General Theodorovich gleich nach dem Einzuge in das von seinen deutschen Bewohnern mit einem allseitig angestaunten Heldenmuth vertheidigte Weißkirchen ein schreckliches Blutgericht unter der männlichen Bevölkerung gehalten, indem er 400 aufhängen und von der übrigen Volksmenge jeden fünfzigsten Mann erschießen ließ. So wird in dem frommen Oestreich gegenwärtig Krieg geführt und zwar nicht etwa von den wilden Horden der Szekler, sondern von den k. k. Generalen. Derlei Gräuelthaten lassen erst die Erscheinungen des 30jährigen Krieges innerlich verstehen und viele derselben könnten, ohne einen Anachronismus besorgen zu müssen, als Illustrationen den Geschichtsbüchern des 17. Jahrhunderts eingeheftet werden. &#x2012; Wie es heißt, will man die Reichsdomänen in Ungarn für das neue Anlehen, das sehr schwierig ist, hypotheziren und Graf Almassy als Chef der Kameraldirektion in Ofen, ist eifrig damit beschäftigt, den Nennwerth derselben zu entziffern. Vielleicht hängt damit auch die endliche Lösung der ungarischen Banknotenfrage zusammen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar230_011" type="jArticle">
          <head>Bern, 19. Febr.</head>
          <p>Der sizilianische Abgesandte, Herr Vito Beltrami, hat eine Zuschrift an den Bundesrath gerichtet, die über den Zweck seiner Mission endlich nähern Aufschluß gibt. Sizilien ist geneigt, behufs Auflösung der Kapitulation mit Neapel und Entschädigung der Offiziere und Soldaten für seinen Theil einen angemessenen Beitrag zu leisten, sofern die Auflösung noch während dieses Krieges stattfinde.</p>
          <p>&#x2012; Der Ritter v. Reuwall, Geschäftsträger der deutschen Centralgewalt, hat Bern plötzlich verlassen, worüber nun verschiedene Gerüchte zirkuliren. Man weiß nicht, ob er bloß Urlaub <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                 </p>
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          <p><hi rendition="#g">Webers-Creek,</hi> 6. Juli. Eine weitere mehrtägige Erfahrung in der Nähe der Mühle überzeugte uns von dem großen Zeitverlust und der vielen Mühe beim Transport des Minerals nach dem Flusse. Deshalb kamen wir überein, uns nach einer günstigeren Stelle umzusehen. So lange wir in der Mühle waren, hörten wir beständig davon reden, daß man im &#x201E;Webers-Creek&#x201C; das Gold in größerer Masse finde. So wollten wir denn unser Glück auf jener Seite versuchen. Unter &#x201E;Webers-Creek&#x201C; versteht man einen kleinen Bach, einen nördlichen Zufluß der &#x201E;amerikanischen Gabel&#x201C; (Fork) oder des Amerikanerflusses. Denn beide Benennungen sind im Gebrauch. Am Morgen brachen wir auf und waren Abends an Ort und Stelle. Auf unserm Wege trafen wir überall Arbeiter (&#x201E;Goldarbeiter&#x201C; im eigentlichen Sinne), Zelte, Lager. Heute früh standen wir zeitig auf und suchten alsbald eine passende Stelle für unsere Arbeiten.</p>
