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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 263. Köln, 4. April 1849. Beilage.

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gegeben. Aber das Vaterland erwartet, daß auch jeder von uns in diesem Saal seine Schuldigkeit thue. (Bravo rechts).

Der Schluß der Debatte wird angenommen.

Berg als Referent: Niemand von uns verkennt den Ernst der Stunde, in der wir berathen. Wir sind darin einig, daß der König das deutsche Banner emporhebe und es seinen Nachfolgern überliefere....

Die deutsche Nationalversammlung ist souverän, weil sie das ganze Volk vertritt und nicht aus den Partikularvertretungen hervorgegangen ist. Die Fürsten können nicht revidiren, weil nur der revidiren kann, der dazu berufen ist. Die deutschen Fürsten sind aber nicht zu Rathe gezogen.... Ihre Amendements, meine Herren zur Rechten, rufen den Kampf gegen die Partikularinteressen herbei, weil Sie auf die Verständigung zu großes Gewicht legen.... Wenn man auf die alten Rechte immer wieder zurückgehen will, so muß man zuletzt die sieben Churfürsten zusammenrufen, um den deutschen Kaiser zu wählen.... Man hat unsere Adresse trocken genannt; wir wollten aber ein ernstes Wort sprechen, es kam nicht auf schöne Redensarten an.... Wir sind nicht berufen ein erbliches Kaiserthum zu schaffen und es dem König zu übertragen, es wird an unsere Thatkraft appellirt und deshalb haben wir keine Zeit zu Gefühlen. Das Mitglied für Landshut hat sich gegen eine Adresse überhaupt erklärt, weil sie nichts fruchte. Wir müssen aber erklären, in welchen Fällen dem König die Kraft des Volkes nicht fehlen wird.... Der Graf Arnim hat gefragt, ob im Frühjahr die Wahl des Königs möglich war? Nein, sie war nicht möglich. Das Frühjahr schloß eine Periode von 33 Jahren, in dem Preußen in Verbindung mit Oestreich jede freiheitliche Bestrebung Süddeutschlands unterdrückte.... Der Redner vertheidigt nun den Kommissionsentwurf und erklärt sich ebensowohl gegen die Amendements Vincke und Arnim als gegen das von Parrisius. Er appellirt zuletzt an das Gefühl des Königs setbst, der versprochen habe, sich in den Tagen der Gefahr an die Spitze Deutschlands zu stellen. Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten, welche auch im jetzigen Ministerium liegen, aber wir hoffen auf die Weisheit Sr. Majestät.... Man hat sich so sehr über den Ausdruck "Thatkraft" empört; aber ich frage, war es nicht die Thatkraft des Volkes, welche 1813 das Vaterland rettete, reichte die Kraft der Regierungen aus? An diese Kraft appelliren wir und es ziemt dem deutschen Volke, welches dem mächtigsten Fürsten das Banner in die Hand drückt, wohl zugleich das Schwert zu erfassen. (Rauschender Beifall.)

Vinke macht eine persönliche Bemerkung, die Berg als Mißverständniß eeklärt.

Kinkel, der die Taktik seiner Partei bei dieser Angelegenheit vertheidigen will, wird das Wort entzogen.

Das Amendement des Grafen Arnim wird verworfen.

Das Amendement Vinke nach namentlicher Abstimmung mit 156 gegen 151 Stimmen angenommen. Sämmtliche Polen und Ultramontanen enthalten sich der Abstimmung. Die Partei Arnim stimmte für den Vinke'schen Entwurf. Ebenso die beiden Minister Manteuffel und v. d. Heydt. Dagegen unter Andern aus dem Centrum Osterrath, Pathow, Riedel-Oppeln, Rhoden, Sperling I. und II und de Syo. 23 Abgeordnete hatten sich der Abstimmung enthalten. 20 Abgeordnete fehlten.

Hierauf schreitet man zur Neuwahl des Präsidiums. Das Resultat des ersten Scrutiniums ist: Zahl der Stimmen 330. Davon erhalten: Grabow 171. Unruh 155 und Auerswald 5 Stimmen. Grabow wird demnach zum Präsidenten proklamirt. - Nachdem wird Auerswald mit 167 Stimmen zum ersten Vicepräsidenten und Lensing zum zweiten Vicepräsidenten gewählt.

(Schluß der Sitzung.)

* Berlin, 2. April.

Sitzung der ersten Kammer.

Der Schriftführer verliest einen Antrag des Abg. Bergmann: Die Hohe Kammer wolle beschließen:

"über die von der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt in jüngster Zeit gefaßten Beschlüsse eine Adresse an Se. Majestät den König zu richten."

Der Antrag wird unterstützt. Der Präsident vertagt die Sitzung auf eine halbe Stunde, damit die Versammlung sich in die Abtheilungen begeben kann, um die Wahl der Kommission vorzunehmen.

Die Sitzung wird um 11 1/4 Uhr wieder eröffnet.

