Neue Rheinische Zeitung. Nr. 235. Köln, 2. März 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 235. Köln, Freitag, den 2. März. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Thronrede. - Les grandes coleres de la Nouvelle Gazette de Prusse.) Münster. (Das Verfahren des Herrn Rintelen gegen Temme.) Berlin. (Aus dem weißen Saale und vor dem Schlosse. - Die "Const. Ztg." - Vermischtes. - Sitzung der Kammern) Kremsier. (Palacky's czechomanische Interpellation.) Dresden. (Kammersitzung.) Altona. (Ueber den Waffenstillstand.) Kassel. (Die Civilehe und der Pfaffenbeutel.) Mainz. (Abgang des Hrn. Dalwigk) Frankfurt. (National-Versammlung) Ungarn. (Vom ungarischen und siebenbürgischen Kriegsschauplatze.) Italien. Ferrara. (Die k. k. " Züchtigung der ruchlosen Stadt.") Rom. (Das ministerielle Programm. - Verbrüderung Toskanas und der römischen Republik.) Florenz. (Regierungs-Circular in Betreff Laugier's.) Turin. (Gioberti's Austritt. - Kammerverhandlung) Schweiz. Bern (Die Kapitulationsfrage. - Ein würtembergischer Reichssoldat.) Franz. Republik. Paris. (Statistisches. - L. Napoleon. - Der "National" über die östreichische Intervention. - Vermischtes. - National-Versammlung.) Großbritannien. London. (Parlament.) Südamerika. Rio de Janeiro. (Ein Rosas'sches Armeecorps in Rio Grande eingerückt.) Deutschland. * Köln, 1. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 1. März. Die Neue Preuß. Zeitung enthält Folgendes: "Die Neue Rheinische Zeitung entnimmt unserm Zuschauer die Notiz, daß aus dem hiesigen Criminalgefängniß ein berüchtigter Dieb, Namens Blücher, entsprungen sei. Der würdige Correspondent bemerkt wörtlich dazu: "Ist dies vielleicht ein Nachkomme des alten Schnapsblücher aus den Feldzügen von Anno 13?" - Und ein Subjekt, das diese Worte schreibt, nennt sich Preuße oder Deutscher!! Eine Redaction, die dies wohlgefällig aufnimmt, will ein deutsches Organ sein?? - Schmach, Schmach über Beide! - Das, deutsches Vaterland von 1813 und 1814, sind deine Liberalen im Jahre 1849!" Der "würdige Correspondent" war diesmal Niemand anders, als die Redaction selbst, die mit großem Vergnügen bemerkt, daß sie ihren Zweck vollständig erreicht hat, nämlich den: die frivolkokettirende Neue Preußische Zeitung zur Abwechslung einmal in sittliche Entrüstung zu versetzen. So sehr vergißt sie sich in ihrem heiligen Eifer, daß sie uns in einem Athem nicht nur Preußen, sondern sogar Liberale nennt! Ja, noch mehr: so gewaltig ist sie von der betreffenden Entsetzlichkeit in Harnisch gejagt worden, daß sie nicht einmal den gleich darauf folgenden noch viel sonderbaren Artikel über den Prinzen Waldemar hochselig bemerkt hat. Diese guten Krautjunker und resp. verbummelten Subalternbeamten aus der Mark, die nie etwas anderes gesehen haben, als das Berliner Pflaster, und nun meinen, eine welterschütternde Weltbildung zu besitzen! Diese Lokalmenschen sollten doch nur einmal bloß an den Rhein kommen, sie könnten noch ganz andere Dinge über den alten Blücher und das "deutsche Vaterland (!) von 1813 (!!) und 1814" (!!!) hören! 