          <p>Wir fanden bald, etwa 15 engl. Meilen vom Einfluß des Weber's-Creek in die &#x201E;amerikanische Gabel&#x201C;, einen Ort, für den wir uns entschieden Es war ein wirkliches Lager, zwar nicht so zahlreich, wie bei den Mormonen-Gruben, aber doch aus vielen Leuten bestehend. Die Einen arbeiteten im Flußbette selbst, die Andern, und ihrer waren die Meisten, durchstöberten die von den Bergen herabsteigenden Schluchten. Jene gewannen mehr an Masse, diese erlangten größere und werthvollere Stücke. Man sagt uns, daß die Bergspalten sehr reich sind, die Ausbeutung des Flußbettes aber sicherer ist. Im Gebirge findet man sehr häufig Goldkörner von mehreren Unzen, oft aber trifft man auch halbe Tage lang gar nichts, während man im Flußbett stets sicher ist, täglich wenigstens 1 Unze, bisweilen aber mehr, zu gewinnen. Diese Gründe bestimmten uns, das Arbeiten im Wasser vorzuziehen. Unsere erste Sorge war auf Zusammensetzung einer &#x201E;Cradle&#x201C; gerichtet. In einer Bude fanden wir Bretter zum Verkauf, doch war der verlangte Preis so enorm, daß wir nicht Handels einig wurden. Wir suchten uns also das nöthige Holz im Walde und das Werk gelang uns mit Hülfe eines Schiffszimmermanns, der, sehr höflich und zuvorkommend gegen uns, blos 30 Dollars täglichen Arbeitslohn ausbedang. Wir haben stark gearbeitet; die Hitze, hier viel ärger als an der Küste, war erdrückend; doch genug, es ist überstanden.</p>
          <p>8. <hi rendition="#g">Juli.</hi> Während wir nach dem Mittagessen uns einen Augenblick Ruhe gönnten, entstand im Lager plötzlich ein großer Lärm. Alles stürzte aus den Zelten, rief die Nachbarn und drängte sich um eine Reitergruppe. Bradley und ich gingen gleich den Uebrigen hin. Es war Oberst <hi rendition="#g">Mason,</hi> der mit seinem Adjutanten und einer Eskorte den Goldminen einen Besuch abstattete, um der Regierung in Washington darüber zu berichten. Bradley bot sich ihm für das Lager von Weber's-Creek zum Führer an. Als er ins Zelt zurückkam, theilte er uns mit, daß der Oberst und seine Eskorte noch den nämlichen Abend nach dem Fort des Capitän Suter abreisen werde. Bradley nahm mich bei Seite und frug um meine Ansicht, ob ich dies nicht für eine gute Gelegenheit hielte, um unser bis jetzt gesammeltes Gold dem Kapitän zu übersenden, der gegen angemessene Kommissionsgebühren es weiter an einen Kaufmann in Monterey konsigniren würde. Die Menge unseres Goldes setzte uns bereits in Verlegenheit und wir waren stets in wahrer Todesangst, es möchte uns irgend ein Unglück zustoßen. &#x201E;Das ist der Augenblick&#x201C;, sagte Bradley weiter, &#x201E;um unsern Gewinnst in Sicherheit zu bringen&#x201C;. Er kannte den Obersten, da er unter ihm gedient und erbot sich, wenn der Vorschlag Beifall finde, den Transport unserer Reichthümer zum Kapitän Suter selber zu übernehmen.</p>
          <p>Der Vorschlag hatte etwas Vernünftiges an sich und der Oberst hatte auf eine Anfrage geantwortet, daß er sehr gern die Begleitung Bradley's annehme. Wir versammelten uns demgemäß, das von uns gesammelte Gold wurde vor unsern Augen gewogen, und es ergab sich, daß wir, sechs Personen an der Zahl, durch noch nicht 20tägige Arbeit 27 Pfund und 8 Unzen Gold (auf 4000 Dollars geschätzt) gewonnen hatten. Bradley gab uns Quittung und verpflichtete sich, eine Empfangsbescheinigung vom Kapitän Suter zurückzubringen. Jetzt wurde das Gold in einen kleinen Mantelsack gethan, gehörig verwahrt und auf das beste auf eins von unsern Pferden gepackt, das Bradley neben sich mitführen sollte. Er selbst bewaffnete sich mit Büchse und Pistolen, und reiste endlich gegen Abend mit dem Obersten ab.</p>