Präsident. In die Kommission sind gewählt die Abgg. Kühne, Bergmann, Graf Bülow, Graf Alvensleben, Hansemann, v. Canitz, Walter, Leue, v. Wittgenstein, Eichmann. Ich ersuche die Herren, sich sogleich zu constituiren, und da ich jetzt verhindert bin, wird Hr. v. Wittgenstein mich vertreten. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Kommission zuerst zu erwägen haben wird, ob überhaupt eine Adresse zu erlassen sei, und im Falle dies bejaht wird, die Abfassung der Adresse vorzunehmen.

Die Sitzung wird um 12 1/2 Uhr wieder eröffnet. - Der Schriftführer verliest die von der Kommission verfaßte Adresse:

Königliche Majestät!

Den Wünschen und ahnungsvollen Erwartungen, welche wir noch in jüngster Zeit über Deutschlands Neugestaltung und den Beruf Preußens, dazu in besonderer Weise mitzuwirken, vor Ew. Majestät ausgesprochen haben, sind mit raschem Schritte entscheidende Ereignisse gefolgt.

Die zu Frankfurt am Main versammelten Vertreter der Deutschen Nation haben Friedrich Wilhelm IV. König von Preußen, wir sagen mit erhebendem Gefühl Unseren König zum erblichen Kaiser der Deutschen feierlich gewählt.

Diese Botschaft hat uns auf das Tiefste ergriffen. Wir sehen durch diese Wahl, welche das Haus Hohenzollern zur oberen Leitung unseres Deutschen Vaterlandes beruft, das Vertrauen besiegelt, welches sich Preußen und sein König im Streben und Kämpfen für Deutschlands Interessen und Ehre errungen haben.

Auch wir wünschen und vertrauen, daß Ew. Majestät sich der Erfüllung der Hoffnungen der Nation nicht entziehen, und in Ihre starke Hand die Leitung der Geschicke des Vaterlandes nehmen werden.

Wir erkennen die Schwierigkeit der Fragen, die dabei zur Erwägung kommen. Die Verständigung mit andern Deutschen Regierungen, der Inhalt mehrerer in die Reichsverfassung aufgenommenen Bestimmungen, die Anforderungen und Opfer, welche für Preußen aus dieser neuen Stellung erwachsen können, wiegen in der Wagschale der Entscheidung, deren das Deutsche Volk sehnsüchtig harrt. Wir vertrauen jedoch fest, daß es der Weisheit Ew. Majestät und Ihrer Hingebung an die Sache der Deutschen Einheit gelingen werde, diese Schwierigkeiten zu überwinden, und in Uebereinstimmung mit der Deutschen Nationalversammlung und mit den Deutschen Regierungen eine Centralmacht zu begründen, die stark genug sei, eben so sehr nach Außen hin Deutschlands Recht und Würde zu wahren, als im Innern die Gerechtigkeit, Ordnung und gesetzliche Freiheit zu schirmen und zu befestigen.

Königliche Majestät! Es treffen Bewegungen und Ereignisse in jener außerordentlichen Weise zusammen, womit sich der Beginn neuer großer Epochen kund giebt. Die Fügung, wodurch Ew. Majestät zur Eröffnung einer solchen berufen wird, führt zugleich eine schwere Bürde und Verantwortlichkeit mit sich. Das Gefühl derselben erhöht den Ernst der Stunde der Entscheidung. Um so mehr drängt es uns, hier die Zuversicht auszusprechen, daß unser Volk seinem Könige mit vollster Kraft und Begeisterung in Allem zur Seite stehen werde, was derselbe zur Ausführung der zu übernehmenden großen Pflichten zum Heile Deutschlands für nothwendig erkennen wird.

Berichterstatter Walter: Die Kommission hat zuerst die Frage erörtern müssen, ob überhaupt eine Adresse zu erlassen sei, sie hat dies einstimmig bejaht.

Die Versammlung erhebt sich fast einstimmig für Erlassung einer Adresse.

Ministerpräsident: Nach den Nachrichten aus Frankfurt ist die Geschichte Deutschlands in ein neues Stadium getreten, das Ministerium hält es für seine Pflicht, anzuzeigen, welchen Standpunkt die Regierung einnehmen wird. Es ist der der Hingebung für Deutschland's Einheit und Freiheit, aber auch der der Verständigung mit den deutschen Regierungen. Die Regierung wird Alles aufbieten, daß das erstrebte Ziel bald erreicht werde. Sie hält dafür, daß dieser Beschluß nur gültig ist für die Regierungen, welche freiwillig ihm beistimmen, sie wird aber kein Mittel unversucht lassen, diese Beistimmung zu erlangen. (Bravo)

Berichterstatter Walter motivirt den Adreßentwurf der Kommission.

Ein Amendement zum Adreßentwurf findet Unterstützung.

Da Niemand das Wort verlangt erhält das Wort:

Referent Walter. Er erklärt sich gegen das eingebrachte Amendement, weil in der Adresse durchaus nicht gesagt sein solle, daß, wenn Schwierigkeiten erwähnt seien, Se. Majestät die Würde ablehnen solle.

Abg. Sperling zieht nach dieser authentischen Erklärung sein Amendement zurück.

Die Adresse wird fast einstimmig angenommen.

Italien.
* Turin, 29. März.