308 Münster, 28. Februar. Der Justizminister will sich zwar das Verdienst der Entlassung Temme's aus dem Zuchthause allein beimessen, und er läugnet die Einwirkung Camphausens ab. Die Sache verhält sich aber ganz genau so, wie Sie Ihnen schon geschrieben worden. Camphausen hat bei seiner Anwesenheit zu Berlin im Januar energisch Temme's Entlassung gefordert, und sie als eine der Bedingungen seines Verbleibens im preußischen Staatsdienste aufgestellt. Er hat zwar heftigen Widerstand gefunden; man hat ihm aber endlich nachgegeben. Der Widerspruch erfolgte hauptsächlich, vielleicht ausschließlich, nur aus Furcht vor dem Unwillen einer hohen Person, von deren persönlichem Hasse Temme bekanntlich schon seit längerer Zeit betroffen wird, einem Hasse, der auch gegenwärtig einzig und allein der Grund der gegen ihn losgelassenen Verfolgung ist. In Rücksicht dieses Hasses war der Minister auch wohl gar nicht Willens, sein Versprechen gegen Camphausen zu erfüllen Er sandte vielmehr die Akten nochmals nach Paderborn, in der Erwartung, der dortige Gerichtshof werde dem zweiten Befehl Folge geben, und Temme's Verhaftung für gerechtfertigt erklären, so daß er als dann auch gegen Camphausen seine Hände hätte in Unschuld waschen können, indem er ja dem Gange der Gerechtigkeit nicht vorgreifen dürfte u. s. w. Paderborn leistete aber nicht Folge, und nun blieb ihm, zumal da Temme's Freunde in Frankfurt fast täglich interpellirten, und Camphausen die obige Mittheilung bereits an Gagern gemacht hatte, endlich nichts übrig, als sein Versprechen zu halten und Temme zu entlassen. Sie sehen, welches Verdienst der Herr Justizminister hierbei hat. Er, der Minister der Justiz, hat nicht den Muth, einer hohen Person gegenüber, den Akt der Gerechtigkeit auszuüben; er mußte Temme entlassen, und wenn die hohe Person es nicht gestatten wollte, seinen Abschied nehmen. Anstatt dessen gibt er sich zum gehässigen Werk Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 235. Köln, Freitag, den 2. März. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Thronrede. ‒ Les grandes colères de la Nouvelle Gazette de Prusse.) Münster. (Das Verfahren des Herrn Rintelen gegen Temme.) Berlin. (Aus dem weißen Saale und vor dem Schlosse. ‒ Die „Const. Ztg.“ ‒ Vermischtes. ‒ Sitzung der Kammern) Kremsier. (Palacky's czechomanische Interpellation.) Dresden. (Kammersitzung.) Altona. (Ueber den Waffenstillstand.) Kassel. (Die Civilehe und der Pfaffenbeutel.) Mainz. (Abgang des Hrn. Dalwigk) Frankfurt. (National-Versammlung) Ungarn. (Vom ungarischen und siebenbürgischen Kriegsschauplatze.) Italien. Ferrara. (Die k. k. „ Züchtigung der ruchlosen Stadt.“) Rom. (Das ministerielle Programm. ‒ Verbrüderung Toskanas und der römischen Republik.) Florenz. (Regierungs-Circular in Betreff Laugier's.) Turin. (Gioberti's Austritt. ‒ Kammerverhandlung) Schweiz. Bern (Die Kapitulationsfrage. ‒ Ein würtembergischer Reichssoldat.) Franz. Republik. Paris. (Statistisches. ‒ L. Napoleon. ‒ Der „National“ über die östreichische Intervention. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung.) Großbritannien. London. (Parlament.) Südamerika. Rio de Janeiro. (Ein Rosas'sches Armeecorps in Rio Grande eingerückt.) Deutschland. * Köln, 1. März. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 1. März. Die Neue Preuß. Zeitung enthält Folgendes: „Die Neue Rheinische Zeitung entnimmt unserm Zuschauer die Notiz, daß aus dem hiesigen Criminalgefängniß ein berüchtigter Dieb, Namens Blücher, entsprungen sei. Der würdige Correspondent bemerkt wörtlich dazu: „Ist dies vielleicht ein Nachkomme des alten Schnapsblücher aus den Feldzügen von Anno 13?“ ‒ Und ein Subjekt, das diese Worte schreibt, nennt sich Preuße oder Deutscher!! Eine Redaction, die dies wohlgefällig aufnimmt, will ein deutsches Organ sein?? ‒ Schmach, Schmach über Beide! ‒ Das, deutsches Vaterland von 1813 und 1814, sind deine Liberalen im Jahre 1849!