          <p><hi rendition="#g">Mittwoch,</hi> 12. Juli. Endlich hatten wir unsre &#x201E;Cradles&#x201C; fertig und begaben uns Montags an die Arbeit. Den Sonntag benutzte ich zu einem Besuch in den nahen Lagern. Ich fand eine große Zahl der Goldwühler an intermittirenden Fiebern leidend. Ich wundre mich nicht darüber. Die schlechte Nahrung, die unaufhörliche Sonnenhitze, der Einfluß der feuchten Nächte: das genügt, um gefährliche Krankheiten zu erzeugen. Montags arbeiteten wir nun tüchtig, scharrten, gruben, hackten und füllten und schwenkten unsre &#x201E;Cradles&#x201C;. Am Abende ergab sich folgender Ertrag: mit der einen Maschine hatten wir 9, mit der andern 7 1/2 Unzen (insgesammt 1346 Fr. 20 Cent.) gewonnen. Früh kehrte Bradley zurück. Suter hatte Alles zu unserer Zufriedenheit geordnet. Gegen Abend kam ein Mann zu mir, der das intermittirende Fieber hatte und frug, ob ich ihm Medizin ablassen könnte. Ich gab ihm China und rieth ihm an, sich für einige Zeit auszuruhen und zu pflegen. Am andern Tage sah ich ihn aber in seinen fieberfreien Augenblicken so hastig arbeiten, wie irgend einen Andern. Es hatte sich bald das Gerücht verbreitet, daß sich ein Doktor im Lager befinde, und jetzt werde ich von allen Seiten gerufen, denn die Zahl der Kranken ist groß. Für jeden Besuch erhalte ich in der Regel 1 Unze Gold. Das ist eine vortheilhaftere und weniger angreifende Arbeit, als die an der &#x201E;Cradle&#x201C;. Schade, daß die Leute nicht blos meinen Rath sondern auch Medizin brauchen. Ich habe von letzterer nur noch einen kleinen Vorrath, den ich für unsre Gesellschaft bestimmt habe. Von denen, die den ganzen Tag am Ufer der Sonnenhitze ausgesetzt arbeiten, sind bereits mehrere unterlegen. Auch die Dyffenterie fordert bereits Opfer. Die Lage ist nicht heiter.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Fortsetzung folgt.)</ref>
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[1264/0002] [Deutschland] [Fortsetzung] halla. Und solche Kerle dürfen als „Wiener Flüchtlinge“ das Mitleid Europas in Anspruch nehmen. Wenn ihnen sog. Wiener Flüchtlinge vorkommen, so prüfen Sie dieselben erst, denn sie sind entweder blose Kretinen, Schuselka-Genies oder Gauner. Der achtbaren sind nur wenige. Prag, 15. Febr. So eben höre ich daß einige Compagnien Militär nach dem Berauner Kreis beordert wurden, weil sich das Volk dort gegen die Recrutirung sträubt. Dasselbe vernimmt man aus dem Klattauer, Pilsner, Saazer Kreise, aus Reichenberg und seiner Umgegend. Die Leute sagen: „Wir wollen unsre Söhne nicht zur Schmälerung der Freiheit hergeben, wir gehorchen nur wenn der Reichstag die Recrutirung anordnet etc.“ Das Volk hat sich zu einem passiven Widerstand entschlossen; es will ruhig bleiben aber sich nicht zur Rekrutirung stellen. Auch aus andern östreichischen Ländern, z. B. Oberöstreich wird Ihnen wahrscheinlich ähnliches berichtet werden. Bei solchen Umständen dürfte die kürzlich in Kremsier vorgekommene Interpellation hinsichtlich der ohne Bewilligung des Reichstags angeordneten Recrutirung von doppeltem Gewicht seyn. ‒ Die Studentendeputation erhielt vom Minister den Bescheid, daß nur jene Studirenden von der Assentirung zeitweilig befreit (in die dritte Liste gesetzt) werden sollen, welche im Schuljahr 1847 durchaus Vorzugsclassen erhalten hatten (denn im Jahr 1848 wurden wenig Prüfungen gemacht.) Die tschechischen Studenten mußten, weil der Aulasaal auf Anordnung des Rector Magnificus gesperrt blieb, eine Versammlung im Hofe des Carolinums halten. Der Ausschuß hatte den Antrag gemacht „eine öffentliche Erklärung an das Volk zur Verständigung über die Recrutirungsangelegenheit an die Studenten“ zu verfassen. Als die Debatten vorgestern eröffnet werden sollten, hatte Dr. Hofmeister zwar den Saal öffnen lassen, aber nur unter den Bedingungen zur Verfügung gestellt daß die Studenten nicht auf die Bänke steigen, nicht rauchen und einander als eigentlichen Studenten das Wort verstatten sollten. (Hiermit sollte Dr. Schladkowski, der das den Juniusereignissen vorangehende Placat mit veranlaßt hatte, von der Debatte ausgeschlossen sein.) Die Studenten brachten dem Dr. Sladkowski ein „Lebehoch“, und gingen ohne Debatte auseinander. ‒ Unser erster Preßproceß am 12. fand eine außerordentliche Theilnahme. Das Resultat war vorauszusehen, denn die Sache griff tief in die Parteiungen unsrer Stadt ein, die seit den Pfingsttagen fortdauern. Der Beklagte, Bürger Peschina, welcher den ehemaligen Commandanten der Kleinseitner Nationalgarde, Schebelka, als Denuncianten beim Hradschiner Kriegsgericht in einem hiesigen Blatte dargestellt hatte, wurde von den Geschwornen freigesprochen. (A. A. Z.) Polen. Von der russischen Grenze, 15. Febr. Die neuesten Nachrichten von Reisenden aus Rußland lauten dahin, daß sich nun doch die Heeresmacht dieses nordischen Kolosses seiner westlichen Grenze näher und näher wälzt. Die Garden, welche Petersburg nur in wichtigen Momenten verlassen, sollen in Wilna eingerückt sein, wo ein Reisender das schöne Gardekosakenregiment gesehen haben will. In Polen herrscht Ruhe, die russische Polizei und die russischen Strafen, die das Wiederholen politischer Wühlereien denselben Subjekten unmöglich machen, sichern mehr noch die Ruhe in Polen als die Kanonen der Citadelle Warschau's und die russischen Truppen. Die strenge Absperrung der polnisch-russischen Grenze vor dem materiellen und geistigen Einschmuggeln aller gefährlich scheinenden Neuerungen wird unerbittlich durchgeführt. In diesen Tagen z. B. kehrte ein polnischer Geistlicher, der emigrirt war, nach Polen zurück, nachdem er von dem Fürsten Statthalter und selbst aus Petersburg seine Begnadigung und Amnestie erhalten hatte. Bis zum polnischen Grenzamte Szczppiorno begleitete den Amnestirten ‒ Jastrzebski mit Namen, einer seiner Freunde aus dem Poseuschen mit einem vollkommen gültigen preußischen Passe, in der Absicht, denselben in Kalisch den polnisch-russischen Behörden vorzustellen. Sobald jedoch die Angelegenheit am Grenzamte amtlich erörtert war wurde dem preußischen Begleiter angedeutet, sofort zurückzukehren, der Amnestirte dagegen wurde von einer Kosakeneskorte nach Kalisch transportirt, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird ihm wohl nie die Gelegenheit werden, demokratische Ideen zu verbreiten. (Bresl. Ztg.) Warschau, 10. Febr. Das Bureau des Warschauer Oberpolizeimeisters fordert fast täglich durch Zeitungen verschiedene Personen, welche sich aus dem Königreich ohne Paß entfernt oder nach Ablauf ihrer Urlaubszeit im Auslande verblieben sind, auf, bei Strafe der Sequestration des