Neue Rheinische Zeitung. Nr. 257. Köln, 28. März 1849.[Fortsetzung] festhält, was er besitzt, und sich vor Neuerungen und gewagten Spekulationen ängstlich scheut. Er hält sich für radikal, wenn er über die Jesuiten schimpft; für kosmopolitisch, wenn er seinen Blick über die engen Gränzen des Kantons zu dem ganzen ungeheuren Umfang der Schweiz erhebt. Er ist national, wie nur ein preußischer Ritter des eisernen Kreuzes im Jahre 1815 sein konnte; er schwärmt für die fünfhundertjährige Weltgeschichte der Urkantone und hält die Schweiz mit israelitischem Stolze für das auserwählte Volk der Freiheit. Deshalb will er einem Volke, das so lange selbstständig gewesen ist, auch jetzt seine Selbstständigkeit, d. h. sein exclusives Sonderleben nicht nehmen, ohne zu bedenken, daß diese Isolirung dasselbe nothwendig der Reaktion in die Arme schleudern muß. Daher ist die Neutralitätspolitik, die Politik der äußersten Schwäche und Ohnmacht, für den Bundesrath eine Quelle des Stolzes und der Zufriedenheit. Diese Politik weis't der Schweiz jetzt den europäischen Völkern gegenüber dieselbe Rolle an, welche die Urkantone früher der Schweiz gegenüber spielten. Französische Republik. Paris, 25. März. Aus Italien nichts Entscheidendes. Courrier Francais zeigt an, daß den Piemontesen der Uebergang über den Ticino (Tessin) streitig gemacht worden wäre. Keine Erfindung. Die "Reforme" wiederholt ein Gerücht von einem Gefecht zu Gunsten der Piemontesen bei derselben Gelegenheit. Ebenfalls falsch. Radetzki will erst seine neuen Lorbeeren zwischen der Adda und dem Oglio pflücken. Der Constitutionnel träumt von einem Treffen in der Ebene von Verceil. Er ist ebenfalls schlecht unterrichtet. Das Journal des Debats ist aufrichtig und sagt: wir hoffen morgen entscheidende Nachrichten zu erhalten. - An den Straßen-Mauern prangen bereits die Wahllisten. Herr Berger hat sich darin um die Reaktion sehr verdient gemacht, indem er etwa 10,000 Sozialisten (Proletarier) aus den alten Listen strich, weil sie möblirt wohnen, d. h. kein bestimmtes Domizil haben. Dieser geniale Zug des Seinepräfekten sowie die Klubunterdrückung steigern die Erbitterung der "niederen" Bevölkerung auf's Höchste. Das Ministerium scheint das zu wissen und den Ausbruch des Volkszornes zu fürchten; denn starke Patrouillen, oft von ganzen Bataillonen, durchziehen Nachts die Straßen. - Der Moniteur enthält trotz seiner fünf Beilagen nichts. Der ehemalige Advokat Laboulaye, Institutsglied und Verfasser mehrerer Bücher über Rechtspflege, tritt an Lerminier's Stelle am College de France für vergleichende Gesetzgebungskunde der verschiedenen Völker. Wir wollen sehen, ob er bei der akademischen Jugend glücklicher als sein Vorfahr sein wird. Auch ist die 13. Lieferung der unter Pelet's Leitung herauskommenden vortrefflichen Landkarte Frankreich's (Generalstabsarbeit) erschienen. Ein Rundschreiben des Seinepräfekten Berger rücksichtlich der Wahllisten hat für das Ausland kein direktes Interesse. - Die Deputirten Gent, Degeorge u. A. überreichten gestern einen neuen Stoß von Petitionen für Rückzahlung der Milliarde. Duplan knüpfte eine Petition von einigen hundert Pächtern des Cherdepartements daran, welche die freiwillige Aenderung (resiliation facultative) der Pachtverträge verlangen. Das fehlte noch! - Auf dem Place du Chatelet, Bastillenplatz und an den Pforten St. Denis und Martin bilden sich wieder Gruppen. Die Estaffette sagt: zu unserem Erstaunen bemerken wir darunter mehr Civilröcke als Blousen. Man diskutirt dort das Vereins- oder Klubrecht unter freiem Himmel. - Der Constitutionnel meldet für morgen den Ausbruch einer Emeute. Wir können dem Herrn Veron versichern, daß morgen sein Schlummer noch nicht gestört werden soll. Die beliebtesten Bergglieder haben sich zu den Klubschefs begeben und die der Polizei längst denunzirte Demonstration der Pariser Klubs wird morgen nicht stattfinden. - Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, stand gestern vor Gericht, unter der Anklage: sein Journal ohne vorherige Deklaration herauszugeben. Dies sei gegen die Vorschriften des Gesetzes vom 7. Juli 1828, mithin verfalle er der darin verzeichneten Strafe. Hilbay antwortete: sein Blatt sei ein Monatsblatt und er habe der laut Preßgesetz vom August 1848 vorgeschriebene Deklaration genügt. Er berufe sich dafür auf seine Quittung. Wie aber die Staatsanwaltschaft, setzt er fort, sich auf ein Gesetz vom Juli 1828 unter Carl X. stützen könne, begreife er nicht. In diesem Gesetze heiße es, der Herausgeber eines Monatsjournals habe seine Deklaration beim Procureur du Roi zu machen: Er bitte hiermit das Gericht, ihm die Adresse jenes Procureur du Roi von 1828 anzuweisen, dann wolle er seine Deklaration auch dort sehr gerne wiederholen. - Dieser Grund erregte allgemeines Gelächter und entband den Hilbay von der Klage. Und diese Affenschande wird in Paris unter dem Saintsimonisten Barrot, am 29. März 1849, getrieben! - Lahr, der hingerichtete Junimörder, war einer der thätigsten und besoldetsten Wahlagenten Louis Bonaparte's, des jetzigen Präsidenten, wie dies die bei seiner Verhaftung gefundene Briefe beweisen. Wo sind diese Papiere? (Peuple.) Riancourt, (eigentlich Martin) dieser Verbrecher aus verlorner Ehre, ist von den Rouener Assisen zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt worden. - Der Jude Abraham Weill hat schon wieder eine neue legitimistische Broschüre herausgegeben. Steh auf, Provinz - Debout la province!! - Die Nationalversammlung setzt die Clubdebatte fort. Der Berg ist leer. Alle entschiedenen Republikaner nehmen keinen Theil an der Debatte. Viele Bänke sind ganz öde. - Die Cholera ist in unsere wohlbeleibten Centriers gefahren. Vorige Nacht starb Blin de Bourdon, ein Legitimist aus der alten Kammer, den uns das Sommedepartement in die Nationalversammlung schickte. Desgleichen liegt Beaumont, aus demselben Departement und aus demselben Teige, lebensgefährlich darnieder. - An der Börse ging das Gerücht, die Polizei sei einem neuen Komplott auf die Spur gekommen, das zum Zweck habe: den Präsidenten Bonaparte auf einer seiner nächtlichen Liebesfahrten zum Fräulein Howard zu entführen. - "Peuple" meldet, daß in Folge der jüngsten Kammerszenen Bavour und Buvignier sich nicht schießen werden, sondern daß Alles zwischen den beiden Deputirten ausgeglichen worden sei. - Wir erfahren, daß das Cabinet keinen Spezialgesandten für die dänischen Conferenzen nach London schicken wird. Unser Gesandter Cecille wird den Conferenzen beiwohnen. - Die Cholera ist wirklich hier! Von 142 Kranken starben in den Spitälern allein bis zum 23. März 75. Seit diesem Tage zählt man über 80 neue Fälle. Blin de Bourdon wird morgen begraben. In der Reform finden Sie eine Cholerastaristik. - Aus Lyon gehen uns Journale und Briefe vom 24. zu. In Rive de Gier fließt schon wieder Arbeiterblut! Die Minenarbeiter haben sich, sagt man, in Masse erhoben. - In Toulon lag am 22. März die Expeditionsflotte noch still im Hafen, doch sollte eine neue Militärdivision gebildet werden. - In der Sitzung des Bourger Gerichtshofes vom 24. März brachte Monnier, der Divisionschef in der Polizeipräfektur, ein Dossier zur Sprache, das das sogenannte Haupt des 15. Mai, Huber, als ein Werkzeug Louis Philipps von 1830 bis 1839 enthüllt! * Bourges, 19. März. (Schluß der Sitzung vom 19. März.) Der Zeuge Ledru-Rollin erklärt, daß er auf seiner Ansicht von der Demonstration des 17. März beharre; übrigens müsse er hinzufügen, daß allerdings auch Louis Blanc in der Weise wie Blanqui sich über die damalige Manifestion geäußert habe. Blanqui. Unser Klub war in der größten Aufregung. Der Gang der provisorischen Regierung, und namentlich die 25-Centimensteuer schienen uns der Todesstoßstoß der Republik. Wir waren es, wir im Klub Blanqui, welche die Folgen dieser Maßregel, den jetzigen Zustand der Republik zuerst voraussagten, wir waren es, welche erklärten, daß diese Steuer das Land gegen die Republik insurgiren, und die Wahlen in reaktionärem Sinne bearbeiten werde. Unser Zweck am 17. März war nicht eine Demonstration für das Gouvernement in der Sache der Bärenmützen zu veranstalten, sondern in dem Verlangen einer Vertagung der Wahlen eine Protestation gegen die provisorische Regierung abzugeben. Unser vorbereiteter Hauptzweck war die Vertagung der Wahlen, und wenn es noch einige Nebenzwecke dabei zu verfolgen gab, so waren dieselben von untergeordneter Bedeutung. Nach der Deposition Blanqui's entspinnt sich zwischen dem Generalprokurator, Blanqui und Ledru-Rollin ein lebhafter Wort wechsel *). Blanqui. Ich frage jetzt Hrn. Ledru-Rollin in Betreff des 16. April, ob er, der von legitimistischen Agitationen sprach, wirklich glaubt, daß sich die auf dem Marsfeld versammelten Arbeiter gegen die Republik hätten führen lassen? Ledru-Rollin. Ich antworte Hrn. Blanqui: Wenn man eine Revolution für die Regentschaft machen will, so ruft man nicht immer: "Es lebe die Regentschaft!" Wenn man die Legitimisten ans Ruder bringen will, so ruft man nicht: "Es leben die Legitimisten!" Nein, man bedient sich der Losungswörter des Volkes, man vernichtet das Bestehende, und dann erst setzt man durch einen Handstreich, das, was man will, ins Werk. (Tumult im Publikum). General-Prokurator Baroche. Ich frage den Zeugen, was die Polizei-Rapporte über diesen 16. April meldeten? Ledru-Rollin. Sie signalisirten besonders den Bürger Blanqui und wie alle Republikaner war ich bestürzt, besorgt, daß eine Faktion die provisorische Regierung aus ganz andern Motiven stürzen möchte, als sie in der That vorgab. Dies war der Grund, weshalb ich den Rappel schlagen ließ. Blanqui. Ich will nicht, daß der 16. April wie ein Damoclesschwert uber meinem Haupte hängen bleibe. Man sagt, ich habe auf dem Marsfelde Proklamationen vertheilt; wohlan, ich fordere die Polizei auf mir nur eines und das kleinste Aktenstück dieser Art zu produziren. Alles was ich that, war, daß ich eine Schrift von mir, eine Antwort auf gewisse lügenhafte Dokumente vertheilte, und dazu hatte ich das Recht. Nach der Erwählung der Staabsoffiziere beschlossen die Arbeiter, nach dem Hotel-de-Ville zu ziehen, um ein Arbeitministerium zu verlangen und zugleich den Ertrag einer Kollekte zu überbringen. Ich hatte mit beiden Sachen nichts zu thun und blieb Zuschauer bei dieser Revue, und der Zeuge Brot, den ich nochmals zu befragen bitte, wird aussagen können, daß ich kein einziges öffentliches Wort auf dem Marsfelde gesprochen habe. Ich frage daher einfach, ob ich verantwortlich sein muß für die verrückten Vorstellungen und übertriebenen Besorgnisse, welche das Gouvernement über die Arbeiterversammlung auf dem Marsfelde hegte? Ob es