“ Der „würdige Correspondent“ war diesmal Niemand anders, als die Redaction selbst, die mit großem Vergnügen bemerkt, daß sie ihren Zweck vollständig erreicht hat, nämlich den: die frivolkokettirende Neue Preußische Zeitung zur Abwechslung einmal in sittliche Entrüstung zu versetzen. So sehr vergißt sie sich in ihrem heiligen Eifer, daß sie uns in einem Athem nicht nur Preußen, sondern sogar Liberale nennt! Ja, noch mehr: so gewaltig ist sie von der betreffenden Entsetzlichkeit in Harnisch gejagt worden, daß sie nicht einmal den gleich darauf folgenden noch viel sonderbaren Artikel über den Prinzen Waldemar hochselig bemerkt hat. Diese guten Krautjunker und resp. verbummelten Subalternbeamten aus der Mark, die nie etwas anderes gesehen haben, als das Berliner Pflaster, und nun meinen, eine welterschütternde Weltbildung zu besitzen! Diese Lokalmenschen sollten doch nur einmal bloß an den Rhein kommen, sie könnten noch ganz andere Dinge über den alten Blücher und das „deutsche Vaterland (!) von 1813 (!!) und 1814“ (!!!) hören! 308 Münster, 28. Februar. Der Justizminister will sich zwar das Verdienst der Entlassung Temme's aus dem Zuchthause allein beimessen, und er läugnet die Einwirkung Camphausens ab. Die Sache verhält sich aber ganz genau so, wie Sie Ihnen schon geschrieben worden. Camphausen hat bei seiner Anwesenheit zu Berlin im Januar energisch Temme's Entlassung gefordert, und sie als eine der Bedingungen seines Verbleibens im preußischen Staatsdienste aufgestellt. Er hat zwar heftigen Widerstand gefunden; man hat ihm aber endlich nachgegeben. Der Widerspruch erfolgte hauptsächlich, vielleicht ausschließlich, nur aus Furcht vor dem Unwillen einer hohen Person, von deren persönlichem Hasse Temme bekanntlich schon seit längerer Zeit betroffen wird, einem Hasse, der auch gegenwärtig einzig und allein der Grund der gegen ihn losgelassenen Verfolgung ist. In Rücksicht dieses Hasses war der Minister auch wohl gar nicht Willens, sein Versprechen gegen Camphausen zu erfüllen Er sandte vielmehr die Akten nochmals nach Paderborn, in der Erwartung, der dortige Gerichtshof werde dem zweiten Befehl Folge geben, und Temme's Verhaftung für gerechtfertigt erklären, so daß er als dann auch gegen Camphausen seine Hände hätte in Unschuld waschen können, indem er ja dem Gange der Gerechtigkeit nicht vorgreifen dürfte u. s. w. Paderborn leistete aber nicht Folge, und nun blieb ihm, zumal da Temme's Freunde in Frankfurt fast täglich interpellirten, und Camphausen die obige Mittheilung bereits an Gagern gemacht hatte, endlich nichts übrig, als sein Versprechen zu halten und Temme zu entlassen. Sie sehen, welches Verdienst der Herr Justizminister hierbei hat. Er, der Minister der Justiz, hat nicht den Muth, einer hohen Person gegenüber, den Akt der Gerechtigkeit auszuüben; er mußte Temme entlassen, und wenn die hohe Person es nicht gestatten wollte, seinen Abschied nehmen. Anstatt dessen gibt er sich zum gehässigen Werk <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1293"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 235. Köln, Freitag, den 2. März. 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.</p> <p>Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.</p> <p>Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.</p> <p>Nur frankirte Briefe werden angenommen.</p> <p>Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.