Neue Rheinische Zeitung. Nr. 233. Köln, 28. Februar 1849.Freiwillige zu den Waffen greifen, so spreche man nicht mehr von Freiheit! Wenn das Volk sein Versprechen hält, so wird die Regierung ihren Pflichten nachzukommen wissen. Sie wird die Anarchie im Innern bekämpfen, und die Vertheidigung zu führen wissen gegen die fremde Invasion: sie wird thun, was Gott und das Gewissen ihr befehlen. Man rege an die Lauen, Gleichgültigen und Widerspenstigen; wie wir jetzt stehn, ist es besser vorwärts zu schreiten, als auf dem Platze stehn zu bleiben; das schlimmste aller Uebel ist die Trägheit, die Bewegungslosigkeit. Ihr bleibt ruhig zu Hause? und wer wird Euch vor Brandstiftung schützen? Ihr verberget Euer Geld, und verweigert es dem Vaterlande, welches es verlangt! Aber wer wird Euch vertheidigen gegen den Kroaten, der es Euch mit dem Stocke in der Hand abverlangen kann? Ihr verderbt das Herz des Bauern! Ihr macht ihn abwendig vom Kriege, aber wer wird Eure Erndten schützen gegen die Ausfälle der feindlichen Cavallerie? Zweifelt Ihr noch? Seht die Lombardei an, und seht, ob es nicht die Wahrheit ist. Florenz, den 16. Februar 1849. Die provisorische Regierung: F. D. Guerazzi, O. Mazzoni, G. Montanelli. Venedig. Die allgemeine Stimmung ist entschieden für Krieg mit Oestreich und einen italienischen Verfassungsrath. General Olivero aus Piemont ist hier, um sich mit General Pepe über die Kriegsfrage zu berathen. Die venezianisch-sardinische Flotte soll nächstens den Triestinern einen Besuch abstatten. Die Blokade soll vom Festlande aus strenger gehandhabt werden, doch spürt man bis jetzt noch wenig davon. Konscriptionspflichtige Lombarden kommen in Menge hier an. Glücklicher Weise sind wir mit Lebensmitteln hinreichend versehen, nur an Holz fehlt es. - Das Fort O hat den Namen Manin erhalten. - Die Schweizerkompagnie des Hauptmann Debrunner trägt jetzt rothe Tschakkos. - Eine Adresse der hiesigen Schweizer an den Nationalrath, in Betreff der Kapitulationen, erhält viele Unterschriften. - Am 22. März wird ein Erinnerungsfest an die vorjährige Proklamation der Republik Venedig, stattfinden. - Von der Regierung wurden vom 16. Sept. v. J. bis zum 31. Jan. d. J. 5,253,200 Lire Papiergeld in Umlauf gesetzt, von welchen indessen seither 315,000 amortisirt worden sind; für den Rest obiger Summe haften 2110 Accepte hiesiger Kaufleute, etc. Von den votirten 12 Mill. Municipal-Papiergeld ist bereits die Hälfte in Umlauf. Großbritannien. * London, 24. Febr. Der Vollziehungs-Ausschuß der Chartisten wendet sich wegen energischer Agitation zur Durchsetzung der Finanzreform und der Volkscharter in nachstehender Zuschrift an die Chartisten von Großbritannien: "Landsleute! Wir haben beschlossen, die große Frage wegen durchgreifender Reform des Unterhauses abermals vor's Parlament zu bringen - die große Frage, ob eine kleine usurpatorische Fraction noch länger anmaßend die Geschicke dieses Landes entscheiden soll, oder ob jene Pflicht nicht eine heilige Obliegenheit des ganzen Volkes ist? Daß die Lösung dieses wichtigen Problems vom Volke selbst abhängt, ist die von den Weisen der Welt in jeder Epoche ihrer Geschichte verfochtene Ansicht. Seit Anfang der Freiheitsbewegungen in diesem Lande, waren die Umstände für den Fortschritt niemals günstiger als eben jetzt. Nur einen großen und beklagenswerthen Mangel muß abgeholfen werden, eh' diese Umstände eine irgend günstige Wirkung äußern können: das Volk muß sich aus dem schlimmer als verbrecherischen Schlafe erheben, in den es versunken ist. Seine Unthätigkeit ist die Wonne der Unterdrücker und zugleich der Schmerz des Vaterlandsfreundes. Mit Kummer, doch nicht mit Verzweiflung, blicken wir auf seine Passivität bei dem vielfachen Unrecht, das es erduldet. Wir hegen den lebendigen Glauben an die Wahrheit und den schließlichen Erfolg der Prinzipien der Demokratie und nähren zugleich die starke Hoffnung, daß jene dem Menschengeschlecht inwohnende Freiheitsliebe sich in den Herzen und Gemüthern der bisher trägen Massen Großbritanniens noch fruchtbar erweisen wird. Es kommt uns ziemlich seltsam vor, Landsleute, daß das Volk hier, gleich wie vom Opium erfüllt, still und ruhig dasteht, während der Donner der Revolution die Nationen der Erde aus hundertjährigem Schlaf erweckt und den Herzen ihrer jämmerlichen Tyrannen eine heilsame Furcht einjagt. Wenige Völker in Europa giebt's, die nicht während des ereignißvollen Jahres 1848 irgend ein Gut, sei's durch Verminderung von Uebelständen und Beschwerden sei's durch Erweiterung ihrer Freiheit, gewonnen hätten. Einige haben ihre Despoten auf unfreiwillige Pilgerfahrten in die Welt hinausgeschickt und die Leitung ihrer Angelegenheiten in die eigenen Hände genommen. Was fragen wir uns hier: Welchen Fortschritt auf der Bahn der Freiheit hat England gemacht? Welche Konzession ist den politischgefesselten und social herabgewürdigten Millionen zu Theil geworden? Welche Verbesserung in der elenden Lage der großen Masse unsrer Arbeiterbevölkerung ist zu Stande gekommen? Ach! die Antwort ist allzu notorisch, um der Wiederholung zu bedürfen. Wäre es nöthig, Landsleute, Euch einen Beweggrund zur Thätigkeit zu liefern, um schleunig zur Erschaffung eines ehrenhaften Unterhauses die erforderliche Macht zu erlangen: so findet Ihr ihn in dem Umstande, daß das Parlament während ein paar Monaten des vorigen Jahres auf den Antrieb jener schönen Klicke, des Russell'schen Kabinets, vier monströse Zwangsgesetze annahm. Ihr findet den Beweggrund ferner in der Thatsache, daß die erste Handlung der jetzigen Session darin bestand, Irland, dieser nationalen Bastille, dem schrecklichen Golgatha, dem Lande entnervter Invaliden, eine neue Schmach anzuthun, ein neues grausames Unrecht auf dasselbe zu häufen. Whigs, Torics und Liberal-Reformer scheinen in ihren Anstrengungen zu wetteifern, um die Scorpionen-Geißel der Unterdrückung in die Hände seiner Beherrscher zu legen. Wir erinnern Euch an dieses tyrannische Verfahren in der Absicht, Euch anzustacheln zur Befreiung der entwürdigten Menschheit von der auszehrenden Herrschaft einer angemaßten, unverantwortlichen Gewalt. Wir haben mit unserm Kollegen, O'Connor, über den Zeitpunkt, die Gesinnung des Parlaments in Betreff der Charter zu erforschen, Berathung gepflogen. O'Connor hat zugesagt, den Gegenstand Mitte nächsten Mai's in aller Form zur Kenntniß des Unterhauses zu bringen. Seine Bemühungen werden, wenn nicht vom Volk mit Energie unterstützt, von geringem Nutzen sein. Ihr habt hinreichende Zeit, die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Gegenstand zu lenken und Eure Petitionen angemessen und zahlreich unterzeichnen zu lassen. Ein Petitionsformular wird in der nächsten Nr. des "Northern-Star" erscheinen und kann, je nach den Wünschen der einzelnen Lokalitäten, in dieser Form angenommen oder im Ausdruck verändert werden. Die Petitionen jeder Stadt oder jeden Distriktes müssen dann nach sorgfältiger Durchmusterung, damit alle Ungehörigkeiten wegfallen, dem Repräsentanten der Lokalität zur Ueberreichung an's Parlament zugestellt werden. Landsleute, wir bezeichnen Euch diese Arbeit mit dem vollen Vertrauen, daß Ihr sie nicht vernachlässigen werdet. Wir bitten Euch inständig, alle Trägheit von Euch zu werfen und so Eure Feinde des Grundes, daß Ihr gegen Eure Rechte gleichgültig wäret, zu berauben. Auf denn, Chartisten, und an's Werk! Strengt Euch an, den bisher leeren Ruhm, daß "Briten niemals Sklaven sein werden" zur Wirklichkeit zu machen! T. Clark, W. Diron, P. M'Grath, E. Stallwood, G. Julian Harney. * London, 24. Febr. Unter den zahlreichen Meetings, die besonders seit Eröffnung der diesjährigen Parlamentssession hier abgehalten wurden, verdient das von dem chartistischen Vollziehungs-Ausschusse zusammenberufene spezielle Erwähnung. Es fand am verflossenen Dienstage statt und war massenhaft besucht. Clark beantragte die erste Resolution, zu deren Begründung er u. A. sagte: Die Resolution behauptet zwei bestimmte Prinzipien, von denen das eine sich auf die Art der Steuererhebung, das andere auf eine gesunde wahrhafte Vertretung des Volkes im Parlamente bezieht. Ersteres erklärt die direkte Besteuerung für die einzige ehrliche Weise zur Unterstützung der Nationalinstitutionen die erforderlichen Staatseinnahmen zu realisiren. Die, welche von dem jetzigen Schwindelsystem der Besteuerung Nutzen ziehen, mögen dies als eine Neuerung betrachten. Gleichwohl besteht diese direkte Besteuerung in unserem Lande bereits in allen auf Lokalverhältnisse bezüglichen Fällen, so die Armen-, Straßen- und Polizeisteuern. Der Zweck, zu welchem jede Lokalsteuer verwandt werden soll, wird genau hingestellt. In Betreff der allgemeinen oder Staatssteuern sind dagegen 9/10 der Zahlenden eben so über die Zwecke wofür, als über den Betrag, den sie zahlen, im Dunkeln. Indem der Staat Steuern auflegt tritt er als Gläubiger denen gegenüber, welche zahlen. Den steuernden Personen, die Kenntniß des von ihnen gezahlten Betrages entziehen, ist, ich wiederhole es, eine Schwindelei, eine Betrügerei. Wüßte jeder genau, wie viel er an den Staat zahlt - und dies kann er bei der jetzigen indirekten Besteuerung niemals wissen - so würden gewiß einerseits die Staatslasten mehr auf die Schultern derer gewälzt werden, die sie zu tragen vermögen, und andrerseits würde eine bedeutende Verminderung der Abgaben schnell erfolgen müssen. Denn Niemand würde dann noch zu den tausenderlei unnützen Ausgaben und Verschleuderungen beitragen wollen. Die hierauf einstimmig angenommene Resolution lautete: "Nach der Ansicht dieses Meetings sind die fiskalischen Einrichtungen dieses Landes ungerecht und äußerst bedrückerisch, da die Staatseinnahmen hauptsächlich aus den Abgaben von den nothwendigsten Lebensbedürfnissen gezogen werden. Das Meeting hält es für die gebieterische Pflicht des Parlaments, unser ganzes Steuersystem zu revidiren, alle indirekte Besteuerung abzuschaffen und die Ausgaben für die Verwaltung dem Eigenthum aufzuerlegen. Auch ist das Meeting der Ansicht, daß das gegenwärtige Repräsentativ-System höchst fehlerhaft ist, und so bleiben wird, bis durch eine Reform desselben jeder erwachsene geistesgesunde Britte (mit Ausnahme der während der Wahlzeit im Gefängniß befindlichen Personen) zur Ausübung jenes Wahlrechts zugezogen wird, das bisher ungerechter Weise das Monopol einer unbedeutenden Minderheit der Bürger dieses Landes war." Auf Grund dieser Resolution wurde sodann eine energische Adresse an's Parlament entworfen, in welcher die beiden Punkte: vollständige Revision des bisherigen Steuer-Systems und Reform der Volksvertretung auf breitester Grundlage, weitläufiger auseinander gesetzt werden. Nach ihrer Unterzeichnung wird sie Feargus O'Connor zugesandt, und von ihm dem Parlament vorgelegt werden. Französische Republik. 