nur wahrscheinlich ist, daß ich am 16. April, in einem Augenblick, wo das Gouvernement die Klubs und die Nationalgarde für sich hatte, dasselbe mit den Arbeitern des Marsfeldes durch einen "Handstreich" hätte stürzen wollen? Ledru-Rollin. Bürger Blanqui sagt, daß der Rappel geschlagen worden sei in Folge von verrückten Vorstellungen und übertriebnen Besorgnissen des Gouvernements. Ich glaube, die provisorische Regierung hat durch den Rappel nur ihren Muth bewiesen und hat nicht nöthig, in dieser Beziehung sich Lektionen ertheilen zu lassen. Barbes. Ich wünsche zu bemerken, daß ich das sofortige Erscheinen der 12. Legion zu keinem andern Zweck, als zur Vermeidung eines Confliktes zwischen Volk und Armee verfügte. Ledru-Rollin. Ich habe die Legion nicht zusammentrommeln lassen, um auf das Volk zu schießen; meine Hand hätte eher verdorren, als einen solchen Befehl unterzeichnen sollen. Blanqui lacht: Ich habe nichts mehr zu sagen. Zeuge Armand Marrast, 55 Jahre alt, Volksrepräsentant, erzählt mit schwacher, fast unverständlicher Stimme, daß er am 14. Mai von der Manifestation gehört, und dem General Courtais Befehl zu Schutzmaßregeln gegeben habe. Im Uebrigen wisse er nichts als die allgemein bekannten Thatsachen zu erzählen. (Gelächter.) Nachdem Raspail noch über die nichtswürdige Behandlung der Gefangenen mit dem vorgeforderten Gefängnißdirektor eine lebhafte Diskussion geführt, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen. * Bourges, 20. März. (Prozeßverhandlung.) Bei Eröffnung der Sitzung erscheint der Zeuge Viktor Riglet wieder, der am Anfang der Verhandlung wegen Verweigerung des Zeugnisses zu 100 Fr. Buße verurtheilt wurde, und erklärt sich jetzt zur Vernehmung bereit. Seine Aussage besteht in nichts weiter, als daß er den Zug am 15. Mai mitangesehen habe. Zeuge Francois Armand, 45 Jahre alt, Huisier der Seine-Präfektur, war am 15. Mai im Vorzimmer des Generalsecretariats der Präfektur, als ein Dutzend bewaffnete Männer, von denen Einer eine Fahne trug, eintraten und in das Cabinet des Generalsekretärs wollten; unter ihnen sei der Angeklagte Thomas gewesen. Armand behauptet, sich ihnen widersetzt zu haben, wurde aber mit noch einem andern Beamten vor die Thür geworfen, an der man sofort zwei Bewaffnete als Schildwachen aufgestellt habe. Auch auf der Treppe hätten Proletarier-Posten gestanden. Er, der Zeuge, sei darauf zu Hrn. Flottard geeilt, der ihm aber auf die Mittheilung der Vorfälle erwidert habe: "Was wollen Sie? Kann ich etwas thun?" Zehn Minuten später sei Lamartine mit der Artillerie der Nationalgarde angekommen. Der Angeklagte Thomas erklärt, ganz allein, ohne bewaffnete Begleitung und ohne Gewalt eingetreten zu sein; in den Zimmern sei Alles in der größten Verwirrung gewesen, und er, Thomas, habe darauf die alten Volksdelegirten zu versammeln befohlen, wie dies in ähnlichen verhängnißvollen Augenblicken selbst Lamartine gethan. Die Zeugen Ramond de la Croisette, Advokat und Oberst der 4. Legion, und Reverdi, Adjutant in dem Bataillon der 4. Legion deponiren über die Ordre, welche der General Courtais zur Zusammenberufung der Nationalgarde gegeben habe. Beide versichern, daß ihnen der General keinen Augenblick verdächtig erschienen sei. Zeuge Morhery, Volksrepräsentant, giebt eine Erzählung der allgemeinen Vorfälle. Er hat mit Raspail gesprochen und denselben aufgefordert, seinen Einfluß anzuwenden, daß das Volk sich zurückziehe. Raspail, der sehr bewegt von dem unerwarteten Gang der Sache gewesen sei, habe das auch gethan, und sich dann, da er unwohl war, in den Garten begeben. Raspail macht durch Zusammenstellung der Vorfälle darauf aufmerksam, daß durch diese Aussage Mohery's die Behauptung des Zeugen Point entkräftet werde, welcher zu derselben Zeit, wo Raspail im Garten war, denselben an einer ganz entgegengesetzten Stelle gesehen haben will und behauptet, Raspail habe dem Volke zugerufen: "Geleitet Barbes nach dem Hotel-de-Ville!" Die Zeugen Morhery und Point werden confrontirt und bleiben beide bei ihren Aussagen. Raspail. Ich habe gestern den Brief eines geachteten Mannes, Hrn. Leroy d'Etioles, Stabsarzt der 13. Legion, erhalten, welcher der Aussage des Hrn. Point ebenfalls das förmlichste Dementi gibt. Indem ich diesen Brief produzire, verlange ich die Ladung des Schreibers als Schutzzeugen. Zeuge Point sucht die Zeit anders zu erklären, in welcher er von Raspail den erwähnten Ruf gehört haben will. Raspail erklärt, daß er selbst erwiesener Maßen das Hotel-de-Ville vermieden habe, und sich eher den Kopf zerschmettern als einen Freund in die Gefahr schicken würde, die er so gut vor sich gesehen. Als er über die Feigheit dieser Anklage in Wuth geräth und dem Zeugen Point verächtliche Leidenschaften vorwirft, wird ihm von dem Präsidenten das Wort entzogen. Barbes. Es ist eine lügenhafte Behauptung, daß Raspail Befehl gegeben habe, mich nach dem Hotel-de-Ville zu führen. Sein Charakter ist über allen Verdacht erhaben; auch hätte er eine solche Aufforderung gar nicht nöthig gehabt, da ich selbst nach dem Hotel-de-Ville wollte. Der Zeuge Point, nachdem er nochmals behauptet, im Augenblick dieses Rufes dicht neben Raspail gestanden zu haben, verlangt die Erlaubniß entlassen zu werden. Raspail. Nein, mein Herr, ich werde Sie festhalten lassen. General-Prokurator Baroche. Injuriiren Sie den Zeugen nicht. Raspail. Sie haben lächerliche Vorstellungen von Injurien. Ich habe das Recht, mich der Entlassung eines Zeugen zu widersetzen; ich habe nach Art. 330 auch das Recht zu einem Antrag auf Anklage und Verhaftung des Zeugen. Der General-Prokurator bestreitet das Letztere und der Präsident läßt auf Raspails Verlangen den Artikel verlesen, nach welchem der Angeklagte das behauptete Recht behält. Zeuge Recurt, Volksrepräsentant, erzählt wie am 15. Mai, zwischen 4 und 5 Uhr Abends das Ministerium des Innern von einigen hundert Individuen gestürmt worden sei, ohne daß die Nationalgarde Widerstand leistete. Ungefähr 30 Personen, an deren Spitze Sobrier gestanden, seien in sein, Recurt's, Kabinet getreten; Sobrier selbst habe dasselbe augenblicklich und ohne ein Wort an Recurt zu richten wieder verlassen, die Bewaffneten aber seien in Unterhandlung getreten, und hätten von Recurt verlangt, er solle die Bildung einer neuen provisorischen Regierung durch den Telegraphen in den Provinzen verkünden; als er sich dessen geweigert, seien sie wieder abgezogen und er habe erst nach ihrer Entfernung bemerkt, daß man ihm die Siegel mitgenommen. Advokat Leclancher. Hat Sobrier, als er ins Ministerium trat, feindselige Absichten gezeigt? Zeuge Recurt. Er war durchaus kaltblütig und hat, wie ich schon sagte, kein Wort gesprochen. Sobrier. Ich will mein Erscheinen im Ministerium erklären. Ich wollte sehen, ob Hr. Recurt auf seinem Posten wäre, und wenn ich einen andern, einen Royalisten auf seinem Platz gefunden hätte, den Usurpator auf die Seite schaffen. Ich kam, um bei der allgemeinen Verwirrung dem Ausbruch eines Bürgerkriegs vorzubeugen. General-Prokurator Baroche. Sie sagen, daß Sie sich eines etwaigen Usurpators im Ministerium bemächtigt haben würden; Sie glauben also, das Recht dazu zu haben? Sobrier. Ohne Zweifel habe ich das Recht, wenn ich einen Fremden an einem öffentlichen Platz finde. Ich selbst wußte übrigens bei meinem Eintritt ins Ministerium noch nichts von der Bildung einer neuen provisorischen Regierung. Zeuge Chevalier, Sous-Lieutenant der 4. Legion, Zeuge Petit, Garcon beim Bureau der Assemblee, Zeuge Bureaux de Puzy, Questor, und Zeuge Thenon, Stabsoffizier, deponiren ohne weitere als die bekannten Details, daß der General Courtais Ordre zum Einlaß von 14 Delegirten und zum Abnehmen der Bajonette gegeben habe. Schluß der Sitzung 6 Uhr. * Bourges, 21. März. (Prozeßverhandlung.) Die Sitzung wird erst kurz vor 11 Uhr eröffnet. Zeuge Biard, Journalcolporteur, Zeuge Rieblieniec, Kräuter, und Zeuge Matthieu, Bleicher, alle drei Nationalgardisten, waren im Hof der Assemblee und haben den General Courtais hier einem oder zweien Volksdelegirten den Eintritt verschaffen sehen. Zeuge Hutteau-d'Origny, 44 Jahr alt, Kavallerie-Offizier, ist am 15. Mai nach der Assemblee gekommen, um von dem General Courtais Befehl zum Generalmarsch zu verlangen. Als er in den Sitzungssaal trat, will er von einem Menschen in Hemdsärmeln den Ruf: "Zwei Stunden Plünderung!" gehört haben. Der Zeuge setzt hinzu, daß auch der Zeuge Ernst Gregoire diese Worte vernommen, wie sich derselbe wenigstens in Gegenwart von zwei Personen, der Herren Thenon und Fitz-James gerühmt habe. General-Prokurator Barroche. Der Zeuge Ernst Gregoire ist einer von Denen, die dem hohen Gerichtshof die Antwort verweigern Der Zeuge Thenon wird wieder vorgerufen und erklärt, daß Hr. G egoire allerdings in seiner Gegenwart behauptet den Ruf: "Zwei Stunden Plünderung!" von einem Menschen in Hemdsärmeln gehört zu haben. Barbes. Es war also ein einzelner Mensch. Nach der Beschreibung muß der Ruf aber doch nicht besonders laut gewesen sein, da der Präsident Buchez nichts davon hörte Zeuge Hutteau weiß darüber nichts zu sagen. Präsident Ich sehe die Wichtigkeit nicht ein, welche die Vertheidigung auf diesen Punkt legt. Barbes. Man hat uns 10 Monate mit Verläumdungen überschüttet und die demokratische Partei für diese Worte solidarisch verantwortlich gemacht. Im Interesse unserer ganzen Partei haben wir zu beweisen, daß wir jenen Ruf nicht ausgestoßen haben. Präsident. Wenn diese Worte wirklich gefallen sind, so war es ein Wahnsinniger, der sie ausstieß. Raspail. Wir nehmen Akt von diesem Ausspruch des Präsidenten, und verlangen, daß man die Handlung eines Wahnsinnigen nicht mehr in den Anklageakt mengt. Barbes. Und daß man diese Phrase nicht mehr der republikanischen Partei entgegenwirft. Generalprokurator. Es war nicht die republikanische Partei, welche die Nationalversammlung erstürmte, die Republik war in der Versammlung. Barbes. Es giebt Republikaner und Republikaner. Generalprokurator. Republikaner sind die, welche der Republik dienen. Hierzu eine Beilage. Die sämmtlichen französischen Blätter geben über die Rede Blanqui's fast gar keine Details. Die tiefsinnige Ledru-Rollin'sche "R-form" übergeht die Sache in der größten Unverschämtheit mit den simpeln Worten: "Le citoyen Blanqui explique la manifestation" Auch die "Republique" gibt nur ein dürftiges, entstelltes Resume. Die Sache ist wahrscheinlich, daß Blanqui bei Gelegenheit der 45-Centimen-Steuer die ganze provisorische Regierung, Ledru-Rollin nicht ausgeschlossen, auf das Heftigste angegriffen hat, und daß die biedermännischen Patrioten diese Erklärungen des ihnen verhaßten, avancirten Revolutionärs unterdrücken wollen.
