Neue Rheinische Zeitung. Nr. 231. Köln, 25. Februar 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No. 231. Köln, Sonntag den 25. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Reusseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte, Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro.17. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Prozeß gegen den rheinischen Kreisausschuß der Demokraten). Düsseldorf. (Croaten. - Die suspendirten Regierungsräthe). Berlin. (Eine königl. Rede an die Truppen. - Börse. - Linde und Hedern. - Gerichtsorganisation. - Helds Lokomotive). Wien. (Kossuths Banknoten). Frankfurt. (National-Versammlung). Kiel. (Rüstung.) Schleswig. (Anfrage). Polen. Lemberg (Russische Gränzsperre). Ungarn. (Näheres über die Magyaren. - Sieg an der Theiß. - Brutalität der Oestreicher. - Lage des Kriegs im Allgemeinen). Agram. (Volksversammlung). Italien. Florenz. (Akte der provisorischen Regierung.) Rom. (Sitzung der Konstituante.) Turin. (Keine Intervention. - Neueste italienische Nachrichten.) Schweiz. Schaffhausen. (Die deutschen Flüchtlinge.) Luzern. (Neapolitanische Werbung.) Franz. Republik. Paris. (Die Mörder Breas. - Die Bürgerartillerie. - Absetzungen. - Politik gegen Italien. - Louis Bonaparte - Das Elend des Volkes. - Vermischtes. - Nationalversammlung.) Großbritannien. London. (Vermischtes.) Deutschland. * Köln, 24. Februar. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Venus und Adonis *) Von Shakspeare. Uebersetzt von F. Freiligrath. (Fortsetzung.) Ganz freundlich nun ergreift sie seine Hand; 'S ist eine Lilie, rings von Schnee umzäunt; 'S ist Elfenbein, das Marmor licht umspannt: So weißen Feind umfängt so weiß ein Freund. Dies schöne Kämpfen, dieses süße Rauben, Dem Schnäbeln gleicht es zweier Silbertauben. Und noch einmal jetzt hebt sie stürmend an: "Du schönster Wandler auf dem ird'schen Runde! Wär'st du, wie ich, doch! wär' doch ich ein Mann! Wär' mein Herz heil, und trügest du das wunde! Ein süßer Blick - und Rath wollt' ich dir geben, Müßt' ich dich retten auch mit meinem Leben!" "Die Hand," spricht er, "wozu mich länger quälen?" "Dein Herz!" spricht sie, "und gleich sollst du sie haben! O lasse dein Herz meines nicht verstählen! Zu hart ja würd' es, Seufzer drein zu graben! Des Fleh'ns der Liebe hätt' ich nimmer Acht, Wenn stählern dein Herz meines hart gemacht!" "Schmach!" ruft er aus, "was hältst du mich gefangen? Hin ist mein Tag! mein Renner jagt im Hain! Nur deine Schuld ist's, daß er durchgegangen! Fort, sag' ich, fort! und laß mich hier allein! Denn nicht gedenk' ich heut noch andrer Dinge, Als wie zurück ich meinen Flüchtling bringe! So ihr Erwidern: "Zürne nicht den Pferden! Der Brunst zu folgen ist des Thieres Pflicht. Lieb' ist die Kohle, die gekühlt muß werden, Soll sie das Herz in Flammen setzen nicht! Die See hat Gränzen, keine das Verlangen: Warum denn staunen, daß dein Roß gegangen? "Wie stand dein Zelter mährengleich und trübe, Als ihn dein Leder fest noch hielt am Baum! Doch als er nahn sah seine stolze Liebe, Ha, wie zerriß er trotzig da den Zaum! Wie flog sein Haar, wie schnob er wild und bräuend, Genick und Nacken, Maul und Brust befreiend! "Wer die Geliebte sieht in ihren Kissen, Nackt, weißer schimmernd, als des Lagers Lein: Mag der vom Schwelgen nur des Auges wissen? Er lodert ganz, will ihrer ganz sich freun. Wer ist so muthlos, der nicht auch so kühn, Bei Frost zu rühren an der