17 Paris, 26. Febr. Die Demokraten des Herault-Departement erklären im "Independant" von Montpellier: "Da laut der Verfassungsurkunde die französische Republik Angesichts der Welt proklamirt hat, fremde Nationalitäten zu respektiren und nicht Eroberungen zu machen, wie sie ihrerseits respektirt zu werden erwartet, so würde der vom Ministerium und Präsidenten projektirte, von der Kammer zu votirende, und vom Heer auszuführende Feldzug gegen die römische Republik eine Verletzung der Verfassung sein." Der "Independant" druckt seit einer Woche den bezüglichen Paragraphen der Konstitution als Motto vor jede seiner Nummern. Unsere Freunde Leon Faucher und Odilon-Barrot würden sich freilich im Vertretungsfall dadurch herauszuwickeln versuchen, daß dieser "heilige" Feldzug (wie der Jesuitendeputirte Montalembert ihn nennt) keine Eroberungen beabsichtigt, sondern nur einfach eine Freiheitsabwürgung. Das berüchtigte Legitimistenblatt "Courrier de la Gironde" in Bordeaux sagt am 17. Februar: "Präsident Bonaparte! will man sie nicht mehr als Präsident, wohlan, so handeln Sie als Fürst, und proklamiren sich als solchen" Das heißt wenigstens klar sprechen und bündig. Der "Republicain des Ardennes" in Sedan citirt mit Ironie die am 15. dieses von dem genialen Leon Faucher auf der Tribüne ausgestoßenen Worte: "die Februarrevolution hat Prinzip wie Form der Regierung geändert; auf diesem neuen Pfade ist nunmehr fortzuwandeln; das Land hat dies Resultat, welches durch ein Gefecht von nur einigen Stunden erreicht worden war, fast ohne allen Widerspruch angenommen" - und er stellt gegenüber das Wort des sublimen Generals Bugeaud, des "gallischen Windischgrätz" vor der Versammlung der Lyoner Kaufleute: "Meine Herren! Glauben Sie ja nicht, Paris habe Ihnen die vielen Revolutionen geschickt, nein, nur der verderbte Theil von Paris war es." Und daneben citirt dies boshafte Blatt das aphoristische Wort des Philosophen Odilon Barrot (vielleicht das beste, was diesem je entfahren): "die besagte Rede des Generals Bugeaud ist stupide, und wenn es sich mit ihr ganz so, wie berichtet wird, verhält, dann hat er gleichsam seine eigene Absetzung damit ausgesprochen." Das spitzbübische feingeschniegelte Jüngelchen, Falloux genannt, welches den Jesuitismus ins Unterrichtsministerium einführt soviel es ihm möglich, läßt von allen 86 Präfekten Listen der Abonnenten demokratischer Journale anfertigen. Der "Republicain de la Moselle" in Metz sagt: "Nur ein Loyolist kann es gewesen sein, der ihm diese Inquisitionsmaßregel eingab, die ihre Muster in den ältern Annalen der röm. Priesterherrschaft hat. Jetzt braucht die Reaktion nur durchzudringen mit ihren blutgierigen Gelüsten, und diese Abonnentenlisten, die schon Listen von Verdächtigen sind, werden auf einmal Aechtungslisten. Inzwischen wird durch die frisch eingesetzten Ministerialbeamten, lauter Jesuiten und Königliche, in allen 86 Präfekturen der Wahlakt für die legislative Kammer des Maimonats vorbereitet, und zwar in einer Manier, gegen welche die weiland Duchatel'sche unter dem vertriebenen Könige gar ein Kinderspiel war. Jeder demokratische Kandidat wird jetzt schon von den Wahlagenten als Kommunist bei dem Landmanne verketzert. Wir erklären somit, das Ministerium, indem es solcherlei anordnet und einem Bugeaud das Oberkommando läßt, ist nicht nur mitschuldig, sondern ist Anstifter des Bürgerkriegs. Voll Freuden konstatiren wir unserseits die Agitation der Bauern Bezugs der von den sich restaurirenden Edelleuten 1825 am 27. April dem Lande gestohlenen 1000 Mill. Franken. Das Nähere hievon ist: durch das an jenem unseligen Tage votirte Gesetz wurden 30 Mill. 3pCt. Rente, von einer Milliarde Kapital, zur Liquidation bestimmt. Und zwar laut Art. 5 dieses Gesetzes wurden die Renten fünftelweise, von Jahr zu Jahr, vom 22. Juni 1825 ab, eingetragen; mit Ausnahme der unter 250 Fr. Rente betragenden Entschädigungen, welche nämlich vollständig und auf einmal eingeschrieben wurden. Am 31. Decbr. 1831 waren die Operationen der Liquidation beendet, und die Summe der Renten belief sich auf 25,995,310 Fr. oder auf 866,510,333 Kapital; was also ein Minus von 133,489,657 Fr. Kapital von jenen 1000 Mill. anzeigt. Das Gesetz vom 5. Januar 1831 tilgte die Verfügung des Aprilgesetzes, nach der die freigebliebenen Gelder ein gemeinsamer Fonds werden sollten, um die beim Vertheilen etwa entstandenen Versehen auszugleichen. Mithin hat Frankreichs Republik ein Anrecht auf 866 1/2 Mill. Fr. mindestens, die Zinsen ungerechnet. Die Nationalversammlung wird zu entscheiden haben, nur sagen wir ihr mit Vergnügen vorher, daß das Volk nicht aufhören wird, Vergütung für die Vergangenheit, Garantieen für die Zukunft zu fordern. Die Dürftigen haben einsehen gelernt, daß sie nur deshalb so zahlreich sind, weil man sie bestohlen, und weil das monarchische Büdget einige Leute auf Kosten Aller reich macht. Diese gefährliche Büdgetmaschine ist nunmehr zu zerbrechen, so daß die Reactionäre am Tage nach der von ihnen beabsichtigten abermaligen Restauration, sich ihrer nicht ferner bedienen können." Diese Moselblätter führen einen scharfen, ehrenvollen Kampf gegen dies Ministerial- oder Präfekturblatt, welches wiederum das beliebte Steckenpferd der pfäffischen Königthümler besteigt und sagt: "nichts ist stupider als diese anarchischen Journale, wenn sie sagen, man solle die Bauern auch dies Mal wieder im Hauptort des Kantons votiren lassen, um sie dem Einflusse des Grundherrn und Dorfgeistlichen dadurch zu entrücken." Ein anderes mordbrennerisches Messiner, d. h. Moselanerjournal, "Le Voeu National" nennt die Republikaner "Diebe und Todschläger." Während dies in der Provinz vor sich geht, verschwören sich in Paris, Straße du Regard Nr. 18, seit 3 Wochen die Abgeordneten der Provinzialrebellen, fast lauter Priester, zur Leitung der großen legitimistischen Insurrection; bei 500 Arbeiter wohnen diesen vom Ministerium begünstigten Zusammenkünften bei, empfangen für sich und ihre Familien Geld- und Naturalienunterstützungen, werden auf die katholisch-apostolisch-römische Kirche und gegen die Republik vereidigt; auch befindet sich ein großer Waffenvorrath ebendaselbst. Die Pariser Demokratenpresse interpellirte bis jetzt den biedern Leon Faucher vergebens über diese Vorgänge. Wie dem auch sei, die Legitimisten selber werden scheitern an der Finanzklippe, und der "Republicain de Lot et Garone" in Agen hat Recht, wenn er in einem durch den ganzen Süden Aufsehn erregenden Artikel vom 21. Febr. sagt: "Unser Finanzsystem wankt seit zehn Jahren dem Abgrunde zu. In unserm Lande mit dem vielzersplitterten Bodenbesitz ist, bei der Theuerheit des Geldes, die Steuernsumme schnell von 1100 auf 1800 Millionen gestiegen. Im Jahre 93 liquidirte die Republik mit Assignatenpapier und ruinirte den Handel durch das Maximum. Damals schätzte man das Mobilvermögen auf 4000 Mill., das Immobil auf 42,000. Die offizielle Angabe des Nettoeinkommens des letztern dient als Basis der Steuern, und nach diesem Verhältniß muß das Immobilvermögen heute 53,100 Mill. betragen; nämlich das Nettoeinkommen beträgt 1593 Millionen, die zu 3% kapitalisirt, eben 53,100 Mill. geben. Andrerseits weiß man heute, daß die Hypothekenschuld Frankreichs 14,000 Millionen nächstens überschreiten wird, sage vierzehn Milliarden! Ferner die sogenannte handschriftliche Schuld, welche nach dem verkauften Papier abgeschätzt werden kann, besteht in 1) einregistrirten Obligationen; 2) garantirten aber nicht einregistrirten Obligationen, wozu die Uebertragungen: Summa 19 Milliarden. Man muß bedenken, daß beim Besitz der Schuldner nur Zweifünftel genießt, und Dreifünftel der Gläubiger. Wäre diese grausame Schuldenmasse gleichmäßig vertheilt, so hätte das Eigenthum bei uns schon seine Bilanz abgelegt. Aber dem ist nicht so: Paris ausgenommen variirt die Schuld in den Departementen von 48 auf 120%. In 76 Departementen ist das Eigenthum zu Grunde; nur in den übrigen 10 Departementen hält es sich, das heißt, es ist dort nur mit 48% belastet. Das Einkommen des Immobils taxirten wir oben auf 1593 Millionen; wir sahen die darauf gewälzte Hypothekenschuld von 14,000 Mill. und die sogenannte chirographische von 19,000 Mill. Summa 33,000 Mill. Schulden. Nun beträgt der Antheil des Gläubigers bekanntlich 3/5 des Eigenthums, oder 31,240 Millionen. Diese Zahl wird aber von der Schuld (33,000,000) noch um 2000 Mill. überragt; die Schuld ist also über ihren Gipfel, so zu sagen, hinausgedrungen. Unser Immobil ist ausgequetscht, ausgepreßt, ausgesogen, ausgekeltert - man gestatte uns dies Bild - und es hat in sich selber seine Hübfsquellen aufgezehrt. Man bedenke auch, daß die Hypothekenschuld zu 5 pCt., die chirographische zu 6, ja zu 7 pCt. verzinst steht, ganz unter der Fuchtel des Wuchers, des stets freßgierigen Kapitals; während das Einkommen des Immobils 1593 Mill. ist; diese beiden Schuldenklassen machen aber, zu 6 pCt. im Durchschnitte, 1980 Mill. aus. Folglich sagen wir: unser gallischer Grund und Boden zehrt nicht blos sein Einkommen rein auf, sondern verschuldet sich alljährlich um 287 Millionen. Auf der andern Seite ist das Mobileigenthum kräftig gediehen. Unsre Proletarier verkaufen ihre Felder, um Mobilien dafür zu kaufen. Wir fluchen dem Lügensatze: Luxus ist Staatsreichthum. Wir fordern endlich, daß die Republik aus diesem alten Geleise trete, welches sie unrettbar in den Bankrutt führt. Die hohe Finanzokratie aber thront wieder und verhindert den Austritt. Und unsere Minister sind gefesselt und traben der prassenden, ausbeutelnden Finanzokratie nach.... Gott sei Frankreich gnädig!" 220 Paris, 25. Febr. Einen neuen Beweis der Perfidie des Ministeriums Barrot liefert folgende Thatsache. Bekanntlich flüchtete ein Theil Derjenigen, welche an dem Struve'schen Zuge thätig gewesen waren nach Frankreich und wurde diesen in Besanoncon der Aufenthalt angewiesen. Das damalige Ministerium räumte diesem Korps ein kasernenartiges Gebäude ein und zahlte einem Jeden täglich 10 Sous. Das Korps unter Führung des frühern Premierlieutenant Willich, jetzt etwa 150 Mann stark, war wegen seiner demokratischen Ansichten dem Ministerium Barrot bald ein Dorn im Auge. Barrot wünschte sich desselben möglichst schnell zu entledigen und da es dies nicht offen wagte, nahm es zu folgendem Mittel seine Zuflucht. Er schloß mit dem badischen Gouvernement einen Vertrag dahin ab, daß dem Korps Amnestie gewährt werden solle, wenn es: 1) sich verpflichte, nie wieder an politischen Dingen Theil zu nehmen; 2) daß die Einzelnen unter polizeiliche Aufsicht gestellt würden. Das Korps weigerte sich, einen solchen schändlichen Vertrag einzugehen, und was dekretirt das Ministerium Barrot? "Da das Korps die bewilligte Amnestie nicht annehme, so hört die oben gedachte Unterstützung vom 1. März an auf, auch muß das Korps das Gebäude räumen! Die Flüchtlinge werde durch diese Maßregeln in die schrecklichste Lage versetzt, was freilich den Herren Barrot, Bekk und Konsorten grade zu großer Freude gereicht. 12 Paris. 25. Februar. Das Amendement von Pierre Leroux hat seine Früchte getragen; gestern ging es durch in der Kammer und heute fand es schon seine Anwendung im Correctionell. Wir haben uns in unserer Auffassungsweise der bürgerlichen Ehe nicht getäuscht: die bürgerliche Justiz hat sie schon heute sanktionirt. Die bürgerliche Ehe hat nur eine Bedeutung, wenn hinter ihr das bürgerliche Eigenthum steht. Die Proletarier-Ehe im bürgerlichen Sinne ist ein Unsinn geworden. Das konstitutionelle Blatt Papier, welches in diesem speziellen Falle zwischen Mann und Weib gestellt ist, kann dem Einen oder dem Andern nur dann zu Gute kommen, wenn wirkliche Güter da sind, die beschützt werden sollen. Ist aber kein anderes Gut da, als die eheliche Treue, und werden Richter und Gensd'armen zur Bewahrung der Treue und zur Bestrafung der Untreue angerufen, dann zeigt sich der bürgerliche Unsinn in seiner ganzen Fülle. Das Amendement von Pierre Leroux hat diesen Unsinn auf die sinnreichste Weise anschaulich gemacht, und der heutige Prozeß, welcher mit Berufung auf das Amendement von Pierre Leroux endete, ist, wie gesagt, die erste praktische Anwendung dieses Gesetzes. Es handelte sich von einer Anklage auf Ehebruch. Der Kläger, Herr Sorret, ist Buchhalter. Wie es in der Art Geschichten zu gehen pflegt, hatte er durch Anzeichen aller Art angefangen, Verdacht zu schöpfen auf seine Frau; er ließ sie bewachen und war so glücklich, das flagrante Vergehen durch den Kommissär konstatiren lassen zu können. Der Polizei Hierzu eine Beilage. Freiwillige zu den Waffen greifen, so spreche man nicht mehr von Freiheit! Wenn das Volk sein Versprechen hält, so wird die Regierung ihren Pflichten nachzukommen wissen. Sie wird die Anarchie im Innern bekämpfen, und die Vertheidigung zu führen wissen gegen die fremde Invasion: sie wird thun, was Gott und das Gewissen ihr befehlen. Man