[Fortsetzung] festhält, was er besitzt, und sich vor Neuerungen und gewagten Spekulationen ängstlich scheut. Er hält sich für radikal, wenn er über die Jesuiten schimpft; für kosmopolitisch, wenn er seinen Blick über die engen Gränzen des Kantons zu dem ganzen ungeheuren Umfang der Schweiz erhebt. Er ist national, wie nur ein preußischer Ritter des eisernen Kreuzes im Jahre 1815 sein konnte; er schwärmt für die fünfhundertjährige Weltgeschichte der Urkantone und hält die Schweiz mit israelitischem Stolze für das auserwählte Volk der Freiheit. Deshalb will er einem Volke, das so lange selbstständig gewesen ist, auch jetzt seine Selbstständigkeit, d. h. sein exclusives Sonderleben nicht nehmen, ohne zu bedenken, daß diese Isolirung dasselbe nothwendig der Reaktion in die Arme schleudern muß. Daher ist die Neutralitätspolitik, die Politik der äußersten Schwäche und Ohnmacht, für den Bundesrath eine Quelle des Stolzes und der Zufriedenheit. Diese Politik weis't der Schweiz jetzt den europäischen Völkern gegenüber dieselbe Rolle an, welche die Urkantone früher der Schweiz gegenüber spielten. Französische Republik. Paris, 25. März. Aus Italien nichts Entscheidendes. Courrier Français zeigt an, daß den Piemontesen der Uebergang über den Ticino (Tessin) streitig gemacht worden wäre. Keine Erfindung. Die „Reforme“ wiederholt ein Gerücht von einem Gefecht zu Gunsten der Piemontesen bei derselben Gelegenheit. Ebenfalls falsch. Radetzki will erst seine neuen Lorbeeren zwischen der Adda und dem Oglio pflücken. Der Constitutionnel träumt von einem Treffen in der Ebene von Verceil. Er ist ebenfalls schlecht unterrichtet. Das Journal des Debats ist aufrichtig und sagt: wir hoffen morgen entscheidende Nachrichten zu erhalten. ‒ An den Straßen-Mauern prangen bereits die Wahllisten. Herr Berger hat sich darin um die Reaktion sehr verdient gemacht, indem er etwa 10,000 Sozialisten (Proletarier) aus den alten Listen strich, weil sie möblirt wohnen, d. h. kein bestimmtes Domizil haben. Dieser geniale Zug des Seinepräfekten sowie die Klubunterdrückung steigern die Erbitterung der „niederen“ Bevölkerung auf's Höchste. Das Ministerium scheint das zu wissen und den Ausbruch des Volkszornes zu fürchten; denn starke Patrouillen, oft von ganzen Bataillonen, durchziehen Nachts die Straßen. ‒ Der Moniteur enthält trotz seiner fünf Beilagen nichts. Der ehemalige Advokat Laboulaye, Institutsglied und Verfasser mehrerer Bücher über Rechtspflege, tritt an Lerminier's Stelle am College de France für vergleichende Gesetzgebungskunde der verschiedenen Völker. Wir wollen sehen, ob er bei der akademischen Jugend glücklicher als sein Vorfahr sein wird. Auch ist die 13. Lieferung der unter Pelet's Leitung herauskommenden vortrefflichen Landkarte Frankreich's (Generalstabsarbeit) erschienen. Ein Rundschreiben des Seinepräfekten Berger rücksichtlich der Wahllisten hat für das Ausland kein direktes Interesse. ‒ Die Deputirten Gent, Degeorge u. A. überreichten gestern einen neuen Stoß von Petitionen für Rückzahlung der Milliarde. Duplan knüpfte eine Petition von einigen hundert Pächtern des Cherdepartements daran, welche die freiwillige Aenderung (résiliation facultative) der Pachtverträge verlangen. Das fehlte noch! ‒ Auf dem Place du Châtelet, Bastillenplatz und an den Pforten St. Denis und Martin bilden sich wieder Gruppen. Die Estaffette sagt: zu unserem Erstaunen bemerken wir darunter mehr Civilröcke als Blousen. Man diskutirt dort das Vereins- oder Klubrecht unter freiem Himmel. ‒ Der Constitutionnel meldet für morgen den Ausbruch einer Emeute. Wir können dem Herrn Veron versichern, daß morgen sein Schlummer noch nicht gestört werden soll. Die beliebtesten Bergglieder haben sich zu den Klubschefs begeben und die der Polizei längst denunzirte Demonstration der Pariser Klubs wird morgen nicht stattfinden. ‒ Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, stand gestern vor Gericht, unter der Anklage: sein Journal ohne vorherige Deklaration herauszugeben. Dies sei gegen die Vorschriften des Gesetzes vom 7. Juli 1828, mithin verfalle er der darin verzeichneten Strafe. Hilbay antwortete: sein Blatt sei ein Monatsblatt und er habe der laut Preßgesetz vom August 1848 vorgeschriebene Deklaration genügt. Er berufe sich dafür auf seine Quittung. Wie aber die Staatsanwaltschaft, setzt er fort, sich auf ein Gesetz vom Juli 1828 unter Carl X. stützen könne, begreife er nicht. In diesem Gesetze heiße es, der Herausgeber eines Monatsjournals habe seine Deklaration beim Procureur du Roi zu machen: Er bitte hiermit das Gericht, ihm die Adresse jenes Procureur du Roi von 1828 anzuweisen, dann wolle er seine Deklaration auch dort sehr gerne wiederholen. ‒ Dieser Grund erregte allgemeines Gelächter und entband den Hilbay von der Klage. Und diese Affenschande wird in Paris unter dem Sáintsimonisten Barrot, am 29. März 1849, getrieben! ‒ Lahr, der hingerichtete Junimörder, war einer der thätigsten und besoldetsten Wahlagenten Louis Bonaparte's, des jetzigen Präsidenten, wie dies die bei seiner Verhaftung gefundene Briefe beweisen. Wo sind diese Papiere? (Peuple.) Riancourt, (eigentlich Martin) dieser Verbrecher aus verlorner Ehre, ist von den Rouener Assisen zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt worden. ‒ Der Jude Abraham Weill hat schon wieder eine neue legitimistische Broschüre herausgegeben. Steh auf, Provinz ‒ Debout la province!! ‒ Die Nationalversammlung setzt die Clubdebatte fort. Der Berg ist leer. Alle entschiedenen Republikaner nehmen keinen Theil an der Debatte. Viele Bänke sind ganz öde. ‒ Die Cholera ist in unsere wohlbeleibten Centriers gefahren. Vorige Nacht starb Blin de Bourdon, ein Legitimist aus der alten Kammer, den uns das Sommedepartement in die Nationalversammlung schickte. Desgleichen liegt Beaumont, aus demselben Departement und aus demselben Teige, lebensgefährlich darnieder. ‒ An der Börse ging das Gerücht, die Polizei sei einem neuen Komplott auf die Spur gekommen, das zum Zweck habe: den Präsidenten Bonaparte auf einer seiner nächtlichen Liebesfahrten zum Fräulein Howard zu entführen. ‒ „Peuple“ meldet, daß in Folge der jüngsten Kammerszenen Bavour und Buvignier sich nicht schießen werden, sondern daß Alles zwischen den beiden Deputirten ausgeglichen worden sei. ‒ Wir erfahren, daß das Cabinet keinen Spezialgesandten für die dänischen Conferenzen nach London schicken wird. Unser Gesandter Cecille wird den Conferenzen beiwohnen. ‒ Die Cholera ist wirklich hier! Von 142 Kranken starben in den Spitälern allein bis zum 23. März 75. Seit diesem Tage zählt man über 80 neue Fälle. Blin de Bourdon wird morgen begraben. In der Reform finden Sie eine Cholerastaristik. ‒ Aus Lyon gehen uns Journale und Briefe vom 24. zu. In Rive de Gier fließt schon wieder Arbeiterblut! Die Minenarbeiter haben sich, sagt man, in Masse erhoben. ‒ In Toulon lag am 22. März die Expeditionsflotte noch still im Hafen, doch sollte eine neue Militärdivision gebildet werden. ‒ In der Sitzung des Bourger Gerichtshofes vom 24. März brachte Monnier, der Divisionschef in der Polizeipräfektur, ein Dossier zur Sprache, das das sogenannte Haupt des 15. Mai, Huber, als ein Werkzeug Louis Philipps von 1830 bis 1839 enthüllt! * Bourges, 19. März. (Schluß der Sitzung vom 19. März.) Der Zeuge Ledru-Rollin erklärt, daß er auf seiner Ansicht von der Demonstration des 17. März beharre; übrigens müsse er hinzufügen, daß allerdings auch Louis Blanc in der Weise wie Blanqui sich über die damalige Manifestion geäußert habe. Blanqui. Unser Klub war in der größten Aufregung. Der Gang der provisorischen Regierung, und namentlich die 25-Centimensteuer schienen uns der Todesstoßstoß der Republik. Wir waren es, wir im Klub Blanqui, welche die Folgen dieser Maßregel, den jetzigen Zustand der Republik zuerst voraussagten, wir waren es, welche erklärten, daß diese Steuer das Land gegen die Republik insurgiren, und die Wahlen in reaktionärem Sinne bearbeiten werde. Unser Zweck am 17. März war nicht eine Demonstration für das Gouvernement in der Sache der Bärenmützen zu veranstalten, sondern in dem Verlangen einer Vertagung der Wahlen eine Protestation gegen die provisorische Regierung abzugeben. Unser vorbereiteter Hauptzweck war die Vertagung der Wahlen, und wenn es noch einige Nebenzwecke dabei zu verfolgen gab, so waren dieselben von untergeordneter Bedeutung. Nach der Deposition Blanqui's entspinnt sich zwischen dem Generalprokurator, Blanqui und Ledru-Rollin ein lebhafter Wort wechsel *). Blanqui. Ich frage jetzt Hrn. Ledru-Rollin in Betreff des 16. April, ob er, der von legitimistischen Agitationen sprach, wirklich glaubt, daß sich die auf dem Marsfeld versammelten Arbeiter gegen die Republik hätten führen lassen? Ledru-Rollin. Ich antworte Hrn. Blanqui: Wenn man eine Revolution für die Regentschaft machen will, so ruft man nicht immer: „Es lebe die Regentschaft!“ Wenn man die Legitimisten ans Ruder bringen will, so ruft man nicht: „Es leben die Legitimisten!“ Nein, man bedient sich der Losungswörter des Volkes, man vernichtet das Bestehende, und dann erst setzt man durch einen Handstreich, das, was man will, ins Werk. (Tumult im Publikum). General-Prokurator Baroche. Ich frage den Zeugen, was die Polizei-Rapporte über diesen 16. April meldeten? Ledru-Rollin. Sie signalisirten besonders den Bürger Blanqui und wie alle Republikaner war ich bestürzt, besorgt, daß eine Faktion die provisorische Regierung aus ganz andern Motiven stürzen möchte, als sie in der That vorgab. Dies war der Grund, weshalb ich den Rappel schlagen ließ. Blanqui. Ich will nicht, daß der 16. April wie ein Damoclesschwert uber meinem Haupte hängen bleibe. Man sagt, ich habe auf dem Marsfelde Proklamationen vertheilt; wohlan, ich fordere die Polizei auf mir nur eines und das kleinste Aktenstück dieser Art zu produziren. Alles was ich that, war, daß ich eine Schrift von mir, eine Antwort auf gewisse lügenhafte Dokumente vertheilte, und dazu hatte ich das Recht. Nach der Erwählung der Staabsoffiziere beschlossen die Arbeiter, nach dem Hotel-de-Ville zu ziehen, um ein Arbeitministerium zu verlangen und zugleich den Ertrag einer Kollekte zu überbringen. Ich hatte mit beiden Sachen nichts zu thun und blieb Zuschauer bei dieser Revue, und der Zeuge Brot, den ich nochmals zu befragen bitte, wird aussagen können, daß ich kein einziges öffentliches Wort auf dem Marsfelde gesprochen habe. Ich frage daher einfach, ob ich verantwortlich sein muß für die verrückten Vorstellungen und übertriebenen Besorgnisse, welche das Gouvernement über die Arbeiterversammlung auf dem Marsfelde hegte? Ob es nur wahrscheinlich ist, daß ich am 16. April, in einem Augenblick, wo das Gouvernement die Klubs und die Nationalgarde für sich hatte, dasselbe mit den Arbeitern des Marsfeldes durch einen „Handstreich“ hätte stürzen wollen? Ledru-Rollin. Bürger Blanqui sagt, daß der Rappel geschlagen worden sei in Folge von verrückten Vorstellungen und übertriebnen Besorgnissen des Gouvernements. Ich glaube, die provisorische Regierung hat durch den Rappel nur ihren Muth bewiesen und hat nicht nöthig, in dieser Beziehung sich Lektionen ertheilen zu lassen. Barbes. Ich wünsche zu bemerken, daß ich das sofortige Erscheinen der 12. Legion zu keinem andern Zweck, als zur Vermeidung eines Confliktes zwischen Volk und Armee verfügte. Ledru-Rollin. Ich habe die Legion nicht zusammentrommeln lassen, um auf das Volk zu schießen; meine Hand hätte eher verdorren, als einen solchen Befehl unterzeichnen sollen. Blanqui lacht: Ich habe nichts mehr zu sagen. Zeuge Armand Marrast, 55 Jahre alt, Volksrepräsentant, erzählt mit schwacher, fast unverständlicher Stimme, daß er am 14. Mai von der Manifestation gehört, und dem General Courtais Befehl zu Schutzmaßregeln gegeben habe. Im Uebrigen wisse er nichts als die allgemein bekannten Thatsachen zu erzählen. (Gelächter.) Nachdem Raspail noch über die nichtswürdige Behandlung der Gefangenen mit dem vorgeforderten Gefängnißdirektor eine lebhafte Diskussion geführt, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen. * Bourges, 20. März. (Prozeßverhandlung.) Bei Eröffnung der Sitzung erscheint der Zeuge Viktor Riglet wieder, der am Anfang der Verhandlung wegen Verweigerung des Zeugnisses zu 100 Fr. Buße verurtheilt wurde, und erklärt sich jetzt zur Vernehmung bereit. Seine Aussage besteht in nichts weiter, als daß er den Zug am 15. Mai mitangesehen habe. Zeuge François Armand, 45 Jahre alt, Huisier der Seine-Präfektur, war am 15. Mai im Vorzimmer des Generalsecretariats der Präfektur, als ein Dutzend bewaffnete Männer, von denen Einer eine Fahne trug, eintraten und in das Cabinet des Generalsekretärs wollten; unter ihnen sei der Angeklagte Thomas gewesen. Armand behauptet, sich ihnen widersetzt zu haben, wurde aber mit noch einem andern Beamten vor die Thür geworfen, an der man sofort zwei Bewaffnete als Schildwachen aufgestellt habe. Auch auf der Treppe hätten Proletarier-Posten gestanden. Er, der Zeuge, sei darauf zu Hrn. Flottard geeilt, der ihm aber auf die Mittheilung der Vorfälle erwidert habe: „Was wollen Sie? Kann ich etwas thun?“ Zehn Minuten später sei Lamartine mit der Artillerie der Nationalgarde angekommen. Der Angeklagte Thomas erklärt, ganz allein, ohne bewaffnete Begleitung und ohne Gewalt eingetreten zu sein; in den Zimmern sei Alles in der größten Verwirrung gewesen, und er, Thomas, habe darauf die alten Volksdelegirten zu versammeln befohlen, wie dies in ähnlichen verhängnißvollen Augenblicken selbst Lamartine gethan. Die Zeugen Ramond de la Croisette, Advokat und Oberst der 4. Legion, und Reverdi, Adjutant in dem Bataillon der 4. Legion deponiren über die Ordre, welche der General Courtais zur Zusammenberufung der Nationalgarde gegeben habe. Beide versichern, daß ihnen der General keinen Augenblick verdächtig erschienen sei. Zeuge Morhéry, Volksrepräsentant, giebt eine Erzählung der allgemeinen Vorfälle. Er hat mit Raspail gesprochen und denselben aufgefordert, seinen Einfluß anzuwenden, daß das Volk sich zurückziehe. Raspail, der sehr bewegt von dem unerwarteten Gang der Sache gewesen sei, habe das auch gethan, und sich dann, da er unwohl war, in den Garten begeben. Raspail macht durch Zusammenstellung der Vorfälle darauf aufmerksam, daß durch diese Aussage Mohéry's die Behauptung des Zeugen Point entkräftet werde, welcher zu derselben Zeit, wo Raspail im Garten war, denselben an einer ganz entgegengesetzten Stelle gesehen haben will und behauptet, Raspail habe dem Volke zugerufen: „Geleitet Barbes nach dem Hotel-de-Ville!“ Die Zeugen Morhéry und Point werden confrontirt und bleiben beide bei ihren Aussagen. Raspail. Ich habe gestern den Brief eines geachteten Mannes, Hrn. Leroy d'Etioles, Stabsarzt der 13. Legion, erhalten, welcher der Aussage des Hrn. Point ebenfalls das förmlichste Dementi gibt. Indem ich diesen Brief produzire, verlange ich die Ladung des Schreibers als Schutzzeugen. Zeuge Point sucht die Zeit anders zu erklären, in welcher er von Raspail den erwähnten Ruf gehört haben will. Raspail erklärt, daß er selbst erwiesener Maßen das Hotel-de-Ville vermieden habe, und sich eher den Kopf zerschmettern als einen Freund in die Gefahr schicken würde, die er so gut vor sich gesehen. Als er über die Feigheit dieser Anklage in Wuth geräth und dem Zeugen Point verächtliche Leidenschaften vorwirft, wird ihm von dem Präsidenten das Wort entzogen. Barbes. Es ist eine lügenhafte Behauptung, daß Raspail Befehl gegeben habe, mich nach dem Hotel-de-Ville zu führen. Sein Charakter ist über allen Verdacht erhaben; auch hätte er eine solche Aufforderung gar nicht nöthig gehabt, da ich selbst nach dem Hotel-de-Ville wollte. Der Zeuge Point, nachdem er nochmals behauptet, im Augenblick dieses Rufes dicht neben Raspail gestanden zu haben, verlangt die Erlaubniß entlassen zu werden. Raspail. Nein, mein Herr, ich werde Sie festhalten lassen. General-Prokurator Baroche. Injuriiren Sie den Zeugen nicht. Raspail. Sie haben lächerliche Vorstellungen von Injurien. Ich habe das Recht, mich der Entlassung eines Zeugen zu widersetzen; ich habe nach Art. 330 auch das Recht zu einem Antrag auf Anklage und Verhaftung des Zeugen. Der General-Prokurator bestreitet das Letztere und der Präsident läßt auf Raspails Verlangen den Artikel verlesen, nach welchem der Angeklagte das behauptete Recht behält. Zeuge Recurt, Volksrepräsentant, erzählt wie am 15. Mai, zwischen 4 und 5 Uhr Abends das Ministerium des Innern von einigen hundert Individuen gestürmt worden sei, ohne daß die Nationalgarde Widerstand leistete. Ungefähr 30 Personen, an deren Spitze Sobrier gestanden, seien in sein, Recurt's, Kabinet getreten; Sobrier selbst habe dasselbe augenblicklich und ohne ein Wort an Recurt zu richten wieder verlassen, die Bewaffneten aber seien in Unterhandlung getreten, und hätten von Recurt verlangt, er solle die Bildung einer neuen provisorischen Regierung durch den Telegraphen in den Provinzen verkünden; als er sich dessen geweigert, seien sie wieder abgezogen und er habe erst nach ihrer Entfernung bemerkt, daß man ihm die Siegel mitgenommen. Advokat Leclancher. Hat Sobrier, als er ins Ministerium trat, feindselige Absichten gezeigt? Zeuge Recurt. Er war durchaus kaltblütig und hat, wie ich schon sagte, kein Wort gesprochen. Sobrier. Ich will mein Erscheinen im Ministerium erklären. Ich wollte sehen, ob Hr. Recurt auf seinem Posten wäre, und wenn ich einen andern, einen Royalisten auf seinem Platz gefunden hätte, den Usurpator auf die Seite schaffen. Ich kam, um bei der allgemeinen Verwirrung dem Ausbruch eines Bürgerkriegs vorzubeugen. General-Prokurator Baroche. Sie sagen, daß Sie sich eines etwaigen Usurpators im Ministerium bemächtigt haben würden; Sie glauben also, das Recht dazu zu haben? Sobrier. Ohne Zweifel habe ich das Recht, wenn ich einen Fremden an einem öffentlichen Platz finde. Ich selbst wußte übrigens bei meinem Eintritt ins Ministerium noch nichts von der Bildung einer neuen provisorischen Regierung. Zeuge Chevalier, Sous-Lieutenant der 4. Legion, Zeuge Petit, Garçon beim Bureau der Assemblée, Zeuge Bureaux de Puzy, Questor, und Zeuge Thenon, Stabsoffizier, deponiren ohne weitere als die bekannten Details, daß der General Courtais Ordre zum Einlaß von 14 Delegirten und zum Abnehmen der Bajonette gegeben habe. Schluß der Sitzung 6 Uhr. * Bourges, 21. März. (Prozeßverhandlung.) Die Sitzung wird erst kurz vor 11 Uhr eröffnet. Zeuge Biard, Journalcolporteur, Zeuge Rieblieniec, Kräuter, und Zeuge Matthieu, Bleicher, alle drei Nationalgardisten, waren im Hof der Assemblée und haben den General Courtais hier einem oder zweien Volksdelegirten den Eintritt verschaffen sehen. Zeuge Hutteau-d'Origny, 44 Jahr alt, Kavallerie-Offizier, ist am 15. Mai nach der Assemblée gekommen, um von dem General Courtais Befehl zum Generalmarsch zu verlangen. Als er in den Sitzungssaal trat, will er von einem Menschen in Hemdsärmeln den Ruf: „Zwei Stunden Plünderung!“ gehört haben. Der Zeuge setzt hinzu, daß auch der Zeuge Ernst Gregoire diese Worte vernommen, wie sich derselbe wenigstens in Gegenwart von zwei Personen, der Herren Thenon und Fitz-James gerühmt habe. General-Prokurator Barroche. Der Zeuge Ernst Gregoire ist einer von Denen, die dem hohen Gerichtshof die Antwort verweigern Der Zeuge Thenon wird wieder vorgerufen und erklärt, daß Hr. G egoire allerdings in seiner Gegenwart behauptet den Ruf: „Zwei Stunden Plünderung!“ von einem Menschen in Hemdsärmeln gehört zu haben. Barbés. Es war also ein einzelner Mensch. Nach der Beschreibung muß der Ruf aber doch nicht besonders laut gewesen sein, da der Präsident Buchez nichts davon hörte Zeuge Hutteau weiß darüber nichts zu sagen. Präsident Ich sehe die Wichtigkeit nicht ein, welche die Vertheidigung auf diesen Punkt legt. Barbès. Man hat uns 10 Monate mit Verläumdungen überschüttet und die demokratische Partei für diese Worte solidarisch verantwortlich gemacht. Im Interesse unserer ganzen Partei haben wir zu beweisen, daß wir jenen Ruf nicht ausgestoßen haben. Präsident. Wenn diese Worte wirklich gefallen sind, so war es ein Wahnsinniger, der sie ausstieß. Raspail. Wir nehmen Akt von diesem Ausspruch des Präsidenten, und verlangen, daß man die Handlung eines Wahnsinnigen nicht mehr in den Anklageakt mengt. Barbès. Und daß man diese Phrase nicht mehr der republikanischen Partei entgegenwirft. Generalprokurator. Es war nicht die republikanische Partei, welche die Nationalversammlung erstürmte, die Republik war in der Versammlung. Barbès. Es giebt Republikaner und Republikaner. Generalprokurator. Republikaner sind die, welche der Republik dienen. Hierzu eine Beilage. Die sämmtlichen französischen Blätter geben über die Rede Blanqui's fast gar keine Details. Die tiefsinnige Ledru-Rollin'sche „R-form“ übergeht die Sache in der größten Unverschämtheit mit den simpeln Worten: „Le citoyen Blanqui explique la manifestation“ Auch die „Republique“ gibt nur ein dürftiges, entstelltes Resumé. Die Sache ist wahrscheinlich, daß Blanqui bei Gelegenheit der 45-Centimen-Steuer die ganze provisorische Regierung, Ledru-Rollin nicht ausgeschlossen, auf das Heftigste angegriffen hat, und daß die biedermännischen Patrioten diese Erklärungen des ihnen verhaßten, avancirten Revolutionärs unterdrücken wollen.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0004" n="1446"/> <div xml:id="ar257_010" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> festhält, was er besitzt, und sich vor Neuerungen und gewagten Spekulationen ängstlich scheut. Er hält sich für radikal, wenn er über die Jesuiten schimpft; für kosmopolitisch, wenn er seinen Blick über die engen Gränzen des Kantons zu dem ganzen ungeheuren Umfang der Schweiz erhebt. Er ist national, wie nur ein preußischer Ritter des eisernen Kreuzes im Jahre 1815 sein konnte; er schwärmt für die fünfhundertjährige Weltgeschichte der Urkantone und hält die Schweiz mit israelitischem Stolze für das auserwählte Volk der Freiheit. Deshalb will er einem Volke, das so lange selbstständig gewesen ist, auch jetzt seine Selbstständigkeit, d. h. sein exclusives Sonderleben nicht nehmen, ohne zu bedenken, daß diese Isolirung dasselbe nothwendig der Reaktion in die Arme schleudern muß. Daher ist die Neutralitätspolitik, die Politik der äußersten Schwäche und Ohnmacht, für den Bundesrath eine Quelle des Stolzes und der Zufriedenheit. Diese Politik weis't der Schweiz jetzt den europäischen Völkern gegenüber dieselbe Rolle an, welche die Urkantone früher der Schweiz gegenüber spielten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar257_011" type="jArticle"> <head>Paris, 25. März.</head> <p>Aus Italien nichts Entscheidendes.</p> <p>Courrier Français zeigt an, daß den Piemontesen der Uebergang über den Ticino (Tessin) streitig gemacht worden wäre. Keine Erfindung.</p> <p>Die „Reforme“ wiederholt ein Gerücht von einem Gefecht zu Gunsten der Piemontesen bei derselben Gelegenheit. Ebenfalls falsch. Radetzki will erst seine neuen Lorbeeren zwischen der Adda und dem Oglio pflücken.</p> <p>Der Constitutionnel träumt von einem Treffen in der Ebene von Verceil. Er ist ebenfalls schlecht unterrichtet.</p> <p>Das Journal des Debats ist aufrichtig und sagt: wir hoffen morgen entscheidende Nachrichten zu erhalten.</p> <p>‒ An den Straßen-Mauern prangen bereits die Wahllisten. Herr Berger hat sich darin um die Reaktion sehr verdient gemacht, indem er etwa 10,000 Sozialisten (Proletarier) aus den alten Listen strich, weil sie möblirt wohnen, d. h. kein bestimmtes Domizil haben.</p> <p>Dieser geniale Zug des Seinepräfekten sowie die Klubunterdrückung steigern die Erbitterung der „niederen“ Bevölkerung auf's Höchste. Das Ministerium scheint das zu wissen und den Ausbruch des Volkszornes zu fürchten; denn starke Patrouillen, oft von ganzen Bataillonen, durchziehen Nachts die Straßen.</p> <p>‒ Der Moniteur enthält trotz seiner fünf Beilagen nichts. Der ehemalige Advokat Laboulaye, Institutsglied und Verfasser mehrerer Bücher über Rechtspflege, tritt an Lerminier's Stelle am College de France für vergleichende Gesetzgebungskunde der verschiedenen Völker. Wir wollen sehen, ob er bei der akademischen Jugend glücklicher als sein Vorfahr sein wird.</p> <p>Auch ist die 13. Lieferung der unter Pelet's Leitung herauskommenden vortrefflichen Landkarte Frankreich's (Generalstabsarbeit) erschienen.</p> <p>Ein Rundschreiben des Seinepräfekten Berger rücksichtlich der Wahllisten hat für das Ausland kein direktes Interesse.</p> <p>‒ Die Deputirten Gent, Degeorge u. A. überreichten gestern einen neuen Stoß von Petitionen für Rückzahlung der Milliarde.</p> <p>Duplan knüpfte eine Petition von einigen hundert Pächtern des Cherdepartements daran, welche die freiwillige Aenderung (résiliation facultative) der Pachtverträge verlangen. Das fehlte noch!</p> <p>‒ Auf dem Place du Châtelet, Bastillenplatz und an den Pforten St. Denis und Martin bilden sich wieder Gruppen. Die Estaffette sagt: zu unserem Erstaunen bemerken wir darunter mehr Civilröcke als Blousen. Man diskutirt dort das Vereins- oder Klubrecht unter freiem Himmel.</p> <p>‒ Der Constitutionnel meldet für morgen den Ausbruch einer Emeute.</p> <p>Wir können dem Herrn Veron versichern, daß morgen sein Schlummer noch nicht gestört werden soll. Die beliebtesten Bergglieder haben sich zu den Klubschefs begeben und die der Polizei längst denunzirte Demonstration der Pariser Klubs wird morgen nicht stattfinden.</p> <p>‒ Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, stand gestern vor Gericht, unter der Anklage: sein Journal ohne vorherige Deklaration herauszugeben. Dies sei gegen die Vorschriften des Gesetzes vom 7. Juli 1828, mithin verfalle er der darin verzeichneten Strafe. Hilbay antwortete: sein Blatt sei ein Monatsblatt und er habe der laut Preßgesetz vom August 1848 vorgeschriebene Deklaration genügt. Er berufe sich dafür auf seine Quittung. Wie aber die Staatsanwaltschaft, setzt er fort, sich auf ein Gesetz vom Juli 1828 unter Carl X. stützen könne, begreife er nicht. In diesem Gesetze heiße es, der Herausgeber eines Monatsjournals habe seine Deklaration beim Procureur du Roi zu machen: Er bitte hiermit das Gericht, ihm die Adresse jenes Procureur du Roi von 1828 anzuweisen, dann wolle er seine Deklaration auch dort sehr gerne wiederholen. ‒ Dieser Grund erregte allgemeines Gelächter und entband den Hilbay von der Klage. Und diese Affenschande wird in Paris unter dem Sáintsimonisten Barrot, am 29. März 1849, getrieben!</p> <p>‒ Lahr, der hingerichtete Junimörder, war einer der thätigsten und besoldetsten Wahlagenten Louis Bonaparte's, des jetzigen Präsidenten, wie dies die bei seiner Verhaftung gefundene Briefe beweisen. Wo sind diese Papiere?</p> <p>(Peuple.)</p> <p>Riancourt, (eigentlich Martin) dieser Verbrecher aus verlorner Ehre, ist von den Rouener Assisen zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt worden.</p> <p>‒ Der Jude Abraham Weill hat schon wieder eine neue legitimistische Broschüre herausgegeben. Steh auf, Provinz ‒ Debout la province!!</p> <p>‒ Die Nationalversammlung setzt die Clubdebatte fort. Der Berg ist leer. Alle entschiedenen Republikaner nehmen keinen Theil an der Debatte. Viele Bänke sind ganz öde.</p> <p>‒ Die Cholera ist in unsere wohlbeleibten Centriers gefahren. Vorige Nacht starb Blin de Bourdon, ein Legitimist aus der alten Kammer, den uns das Sommedepartement in die Nationalversammlung schickte. Desgleichen liegt Beaumont, aus demselben Departement und aus demselben Teige, lebensgefährlich darnieder.</p> <p>‒ An der Börse ging das Gerücht, die Polizei sei einem neuen Komplott auf die Spur gekommen, das zum Zweck habe: den Präsidenten Bonaparte auf einer seiner nächtlichen Liebesfahrten zum Fräulein Howard zu entführen.</p> <p>‒ „Peuple“ meldet, daß in Folge der jüngsten Kammerszenen Bavour und Buvignier sich nicht schießen werden, sondern daß Alles zwischen den beiden Deputirten ausgeglichen worden sei.</p> <p>‒ Wir erfahren, daß das Cabinet keinen Spezialgesandten für die dänischen Conferenzen nach London schicken wird. Unser Gesandter Cecille wird den Conferenzen beiwohnen.</p> <p>‒ Die Cholera ist wirklich hier! Von 142 Kranken starben in den Spitälern allein bis zum 23. März 75. Seit diesem Tage zählt man über 80 neue Fälle.</p> <p>Blin de Bourdon wird morgen begraben.</p> <p>In der Reform finden Sie eine Cholerastaristik.</p> <p>‒ Aus <hi rendition="#g">Lyon</hi> gehen uns Journale und Briefe vom 24. zu. In Rive de Gier fließt schon wieder Arbeiterblut! Die Minenarbeiter haben sich, sagt man, in Masse erhoben.</p> <p>‒ In <hi rendition="#g">Toulon</hi> lag am 22. März die Expeditionsflotte noch still im Hafen, doch sollte eine neue Militärdivision gebildet werden.</p> <p>‒ In der Sitzung des Bourger Gerichtshofes vom 24. März brachte Monnier, der Divisionschef in der Polizeipräfektur, ein Dossier zur Sprache, das das sogenannte Haupt des 15. Mai, <hi rendition="#g">Huber,</hi> als ein Werkzeug Louis Philipps von 1830 bis 1839 enthüllt!</p> </div> <div xml:id="ar257_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Bourges, 19. März.</head> <p>(Schluß der Sitzung vom 19. März.) Der Zeuge Ledru-Rollin erklärt, daß er auf seiner Ansicht von der Demonstration des 17. März beharre; übrigens müsse er hinzufügen, daß allerdings auch Louis Blanc in der Weise wie Blanqui sich über die damalige Manifestion geäußert habe.</p> <p>Blanqui. Unser Klub war in der größten Aufregung. Der Gang der provisorischen Regierung, und namentlich die 25-Centimensteuer schienen uns der Todesstoßstoß der Republik. Wir waren es, wir im Klub Blanqui, welche die Folgen dieser Maßregel, den jetzigen Zustand der Republik zuerst voraussagten, wir waren es, welche erklärten, daß diese Steuer das Land gegen die Republik insurgiren, und die Wahlen in reaktionärem Sinne bearbeiten werde. Unser Zweck am 17. März war nicht eine Demonstration für das Gouvernement in der Sache der Bärenmützen zu veranstalten, sondern in dem Verlangen einer Vertagung der Wahlen eine Protestation <hi rendition="#g">gegen</hi> die provisorische Regierung abzugeben. Unser vorbereiteter Hauptzweck war die Vertagung der Wahlen, und wenn es noch einige Nebenzwecke dabei zu verfolgen gab, so waren dieselben von untergeordneter Bedeutung.</p> <p>Nach der Deposition Blanqui's entspinnt sich zwischen dem Generalprokurator, Blanqui und Ledru-Rollin ein lebhafter Wort wechsel *).<note place="foot">Die sämmtlichen französischen Blätter geben über die Rede Blanqui's fast gar keine Details. Die tiefsinnige Ledru-Rollin'sche „R-form“ übergeht die Sache in der größten Unverschämtheit mit den simpeln Worten: „Le citoyen Blanqui explique la manifestation“ Auch die „Republique“ gibt nur ein dürftiges, entstelltes Resumé. Die Sache ist wahrscheinlich, daß Blanqui bei Gelegenheit der 45-Centimen-Steuer die ganze provisorische Regierung, Ledru-Rollin nicht ausgeschlossen, auf das Heftigste angegriffen hat, und daß die biedermännischen Patrioten diese Erklärungen des ihnen verhaßten, avancirten Revolutionärs unterdrücken wollen.</note> </p> <p>Blanqui. Ich frage jetzt Hrn. Ledru-Rollin in Betreff des 16. April, ob er, der von legitimistischen Agitationen sprach, wirklich glaubt, daß sich die auf dem Marsfeld versammelten Arbeiter gegen die Republik hätten führen lassen?</p> <p>Ledru-Rollin. Ich antworte Hrn. Blanqui: Wenn man eine Revolution für die Regentschaft machen will, so ruft man nicht immer: „Es lebe die Regentschaft!“ Wenn man die Legitimisten ans Ruder bringen will, so ruft man nicht: „Es leben die Legitimisten!“ Nein, man bedient sich der Losungswörter des Volkes, man vernichtet das Bestehende, und dann erst setzt man durch einen Handstreich, das, was man will, ins Werk. (Tumult im Publikum).</p> <p>General-Prokurator Baroche. Ich frage den Zeugen, was die Polizei-Rapporte über diesen 16. April meldeten?</p> <p>Ledru-Rollin. Sie signalisirten besonders den Bürger Blanqui und wie alle Republikaner war ich bestürzt, besorgt, daß eine Faktion die provisorische Regierung aus ganz andern Motiven stürzen möchte, als sie in der That vorgab. Dies war der Grund, weshalb ich den Rappel schlagen ließ.</p> <p>Blanqui. Ich will nicht, daß der 16. April wie ein Damoclesschwert uber meinem Haupte hängen bleibe.</p> <p>Man sagt, ich habe auf dem Marsfelde Proklamationen vertheilt; wohlan, ich fordere die Polizei auf mir nur eines und das kleinste Aktenstück dieser Art zu produziren. Alles was ich that, war, daß ich eine Schrift von mir, eine Antwort auf gewisse lügenhafte Dokumente vertheilte, und dazu hatte ich das Recht.</p> <p>Nach der Erwählung der Staabsoffiziere beschlossen die Arbeiter, nach dem Hotel-de-Ville zu ziehen, um ein Arbeitministerium zu verlangen und zugleich den Ertrag einer Kollekte zu überbringen. Ich hatte mit beiden Sachen nichts zu thun und blieb Zuschauer bei dieser Revue, und der Zeuge Brot, den ich nochmals zu befragen bitte, wird aussagen können, daß ich kein einziges öffentliches Wort auf dem Marsfelde gesprochen habe.</p> <p>Ich frage daher einfach, ob ich verantwortlich sein muß für die verrückten Vorstellungen und übertriebenen Besorgnisse, welche das Gouvernement über die Arbeiterversammlung auf dem Marsfelde hegte? Ob es nur wahrscheinlich ist, daß ich am 16. April, in einem Augenblick, wo das Gouvernement die Klubs und die Nationalgarde für sich hatte, dasselbe mit den Arbeitern des Marsfeldes durch einen „Handstreich“ hätte stürzen wollen?</p> <p>Ledru-Rollin. Bürger Blanqui sagt, daß der Rappel geschlagen worden sei in Folge von verrückten Vorstellungen und übertriebnen Besorgnissen des Gouvernements. Ich glaube, die provisorische Regierung hat durch den Rappel nur ihren Muth bewiesen und hat nicht nöthig, in dieser Beziehung sich Lektionen ertheilen zu lassen.</p> <p>Barbes. Ich wünsche zu bemerken, daß ich das sofortige Erscheinen der 12. Legion zu keinem andern Zweck, als zur Vermeidung eines Confliktes zwischen Volk und Armee verfügte.</p> <p>Ledru-Rollin. Ich habe die Legion nicht zusammentrommeln lassen, um auf das Volk zu schießen; meine Hand hätte eher verdorren, als einen solchen Befehl unterzeichnen sollen.</p> <p>Blanqui lacht: Ich habe nichts mehr zu sagen.</p> <p>Zeuge Armand Marrast, 55 Jahre alt, Volksrepräsentant, erzählt mit schwacher, fast unverständlicher Stimme, daß er am 14. Mai von der Manifestation gehört, und dem General Courtais Befehl zu Schutzmaßregeln gegeben habe. Im Uebrigen wisse er nichts als die allgemein bekannten Thatsachen zu erzählen. (Gelächter.)</p> <p>Nachdem Raspail noch über die nichtswürdige Behandlung der Gefangenen mit dem vorgeforderten Gefängnißdirektor eine lebhafte Diskussion geführt, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen.</p> </div> <div xml:id="ar257_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Bourges, 20. März.</head> <p>(Prozeßverhandlung.) Bei Eröffnung der Sitzung erscheint der Zeuge Viktor Riglet wieder, der am Anfang der Verhandlung wegen Verweigerung des Zeugnisses zu 100 Fr. Buße verurtheilt wurde, und erklärt sich jetzt zur Vernehmung bereit. Seine Aussage besteht in nichts weiter, als daß er den Zug am 15. Mai mitangesehen habe.</p> <p>Zeuge François Armand, 45 Jahre alt, Huisier der Seine-Präfektur, war am 15. Mai im Vorzimmer des Generalsecretariats der Präfektur, als ein Dutzend bewaffnete Männer, von denen Einer eine Fahne trug, eintraten und in das Cabinet des Generalsekretärs wollten; unter ihnen sei der Angeklagte Thomas gewesen. Armand behauptet, sich ihnen widersetzt zu haben, wurde aber mit noch einem andern Beamten vor die Thür geworfen, an der man sofort zwei Bewaffnete als Schildwachen aufgestellt habe. Auch auf der Treppe hätten Proletarier-Posten gestanden. Er, der Zeuge, sei darauf zu Hrn. Flottard geeilt, der ihm aber auf die Mittheilung der Vorfälle erwidert habe: „Was wollen Sie? Kann ich etwas thun?“ Zehn Minuten später sei Lamartine mit der Artillerie der Nationalgarde angekommen.</p> <p>Der Angeklagte Thomas erklärt, ganz allein, ohne bewaffnete Begleitung und ohne Gewalt eingetreten zu sein; in den Zimmern sei Alles in der größten Verwirrung gewesen, und er, Thomas, habe darauf die alten Volksdelegirten zu versammeln befohlen, wie dies in ähnlichen verhängnißvollen Augenblicken selbst Lamartine gethan.</p> <p>Die Zeugen Ramond de la Croisette, Advokat und Oberst der 4. Legion, und Reverdi, Adjutant in dem Bataillon der 4. Legion deponiren über die Ordre, welche der General Courtais zur Zusammenberufung der Nationalgarde gegeben habe. Beide versichern, daß ihnen der General keinen Augenblick verdächtig erschienen sei.</p> <p>Zeuge Morhéry, Volksrepräsentant, giebt eine Erzählung der allgemeinen Vorfälle. Er hat mit Raspail gesprochen und denselben aufgefordert, seinen Einfluß anzuwenden, daß das Volk sich zurückziehe. Raspail, der sehr bewegt von dem unerwarteten Gang der Sache gewesen sei, habe das auch gethan, und sich dann, da er unwohl war, in den Garten begeben.</p> <p>Raspail macht durch Zusammenstellung der Vorfälle darauf aufmerksam, daß durch diese Aussage Mohéry's die Behauptung des Zeugen Point entkräftet werde, welcher zu derselben Zeit, wo Raspail im Garten war, denselben an einer ganz entgegengesetzten Stelle gesehen haben will und behauptet, Raspail habe dem Volke zugerufen: „Geleitet Barbes nach dem Hotel-de-Ville!“</p> <p>Die Zeugen Morhéry und Point werden confrontirt und bleiben beide bei ihren Aussagen.</p> <p>Raspail. Ich habe gestern den Brief eines geachteten Mannes, Hrn. Leroy d'Etioles, Stabsarzt der 13. Legion, erhalten, welcher der Aussage des Hrn. Point ebenfalls das förmlichste Dementi gibt. Indem ich diesen Brief produzire, verlange ich die Ladung des Schreibers als Schutzzeugen.</p> <p>Zeuge Point sucht die Zeit anders zu erklären, in welcher er von Raspail den erwähnten Ruf gehört haben will.</p> <p>Raspail erklärt, daß er selbst erwiesener Maßen das Hotel-de-Ville vermieden habe, und sich eher den Kopf zerschmettern als einen Freund in die Gefahr schicken würde, die er so gut vor sich gesehen. Als er über die Feigheit dieser Anklage in Wuth geräth und dem Zeugen Point verächtliche Leidenschaften vorwirft, wird ihm von dem Präsidenten das Wort entzogen.</p> <p>Barbes. Es ist eine lügenhafte Behauptung, daß Raspail Befehl gegeben habe, mich nach dem Hotel-de-Ville zu führen. Sein Charakter ist über allen Verdacht erhaben; auch hätte er eine solche Aufforderung gar nicht nöthig gehabt, da ich selbst nach dem Hotel-de-Ville wollte.</p> <p>Der Zeuge Point, nachdem er nochmals behauptet, im Augenblick dieses Rufes dicht neben Raspail gestanden zu haben, verlangt die Erlaubniß entlassen zu werden.</p> <p>Raspail. Nein, mein Herr, ich werde Sie festhalten lassen. General-Prokurator Baroche. Injuriiren Sie den Zeugen nicht. Raspail. Sie haben lächerliche Vorstellungen von Injurien.</p> <p>Ich habe das Recht, mich der Entlassung eines Zeugen zu widersetzen; ich habe nach Art. 330 auch das Recht zu einem Antrag auf Anklage und Verhaftung des Zeugen.</p> <p>Der General-Prokurator bestreitet das Letztere und der Präsident läßt auf Raspails Verlangen den Artikel verlesen, nach welchem der Angeklagte das behauptete Recht behält.</p> <p>Zeuge Recurt, Volksrepräsentant, erzählt wie am 15. Mai, zwischen 4 und 5 Uhr Abends das Ministerium des Innern von einigen hundert Individuen gestürmt worden sei, ohne daß die Nationalgarde Widerstand leistete. Ungefähr 30 Personen, an deren Spitze Sobrier gestanden, seien in sein, Recurt's, Kabinet getreten; Sobrier selbst habe dasselbe augenblicklich und ohne ein Wort an Recurt zu richten wieder verlassen, die Bewaffneten aber seien in Unterhandlung getreten, und hätten von Recurt verlangt, er solle die Bildung einer neuen provisorischen Regierung durch den Telegraphen in den Provinzen verkünden; als er sich dessen geweigert, seien sie wieder abgezogen und er habe erst nach ihrer Entfernung bemerkt, daß man ihm die Siegel mitgenommen.</p> <p>Advokat Leclancher. Hat Sobrier, als er ins Ministerium trat, feindselige Absichten gezeigt?</p> <p>Zeuge Recurt. Er war durchaus kaltblütig und hat, wie ich schon sagte, kein Wort gesprochen.</p> <p>Sobrier. Ich will mein Erscheinen im Ministerium erklären. Ich wollte sehen, ob Hr. Recurt auf seinem Posten wäre, und wenn ich einen andern, einen Royalisten auf seinem Platz gefunden hätte, den Usurpator auf die Seite schaffen. Ich kam, um bei der allgemeinen Verwirrung dem Ausbruch eines Bürgerkriegs vorzubeugen.</p> <p>General-Prokurator Baroche. Sie sagen, daß Sie sich eines etwaigen Usurpators im Ministerium bemächtigt haben würden; Sie glauben also, das Recht dazu zu haben?</p> <p>Sobrier. Ohne Zweifel habe ich das Recht, wenn ich einen Fremden an einem öffentlichen Platz finde. Ich selbst wußte übrigens bei meinem Eintritt ins Ministerium noch nichts von der Bildung einer neuen provisorischen Regierung.</p> <p>Zeuge Chevalier, Sous-Lieutenant der 4. Legion, Zeuge Petit, Garçon beim Bureau der Assemblée, Zeuge Bureaux de Puzy, Questor, und Zeuge Thenon, Stabsoffizier, deponiren ohne weitere als die bekannten Details, daß der General Courtais Ordre zum Einlaß von 14 Delegirten und zum Abnehmen der Bajonette gegeben habe.</p> <p>Schluß der Sitzung 6 Uhr.</p> </div> <div xml:id="ar257_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Bourges, 21. März.</head> <p>(Prozeßverhandlung.) Die Sitzung wird erst kurz vor 11 Uhr eröffnet.</p> <p>Zeuge Biard, Journalcolporteur, Zeuge Rieblieniec, Kräuter, und Zeuge Matthieu, Bleicher, alle drei Nationalgardisten, waren im Hof der Assemblée und haben den General Courtais hier einem oder zweien Volksdelegirten den Eintritt verschaffen sehen.</p> <p>Zeuge Hutteau-d'Origny, 44 Jahr alt, Kavallerie-Offizier, ist am 15. Mai nach der Assemblée gekommen, um von dem General Courtais Befehl zum Generalmarsch zu verlangen. Als er in den Sitzungssaal trat, will er von einem Menschen in Hemdsärmeln den Ruf: „Zwei Stunden Plünderung!“ gehört haben. Der Zeuge setzt hinzu, daß auch der Zeuge Ernst Gregoire diese Worte vernommen, wie sich derselbe wenigstens in Gegenwart von zwei Personen, der Herren Thenon und Fitz-James gerühmt habe.</p> <p>General-Prokurator Barroche. Der Zeuge Ernst Gregoire ist einer von Denen, die dem hohen Gerichtshof die Antwort verweigern</p> <p>Der Zeuge Thenon wird wieder vorgerufen und erklärt, daß Hr. G egoire allerdings in seiner Gegenwart behauptet den Ruf: „Zwei Stunden Plünderung!“ von einem Menschen in Hemdsärmeln gehört zu haben.</p> <p>Barbés. Es war also ein einzelner Mensch. Nach der Beschreibung muß der Ruf aber doch nicht besonders laut gewesen sein, da der Präsident Buchez nichts davon hörte</p> <p>Zeuge Hutteau weiß darüber nichts zu sagen.</p> <p>Präsident Ich sehe die Wichtigkeit nicht ein, welche die Vertheidigung auf diesen Punkt legt.</p> <p>Barbès. Man hat uns 10 Monate mit Verläumdungen überschüttet und die demokratische Partei für diese Worte solidarisch verantwortlich gemacht. Im Interesse unserer ganzen Partei haben wir zu beweisen, daß wir jenen Ruf nicht ausgestoßen haben.</p> <p>Präsident. Wenn diese Worte wirklich gefallen sind, so war es ein Wahnsinniger, der sie ausstieß.</p> <p>Raspail. Wir nehmen Akt von diesem Ausspruch des Präsidenten, und verlangen, daß man die Handlung eines Wahnsinnigen nicht mehr in den Anklageakt mengt.</p> <p>Barbès. Und daß man diese Phrase nicht mehr der republikanischen Partei entgegenwirft.</p> <p>Generalprokurator. Es war nicht die republikanische Partei, welche die Nationalversammlung erstürmte, die Republik war in der Versammlung.</p> <p>Barbès. Es giebt Republikaner und Republikaner.</p> <p>Generalprokurator. Republikaner sind die, welche der Republik dienen.</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">Hierzu eine Beilage.</hi> </ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1446/0004]
[Fortsetzung] festhält, was er besitzt, und sich vor Neuerungen und gewagten Spekulationen ängstlich scheut. Er hält sich für radikal, wenn er über die Jesuiten schimpft; für kosmopolitisch, wenn er seinen Blick über die engen Gränzen des Kantons zu dem ganzen ungeheuren Umfang der Schweiz erhebt. Er ist national, wie nur ein preußischer Ritter des eisernen Kreuzes im Jahre 1815 sein konnte; er schwärmt für die fünfhundertjährige Weltgeschichte der Urkantone und hält die Schweiz mit israelitischem Stolze für das auserwählte Volk der Freiheit. Deshalb will er einem Volke, das so lange selbstständig gewesen ist, auch jetzt seine Selbstständigkeit, d. h. sein exclusives Sonderleben nicht nehmen, ohne zu bedenken, daß diese Isolirung dasselbe nothwendig der Reaktion in die Arme schleudern muß. Daher ist die Neutralitätspolitik, die Politik der äußersten Schwäche und Ohnmacht, für den Bundesrath eine Quelle des Stolzes und der Zufriedenheit. Diese Politik weis't der Schweiz jetzt den europäischen Völkern gegenüber dieselbe Rolle an, welche die Urkantone früher der Schweiz gegenüber spielten.
Französische Republik. Paris, 25. März. Aus Italien nichts Entscheidendes.
Courrier Français zeigt an, daß den Piemontesen der Uebergang über den Ticino (Tessin) streitig gemacht worden wäre. Keine Erfindung.
Die „Reforme“ wiederholt ein Gerücht von einem Gefecht zu Gunsten der Piemontesen bei derselben Gelegenheit. Ebenfalls falsch. Radetzki will erst seine neuen Lorbeeren zwischen der Adda und dem Oglio pflücken.
Der Constitutionnel träumt von einem Treffen in der Ebene von Verceil. Er ist ebenfalls schlecht unterrichtet.
Das Journal des Debats ist aufrichtig und sagt: wir hoffen morgen entscheidende Nachrichten zu erhalten.
‒ An den Straßen-Mauern prangen bereits die Wahllisten. Herr Berger hat sich darin um die Reaktion sehr verdient gemacht, indem er etwa 10,000 Sozialisten (Proletarier) aus den alten Listen strich, weil sie möblirt wohnen, d. h. kein bestimmtes Domizil haben.
Dieser geniale Zug des Seinepräfekten sowie die Klubunterdrückung steigern die Erbitterung der „niederen“ Bevölkerung auf's Höchste. Das Ministerium scheint das zu wissen und den Ausbruch des Volkszornes zu fürchten; denn starke Patrouillen, oft von ganzen Bataillonen, durchziehen Nachts die Straßen.
‒ Der Moniteur enthält trotz seiner fünf Beilagen nichts. Der ehemalige Advokat Laboulaye, Institutsglied und Verfasser mehrerer Bücher über Rechtspflege, tritt an Lerminier's Stelle am College de France für vergleichende Gesetzgebungskunde der verschiedenen Völker. Wir wollen sehen, ob er bei der akademischen Jugend glücklicher als sein Vorfahr sein wird.
Auch ist die 13. Lieferung der unter Pelet's Leitung herauskommenden vortrefflichen Landkarte Frankreich's (Generalstabsarbeit) erschienen.
Ein Rundschreiben des Seinepräfekten Berger rücksichtlich der Wahllisten hat für das Ausland kein direktes Interesse.
‒ Die Deputirten Gent, Degeorge u. A. überreichten gestern einen neuen Stoß von Petitionen für Rückzahlung der Milliarde.
Duplan knüpfte eine Petition von einigen hundert Pächtern des Cherdepartements daran, welche die freiwillige Aenderung (résiliation facultative) der Pachtverträge verlangen. Das fehlte noch!
‒ Auf dem Place du Châtelet, Bastillenplatz und an den Pforten St. Denis und Martin bilden sich wieder Gruppen. Die Estaffette sagt: zu unserem Erstaunen bemerken wir darunter mehr Civilröcke als Blousen. Man diskutirt dort das Vereins- oder Klubrecht unter freiem Himmel.
‒ Der Constitutionnel meldet für morgen den Ausbruch einer Emeute.
Wir können dem Herrn Veron versichern, daß morgen sein Schlummer noch nicht gestört werden soll. Die beliebtesten Bergglieder haben sich zu den Klubschefs begeben und die der Polizei längst denunzirte Demonstration der Pariser Klubs wird morgen nicht stattfinden.
‒ Constant Hilbay, Redakteur des Journal des Sansculottes, stand gestern vor Gericht, unter der Anklage: sein Journal ohne vorherige Deklaration herauszugeben. Dies sei gegen die Vorschriften des Gesetzes vom 7. Juli 1828, mithin verfalle er der darin verzeichneten Strafe. Hilbay antwortete: sein Blatt sei ein Monatsblatt und er habe der laut Preßgesetz vom August 1848 vorgeschriebene Deklaration genügt. Er berufe sich dafür auf seine Quittung. Wie aber die Staatsanwaltschaft, setzt er fort, sich auf ein Gesetz vom Juli 1828 unter Carl X. stützen könne, begreife er nicht. In diesem Gesetze heiße es, der Herausgeber eines Monatsjournals habe seine Deklaration beim Procureur du Roi zu machen: Er bitte hiermit das Gericht, ihm die Adresse jenes Procureur du Roi von 1828 anzuweisen, dann wolle er seine Deklaration auch dort sehr gerne wiederholen. ‒ Dieser Grund erregte allgemeines Gelächter und entband den Hilbay von der Klage. Und diese Affenschande wird in Paris unter dem Sáintsimonisten Barrot, am 29. März 1849, getrieben!
‒ Lahr, der hingerichtete Junimörder, war einer der thätigsten und besoldetsten Wahlagenten Louis Bonaparte's, des jetzigen Präsidenten, wie dies die bei seiner Verhaftung gefundene Briefe beweisen. Wo sind diese Papiere?
(Peuple.)
Riancourt, (eigentlich Martin) dieser Verbrecher aus verlorner Ehre, ist von den Rouener Assisen zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt worden.
‒ Der Jude Abraham Weill hat schon wieder eine neue legitimistische Broschüre herausgegeben. Steh auf, Provinz ‒ Debout la province!!
‒ Die Nationalversammlung setzt die Clubdebatte fort. Der Berg ist leer. Alle entschiedenen Republikaner nehmen keinen Theil an der Debatte. Viele Bänke sind ganz öde.
‒ Die Cholera ist in unsere wohlbeleibten Centriers gefahren. Vorige Nacht starb Blin de Bourdon, ein Legitimist aus der alten Kammer, den uns das Sommedepartement in die Nationalversammlung schickte. Desgleichen liegt Beaumont, aus demselben Departement und aus demselben Teige, lebensgefährlich darnieder.
‒ An der Börse ging das Gerücht, die Polizei sei einem neuen Komplott auf die Spur gekommen, das zum Zweck habe: den Präsidenten Bonaparte auf einer seiner nächtlichen Liebesfahrten zum Fräulein Howard zu entführen.
‒ „Peuple“ meldet, daß in Folge der jüngsten Kammerszenen Bavour und Buvignier sich nicht schießen werden, sondern daß Alles zwischen den beiden Deputirten ausgeglichen worden sei.
‒ Wir erfahren, daß das Cabinet keinen Spezialgesandten für die dänischen Conferenzen nach London schicken wird. Unser Gesandter Cecille wird den Conferenzen beiwohnen.
‒ Die Cholera ist wirklich hier! Von 142 Kranken starben in den Spitälern allein bis zum 23. März 75. Seit diesem Tage zählt man über 80 neue Fälle.
Blin de Bourdon wird morgen begraben.
In der Reform finden Sie eine Cholerastaristik.
‒ Aus Lyon gehen uns Journale und Briefe vom 24. zu. In Rive de Gier fließt schon wieder Arbeiterblut! Die Minenarbeiter haben sich, sagt man, in Masse erhoben.
‒ In Toulon lag am 22. März die Expeditionsflotte noch still im Hafen, doch sollte eine neue Militärdivision gebildet werden.
‒ In der Sitzung des Bourger Gerichtshofes vom 24. März brachte Monnier, der Divisionschef in der Polizeipräfektur, ein Dossier zur Sprache, das das sogenannte Haupt des 15. Mai, Huber, als ein Werkzeug Louis Philipps von 1830 bis 1839 enthüllt!
* Bourges, 19. März. (Schluß der Sitzung vom 19. März.) Der Zeuge Ledru-Rollin erklärt, daß er auf seiner Ansicht von der Demonstration des 17. März beharre; übrigens müsse er hinzufügen, daß allerdings auch Louis Blanc in der Weise wie Blanqui sich über die damalige Manifestion geäußert habe.
Blanqui. Unser Klub war in der größten Aufregung. Der Gang der provisorischen Regierung, und namentlich die 25-Centimensteuer schienen uns der Todesstoßstoß der Republik. Wir waren es, wir im Klub Blanqui, welche die Folgen dieser Maßregel, den jetzigen Zustand der Republik zuerst voraussagten, wir waren es, welche erklärten, daß diese Steuer das Land gegen die Republik insurgiren, und die Wahlen in reaktionärem Sinne bearbeiten werde. Unser Zweck am 17. März war nicht eine Demonstration für das Gouvernement in der Sache der Bärenmützen zu veranstalten, sondern in dem Verlangen einer Vertagung der Wahlen eine Protestation gegen die provisorische Regierung abzugeben. Unser vorbereiteter Hauptzweck war die Vertagung der Wahlen, und wenn es noch einige Nebenzwecke dabei zu verfolgen gab, so waren dieselben von untergeordneter Bedeutung.
Nach der Deposition Blanqui's entspinnt sich zwischen dem Generalprokurator, Blanqui und Ledru-Rollin ein lebhafter Wort wechsel *).
Blanqui. Ich frage jetzt Hrn. Ledru-Rollin in Betreff des 16. April, ob er, der von legitimistischen Agitationen sprach, wirklich glaubt, daß sich die auf dem Marsfeld versammelten Arbeiter gegen die Republik hätten führen lassen?
Ledru-Rollin. Ich antworte Hrn. Blanqui: Wenn man eine Revolution für die Regentschaft machen will, so ruft man nicht immer: „Es lebe die Regentschaft!“ Wenn man die Legitimisten ans Ruder bringen will, so ruft man nicht: „Es leben die Legitimisten!“ Nein, man bedient sich der Losungswörter des Volkes, man vernichtet das Bestehende, und dann erst setzt man durch einen Handstreich, das, was man will, ins Werk. (Tumult im Publikum).
General-Prokurator Baroche. Ich frage den Zeugen, was die Polizei-Rapporte über diesen 16. April meldeten?
Ledru-Rollin. Sie signalisirten besonders den Bürger Blanqui und wie alle Republikaner war ich bestürzt, besorgt, daß eine Faktion die provisorische Regierung aus ganz andern Motiven stürzen möchte, als sie in der That vorgab. Dies war der Grund, weshalb ich den Rappel schlagen ließ.
Blanqui. Ich will nicht, daß der 16. April wie ein Damoclesschwert uber meinem Haupte hängen bleibe.
Man sagt, ich habe auf dem Marsfelde Proklamationen vertheilt; wohlan, ich fordere die Polizei auf mir nur eines und das kleinste Aktenstück dieser Art zu produziren. Alles was ich that, war, daß ich eine Schrift von mir, eine Antwort auf gewisse lügenhafte Dokumente vertheilte, und dazu hatte ich das Recht.
Nach der Erwählung der Staabsoffiziere beschlossen die Arbeiter, nach dem Hotel-de-Ville zu ziehen, um ein Arbeitministerium zu verlangen und zugleich den Ertrag einer Kollekte zu überbringen. Ich hatte mit beiden Sachen nichts zu thun und blieb Zuschauer bei dieser Revue, und der Zeuge Brot, den ich nochmals zu befragen bitte, wird aussagen können, daß ich kein einziges öffentliches Wort auf dem Marsfelde gesprochen habe.
Ich frage daher einfach, ob ich verantwortlich sein muß für die verrückten Vorstellungen und übertriebenen Besorgnisse, welche das Gouvernement über die Arbeiterversammlung auf dem Marsfelde hegte? Ob es nur wahrscheinlich ist, daß ich am 16. April, in einem Augenblick, wo das Gouvernement die Klubs und die Nationalgarde für sich hatte, dasselbe mit den Arbeitern des Marsfeldes durch einen „Handstreich“ hätte stürzen wollen?
Ledru-Rollin. Bürger Blanqui sagt, daß der Rappel geschlagen worden sei in Folge von verrückten Vorstellungen und übertriebnen Besorgnissen des Gouvernements. Ich glaube, die provisorische Regierung hat durch den Rappel nur ihren Muth bewiesen und hat nicht nöthig, in dieser Beziehung sich Lektionen ertheilen zu lassen.
Barbes. Ich wünsche zu bemerken, daß ich das sofortige Erscheinen der 12. Legion zu keinem andern Zweck, als zur Vermeidung eines Confliktes zwischen Volk und Armee verfügte.
Ledru-Rollin. Ich habe die Legion nicht zusammentrommeln lassen, um auf das Volk zu schießen; meine Hand hätte eher verdorren, als einen solchen Befehl unterzeichnen sollen.
Blanqui lacht: Ich habe nichts mehr zu sagen.
Zeuge Armand Marrast, 55 Jahre alt, Volksrepräsentant, erzählt mit schwacher, fast unverständlicher Stimme, daß er am 14. Mai von der Manifestation gehört, und dem General Courtais Befehl zu Schutzmaßregeln gegeben habe. Im Uebrigen wisse er nichts als die allgemein bekannten Thatsachen zu erzählen. (Gelächter.)
Nachdem Raspail noch über die nichtswürdige Behandlung der Gefangenen mit dem vorgeforderten Gefängnißdirektor eine lebhafte Diskussion geführt, wird die Sitzung um 6 Uhr geschlossen.
* Bourges, 20. März. (Prozeßverhandlung.) Bei Eröffnung der Sitzung erscheint der Zeuge Viktor Riglet wieder, der am Anfang der Verhandlung wegen Verweigerung des Zeugnisses zu 100 Fr. Buße verurtheilt wurde, und erklärt sich jetzt zur Vernehmung bereit. Seine Aussage besteht in nichts weiter, als daß er den Zug am 15. Mai mitangesehen habe.
Zeuge François Armand, 45 Jahre alt, Huisier der Seine-Präfektur, war am 15. Mai im Vorzimmer des Generalsecretariats der Präfektur, als ein Dutzend bewaffnete Männer, von denen Einer eine Fahne trug, eintraten und in das Cabinet des Generalsekretärs wollten; unter ihnen sei der Angeklagte Thomas gewesen. Armand behauptet, sich ihnen widersetzt zu haben, wurde aber mit noch einem andern Beamten vor die Thür geworfen, an der man sofort zwei Bewaffnete als Schildwachen aufgestellt habe. Auch auf der Treppe hätten Proletarier-Posten gestanden. Er, der Zeuge, sei darauf zu Hrn. Flottard geeilt, der ihm aber auf die Mittheilung der Vorfälle erwidert habe: „Was wollen Sie? Kann ich etwas thun?“ Zehn Minuten später sei Lamartine mit der Artillerie der Nationalgarde angekommen.
Der Angeklagte Thomas erklärt, ganz allein, ohne bewaffnete Begleitung und ohne Gewalt eingetreten zu sein; in den Zimmern sei Alles in der größten Verwirrung gewesen, und er, Thomas, habe darauf die alten Volksdelegirten zu versammeln befohlen, wie dies in ähnlichen verhängnißvollen Augenblicken selbst Lamartine gethan.
Die Zeugen Ramond de la Croisette, Advokat und Oberst der 4. Legion, und Reverdi, Adjutant in dem Bataillon der 4. Legion deponiren über die Ordre, welche der General Courtais zur Zusammenberufung der Nationalgarde gegeben habe. Beide versichern, daß ihnen der General keinen Augenblick verdächtig erschienen sei.
Zeuge Morhéry, Volksrepräsentant, giebt eine Erzählung der allgemeinen Vorfälle. Er hat mit Raspail gesprochen und denselben aufgefordert, seinen Einfluß anzuwenden, daß das Volk sich zurückziehe. Raspail, der sehr bewegt von dem unerwarteten Gang der Sache gewesen sei, habe das auch gethan, und sich dann, da er unwohl war, in den Garten begeben.
Raspail macht durch Zusammenstellung der Vorfälle darauf aufmerksam, daß durch diese Aussage Mohéry's die Behauptung des Zeugen Point entkräftet werde, welcher zu derselben Zeit, wo Raspail im Garten war, denselben an einer ganz entgegengesetzten Stelle gesehen haben will und behauptet, Raspail habe dem Volke zugerufen: „Geleitet Barbes nach dem Hotel-de-Ville!“
Die Zeugen Morhéry und Point werden confrontirt und bleiben beide bei ihren Aussagen.
Raspail. Ich habe gestern den Brief eines geachteten Mannes, Hrn. Leroy d'Etioles, Stabsarzt der 13. Legion, erhalten, welcher der Aussage des Hrn. Point ebenfalls das förmlichste Dementi gibt. Indem ich diesen Brief produzire, verlange ich die Ladung des Schreibers als Schutzzeugen.
Zeuge Point sucht die Zeit anders zu erklären, in welcher er von Raspail den erwähnten Ruf gehört haben will.
Raspail erklärt, daß er selbst erwiesener Maßen das Hotel-de-Ville vermieden habe, und sich eher den Kopf zerschmettern als einen Freund in die Gefahr schicken würde, die er so gut vor sich gesehen. Als er über die Feigheit dieser Anklage in Wuth geräth und dem Zeugen Point verächtliche Leidenschaften vorwirft, wird ihm von dem Präsidenten das Wort entzogen.
Barbes. Es ist eine lügenhafte Behauptung, daß Raspail Befehl gegeben habe, mich nach dem Hotel-de-Ville zu führen. Sein Charakter ist über allen Verdacht erhaben; auch hätte er eine solche Aufforderung gar nicht nöthig gehabt, da ich selbst nach dem Hotel-de-Ville wollte.
Der Zeuge Point, nachdem er nochmals behauptet, im Augenblick dieses Rufes dicht neben Raspail gestanden zu haben, verlangt die Erlaubniß entlassen zu werden.
Raspail. Nein, mein Herr, ich werde Sie festhalten lassen. General-Prokurator Baroche. Injuriiren Sie den Zeugen nicht. Raspail. Sie haben lächerliche Vorstellungen von Injurien.
Ich habe das Recht, mich der Entlassung eines Zeugen zu widersetzen; ich habe nach Art. 330 auch das Recht zu einem Antrag auf Anklage und Verhaftung des Zeugen.
Der General-Prokurator bestreitet das Letztere und der Präsident läßt auf Raspails Verlangen den Artikel verlesen, nach welchem der Angeklagte das behauptete Recht behält.
Zeuge Recurt, Volksrepräsentant, erzählt wie am 15. Mai, zwischen 4 und 5 Uhr Abends das Ministerium des Innern von einigen hundert Individuen gestürmt worden sei, ohne daß die Nationalgarde Widerstand leistete. Ungefähr 30 Personen, an deren Spitze Sobrier gestanden, seien in sein, Recurt's, Kabinet getreten; Sobrier selbst habe dasselbe augenblicklich und ohne ein Wort an Recurt zu richten wieder verlassen, die Bewaffneten aber seien in Unterhandlung getreten, und hätten von Recurt verlangt, er solle die Bildung einer neuen provisorischen Regierung durch den Telegraphen in den Provinzen verkünden; als er sich dessen geweigert, seien sie wieder abgezogen und er habe erst nach ihrer Entfernung bemerkt, daß man ihm die Siegel mitgenommen.
Advokat Leclancher. Hat Sobrier, als er ins Ministerium trat, feindselige Absichten gezeigt?
Zeuge Recurt. Er war durchaus kaltblütig und hat, wie ich schon sagte, kein Wort gesprochen.
Sobrier. Ich will mein Erscheinen im Ministerium erklären. Ich wollte sehen, ob Hr. Recurt auf seinem Posten wäre, und wenn ich einen andern, einen Royalisten auf seinem Platz gefunden hätte, den Usurpator auf die Seite schaffen. Ich kam, um bei der allgemeinen Verwirrung dem Ausbruch eines Bürgerkriegs vorzubeugen.
General-Prokurator Baroche. Sie sagen, daß Sie sich eines etwaigen Usurpators im Ministerium bemächtigt haben würden; Sie glauben also, das Recht dazu zu haben?
Sobrier. Ohne Zweifel habe ich das Recht, wenn ich einen Fremden an einem öffentlichen Platz finde. Ich selbst wußte übrigens bei meinem Eintritt ins Ministerium noch nichts von der Bildung einer neuen provisorischen Regierung.
Zeuge Chevalier, Sous-Lieutenant der 4. Legion, Zeuge Petit, Garçon beim Bureau der Assemblée, Zeuge Bureaux de Puzy, Questor, und Zeuge Thenon, Stabsoffizier, deponiren ohne weitere als die bekannten Details, daß der General Courtais Ordre zum Einlaß von 14 Delegirten und zum Abnehmen der Bajonette gegeben habe.
Schluß der Sitzung 6 Uhr.
* Bourges, 21. März. (Prozeßverhandlung.) Die Sitzung wird erst kurz vor 11 Uhr eröffnet.
Zeuge Biard, Journalcolporteur, Zeuge Rieblieniec, Kräuter, und Zeuge Matthieu, Bleicher, alle drei Nationalgardisten, waren im Hof der Assemblée und haben den General Courtais hier einem oder zweien Volksdelegirten den Eintritt verschaffen sehen.
Zeuge Hutteau-d'Origny, 44 Jahr alt, Kavallerie-Offizier, ist am 15. Mai nach der Assemblée gekommen, um von dem General Courtais Befehl zum Generalmarsch zu verlangen. Als er in den Sitzungssaal trat, will er von einem Menschen in Hemdsärmeln den Ruf: „Zwei Stunden Plünderung!“ gehört haben. Der Zeuge setzt hinzu, daß auch der Zeuge Ernst Gregoire diese Worte vernommen, wie sich derselbe wenigstens in Gegenwart von zwei Personen, der Herren Thenon und Fitz-James gerühmt habe.
General-Prokurator Barroche. Der Zeuge Ernst Gregoire ist einer von Denen, die dem hohen Gerichtshof die Antwort verweigern
Der Zeuge Thenon wird wieder vorgerufen und erklärt, daß Hr. G egoire allerdings in seiner Gegenwart behauptet den Ruf: „Zwei Stunden Plünderung!“ von einem Menschen in Hemdsärmeln gehört zu haben.
Barbés. Es war also ein einzelner Mensch. Nach der Beschreibung muß der Ruf aber doch nicht besonders laut gewesen sein, da der Präsident Buchez nichts davon hörte
Zeuge Hutteau weiß darüber nichts zu sagen.
Präsident Ich sehe die Wichtigkeit nicht ein, welche die Vertheidigung auf diesen Punkt legt.
Barbès. Man hat uns 10 Monate mit Verläumdungen überschüttet und die demokratische Partei für diese Worte solidarisch verantwortlich gemacht. Im Interesse unserer ganzen Partei haben wir zu beweisen, daß wir jenen Ruf nicht ausgestoßen haben.
Präsident. Wenn diese Worte wirklich gefallen sind, so war es ein Wahnsinniger, der sie ausstieß.
Raspail. Wir nehmen Akt von diesem Ausspruch des Präsidenten, und verlangen, daß man die Handlung eines Wahnsinnigen nicht mehr in den Anklageakt mengt.
Barbès. Und daß man diese Phrase nicht mehr der republikanischen Partei entgegenwirft.
Generalprokurator. Es war nicht die republikanische Partei, welche die Nationalversammlung erstürmte, die Republik war in der Versammlung.
Barbès. Es giebt Republikaner und Republikaner.
Generalprokurator. Republikaner sind die, welche der Republik dienen.
Hierzu eine Beilage.
Die sämmtlichen französischen Blätter geben über die Rede Blanqui's fast gar keine Details. Die tiefsinnige Ledru-Rollin'sche „R-form“ übergeht die Sache in der größten Unverschämtheit mit den simpeln Worten: „Le citoyen Blanqui explique la manifestation“ Auch die „Republique“ gibt nur ein dürftiges, entstelltes Resumé. Die Sache ist wahrscheinlich, daß Blanqui bei Gelegenheit der 45-Centimen-Steuer die ganze provisorische Regierung, Ledru-Rollin nicht ausgeschlossen, auf das Heftigste angegriffen hat, und daß die biedermännischen Patrioten diese Erklärungen des ihnen verhaßten, avancirten Revolutionärs unterdrücken wollen.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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