ganzen Vermögens und ewiger Verbannung schleunigst zurückzukehren. In einer der letzten Citationen finden wir mit Erstaunen auch den Namen des bekannten Bankiers Peter Steinkeller, der im Lande durch großartige industrielle Unternehmungen sich die allgemeine Anerkennung im hohen Grade erworben hatte. (Osts. Ztg.) (Dieser Steinkeller ist derselbe, der die berühmten Zellenwagen, genannt Steinkellerka, zum Transport der Gefangenen nach Sibirien erfunden hat.) Ungarn. _ Von der siebenbürgischen Gränze schreibt man der Breslauer Zeitung folgenden germanisch-walachisch-kaiserlichen Heulartikel, der übrigens die Infamien der k. k. Generale bestätigt: Es fällt auf, daß die östreichische Regierung trotz wiederholter Aufforderungen von Seiten der Sachsen und Romanen, die seit Mai v. J. im blutigen Bürgerkrieg mit den Magyaren verwickelt sind, keine ausreichende Truppenmasse nach Siebenbürgen geworfen hat, wodurch das schöne Land den gräßlichsten Verwüstungen Preis gegeben ist und die Verzweiflung der der östreichischen Krone treu ergebenen Bevölkerung aufs Höchste angefacht werden mußte. Dies scheint auch der Grund zu sein, daß sich bei Vielen die Ansicht bildete, es sei hierbei auf eine Nothwendigkeit russischer Hülfe gemünzt und läge ein politischer Plan in Bezug auf Ländertheilungen in der nördlichen Türkei im Hintergrunde. Wahrhaft betrübend gestaltet sich aber das Loos der Deutschen in den untern Gegenden, denn bei aller Hingebung für die Sache, der sie sich anschließen, scheinen sie überall nur dazu bestimmt, den ganzen bittern Kelch des Bürgerkrieges zu leeren. Während sie im Sachsenboden für die Sache des Kaisers durch das Schwert des Szeklers leiden müssen, bluten sie hinwiederum im Banat, wo sie die Partei des Magyarismus mit Hartnäckigkeit verfochten haben, unter den Gräuelthaten kroatischer Horden. So hat der nach Suplikatz Tode zum serbischen Woywoden ernannte General Theodorovich gleich nach dem Einzuge in das von seinen deutschen Bewohnern mit einem allseitig angestaunten Heldenmuth vertheidigte Weißkirchen ein schreckliches Blutgericht unter der männlichen Bevölkerung gehalten, indem er 400 aufhängen und von der übrigen Volksmenge jeden fünfzigsten Mann erschießen ließ. So wird in dem frommen Oestreich gegenwärtig Krieg geführt und zwar nicht etwa von den wilden Horden der Szekler, sondern von den k. k. Generalen. Derlei Gräuelthaten lassen erst die Erscheinungen des 30jährigen Krieges innerlich verstehen und viele derselben könnten, ohne einen Anachronismus besorgen zu müssen, als Illustrationen den Geschichtsbüchern des 17. Jahrhunderts eingeheftet werden. ‒ Wie es heißt, will man die Reichsdomänen in Ungarn für das neue Anlehen, das sehr schwierig ist, hypotheziren und Graf Almassy als Chef der Kameraldirektion in Ofen, ist eifrig damit beschäftigt, den Nennwerth derselben zu entziffern. Vielleicht hängt damit auch die endliche Lösung der ungarischen Banknotenfrage zusammen. Schweiz. Bern, 19. Febr. Der sizilianische Abgesandte, Herr Vito Beltrami, hat eine Zuschrift an den Bundesrath gerichtet, die über den Zweck seiner Mission endlich nähern Aufschluß gibt. Sizilien ist geneigt, behufs Auflösung der Kapitulation mit Neapel und Entschädigung der Offiziere und Soldaten für seinen Theil einen angemessenen