rege an die Lauen, Gleichgültigen und Widerspenstigen; wie wir jetzt stehn, ist es besser vorwärts zu schreiten, als auf dem Platze stehn zu bleiben; das schlimmste aller Uebel ist die Trägheit, die Bewegungslosigkeit. Ihr bleibt ruhig zu Hause? und wer wird Euch vor Brandstiftung schützen? Ihr verberget Euer Geld, und verweigert es dem Vaterlande, welches es verlangt! Aber wer wird Euch vertheidigen gegen den Kroaten, der es Euch mit dem Stocke in der Hand abverlangen kann? Ihr verderbt das Herz des Bauern! Ihr macht ihn abwendig vom Kriege, aber wer wird Eure Erndten schützen gegen die Ausfälle der feindlichen Cavallerie? Zweifelt Ihr noch? Seht die Lombardei an, und seht, ob es nicht die Wahrheit ist. Florenz, den 16. Februar 1849. Die provisorische Regierung: F. D. Guerazzi, O. Mazzoni, G. Montanelli. Venedig. Die allgemeine Stimmung ist entschieden für Krieg mit Oestreich und einen italienischen Verfassungsrath. General Olivero aus Piemont ist hier, um sich mit General Pepe über die Kriegsfrage zu berathen. Die venezianisch-sardinische Flotte soll nächstens den Triestinern einen Besuch abstatten. Die Blokade soll vom Festlande aus strenger gehandhabt werden, doch spürt man bis jetzt noch wenig davon. Konscriptionspflichtige Lombarden kommen in Menge hier an. Glücklicher Weise sind wir mit Lebensmitteln hinreichend versehen, nur an Holz fehlt es. ‒ Das Fort O hat den Namen Manin erhalten. ‒ Die Schweizerkompagnie des Hauptmann Debrunner trägt jetzt rothe Tschakkos. ‒ Eine Adresse der hiesigen Schweizer an den Nationalrath, in Betreff der Kapitulationen, erhält viele Unterschriften. ‒ Am 22. März wird ein Erinnerungsfest an die vorjährige Proklamation der Republik Venedig, stattfinden. ‒ Von der Regierung wurden vom 16. Sept. v. J. bis zum 31. Jan. d. J. 5,253,200 Lire Papiergeld in Umlauf gesetzt, von welchen indessen seither 315,000 amortisirt worden sind; für den Rest obiger Summe haften 2110 Accepte hiesiger Kaufleute, etc. Von den votirten 12 Mill. Municipal-Papiergeld ist bereits die Hälfte in Umlauf. Großbritannien. * London, 24. Febr. Der Vollziehungs-Ausschuß der Chartisten wendet sich wegen energischer Agitation zur Durchsetzung der Finanzreform und der Volkscharter in nachstehender Zuschrift an die Chartisten von Großbritannien: „Landsleute! Wir haben beschlossen, die große Frage wegen durchgreifender Reform des Unterhauses abermals vor's Parlament zu bringen ‒ die große Frage, ob eine kleine usurpatorische Fraction noch länger anmaßend die Geschicke dieses Landes entscheiden soll, oder ob jene Pflicht nicht eine heilige Obliegenheit des ganzen Volkes ist? Daß die Lösung dieses wichtigen Problems vom Volke selbst abhängt, ist die von den Weisen der Welt in jeder Epoche ihrer Geschichte verfochtene Ansicht. Seit Anfang der Freiheitsbewegungen in diesem Lande, waren die Umstände für den Fortschritt niemals günstiger als eben jetzt. Nur einen großen und beklagenswerthen Mangel muß abgeholfen werden, eh' diese Umstände eine irgend günstige Wirkung äußern können: das Volk muß sich aus dem schlimmer als verbrecherischen Schlafe erheben, in den es versunken ist. Seine Unthätigkeit ist die Wonne der Unterdrücker und zugleich der Schmerz des Vaterlandsfreundes. Mit Kummer, doch nicht mit Verzweiflung, blicken wir auf seine Passivität bei dem vielfachen Unrecht, das es erduldet. Wir hegen den lebendigen Glauben an die Wahrheit und den schließlichen Erfolg der Prinzipien der Demokratie und nähren zugleich die starke Hoffnung, daß jene dem Menschengeschlecht inwohnende Freiheitsliebe sich in den Herzen und Gemüthern der bisher trägen Massen Großbritanniens noch fruchtbar erweisen wird. Es kommt uns ziemlich seltsam vor, Landsleute, daß das Volk hier, gleich wie vom Opium erfüllt, still und ruhig dasteht, während der Donner der Revolution die Nationen der Erde aus hundertjährigem Schlaf erweckt und den Herzen ihrer jämmerlichen Tyrannen eine heilsame Furcht einjagt. Wenige Völker in Europa giebt's, die nicht während des ereignißvollen Jahres 1848 irgend ein Gut, sei's durch Verminderung von Uebelständen und Beschwerden sei's durch Erweiterung ihrer Freiheit, gewonnen hätten. Einige haben ihre Despoten auf unfreiwillige Pilgerfahrten in die Welt hinausgeschickt und die Leitung ihrer Angelegenheiten in die eigenen Hände genommen. Was fragen wir uns hier: Welchen Fortschritt auf der Bahn der Freiheit hat England gemacht? Welche Konzession ist den politischgefesselten und social herabgewürdigten Millionen zu Theil geworden? Welche Verbesserung in der elenden Lage der großen Masse unsrer Arbeiterbevölkerung ist zu Stande gekommen? Ach! die Antwort ist allzu notorisch, um der Wiederholung zu bedürfen. Wäre es nöthig, Landsleute, Euch einen Beweggrund zur Thätigkeit zu liefern, um schleunig zur Erschaffung eines ehrenhaften Unterhauses die erforderliche Macht zu erlangen: so findet Ihr ihn in dem Umstande, daß das Parlament während ein paar Monaten des vorigen Jahres auf den Antrieb jener schönen Klicke, des Russell'schen Kabinets, vier monströse Zwangsgesetze annahm. Ihr findet den Beweggrund ferner in der Thatsache, daß die erste Handlung der jetzigen Session darin bestand, Irland, dieser nationalen Bastille, dem schrecklichen Golgatha, dem Lande entnervter Invaliden, eine neue Schmach anzuthun, ein neues grausames Unrecht auf dasselbe zu häufen. Whigs, Torics und Liberal-Reformer scheinen in ihren Anstrengungen zu wetteifern, um die Scorpionen-Geißel der Unterdrückung in die Hände seiner Beherrscher zu legen. Wir erinnern Euch an dieses tyrannische Verfahren in der Absicht, Euch anzustacheln zur Befreiung der entwürdigten Menschheit von der auszehrenden Herrschaft einer angemaßten, unverantwortlichen Gewalt. Wir haben mit unserm Kollegen, O'Connor, über den Zeitpunkt, die Gesinnung des Parlaments in Betreff der Charter zu erforschen, Berathung gepflogen. O'Connor hat zugesagt, den Gegenstand Mitte nächsten Mai's in aller Form zur Kenntniß des Unterhauses zu bringen. Seine Bemühungen werden, wenn nicht vom Volk mit Energie unterstützt, von geringem Nutzen sein. Ihr habt hinreichende Zeit, die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Gegenstand zu lenken und Eure Petitionen angemessen und zahlreich unterzeichnen zu lassen. Ein Petitionsformular wird in der nächsten Nr. des „Northern-Star“ erscheinen und kann, je nach den Wünschen der einzelnen Lokalitäten, in dieser Form angenommen oder im Ausdruck verändert werden. Die Petitionen jeder Stadt oder jeden Distriktes müssen dann nach sorgfältiger Durchmusterung, damit alle Ungehörigkeiten wegfallen, dem Repräsentanten der Lokalität zur Ueberreichung an's Parlament zugestellt werden. Landsleute, wir bezeichnen Euch diese Arbeit mit dem vollen Vertrauen, daß Ihr sie nicht vernachlässigen werdet. Wir bitten Euch inständig, alle Trägheit von Euch zu werfen und so Eure Feinde des Grundes, daß Ihr gegen Eure Rechte gleichgültig wäret, zu berauben. Auf denn, Chartisten, und an's Werk! Strengt Euch an, den bisher leeren Ruhm, daß „Briten niemals Sklaven sein werden“ zur Wirklichkeit zu machen! T. Clark, W. Diron, P. M'Grath, E. Stallwood, G. Julian Harney. * London, 24. Febr. Unter den zahlreichen Meetings, die besonders seit Eröffnung der diesjährigen Parlamentssession hier abgehalten wurden, verdient das von dem chartistischen Vollziehungs-Ausschusse zusammenberufene spezielle Erwähnung. Es fand am verflossenen Dienstage statt und war massenhaft besucht. Clark beantragte die erste Resolution, zu deren Begründung er u. A. sagte: Die Resolution behauptet zwei bestimmte Prinzipien, von denen das eine sich auf die Art der Steuererhebung, das andere auf eine gesunde wahrhafte Vertretung des Volkes im Parlamente bezieht. Ersteres erklärt die direkte Besteuerung für die einzige ehrliche Weise zur Unterstützung der Nationalinstitutionen die erforderlichen Staatseinnahmen zu realisiren. Die, welche von dem jetzigen Schwindelsystem der Besteuerung Nutzen ziehen, mögen dies als eine Neuerung betrachten. Gleichwohl besteht diese direkte Besteuerung in unserem Lande bereits in allen auf Lokalverhältnisse bezüglichen Fällen, so die Armen-, Straßen- und Polizeisteuern. Der Zweck, zu welchem jede Lokalsteuer verwandt werden soll, wird genau hingestellt. In Betreff der allgemeinen oder Staatssteuern sind dagegen 9/10 der Zahlenden eben so über die Zwecke wofür, als über den Betrag, den sie zahlen, im Dunkeln. Indem der Staat Steuern auflegt tritt er als Gläubiger denen gegenüber, welche zahlen. Den steuernden Personen, die Kenntniß des von ihnen gezahlten Betrages entziehen, ist, ich wiederhole es, eine Schwindelei, eine Betrügerei. Wüßte jeder genau, wie viel er an den Staat zahlt ‒ und dies kann er bei der jetzigen indirekten Besteuerung niemals wissen ‒ so würden gewiß einerseits die Staatslasten mehr auf die Schultern derer gewälzt werden, die sie zu tragen vermögen, und andrerseits würde eine bedeutende Verminderung der Abgaben schnell erfolgen müssen. Denn Niemand würde dann noch zu den tausenderlei unnützen Ausgaben und Verschleuderungen beitragen wollen. Die hierauf einstimmig angenommene Resolution lautete: „Nach der Ansicht dieses Meetings sind die fiskalischen Einrichtungen dieses Landes ungerecht und äußerst bedrückerisch, da die Staatseinnahmen hauptsächlich aus den Abgaben von den nothwendigsten Lebensbedürfnissen gezogen werden. Das Meeting hält es für die gebieterische Pflicht des Parlaments, unser ganzes Steuersystem zu revidiren, alle indirekte Besteuerung abzuschaffen und die Ausgaben für die Verwaltung dem Eigenthum aufzuerlegen. Auch ist das Meeting der Ansicht, daß das gegenwärtige Repräsentativ-System höchst fehlerhaft ist, und so bleiben wird, bis durch eine Reform desselben jeder erwachsene geistesgesunde Britte (mit Ausnahme der während der Wahlzeit im Gefängniß befindlichen Personen) zur Ausübung jenes Wahlrechts zugezogen wird, das bisher ungerechter Weise das Monopol einer unbedeutenden Minderheit der Bürger dieses Landes war.“ Auf Grund dieser Resolution wurde sodann eine energische Adresse an's Parlament entworfen, in welcher die beiden Punkte: vollständige Revision des bisherigen Steuer-Systems und Reform der Volksvertretung auf breitester Grundlage, weitläufiger auseinander gesetzt werden. Nach ihrer Unterzeichnung wird sie Feargus O'Connor zugesandt, und von ihm dem Parlament vorgelegt werden. Französische Republik. 17 Paris, 26. Febr. Die Demokraten des Herault-Departement erklären im „Independant“ von Montpellier: „Da laut der Verfassungsurkunde die französische Republik Angesichts der Welt proklamirt hat, fremde Nationalitäten zu respektiren und nicht Eroberungen zu machen, wie sie ihrerseits respektirt zu werden erwartet, so würde der vom Ministerium und Präsidenten projektirte, von der Kammer zu votirende, und vom Heer auszuführende Feldzug gegen die römische Republik eine Verletzung der Verfassung sein.“ Der „Independant“ druckt seit einer Woche den bezüglichen Paragraphen der Konstitution als Motto vor jede seiner Nummern. Unsere Freunde Leon Faucher und Odilon-Barrot würden sich freilich im Vertretungsfall dadurch herauszuwickeln versuchen, daß dieser „heilige“ Feldzug (wie der Jesuitendeputirte Montalembert ihn nennt) keine Eroberungen beabsichtigt, sondern nur einfach eine Freiheitsabwürgung. Das berüchtigte Legitimistenblatt „Courrier de la Gironde“ in Bordeaux sagt am 17. Februar: „Präsident Bonaparte! will man sie nicht mehr als Präsident, wohlan, so handeln Sie als Fürst, und proklamiren sich als solchen“ Das heißt wenigstens klar sprechen und bündig. Der „Republicain des Ardennes“ in Sedan citirt mit Ironie die am 15. dieses von dem genialen Leon Faucher auf der Tribüne ausgestoßenen Worte: „die Februarrevolution hat Prinzip wie Form der Regierung geändert; auf diesem neuen Pfade ist nunmehr fortzuwandeln; das Land hat dies Resultat, welches durch ein Gefecht von nur einigen Stunden erreicht worden war, fast ohne allen Widerspruch angenommen“ ‒ und er stellt gegenüber das Wort des sublimen Generals Bugeaud, des „gallischen Windischgrätz“ vor der Versammlung der Lyoner Kaufleute: „Meine Herren! Glauben Sie ja nicht, Paris habe Ihnen die vielen Revolutionen geschickt, nein, nur der verderbte Theil von Paris war es.