In Folge der Weigerung mehrerer gestern genannter Minister fand heute folgende Ministeränderung statt: 1) Delaunay, Auswärtiges. 2) Pinelli, Inneres. 3) Demargherita, Justiz und Cultus. 4) Morozzo della Rocca, Krieg und Marine. 5) Nigra, Finanzen. 6) Galvagno, Staatsbauten, Ackerbau und Handel. 6) Mameli, Unterricht; da derselbe noch behindert, tritt der Abbe Vincenzo Gioberti ad interim an seine Stelle.

Die Kammer ist immer noch in Permanenz und hörte gestern Abend den Bericht der Deputation an, die zum neuen Könige geschickt worden. Derselbe hat erklärt, daß er Hoffnung habe, Radetzki werde von seinen Waffenstillstandsbedingungen wesentlich ablassen (?!). Uebrigens werde er, Viktor Emanuel, nicht von der Bahn seines Vaters weichen etc.

Man erwartet stündlich die Antwort Radetzki's auf obige Modifikationsvorschläge und ist sehr gespannt auf deren Annahme oder Verwerfung.

Die Blätter sind mit Details über die Manöver gefüllt, durch welche der sardinische Adel die Armee vor der Novaraschlacht demoralisirte.

Romarino ist noch nicht erschossen.

Gioberti ist also wieder im Ministerium. Zu gleicher Zeit erfahren wir, daß Radetzki auf dem Marsche nach Florenz ist und die königl. Truppen aus Neapel wahrscheinlich schon auf dem Wege gegen Rom und Palermo.

Die hiesigen Blätter vom 29. geben die handgreiflichsten Aufschlüsse über die Propaganda, die der piemontesische Adel zum Besten der Oestreicher machte! Er hatte Furcht vor der Republik.

Turin war am 28. Abends in großer Gährung.

Rom, 24. März.

Zwölf Bataillone mobiler Bürgerwehr sind bereits im Marsch für den Unabhängigkeitskrieg.

Französische Republik.
* Paris, 2. April.

An der Börse erzählte man sich, eine telegraphische Depesche aus Lyon habe der Regierung die Nachricht gebracht, daß Victor Emanual die Kammern aufgelös't habe.

Auf die Nachricht hin, daß die Oestreicher und Neapolitaner gegen Florenz und Rom marschiren, ist - heißt es eben im Conferenzsaale der Nationalversammlung - unsere Flotille von Toulon und Marseille nach Civita Vecchia aufgebrochen.

Redakteur en chef Karl Marx.
[Börsennachrichten] [irrelevantes Material]

Druck von J. W. Dietz.

gegeben. Aber das Vaterland erwartet, daß auch jeder von uns in diesem Saal seine Schuldigkeit thue. (Bravo rechts).

Der Schluß der Debatte wird angenommen.

Berg als Referent: Niemand von uns verkennt den Ernst der Stunde, in der wir berathen. Wir sind darin einig, daß der König das deutsche Banner emporhebe und es seinen Nachfolgern überliefere‥‥

Die deutsche Nationalversammlung ist souverän, weil sie das ganze Volk vertritt und nicht aus den Partikularvertretungen hervorgegangen ist. Die Fürsten können nicht revidiren, weil nur der revidiren kann, der dazu berufen ist. Die deutschen Fürsten sind aber nicht zu Rathe gezogen‥‥ Ihre Amendements, meine Herren zur Rechten, rufen den Kampf gegen die Partikularinteressen herbei, weil Sie auf die Verständigung zu großes Gewicht legen‥‥ Wenn man auf die alten Rechte immer wieder zurückgehen will, so muß man zuletzt die sieben Churfürsten zusammenrufen, um den deutschen Kaiser zu wählen‥‥ Man hat unsere Adresse trocken genannt; wir wollten aber ein ernstes Wort sprechen, es kam nicht auf schöne Redensarten an‥‥ Wir sind nicht berufen ein erbliches Kaiserthum zu schaffen und es dem König zu übertragen, es wird an unsere Thatkraft appellirt und deshalb haben wir keine Zeit zu Gefühlen. Das Mitglied für Landshut hat sich gegen eine Adresse überhaupt erklärt, weil sie nichts fruchte. Wir müssen aber erklären, in welchen Fällen dem König die Kraft des Volkes nicht fehlen wird‥‥ Der Graf Arnim hat gefragt, ob im Frühjahr die Wahl des Königs möglich war? Nein, sie war nicht möglich. Das Frühjahr schloß eine Periode von 33 Jahren, in dem Preußen in Verbindung mit Oestreich jede freiheitliche Bestrebung Süddeutschlands unterdrückte‥‥ Der Redner vertheidigt nun den Kommissionsentwurf und erklärt sich ebensowohl gegen die Amendements Vincke und Arnim als gegen das von Parrisius. Er appellirt zuletzt an das Gefühl des Königs setbst, der versprochen habe, sich in den Tagen der Gefahr an die Spitze Deutschlands zu stellen. Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten, welche auch im jetzigen Ministerium liegen, aber wir hoffen auf die Weisheit Sr. Majestät‥‥ Man hat sich so sehr über den Ausdruck „Thatkraft“ empört; aber ich frage, war es nicht die Thatkraft des Volkes, welche 1813 das Vaterland rettete, reichte die Kraft der Regierungen aus? An diese Kraft appelliren wir und es ziemt dem deutschen Volke, welches dem mächtigsten Fürsten das Banner in die Hand drückt, wohl zugleich das Schwert zu erfassen. (Rauschender Beifall.)