Flamme Glühn? "Laß mich entschuld'gen deinen Renner, Knabe! Und lern' von ihm, ich bitt' dich herzlich drum, Wie du benutzest dargebotne Gabe! Dies Eine lehr' ich dich, und wär' ich stumm: O, lerne Lieben! leicht ja ist die Müh', Und kannst du's einmal, du verlernst es nie!" "Ich will's nicht lernen!" ruft er, "wär's ein Schwein, Ein Eber noch: dann wollt' ich's jagen gehen! Es ist ein Borgen - ich mag nichts entleihn! Meine Lieb' zur Lieb' ist Lieb' nur, Lieb zu schmähen! Im Tod ein Leben ist sie, sagt man mir, Das lacht und weint in Einem Athem schier. "Wer legt ein Kleid auch unvollendet an? Wer bricht die Knospe, eh' sie Blätter kerben? Wird Keimendem ein Jott nur abgethan, So muß es kläglich schon als Keim verderben. Das Pferd, das man zu früh ritt und belud, Verliert den Stolz, bleibt ewig ohne Muth! "Du ringst die Hand mir aus! Auf, uns zu trennen! Dein nutzlos Reden, laß es endlich sein! Hör' endlich auf, die Brust mir zu berennen - Nie durch ihr Thor doch zieht die Liebe ein! Fort deine Heuchelthränen, dein Gewäsche! Mein Herz ist hart - sie machen keine Bresche!" Sie drauf: "Du sprichst? Was, hast du eine Zunge? Es sei! doch wär' ich jetzt nur ohne Ohr! Denn wie Sirenen redest du mein Junge! Zwiefach jetzt duld' ich, duldend schon zuvor! Melod'scher Mißlaut! Himmelslied voll Strenge! Herztödtende, tiefsüße Erdenklänge! "Hätt' ich nicht Augen: jene ungeseh'ne Inwend'ge Schönheit hörend würd' ich lieben; Taub aber, fühlt' ich deine äußre Schöne Mit jedem Theile, dem Gefühl geblieben. Ohn' Aug' und Ohr in Liebe würd' ich sein, Und nach dir lechzen - durch's Gefühl allein! *) Siehe "N. Rh. Ztg." Nro. 131 u. 141. - Die Fortsetzungen dieser Uebertragung werden sich von nun an in kurzen Zwischenräumen folgen.
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No. 231. Köln, Sonntag den 25. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Reusseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte, Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro.17. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Prozeß gegen den rheinischen Kreisausschuß der Demokraten). Düsseldorf. (Croaten. ‒ Die suspendirten Regierungsräthe). Berlin. (Eine königl. Rede an die Truppen. ‒ Börse. ‒ Linde und Hedern. ‒ Gerichtsorganisation. ‒ Helds Lokomotive). Wien. (Kossuths Banknoten). Frankfurt. (National-Versammlung). Kiel. (Rüstung.) Schleswig. (Anfrage). Polen. Lemberg (Russische Gränzsperre). Ungarn. (Näheres über die Magyaren. ‒ Sieg an der Theiß. ‒ Brutalität der Oestreicher. ‒ Lage des Kriegs im Allgemeinen). Agram. (Volksversammlung). Italien. Florenz. (Akte der provisorischen Regierung.) Rom. (Sitzung der Konstituante.) Turin. (Keine Intervention. ‒ Neueste italienische Nachrichten.) Schweiz. Schaffhausen. (Die deutschen Flüchtlinge.) Luzern. (Neapolitanische Werbung.) Franz. Republik. Paris. (Die Mörder Breas. ‒ Die Bürgerartillerie. ‒ Absetzungen. ‒ Politik gegen Italien. ‒ Louis Bonaparte ‒ Das Elend des Volkes. ‒ Vermischtes. ‒ Nationalversammlung.) Großbritannien. London. (Vermischtes.) Deutschland. * Köln, 24. Februar. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Venus und Adonis *) Von Shakspeare. Uebersetzt von F. Freiligrath. (Fortsetzung.) Ganz freundlich nun ergreift sie seine Hand; 'S ist eine Lilie, rings von Schnee umzäunt; 'S ist Elfenbein, das Marmor licht umspannt: So weißen Feind umfängt so weiß ein Freund. Dies schöne Kämpfen, dieses süße Rauben, Dem Schnäbeln gleicht es zweier Silbertauben. Und noch einmal jetzt hebt sie stürmend an: „Du schönster Wandler auf dem ird'schen Runde! Wär'st du, wie ich, doch! wär' doch ich ein Mann! Wär' mein Herz heil, und trügest du das wunde! Ein süßer Blick ‒ und Rath wollt' ich dir geben, Müßt' ich dich retten auch mit meinem Leben!