“ Und daneben citirt dies boshafte Blatt das aphoristische Wort des Philosophen Odilon Barrot (vielleicht das beste, was diesem je entfahren): „die besagte Rede des Generals Bugeaud ist stupide, und wenn es sich mit ihr ganz so, wie berichtet wird, verhält, dann hat er gleichsam seine eigene Absetzung damit ausgesprochen.“ Das spitzbübische feingeschniegelte Jüngelchen, Falloux genannt, welches den Jesuitismus ins Unterrichtsministerium einführt soviel es ihm möglich, läßt von allen 86 Präfekten Listen der Abonnenten demokratischer Journale anfertigen. Der „Republicain de la Moselle“ in Metz sagt: „Nur ein Loyolist kann es gewesen sein, der ihm diese Inquisitionsmaßregel eingab, die ihre Muster in den ältern Annalen der röm. Priesterherrschaft hat. Jetzt braucht die Reaktion nur durchzudringen mit ihren blutgierigen Gelüsten, und diese Abonnentenlisten, die schon Listen von Verdächtigen sind, werden auf einmal Aechtungslisten. Inzwischen wird durch die frisch eingesetzten Ministerialbeamten, lauter Jesuiten und Königliche, in allen 86 Präfekturen der Wahlakt für die legislative Kammer des Maimonats vorbereitet, und zwar in einer Manier, gegen welche die weiland Duchatel'sche unter dem vertriebenen Könige gar ein Kinderspiel war. Jeder demokratische Kandidat wird jetzt schon von den Wahlagenten als Kommunist bei dem Landmanne verketzert. Wir erklären somit, das Ministerium, indem es solcherlei anordnet und einem Bugeaud das Oberkommando läßt, ist nicht nur mitschuldig, sondern ist Anstifter des Bürgerkriegs. Voll Freuden konstatiren wir unserseits die Agitation der Bauern Bezugs der von den sich restaurirenden Edelleuten 1825 am 27. April dem Lande gestohlenen 1000 Mill. Franken. Das Nähere hievon ist: durch das an jenem unseligen Tage votirte Gesetz wurden 30 Mill. 3pCt. Rente, von einer Milliarde Kapital, zur Liquidation bestimmt. Und zwar laut Art. 5 dieses Gesetzes wurden die Renten fünftelweise, von Jahr zu Jahr, vom 22. Juni 1825 ab, eingetragen; mit Ausnahme der unter 250 Fr. Rente betragenden Entschädigungen, welche nämlich vollständig und auf einmal eingeschrieben wurden. Am 31. Decbr. 1831 waren die Operationen der Liquidation beendet, und die Summe der Renten belief sich auf 25,995,310 Fr. oder auf 866,510,333 Kapital; was also ein Minus von 133,489,657 Fr. Kapital von jenen 1000 Mill. anzeigt. Das Gesetz vom 5. Januar 1831 tilgte die Verfügung des Aprilgesetzes, nach der die freigebliebenen Gelder ein gemeinsamer Fonds werden sollten, um die beim Vertheilen etwa entstandenen Versehen auszugleichen. Mithin hat Frankreichs Republik ein Anrecht auf 866 1/2 Mill. Fr. mindestens, die Zinsen ungerechnet. Die Nationalversammlung wird zu entscheiden haben, nur sagen wir ihr mit Vergnügen vorher, daß das Volk nicht aufhören wird, Vergütung für die Vergangenheit, Garantieen für die Zukunft zu fordern. Die Dürftigen haben einsehen gelernt, daß sie nur deshalb so zahlreich sind, weil man sie bestohlen, und weil das monarchische Büdget einige Leute auf Kosten Aller reich macht. Diese gefährliche Büdgetmaschine ist nunmehr zu zerbrechen, so daß die Reactionäre am Tage nach der von ihnen beabsichtigten abermaligen Restauration, sich ihrer nicht ferner bedienen können.“ Diese Moselblätter führen einen scharfen, ehrenvollen Kampf gegen dies Ministerial- oder Präfekturblatt, welches wiederum das beliebte Steckenpferd der pfäffischen Königthümler besteigt und sagt: „nichts ist stupider als diese anarchischen Journale, wenn sie sagen, man solle die Bauern auch dies Mal wieder im Hauptort des Kantons votiren lassen, um sie dem Einflusse des Grundherrn und Dorfgeistlichen dadurch zu entrücken.“ Ein anderes mordbrennerisches Messiner, d. h. Moselanerjournal, „Le Voeu National“ nennt die Republikaner „Diebe und Todschläger.“ Während dies in der Provinz vor sich geht, verschwören sich in Paris, Straße du Regard Nr. 18, seit 3 Wochen die Abgeordneten der Provinzialrebellen, fast lauter Priester, zur Leitung der großen legitimistischen Insurrection; bei 500 Arbeiter wohnen diesen vom Ministerium begünstigten Zusammenkünften bei, empfangen für sich und ihre Familien Geld- und Naturalienunterstützungen, werden auf die katholisch-apostolisch-römische Kirche und gegen die Republik vereidigt; auch befindet sich ein großer Waffenvorrath ebendaselbst. Die Pariser Demokratenpresse interpellirte bis jetzt den biedern Leon Faucher vergebens über diese Vorgänge. Wie dem auch sei, die Legitimisten selber werden scheitern an der Finanzklippe, und der „Republicain de Lot et Garone“ in Agen hat Recht, wenn er in einem durch den ganzen Süden Aufsehn erregenden Artikel vom 21. Febr. sagt: „Unser Finanzsystem wankt seit zehn Jahren dem Abgrunde zu. In unserm Lande mit dem vielzersplitterten Bodenbesitz ist, bei der Theuerheit des Geldes, die Steuernsumme schnell von 1100 auf 1800 Millionen gestiegen. Im Jahre 93 liquidirte die Republik mit Assignatenpapier und ruinirte den Handel durch das Maximum. Damals schätzte man das Mobilvermögen auf 4000 Mill., das Immobil auf 42,000. Die offizielle Angabe des Nettoeinkommens des letztern dient als Basis der Steuern, und nach diesem Verhältniß muß das Immobilvermögen heute 53,100 Mill. betragen; nämlich das Nettoeinkommen beträgt 1593 Millionen, die zu 3% kapitalisirt, eben 53,100 Mill. geben. Andrerseits weiß man heute, daß die Hypothekenschuld Frankreichs 14,000 Millionen nächstens überschreiten wird, sage vierzehn Milliarden! Ferner die sogenannte handschriftliche Schuld, welche nach dem verkauften Papier abgeschätzt werden kann, besteht in 1) einregistrirten Obligationen; 2) garantirten aber nicht einregistrirten Obligationen, wozu die Uebertragungen: Summa 19 Milliarden. Man muß bedenken, daß beim Besitz der Schuldner nur Zweifünftel genießt, und Dreifünftel der Gläubiger. Wäre diese grausame Schuldenmasse gleichmäßig vertheilt, so hätte das Eigenthum bei uns schon seine Bilanz abgelegt. Aber dem ist nicht so: Paris ausgenommen variirt die Schuld in den Departementen von 48 auf 120%. In 76 Departementen ist das Eigenthum zu Grunde; nur in den übrigen 10 Departementen hält es sich, das heißt, es ist dort nur mit 48% belastet. Das Einkommen des Immobils taxirten wir oben auf 1593 Millionen; wir sahen die darauf gewälzte Hypothekenschuld von 14,000 Mill. und die sogenannte chirographische von 19,000 Mill. Summa 33,000 Mill. Schulden. Nun beträgt der Antheil des Gläubigers bekanntlich 3/5 des Eigenthums, oder 31,240 Millionen. Diese Zahl wird aber von der Schuld (33,000,000) noch um 2000 Mill. überragt; die Schuld ist also über ihren Gipfel, so zu sagen, hinausgedrungen. Unser Immobil ist ausgequetscht, ausgepreßt, ausgesogen, ausgekeltert ‒ man gestatte uns dies Bild ‒ und es hat in sich selber seine Hübfsquellen aufgezehrt. Man bedenke auch, daß die Hypothekenschuld zu 5 pCt., die chirographische zu 6, ja zu 7 pCt. verzinst steht, ganz unter der Fuchtel des Wuchers, des stets freßgierigen Kapitals; während das Einkommen des Immobils 1593 Mill. ist; diese beiden Schuldenklassen machen aber, zu 6 pCt. im Durchschnitte, 1980 Mill. aus. Folglich sagen wir: unser gallischer Grund und Boden zehrt nicht blos sein Einkommen rein auf, sondern verschuldet sich alljährlich um 287 Millionen. Auf der andern Seite ist das Mobileigenthum kräftig gediehen. Unsre Proletarier verkaufen ihre Felder, um Mobilien dafür zu kaufen. Wir fluchen dem Lügensatze: Luxus ist Staatsreichthum. Wir fordern endlich, daß die Republik aus diesem alten Geleise trete, welches sie unrettbar in den Bankrutt führt. Die hohe Finanzokratie aber thront wieder und verhindert den Austritt. Und unsere Minister sind gefesselt und traben der prassenden, ausbeutelnden Finanzokratie nach‥‥ Gott sei Frankreich gnädig!“ 220 Paris, 25. Febr. Einen neuen Beweis der Perfidie des Ministeriums Barrot liefert folgende Thatsache. Bekanntlich flüchtete ein Theil Derjenigen, welche an dem Struve'schen Zuge thätig gewesen waren nach Frankreich und wurde diesen in Besanonçon der Aufenthalt angewiesen. Das damalige Ministerium räumte diesem Korps ein kasernenartiges Gebäude ein und zahlte einem Jeden täglich 10 Sous. Das Korps unter Führung des frühern Premierlieutenant Willich, jetzt etwa 150 Mann stark, war wegen seiner demokratischen Ansichten dem Ministerium Barrot bald ein Dorn im Auge. Barrot wünschte sich desselben möglichst schnell zu entledigen und da es dies nicht offen wagte, nahm es zu folgendem Mittel seine Zuflucht. Er schloß mit dem badischen Gouvernement einen Vertrag dahin ab, daß dem Korps Amnestie gewährt werden solle, wenn es: 1) sich verpflichte, nie wieder an politischen Dingen Theil zu nehmen; 2) daß die Einzelnen unter polizeiliche Aufsicht gestellt würden. Das Korps weigerte sich, einen solchen schändlichen Vertrag einzugehen, und was dekretirt das Ministerium Barrot? „Da das Korps die bewilligte Amnestie nicht annehme, so hört die oben gedachte Unterstützung vom 1. März an auf, auch muß das Korps das Gebäude räumen! Die Flüchtlinge werde durch diese Maßregeln in die schrecklichste Lage versetzt, was freilich den Herren Barrot, Bekk und Konsorten grade zu großer Freude gereicht. 12 Paris. 25. Februar. Das Amendement von Pierre Leroux hat seine Früchte getragen; gestern ging es durch in der Kammer und heute fand es schon seine Anwendung im Correctionell. Wir haben uns in unserer Auffassungsweise der bürgerlichen Ehe nicht getäuscht: die bürgerliche Justiz hat sie schon heute sanktionirt. Die bürgerliche Ehe hat nur eine Bedeutung, wenn hinter ihr das bürgerliche Eigenthum steht. Die Proletarier-Ehe im bürgerlichen Sinne ist ein Unsinn geworden. Das konstitutionelle Blatt Papier, welches in diesem speziellen Falle zwischen Mann und Weib gestellt ist, kann dem Einen oder dem Andern nur dann zu Gute kommen, wenn wirkliche Güter da sind, die beschützt werden sollen. Ist aber kein anderes Gut da, als die eheliche Treue, und werden Richter und Gensd'armen zur Bewahrung der Treue und zur Bestrafung der Untreue angerufen, dann zeigt sich der bürgerliche Unsinn in seiner ganzen Fülle. Das Amendement von Pierre Leroux hat diesen Unsinn auf die sinnreichste Weise anschaulich gemacht, und der heutige Prozeß, welcher mit Berufung auf das Amendement von Pierre Leroux endete, ist, wie gesagt, die erste praktische Anwendung dieses Gesetzes. Es handelte sich von einer Anklage auf Ehebruch. Der Kläger, Herr Sorret, ist Buchhalter. Wie es in der Art Geschichten zu gehen pflegt, hatte er durch Anzeichen aller Art angefangen, Verdacht zu schöpfen auf seine Frau; er ließ sie bewachen und war so glücklich, das flagrante Vergehen durch den Kommissär konstatiren lassen zu können. Der Polizei Hierzu eine Beilage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar233_018" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0004" n="1284"/> Freiwillige zu den Waffen greifen, so spreche man nicht mehr von Freiheit!</p> <p>Wenn das Volk sein Versprechen hält, so wird die Regierung ihren Pflichten nachzukommen wissen.</p> <p>Sie wird die Anarchie im Innern bekämpfen, und die Vertheidigung zu führen wissen gegen die fremde Invasion: sie wird thun, was Gott und das Gewissen ihr befehlen.</p> <p>Man rege an die Lauen, Gleichgültigen und Widerspenstigen; wie wir jetzt stehn, ist es besser vorwärts zu schreiten, als auf dem Platze stehn zu bleiben; das schlimmste aller Uebel ist die Trägheit, die Bewegungslosigkeit.