</p> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Köln. (Die Thronrede. ‒ Les grandes colères de la Nouvelle Gazette de Prusse.) Münster. (Das Verfahren des Herrn Rintelen gegen Temme.) Berlin. (Aus dem weißen Saale und vor dem Schlosse. ‒ Die „Const. Ztg.“ ‒ Vermischtes. ‒ Sitzung der Kammern) Kremsier. (Palacky's czechomanische Interpellation.) Dresden. (Kammersitzung.) Altona. (Ueber den Waffenstillstand.) Kassel. (Die Civilehe und der Pfaffenbeutel.) Mainz. (Abgang des Hrn. Dalwigk) Frankfurt. (National-Versammlung)</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> (Vom ungarischen und siebenbürgischen Kriegsschauplatze.)</p> <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> Ferrara. (Die k. k. „ Züchtigung der ruchlosen Stadt.“) Rom. (Das ministerielle Programm. ‒ Verbrüderung Toskanas und der römischen Republik.) Florenz. (Regierungs-Circular in Betreff Laugier's.) Turin. (Gioberti's Austritt. ‒ Kammerverhandlung)</p> <p><hi rendition="#g">Schweiz.</hi> Bern (Die Kapitulationsfrage. ‒ Ein würtembergischer Reichssoldat.)</p> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik.</hi> Paris. (Statistisches. ‒ L. Napoleon. ‒ Der „National“ über die östreichische Intervention. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung.)</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Parlament.)</p> <p><hi rendition="#g">Südamerika.</hi> Rio de Janeiro. (Ein Rosas'sches Armeecorps in Rio Grande eingerückt.)</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar235_001_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx/Friedrich Engels: Die Thronrede, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9. </bibl> </note> <head><bibl><author>*</author></bibl>Köln, 1. März.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar235_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Köln, 1. März.</head> <p>Die Neue Preuß. Zeitung enthält Folgendes:</p> <p>„Die Neue Rheinische Zeitung entnimmt unserm Zuschauer die Notiz, daß aus dem hiesigen Criminalgefängniß ein berüchtigter Dieb, Namens Blücher, entsprungen sei. Der würdige Correspondent bemerkt wörtlich dazu: „Ist dies vielleicht ein Nachkomme des alten Schnapsblücher aus den Feldzügen von Anno 13?“ ‒ Und ein Subjekt, das diese Worte schreibt, nennt sich Preuße oder Deutscher!! Eine Redaction, die dies wohlgefällig aufnimmt, will ein deutsches Organ sein?? ‒ Schmach, Schmach über Beide! ‒ Das, deutsches Vaterland von 1813 und 1814, sind deine Liberalen im Jahre 1849!“</p> <p>Der „würdige Correspondent“ war diesmal Niemand anders, als die Redaction selbst, die mit großem Vergnügen bemerkt, daß sie ihren Zweck vollständig erreicht hat, nämlich den: die frivolkokettirende Neue Preußische Zeitung zur Abwechslung einmal in <hi rendition="#g">sittliche Entrüstung</hi> zu versetzen.</p> <p>So sehr vergißt sie sich in ihrem heiligen Eifer, daß sie uns in einem Athem nicht nur Preußen, sondern sogar Liberale nennt!</p> <p>Ja, noch mehr: so gewaltig ist sie von der betreffenden Entsetzlichkeit in Harnisch gejagt worden, daß sie nicht einmal den gleich darauf folgenden noch viel sonderbaren Artikel über den Prinzen Waldemar hochselig bemerkt hat.</p> <p>Diese guten Krautjunker und resp. verbummelten Subalternbeamten aus der Mark, die nie etwas anderes gesehen haben, als das Berliner Pflaster, und nun meinen, eine welterschütternde Weltbildung zu besitzen! Diese Lokalmenschen sollten doch nur einmal bloß an den Rhein kommen, sie könnten noch ganz andere Dinge über den alten Blücher und das „deutsche Vaterland (!) von 1813 (!!) und 1814“ (!!!) hören!