Vinke macht eine persönliche Bemerkung, die Berg als Mißverständniß eeklärt.

Kinkel, der die Taktik seiner Partei bei dieser Angelegenheit vertheidigen will, wird das Wort entzogen.

Das Amendement des Grafen Arnim wird verworfen.

Das Amendement Vinke nach namentlicher Abstimmung mit 156 gegen 151 Stimmen angenommen. Sämmtliche Polen und Ultramontanen enthalten sich der Abstimmung. Die Partei Arnim stimmte für den Vinke'schen Entwurf. Ebenso die beiden Minister Manteuffel und v. d. Heydt. Dagegen unter Andern aus dem Centrum Osterrath, Pathow, Riedel-Oppeln, Rhoden, Sperling I. und II und de Syo. 23 Abgeordnete hatten sich der Abstimmung enthalten. 20 Abgeordnete fehlten.

Hierauf schreitet man zur Neuwahl des Präsidiums. Das Resultat des ersten Scrutiniums ist: Zahl der Stimmen 330. Davon erhalten: Grabow 171. Unruh 155 und Auerswald 5 Stimmen. Grabow wird demnach zum Präsidenten proklamirt. ‒ Nachdem wird Auerswald mit 167 Stimmen zum ersten Vicepräsidenten und Lensing zum zweiten Vicepräsidenten gewählt.

(Schluß der Sitzung.)

* Berlin, 2. April.

Sitzung der ersten Kammer.

Der Schriftführer verliest einen Antrag des Abg. Bergmann: Die Hohe Kammer wolle beschließen:

„über die von der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt in jüngster Zeit gefaßten Beschlüsse eine Adresse an Se. Majestät den König zu richten.“

Der Antrag wird unterstützt. Der Präsident vertagt die Sitzung auf eine halbe Stunde, damit die Versammlung sich in die Abtheilungen begeben kann, um die Wahl der Kommission vorzunehmen.

Die Sitzung wird um 11 1/4 Uhr wieder eröffnet.

Präsident. In die Kommission sind gewählt die Abgg. Kühne, Bergmann, Graf Bülow, Graf Alvensleben, Hansemann, v. Canitz, Walter, Leue, v. Wittgenstein, Eichmann. Ich ersuche die Herren, sich sogleich zu constituiren, und da ich jetzt verhindert bin, wird Hr. v. Wittgenstein mich vertreten. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Kommission zuerst zu erwägen haben wird, ob überhaupt eine Adresse zu erlassen sei, und im Falle dies bejaht wird, die Abfassung der Adresse vorzunehmen.

Die Sitzung wird um 12 1/2 Uhr wieder eröffnet. ‒ Der Schriftführer verliest die von der Kommission verfaßte Adresse:

Königliche Majestät!

Den Wünschen und ahnungsvollen Erwartungen, welche wir noch in jüngster Zeit über Deutschlands Neugestaltung und den Beruf Preußens, dazu in besonderer Weise mitzuwirken, vor Ew. Majestät ausgesprochen haben, sind mit raschem Schritte entscheidende Ereignisse gefolgt.

Die zu Frankfurt am Main versammelten Vertreter der Deutschen Nation haben Friedrich Wilhelm IV. König von Preußen, wir sagen mit erhebendem Gefühl Unseren König zum erblichen Kaiser der Deutschen feierlich gewählt.

Diese Botschaft hat uns auf das Tiefste ergriffen. Wir sehen durch diese Wahl, welche das Haus Hohenzollern zur oberen Leitung unseres Deutschen Vaterlandes beruft, das Vertrauen besiegelt, welches sich Preußen und sein König im Streben und Kämpfen für Deutschlands Interessen und Ehre errungen haben.

Auch wir wünschen und vertrauen, daß Ew. Majestät sich der Erfüllung der Hoffnungen der Nation nicht entziehen, und in Ihre starke Hand die Leitung der Geschicke des Vaterlandes nehmen werden.

Wir erkennen die Schwierigkeit der Fragen, die dabei zur Erwägung kommen. Die Verständigung mit andern Deutschen Regierungen, der Inhalt mehrerer in die Reichsverfassung aufgenommenen Bestimmungen, die Anforderungen und Opfer, welche für Preußen aus dieser neuen Stellung erwachsen können, wiegen in der Wagschale der Entscheidung, deren das Deutsche Volk sehnsüchtig harrt. Wir vertrauen jedoch fest, daß es der Weisheit Ew. Majestät und Ihrer Hingebung an die Sache der Deutschen Einheit gelingen werde, diese Schwierigkeiten zu überwinden, und in Uebereinstimmung mit der Deutschen Nationalversammlung und mit den Deutschen Regierungen eine Centralmacht zu begründen, die stark genug sei, eben so sehr nach Außen hin Deutschlands Recht und Würde zu wahren, als im Innern die Gerechtigkeit, Ordnung und gesetzliche Freiheit zu schirmen und zu befestigen.