</p> <p>Ihr bleibt ruhig zu Hause? und wer wird Euch vor Brandstiftung schützen?</p> <p>Ihr verberget Euer Geld, und verweigert es dem Vaterlande, welches es verlangt! Aber wer wird Euch vertheidigen gegen den Kroaten, der es Euch mit dem Stocke in der Hand abverlangen kann? Ihr verderbt das Herz des Bauern! Ihr macht ihn abwendig vom Kriege, aber wer wird Eure Erndten schützen gegen die Ausfälle der feindlichen Cavallerie?</p> <p>Zweifelt Ihr noch? Seht die Lombardei an, und seht, ob es nicht die Wahrheit ist.</p> <p>Florenz, den 16. Februar 1849.</p> <p>Die provisorische Regierung:</p> <p>F. D. Guerazzi, O. Mazzoni, G. Montanelli.</p> </div> <div xml:id="ar233_019" type="jArticle"> <head>Venedig.</head> <p>Die allgemeine Stimmung ist entschieden für Krieg mit Oestreich und einen italienischen Verfassungsrath. General Olivero aus Piemont ist hier, um sich mit General Pepe über die Kriegsfrage zu berathen. Die venezianisch-sardinische Flotte soll nächstens den Triestinern einen Besuch abstatten. Die Blokade soll vom Festlande aus strenger gehandhabt werden, doch spürt man bis jetzt noch wenig davon. Konscriptionspflichtige Lombarden kommen in Menge hier an. Glücklicher Weise sind wir mit Lebensmitteln hinreichend versehen, nur an Holz fehlt es. ‒ Das Fort O hat den Namen Manin erhalten. ‒ Die Schweizerkompagnie des Hauptmann Debrunner trägt jetzt rothe Tschakkos. ‒ Eine Adresse der hiesigen Schweizer an den Nationalrath, in Betreff der Kapitulationen, erhält viele Unterschriften. ‒ Am 22. März wird ein Erinnerungsfest an die vorjährige Proklamation der Republik Venedig, stattfinden. ‒ Von der Regierung wurden vom 16. Sept. v. J. bis zum 31. Jan. d. J. 5,253,200 Lire Papiergeld in Umlauf gesetzt, von welchen indessen seither 315,000 amortisirt worden sind; für den Rest obiger Summe haften 2110 Accepte hiesiger Kaufleute, etc. Von den votirten 12 Mill. Municipal-Papiergeld ist bereits die Hälfte in Umlauf.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar233_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 24. Febr.</head> <p>Der Vollziehungs-Ausschuß der Chartisten wendet sich wegen energischer Agitation zur Durchsetzung der Finanzreform und der Volkscharter in nachstehender Zuschrift an die Chartisten von Großbritannien:</p> <p>„Landsleute!</p> <p>Wir haben beschlossen, die große Frage wegen durchgreifender Reform des Unterhauses abermals vor's Parlament zu bringen ‒ die große Frage, ob eine kleine usurpatorische Fraction noch länger anmaßend die Geschicke dieses Landes entscheiden soll, oder ob jene Pflicht nicht eine heilige Obliegenheit des ganzen Volkes ist?</p> <p>Daß die Lösung dieses wichtigen Problems vom Volke selbst abhängt, ist die von den Weisen der Welt in jeder Epoche ihrer Geschichte verfochtene Ansicht. Seit Anfang der Freiheitsbewegungen in diesem Lande, waren die Umstände für den Fortschritt niemals günstiger als eben jetzt. Nur einen großen und beklagenswerthen Mangel muß abgeholfen werden, eh' diese Umstände eine irgend günstige Wirkung äußern können: das Volk muß sich aus dem schlimmer als verbrecherischen Schlafe erheben, in den es versunken ist. Seine Unthätigkeit ist die Wonne der Unterdrücker und zugleich der Schmerz des Vaterlandsfreundes.</p> <p>Mit Kummer, doch nicht mit Verzweiflung, blicken wir auf seine Passivität bei dem vielfachen Unrecht, das es erduldet. Wir hegen den lebendigen Glauben an die Wahrheit und den schließlichen Erfolg der Prinzipien der Demokratie und nähren zugleich die starke Hoffnung, daß jene dem Menschengeschlecht inwohnende Freiheitsliebe sich in den Herzen und Gemüthern der bisher trägen Massen Großbritanniens noch fruchtbar erweisen wird.</p> <p>Es kommt uns ziemlich seltsam vor, Landsleute, daß das Volk hier, gleich wie vom Opium erfüllt, still und ruhig dasteht, während der Donner der Revolution die Nationen der Erde aus hundertjährigem Schlaf erweckt und den Herzen ihrer jämmerlichen Tyrannen eine heilsame Furcht einjagt. Wenige Völker in Europa giebt's, die nicht während des ereignißvollen Jahres 1848 irgend ein Gut, sei's durch Verminderung von Uebelständen und Beschwerden sei's durch Erweiterung ihrer Freiheit, gewonnen hätten. Einige haben ihre Despoten auf unfreiwillige Pilgerfahrten in die Welt hinausgeschickt und die Leitung ihrer Angelegenheiten in die eigenen Hände genommen. Was fragen wir uns hier: Welchen Fortschritt auf der Bahn der Freiheit hat England gemacht? Welche Konzession ist den politischgefesselten und social herabgewürdigten Millionen zu Theil geworden? Welche Verbesserung in der elenden Lage der großen Masse unsrer Arbeiterbevölkerung ist zu Stande gekommen? Ach! die Antwort ist allzu notorisch, um der Wiederholung zu bedürfen.</p> <p>Wäre es nöthig, Landsleute, Euch einen Beweggrund zur Thätigkeit zu liefern, um schleunig zur Erschaffung eines ehrenhaften Unterhauses die erforderliche Macht zu erlangen: so findet Ihr ihn in dem Umstande, daß das Parlament während ein paar Monaten des vorigen Jahres auf den Antrieb jener schönen Klicke, des Russell'schen Kabinets, vier monströse Zwangsgesetze annahm.</p> <p>Ihr findet den Beweggrund ferner in der Thatsache, daß die erste Handlung der jetzigen Session darin bestand, Irland, dieser nationalen Bastille, dem schrecklichen Golgatha, dem Lande entnervter Invaliden, eine neue Schmach anzuthun, ein neues grausames Unrecht auf dasselbe zu häufen. Whigs, Torics und Liberal-Reformer scheinen in ihren Anstrengungen zu wetteifern, um die Scorpionen-Geißel der Unterdrückung in die Hände seiner Beherrscher zu legen. Wir erinnern Euch an dieses tyrannische Verfahren in der Absicht, Euch anzustacheln zur Befreiung der entwürdigten Menschheit von der auszehrenden Herrschaft einer angemaßten, unverantwortlichen Gewalt.</p> <p>Wir haben mit unserm Kollegen, O'Connor, über den Zeitpunkt, die Gesinnung des Parlaments in Betreff der Charter zu erforschen, Berathung gepflogen. O'Connor hat zugesagt, den Gegenstand Mitte nächsten Mai's in aller Form zur Kenntniß des Unterhauses zu bringen. Seine Bemühungen werden, wenn nicht vom Volk mit Energie unterstützt, von geringem Nutzen sein. Ihr habt hinreichende Zeit, die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Gegenstand zu lenken und Eure Petitionen angemessen und zahlreich unterzeichnen zu lassen. Ein Petitionsformular wird in der nächsten Nr. des „Northern-Star“ erscheinen und kann, je nach den Wünschen der einzelnen Lokalitäten, in dieser Form angenommen oder im Ausdruck verändert werden. Die Petitionen jeder Stadt oder jeden Distriktes müssen dann nach sorgfältiger Durchmusterung, damit alle Ungehörigkeiten wegfallen, dem Repräsentanten der Lokalität zur Ueberreichung an's Parlament zugestellt werden.</p> <p>Landsleute, wir bezeichnen Euch diese Arbeit mit dem vollen Vertrauen, daß Ihr sie nicht vernachlässigen werdet. Wir bitten Euch inständig, alle Trägheit von Euch zu werfen und so Eure Feinde des Grundes, daß Ihr gegen Eure Rechte gleichgültig wäret, zu berauben. Auf denn, Chartisten, und an's Werk! Strengt Euch an, den bisher leeren Ruhm, daß „Briten niemals Sklaven sein werden“ zur Wirklichkeit zu machen!</p> <p> <hi rendition="#g">T. Clark, W. Diron, P. M'Grath, E. Stallwood, G. Julian Harney.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar233_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 24. Febr.</head> <p>Unter den zahlreichen Meetings, die besonders seit Eröffnung der diesjährigen Parlamentssession hier abgehalten wurden, verdient das von dem chartistischen Vollziehungs-Ausschusse zusammenberufene spezielle Erwähnung. Es fand am verflossenen Dienstage statt und war massenhaft besucht. Clark beantragte die erste Resolution, zu deren Begründung er u. A. sagte:</p> <p>Die Resolution behauptet zwei bestimmte Prinzipien, von denen das eine sich auf die Art der Steuererhebung, das andere auf eine gesunde wahrhafte Vertretung des Volkes im Parlamente bezieht. Ersteres erklärt die <hi rendition="#g">direkte</hi> Besteuerung für die einzige ehrliche Weise zur Unterstützung der Nationalinstitutionen die erforderlichen Staatseinnahmen zu realisiren. Die, welche von dem jetzigen Schwindelsystem der Besteuerung Nutzen ziehen, mögen dies als eine Neuerung betrachten. Gleichwohl besteht diese direkte Besteuerung in unserem Lande bereits in allen auf Lokalverhältnisse bezüglichen Fällen, so die Armen-, Straßen- und Polizeisteuern. Der Zweck, zu welchem jede Lokalsteuer verwandt werden soll, wird genau hingestellt. In Betreff der allgemeinen oder Staatssteuern sind dagegen 9/10 der Zahlenden eben so über die Zwecke wofür, als über den Betrag, den sie zahlen, im Dunkeln. Indem der Staat Steuern auflegt tritt er als Gläubiger denen gegenüber, welche zahlen. Den steuernden Personen, die Kenntniß des von ihnen gezahlten Betrages entziehen, ist, ich wiederhole es, eine Schwindelei, eine Betrügerei. Wüßte jeder genau, wie viel er an den Staat zahlt ‒ und dies kann er bei der jetzigen indirekten Besteuerung niemals wissen ‒ so würden gewiß einerseits die Staatslasten mehr auf die Schultern derer gewälzt werden, die sie zu tragen vermögen, und andrerseits würde eine bedeutende Verminderung der Abgaben schnell erfolgen müssen. Denn Niemand würde dann noch zu den tausenderlei unnützen Ausgaben und Verschleuderungen beitragen wollen. Die hierauf einstimmig angenommene Resolution lautete:</p> <p>„Nach der Ansicht dieses Meetings sind die fiskalischen Einrichtungen dieses Landes ungerecht und äußerst bedrückerisch, da die Staatseinnahmen hauptsächlich aus den Abgaben von den nothwendigsten Lebensbedürfnissen gezogen werden. Das Meeting hält es für die gebieterische Pflicht des Parlaments, unser ganzes Steuersystem zu revidiren, alle indirekte Besteuerung abzuschaffen und die Ausgaben für die Verwaltung dem Eigenthum aufzuerlegen. Auch ist das Meeting der Ansicht, daß das gegenwärtige Repräsentativ-System höchst fehlerhaft ist, und so bleiben wird, bis durch eine Reform desselben jeder erwachsene geistesgesunde Britte (mit Ausnahme der während der Wahlzeit im Gefängniß befindlichen Personen) zur Ausübung jenes Wahlrechts zugezogen wird, das bisher ungerechter Weise das Monopol einer unbedeutenden Minderheit der Bürger dieses Landes war.“ Auf Grund dieser Resolution wurde sodann eine energische Adresse an's Parlament entworfen, in welcher die beiden Punkte: vollständige Revision des bisherigen Steuer-Systems und Reform der Volksvertretung auf breitester Grundlage, weitläufiger auseinander gesetzt werden. Nach ihrer Unterzeichnung wird sie Feargus O'Connor zugesandt, und von ihm dem Parlament vorgelegt werden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar233_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 26. Febr.</head> <p>Die Demokraten des Herault-Departement erklären im „Independant“ von Montpellier: „Da laut der Verfassungsurkunde die französische Republik Angesichts der Welt proklamirt hat, fremde Nationalitäten zu respektiren und nicht Eroberungen zu machen, wie sie ihrerseits respektirt zu werden erwartet, so würde der vom Ministerium und Präsidenten projektirte, von der Kammer zu votirende, und vom Heer auszuführende Feldzug gegen die römische Republik eine Verletzung der Verfassung sein.“ Der „Independant“ druckt seit einer Woche den bezüglichen Paragraphen der Konstitution als Motto vor jede seiner Nummern. Unsere Freunde Leon Faucher und Odilon-Barrot würden sich freilich im Vertretungsfall dadurch herauszuwickeln versuchen, daß dieser „heilige“ Feldzug (wie der Jesuitendeputirte Montalembert ihn nennt) keine Eroberungen beabsichtigt, sondern nur einfach eine Freiheitsabwürgung. Das berüchtigte Legitimistenblatt „Courrier de la Gironde“ in Bordeaux sagt am 17. Februar: „Präsident Bonaparte! will man sie nicht mehr als Präsident, wohlan, so handeln Sie als Fürst, und proklamiren sich als solchen“ Das heißt wenigstens klar sprechen und bündig. Der „Republicain des Ardennes“ in Sedan citirt mit Ironie die am 15. dieses von dem genialen Leon Faucher auf der Tribüne ausgestoßenen Worte: „die Februarrevolution hat Prinzip wie Form der Regierung geändert; auf diesem neuen Pfade ist nunmehr fortzuwandeln; das Land hat dies Resultat, welches durch ein Gefecht von nur einigen Stunden erreicht worden war, fast ohne allen Widerspruch angenommen“ ‒ und er stellt gegenüber das Wort des sublimen Generals Bugeaud, des „gallischen Windischgrätz“ vor der Versammlung der Lyoner Kaufleute: „Meine Herren! Glauben Sie ja nicht, Paris habe Ihnen die vielen Revolutionen geschickt, nein, nur der verderbte Theil von Paris war es.“ Und daneben citirt dies boshafte Blatt das aphoristische Wort des Philosophen Odilon Barrot (vielleicht das beste, was diesem je entfahren): „die besagte Rede des Generals Bugeaud ist <hi rendition="#g">stupide,</hi> und wenn es sich mit ihr ganz so, wie berichtet wird, verhält, dann hat er gleichsam seine eigene <hi rendition="#g">Absetzung</hi> damit ausgesprochen.“</p> <p>Das spitzbübische feingeschniegelte Jüngelchen, Falloux genannt, welches den Jesuitismus ins Unterrichtsministerium einführt soviel es ihm möglich, läßt von allen 86 Präfekten Listen der Abonnenten demokratischer Journale anfertigen. Der „Republicain de la Moselle“ in Metz sagt: „Nur ein Loyolist kann es gewesen sein, der ihm diese Inquisitionsmaßregel eingab, die ihre Muster in den ältern Annalen der röm. Priesterherrschaft hat. Jetzt braucht die Reaktion nur durchzudringen mit ihren blutgierigen Gelüsten, und diese Abonnentenlisten, die schon Listen von Verdächtigen sind, werden auf einmal Aechtungslisten. Inzwischen wird durch die frisch eingesetzten Ministerialbeamten, lauter Jesuiten und Königliche, in allen 86 Präfekturen der Wahlakt für die legislative Kammer des Maimonats vorbereitet, und zwar in einer Manier, gegen welche die weiland Duchatel'sche unter dem vertriebenen Könige gar ein Kinderspiel war. Jeder demokratische Kandidat wird jetzt schon von den Wahlagenten als Kommunist bei dem Landmanne verketzert. Wir erklären somit, das Ministerium, indem es solcherlei anordnet und einem Bugeaud das Oberkommando läßt, ist nicht nur mitschuldig, sondern ist Anstifter des Bürgerkriegs. Voll Freuden konstatiren wir unserseits die Agitation der Bauern Bezugs der von den sich restaurirenden Edelleuten 1825 am 27. April dem Lande gestohlenen 1000 Mill. Franken. Das Nähere hievon ist: durch das an jenem unseligen Tage votirte Gesetz wurden 30 Mill. 3pCt. Rente, von einer Milliarde Kapital, zur Liquidation bestimmt. Und zwar laut Art. 5 dieses Gesetzes wurden die Renten fünftelweise, von Jahr zu Jahr, vom 22. Juni 1825 ab, eingetragen; mit Ausnahme der unter 250 Fr. Rente betragenden Entschädigungen, welche nämlich vollständig und auf einmal eingeschrieben wurden.</p> <p>Am 31. Decbr. 1831 waren die Operationen der Liquidation beendet, und die Summe der Renten belief sich auf 25,995,310 Fr. oder auf 866,510,333 Kapital; was also ein Minus von 133,489,657 Fr. Kapital von jenen 1000 Mill. anzeigt. Das Gesetz vom 5. Januar 1831 tilgte die Verfügung des Aprilgesetzes, nach der die freigebliebenen Gelder ein gemeinsamer Fonds werden sollten, um die beim Vertheilen etwa entstandenen Versehen auszugleichen. Mithin hat Frankreichs Republik ein Anrecht auf 866 1/2 Mill. Fr. mindestens, die Zinsen ungerechnet. Die Nationalversammlung wird zu entscheiden haben, nur sagen wir ihr mit Vergnügen vorher, daß das Volk nicht aufhören wird, Vergütung für die Vergangenheit, Garantieen für die Zukunft zu fordern. <hi rendition="#g">Die Dürftigen haben einsehen gelernt, daß sie nur deshalb so zahlreich sind, weil man sie bestohlen, und weil das monarchische Büdget einige Leute auf Kosten Aller reich macht.</hi> Diese gefährliche Büdgetmaschine ist nunmehr zu zerbrechen, so daß die Reactionäre am Tage nach der von ihnen beabsichtigten abermaligen Restauration, sich ihrer nicht ferner bedienen können.“</p> <p>Diese Moselblätter führen einen scharfen, ehrenvollen Kampf gegen dies Ministerial- oder Präfekturblatt, welches wiederum das beliebte Steckenpferd der pfäffischen Königthümler besteigt und sagt: „nichts ist stupider als diese anarchischen Journale, wenn sie sagen, man solle die Bauern auch dies Mal wieder im Hauptort des Kantons votiren lassen, um sie dem Einflusse des Grundherrn und Dorfgeistlichen dadurch zu entrücken.“</p> <p>Ein anderes mordbrennerisches Messiner, d. h. Moselanerjournal, „Le Voeu National“ nennt die Republikaner „Diebe und Todschläger.“ Während dies in der Provinz vor sich geht, verschwören sich in Paris, Straße du Regard Nr. 18, seit 3 Wochen die Abgeordneten der Provinzialrebellen, fast lauter Priester, zur Leitung der großen legitimistischen Insurrection; bei 500 Arbeiter wohnen diesen vom Ministerium begünstigten Zusammenkünften bei, empfangen für sich und ihre Familien Geld- und Naturalienunterstützungen, werden auf die katholisch-apostolisch-römische Kirche und gegen die Republik vereidigt; auch befindet sich ein großer Waffenvorrath ebendaselbst. Die Pariser Demokratenpresse interpellirte bis jetzt den biedern Leon Faucher vergebens über diese Vorgänge.</p> <p>Wie dem auch sei, die Legitimisten selber werden scheitern an der Finanzklippe, und der „Republicain de Lot et Garone“ in Agen hat Recht, wenn er in einem durch den ganzen Süden Aufsehn erregenden Artikel vom 21. Febr. sagt: „Unser Finanzsystem wankt seit zehn Jahren dem Abgrunde zu. In unserm Lande mit dem vielzersplitterten Bodenbesitz ist, bei der Theuerheit des Geldes, die Steuernsumme schnell von 1100 auf 1800 Millionen gestiegen. Im Jahre 93 liquidirte die Republik mit Assignatenpapier und ruinirte den Handel durch das Maximum. Damals schätzte man das Mobilvermögen auf 4000 Mill., das Immobil auf 42,000. Die offizielle Angabe des Nettoeinkommens des letztern dient als Basis der Steuern, und nach diesem Verhältniß muß das Immobilvermögen heute 53,100 Mill. betragen; nämlich das Nettoeinkommen beträgt 1593 Millionen, die zu 3% kapitalisirt, eben 53,100 Mill. geben. Andrerseits weiß man heute, daß die Hypothekenschuld Frankreichs 14,000 Millionen nächstens überschreiten wird, sage vierzehn Milliarden! Ferner die sogenannte handschriftliche Schuld, welche nach dem verkauften Papier abgeschätzt werden kann, besteht in 1) einregistrirten Obligationen; 2) garantirten aber nicht einregistrirten Obligationen, wozu die Uebertragungen: Summa 19 Milliarden. Man muß bedenken, daß beim Besitz der Schuldner nur Zweifünftel genießt, und Dreifünftel der Gläubiger. Wäre diese grausame Schuldenmasse gleichmäßig vertheilt, so hätte das Eigenthum bei uns schon seine Bilanz abgelegt. Aber dem ist nicht so: Paris ausgenommen variirt die Schuld in den Departementen von 48 auf 120%. In 76 Departementen ist das Eigenthum zu Grunde; nur in den übrigen 10 Departementen hält es sich, das heißt, es ist dort nur mit 48% belastet. Das Einkommen des Immobils taxirten wir oben auf 1593 Millionen; wir sahen die darauf gewälzte Hypothekenschuld von 14,000 Mill. und die sogenannte chirographische von 19,000 Mill. Summa 33,000 Mill. Schulden.</p> <p>Nun beträgt der Antheil des Gläubigers bekanntlich 3/5 des Eigenthums, oder 31,240 Millionen. Diese Zahl wird aber von der Schuld (33,000,000) noch um 2000 Mill. überragt; die Schuld ist also über ihren Gipfel, so zu sagen, hinausgedrungen. Unser Immobil ist ausgequetscht, ausgepreßt, ausgesogen, ausgekeltert ‒ man gestatte uns dies Bild ‒ und es hat in sich selber seine Hübfsquellen aufgezehrt. Man bedenke auch, daß die Hypothekenschuld zu 5 pCt., die chirographische zu 6, ja zu 7 pCt. verzinst steht, ganz unter der Fuchtel des Wuchers, des stets freßgierigen Kapitals; während das Einkommen des Immobils 1593 Mill. ist; diese beiden Schuldenklassen machen aber, zu 6 pCt. im Durchschnitte, 1980 Mill. aus. Folglich sagen wir: unser gallischer Grund und Boden zehrt nicht blos sein Einkommen rein auf, sondern verschuldet sich <hi rendition="#g">alljährlich</hi> um 287 Millionen. Auf der andern Seite ist das Mobileigenthum kräftig gediehen. Unsre Proletarier verkaufen ihre Felder, um Mobilien dafür zu kaufen. Wir fluchen dem Lügensatze: Luxus ist Staatsreichthum. Wir fordern endlich, daß die Republik aus diesem alten Geleise trete, welches sie unrettbar in den Bankrutt führt. Die hohe Finanzokratie aber thront wieder und verhindert den Austritt. Und unsere Minister sind gefesselt und traben der prassenden, ausbeutelnden Finanzokratie nach‥‥ Gott sei Frankreich gnädig!“</p> </div> <div xml:id="ar233_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>220</author></bibl> Paris, 25. Febr.</head> <p>Einen neuen Beweis der Perfidie des Ministeriums Barrot liefert folgende Thatsache. Bekanntlich flüchtete ein Theil Derjenigen, welche an dem Struve'schen Zuge thätig gewesen waren nach Frankreich und wurde diesen in Besanonçon der Aufenthalt angewiesen. Das damalige Ministerium räumte diesem Korps ein kasernenartiges Gebäude ein und zahlte einem Jeden täglich 10 Sous. Das Korps unter Führung des frühern Premierlieutenant Willich, jetzt etwa 150 Mann stark, war wegen seiner demokratischen Ansichten dem Ministerium Barrot bald ein Dorn im Auge. Barrot wünschte sich desselben möglichst schnell zu entledigen und da es dies nicht offen wagte, nahm es zu folgendem Mittel seine Zuflucht. Er schloß mit dem badischen Gouvernement einen Vertrag dahin ab, daß dem Korps Amnestie gewährt werden solle, wenn es: 1) sich verpflichte, nie wieder an politischen Dingen Theil zu nehmen; 2) daß die Einzelnen unter polizeiliche Aufsicht gestellt würden. Das Korps weigerte sich, einen solchen schändlichen Vertrag einzugehen, und was dekretirt das Ministerium Barrot? „Da das Korps die bewilligte Amnestie nicht annehme, so hört die oben gedachte Unterstützung vom 1. März an auf, auch muß das Korps das Gebäude räumen! Die Flüchtlinge werde durch diese Maßregeln in die schrecklichste Lage versetzt, was freilich den Herren Barrot, Bekk und Konsorten grade zu großer Freude gereicht.</p> </div> <div xml:id="ar233_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris. 25. Februar.</head> <p>Das Amendement von Pierre Leroux hat seine Früchte getragen; gestern ging es durch in der Kammer und heute fand es schon seine Anwendung im Correctionell. Wir haben uns in unserer Auffassungsweise der bürgerlichen Ehe nicht getäuscht: die bürgerliche Justiz hat sie schon heute sanktionirt. Die bürgerliche Ehe hat nur eine Bedeutung, wenn hinter ihr das bürgerliche Eigenthum steht. Die Proletarier-Ehe im bürgerlichen Sinne ist ein Unsinn geworden. Das konstitutionelle Blatt Papier, welches in diesem speziellen Falle zwischen Mann und Weib gestellt ist, kann dem Einen oder dem Andern nur dann zu Gute kommen, wenn wirkliche Güter da sind, die beschützt werden sollen. Ist aber kein anderes Gut da, als die eheliche Treue, und werden Richter und Gensd'armen zur Bewahrung der Treue und zur Bestrafung der Untreue angerufen, dann zeigt sich der bürgerliche Unsinn in seiner ganzen Fülle. Das Amendement von Pierre Leroux hat diesen Unsinn auf die sinnreichste Weise anschaulich gemacht, und der heutige Prozeß, welcher mit Berufung auf das Amendement von Pierre Leroux endete, ist, wie gesagt, die erste praktische Anwendung dieses Gesetzes. Es handelte sich von einer Anklage auf Ehebruch. Der Kläger, Herr Sorret, ist Buchhalter. Wie es in der Art Geschichten zu gehen pflegt, hatte er durch Anzeichen aller Art angefangen, Verdacht zu schöpfen auf seine Frau; er ließ sie bewachen und war so glücklich, das flagrante Vergehen durch den Kommissär konstatiren lassen zu können. Der Polizei <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1284/0004]
Freiwillige zu den Waffen greifen, so spreche man nicht mehr von Freiheit!
Wenn das Volk sein Versprechen hält, so wird die Regierung ihren Pflichten nachzukommen wissen.
Sie wird die Anarchie im Innern bekämpfen, und die Vertheidigung zu führen wissen gegen die fremde Invasion: sie wird thun, was Gott und das Gewissen ihr befehlen.
Man rege an die Lauen, Gleichgültigen und Widerspenstigen; wie wir jetzt stehn, ist es besser vorwärts zu schreiten, als auf dem Platze stehn zu bleiben; das schlimmste aller Uebel ist die Trägheit, die Bewegungslosigkeit.
Ihr bleibt ruhig zu Hause? und wer wird Euch vor Brandstiftung schützen?
Ihr verberget Euer Geld, und verweigert es dem Vaterlande, welches es verlangt! Aber wer wird Euch vertheidigen gegen den Kroaten, der es Euch mit dem Stocke in der Hand abverlangen kann? Ihr verderbt das Herz des Bauern! Ihr macht ihn abwendig vom Kriege, aber wer wird Eure Erndten schützen gegen die Ausfälle der feindlichen Cavallerie?
Zweifelt Ihr noch? Seht die Lombardei an, und seht, ob es nicht die Wahrheit ist.
Florenz, den 16. Februar 1849.
Die provisorische Regierung:
F. D. Guerazzi, O. Mazzoni, G. Montanelli.
Venedig. Die allgemeine Stimmung ist entschieden für Krieg mit Oestreich und einen italienischen Verfassungsrath. General Olivero aus Piemont ist hier, um sich mit General Pepe über die Kriegsfrage zu berathen. Die venezianisch-sardinische Flotte soll nächstens den Triestinern einen Besuch abstatten. Die Blokade soll vom Festlande aus strenger gehandhabt werden, doch spürt man bis jetzt noch wenig davon. Konscriptionspflichtige Lombarden kommen in Menge hier an. Glücklicher Weise sind wir mit Lebensmitteln hinreichend versehen, nur an Holz fehlt es. ‒ Das Fort O hat den Namen Manin erhalten. ‒ Die Schweizerkompagnie des Hauptmann Debrunner trägt jetzt rothe Tschakkos. ‒ Eine Adresse der hiesigen Schweizer an den Nationalrath, in Betreff der Kapitulationen, erhält viele Unterschriften. ‒ Am 22. März wird ein Erinnerungsfest an die vorjährige Proklamation der Republik Venedig, stattfinden. ‒ Von der Regierung wurden vom 16. Sept. v. J. bis zum 31. Jan. d. J. 5,253,200 Lire Papiergeld in Umlauf gesetzt, von welchen indessen seither 315,000 amortisirt worden sind; für den Rest obiger Summe haften 2110 Accepte hiesiger Kaufleute, etc. Von den votirten 12 Mill. Municipal-Papiergeld ist bereits die Hälfte in Umlauf.
Großbritannien. * London, 24. Febr. Der Vollziehungs-Ausschuß der Chartisten wendet sich wegen energischer Agitation zur Durchsetzung der Finanzreform und der Volkscharter in nachstehender Zuschrift an die Chartisten von Großbritannien:
„Landsleute!
Wir haben beschlossen, die große Frage wegen durchgreifender Reform des Unterhauses abermals vor's Parlament zu bringen ‒ die große Frage, ob eine kleine usurpatorische Fraction noch länger anmaßend die Geschicke dieses Landes entscheiden soll, oder ob jene Pflicht nicht eine heilige Obliegenheit des ganzen Volkes ist?
Daß die Lösung dieses wichtigen Problems vom Volke selbst abhängt, ist die von den Weisen der Welt in jeder Epoche ihrer Geschichte verfochtene Ansicht. Seit Anfang der Freiheitsbewegungen in diesem Lande, waren die Umstände für den Fortschritt niemals günstiger als eben jetzt. Nur einen großen und beklagenswerthen Mangel muß abgeholfen werden, eh' diese Umstände eine irgend günstige Wirkung äußern können: das Volk muß sich aus dem schlimmer als verbrecherischen Schlafe erheben, in den es versunken ist. Seine Unthätigkeit ist die Wonne der Unterdrücker und zugleich der Schmerz des Vaterlandsfreundes.
Mit Kummer, doch nicht mit Verzweiflung, blicken wir auf seine Passivität bei dem vielfachen Unrecht, das es erduldet. Wir hegen den lebendigen Glauben an die Wahrheit und den schließlichen Erfolg der Prinzipien der Demokratie und nähren zugleich die starke Hoffnung, daß jene dem Menschengeschlecht inwohnende Freiheitsliebe sich in den Herzen und Gemüthern der bisher trägen Massen Großbritanniens noch fruchtbar erweisen wird.
Es kommt uns ziemlich seltsam vor, Landsleute, daß das Volk hier, gleich wie vom Opium erfüllt, still und ruhig dasteht, während der Donner der Revolution die Nationen der Erde aus hundertjährigem Schlaf erweckt und den Herzen ihrer jämmerlichen Tyrannen eine heilsame Furcht einjagt. Wenige Völker in Europa giebt's, die nicht während des ereignißvollen Jahres 1848 irgend ein Gut, sei's durch Verminderung von Uebelständen und Beschwerden sei's durch Erweiterung ihrer Freiheit, gewonnen hätten. Einige haben ihre Despoten auf unfreiwillige Pilgerfahrten in die Welt hinausgeschickt und die Leitung ihrer Angelegenheiten in die eigenen Hände genommen. Was fragen wir uns hier: Welchen Fortschritt auf der Bahn der Freiheit hat England gemacht? Welche Konzession ist den politischgefesselten und social herabgewürdigten Millionen zu Theil geworden? Welche Verbesserung in der elenden Lage der großen Masse unsrer Arbeiterbevölkerung ist zu Stande gekommen? Ach! die Antwort ist allzu notorisch, um der Wiederholung zu bedürfen.
Wäre es nöthig, Landsleute, Euch einen Beweggrund zur Thätigkeit zu liefern, um schleunig zur Erschaffung eines ehrenhaften Unterhauses die erforderliche Macht zu erlangen: so findet Ihr ihn in dem Umstande, daß das Parlament während ein paar Monaten des vorigen Jahres auf den Antrieb jener schönen Klicke, des Russell'schen Kabinets, vier monströse Zwangsgesetze annahm.
Ihr findet den Beweggrund ferner in der Thatsache, daß die erste Handlung der jetzigen Session darin bestand, Irland, dieser nationalen Bastille, dem schrecklichen Golgatha, dem Lande entnervter Invaliden, eine neue Schmach anzuthun, ein neues grausames Unrecht auf dasselbe zu häufen. Whigs, Torics und Liberal-Reformer scheinen in ihren Anstrengungen zu wetteifern, um die Scorpionen-Geißel der Unterdrückung in die Hände seiner Beherrscher zu legen. Wir erinnern Euch an dieses tyrannische Verfahren in der Absicht, Euch anzustacheln zur Befreiung der entwürdigten Menschheit von der auszehrenden Herrschaft einer angemaßten, unverantwortlichen Gewalt.
Wir haben mit unserm Kollegen, O'Connor, über den Zeitpunkt, die Gesinnung des Parlaments in Betreff der Charter zu erforschen, Berathung gepflogen. O'Connor hat zugesagt, den Gegenstand Mitte nächsten Mai's in aller Form zur Kenntniß des Unterhauses zu bringen. Seine Bemühungen werden, wenn nicht vom Volk mit Energie unterstützt, von geringem Nutzen sein. Ihr habt hinreichende Zeit, die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Gegenstand zu lenken und Eure Petitionen angemessen und zahlreich unterzeichnen zu lassen. Ein Petitionsformular wird in der nächsten Nr. des „Northern-Star“ erscheinen und kann, je nach den Wünschen der einzelnen Lokalitäten, in dieser Form angenommen oder im Ausdruck verändert werden. Die Petitionen jeder Stadt oder jeden Distriktes müssen dann nach sorgfältiger Durchmusterung, damit alle Ungehörigkeiten wegfallen, dem Repräsentanten der Lokalität zur Ueberreichung an's Parlament zugestellt werden.
Landsleute, wir bezeichnen Euch diese Arbeit mit dem vollen Vertrauen, daß Ihr sie nicht vernachlässigen werdet. Wir bitten Euch inständig, alle Trägheit von Euch zu werfen und so Eure Feinde des Grundes, daß Ihr gegen Eure Rechte gleichgültig wäret, zu berauben. Auf denn, Chartisten, und an's Werk! Strengt Euch an, den bisher leeren Ruhm, daß „Briten niemals Sklaven sein werden“ zur Wirklichkeit zu machen!
T. Clark, W. Diron, P. M'Grath, E. Stallwood, G. Julian Harney.
* London, 24. Febr. Unter den zahlreichen Meetings, die besonders seit Eröffnung der diesjährigen Parlamentssession hier abgehalten wurden, verdient das von dem chartistischen Vollziehungs-Ausschusse zusammenberufene spezielle Erwähnung. Es fand am verflossenen Dienstage statt und war massenhaft besucht. Clark beantragte die erste Resolution, zu deren Begründung er u. A. sagte:
Die Resolution behauptet zwei bestimmte Prinzipien, von denen das eine sich auf die Art der Steuererhebung, das andere auf eine gesunde wahrhafte Vertretung des Volkes im Parlamente bezieht. Ersteres erklärt die direkte Besteuerung für die einzige ehrliche Weise zur Unterstützung der Nationalinstitutionen die erforderlichen Staatseinnahmen zu realisiren. Die, welche von dem jetzigen Schwindelsystem der Besteuerung Nutzen ziehen, mögen dies als eine Neuerung betrachten. Gleichwohl besteht diese direkte Besteuerung in unserem Lande bereits in allen auf Lokalverhältnisse bezüglichen Fällen, so die Armen-, Straßen- und Polizeisteuern. Der Zweck, zu welchem jede Lokalsteuer verwandt werden soll, wird genau hingestellt. In Betreff der allgemeinen oder Staatssteuern sind dagegen 9/10 der Zahlenden eben so über die Zwecke wofür, als über den Betrag, den sie zahlen, im Dunkeln. Indem der Staat Steuern auflegt tritt er als Gläubiger denen gegenüber, welche zahlen. Den steuernden Personen, die Kenntniß des von ihnen gezahlten Betrages entziehen, ist, ich wiederhole es, eine Schwindelei, eine Betrügerei. Wüßte jeder genau, wie viel er an den Staat zahlt ‒ und dies kann er bei der jetzigen indirekten Besteuerung niemals wissen ‒ so würden gewiß einerseits die Staatslasten mehr auf die Schultern derer gewälzt werden, die sie zu tragen vermögen, und andrerseits würde eine bedeutende Verminderung der Abgaben schnell erfolgen müssen. Denn Niemand würde dann noch zu den tausenderlei unnützen Ausgaben und Verschleuderungen beitragen wollen. Die hierauf einstimmig angenommene Resolution lautete:
„Nach der Ansicht dieses Meetings sind die fiskalischen Einrichtungen dieses Landes ungerecht und äußerst bedrückerisch, da die Staatseinnahmen hauptsächlich aus den Abgaben von den nothwendigsten Lebensbedürfnissen gezogen werden. Das Meeting hält es für die gebieterische Pflicht des Parlaments, unser ganzes Steuersystem zu revidiren, alle indirekte Besteuerung abzuschaffen und die Ausgaben für die Verwaltung dem Eigenthum aufzuerlegen. Auch ist das Meeting der Ansicht, daß das gegenwärtige Repräsentativ-System höchst fehlerhaft ist, und so bleiben wird, bis durch eine Reform desselben jeder erwachsene geistesgesunde Britte (mit Ausnahme der während der Wahlzeit im Gefängniß befindlichen Personen) zur Ausübung jenes Wahlrechts zugezogen wird, das bisher ungerechter Weise das Monopol einer unbedeutenden Minderheit der Bürger dieses Landes war.“ Auf Grund dieser Resolution wurde sodann eine energische Adresse an's Parlament entworfen, in welcher die beiden Punkte: vollständige Revision des bisherigen Steuer-Systems und Reform der Volksvertretung auf breitester Grundlage, weitläufiger auseinander gesetzt werden. Nach ihrer Unterzeichnung wird sie Feargus O'Connor zugesandt, und von ihm dem Parlament vorgelegt werden.
Französische Republik. 17 Paris, 26. Febr. Die Demokraten des Herault-Departement erklären im „Independant“ von Montpellier: „Da laut der Verfassungsurkunde die französische Republik Angesichts der Welt proklamirt hat, fremde Nationalitäten zu respektiren und nicht Eroberungen zu machen, wie sie ihrerseits respektirt zu werden erwartet, so würde der vom Ministerium und Präsidenten projektirte, von der Kammer zu votirende, und vom Heer auszuführende Feldzug gegen die römische Republik eine Verletzung der Verfassung sein.“ Der „Independant“ druckt seit einer Woche den bezüglichen Paragraphen der Konstitution als Motto vor jede seiner Nummern. Unsere Freunde Leon Faucher und Odilon-Barrot würden sich freilich im Vertretungsfall dadurch herauszuwickeln versuchen, daß dieser „heilige“ Feldzug (wie der Jesuitendeputirte Montalembert ihn nennt) keine Eroberungen beabsichtigt, sondern nur einfach eine Freiheitsabwürgung. Das berüchtigte Legitimistenblatt „Courrier de la Gironde“ in Bordeaux sagt am 17. Februar: „Präsident Bonaparte! will man sie nicht mehr als Präsident, wohlan, so handeln Sie als Fürst, und proklamiren sich als solchen“ Das heißt wenigstens klar sprechen und bündig. Der „Republicain des Ardennes“ in Sedan citirt mit Ironie die am 15. dieses von dem genialen Leon Faucher auf der Tribüne ausgestoßenen Worte: „die Februarrevolution hat Prinzip wie Form der Regierung geändert; auf diesem neuen Pfade ist nunmehr fortzuwandeln; das Land hat dies Resultat, welches durch ein Gefecht von nur einigen Stunden erreicht worden war, fast ohne allen Widerspruch angenommen“ ‒ und er stellt gegenüber das Wort des sublimen Generals Bugeaud, des „gallischen Windischgrätz“ vor der Versammlung der Lyoner Kaufleute: „Meine Herren! Glauben Sie ja nicht, Paris habe Ihnen die vielen Revolutionen geschickt, nein, nur der verderbte Theil von Paris war es.“ Und daneben citirt dies boshafte Blatt das aphoristische Wort des Philosophen Odilon Barrot (vielleicht das beste, was diesem je entfahren): „die besagte Rede des Generals Bugeaud ist stupide, und wenn es sich mit ihr ganz so, wie berichtet wird, verhält, dann hat er gleichsam seine eigene Absetzung damit ausgesprochen.“
Das spitzbübische feingeschniegelte Jüngelchen, Falloux genannt, welches den Jesuitismus ins Unterrichtsministerium einführt soviel es ihm möglich, läßt von allen 86 Präfekten Listen der Abonnenten demokratischer Journale anfertigen. Der „Republicain de la Moselle“ in Metz sagt: „Nur ein Loyolist kann es gewesen sein, der ihm diese Inquisitionsmaßregel eingab, die ihre Muster in den ältern Annalen der röm. Priesterherrschaft hat. Jetzt braucht die Reaktion nur durchzudringen mit ihren blutgierigen Gelüsten, und diese Abonnentenlisten, die schon Listen von Verdächtigen sind, werden auf einmal Aechtungslisten. Inzwischen wird durch die frisch eingesetzten Ministerialbeamten, lauter Jesuiten und Königliche, in allen 86 Präfekturen der Wahlakt für die legislative Kammer des Maimonats vorbereitet, und zwar in einer Manier, gegen welche die weiland Duchatel'sche unter dem vertriebenen Könige gar ein Kinderspiel war. Jeder demokratische Kandidat wird jetzt schon von den Wahlagenten als Kommunist bei dem Landmanne verketzert. Wir erklären somit, das Ministerium, indem es solcherlei anordnet und einem Bugeaud das Oberkommando läßt, ist nicht nur mitschuldig, sondern ist Anstifter des Bürgerkriegs. Voll Freuden konstatiren wir unserseits die Agitation der Bauern Bezugs der von den sich restaurirenden Edelleuten 1825 am 27. April dem Lande gestohlenen 1000 Mill. Franken. Das Nähere hievon ist: durch das an jenem unseligen Tage votirte Gesetz wurden 30 Mill. 3pCt. Rente, von einer Milliarde Kapital, zur Liquidation bestimmt. Und zwar laut Art. 5 dieses Gesetzes wurden die Renten fünftelweise, von Jahr zu Jahr, vom 22. Juni 1825 ab, eingetragen; mit Ausnahme der unter 250 Fr. Rente betragenden Entschädigungen, welche nämlich vollständig und auf einmal eingeschrieben wurden.
Am 31. Decbr. 1831 waren die Operationen der Liquidation beendet, und die Summe der Renten belief sich auf 25,995,310 Fr. oder auf 866,510,333 Kapital; was also ein Minus von 133,489,657 Fr. Kapital von jenen 1000 Mill. anzeigt. Das Gesetz vom 5. Januar 1831 tilgte die Verfügung des Aprilgesetzes, nach der die freigebliebenen Gelder ein gemeinsamer Fonds werden sollten, um die beim Vertheilen etwa entstandenen Versehen auszugleichen. Mithin hat Frankreichs Republik ein Anrecht auf 866 1/2 Mill. Fr. mindestens, die Zinsen ungerechnet. Die Nationalversammlung wird zu entscheiden haben, nur sagen wir ihr mit Vergnügen vorher, daß das Volk nicht aufhören wird, Vergütung für die Vergangenheit, Garantieen für die Zukunft zu fordern. Die Dürftigen haben einsehen gelernt, daß sie nur deshalb so zahlreich sind, weil man sie bestohlen, und weil das monarchische Büdget einige Leute auf Kosten Aller reich macht. Diese gefährliche Büdgetmaschine ist nunmehr zu zerbrechen, so daß die Reactionäre am Tage nach der von ihnen beabsichtigten abermaligen Restauration, sich ihrer nicht ferner bedienen können.“
Diese Moselblätter führen einen scharfen, ehrenvollen Kampf gegen dies Ministerial- oder Präfekturblatt, welches wiederum das beliebte Steckenpferd der pfäffischen Königthümler besteigt und sagt: „nichts ist stupider als diese anarchischen Journale, wenn sie sagen, man solle die Bauern auch dies Mal wieder im Hauptort des Kantons votiren lassen, um sie dem Einflusse des Grundherrn und Dorfgeistlichen dadurch zu entrücken.“
Ein anderes mordbrennerisches Messiner, d. h. Moselanerjournal, „Le Voeu National“ nennt die Republikaner „Diebe und Todschläger.“ Während dies in der Provinz vor sich geht, verschwören sich in Paris, Straße du Regard Nr. 18, seit 3 Wochen die Abgeordneten der Provinzialrebellen, fast lauter Priester, zur Leitung der großen legitimistischen Insurrection; bei 500 Arbeiter wohnen diesen vom Ministerium begünstigten Zusammenkünften bei, empfangen für sich und ihre Familien Geld- und Naturalienunterstützungen, werden auf die katholisch-apostolisch-römische Kirche und gegen die Republik vereidigt; auch befindet sich ein großer Waffenvorrath ebendaselbst. Die Pariser Demokratenpresse interpellirte bis jetzt den biedern Leon Faucher vergebens über diese Vorgänge.
Wie dem auch sei, die Legitimisten selber werden scheitern an der Finanzklippe, und der „Republicain de Lot et Garone“ in Agen hat Recht, wenn er in einem durch den ganzen Süden Aufsehn erregenden Artikel vom 21. Febr. sagt: „Unser Finanzsystem wankt seit zehn Jahren dem Abgrunde zu. In unserm Lande mit dem vielzersplitterten Bodenbesitz ist, bei der Theuerheit des Geldes, die Steuernsumme schnell von 1100 auf 1800 Millionen gestiegen. Im Jahre 93 liquidirte die Republik mit Assignatenpapier und ruinirte den Handel durch das Maximum. Damals schätzte man das Mobilvermögen auf 4000 Mill., das Immobil auf 42,000. Die offizielle Angabe des Nettoeinkommens des letztern dient als Basis der Steuern, und nach diesem Verhältniß muß das Immobilvermögen heute 53,100 Mill. betragen; nämlich das Nettoeinkommen beträgt 1593 Millionen, die zu 3% kapitalisirt, eben 53,100 Mill. geben. Andrerseits weiß man heute, daß die Hypothekenschuld Frankreichs 14,000 Millionen nächstens überschreiten wird, sage vierzehn Milliarden! Ferner die sogenannte handschriftliche Schuld, welche nach dem verkauften Papier abgeschätzt werden kann, besteht in 1) einregistrirten Obligationen; 2) garantirten aber nicht einregistrirten Obligationen, wozu die Uebertragungen: Summa 19 Milliarden. Man muß bedenken, daß beim Besitz der Schuldner nur Zweifünftel genießt, und Dreifünftel der Gläubiger. Wäre diese grausame Schuldenmasse gleichmäßig vertheilt, so hätte das Eigenthum bei uns schon seine Bilanz abgelegt. Aber dem ist nicht so: Paris ausgenommen variirt die Schuld in den Departementen von 48 auf 120%. In 76 Departementen ist das Eigenthum zu Grunde; nur in den übrigen 10 Departementen hält es sich, das heißt, es ist dort nur mit 48% belastet. Das Einkommen des Immobils taxirten wir oben auf 1593 Millionen; wir sahen die darauf gewälzte Hypothekenschuld von 14,000 Mill. und die sogenannte chirographische von 19,000 Mill. Summa 33,000 Mill. Schulden.
Nun beträgt der Antheil des Gläubigers bekanntlich 3/5 des Eigenthums, oder 31,240 Millionen. Diese Zahl wird aber von der Schuld (33,000,000) noch um 2000 Mill. überragt; die Schuld ist also über ihren Gipfel, so zu sagen, hinausgedrungen. Unser Immobil ist ausgequetscht, ausgepreßt, ausgesogen, ausgekeltert ‒ man gestatte uns dies Bild ‒ und es hat in sich selber seine Hübfsquellen aufgezehrt. Man bedenke auch, daß die Hypothekenschuld zu 5 pCt., die chirographische zu 6, ja zu 7 pCt. verzinst steht, ganz unter der Fuchtel des Wuchers, des stets freßgierigen Kapitals; während das Einkommen des Immobils 1593 Mill. ist; diese beiden Schuldenklassen machen aber, zu 6 pCt. im Durchschnitte, 1980 Mill. aus. Folglich sagen wir: unser gallischer Grund und Boden zehrt nicht blos sein Einkommen rein auf, sondern verschuldet sich alljährlich um 287 Millionen. Auf der andern Seite ist das Mobileigenthum kräftig gediehen. Unsre Proletarier verkaufen ihre Felder, um Mobilien dafür zu kaufen. Wir fluchen dem Lügensatze: Luxus ist Staatsreichthum. Wir fordern endlich, daß die Republik aus diesem alten Geleise trete, welches sie unrettbar in den Bankrutt führt. Die hohe Finanzokratie aber thront wieder und verhindert den Austritt. Und unsere Minister sind gefesselt und traben der prassenden, ausbeutelnden Finanzokratie nach‥‥ Gott sei Frankreich gnädig!“
220 Paris, 25. Febr. Einen neuen Beweis der Perfidie des Ministeriums Barrot liefert folgende Thatsache. Bekanntlich flüchtete ein Theil Derjenigen, welche an dem Struve'schen Zuge thätig gewesen waren nach Frankreich und wurde diesen in Besanonçon der Aufenthalt angewiesen. Das damalige Ministerium räumte diesem Korps ein kasernenartiges Gebäude ein und zahlte einem Jeden täglich 10 Sous. Das Korps unter Führung des frühern Premierlieutenant Willich, jetzt etwa 150 Mann stark, war wegen seiner demokratischen Ansichten dem Ministerium Barrot bald ein Dorn im Auge. Barrot wünschte sich desselben möglichst schnell zu entledigen und da es dies nicht offen wagte, nahm es zu folgendem Mittel seine Zuflucht. Er schloß mit dem badischen Gouvernement einen Vertrag dahin ab, daß dem Korps Amnestie gewährt werden solle, wenn es: 1) sich verpflichte, nie wieder an politischen Dingen Theil zu nehmen; 2) daß die Einzelnen unter polizeiliche Aufsicht gestellt würden. Das Korps weigerte sich, einen solchen schändlichen Vertrag einzugehen, und was dekretirt das Ministerium Barrot? „Da das Korps die bewilligte Amnestie nicht annehme, so hört die oben gedachte Unterstützung vom 1. März an auf, auch muß das Korps das Gebäude räumen! Die Flüchtlinge werde durch diese Maßregeln in die schrecklichste Lage versetzt, was freilich den Herren Barrot, Bekk und Konsorten grade zu großer Freude gereicht.
12 Paris. 25. Februar. Das Amendement von Pierre Leroux hat seine Früchte getragen; gestern ging es durch in der Kammer und heute fand es schon seine Anwendung im Correctionell. Wir haben uns in unserer Auffassungsweise der bürgerlichen Ehe nicht getäuscht: die bürgerliche Justiz hat sie schon heute sanktionirt. Die bürgerliche Ehe hat nur eine Bedeutung, wenn hinter ihr das bürgerliche Eigenthum steht. Die Proletarier-Ehe im bürgerlichen Sinne ist ein Unsinn geworden. Das konstitutionelle Blatt Papier, welches in diesem speziellen Falle zwischen Mann und Weib gestellt ist, kann dem Einen oder dem Andern nur dann zu Gute kommen, wenn wirkliche Güter da sind, die beschützt werden sollen. Ist aber kein anderes Gut da, als die eheliche Treue, und werden Richter und Gensd'armen zur Bewahrung der Treue und zur Bestrafung der Untreue angerufen, dann zeigt sich der bürgerliche Unsinn in seiner ganzen Fülle. Das Amendement von Pierre Leroux hat diesen Unsinn auf die sinnreichste Weise anschaulich gemacht, und der heutige Prozeß, welcher mit Berufung auf das Amendement von Pierre Leroux endete, ist, wie gesagt, die erste praktische Anwendung dieses Gesetzes. Es handelte sich von einer Anklage auf Ehebruch. Der Kläger, Herr Sorret, ist Buchhalter. Wie es in der Art Geschichten zu gehen pflegt, hatte er durch Anzeichen aller Art angefangen, Verdacht zu schöpfen auf seine Frau; er ließ sie bewachen und war so glücklich, das flagrante Vergehen durch den Kommissär konstatiren lassen zu können. Der Polizei Hierzu eine Beilage.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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