Beitrag zu leisten, sofern die Auflösung noch während dieses Krieges stattfinde. ‒ Der Ritter v. Reuwall, Geschäftsträger der deutschen Centralgewalt, hat Bern plötzlich verlassen, worüber nun verschiedene Gerüchte zirkuliren. Man weiß nicht, ob er bloß Urlaub [Fortsetzung] Webers-Creek, 6. Juli. Eine weitere mehrtägige Erfahrung in der Nähe der Mühle überzeugte uns von dem großen Zeitverlust und der vielen Mühe beim Transport des Minerals nach dem Flusse. Deshalb kamen wir überein, uns nach einer günstigeren Stelle umzusehen. So lange wir in der Mühle waren, hörten wir beständig davon reden, daß man im „Webers-Creek“ das Gold in größerer Masse finde. So wollten wir denn unser Glück auf jener Seite versuchen. Unter „Webers-Creek“ versteht man einen kleinen Bach, einen nördlichen Zufluß der „amerikanischen Gabel“ (Fork) oder des Amerikanerflusses. Denn beide Benennungen sind im Gebrauch. Am Morgen brachen wir auf und waren Abends an Ort und Stelle. Auf unserm Wege trafen wir überall Arbeiter („Goldarbeiter“ im eigentlichen Sinne), Zelte, Lager. Heute früh standen wir zeitig auf und suchten alsbald eine passende Stelle für unsere Arbeiten. Wir fanden bald, etwa 15 engl. Meilen vom Einfluß des Weber's-Creek in die „amerikanische Gabel“, einen Ort, für den wir uns entschieden Es war ein wirkliches Lager, zwar nicht so zahlreich, wie bei den Mormonen-Gruben, aber doch aus vielen Leuten bestehend. Die Einen arbeiteten im Flußbette selbst, die Andern, und ihrer waren die Meisten, durchstöberten die von den Bergen herabsteigenden Schluchten. Jene gewannen mehr an Masse, diese erlangten größere und werthvollere Stücke. Man sagt uns, daß die Bergspalten sehr reich sind, die Ausbeutung des Flußbettes aber sicherer ist. Im Gebirge findet man sehr häufig Goldkörner von mehreren Unzen, oft aber trifft man auch halbe Tage lang gar nichts, während man im Flußbett stets sicher ist, täglich wenigstens 1 Unze, bisweilen aber mehr, zu gewinnen. Diese Gründe bestimmten uns, das Arbeiten im Wasser vorzuziehen. Unsere erste Sorge war auf Zusammensetzung einer „Cradle“ gerichtet. In einer Bude fanden wir Bretter zum Verkauf, doch war der verlangte Preis so enorm, daß wir nicht Handels einig wurden. Wir suchten uns also das nöthige Holz im Walde und das Werk gelang uns mit Hülfe eines Schiffszimmermanns, der, sehr höflich und zuvorkommend gegen uns, blos 30 Dollars täglichen Arbeitslohn ausbedang. Wir haben stark gearbeitet; die Hitze, hier viel ärger als an der Küste, war erdrückend; doch genug, es ist überstanden. 8. Juli. Während wir nach dem Mittagessen uns einen Augenblick Ruhe gönnten, entstand im Lager plötzlich ein großer Lärm. Alles stürzte aus den Zelten, rief die Nachbarn und drängte sich um eine Reitergruppe. Bradley und ich gingen gleich den Uebrigen hin. Es war Oberst Mason, der mit seinem Adjutanten und einer Eskorte den Goldminen einen Besuch abstattete, um der Regierung in Washington darüber zu berichten. Bradley bot sich ihm für das Lager von Weber's-Creek zum Führer an. Als er ins Zelt zurückkam, theilte er uns mit, daß der Oberst und seine Eskorte noch den nämlichen Abend nach dem Fort des Capitän Suter abreisen werde. Bradley nahm mich bei Seite und frug um meine Ansicht, ob ich dies nicht für eine gute Gelegenheit hielte, um