Königliche Majestät! Es treffen Bewegungen und Ereignisse in jener außerordentlichen Weise zusammen, womit sich der Beginn neuer großer Epochen kund giebt. Die Fügung, wodurch Ew. Majestät zur Eröffnung einer solchen berufen wird, führt zugleich eine schwere Bürde und Verantwortlichkeit mit sich. Das Gefühl derselben erhöht den Ernst der Stunde der Entscheidung. Um so mehr drängt es uns, hier die Zuversicht auszusprechen, daß unser Volk seinem Könige mit vollster Kraft und Begeisterung in Allem zur Seite stehen werde, was derselbe zur Ausführung der zu übernehmenden großen Pflichten zum Heile Deutschlands für nothwendig erkennen wird.

Berichterstatter Walter: Die Kommission hat zuerst die Frage erörtern müssen, ob überhaupt eine Adresse zu erlassen sei, sie hat dies einstimmig bejaht.

Die Versammlung erhebt sich fast einstimmig für Erlassung einer Adresse.

Ministerpräsident: Nach den Nachrichten aus Frankfurt ist die Geschichte Deutschlands in ein neues Stadium getreten, das Ministerium hält es für seine Pflicht, anzuzeigen, welchen Standpunkt die Regierung einnehmen wird. Es ist der der Hingebung für Deutschland's Einheit und Freiheit, aber auch der der Verständigung mit den deutschen Regierungen. Die Regierung wird Alles aufbieten, daß das erstrebte Ziel bald erreicht werde. Sie hält dafür, daß dieser Beschluß nur gültig ist für die Regierungen, welche freiwillig ihm beistimmen, sie wird aber kein Mittel unversucht lassen, diese Beistimmung zu erlangen. (Bravo)

Berichterstatter Walter motivirt den Adreßentwurf der Kommission.

Ein Amendement zum Adreßentwurf findet Unterstützung.

Da Niemand das Wort verlangt erhält das Wort:

Referent Walter. Er erklärt sich gegen das eingebrachte Amendement, weil in der Adresse durchaus nicht gesagt sein solle, daß, wenn Schwierigkeiten erwähnt seien, Se. Majestät die Würde ablehnen solle.

Abg. Sperling zieht nach dieser authentischen Erklärung sein Amendement zurück.

Die Adresse wird fast einstimmig angenommen.

Italien.
* Turin, 29. März.

In Folge der Weigerung mehrerer gestern genannter Minister fand heute folgende Ministeränderung statt: 1) Delaunay, Auswärtiges. 2) Pinelli, Inneres. 3) Demargherita, Justiz und Cultus. 4) Morozzo della Rocca, Krieg und Marine. 5) Nigra, Finanzen. 6) Galvagno, Staatsbauten, Ackerbau und Handel. 6) Mameli, Unterricht; da derselbe noch behindert, tritt der Abbé Vincenzo Gioberti ad interim an seine Stelle.

Die Kammer ist immer noch in Permanenz und hörte gestern Abend den Bericht der Deputation an, die zum neuen Könige geschickt worden. Derselbe hat erklärt, daß er Hoffnung habe, Radetzki werde von seinen Waffenstillstandsbedingungen wesentlich ablassen (?!). Uebrigens werde er, Viktor Emanuel, nicht von der Bahn seines Vaters weichen etc.

Man erwartet stündlich die Antwort Radetzki's auf obige Modifikationsvorschläge und ist sehr gespannt auf deren Annahme oder Verwerfung.

Die Blätter sind mit Details über die Manöver gefüllt, durch welche der sardinische Adel die Armee vor der Novaraschlacht demoralisirte.

Romarino ist noch nicht erschossen.

Gioberti ist also wieder im Ministerium. Zu gleicher Zeit erfahren wir, daß Radetzki auf dem Marsche nach Florenz ist und die königl. Truppen aus Neapel wahrscheinlich schon auf dem Wege gegen Rom und Palermo.

Die hiesigen Blätter vom 29. geben die handgreiflichsten Aufschlüsse über die Propaganda, die der piemontesische Adel zum Besten der Oestreicher machte! Er hatte Furcht vor der Republik.

Turin war am 28. Abends in großer Gährung.

Rom, 24. März.

Zwölf Bataillone mobiler Bürgerwehr sind bereits im Marsch für den Unabhängigkeitskrieg.

Französische Republik.
* Paris, 2. April.

An der Börse erzählte man sich, eine telegraphische Depesche aus Lyon habe der Regierung die Nachricht gebracht, daß Victor Emanual die Kammern aufgelös't habe.

Auf die Nachricht hin, daß die Oestreicher und Neapolitaner gegen Florenz und Rom marschiren, ist ‒ heißt es eben im Conferenzsaale der Nationalversammlung ‒ unsere Flotille von Toulon und Marseille nach Civita Vecchia aufgebrochen.

Redakteur en chef Karl Marx.
[Börsennachrichten] [irrelevantes Material]

Druck von J. W. Dietz.

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          <p>Auch wir wünschen und vertrauen, daß Ew. Majestät sich der Erfüllung der Hoffnungen der Nation nicht entziehen, und in Ihre starke Hand die Leitung der Geschicke des Vaterlandes nehmen werden.</p>
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          <p>In Folge der Weigerung mehrerer gestern genannter Minister fand heute folgende Ministeränderung statt: 1) Delaunay, Auswärtiges. 2) Pinelli, Inneres. 3) Demargherita, Justiz und Cultus. 4) Morozzo della Rocca, Krieg und Marine. 5) Nigra, Finanzen. 6) Galvagno, Staatsbauten, Ackerbau und Handel. 6) Mameli, Unterricht; da derselbe noch behindert, tritt der Abbé Vincenzo Gioberti ad interim an seine Stelle.</p>
          <p>Die Kammer ist immer noch in Permanenz und hörte gestern Abend den Bericht der Deputation an, die zum neuen Könige geschickt worden. Derselbe hat erklärt, daß er Hoffnung habe, Radetzki werde von seinen Waffenstillstandsbedingungen wesentlich ablassen (?!). Uebrigens werde er, Viktor Emanuel, nicht von der Bahn seines Vaters weichen etc.</p>
          <p>Man erwartet stündlich die Antwort Radetzki's auf obige Modifikationsvorschläge und ist sehr gespannt auf deren Annahme oder Verwerfung.</p>
          <p>Die Blätter sind mit Details über die Manöver gefüllt, durch welche der sardinische Adel die Armee vor der Novaraschlacht demoralisirte.</p>
          <p>Romarino ist noch nicht erschossen.</p>
          <p>Gioberti ist also wieder im Ministerium. Zu gleicher Zeit erfahren wir, daß Radetzki auf dem Marsche nach Florenz ist und die königl. Truppen aus Neapel wahrscheinlich schon auf dem Wege gegen Rom und Palermo.</p>
          <p>Die hiesigen Blätter vom 29. geben die handgreiflichsten Aufschlüsse über die Propaganda, die der piemontesische Adel zum Besten der Oestreicher machte! Er hatte Furcht vor der Republik.</p>
          <p>Turin war am 28. Abends in großer Gährung.</p>
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          <head>Rom, 24. März.</head>
          <p>Zwölf Bataillone mobiler Bürgerwehr sind bereits im Marsch für den Unabhängigkeitskrieg.</p>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 2. April.</head>
          <p>An der Börse erzählte man sich, eine telegraphische Depesche aus Lyon habe der Regierung die Nachricht gebracht, daß Victor Emanual die Kammern aufgelös't habe.</p>
          <p>Auf die Nachricht hin, daß die Oestreicher und Neapolitaner gegen Florenz und Rom marschiren, ist &#x2012; heißt es eben im Conferenzsaale der Nationalversammlung &#x2012; unsere Flotille von Toulon und Marseille nach Civita Vecchia aufgebrochen.</p>
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        <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
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        <head>[Börsennachrichten]</head>
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        <p>Druck von J. W. Dietz.</p>
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[1484/0002] gegeben. Aber das Vaterland erwartet, daß auch jeder von uns in diesem Saal seine Schuldigkeit thue. (Bravo rechts). Der Schluß der Debatte wird angenommen. Berg als Referent: Niemand von uns verkennt den Ernst der Stunde, in der wir berathen. Wir sind darin einig, daß der König das deutsche Banner emporhebe und es seinen Nachfolgern überliefere‥‥ Die deutsche Nationalversammlung ist souverän, weil sie das ganze Volk vertritt und nicht aus den Partikularvertretungen hervorgegangen ist. Die Fürsten können nicht revidiren, weil nur der revidiren kann, der dazu berufen ist. Die deutschen Fürsten sind aber nicht zu Rathe gezogen‥‥ Ihre Amendements, meine Herren zur Rechten, rufen den Kampf gegen die Partikularinteressen herbei, weil Sie auf die Verständigung zu großes Gewicht legen‥‥ Wenn man auf die alten Rechte immer wieder zurückgehen will, so muß man zuletzt die sieben Churfürsten zusammenrufen, um den deutschen Kaiser zu wählen‥‥ Man hat unsere Adresse trocken genannt; wir wollten aber ein ernstes Wort sprechen, es kam nicht auf schöne Redensarten an‥‥ Wir sind nicht berufen ein erbliches Kaiserthum zu schaffen und es dem König zu übertragen, es wird an unsere Thatkraft appellirt und deshalb haben wir keine Zeit zu Gefühlen. Das Mitglied für Landshut hat sich gegen eine Adresse überhaupt erklärt, weil sie nichts fruchte. Wir müssen aber erklären, in welchen Fällen dem König die Kraft des Volkes nicht fehlen wird‥‥ Der Graf Arnim hat gefragt, ob im Frühjahr die Wahl des Königs möglich war? Nein, sie war nicht möglich. Das Frühjahr schloß eine Periode von 33 Jahren, in dem Preußen in Verbindung mit Oestreich jede freiheitliche Bestrebung Süddeutschlands unterdrückte‥‥ Der Redner vertheidigt nun den Kommissionsentwurf und erklärt sich ebensowohl gegen die Amendements Vincke und Arnim als gegen das von Parrisius. Er appellirt zuletzt an das Gefühl des Königs setbst, der versprochen habe, sich in den Tagen der Gefahr an die Spitze Deutschlands zu stellen. Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten, welche auch im jetzigen Ministerium liegen, aber wir hoffen auf die Weisheit Sr. Majestät‥‥ Man hat sich so sehr über den Ausdruck „Thatkraft“ empört; aber ich frage, war es nicht die Thatkraft des Volkes, welche 1813 das Vaterland rettete, reichte die Kraft der Regierungen aus? An diese Kraft appelliren wir und es ziemt dem deutschen Volke, welches dem mächtigsten Fürsten das Banner in die Hand drückt, wohl zugleich das Schwert zu erfassen. (Rauschender Beifall.) Vinke macht eine persönliche Bemerkung, die Berg als Mißverständniß eeklärt. Kinkel, der die Taktik seiner Partei bei dieser Angelegenheit vertheidigen will, wird das Wort entzogen. Das Amendement des Grafen Arnim wird verworfen. Das Amendement Vinke nach namentlicher Abstimmung mit 156 gegen 151 Stimmen angenommen. Sämmtliche Polen und Ultramontanen enthalten sich der Abstimmung. Die Partei Arnim stimmte für den Vinke'schen Entwurf. Ebenso die beiden Minister Manteuffel und v. d. Heydt. Dagegen unter Andern aus dem Centrum Osterrath, Pathow, Riedel-Oppeln, Rhoden, Sperling I. und II und de Syo. 23 Abgeordnete hatten sich der Abstimmung enthalten. 20 Abgeordnete fehlten. Hierauf schreitet man zur Neuwahl des Präsidiums. Das Resultat des ersten Scrutiniums ist: Zahl der Stimmen 330. Davon erhalten: Grabow 171. Unruh 155 und Auerswald 5 Stimmen. Grabow wird demnach zum Präsidenten proklamirt. ‒ Nachdem wird Auerswald mit 167 Stimmen zum ersten Vicepräsidenten und Lensing zum zweiten Vicepräsidenten gewählt. (Schluß der Sitzung.) * Berlin, 2. April. Sitzung der ersten Kammer. Der Schriftführer verliest einen Antrag des Abg. Bergmann: Die Hohe Kammer wolle beschließen: „über die von der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt in jüngster Zeit gefaßten Beschlüsse eine Adresse an Se. Majestät den König zu richten.“ Der Antrag wird unterstützt. Der Präsident vertagt die Sitzung auf eine halbe Stunde, damit die Versammlung sich in die Abtheilungen begeben kann, um die Wahl der Kommission vorzunehmen. Die Sitzung wird um 11 1/4 Uhr wieder eröffnet. Präsident. In die Kommission sind gewählt die Abgg. Kühne, Bergmann, Graf Bülow, Graf Alvensleben, Hansemann, v. Canitz, Walter, Leue, v. Wittgenstein, Eichmann. Ich ersuche die Herren, sich sogleich zu constituiren, und da ich jetzt verhindert bin, wird Hr. v. Wittgenstein mich vertreten. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Kommission zuerst zu erwägen haben wird, ob überhaupt eine Adresse zu erlassen sei, und im Falle dies bejaht wird, die Abfassung der Adresse vorzunehmen. Die Sitzung wird um 12 1/2 Uhr wieder eröffnet. ‒ Der Schriftführer verliest die von der Kommission verfaßte Adresse: Königliche Majestät! Den Wünschen und ahnungsvollen Erwartungen, welche wir noch in jüngster Zeit über Deutschlands Neugestaltung und den Beruf Preußens, dazu in besonderer Weise mitzuwirken, vor Ew. Majestät ausgesprochen haben, sind mit raschem Schritte entscheidende Ereignisse gefolgt. Die zu Frankfurt am Main versammelten Vertreter der Deutschen Nation haben Friedrich Wilhelm IV. König von Preußen, wir sagen mit erhebendem Gefühl Unseren König zum erblichen Kaiser der Deutschen feierlich gewählt. Diese Botschaft hat uns auf das Tiefste ergriffen. Wir sehen durch diese Wahl, welche das Haus Hohenzollern zur oberen Leitung unseres Deutschen Vaterlandes beruft, das Vertrauen besiegelt, welches sich Preußen und sein König im Streben und Kämpfen für Deutschlands Interessen und Ehre errungen haben. Auch wir wünschen und vertrauen, daß Ew. Majestät sich der Erfüllung der Hoffnungen der Nation nicht entziehen, und in Ihre starke Hand die Leitung der Geschicke des Vaterlandes nehmen werden. Wir erkennen die Schwierigkeit der Fragen, die dabei zur Erwägung kommen. Die Verständigung mit andern Deutschen Regierungen, der Inhalt mehrerer in die Reichsverfassung aufgenommenen Bestimmungen, die Anforderungen und Opfer, welche für Preußen aus dieser neuen Stellung erwachsen können, wiegen in der Wagschale der Entscheidung, deren das Deutsche Volk sehnsüchtig harrt. Wir vertrauen jedoch fest, daß es der Weisheit Ew. Majestät und Ihrer Hingebung an die Sache der Deutschen Einheit gelingen werde, diese Schwierigkeiten zu