</p> </div> <div xml:id="ar235_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>308</author></bibl> Münster, 28. Februar.</head> <p>Der Justizminister will sich zwar das Verdienst der Entlassung Temme's aus dem Zuchthause allein beimessen, und er läugnet die Einwirkung Camphausens ab. Die Sache verhält sich aber ganz genau so, wie Sie Ihnen schon geschrieben worden. Camphausen hat bei seiner Anwesenheit zu Berlin im Januar energisch Temme's Entlassung gefordert, und sie als eine der Bedingungen seines Verbleibens im preußischen Staatsdienste aufgestellt. Er hat zwar heftigen Widerstand gefunden; man hat ihm aber endlich nachgegeben. Der Widerspruch erfolgte hauptsächlich, vielleicht ausschließlich, nur aus Furcht vor dem Unwillen einer hohen Person, von deren persönlichem Hasse Temme bekanntlich schon seit längerer Zeit betroffen wird, einem Hasse, der auch gegenwärtig einzig und allein der Grund der gegen ihn losgelassenen Verfolgung ist. In Rücksicht dieses Hasses war der Minister auch wohl gar nicht Willens, sein Versprechen gegen Camphausen zu erfüllen Er sandte vielmehr die Akten <hi rendition="#g">nochmals</hi> nach Paderborn, in der Erwartung, der dortige Gerichtshof werde dem <hi rendition="#g">zweiten Befehl</hi> Folge geben, und Temme's Verhaftung für gerechtfertigt erklären, so daß er als dann auch gegen Camphausen seine Hände hätte in Unschuld waschen können, indem er ja dem Gange der Gerechtigkeit nicht vorgreifen dürfte u. s. w. Paderborn leistete aber nicht Folge, und nun blieb ihm, zumal da Temme's Freunde in Frankfurt fast täglich interpellirten, und Camphausen die obige Mittheilung bereits an Gagern gemacht hatte, endlich nichts übrig, als sein Versprechen zu halten und Temme zu entlassen. Sie sehen, welches Verdienst der Herr Justizminister hierbei hat. Er, der Minister der Justiz, hat nicht den Muth, einer hohen Person gegenüber, den Akt der Gerechtigkeit auszuüben; er mußte Temme entlassen, und wenn die hohe Person es nicht gestatten wollte, seinen Abschied nehmen. Anstatt dessen gibt er sich zum gehässigen Werk </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1293/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 235. Köln, Freitag, den 2. März. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte Briefe werden angenommen.
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Thronrede. ‒ Les grandes colères de la Nouvelle Gazette de Prusse.) Münster. (Das Verfahren des Herrn Rintelen gegen Temme.) Berlin. (Aus dem weißen Saale und vor dem Schlosse. ‒ Die „Const. Ztg.“ ‒ Vermischtes. ‒ Sitzung der Kammern) Kremsier. (Palacky's czechomanische Interpellation.) Dresden. (Kammersitzung.) Altona. (Ueber den Waffenstillstand.) Kassel. (Die Civilehe und der Pfaffenbeutel.) Mainz. (Abgang des Hrn. Dalwigk) Frankfurt. (National-Versammlung)
Ungarn. (Vom ungarischen und siebenbürgischen Kriegsschauplatze.)
Italien. Ferrara. (Die k. k. „ Züchtigung der ruchlosen Stadt.“) Rom. (Das ministerielle Programm. ‒ Verbrüderung Toskanas und der römischen Republik.) Florenz. (Regierungs-Circular in Betreff Laugier's.) Turin. (Gioberti's Austritt. ‒ Kammerverhandlung)
Schweiz. Bern (Die Kapitulationsfrage. ‒ Ein würtembergischer Reichssoldat.)
Franz. Republik. Paris. (Statistisches. ‒ L. Napoleon. ‒ Der „National“ über die östreichische Intervention. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung.)
Großbritannien. London. (Parlament.)
Südamerika. Rio de Janeiro. (Ein Rosas'sches Armeecorps in Rio Grande eingerückt.)