unser bis jetzt gesammeltes Gold dem Kapitän zu übersenden, der gegen angemessene Kommissionsgebühren es weiter an einen Kaufmann in Monterey konsigniren würde. Die Menge unseres Goldes setzte uns bereits in Verlegenheit und wir waren stets in wahrer Todesangst, es möchte uns irgend ein Unglück zustoßen. „Das ist der Augenblick“, sagte Bradley weiter, „um unsern Gewinnst in Sicherheit zu bringen“. Er kannte den Obersten, da er unter ihm gedient und erbot sich, wenn der Vorschlag Beifall finde, den Transport unserer Reichthümer zum Kapitän Suter selber zu übernehmen. Der Vorschlag hatte etwas Vernünftiges an sich und der Oberst hatte auf eine Anfrage geantwortet, daß er sehr gern die Begleitung Bradley's annehme. Wir versammelten uns demgemäß, das von uns gesammelte Gold wurde vor unsern Augen gewogen, und es ergab sich, daß wir, sechs Personen an der Zahl, durch noch nicht 20tägige Arbeit 27 Pfund und 8 Unzen Gold (auf 4000 Dollars geschätzt) gewonnen hatten. Bradley gab uns Quittung und verpflichtete sich, eine Empfangsbescheinigung vom Kapitän Suter zurückzubringen. Jetzt wurde das Gold in einen kleinen Mantelsack gethan, gehörig verwahrt und auf das beste auf eins von unsern Pferden gepackt, das Bradley neben sich mitführen sollte. Er selbst bewaffnete sich mit Büchse und Pistolen, und reiste endlich gegen Abend mit dem Obersten ab. Mittwoch, 12. Juli. Endlich hatten wir unsre „Cradles“ fertig und begaben uns Montags an die Arbeit. Den Sonntag benutzte ich zu einem Besuch in den nahen Lagern. Ich fand eine große Zahl der Goldwühler an intermittirenden Fiebern leidend. Ich wundre mich nicht darüber. Die schlechte Nahrung, die unaufhörliche Sonnenhitze, der Einfluß der feuchten Nächte: das genügt, um gefährliche Krankheiten zu erzeugen. Montags arbeiteten wir nun tüchtig, scharrten, gruben, hackten und füllten und schwenkten unsre „Cradles“. Am Abende ergab sich folgender Ertrag: mit der einen Maschine hatten wir 9, mit der andern 7 1/2 Unzen (insgesammt 1346 Fr. 20 Cent.) gewonnen. Früh kehrte Bradley zurück. Suter hatte Alles zu unserer Zufriedenheit geordnet. Gegen Abend kam ein Mann zu mir, der das intermittirende Fieber hatte und frug, ob ich ihm Medizin ablassen könnte. Ich gab ihm China und rieth ihm an, sich für einige Zeit auszuruhen und zu pflegen. Am andern Tage sah ich ihn aber in seinen fieberfreien Augenblicken so hastig arbeiten, wie irgend einen Andern. Es hatte sich bald das Gerücht verbreitet, daß sich ein Doktor im Lager befinde, und jetzt werde ich von allen Seiten gerufen, denn die Zahl der Kranken ist groß. Für jeden Besuch erhalte ich in der Regel 1 Unze Gold. Das ist eine vortheilhaftere und weniger angreifende Arbeit, als die an der „Cradle“. Schade, daß die Leute nicht blos meinen Rath sondern auch Medizin brauchen. Ich habe von letzterer nur noch einen kleinen Vorrath, den ich für unsre Gesellschaft bestimmt habe. Von denen, die den ganzen Tag am Ufer der Sonnenhitze ausgesetzt arbeiten, sind bereits mehrere unterlegen. Auch die Dyffenterie fordert bereits Opfer. Die Lage ist nicht heiter. (Fortsetzung folgt.)

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 230. Köln, 24. Februar 1849, S. 1264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz230_1849/2>, abgerufen am 28.04.2024.