überwinden, und in Uebereinstimmung mit der Deutschen Nationalversammlung und mit den Deutschen Regierungen eine Centralmacht zu begründen, die stark genug sei, eben so sehr nach Außen hin Deutschlands Recht und Würde zu wahren, als im Innern die Gerechtigkeit, Ordnung und gesetzliche Freiheit zu schirmen und zu befestigen. Königliche Majestät! Es treffen Bewegungen und Ereignisse in jener außerordentlichen Weise zusammen, womit sich der Beginn neuer großer Epochen kund giebt. Die Fügung, wodurch Ew. Majestät zur Eröffnung einer solchen berufen wird, führt zugleich eine schwere Bürde und Verantwortlichkeit mit sich. Das Gefühl derselben erhöht den Ernst der Stunde der Entscheidung. Um so mehr drängt es uns, hier die Zuversicht auszusprechen, daß unser Volk seinem Könige mit vollster Kraft und Begeisterung in Allem zur Seite stehen werde, was derselbe zur Ausführung der zu übernehmenden großen Pflichten zum Heile Deutschlands für nothwendig erkennen wird. Berichterstatter Walter: Die Kommission hat zuerst die Frage erörtern müssen, ob überhaupt eine Adresse zu erlassen sei, sie hat dies einstimmig bejaht. Die Versammlung erhebt sich fast einstimmig für Erlassung einer Adresse. Ministerpräsident: Nach den Nachrichten aus Frankfurt ist die Geschichte Deutschlands in ein neues Stadium getreten, das Ministerium hält es für seine Pflicht, anzuzeigen, welchen Standpunkt die Regierung einnehmen wird. Es ist der der Hingebung für Deutschland's Einheit und Freiheit, aber auch der der Verständigung mit den deutschen Regierungen. Die Regierung wird Alles aufbieten, daß das erstrebte Ziel bald erreicht werde. Sie hält dafür, daß dieser Beschluß nur gültig ist für die Regierungen, welche freiwillig ihm beistimmen, sie wird aber kein Mittel unversucht lassen, diese Beistimmung zu erlangen. (Bravo) Berichterstatter Walter motivirt den Adreßentwurf der Kommission. Ein Amendement zum Adreßentwurf findet Unterstützung. Da Niemand das Wort verlangt erhält das Wort: Referent Walter. Er erklärt sich gegen das eingebrachte Amendement, weil in der Adresse durchaus nicht gesagt sein solle, daß, wenn Schwierigkeiten erwähnt seien, Se. Majestät die Würde ablehnen solle. Abg. Sperling zieht nach dieser authentischen Erklärung sein Amendement zurück. Die Adresse wird fast einstimmig angenommen. Italien. * Turin, 29. März. In Folge der Weigerung mehrerer gestern genannter Minister fand heute folgende Ministeränderung statt: 1) Delaunay, Auswärtiges. 2) Pinelli, Inneres. 3) Demargherita, Justiz und Cultus. 4) Morozzo della Rocca, Krieg und Marine. 5) Nigra, Finanzen. 6) Galvagno, Staatsbauten, Ackerbau und Handel. 6) Mameli, Unterricht; da derselbe noch behindert, tritt der Abbé Vincenzo Gioberti ad interim an seine Stelle. Die Kammer ist immer noch in Permanenz und hörte gestern Abend den Bericht der Deputation an, die zum neuen Könige geschickt worden. Derselbe hat erklärt, daß er Hoffnung habe, Radetzki werde von seinen Waffenstillstandsbedingungen wesentlich ablassen (?!). Uebrigens werde er, Viktor Emanuel, nicht von der Bahn seines Vaters weichen etc. Man erwartet stündlich die Antwort Radetzki's auf obige Modifikationsvorschläge und ist sehr gespannt auf deren Annahme oder Verwerfung. Die Blätter sind mit Details über die Manöver gefüllt, durch welche der sardinische Adel die Armee vor der Novaraschlacht demoralisirte. Romarino ist noch nicht erschossen. Gioberti ist also wieder im Ministerium. Zu gleicher Zeit erfahren wir, daß Radetzki auf dem Marsche nach Florenz ist und die königl. Truppen aus Neapel wahrscheinlich schon auf dem Wege gegen Rom und Palermo. Die hiesigen Blätter vom 29. geben die handgreiflichsten Aufschlüsse über die Propaganda, die der piemontesische Adel zum Besten der Oestreicher machte! Er hatte Furcht vor der Republik. Turin war am 28. Abends in großer Gährung. Rom, 24. März. Zwölf Bataillone mobiler Bürgerwehr sind bereits im Marsch für den Unabhängigkeitskrieg. Französische Republik. * Paris, 2. April. An der Börse erzählte man sich, eine telegraphische Depesche aus Lyon habe der Regierung die Nachricht gebracht, daß Victor Emanual die Kammern aufgelös't habe. Auf die Nachricht hin, daß die Oestreicher und Neapolitaner gegen Florenz und Rom marschiren, ist ‒ heißt es eben im Conferenzsaale der Nationalversammlung ‒ unsere Flotille von Toulon und Marseille nach Civita Vecchia aufgebrochen. Redakteur en chef Karl Marx. [Börsennachrichten] _ Druck von J. W. Dietz.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 263. Köln, 4. April 1849. Beilage, S. 1484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz263b_1849/2>, abgerufen am 27.04.2024.