“ „Die Hand,“ spricht er, „wozu mich länger quälen?“ „Dein Herz!“ spricht sie, „und gleich sollst du sie haben! O lasse dein Herz meines nicht verstählen! Zu hart ja würd' es, Seufzer drein zu graben! Des Fleh'ns der Liebe hätt' ich nimmer Acht, Wenn stählern dein Herz meines hart gemacht!“ „Schmach!“ ruft er aus, „was hältst du mich gefangen? Hin ist mein Tag! mein Renner jagt im Hain! Nur deine Schuld ist's, daß er durchgegangen! Fort, sag' ich, fort! und laß mich hier allein! Denn nicht gedenk' ich heut noch andrer Dinge, Als wie zurück ich meinen Flüchtling bringe! So ihr Erwidern: „Zürne nicht den Pferden! Der Brunst zu folgen ist des Thieres Pflicht. Lieb' ist die Kohle, die gekühlt muß werden, Soll sie das Herz in Flammen setzen nicht! Die See hat Gränzen, keine das Verlangen: Warum denn staunen, daß dein Roß gegangen? „Wie stand dein Zelter mährengleich und trübe, Als ihn dein Leder fest noch hielt am Baum! Doch als er nahn sah seine stolze Liebe, Ha, wie zerriß er trotzig da den Zaum! Wie flog sein Haar, wie schnob er wild und bräuend, Genick und Nacken, Maul und Brust befreiend! „Wer die Geliebte sieht in ihren Kissen, Nackt, weißer schimmernd, als des Lagers Lein: Mag der vom Schwelgen nur des Auges wissen? Er lodert ganz, will ihrer ganz sich freun. Wer ist so muthlos, der nicht auch so kühn, Bei Frost zu rühren an der Flamme Glühn? „Laß mich entschuld'gen deinen Renner, Knabe! Und lern' von ihm, ich bitt' dich herzlich drum, Wie du benutzest dargebotne Gabe! Dies Eine lehr' ich dich, und wär' ich stumm: O, lerne Lieben! leicht ja ist die Müh', Und kannst du's einmal, du verlernst es nie!“ „Ich will's nicht lernen!“ ruft er, „wär's ein Schwein, Ein Eber noch: dann wollt' ich's jagen gehen! Es ist ein Borgen ‒ ich mag nichts entleihn! Meine Lieb' zur Lieb' ist Lieb' nur, Lieb zu schmähen! Im Tod ein Leben ist sie, sagt man mir, Das lacht und weint in Einem Athem schier. „Wer legt ein Kleid auch unvollendet an? Wer bricht die Knospe, eh' sie Blätter kerben? Wird Keimendem ein Jott nur abgethan, So muß es kläglich schon als Keim verderben. Das Pferd, das man zu früh ritt und belud, Verliert den Stolz, bleibt ewig ohne Muth! „Du ringst die Hand mir aus! Auf, uns zu trennen! Dein nutzlos Reden, laß es endlich sein! Hör' endlich auf, die Brust mir zu berennen ‒ Nie durch ihr Thor doch zieht die Liebe ein! Fort deine Heuchelthränen, dein Gewäsche! Mein Herz ist hart ‒ sie machen keine Bresche!“ Sie drauf: „Du sprichst? Was, hast du eine Zunge? Es sei! doch wär' ich jetzt nur ohne Ohr! Denn wie Sirenen redest du mein Junge! Zwiefach jetzt duld' ich, duldend schon zuvor! Melod'scher Mißlaut! Himmelslied voll Strenge! Herztödtende, tiefsüße Erdenklänge! „Hätt' ich nicht Augen: jene ungeseh'ne Inwend'ge Schönheit hörend würd' ich lieben; Taub aber, fühlt' ich deine äußre Schöne Mit jedem Theile, dem Gefühl geblieben. Ohn' Aug' und Ohr in Liebe würd' ich sein, Und nach dir lechzen ‒ durch's Gefühl allein! *) Siehe „N. Rh. Ztg.“ Nro. 131 u. 141. ‒ Die Fortsetzungen dieser Uebertragung werden sich von nun an in kurzen Zwischenräumen folgen.
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Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No. 231. Köln, Sonntag den 25. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Reusseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte, Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro.17.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der Prozeß gegen den rheinischen Kreisausschuß der Demokraten). Düsseldorf. (Croaten. ‒ Die suspendirten Regierungsräthe). Berlin. (Eine königl. Rede an die Truppen. ‒ Börse. ‒ Linde und Hedern. ‒ Gerichtsorganisation. ‒ Helds Lokomotive). Wien. (Kossuths Banknoten). Frankfurt. (National-Versammlung). Kiel. (Rüstung.) Schleswig. (Anfrage).
Polen. Lemberg (Russische Gränzsperre).
Ungarn. (Näheres über die Magyaren. ‒ Sieg an der Theiß. ‒ Brutalität der Oestreicher. ‒ Lage des Kriegs im Allgemeinen). Agram. (Volksversammlung).
Italien. Florenz. (Akte der provisorischen Regierung.) Rom. (Sitzung der Konstituante.) Turin. (Keine Intervention. ‒ Neueste italienische Nachrichten.)
Schweiz. Schaffhausen. (Die deutschen Flüchtlinge.) Luzern. (Neapolitanische Werbung.)
Franz. Republik. Paris. (Die Mörder Breas. ‒ Die Bürgerartillerie. ‒ Absetzungen. ‒ Politik gegen Italien. ‒ Louis Bonaparte ‒ Das Elend des Volkes. ‒ Vermischtes. ‒ Nationalversammlung.)
Großbritannien. London. (Vermischtes.)
Deutschland. * Köln, 24. Februar. _ Venus und Adonis *) Von Shakspeare.
Uebersetzt von F. Freiligrath.
(Fortsetzung.)
Ganz freundlich nun ergreift sie seine Hand;
'S ist eine Lilie, rings von Schnee umzäunt;
'S ist Elfenbein, das Marmor licht umspannt:
So weißen Feind umfängt so weiß ein Freund.
Dies schöne Kämpfen, dieses süße Rauben,
Dem Schnäbeln gleicht es zweier Silbertauben.
Und noch einmal jetzt hebt sie stürmend an:
„Du schönster Wandler auf dem ird'schen Runde!
Wär'st du, wie ich, doch! wär' doch ich ein Mann!
Wär' mein Herz heil, und trügest du das wunde!
Ein süßer Blick ‒ und Rath wollt' ich dir geben,
Müßt' ich dich retten auch mit meinem Leben!“
„Die Hand,“ spricht er, „wozu mich länger quälen?“
„Dein Herz!“ spricht sie, „und gleich sollst du sie haben!
O lasse dein Herz meines nicht verstählen!
Zu hart ja würd' es, Seufzer drein zu graben!
Des Fleh'ns der Liebe hätt' ich nimmer Acht,
Wenn stählern dein Herz meines hart gemacht!“
„Schmach!“ ruft er aus, „was hältst du mich gefangen?
Hin ist mein Tag! mein Renner jagt im Hain!
Nur deine Schuld ist's, daß er durchgegangen!
Fort, sag' ich, fort! und laß mich hier allein!
Denn nicht gedenk' ich heut noch andrer Dinge,
Als wie zurück ich meinen Flüchtling bringe!
So ihr Erwidern: „Zürne nicht den Pferden!
Der Brunst zu folgen ist des Thieres Pflicht.
Lieb' ist die Kohle, die gekühlt muß werden,
Soll sie das Herz in Flammen setzen nicht!
Die See hat Gränzen, keine das Verlangen:
Warum denn staunen, daß dein Roß gegangen?
„Wie stand dein Zelter mährengleich und trübe,
Als ihn dein Leder fest noch hielt am Baum!
Doch als er nahn sah seine stolze Liebe,
Ha, wie zerriß er trotzig da den Zaum!
Wie flog sein Haar, wie schnob er wild und bräuend,
Genick und Nacken, Maul und Brust befreiend!
„Wer die Geliebte sieht in ihren Kissen,
Nackt, weißer schimmernd, als des Lagers Lein:
Mag der vom Schwelgen nur des Auges wissen?
Er lodert ganz, will ihrer ganz sich freun.
Wer ist so muthlos, der nicht auch so kühn,
Bei Frost zu rühren an der Flamme Glühn?
„Laß mich entschuld'gen deinen Renner, Knabe!
Und lern' von ihm, ich bitt' dich herzlich drum,
Wie du benutzest dargebotne Gabe!
Dies Eine lehr' ich dich, und wär' ich stumm:
O, lerne Lieben! leicht ja ist die Müh',
Und kannst du's einmal, du verlernst es nie!“
„Ich will's nicht lernen!“ ruft er, „wär's ein Schwein,
Ein Eber noch: dann wollt' ich's jagen gehen!
Es ist ein Borgen ‒ ich mag nichts entleihn!
Meine Lieb' zur Lieb' ist Lieb' nur, Lieb zu schmähen!
Im Tod ein Leben ist sie, sagt man mir,
Das lacht und weint in Einem Athem schier.
„Wer legt ein Kleid auch unvollendet an?
Wer bricht die Knospe, eh' sie Blätter kerben?
Wird Keimendem ein Jott nur abgethan,
So muß es kläglich schon als Keim verderben.
Das Pferd, das man zu früh ritt und belud,
Verliert den Stolz, bleibt ewig ohne Muth!
„Du ringst die Hand mir aus! Auf, uns zu trennen!
Dein nutzlos Reden, laß es endlich sein!
Hör' endlich auf, die Brust mir zu berennen ‒
Nie durch ihr Thor doch zieht die Liebe ein!
Fort deine Heuchelthränen, dein Gewäsche!
Mein Herz ist hart ‒ sie machen keine Bresche!“
Sie drauf: „Du sprichst? Was, hast du eine Zunge?
Es sei! doch wär' ich jetzt nur ohne Ohr!
Denn wie Sirenen redest du mein Junge!
Zwiefach jetzt duld' ich, duldend schon zuvor!
Melod'scher Mißlaut! Himmelslied voll Strenge!
Herztödtende, tiefsüße Erdenklänge!
„Hätt' ich nicht Augen: jene ungeseh'ne
Inwend'ge Schönheit hörend würd' ich lieben;
Taub aber, fühlt' ich deine äußre Schöne
Mit jedem Theile, dem Gefühl geblieben.
Ohn' Aug' und Ohr in Liebe würd' ich sein,
Und nach dir lechzen ‒ durch's Gefühl allein!
*) Siehe „N. Rh. Ztg.“ Nro. 131 u. 141. ‒ Die Fortsetzungen dieser Uebertragung werden sich von nun an in kurzen Zwischenräumen folgen.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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