Deutschland. * Köln, 1. März. _ * Köln, 1. März. Die Neue Preuß. Zeitung enthält Folgendes:
„Die Neue Rheinische Zeitung entnimmt unserm Zuschauer die Notiz, daß aus dem hiesigen Criminalgefängniß ein berüchtigter Dieb, Namens Blücher, entsprungen sei. Der würdige Correspondent bemerkt wörtlich dazu: „Ist dies vielleicht ein Nachkomme des alten Schnapsblücher aus den Feldzügen von Anno 13?“ ‒ Und ein Subjekt, das diese Worte schreibt, nennt sich Preuße oder Deutscher!! Eine Redaction, die dies wohlgefällig aufnimmt, will ein deutsches Organ sein?? ‒ Schmach, Schmach über Beide! ‒ Das, deutsches Vaterland von 1813 und 1814, sind deine Liberalen im Jahre 1849!“
Der „würdige Correspondent“ war diesmal Niemand anders, als die Redaction selbst, die mit großem Vergnügen bemerkt, daß sie ihren Zweck vollständig erreicht hat, nämlich den: die frivolkokettirende Neue Preußische Zeitung zur Abwechslung einmal in sittliche Entrüstung zu versetzen.
So sehr vergißt sie sich in ihrem heiligen Eifer, daß sie uns in einem Athem nicht nur Preußen, sondern sogar Liberale nennt!
Ja, noch mehr: so gewaltig ist sie von der betreffenden Entsetzlichkeit in Harnisch gejagt worden, daß sie nicht einmal den gleich darauf folgenden noch viel sonderbaren Artikel über den Prinzen Waldemar hochselig bemerkt hat.
Diese guten Krautjunker und resp. verbummelten Subalternbeamten aus der Mark, die nie etwas anderes gesehen haben, als das Berliner Pflaster, und nun meinen, eine welterschütternde Weltbildung zu besitzen! Diese Lokalmenschen sollten doch nur einmal bloß an den Rhein kommen, sie könnten noch ganz andere Dinge über den alten Blücher und das „deutsche Vaterland (!) von 1813 (!!) und 1814“ (!!!) hören!
308 Münster, 28. Februar. Der Justizminister will sich zwar das Verdienst der Entlassung Temme's aus dem Zuchthause allein beimessen, und er läugnet die Einwirkung Camphausens ab. Die Sache verhält sich aber ganz genau so, wie Sie Ihnen schon geschrieben worden. Camphausen hat bei seiner Anwesenheit zu Berlin im Januar energisch Temme's Entlassung gefordert, und sie als eine der Bedingungen seines Verbleibens im preußischen Staatsdienste aufgestellt. Er hat zwar heftigen Widerstand gefunden; man hat ihm aber endlich nachgegeben. Der Widerspruch erfolgte hauptsächlich, vielleicht ausschließlich, nur aus Furcht vor dem Unwillen einer hohen Person, von deren persönlichem Hasse Temme bekanntlich schon seit längerer Zeit betroffen wird, einem Hasse, der auch gegenwärtig einzig und allein der Grund der gegen ihn losgelassenen Verfolgung ist. In Rücksicht dieses Hasses war der Minister auch wohl gar nicht Willens, sein Versprechen gegen Camphausen zu erfüllen Er sandte vielmehr die Akten nochmals nach Paderborn, in der Erwartung, der dortige Gerichtshof werde dem zweiten Befehl Folge geben, und Temme's Verhaftung für gerechtfertigt erklären, so daß er als dann auch gegen Camphausen seine Hände hätte in Unschuld waschen können, indem er ja dem Gange der Gerechtigkeit nicht vorgreifen dürfte u. s. w. Paderborn leistete aber nicht Folge, und nun blieb ihm, zumal da Temme's Freunde in Frankfurt fast täglich interpellirten, und Camphausen die obige Mittheilung bereits an Gagern gemacht hatte, endlich nichts übrig, als sein Versprechen zu halten und Temme zu entlassen. Sie sehen, welches Verdienst der Herr Justizminister hierbei hat. Er, der Minister der Justiz, hat nicht den Muth, einer hohen Person gegenüber, den Akt der Gerechtigkeit auszuüben; er mußte Temme entlassen, und wenn die hohe Person es nicht gestatten wollte, seinen Abschied nehmen. Anstatt dessen gibt er sich zum gehässigen Werk
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |