Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 270. Köln, 12. April 1849.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite

trat ein Polizei-Kommissar in den Saal und theilte den Versammelten mit, daß ein Menschenhaufe mit Gewalt in den vordern Hofraum und einen Theil der zum Prado gehörigen Gärten eingedrungen sei. Einer der Präsidenten des Banketts protestirte sofort gegen jeden Antheil an diesen Manövern der "Ordnungs"-Männer und schlägt, um dies recht klar vor der Welt darzuthun, vor, daß sich die Versammlung in aller Ruhe entfernen möge. Es wird jedoch beschlossen, nicht wegzugehen, sondern ruhig und friedlich dazubleiben. Erst nach Absingung mehrerer demokratischen Lieder und einer neuen Anrede des Präsidenten entscheidet man sich, ruhig und stillschweigend aus einander zu gehen.

Der eingedrungene Haufe bestand aus Leuten, welche von der Regierung, von den Agenten Rogier's und Hody's zu diesem Zweck gedungen waren. Die Regierung hoffte die Demokraten dadurch in die Falle zu locken und dann mit ihren Seiden und Bravo's über sie herzustürzen und so ein Geschäftchen in Menschenschlachterei und in Verhaftungen en masse machen zu können.

Die mit Gewalt Eingedrungenen bestanden aus Abladern am Kanal und aus einer Masse entlassener Züchtlinge, wie sich schon jetzt bei der Untersuchung herausgestellt hat. Es waren Individuen, die der Regierung für das Gold der Steuerzahlenden jederzeit zur Durchführung aller Niederträchtigkeiten bereit stehen. Daß die ganze Angelegenheit von der Regierung vorbereitet worden, bewies nicht bloß das Herbeirufen der Gensd'armeriebrigaden von Waterloo, Genappe, Nivelles, Hal etc. mitten in der Nacht und unter dem Vorgeben, daß ganz Brüssel in Flammen stehe, sondern noch mehr der Umstand, daß ein Brüsseler Regierungskorrespondent der Pariser "Gazette des Tribunaux" schon 12 Stunden vor Anfang des Banketts ausführlich über einen ausgebrochenen Aufstand und das "eben entdeckte, scheußliche Komplott" mittheilte. In Brüssel und Umgegend verbreiteten die Agenten der Firma Rogier, Hody und Comp. ebenfalls die lächerlichsten Gerüchte von einem Komplott, das bei dem in Rede stehenden Bankett zum Ausbruch kommen solle. Die Verschworenen - die am Bankett theilnehmenden demokratischen Arbeiter - würden sich in der Nacht der Kasernen und aller Regierungsgebäude bemächtigen, sie anzünden etc. und mitten in der Verwirrung eine provisorische Regierung einsetzen.

Die ruhige Haltung der Theilnehmer am Bankett machte durch Rogier-Hody's Pläne einen argen Strich. Obgleich die betreffende Polizeibehörde auf die sofort von den Demokraten erfolgte Requisition zuerst gar nicht und dann höchst lässig einschritt, obgleich das ganze Verfahren der Beamten im höchsten Grade empörend und provozirend war: ging die Versammlung, ohne sich zum geringsten Widerstande hinreißen zu lassen, auseinander. So war die Hoffnung der Herren auf einen Kampf in den Sälen des Prado, der sich dann auf der Straße fortsetzen sollte, zu Schanden gemacht. Umsonst war alles Militär in den Kasernen konsignirt, umsonst Maßregeln getroffen worden, als ob eine große feindliche Armee vor den Thoren der Stadt erscheinen würde. Oel, Mühe und Geld waren diesmal verloren.

Um diese Blamage einigermaßen zu verbergen, ließ die Regierung nicht blos neue Details über das angebliche furchtbare Demokraten-Komplott durch die erkauften Züchtlinge mündlich und durch die ministeriellen Journale ausstreuen, sondern um den Leuten den Sand recht dick in die Augen zu streuen, auch eine Masse Verhaftungen unter den demokratischen Arbeitern vornehmen. Ein Theil derselben mußte alsbald wieder entlassen werden, weil selbst die Hody'schen Spione und agents provocateurs den sonst gefälligen Staatsprokuratoren und Instruktionsrichtern auch nicht den leisesten Verhaftungsgrund herbeizubringen wußten. Der andere Theil der Arretirten wird noch einige Zeit festgehalten, und dann ebenfalls in Freiheit gegeben werden, denn obgleich die Spione gegen einige Arbeiter theils selbst, theils durch andere "Getreue" mit Denunziationen aufgetreten, so ist es doch den Parkett und Publikum sehr wohl bekannt, daß das Lügengebäude nicht lange aufrecht erhalten werden kann.

Französische Republik.
43 Paris, 8. April.

Das Junigespenst steht von Neuem an den Thoren der honnetten Gesellschaft. Die Insurgenten, welche in den Souterrains der Tuilerien, in den Catakomben, in den Steinbrüchen des Mont-Martre, an den Quais, an allen öffentlichen Plätzen und Straßenecken massenweise füsillirt, welche von den Mordtribunalen exquisiter Soldaten in den Forts und Pontons begraben und zum Hohn der Fraternitätsphrasen vom Februar endlich auch auf das politische Blutgerüst geschickt wurden, die gemordeten und lebendig begrabenen Insurgenten haben noch immer nicht aufgehört, die "Bürger untereinander zum Haß und zur Verachtung anzureizen." Die honnette Gesellschaft hat zur Aufrechthaltung ihrer Ruhe ein neues Verdikt gegen sie nöthig! nicht aus der honnetten Gesellschaft, auch aus der Erinnerung, aus der Geschichte müssen die "Juniräuber" transportirt werden, denn ihre bloße Geschichte ist eine Aufreizung zum Haß der verschiedenen Klassen untereinander, von ihrer bloßen Erinnerung ist die "Sicherheit der gegenwärtigen Regierung" und die Ruhe der zitternden, feigen Bourgeois gefährdet!

Das ist in kurzen Worten der Inhalt eines neuen Prozesses gegen den Geranten und den Feuilletonisten des "Peuple", welcher gestern vor den Geschworenen verhandelt wurde, und mit Verurtheilung zu dreijährigem und fünfmonatlichem Gefängniß und solidarischer Geldbuße von zehntausend Francs endete. Louis Menard hat in wöchentlichen Feuilletons im "Peuple", vom 11. Dezember bis 19. Februar eine Geschichte der Junischlacht unter dem Titel: "Prolog einer Revolution" veröffentlicht, und steht dafür mit dem Geranten unter der doppelten Anklage der "Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Regierungsform" und der "Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander" vor Gericht. Louis Menard ist Arbeiter; die Konstitution verordnet, daß Jeder von "seines Gleichen" gerichtet werden soll; aber unter den Geschwornen sitzen nur wüthende Bourgeois denen jede Erinnerung an die Juniinsurrektion schon nach ihrem eignen Zittern eine Störung der Ruhe und Aufreizung zum "Haß der verschiedenen Klassen untereinander" ist. Das incriminirte Feuilleton enthält nichts als eine historische Darstellung der Junischlächtereien, Thatsachen und Namen zu den von den Mobilen und Nationalgarden verübten Plünderungen und Mordscenen, in welchen man Wehrlose und Unschuldige in ihren eignen Häusern nicht schonte; Louis Menard, der alle diese Details mit der größten Vorsicht, nach den gewissenhaftesten Untersuchungen veröffentlichte, hat zum Beweis der Wahrheit aller von ihm erwähnten Thatsachen 62 Zeugen, darunter die Repräsentanten Berryer und Pierre Lefranc, vor die Schranken geladen und 20 schriftliche, ordentlich legalisirte Depositionen beigebracht: aber die Richter erklären auf Antrag des öffentlichen Ministeriums den Beweis der Wahrheit für unzulässig, denn die bloße Geschichte des honetten Junisieges ist schon eine Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Republik, zum Haß und zur Verachtung zwischen der Bourgeois- und Proletarierklasse. Der Generaladvokat selbst ruft in edler Unverschämtheit den Geschworenen bei Entwickelung der Anklage zu, nicht zu vergessen, daß sie selbst Nationalgarden waren, und die Anschuldigungen gegen die Garden als "Mörder" stumm zu machen haben; er erklärt, daß der Angeklagte kein Recht zu seiner Geschichtserzählung gehabt, auch wenn dieselbe bis zum letzten Buchstaben die vollste Wahrheit enthielte, - denn diese bloße Geschichtserzählung ist schon eine "Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden, welche im Namen der Gerechtigkeit vernichtet werden müssen" Der Generaladvokat sagt es, und der Generaladvokat ist ein ehrenwerther Mann: Nicht parteilose Geschworene sind es, welche hier die Wahrheit der Thatsachen nach dem Zeugenverhöre prüfen sollen, die beleidigte und bedrohte Bourgeois-Partei ist es, welche hier über ihre Ruhe und Sicherheit zu Gericht sitzt und die in einer bloßen Geschichtserzählung der Junischlacht bereits constituirte "Thatsache ihrer Unruhe und Unsicherheit," die "Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden" vernichten soll.

Die Geschworenen haben ihre Aufgabe begriffen. Der Gerant Duchene wurde in dreijährige, der Autor Louis Menard in fünfzehnmonatliche Gefängnißstrafe und Beide solidarisch in eine Geldbuße von zehntausend Francs verurtheilt, weil sie durch den im "Peuple" abgedruckten "Prolog einer Revolution" zum Haß gegen die (Bourgeois-) Republik und zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander aufgereizt haben. Die Brutalität, mit der hier die Bourgeoisie gegen die demokratische Presse auftritt, übertrifft an Gemeinheit Alles, was die Monarchie Louis Philipp's gegen die republikanische Bourgeois-Opposition des "National" aufbot.

Dennoch aber hat die Jury Recht in ihrem Ausspruch, den wir vollständig acceptiren. Die "Geschichte der Junischlacht" wird nie etwas Anderes, als eine Anreizung zum Haß zwischen Bourgeois- und Proletarier-Klassen, ein Appell zum "Wiederaufbau der Barrikaden" sein. Und diese "Geschichte der Junischlacht" wird trotz aller Verdikte "im Namen der Gerechtigkeit" nicht "vernichtet," dieser Appell zum Haß und zum Sturz der herrschenden Klassen weder von den französischen, noch von den Proletariern aller andern europäischen Völker vergessen werden.

* Paris, 9. April.

Man kennt die verzweiflungsvollen Anstrengungen des alten, von Steinschmerzen wüthend gewordenen Bugeaud, um die Soldaten vor dem Gift der Demokratie zu bewahren. Translocirung der Truppen, Suspension der Garnison-Offiziere von Bourges während des Prozesses der Maigefangenen, Verbot des Zeitungslesens in den Kasernen, und selbst die Standreden des greisen Marschalls gegen die Sozialisten, welche fast an die Deklamationen eines talentvollen deutschen Königs erinnern, haben indeß die "gute Sache der Ordnung" in der Armee nicht weiter gebracht, und zum Hohn des Constitutionnel und aller Honnetten theilt heute "Le Peuple" den compte-rendu eines Soldatenklubs aus der Kaserne mit. Wenn im Dezember das Ministerium einen Offizier wegen "Betheiligung an Klubs" aus Paris entfernen konnte, so haben die Klubs jedenfalls nichts verloren, wenn sich ihnen zum Ersatz die Kasernen selbst öffnen.

Das Büreau bestand aus dem Präsidenten, einem graubärtigen Krieger, der als langjähriger Republikaner bekannt war, und einem Fourier als Sekretär; ein Adjudant nahm den Platz des Polizeikommissars zur "Wahrung der gesetzlichen Schranken" ein. Auf der Tagesordnung stand die Frage "von dem passiven Gehorsam", ins Preußen-Kroatische übersetzt: vom "Odre pariren".

Zuerst trat ein Offizier auf die Tribüne, um den Anwesenden klar zu machen, daß "ohne Disziplin keine Armee möglich sei", und daß der Soldat nicht darüber "nachzudenken", wenn ihm der Vorgesetzte auch auf seinen Bruder zu schießen befehle.

Ein Sergeant-Major antwortete dem Lieutenant, daß die Revolution von 1848 der Armee das allgemeine Stimmrecht, das Recht durch Repräsentantenwahlen sich indirekt an der Regierung zu betheiligen, erworben habe, und daß die Soldaten daher keineswegs mehr als die willenlosen Maschinen anzusehen seien, welche die Monarchie aus ihnen gemacht. Der Soldat gehorche als Bürger der Republik nicht blos den Befehlen seiner Vorgesetzten, sondern seiner eigenen Vernunft; er gehorche im Kampf gegen den äußern Feind, habe sich aber in Sachen, welche die republikanische Konstitution gefährden können, in etwaigen Befehlen gegen die Bürger oder die Republik zu ziehen, vor Allem zu erinnern, daß er Franzose und Republikaner sei. (Großer Beifall.)

Hierauf erschien ein Tambour auf der Tribüne, um gegen die "rothe Republik" Rappel zu schlagen. Nach dem Tambour ist die Republik Schuld an allem Elend. Weil die "rothen Republikaner" die Gesellschaft alarmiren und das Volk zu Tumult und Emeuten anreizen, sind die Soldaten, den Tambour an der Spitze, täglich von Morgen bis Abend auf den Beinen, oder eingeschlossen und abgesperrt in den Kasernen, der teufelmäßigsten Kälte und Langweile ausgesetzt. Der Tambour ruft aus, daß die rothen Republikaner Plünderung und Gütertheilung bezwecken, die Familie zerstören wollen, keine Völkerunterschiede und kein Vaterland kennen, und daher nicht von "Brüdern" reden könnten, wenn die Soldaten Feuer auf sie geben.

Die kriegerische Rede des Tambours wird von häufigem Gelächter unterbrochen.

Ein Gemeiner erhält das Wort zur Vertheidigung der "rothen Republik" gegen den Tambour. Er spricht mit Humor von den Gelüsten der "weißen Republikaner", die Privilegien, Monopole und alten Mißbräuche herzustellen, und von dem Schmutz der "Blauen", jener "kleinen, schacherwüthigen Minorität, welche die große Majorität, das Volk, giftspinnenartig aussaugt." Dann folgt ein Seconde-Lieutenant, um die Prinzipien der "Rothen" darzulegen, und die Hoffnung auszusprechen, daß die Armee bald die "rothe Theorie der Völkerverbrüderung" realisiren und zur Befreiung Italiens, Ungarns, Polens mitwirken würde. Großer Beifall begleitete beide Redner von der Tribüne herab. Den Schluß bildete eine improvisirte Fabel, welche ein Gemeiner vortrug, um die Erfolglosigkeit der Bugeaud'schen Conspirationen gegenüber einem auch nur "passiven Ungehorsam der Armee" klar zu machen, und die Versammlung trennte sich unter dem Ruf: "Es lebe die Republik!"

Ohne Zweifel werden Constitutionnel und die Juden de sCharivari diesen Kasernenklub gleich dem berühmten Unteroffizierbankett wegen mangelnden Denunciantenbeweises zur Fabel erklären. Wir brauchen dagegen nicht zu erinnern, wie diese Soldatenversammlungen schon unter der Monarchie ihre stille Propaganda trieben, und wie gerade aus ihnen die thätigsten Verschwörer der geheimen Gesellschaften von 1833, 1834 und 1839 hervorgingen.

Paris, 9. April.

Das heutige Peuple enthält die Erklärung, daß bereits 2352 Frs. 50 Centimen zur Deckung seiner Geldstrafe eingegangen. Selbst ein goldenes Armband wurde von einer Dame eingeschickt, was den digne Proudhon sehr gerührt haben soll.

- Die deutschen Flüchtlinge in Verdun, welche die Regierung von Straßburg dahin gelockt, sind wieder ins Gefängniß geworfen worden. Ueber Willichs schmachvolle Behandlung erfährt man nichts Neues, als daß, wie der Peuple sagt, dieselbe auf ausdrückliches Verlangen Oesterreichs erfolgte. Auch Brisbane, der amerikanische Sozialist, ist ausgewiesen worden.

- An der Barriere von Sevres sprengte gestern die Polizei wieder ein Studentenbankett auseinander, das sich die Anwesenheit der heil. Hermandad nicht gefallen lassen wollte.

- La Liberte, das Journal Jeromes, sagt: Wir melden zu unserem Leidwesen, daß das franz. Cabinet wirklich gegen Annahme der Kaiserkrone in Berlin hat protestiren lassen (?!)

- Die Sitzung der Nationalversammlung verspricht heute interessant zu werden.

- Die Lyoner Journale vom 8. April melden, daß alle Maurer Arbeiter ihre Arbeiten eingestellt haben.

- Wir hören so eben im Conferenzsaale, daß Charles Lagrange (vom Berge) nach 8tägichem Krankenlager gestorben ist.

- Girardin hat das Viktor Hugo'sche Klatschblatt "Evenement" gekauft, und wird daraus ein Abendjournal a 1 Sous machen. Mehrere andere conservative Klatschblätter leiden an der Abzehrung.

- National-Versammlung. Sitzung vom 9. April.

Um 11 Uhr sammeln sich die Deputirten in den Abtheilungssälen, um zwei Kommissionen zu wählen: a) Journal-Cautionswahlen, Verlängerung des Preßzwangsgesetzes von August 1848; b) Choleramaßregeln.

In erstere Kommission werden gewählt: Emanuel Arago, Baze, Larabit Chevoix, Schoelcher, Pascal-Duprat, Dupont de Bussac, Menard, Creton, Bedin, Favart, Etienne, Latrade, Darn, Rolland. Diese Namen klingen ziemlich roth und es wäre somit eine Aenderung der Preßfesseln möglich. Die Cholera-Kommission namentlich aufzuführen, hat hier für's Ausland kein Interesse.

Um 1 Uhr beginnt die öffentliche Sitzung. Marrast präsidirt und das Protokoll wird verlesen.

Foy lenkt die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Lage der entlassenen Forstbeamten. Er schildert ihr Elend und beschwört das Haus, sich nicht zu trennen, ohne ihr Schicksal zu regeln. (Soll auf die Tagesordnung gesetzt werden.)

Die Versammlung nimmt die Büdgetdebatte wieder auf.

Corne erklärt im Namen des Ausschusses, daß sich derselbe mit der Prüfung von drei Vorschlägen rücksichtlich des Unterrichtsbüdgets beschäftigt habe: 1) Francisque Bouvet will den Schulhausfonds auf 3 Millionen Frc. erhöht wissen; 2) Depasse möchte den Fonds der Asylhäuser um 100,000 Frc. stärker und 3) Pascal-Duprat das Gehalt der Dorfschulmeister auf 600 Frc. stellen, was 1,600,000 Frc. Mehrausgabe verursache. Der Ausschuß bewilligt für Bouvet 200,000 Frcs. u. s. w.

Bouvet verlangt 3 Millionen!

Corne bekämpft dies.

Die Versammlung bewilligt die 200,000 Frcs.

Der Ausschuß will den Schulmeistern vorläufig 500 Frcs. bewilligen, mehr sei bei dem jetzigen Stande der Dinge nicht möglich.

Pascal-Duprat adherirt.

Den Schulmeistern werden 500 Frcs. zugesprochen.

Glückliche Schulmeister!

Der Depasse'sche Antrag fällt durch.

Marrast: Nachdem diese Nachträge zu Kapitel 16 erledigt, können wir zur Gesammtabstimmung über das Unterrichtsbüdget schreiten.

Dasselbe wird mit 636 gegen 0 Stimmen angenommen.

Dufournel bittet ums Wort über die Tagesordnung. Ich wünsche, sagt er, daß sich die National-Versammlung mit Etablirung von Arbeiter-Lohn-Abzugs- und Javaliden-Kassen beschäftige, ehe sie sich trenne. Es wäre gut, wenn sie Abendsitzungen hielte. (Oh! Oh!)

Der gute Dufournel fällt radikal durch und die Versammlung geht zum Büdget des Ministers des Aeussern über.

Bastide: Ich benutze diese Generaldebatte dieses Büdgetszweigs, um an die jüngste Diskussion über Italien zu erinnern. Man hat behauptet, oder man schien zu glauben, daß das französische Gouvernement vom 24. Febr. bis 20. Decbr. 1848 die Zurechtsbeständigkeit (virtualite der Wiener Verträge von 1815 moralisch oder faktisch anerkannt habe. Ich protestire gegen diese Ansicht. Der Herr Minister des Aeussern, mein Nachfolger, sitzt auf seiner Bank; er mag die Wahrheit dessen, was ich hiermit feierlich erkläre, bescheinigen. Ich brauche übrigens nur einige Depeschen aus jener Periode vorzulesen. (Nein! Nein!)

Beifall vom Berge

Drouyn de Lhuys bleibt stumm auf seinem Platze.

Die Generaldebatte ist geschlossen und man geht zu den einzelnen Kapiteln des Büdgets über, die alle durchgehen.

Dann will man zum Kultusbüdget übergehen.

Ehe dies geschieht, soll über 40,000 Frc. Installations- und Repräsentationsgelder für Boulay, Vicepräsident, abgestimmt werden.

Dieselbe werden mit 393 gegen 198 Stimmen verworfen. (Agitation.)

Etienne (Berichterstatter): Sie haben die Installations- und Repräsentationsgelder verworfen. Ich frage hiermit an, ob Sie nicht wenigstens die bis dato fälligen Gehaltsgelder votiren wollen? (Ja! Ja!)

Es werden diese Gehaltsgelder votirt. (Jährlich 45,000 Fr.)

Die Versammlung votirt hierauf alle Kultusbüdgetartikel bis auf drei, welche reservirt werden. Darum kann das Gesammtbüdget nicht votirt werden.

Die Versammlung geht zum Justizbüdget über.

Barrot, Victor Lefranc und Senard streiten sich lange wegen Inkompatibilität der Advokaten bei den Untergerichten herum und kommen überein, das streitige Kapitel noch einmal an den Ausschuß zu weisen.

Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.

* Paris, 9. April.

Das Journal de la Braie Republique theilt eine neue Reihe von Verfolgungen in der Armee mit. In Perigueux sind wieder mehrere Soldaten in Arrest geworfen worden, weil sie den "Republicain de la Dordogne" gelesen haben. In Vincennes hatte man bereits vier Soldaten des ersten Pionier-Regiments aufgehoben und ohne vorhergegangenes kriegsgerichtliches Erkenntniß mit dem Zellendepot nach Afrika geschickt, weil sie sich mit den Sozialisten in Verbindung gesetzt haben sollten; gestern folgten ihnen zwei Sapeurs desselben Regiments für das nämliche Vergehen. In Lyon wurde ein Füsilier des 68. Linien-Regiments wegen Lesens des Lyoner Republicain auf drei Tage ins Cachot gesperrt; ein anderer Soldat, dem er bei seiner Abführung das Journal zum Aufbewahren übergab, erhielt dieselbe Strafe. Die Soldaten werden demnächst wahrscheinlich Compagnien- und Regimenter-Weise für diese Verbrechen in die Gefängnisse getrieben werden.

12 Paris, 9. April.

Im Mai finden die Wahlen für die legislative Kammer Statt; die Vorbereitungen, welche dazu getroffen, die Vorkämpfe, die bereits an allen Enden Frankreichs ausbrechen, lassen auf den großartigsten Kampf schließen. Es gibt nunmehr in Frankreich nur noch zwei Parteien, und wie im Dezember zwischen Cavaignac und Napoleon, so werden sich jetzt dieselben noch weit bestimmter, weit schroffer gegenüberstehen. Als die Präsidentenwahl im Dezember Statt fand, hatten wir uns keinen Augenblick Illusionen über den Ausgang gemacht. Napoleon war keineswegs der Gegensatz Cavaignac's; Napoleon war nur eine Protestation gegen Cavaignac, gegen die Gegenwart mit Hindeutung auf die Vergangenheit. Napoleon konnte alles Negative bedeuten, sagten wir damals; Napoleon bedeutete keine Steuern, keine 45 Cetimen, keine Junischlacht; Napoleon bedeutete Alles außer Napoleon. Er bekam erst eine positive Bedeutung durch die ihm unmittelbar folgenden Kandidaten Ledru-Rollin und Raspail. Aber diese beiden Kandidaten waren auch nur als Ergänzung, als Kommentar, als Appendix dem Napoleon beigefügt. Kein Mensch dachte damals an den Erfolg dieser Kandidaturen. Wie ganz anders die Partei Cavaignac's; sie war damals am Ruder; sie hatte Alles in Händen, um ihren Mann als Präsidenten am Ruder zu halten: und doch fiel er, und die Städter des Nationals erkannten, als es zu spät war, daß die Bauern auch Franzosen, auch Menschen, und folglich auch stimmfähig sind. Wir sagten ferner, daß die Wahl Napolen's nothwendiger Weise die Sprengung der Kammer nach sich ziehen müsse; nicht um eine neue Kammer zu wählen, sondern um den neuerwählten Napoleon in seine Elemente zu zerlegen. Dieser Augenblick ist herangenaht; die Bewegung, die damals ganz Frankreich bei Gelegenheit der Wahl eines Mannes ergriff, wird sich 700mal wiederholen; und jedes Mal wird dem Einen Mann ein anderer Mann in direktem Gegensatze gegenüberstehen. Leute, wie Cavaignac und Napoleon, von denen der Letztere bloß eine Negative des Erstern war, sind jetzt ganz in den Hintergrund getreten. Die Leute des Nationals, so wie die Napoleon's und Barrot's, nehmen in dem Bourgeois-Wahlkomite die zweite Stufe ein; sie müssen sich mit der Finanzwelt und der Kommandantur verschmelzen, und in der Urne werden sie höchstens noch dieselbe Rolle spielen, wie damals Lamartine. Von Letzterm ist jetzt gar keine Rede mehr. Die Frage, wie sie jetzt gestellt ist in den beiden Manifesten, und wie [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage

trat ein Polizei-Kommissar in den Saal und theilte den Versammelten mit, daß ein Menschenhaufe mit Gewalt in den vordern Hofraum und einen Theil der zum Prado gehörigen Gärten eingedrungen sei. Einer der Präsidenten des Banketts protestirte sofort gegen jeden Antheil an diesen Manövern der „Ordnungs“-Männer und schlägt, um dies recht klar vor der Welt darzuthun, vor, daß sich die Versammlung in aller Ruhe entfernen möge. Es wird jedoch beschlossen, nicht wegzugehen, sondern ruhig und friedlich dazubleiben. Erst nach Absingung mehrerer demokratischen Lieder und einer neuen Anrede des Präsidenten entscheidet man sich, ruhig und stillschweigend aus einander zu gehen.

Der eingedrungene Haufe bestand aus Leuten, welche von der Regierung, von den Agenten Rogier's und Hody's zu diesem Zweck gedungen waren. Die Regierung hoffte die Demokraten dadurch in die Falle zu locken und dann mit ihren Seïden und Bravo's über sie herzustürzen und so ein Geschäftchen in Menschenschlachterei und in Verhaftungen en masse machen zu können.

Die mit Gewalt Eingedrungenen bestanden aus Abladern am Kanal und aus einer Masse entlassener Züchtlinge, wie sich schon jetzt bei der Untersuchung herausgestellt hat. Es waren Individuen, die der Regierung für das Gold der Steuerzahlenden jederzeit zur Durchführung aller Niederträchtigkeiten bereit stehen. Daß die ganze Angelegenheit von der Regierung vorbereitet worden, bewies nicht bloß das Herbeirufen der Gensd'armeriebrigaden von Waterloo, Genappe, Nivelles, Hal etc. mitten in der Nacht und unter dem Vorgeben, daß ganz Brüssel in Flammen stehe, sondern noch mehr der Umstand, daß ein Brüsseler Regierungskorrespondent der Pariser „Gazette des Tribunaux“ schon 12 Stunden vor Anfang des Banketts ausführlich über einen ausgebrochenen Aufstand und das „eben entdeckte, scheußliche Komplott“ mittheilte. In Brüssel und Umgegend verbreiteten die Agenten der Firma Rogier, Hody und Comp. ebenfalls die lächerlichsten Gerüchte von einem Komplott, das bei dem in Rede stehenden Bankett zum Ausbruch kommen solle. Die Verschworenen ‒ die am Bankett theilnehmenden demokratischen Arbeiter ‒ würden sich in der Nacht der Kasernen und aller Regierungsgebäude bemächtigen, sie anzünden etc. und mitten in der Verwirrung eine provisorische Regierung einsetzen.

Die ruhige Haltung der Theilnehmer am Bankett machte durch Rogier-Hody's Pläne einen argen Strich. Obgleich die betreffende Polizeibehörde auf die sofort von den Demokraten erfolgte Requisition zuerst gar nicht und dann höchst lässig einschritt, obgleich das ganze Verfahren der Beamten im höchsten Grade empörend und provozirend war: ging die Versammlung, ohne sich zum geringsten Widerstande hinreißen zu lassen, auseinander. So war die Hoffnung der Herren auf einen Kampf in den Sälen des Prado, der sich dann auf der Straße fortsetzen sollte, zu Schanden gemacht. Umsonst war alles Militär in den Kasernen konsignirt, umsonst Maßregeln getroffen worden, als ob eine große feindliche Armee vor den Thoren der Stadt erscheinen würde. Oel, Mühe und Geld waren diesmal verloren.

Um diese Blamage einigermaßen zu verbergen, ließ die Regierung nicht blos neue Details über das angebliche furchtbare Demokraten-Komplott durch die erkauften Züchtlinge mündlich und durch die ministeriellen Journale ausstreuen, sondern um den Leuten den Sand recht dick in die Augen zu streuen, auch eine Masse Verhaftungen unter den demokratischen Arbeitern vornehmen. Ein Theil derselben mußte alsbald wieder entlassen werden, weil selbst die Hody'schen Spione und agents provocateurs den sonst gefälligen Staatsprokuratoren und Instruktionsrichtern auch nicht den leisesten Verhaftungsgrund herbeizubringen wußten. Der andere Theil der Arretirten wird noch einige Zeit festgehalten, und dann ebenfalls in Freiheit gegeben werden, denn obgleich die Spione gegen einige Arbeiter theils selbst, theils durch andere „Getreue“ mit Denunziationen aufgetreten, so ist es doch den Parkett und Publikum sehr wohl bekannt, daß das Lügengebäude nicht lange aufrecht erhalten werden kann.

Französische Republik.
43 Paris, 8. April.

Das Junigespenst steht von Neuem an den Thoren der honnetten Gesellschaft. Die Insurgenten, welche in den Souterrains der Tuilerien, in den Catakomben, in den Steinbrüchen des Mont-Martre, an den Quais, an allen öffentlichen Plätzen und Straßenecken massenweise füsillirt, welche von den Mordtribunalen exquisiter Soldaten in den Forts und Pontons begraben und zum Hohn der Fraternitätsphrasen vom Februar endlich auch auf das politische Blutgerüst geschickt wurden, die gemordeten und lebendig begrabenen Insurgenten haben noch immer nicht aufgehört, die „Bürger untereinander zum Haß und zur Verachtung anzureizen.“ Die honnette Gesellschaft hat zur Aufrechthaltung ihrer Ruhe ein neues Verdikt gegen sie nöthig! nicht aus der honnetten Gesellschaft, auch aus der Erinnerung, aus der Geschichte müssen die „Juniräuber“ transportirt werden, denn ihre bloße Geschichte ist eine Aufreizung zum Haß der verschiedenen Klassen untereinander, von ihrer bloßen Erinnerung ist die „Sicherheit der gegenwärtigen Regierung“ und die Ruhe der zitternden, feigen Bourgeois gefährdet!

Das ist in kurzen Worten der Inhalt eines neuen Prozesses gegen den Geranten und den Feuilletonisten des „Peuple“, welcher gestern vor den Geschworenen verhandelt wurde, und mit Verurtheilung zu dreijährigem und fünfmonatlichem Gefängniß und solidarischer Geldbuße von zehntausend Francs endete. Louis Menard hat in wöchentlichen Feuilletons im „Peuple“, vom 11. Dezember bis 19. Februar eine Geschichte der Junischlacht unter dem Titel: „Prolog einer Revolution“ veröffentlicht, und steht dafür mit dem Geranten unter der doppelten Anklage der „Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Regierungsform“ und der „Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander“ vor Gericht. Louis Menard ist Arbeiter; die Konstitution verordnet, daß Jeder von „seines Gleichen“ gerichtet werden soll; aber unter den Geschwornen sitzen nur wüthende Bourgeois denen jede Erinnerung an die Juniinsurrektion schon nach ihrem eignen Zittern eine Störung der Ruhe und Aufreizung zum „Haß der verschiedenen Klassen untereinander“ ist. Das incriminirte Feuilleton enthält nichts als eine historische Darstellung der Junischlächtereien, Thatsachen und Namen zu den von den Mobilen und Nationalgarden verübten Plünderungen und Mordscenen, in welchen man Wehrlose und Unschuldige in ihren eignen Häusern nicht schonte; Louis Menard, der alle diese Details mit der größten Vorsicht, nach den gewissenhaftesten Untersuchungen veröffentlichte, hat zum Beweis der Wahrheit aller von ihm erwähnten Thatsachen 62 Zeugen, darunter die Repräsentanten Berryer und Pierre Lefranc, vor die Schranken geladen und 20 schriftliche, ordentlich legalisirte Depositionen beigebracht: aber die Richter erklären auf Antrag des öffentlichen Ministeriums den Beweis der Wahrheit für unzulässig, denn die bloße Geschichte des honetten Junisieges ist schon eine Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Republik, zum Haß und zur Verachtung zwischen der Bourgeois- und Proletarierklasse. Der Generaladvokat selbst ruft in edler Unverschämtheit den Geschworenen bei Entwickelung der Anklage zu, nicht zu vergessen, daß sie selbst Nationalgarden waren, und die Anschuldigungen gegen die Garden als „Mörder“ stumm zu machen haben; er erklärt, daß der Angeklagte kein Recht zu seiner Geschichtserzählung gehabt, auch wenn dieselbe bis zum letzten Buchstaben die vollste Wahrheit enthielte, ‒ denn diese bloße Geschichtserzählung ist schon eine „Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden, welche im Namen der Gerechtigkeit vernichtet werden müssen“ Der Generaladvokat sagt es, und der Generaladvokat ist ein ehrenwerther Mann: Nicht parteilose Geschworene sind es, welche hier die Wahrheit der Thatsachen nach dem Zeugenverhöre prüfen sollen, die beleidigte und bedrohte Bourgeois-Partei ist es, welche hier über ihre Ruhe und Sicherheit zu Gericht sitzt und die in einer bloßen Geschichtserzählung der Junischlacht bereits constituirte „Thatsache ihrer Unruhe und Unsicherheit,“ die „Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden“ vernichten soll.

Die Geschworenen haben ihre Aufgabe begriffen. Der Gerant Duchêne wurde in dreijährige, der Autor Louis Menard in fünfzehnmonatliche Gefängnißstrafe und Beide solidarisch in eine Geldbuße von zehntausend Francs verurtheilt, weil sie durch den im „Peuple“ abgedruckten „Prolog einer Revolution“ zum Haß gegen die (Bourgeois-) Republik und zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander aufgereizt haben. Die Brutalität, mit der hier die Bourgeoisie gegen die demokratische Presse auftritt, übertrifft an Gemeinheit Alles, was die Monarchie Louis Philipp's gegen die republikanische Bourgeois-Opposition des „National“ aufbot.

Dennoch aber hat die Jury Recht in ihrem Ausspruch, den wir vollständig acceptiren. Die „Geschichte der Junischlacht“ wird nie etwas Anderes, als eine Anreizung zum Haß zwischen Bourgeois- und Proletarier-Klassen, ein Appell zum „Wiederaufbau der Barrikaden“ sein. Und diese „Geschichte der Junischlacht“ wird trotz aller Verdikte „im Namen der Gerechtigkeit“ nicht „vernichtet,“ dieser Appell zum Haß und zum Sturz der herrschenden Klassen weder von den französischen, noch von den Proletariern aller andern europäischen Völker vergessen werden.

* Paris, 9. April.

Man kennt die verzweiflungsvollen Anstrengungen des alten, von Steinschmerzen wüthend gewordenen Bugeaud, um die Soldaten vor dem Gift der Demokratie zu bewahren. Translocirung der Truppen, Suspension der Garnison-Offiziere von Bourges während des Prozesses der Maigefangenen, Verbot des Zeitungslesens in den Kasernen, und selbst die Standreden des greisen Marschalls gegen die Sozialisten, welche fast an die Deklamationen eines talentvollen deutschen Königs erinnern, haben indeß die „gute Sache der Ordnung“ in der Armee nicht weiter gebracht, und zum Hohn des Constitutionnel und aller Honnetten theilt heute „Le Peuple“ den compte-rendu eines Soldatenklubs aus der Kaserne mit. Wenn im Dezember das Ministerium einen Offizier wegen „Betheiligung an Klubs“ aus Paris entfernen konnte, so haben die Klubs jedenfalls nichts verloren, wenn sich ihnen zum Ersatz die Kasernen selbst öffnen.

Das Büreau bestand aus dem Präsidenten, einem graubärtigen Krieger, der als langjähriger Republikaner bekannt war, und einem Fourier als Sekretär; ein Adjudant nahm den Platz des Polizeikommissars zur „Wahrung der gesetzlichen Schranken“ ein. Auf der Tagesordnung stand die Frage „von dem passiven Gehorsam“, ins Preußen-Kroatische übersetzt: vom „Odre pariren“.

Zuerst trat ein Offizier auf die Tribüne, um den Anwesenden klar zu machen, daß „ohne Disziplin keine Armee möglich sei“, und daß der Soldat nicht darüber „nachzudenken“, wenn ihm der Vorgesetzte auch auf seinen Bruder zu schießen befehle.

Ein Sergeant-Major antwortete dem Lieutenant, daß die Revolution von 1848 der Armee das allgemeine Stimmrecht, das Recht durch Repräsentantenwahlen sich indirekt an der Regierung zu betheiligen, erworben habe, und daß die Soldaten daher keineswegs mehr als die willenlosen Maschinen anzusehen seien, welche die Monarchie aus ihnen gemacht. Der Soldat gehorche als Bürger der Republik nicht blos den Befehlen seiner Vorgesetzten, sondern seiner eigenen Vernunft; er gehorche im Kampf gegen den äußern Feind, habe sich aber in Sachen, welche die republikanische Konstitution gefährden können, in etwaigen Befehlen gegen die Bürger oder die Republik zu ziehen, vor Allem zu erinnern, daß er Franzose und Republikaner sei. (Großer Beifall.)

Hierauf erschien ein Tambour auf der Tribüne, um gegen die „rothe Republik“ Rappel zu schlagen. Nach dem Tambour ist die Republik Schuld an allem Elend. Weil die „rothen Republikaner“ die Gesellschaft alarmiren und das Volk zu Tumult und Emeuten anreizen, sind die Soldaten, den Tambour an der Spitze, täglich von Morgen bis Abend auf den Beinen, oder eingeschlossen und abgesperrt in den Kasernen, der teufelmäßigsten Kälte und Langweile ausgesetzt. Der Tambour ruft aus, daß die rothen Republikaner Plünderung und Gütertheilung bezwecken, die Familie zerstören wollen, keine Völkerunterschiede und kein Vaterland kennen, und daher nicht von „Brüdern“ reden könnten, wenn die Soldaten Feuer auf sie geben.

Die kriegerische Rede des Tambours wird von häufigem Gelächter unterbrochen.

Ein Gemeiner erhält das Wort zur Vertheidigung der „rothen Republik“ gegen den Tambour. Er spricht mit Humor von den Gelüsten der „weißen Republikaner“, die Privilegien, Monopole und alten Mißbräuche herzustellen, und von dem Schmutz der „Blauen“, jener „kleinen, schacherwüthigen Minorität, welche die große Majorität, das Volk, giftspinnenartig aussaugt.“ Dann folgt ein Seconde-Lieutenant, um die Prinzipien der „Rothen“ darzulegen, und die Hoffnung auszusprechen, daß die Armee bald die „rothe Theorie der Völkerverbrüderung“ realisiren und zur Befreiung Italiens, Ungarns, Polens mitwirken würde. Großer Beifall begleitete beide Redner von der Tribüne herab. Den Schluß bildete eine improvisirte Fabel, welche ein Gemeiner vortrug, um die Erfolglosigkeit der Bugeaud'schen Conspirationen gegenüber einem auch nur „passiven Ungehorsam der Armee“ klar zu machen, und die Versammlung trennte sich unter dem Ruf: „Es lebe die Republik!“

Ohne Zweifel werden Constitutionnel und die Juden de sCharivari diesen Kasernenklub gleich dem berühmten Unteroffizierbankett wegen mangelnden Denunciantenbeweises zur Fabel erklären. Wir brauchen dagegen nicht zu erinnern, wie diese Soldatenversammlungen schon unter der Monarchie ihre stille Propaganda trieben, und wie gerade aus ihnen die thätigsten Verschwörer der geheimen Gesellschaften von 1833, 1834 und 1839 hervorgingen.

Paris, 9. April.

Das heutige Peuple enthält die Erklärung, daß bereits 2352 Frs. 50 Centimen zur Deckung seiner Geldstrafe eingegangen. Selbst ein goldenes Armband wurde von einer Dame eingeschickt, was den digne Proudhon sehr gerührt haben soll.

‒ Die deutschen Flüchtlinge in Verdun, welche die Regierung von Straßburg dahin gelockt, sind wieder ins Gefängniß geworfen worden. Ueber Willichs schmachvolle Behandlung erfährt man nichts Neues, als daß, wie der Peuple sagt, dieselbe auf ausdrückliches Verlangen Oesterreichs erfolgte. Auch Brisbane, der amerikanische Sozialist, ist ausgewiesen worden.

‒ An der Barriere von Sévres sprengte gestern die Polizei wieder ein Studentenbankett auseinander, das sich die Anwesenheit der heil. Hermandad nicht gefallen lassen wollte.

‒ La Liberté, das Journal Jerômes, sagt: Wir melden zu unserem Leidwesen, daß das franz. Cabinet wirklich gegen Annahme der Kaiserkrone in Berlin hat protestiren lassen (?!)

‒ Die Sitzung der Nationalversammlung verspricht heute interessant zu werden.

‒ Die Lyoner Journale vom 8. April melden, daß alle Maurer Arbeiter ihre Arbeiten eingestellt haben.

‒ Wir hören so eben im Conferenzsaale, daß Charles Lagrange (vom Berge) nach 8tägichem Krankenlager gestorben ist.

‒ Girardin hat das Viktor Hugo'sche Klatschblatt „Evenement“ gekauft, und wird daraus ein Abendjournal à 1 Sous machen. Mehrere andere conservative Klatschblätter leiden an der Abzehrung.

National-Versammlung. Sitzung vom 9. April.

Um 11 Uhr sammeln sich die Deputirten in den Abtheilungssälen, um zwei Kommissionen zu wählen: a) Journal-Cautionswahlen, Verlängerung des Preßzwangsgesetzes von August 1848; b) Choleramaßregeln.

In erstere Kommission werden gewählt: Emanuel Arago, Baze, Larabit Chevoix, Schoelcher, Pascal-Duprat, Dupont de Bussac, Menard, Creton, Bedin, Favart, Etienne, Latrade, Darn, Rolland. Diese Namen klingen ziemlich roth und es wäre somit eine Aenderung der Preßfesseln möglich. Die Cholera-Kommission namentlich aufzuführen, hat hier für's Ausland kein Interesse.

Um 1 Uhr beginnt die öffentliche Sitzung. Marrast präsidirt und das Protokoll wird verlesen.

Foy lenkt die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Lage der entlassenen Forstbeamten. Er schildert ihr Elend und beschwört das Haus, sich nicht zu trennen, ohne ihr Schicksal zu regeln. (Soll auf die Tagesordnung gesetzt werden.)

Die Versammlung nimmt die Büdgetdebatte wieder auf.

Corne erklärt im Namen des Ausschusses, daß sich derselbe mit der Prüfung von drei Vorschlägen rücksichtlich des Unterrichtsbüdgets beschäftigt habe: 1) Francisque Bouvet will den Schulhausfonds auf 3 Millionen Frc. erhöht wissen; 2) Depasse möchte den Fonds der Asylhäuser um 100,000 Frc. stärker und 3) Pascal-Duprat das Gehalt der Dorfschulmeister auf 600 Frc. stellen, was 1,600,000 Frc. Mehrausgabe verursache. Der Ausschuß bewilligt für Bouvet 200,000 Frcs. u. s. w.

Bouvet verlangt 3 Millionen!

Corne bekämpft dies.

Die Versammlung bewilligt die 200,000 Frcs.

Der Ausschuß will den Schulmeistern vorläufig 500 Frcs. bewilligen, mehr sei bei dem jetzigen Stande der Dinge nicht möglich.

Pascal-Duprat adherirt.

Den Schulmeistern werden 500 Frcs. zugesprochen.

Glückliche Schulmeister!

Der Depasse'sche Antrag fällt durch.

Marrast: Nachdem diese Nachträge zu Kapitel 16 erledigt, können wir zur Gesammtabstimmung über das Unterrichtsbüdget schreiten.

Dasselbe wird mit 636 gegen 0 Stimmen angenommen.

Dufournel bittet ums Wort über die Tagesordnung. Ich wünsche, sagt er, daß sich die National-Versammlung mit Etablirung von Arbeiter-Lohn-Abzugs- und Javaliden-Kassen beschäftige, ehe sie sich trenne. Es wäre gut, wenn sie Abendsitzungen hielte. (Oh! Oh!)

Der gute Dufournel fällt radikal durch und die Versammlung geht zum Büdget des Ministers des Aeussern über.

Bastide: Ich benutze diese Generaldebatte dieses Büdgetszweigs, um an die jüngste Diskussion über Italien zu erinnern. Man hat behauptet, oder man schien zu glauben, daß das französische Gouvernement vom 24. Febr. bis 20. Decbr. 1848 die Zurechtsbeständigkeit (virtualité der Wiener Verträge von 1815 moralisch oder faktisch anerkannt habe. Ich protestire gegen diese Ansicht. Der Herr Minister des Aeussern, mein Nachfolger, sitzt auf seiner Bank; er mag die Wahrheit dessen, was ich hiermit feierlich erkläre, bescheinigen. Ich brauche übrigens nur einige Depèschen aus jener Periode vorzulesen. (Nein! Nein!)

Beifall vom Berge

Drouyn de Lhuys bleibt stumm auf seinem Platze.

Die Generaldebatte ist geschlossen und man geht zu den einzelnen Kapiteln des Büdgets über, die alle durchgehen.

Dann will man zum Kultusbüdget übergehen.

Ehe dies geschieht, soll über 40,000 Frc. Installations- und Repräsentationsgelder für Boulay, Vicepräsident, abgestimmt werden.

Dieselbe werden mit 393 gegen 198 Stimmen verworfen. (Agitation.)

Etienne (Berichterstatter): Sie haben die Installations- und Repräsentationsgelder verworfen. Ich frage hiermit an, ob Sie nicht wenigstens die bis dato fälligen Gehaltsgelder votiren wollen? (Ja! Ja!)

Es werden diese Gehaltsgelder votirt. (Jährlich 45,000 Fr.)

Die Versammlung votirt hierauf alle Kultusbüdgetartikel bis auf drei, welche reservirt werden. Darum kann das Gesammtbüdget nicht votirt werden.

Die Versammlung geht zum Justizbüdget über.

Barrot, Victor Lefranc und Senard streiten sich lange wegen Inkompatibilität der Advokaten bei den Untergerichten herum und kommen überein, das streitige Kapitel noch einmal an den Ausschuß zu weisen.

Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.

* Paris, 9. April.

Das Journal de la Braie Republique theilt eine neue Reihe von Verfolgungen in der Armee mit. In Perigueux sind wieder mehrere Soldaten in Arrest geworfen worden, weil sie den „Republicain de la Dordogne“ gelesen haben. In Vincennes hatte man bereits vier Soldaten des ersten Pionier-Regiments aufgehoben und ohne vorhergegangenes kriegsgerichtliches Erkenntniß mit dem Zellendepot nach Afrika geschickt, weil sie sich mit den Sozialisten in Verbindung gesetzt haben sollten; gestern folgten ihnen zwei Sapeurs desselben Regiments für das nämliche Vergehen. In Lyon wurde ein Füsilier des 68. Linien-Regiments wegen Lesens des Lyoner Republicain auf drei Tage ins Cachot gesperrt; ein anderer Soldat, dem er bei seiner Abführung das Journal zum Aufbewahren übergab, erhielt dieselbe Strafe. Die Soldaten werden demnächst wahrscheinlich Compagnien- und Regimenter-Weise für diese Verbrechen in die Gefängnisse getrieben werden.

12 Paris, 9. April.

Im Mai finden die Wahlen für die legislative Kammer Statt; die Vorbereitungen, welche dazu getroffen, die Vorkämpfe, die bereits an allen Enden Frankreichs ausbrechen, lassen auf den großartigsten Kampf schließen. Es gibt nunmehr in Frankreich nur noch zwei Parteien, und wie im Dezember zwischen Cavaignac und Napoleon, so werden sich jetzt dieselben noch weit bestimmter, weit schroffer gegenüberstehen. Als die Präsidentenwahl im Dezember Statt fand, hatten wir uns keinen Augenblick Illusionen über den Ausgang gemacht. Napoleon war keineswegs der Gegensatz Cavaignac's; Napoleon war nur eine Protestation gegen Cavaignac, gegen die Gegenwart mit Hindeutung auf die Vergangenheit. Napoleon konnte alles Negative bedeuten, sagten wir damals; Napoleon bedeutete keine Steuern, keine 45 Cetimen, keine Junischlacht; Napoleon bedeutete Alles außer Napoleon. Er bekam erst eine positive Bedeutung durch die ihm unmittelbar folgenden Kandidaten Ledru-Rollin und Raspail. Aber diese beiden Kandidaten waren auch nur als Ergänzung, als Kommentar, als Appendix dem Napoleon beigefügt. Kein Mensch dachte damals an den Erfolg dieser Kandidaturen. Wie ganz anders die Partei Cavaignac's; sie war damals am Ruder; sie hatte Alles in Händen, um ihren Mann als Präsidenten am Ruder zu halten: und doch fiel er, und die Städter des Nationals erkannten, als es zu spät war, daß die Bauern auch Franzosen, auch Menschen, und folglich auch stimmfähig sind. Wir sagten ferner, daß die Wahl Napolen's nothwendiger Weise die Sprengung der Kammer nach sich ziehen müsse; nicht um eine neue Kammer zu wählen, sondern um den neuerwählten Napoleon in seine Elemente zu zerlegen. Dieser Augenblick ist herangenaht; die Bewegung, die damals ganz Frankreich bei Gelegenheit der Wahl eines Mannes ergriff, wird sich 700mal wiederholen; und jedes Mal wird dem Einen Mann ein anderer Mann in direktem Gegensatze gegenüberstehen. Leute, wie Cavaignac und Napoleon, von denen der Letztere bloß eine Negative des Erstern war, sind jetzt ganz in den Hintergrund getreten. Die Leute des Nationals, so wie die Napoleon's und Barrot's, nehmen in dem Bourgeois-Wahlkomité die zweite Stufe ein; sie müssen sich mit der Finanzwelt und der Kommandantur verschmelzen, und in der Urne werden sie höchstens noch dieselbe Rolle spielen, wie damals Lamartine. Von Letzterm ist jetzt gar keine Rede mehr. Die Frage, wie sie jetzt gestellt ist in den beiden Manifesten, und wie [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="ar270_015" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0004" n="1524"/>
trat ein Polizei-Kommissar in den Saal und theilte den Versammelten mit, daß ein Menschenhaufe mit Gewalt in den vordern Hofraum und einen Theil der zum Prado gehörigen Gärten eingedrungen sei. Einer der Präsidenten des Banketts protestirte sofort gegen jeden Antheil an diesen Manövern der &#x201E;Ordnungs&#x201C;-Männer und schlägt, um dies recht klar vor der Welt darzuthun, vor, daß sich die Versammlung in aller Ruhe entfernen möge. Es wird jedoch beschlossen, nicht wegzugehen, sondern ruhig und friedlich dazubleiben. Erst nach Absingung mehrerer demokratischen Lieder und einer neuen Anrede des Präsidenten entscheidet man sich, ruhig und stillschweigend aus einander zu gehen.</p>
          <p>Der eingedrungene Haufe bestand aus Leuten, welche von der Regierung, von den Agenten Rogier's und Hody's zu diesem Zweck gedungen waren. Die Regierung hoffte die Demokraten dadurch in die Falle zu locken und dann mit ihren Seïden und Bravo's über sie herzustürzen und so ein Geschäftchen in Menschenschlachterei und in Verhaftungen en masse machen zu können.</p>
          <p>Die mit Gewalt Eingedrungenen bestanden aus Abladern am Kanal und aus einer Masse entlassener Züchtlinge, wie sich schon jetzt bei der Untersuchung herausgestellt hat. Es waren Individuen, die der Regierung für das Gold der Steuerzahlenden jederzeit zur Durchführung aller Niederträchtigkeiten bereit stehen. Daß die ganze Angelegenheit von der Regierung vorbereitet worden, bewies nicht bloß das Herbeirufen der Gensd'armeriebrigaden von Waterloo, Genappe, Nivelles, Hal etc. mitten in der Nacht und unter dem Vorgeben, daß ganz Brüssel in Flammen stehe, sondern noch mehr der Umstand, daß ein Brüsseler Regierungskorrespondent der Pariser &#x201E;Gazette des Tribunaux&#x201C; schon 12 Stunden vor Anfang des Banketts ausführlich über einen ausgebrochenen Aufstand und das &#x201E;eben entdeckte, scheußliche Komplott&#x201C; mittheilte. In Brüssel und Umgegend verbreiteten die Agenten der Firma Rogier, Hody und Comp. ebenfalls die lächerlichsten Gerüchte von einem Komplott, das bei dem in Rede stehenden Bankett zum Ausbruch kommen solle. Die Verschworenen &#x2012; die am Bankett theilnehmenden demokratischen Arbeiter &#x2012; würden sich in der Nacht der Kasernen und aller Regierungsgebäude bemächtigen, sie anzünden etc. und mitten in der Verwirrung eine provisorische Regierung einsetzen.</p>
          <p>Die ruhige Haltung der Theilnehmer am Bankett machte durch Rogier-Hody's Pläne einen argen Strich. Obgleich die betreffende Polizeibehörde auf die sofort von den Demokraten erfolgte Requisition zuerst gar nicht und dann höchst lässig einschritt, obgleich das ganze Verfahren der Beamten im höchsten Grade empörend und provozirend war: ging die Versammlung, ohne sich zum geringsten Widerstande hinreißen zu lassen, auseinander. So war die Hoffnung der Herren auf einen Kampf in den Sälen des Prado, der sich dann auf der Straße fortsetzen sollte, zu Schanden gemacht. Umsonst war alles Militär in den Kasernen konsignirt, umsonst Maßregeln getroffen worden, als ob eine große feindliche Armee vor den Thoren der Stadt erscheinen würde. Oel, Mühe und Geld waren diesmal verloren.</p>
          <p>Um diese Blamage einigermaßen zu verbergen, ließ die Regierung nicht blos neue Details über das angebliche furchtbare Demokraten-Komplott durch die erkauften Züchtlinge mündlich und durch die ministeriellen Journale ausstreuen, sondern um den Leuten den Sand recht dick in die Augen zu streuen, auch eine Masse Verhaftungen unter den demokratischen Arbeitern vornehmen. Ein Theil derselben mußte alsbald wieder entlassen werden, weil selbst die Hody'schen Spione und agents provocateurs den sonst gefälligen Staatsprokuratoren und Instruktionsrichtern auch nicht den leisesten Verhaftungsgrund herbeizubringen wußten. Der andere Theil der Arretirten wird noch einige Zeit festgehalten, und dann ebenfalls in Freiheit gegeben werden, denn obgleich die Spione gegen einige Arbeiter theils selbst, theils durch andere &#x201E;Getreue&#x201C; mit Denunziationen aufgetreten, so ist es doch den Parkett und Publikum sehr wohl bekannt, daß das Lügengebäude nicht lange aufrecht erhalten werden kann.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar270_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>43</author></bibl> Paris, 8. April.</head>
          <p>Das Junigespenst steht von Neuem an den Thoren der honnetten Gesellschaft. Die Insurgenten, welche in den Souterrains der Tuilerien, in den Catakomben, in den Steinbrüchen des Mont-Martre, an den Quais, an allen öffentlichen Plätzen und Straßenecken massenweise füsillirt, welche von den Mordtribunalen exquisiter Soldaten in den Forts und Pontons begraben und zum Hohn der Fraternitätsphrasen vom Februar endlich auch auf das politische Blutgerüst geschickt wurden, die gemordeten und lebendig begrabenen Insurgenten haben noch immer nicht aufgehört, die &#x201E;Bürger untereinander zum Haß und zur Verachtung anzureizen.&#x201C; Die honnette Gesellschaft hat zur Aufrechthaltung ihrer Ruhe ein neues Verdikt gegen sie nöthig! nicht aus der honnetten Gesellschaft, auch aus der Erinnerung, aus der Geschichte müssen die &#x201E;Juniräuber&#x201C; transportirt werden, denn ihre bloße <hi rendition="#g">Geschichte ist eine Aufreizung zum Haß der verschiedenen Klassen untereinander,</hi> von ihrer bloßen Erinnerung ist die &#x201E;<hi rendition="#g">Sicherheit der gegenwärtigen Regierung</hi>&#x201C; und die Ruhe der zitternden, feigen Bourgeois gefährdet!</p>
          <p>Das ist in kurzen Worten der Inhalt eines neuen Prozesses gegen den Geranten und den Feuilletonisten des &#x201E;Peuple&#x201C;, welcher gestern vor den Geschworenen verhandelt wurde, und mit Verurtheilung zu <hi rendition="#g">dreijährigem</hi> und <hi rendition="#g">fünfmonatlichem</hi> Gefängniß und solidarischer Geldbuße von <hi rendition="#g">zehntausend Francs</hi> endete. Louis Menard hat in wöchentlichen Feuilletons im &#x201E;Peuple&#x201C;, vom 11. Dezember bis 19. Februar eine Geschichte der Junischlacht unter dem Titel: &#x201E;Prolog einer Revolution&#x201C; veröffentlicht, und steht dafür mit dem Geranten unter der doppelten Anklage der &#x201E;Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Regierungsform&#x201C; und der &#x201E;Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander&#x201C; vor Gericht. Louis Menard ist Arbeiter; die Konstitution verordnet, daß Jeder von &#x201E;seines Gleichen&#x201C; gerichtet werden soll; aber unter den Geschwornen sitzen nur wüthende Bourgeois denen jede Erinnerung an die Juniinsurrektion schon nach ihrem eignen Zittern eine Störung der Ruhe und Aufreizung zum &#x201E;Haß der verschiedenen Klassen untereinander&#x201C; ist. Das incriminirte Feuilleton enthält nichts als eine <hi rendition="#g">historische</hi> Darstellung der Junischlächtereien, Thatsachen und Namen zu den von den Mobilen und Nationalgarden verübten Plünderungen und Mordscenen, in welchen man Wehrlose und Unschuldige in ihren eignen Häusern nicht schonte; Louis Menard, der alle diese Details mit der größten Vorsicht, nach den gewissenhaftesten Untersuchungen veröffentlichte, hat zum Beweis der Wahrheit aller von ihm erwähnten Thatsachen 62 Zeugen, darunter die Repräsentanten Berryer und Pierre Lefranc, vor die Schranken geladen und 20 schriftliche, ordentlich legalisirte Depositionen beigebracht: aber die Richter erklären auf Antrag des öffentlichen Ministeriums den Beweis der Wahrheit für unzulässig, denn <hi rendition="#g">die bloße Geschichte des honetten Junisieges ist schon eine Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Republik, zum Haß und zur Verachtung zwischen der Bourgeois- und Proletarierklasse.</hi> Der Generaladvokat selbst ruft in edler Unverschämtheit den Geschworenen bei Entwickelung der Anklage zu, nicht zu vergessen, daß sie selbst Nationalgarden waren, und die Anschuldigungen gegen die Garden als &#x201E;Mörder&#x201C; stumm zu machen haben; er erklärt, daß der Angeklagte kein Recht zu seiner Geschichtserzählung gehabt, auch wenn dieselbe bis zum letzten Buchstaben die vollste Wahrheit enthielte, &#x2012; denn diese bloße Geschichtserzählung ist schon eine &#x201E;Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden, welche im Namen der Gerechtigkeit <hi rendition="#g">vernichtet</hi> werden müssen&#x201C; Der Generaladvokat sagt es, und der Generaladvokat ist ein ehrenwerther Mann: Nicht parteilose Geschworene sind es, welche hier die Wahrheit der Thatsachen nach dem Zeugenverhöre prüfen sollen, die beleidigte und bedrohte Bourgeois-Partei ist es, welche hier über ihre Ruhe und Sicherheit zu Gericht sitzt und die in einer bloßen Geschichtserzählung der Junischlacht bereits constituirte &#x201E;Thatsache ihrer Unruhe und Unsicherheit,&#x201C; die &#x201E;Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden&#x201C; <hi rendition="#g">vernichten</hi> soll.</p>
          <p>Die Geschworenen haben ihre Aufgabe begriffen. Der Gerant Duchêne wurde in dreijährige, der Autor Louis Menard in fünfzehnmonatliche Gefängnißstrafe und Beide solidarisch in eine Geldbuße von zehntausend Francs verurtheilt, weil sie durch den im &#x201E;Peuple&#x201C; abgedruckten &#x201E;Prolog einer Revolution&#x201C; zum Haß gegen die (Bourgeois-) Republik und zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander aufgereizt haben. Die Brutalität, mit der hier die Bourgeoisie gegen die demokratische Presse auftritt, übertrifft an Gemeinheit Alles, was die Monarchie Louis Philipp's gegen die republikanische Bourgeois-Opposition des &#x201E;National&#x201C; aufbot.</p>
          <p>Dennoch aber hat die Jury Recht in ihrem Ausspruch, den wir vollständig acceptiren. Die &#x201E;Geschichte der Junischlacht&#x201C; wird nie etwas Anderes, als eine Anreizung zum Haß zwischen Bourgeois- und Proletarier-Klassen, ein Appell zum &#x201E;Wiederaufbau der Barrikaden&#x201C; sein. Und diese &#x201E;Geschichte der Junischlacht&#x201C; wird trotz aller Verdikte &#x201E;im Namen der Gerechtigkeit&#x201C; nicht &#x201E;vernichtet,&#x201C; dieser Appell zum Haß und zum Sturz der herrschenden Klassen weder von den französischen, noch von den Proletariern aller andern europäischen Völker vergessen werden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar270_017" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 9. April.</head>
          <p>Man kennt die verzweiflungsvollen Anstrengungen des alten, von Steinschmerzen wüthend gewordenen Bugeaud, um die Soldaten vor dem Gift der Demokratie zu bewahren. Translocirung der Truppen, Suspension der Garnison-Offiziere von Bourges während des Prozesses der Maigefangenen, Verbot des Zeitungslesens in den Kasernen, und selbst die Standreden des greisen Marschalls gegen die Sozialisten, welche fast an die Deklamationen eines talentvollen deutschen Königs erinnern, haben indeß die &#x201E;gute Sache der Ordnung&#x201C; in der Armee nicht weiter gebracht, und zum Hohn des Constitutionnel und aller Honnetten theilt heute &#x201E;Le Peuple&#x201C; den compte-rendu eines <hi rendition="#g">Soldatenklubs</hi> aus der Kaserne mit. Wenn im Dezember das Ministerium einen Offizier wegen &#x201E;Betheiligung an Klubs&#x201C; aus Paris entfernen konnte, so haben die Klubs jedenfalls nichts verloren, wenn sich ihnen zum Ersatz die Kasernen selbst öffnen.</p>
          <p>Das Büreau bestand aus dem Präsidenten, einem graubärtigen Krieger, der als langjähriger Republikaner bekannt war, und einem Fourier als Sekretär; ein Adjudant nahm den Platz des Polizeikommissars zur &#x201E;Wahrung der gesetzlichen Schranken&#x201C; ein. Auf der Tagesordnung stand die Frage &#x201E;von dem passiven Gehorsam&#x201C;, ins Preußen-Kroatische übersetzt: vom &#x201E;Odre pariren&#x201C;.</p>
          <p>Zuerst trat ein Offizier auf die Tribüne, um den Anwesenden klar zu machen, daß &#x201E;ohne Disziplin keine Armee möglich sei&#x201C;, und daß der Soldat nicht darüber &#x201E;nachzudenken&#x201C;, wenn ihm der Vorgesetzte auch auf seinen Bruder zu schießen befehle.</p>
          <p>Ein Sergeant-Major antwortete dem Lieutenant, daß die Revolution von 1848 der Armee das allgemeine Stimmrecht, das Recht durch Repräsentantenwahlen sich indirekt an der Regierung zu betheiligen, erworben habe, und daß die Soldaten daher keineswegs mehr als die willenlosen Maschinen anzusehen seien, welche die Monarchie aus ihnen gemacht. Der Soldat gehorche als Bürger der Republik nicht blos den Befehlen seiner Vorgesetzten, sondern seiner eigenen Vernunft; er gehorche im Kampf gegen den äußern Feind, habe sich aber in Sachen, welche die republikanische Konstitution gefährden können, in etwaigen Befehlen gegen die Bürger oder die Republik zu ziehen, vor Allem zu erinnern, daß er Franzose und Republikaner sei. (Großer Beifall.)</p>
          <p>Hierauf erschien ein Tambour auf der Tribüne, um gegen die &#x201E;rothe Republik&#x201C; Rappel zu schlagen. Nach dem Tambour ist die Republik Schuld an allem Elend. Weil die &#x201E;rothen Republikaner&#x201C; die Gesellschaft alarmiren und das Volk zu Tumult und Emeuten anreizen, sind die Soldaten, den Tambour an der Spitze, täglich von Morgen bis Abend auf den Beinen, oder eingeschlossen und abgesperrt in den Kasernen, der teufelmäßigsten Kälte und Langweile ausgesetzt. Der Tambour ruft aus, daß die rothen Republikaner Plünderung und Gütertheilung bezwecken, die Familie zerstören wollen, keine Völkerunterschiede und kein Vaterland kennen, und daher nicht von &#x201E;Brüdern&#x201C; reden könnten, wenn die Soldaten Feuer auf sie geben.</p>
          <p>Die kriegerische Rede des Tambours wird von häufigem Gelächter unterbrochen.</p>
          <p>Ein Gemeiner erhält das Wort zur Vertheidigung der &#x201E;rothen Republik&#x201C; gegen den Tambour. Er spricht mit Humor von den Gelüsten der &#x201E;weißen Republikaner&#x201C;, die Privilegien, Monopole und alten Mißbräuche herzustellen, und von dem Schmutz der &#x201E;Blauen&#x201C;, jener &#x201E;kleinen, schacherwüthigen Minorität, welche die große Majorität, das Volk, giftspinnenartig aussaugt.&#x201C; Dann folgt ein Seconde-Lieutenant, um die Prinzipien der &#x201E;Rothen&#x201C; darzulegen, und die Hoffnung auszusprechen, daß die Armee bald die &#x201E;rothe Theorie der Völkerverbrüderung&#x201C; realisiren und zur Befreiung Italiens, Ungarns, Polens mitwirken würde. Großer Beifall begleitete beide Redner von der Tribüne herab. Den Schluß bildete eine improvisirte Fabel, welche ein Gemeiner vortrug, um die Erfolglosigkeit der Bugeaud'schen Conspirationen gegenüber einem auch nur &#x201E;passiven Ungehorsam der Armee&#x201C; klar zu machen, und die Versammlung trennte sich unter dem Ruf: &#x201E;Es lebe die Republik!&#x201C;</p>
          <p>Ohne Zweifel werden Constitutionnel und die Juden de sCharivari diesen Kasernenklub gleich dem berühmten Unteroffizierbankett wegen mangelnden Denunciantenbeweises zur Fabel erklären. Wir brauchen dagegen nicht zu erinnern, wie diese Soldatenversammlungen schon unter der Monarchie ihre stille Propaganda trieben, und wie gerade aus ihnen die thätigsten Verschwörer der geheimen Gesellschaften von 1833, 1834 und 1839 hervorgingen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar270_018" type="jArticle">
          <head>Paris, 9. April.</head>
          <p>Das heutige Peuple enthält die Erklärung, daß bereits 2352 Frs. 50 Centimen zur Deckung seiner Geldstrafe eingegangen. Selbst ein goldenes Armband wurde von einer Dame eingeschickt, was den digne Proudhon sehr gerührt haben soll.</p>
          <p>&#x2012; Die deutschen Flüchtlinge in Verdun, welche die Regierung von Straßburg dahin gelockt, sind wieder ins Gefängniß geworfen worden. Ueber Willichs schmachvolle Behandlung erfährt man nichts Neues, als daß, wie der Peuple sagt, dieselbe auf ausdrückliches Verlangen Oesterreichs erfolgte. Auch Brisbane, der amerikanische Sozialist, ist ausgewiesen worden.</p>
          <p>&#x2012; An der Barriere von Sévres sprengte gestern die Polizei wieder ein Studentenbankett auseinander, das sich die Anwesenheit der heil. Hermandad nicht gefallen lassen wollte.</p>
          <p>&#x2012; La Liberté, das Journal Jerômes, sagt: Wir melden zu unserem Leidwesen, daß das franz. Cabinet wirklich gegen Annahme der Kaiserkrone in Berlin hat protestiren lassen (?!)</p>
          <p>&#x2012; Die Sitzung der Nationalversammlung verspricht heute interessant zu werden.</p>
          <p>&#x2012; Die Lyoner Journale vom 8. April melden, daß alle Maurer Arbeiter ihre Arbeiten eingestellt haben.</p>
          <p>&#x2012; Wir hören so eben im Conferenzsaale, daß Charles Lagrange (vom Berge) nach 8tägichem Krankenlager gestorben ist.</p>
          <p>&#x2012; Girardin hat das Viktor Hugo'sche Klatschblatt &#x201E;Evenement&#x201C; gekauft, und wird daraus ein Abendjournal à 1 Sous machen. Mehrere andere conservative Klatschblätter leiden an der Abzehrung.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 9. April.</p>
          <p>Um 11 Uhr sammeln sich die Deputirten in den Abtheilungssälen, um zwei Kommissionen zu wählen: a) Journal-Cautionswahlen, Verlängerung des Preßzwangsgesetzes von August 1848; b) Choleramaßregeln.</p>
          <p>In erstere Kommission werden gewählt: Emanuel Arago, Baze, Larabit Chevoix, Schoelcher, Pascal-Duprat, Dupont de Bussac, Menard, Creton, Bedin, Favart, Etienne, Latrade, Darn, Rolland. Diese Namen klingen ziemlich roth und es wäre somit eine Aenderung der Preßfesseln möglich. Die Cholera-Kommission namentlich aufzuführen, hat hier für's Ausland kein Interesse.</p>
          <p>Um 1 Uhr beginnt die öffentliche Sitzung. Marrast präsidirt und das Protokoll wird verlesen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Foy</hi> lenkt die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Lage der entlassenen Forstbeamten. Er schildert ihr Elend und beschwört das Haus, sich nicht zu trennen, ohne ihr Schicksal zu regeln. (Soll auf die Tagesordnung gesetzt werden.)</p>
          <p>Die Versammlung nimmt die Büdgetdebatte wieder auf.</p>
          <p><hi rendition="#g">Corne</hi> erklärt im Namen des Ausschusses, daß sich derselbe mit der Prüfung von drei Vorschlägen rücksichtlich des Unterrichtsbüdgets beschäftigt habe: 1) Francisque Bouvet will den Schulhausfonds auf 3 Millionen Frc. erhöht wissen; 2) Depasse möchte den Fonds der Asylhäuser um 100,000 Frc. stärker und 3) Pascal-Duprat das Gehalt der Dorfschulmeister auf 600 Frc. stellen, was 1,600,000 Frc. Mehrausgabe verursache. Der Ausschuß bewilligt für Bouvet 200,000 Frcs. u. s. w.</p>
          <p>Bouvet verlangt 3 Millionen!</p>
          <p>Corne bekämpft dies.</p>
          <p>Die Versammlung bewilligt die 200,000 Frcs.</p>
          <p>Der Ausschuß will den Schulmeistern vorläufig 500 Frcs. bewilligen, mehr sei bei dem jetzigen Stande der Dinge nicht möglich.</p>
          <p>Pascal-Duprat adherirt.</p>
          <p>Den Schulmeistern werden 500 Frcs. zugesprochen.</p>
          <p>Glückliche Schulmeister!</p>
          <p>Der Depasse'sche Antrag fällt durch.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Nachdem diese Nachträge zu Kapitel 16 erledigt, können wir zur Gesammtabstimmung über das Unterrichtsbüdget schreiten.</p>
          <p>Dasselbe wird mit 636 gegen 0 Stimmen angenommen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Dufournel</hi> bittet ums Wort über die Tagesordnung. Ich wünsche, sagt er, daß sich die National-Versammlung mit Etablirung von Arbeiter-Lohn-Abzugs- und Javaliden-Kassen beschäftige, ehe sie sich trenne. Es wäre gut, wenn sie Abendsitzungen hielte. (Oh! Oh!)</p>
          <p>Der gute Dufournel fällt radikal durch und die Versammlung geht zum Büdget des Ministers des Aeussern über.</p>
          <p><hi rendition="#g">Bastide:</hi> Ich benutze diese Generaldebatte dieses Büdgetszweigs, um an die jüngste Diskussion über Italien zu erinnern. Man hat behauptet, oder man schien zu glauben, daß das französische Gouvernement vom 24. Febr. bis 20. Decbr. 1848 die Zurechtsbeständigkeit (virtualité der Wiener Verträge von 1815 moralisch oder faktisch anerkannt habe. Ich protestire gegen diese Ansicht. Der Herr Minister des Aeussern, mein Nachfolger, sitzt auf seiner Bank; er mag die Wahrheit dessen, was ich hiermit feierlich erkläre, bescheinigen. Ich brauche übrigens nur einige Depèschen aus jener Periode vorzulesen. (Nein! Nein!)</p>
          <p>Beifall vom Berge</p>
          <p>Drouyn de Lhuys bleibt stumm auf seinem Platze.</p>
          <p>Die Generaldebatte ist geschlossen und man geht zu den einzelnen Kapiteln des Büdgets über, die alle durchgehen.</p>
          <p>Dann will man zum Kultusbüdget übergehen.</p>
          <p>Ehe dies geschieht, soll über 40,000 Frc. Installations- und Repräsentationsgelder für Boulay, Vicepräsident, abgestimmt werden.</p>
          <p>Dieselbe werden mit 393 gegen 198 Stimmen verworfen. (Agitation.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Etienne</hi> (Berichterstatter): Sie haben die Installations- und Repräsentationsgelder verworfen. Ich frage hiermit an, ob Sie nicht wenigstens die bis dato fälligen Gehaltsgelder votiren wollen? (Ja! Ja!)</p>
          <p>Es werden diese Gehaltsgelder votirt. (Jährlich 45,000 Fr.)</p>
          <p>Die Versammlung votirt hierauf alle Kultusbüdgetartikel bis auf drei, welche reservirt werden. Darum kann das Gesammtbüdget nicht votirt werden.</p>
          <p>Die Versammlung geht zum Justizbüdget über.</p>
          <p>Barrot, Victor Lefranc und Senard streiten sich lange wegen Inkompatibilität der Advokaten bei den Untergerichten herum und kommen überein, das streitige Kapitel noch einmal an den Ausschuß zu weisen.</p>
          <p>Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar270_019" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris, 9. April.</head>
          <p>Das Journal de la Braie Republique theilt eine neue Reihe von Verfolgungen in der Armee mit. In Perigueux sind wieder mehrere Soldaten in Arrest geworfen worden, weil sie den &#x201E;Republicain de la Dordogne&#x201C; gelesen haben. In Vincennes hatte man bereits vier Soldaten des ersten Pionier-Regiments aufgehoben und ohne vorhergegangenes kriegsgerichtliches Erkenntniß mit dem Zellendepot nach Afrika geschickt, weil sie sich mit den Sozialisten in Verbindung gesetzt haben sollten; gestern folgten ihnen zwei Sapeurs desselben Regiments für das nämliche Vergehen. In Lyon wurde ein Füsilier des 68. Linien-Regiments wegen Lesens des Lyoner Republicain auf drei Tage ins Cachot gesperrt; ein anderer Soldat, dem er bei seiner Abführung das Journal zum Aufbewahren übergab, erhielt dieselbe Strafe. Die Soldaten werden demnächst wahrscheinlich Compagnien- und Regimenter-Weise für diese Verbrechen in die Gefängnisse getrieben werden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar270_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 9. April.</head>
          <p>Im Mai finden die Wahlen für die legislative Kammer Statt; die Vorbereitungen, welche dazu getroffen, die Vorkämpfe, die bereits an allen Enden Frankreichs ausbrechen, lassen auf den großartigsten Kampf schließen. Es gibt nunmehr in Frankreich nur noch zwei Parteien, und wie im Dezember zwischen Cavaignac und Napoleon, so werden sich jetzt dieselben noch weit bestimmter, weit schroffer gegenüberstehen. Als die Präsidentenwahl im Dezember Statt fand, hatten wir uns keinen Augenblick Illusionen über den Ausgang gemacht. Napoleon war keineswegs der Gegensatz Cavaignac's; Napoleon war nur eine Protestation gegen Cavaignac, gegen die Gegenwart mit Hindeutung auf die Vergangenheit. Napoleon konnte alles Negative bedeuten, sagten wir damals; Napoleon bedeutete keine Steuern, keine 45 Cetimen, keine Junischlacht; Napoleon bedeutete Alles außer Napoleon. Er bekam erst eine positive Bedeutung durch die ihm unmittelbar folgenden Kandidaten Ledru-Rollin und Raspail. Aber diese beiden Kandidaten waren auch nur als Ergänzung, als Kommentar, als Appendix dem Napoleon beigefügt. Kein Mensch dachte damals an den Erfolg dieser Kandidaturen. Wie ganz anders die Partei Cavaignac's; sie war damals am Ruder; sie hatte Alles in Händen, um ihren Mann als Präsidenten am Ruder zu halten: und doch fiel er, und die Städter des Nationals erkannten, als es zu spät war, daß die Bauern auch Franzosen, auch Menschen, und folglich auch stimmfähig sind. Wir sagten ferner, daß die Wahl Napolen's nothwendiger Weise die Sprengung der Kammer nach sich ziehen müsse; nicht um eine neue Kammer zu wählen, sondern um den neuerwählten Napoleon in seine Elemente zu zerlegen. Dieser Augenblick ist herangenaht; die Bewegung, die damals ganz Frankreich bei Gelegenheit der Wahl <hi rendition="#g">eines</hi> Mannes ergriff, wird sich 700mal wiederholen; und jedes Mal wird dem Einen Mann ein anderer Mann in direktem Gegensatze gegenüberstehen. Leute, wie Cavaignac und Napoleon, von denen der Letztere bloß eine Negative des Erstern war, sind jetzt ganz in den Hintergrund getreten. Die Leute des Nationals, so wie die Napoleon's und Barrot's, nehmen in dem Bourgeois-Wahlkomité die zweite Stufe ein; sie müssen sich mit der Finanzwelt und der Kommandantur verschmelzen, und in der Urne werden sie höchstens noch dieselbe Rolle spielen, wie damals Lamartine. Von Letzterm ist jetzt gar keine Rede mehr. Die Frage, wie sie jetzt gestellt ist in den beiden Manifesten, und wie <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                   <ref type="link">Hierzu eine Beilage</ref>                </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1524/0004] trat ein Polizei-Kommissar in den Saal und theilte den Versammelten mit, daß ein Menschenhaufe mit Gewalt in den vordern Hofraum und einen Theil der zum Prado gehörigen Gärten eingedrungen sei. Einer der Präsidenten des Banketts protestirte sofort gegen jeden Antheil an diesen Manövern der „Ordnungs“-Männer und schlägt, um dies recht klar vor der Welt darzuthun, vor, daß sich die Versammlung in aller Ruhe entfernen möge. Es wird jedoch beschlossen, nicht wegzugehen, sondern ruhig und friedlich dazubleiben. Erst nach Absingung mehrerer demokratischen Lieder und einer neuen Anrede des Präsidenten entscheidet man sich, ruhig und stillschweigend aus einander zu gehen. Der eingedrungene Haufe bestand aus Leuten, welche von der Regierung, von den Agenten Rogier's und Hody's zu diesem Zweck gedungen waren. Die Regierung hoffte die Demokraten dadurch in die Falle zu locken und dann mit ihren Seïden und Bravo's über sie herzustürzen und so ein Geschäftchen in Menschenschlachterei und in Verhaftungen en masse machen zu können. Die mit Gewalt Eingedrungenen bestanden aus Abladern am Kanal und aus einer Masse entlassener Züchtlinge, wie sich schon jetzt bei der Untersuchung herausgestellt hat. Es waren Individuen, die der Regierung für das Gold der Steuerzahlenden jederzeit zur Durchführung aller Niederträchtigkeiten bereit stehen. Daß die ganze Angelegenheit von der Regierung vorbereitet worden, bewies nicht bloß das Herbeirufen der Gensd'armeriebrigaden von Waterloo, Genappe, Nivelles, Hal etc. mitten in der Nacht und unter dem Vorgeben, daß ganz Brüssel in Flammen stehe, sondern noch mehr der Umstand, daß ein Brüsseler Regierungskorrespondent der Pariser „Gazette des Tribunaux“ schon 12 Stunden vor Anfang des Banketts ausführlich über einen ausgebrochenen Aufstand und das „eben entdeckte, scheußliche Komplott“ mittheilte. In Brüssel und Umgegend verbreiteten die Agenten der Firma Rogier, Hody und Comp. ebenfalls die lächerlichsten Gerüchte von einem Komplott, das bei dem in Rede stehenden Bankett zum Ausbruch kommen solle. Die Verschworenen ‒ die am Bankett theilnehmenden demokratischen Arbeiter ‒ würden sich in der Nacht der Kasernen und aller Regierungsgebäude bemächtigen, sie anzünden etc. und mitten in der Verwirrung eine provisorische Regierung einsetzen. Die ruhige Haltung der Theilnehmer am Bankett machte durch Rogier-Hody's Pläne einen argen Strich. Obgleich die betreffende Polizeibehörde auf die sofort von den Demokraten erfolgte Requisition zuerst gar nicht und dann höchst lässig einschritt, obgleich das ganze Verfahren der Beamten im höchsten Grade empörend und provozirend war: ging die Versammlung, ohne sich zum geringsten Widerstande hinreißen zu lassen, auseinander. So war die Hoffnung der Herren auf einen Kampf in den Sälen des Prado, der sich dann auf der Straße fortsetzen sollte, zu Schanden gemacht. Umsonst war alles Militär in den Kasernen konsignirt, umsonst Maßregeln getroffen worden, als ob eine große feindliche Armee vor den Thoren der Stadt erscheinen würde. Oel, Mühe und Geld waren diesmal verloren. Um diese Blamage einigermaßen zu verbergen, ließ die Regierung nicht blos neue Details über das angebliche furchtbare Demokraten-Komplott durch die erkauften Züchtlinge mündlich und durch die ministeriellen Journale ausstreuen, sondern um den Leuten den Sand recht dick in die Augen zu streuen, auch eine Masse Verhaftungen unter den demokratischen Arbeitern vornehmen. Ein Theil derselben mußte alsbald wieder entlassen werden, weil selbst die Hody'schen Spione und agents provocateurs den sonst gefälligen Staatsprokuratoren und Instruktionsrichtern auch nicht den leisesten Verhaftungsgrund herbeizubringen wußten. Der andere Theil der Arretirten wird noch einige Zeit festgehalten, und dann ebenfalls in Freiheit gegeben werden, denn obgleich die Spione gegen einige Arbeiter theils selbst, theils durch andere „Getreue“ mit Denunziationen aufgetreten, so ist es doch den Parkett und Publikum sehr wohl bekannt, daß das Lügengebäude nicht lange aufrecht erhalten werden kann. Französische Republik. 43 Paris, 8. April. Das Junigespenst steht von Neuem an den Thoren der honnetten Gesellschaft. Die Insurgenten, welche in den Souterrains der Tuilerien, in den Catakomben, in den Steinbrüchen des Mont-Martre, an den Quais, an allen öffentlichen Plätzen und Straßenecken massenweise füsillirt, welche von den Mordtribunalen exquisiter Soldaten in den Forts und Pontons begraben und zum Hohn der Fraternitätsphrasen vom Februar endlich auch auf das politische Blutgerüst geschickt wurden, die gemordeten und lebendig begrabenen Insurgenten haben noch immer nicht aufgehört, die „Bürger untereinander zum Haß und zur Verachtung anzureizen.“ Die honnette Gesellschaft hat zur Aufrechthaltung ihrer Ruhe ein neues Verdikt gegen sie nöthig! nicht aus der honnetten Gesellschaft, auch aus der Erinnerung, aus der Geschichte müssen die „Juniräuber“ transportirt werden, denn ihre bloße Geschichte ist eine Aufreizung zum Haß der verschiedenen Klassen untereinander, von ihrer bloßen Erinnerung ist die „Sicherheit der gegenwärtigen Regierung“ und die Ruhe der zitternden, feigen Bourgeois gefährdet! Das ist in kurzen Worten der Inhalt eines neuen Prozesses gegen den Geranten und den Feuilletonisten des „Peuple“, welcher gestern vor den Geschworenen verhandelt wurde, und mit Verurtheilung zu dreijährigem und fünfmonatlichem Gefängniß und solidarischer Geldbuße von zehntausend Francs endete. Louis Menard hat in wöchentlichen Feuilletons im „Peuple“, vom 11. Dezember bis 19. Februar eine Geschichte der Junischlacht unter dem Titel: „Prolog einer Revolution“ veröffentlicht, und steht dafür mit dem Geranten unter der doppelten Anklage der „Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Regierungsform“ und der „Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander“ vor Gericht. Louis Menard ist Arbeiter; die Konstitution verordnet, daß Jeder von „seines Gleichen“ gerichtet werden soll; aber unter den Geschwornen sitzen nur wüthende Bourgeois denen jede Erinnerung an die Juniinsurrektion schon nach ihrem eignen Zittern eine Störung der Ruhe und Aufreizung zum „Haß der verschiedenen Klassen untereinander“ ist. Das incriminirte Feuilleton enthält nichts als eine historische Darstellung der Junischlächtereien, Thatsachen und Namen zu den von den Mobilen und Nationalgarden verübten Plünderungen und Mordscenen, in welchen man Wehrlose und Unschuldige in ihren eignen Häusern nicht schonte; Louis Menard, der alle diese Details mit der größten Vorsicht, nach den gewissenhaftesten Untersuchungen veröffentlichte, hat zum Beweis der Wahrheit aller von ihm erwähnten Thatsachen 62 Zeugen, darunter die Repräsentanten Berryer und Pierre Lefranc, vor die Schranken geladen und 20 schriftliche, ordentlich legalisirte Depositionen beigebracht: aber die Richter erklären auf Antrag des öffentlichen Ministeriums den Beweis der Wahrheit für unzulässig, denn die bloße Geschichte des honetten Junisieges ist schon eine Aufreizung zum Haß gegen die gegenwärtige Republik, zum Haß und zur Verachtung zwischen der Bourgeois- und Proletarierklasse. Der Generaladvokat selbst ruft in edler Unverschämtheit den Geschworenen bei Entwickelung der Anklage zu, nicht zu vergessen, daß sie selbst Nationalgarden waren, und die Anschuldigungen gegen die Garden als „Mörder“ stumm zu machen haben; er erklärt, daß der Angeklagte kein Recht zu seiner Geschichtserzählung gehabt, auch wenn dieselbe bis zum letzten Buchstaben die vollste Wahrheit enthielte, ‒ denn diese bloße Geschichtserzählung ist schon eine „Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden, welche im Namen der Gerechtigkeit vernichtet werden müssen“ Der Generaladvokat sagt es, und der Generaladvokat ist ein ehrenwerther Mann: Nicht parteilose Geschworene sind es, welche hier die Wahrheit der Thatsachen nach dem Zeugenverhöre prüfen sollen, die beleidigte und bedrohte Bourgeois-Partei ist es, welche hier über ihre Ruhe und Sicherheit zu Gericht sitzt und die in einer bloßen Geschichtserzählung der Junischlacht bereits constituirte „Thatsache ihrer Unruhe und Unsicherheit,“ die „Wiederaufrichtung der unheilvollen Barrikaden“ vernichten soll. Die Geschworenen haben ihre Aufgabe begriffen. Der Gerant Duchêne wurde in dreijährige, der Autor Louis Menard in fünfzehnmonatliche Gefängnißstrafe und Beide solidarisch in eine Geldbuße von zehntausend Francs verurtheilt, weil sie durch den im „Peuple“ abgedruckten „Prolog einer Revolution“ zum Haß gegen die (Bourgeois-) Republik und zum Haß und zur Verachtung der Bürger untereinander aufgereizt haben. Die Brutalität, mit der hier die Bourgeoisie gegen die demokratische Presse auftritt, übertrifft an Gemeinheit Alles, was die Monarchie Louis Philipp's gegen die republikanische Bourgeois-Opposition des „National“ aufbot. Dennoch aber hat die Jury Recht in ihrem Ausspruch, den wir vollständig acceptiren. Die „Geschichte der Junischlacht“ wird nie etwas Anderes, als eine Anreizung zum Haß zwischen Bourgeois- und Proletarier-Klassen, ein Appell zum „Wiederaufbau der Barrikaden“ sein. Und diese „Geschichte der Junischlacht“ wird trotz aller Verdikte „im Namen der Gerechtigkeit“ nicht „vernichtet,“ dieser Appell zum Haß und zum Sturz der herrschenden Klassen weder von den französischen, noch von den Proletariern aller andern europäischen Völker vergessen werden. * Paris, 9. April. Man kennt die verzweiflungsvollen Anstrengungen des alten, von Steinschmerzen wüthend gewordenen Bugeaud, um die Soldaten vor dem Gift der Demokratie zu bewahren. Translocirung der Truppen, Suspension der Garnison-Offiziere von Bourges während des Prozesses der Maigefangenen, Verbot des Zeitungslesens in den Kasernen, und selbst die Standreden des greisen Marschalls gegen die Sozialisten, welche fast an die Deklamationen eines talentvollen deutschen Königs erinnern, haben indeß die „gute Sache der Ordnung“ in der Armee nicht weiter gebracht, und zum Hohn des Constitutionnel und aller Honnetten theilt heute „Le Peuple“ den compte-rendu eines Soldatenklubs aus der Kaserne mit. Wenn im Dezember das Ministerium einen Offizier wegen „Betheiligung an Klubs“ aus Paris entfernen konnte, so haben die Klubs jedenfalls nichts verloren, wenn sich ihnen zum Ersatz die Kasernen selbst öffnen. Das Büreau bestand aus dem Präsidenten, einem graubärtigen Krieger, der als langjähriger Republikaner bekannt war, und einem Fourier als Sekretär; ein Adjudant nahm den Platz des Polizeikommissars zur „Wahrung der gesetzlichen Schranken“ ein. Auf der Tagesordnung stand die Frage „von dem passiven Gehorsam“, ins Preußen-Kroatische übersetzt: vom „Odre pariren“. Zuerst trat ein Offizier auf die Tribüne, um den Anwesenden klar zu machen, daß „ohne Disziplin keine Armee möglich sei“, und daß der Soldat nicht darüber „nachzudenken“, wenn ihm der Vorgesetzte auch auf seinen Bruder zu schießen befehle. Ein Sergeant-Major antwortete dem Lieutenant, daß die Revolution von 1848 der Armee das allgemeine Stimmrecht, das Recht durch Repräsentantenwahlen sich indirekt an der Regierung zu betheiligen, erworben habe, und daß die Soldaten daher keineswegs mehr als die willenlosen Maschinen anzusehen seien, welche die Monarchie aus ihnen gemacht. Der Soldat gehorche als Bürger der Republik nicht blos den Befehlen seiner Vorgesetzten, sondern seiner eigenen Vernunft; er gehorche im Kampf gegen den äußern Feind, habe sich aber in Sachen, welche die republikanische Konstitution gefährden können, in etwaigen Befehlen gegen die Bürger oder die Republik zu ziehen, vor Allem zu erinnern, daß er Franzose und Republikaner sei. (Großer Beifall.) Hierauf erschien ein Tambour auf der Tribüne, um gegen die „rothe Republik“ Rappel zu schlagen. Nach dem Tambour ist die Republik Schuld an allem Elend. Weil die „rothen Republikaner“ die Gesellschaft alarmiren und das Volk zu Tumult und Emeuten anreizen, sind die Soldaten, den Tambour an der Spitze, täglich von Morgen bis Abend auf den Beinen, oder eingeschlossen und abgesperrt in den Kasernen, der teufelmäßigsten Kälte und Langweile ausgesetzt. Der Tambour ruft aus, daß die rothen Republikaner Plünderung und Gütertheilung bezwecken, die Familie zerstören wollen, keine Völkerunterschiede und kein Vaterland kennen, und daher nicht von „Brüdern“ reden könnten, wenn die Soldaten Feuer auf sie geben. Die kriegerische Rede des Tambours wird von häufigem Gelächter unterbrochen. Ein Gemeiner erhält das Wort zur Vertheidigung der „rothen Republik“ gegen den Tambour. Er spricht mit Humor von den Gelüsten der „weißen Republikaner“, die Privilegien, Monopole und alten Mißbräuche herzustellen, und von dem Schmutz der „Blauen“, jener „kleinen, schacherwüthigen Minorität, welche die große Majorität, das Volk, giftspinnenartig aussaugt.“ Dann folgt ein Seconde-Lieutenant, um die Prinzipien der „Rothen“ darzulegen, und die Hoffnung auszusprechen, daß die Armee bald die „rothe Theorie der Völkerverbrüderung“ realisiren und zur Befreiung Italiens, Ungarns, Polens mitwirken würde. Großer Beifall begleitete beide Redner von der Tribüne herab. Den Schluß bildete eine improvisirte Fabel, welche ein Gemeiner vortrug, um die Erfolglosigkeit der Bugeaud'schen Conspirationen gegenüber einem auch nur „passiven Ungehorsam der Armee“ klar zu machen, und die Versammlung trennte sich unter dem Ruf: „Es lebe die Republik!“ Ohne Zweifel werden Constitutionnel und die Juden de sCharivari diesen Kasernenklub gleich dem berühmten Unteroffizierbankett wegen mangelnden Denunciantenbeweises zur Fabel erklären. Wir brauchen dagegen nicht zu erinnern, wie diese Soldatenversammlungen schon unter der Monarchie ihre stille Propaganda trieben, und wie gerade aus ihnen die thätigsten Verschwörer der geheimen Gesellschaften von 1833, 1834 und 1839 hervorgingen. Paris, 9. April. Das heutige Peuple enthält die Erklärung, daß bereits 2352 Frs. 50 Centimen zur Deckung seiner Geldstrafe eingegangen. Selbst ein goldenes Armband wurde von einer Dame eingeschickt, was den digne Proudhon sehr gerührt haben soll. ‒ Die deutschen Flüchtlinge in Verdun, welche die Regierung von Straßburg dahin gelockt, sind wieder ins Gefängniß geworfen worden. Ueber Willichs schmachvolle Behandlung erfährt man nichts Neues, als daß, wie der Peuple sagt, dieselbe auf ausdrückliches Verlangen Oesterreichs erfolgte. Auch Brisbane, der amerikanische Sozialist, ist ausgewiesen worden. ‒ An der Barriere von Sévres sprengte gestern die Polizei wieder ein Studentenbankett auseinander, das sich die Anwesenheit der heil. Hermandad nicht gefallen lassen wollte. ‒ La Liberté, das Journal Jerômes, sagt: Wir melden zu unserem Leidwesen, daß das franz. Cabinet wirklich gegen Annahme der Kaiserkrone in Berlin hat protestiren lassen (?!) ‒ Die Sitzung der Nationalversammlung verspricht heute interessant zu werden. ‒ Die Lyoner Journale vom 8. April melden, daß alle Maurer Arbeiter ihre Arbeiten eingestellt haben. ‒ Wir hören so eben im Conferenzsaale, daß Charles Lagrange (vom Berge) nach 8tägichem Krankenlager gestorben ist. ‒ Girardin hat das Viktor Hugo'sche Klatschblatt „Evenement“ gekauft, und wird daraus ein Abendjournal à 1 Sous machen. Mehrere andere conservative Klatschblätter leiden an der Abzehrung. ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 9. April. Um 11 Uhr sammeln sich die Deputirten in den Abtheilungssälen, um zwei Kommissionen zu wählen: a) Journal-Cautionswahlen, Verlängerung des Preßzwangsgesetzes von August 1848; b) Choleramaßregeln. In erstere Kommission werden gewählt: Emanuel Arago, Baze, Larabit Chevoix, Schoelcher, Pascal-Duprat, Dupont de Bussac, Menard, Creton, Bedin, Favart, Etienne, Latrade, Darn, Rolland. Diese Namen klingen ziemlich roth und es wäre somit eine Aenderung der Preßfesseln möglich. Die Cholera-Kommission namentlich aufzuführen, hat hier für's Ausland kein Interesse. Um 1 Uhr beginnt die öffentliche Sitzung. Marrast präsidirt und das Protokoll wird verlesen. Foy lenkt die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Lage der entlassenen Forstbeamten. Er schildert ihr Elend und beschwört das Haus, sich nicht zu trennen, ohne ihr Schicksal zu regeln. (Soll auf die Tagesordnung gesetzt werden.) Die Versammlung nimmt die Büdgetdebatte wieder auf. Corne erklärt im Namen des Ausschusses, daß sich derselbe mit der Prüfung von drei Vorschlägen rücksichtlich des Unterrichtsbüdgets beschäftigt habe: 1) Francisque Bouvet will den Schulhausfonds auf 3 Millionen Frc. erhöht wissen; 2) Depasse möchte den Fonds der Asylhäuser um 100,000 Frc. stärker und 3) Pascal-Duprat das Gehalt der Dorfschulmeister auf 600 Frc. stellen, was 1,600,000 Frc. Mehrausgabe verursache. Der Ausschuß bewilligt für Bouvet 200,000 Frcs. u. s. w. Bouvet verlangt 3 Millionen! Corne bekämpft dies. Die Versammlung bewilligt die 200,000 Frcs. Der Ausschuß will den Schulmeistern vorläufig 500 Frcs. bewilligen, mehr sei bei dem jetzigen Stande der Dinge nicht möglich. Pascal-Duprat adherirt. Den Schulmeistern werden 500 Frcs. zugesprochen. Glückliche Schulmeister! Der Depasse'sche Antrag fällt durch. Marrast: Nachdem diese Nachträge zu Kapitel 16 erledigt, können wir zur Gesammtabstimmung über das Unterrichtsbüdget schreiten. Dasselbe wird mit 636 gegen 0 Stimmen angenommen. Dufournel bittet ums Wort über die Tagesordnung. Ich wünsche, sagt er, daß sich die National-Versammlung mit Etablirung von Arbeiter-Lohn-Abzugs- und Javaliden-Kassen beschäftige, ehe sie sich trenne. Es wäre gut, wenn sie Abendsitzungen hielte. (Oh! Oh!) Der gute Dufournel fällt radikal durch und die Versammlung geht zum Büdget des Ministers des Aeussern über. Bastide: Ich benutze diese Generaldebatte dieses Büdgetszweigs, um an die jüngste Diskussion über Italien zu erinnern. Man hat behauptet, oder man schien zu glauben, daß das französische Gouvernement vom 24. Febr. bis 20. Decbr. 1848 die Zurechtsbeständigkeit (virtualité der Wiener Verträge von 1815 moralisch oder faktisch anerkannt habe. Ich protestire gegen diese Ansicht. Der Herr Minister des Aeussern, mein Nachfolger, sitzt auf seiner Bank; er mag die Wahrheit dessen, was ich hiermit feierlich erkläre, bescheinigen. Ich brauche übrigens nur einige Depèschen aus jener Periode vorzulesen. (Nein! Nein!) Beifall vom Berge Drouyn de Lhuys bleibt stumm auf seinem Platze. Die Generaldebatte ist geschlossen und man geht zu den einzelnen Kapiteln des Büdgets über, die alle durchgehen. Dann will man zum Kultusbüdget übergehen. Ehe dies geschieht, soll über 40,000 Frc. Installations- und Repräsentationsgelder für Boulay, Vicepräsident, abgestimmt werden. Dieselbe werden mit 393 gegen 198 Stimmen verworfen. (Agitation.) Etienne (Berichterstatter): Sie haben die Installations- und Repräsentationsgelder verworfen. Ich frage hiermit an, ob Sie nicht wenigstens die bis dato fälligen Gehaltsgelder votiren wollen? (Ja! Ja!) Es werden diese Gehaltsgelder votirt. (Jährlich 45,000 Fr.) Die Versammlung votirt hierauf alle Kultusbüdgetartikel bis auf drei, welche reservirt werden. Darum kann das Gesammtbüdget nicht votirt werden. Die Versammlung geht zum Justizbüdget über. Barrot, Victor Lefranc und Senard streiten sich lange wegen Inkompatibilität der Advokaten bei den Untergerichten herum und kommen überein, das streitige Kapitel noch einmal an den Ausschuß zu weisen. Die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben. * Paris, 9. April. Das Journal de la Braie Republique theilt eine neue Reihe von Verfolgungen in der Armee mit. In Perigueux sind wieder mehrere Soldaten in Arrest geworfen worden, weil sie den „Republicain de la Dordogne“ gelesen haben. In Vincennes hatte man bereits vier Soldaten des ersten Pionier-Regiments aufgehoben und ohne vorhergegangenes kriegsgerichtliches Erkenntniß mit dem Zellendepot nach Afrika geschickt, weil sie sich mit den Sozialisten in Verbindung gesetzt haben sollten; gestern folgten ihnen zwei Sapeurs desselben Regiments für das nämliche Vergehen. In Lyon wurde ein Füsilier des 68. Linien-Regiments wegen Lesens des Lyoner Republicain auf drei Tage ins Cachot gesperrt; ein anderer Soldat, dem er bei seiner Abführung das Journal zum Aufbewahren übergab, erhielt dieselbe Strafe. Die Soldaten werden demnächst wahrscheinlich Compagnien- und Regimenter-Weise für diese Verbrechen in die Gefängnisse getrieben werden. 12 Paris, 9. April. Im Mai finden die Wahlen für die legislative Kammer Statt; die Vorbereitungen, welche dazu getroffen, die Vorkämpfe, die bereits an allen Enden Frankreichs ausbrechen, lassen auf den großartigsten Kampf schließen. Es gibt nunmehr in Frankreich nur noch zwei Parteien, und wie im Dezember zwischen Cavaignac und Napoleon, so werden sich jetzt dieselben noch weit bestimmter, weit schroffer gegenüberstehen. Als die Präsidentenwahl im Dezember Statt fand, hatten wir uns keinen Augenblick Illusionen über den Ausgang gemacht. Napoleon war keineswegs der Gegensatz Cavaignac's; Napoleon war nur eine Protestation gegen Cavaignac, gegen die Gegenwart mit Hindeutung auf die Vergangenheit. Napoleon konnte alles Negative bedeuten, sagten wir damals; Napoleon bedeutete keine Steuern, keine 45 Cetimen, keine Junischlacht; Napoleon bedeutete Alles außer Napoleon. Er bekam erst eine positive Bedeutung durch die ihm unmittelbar folgenden Kandidaten Ledru-Rollin und Raspail. Aber diese beiden Kandidaten waren auch nur als Ergänzung, als Kommentar, als Appendix dem Napoleon beigefügt. Kein Mensch dachte damals an den Erfolg dieser Kandidaturen. Wie ganz anders die Partei Cavaignac's; sie war damals am Ruder; sie hatte Alles in Händen, um ihren Mann als Präsidenten am Ruder zu halten: und doch fiel er, und die Städter des Nationals erkannten, als es zu spät war, daß die Bauern auch Franzosen, auch Menschen, und folglich auch stimmfähig sind. Wir sagten ferner, daß die Wahl Napolen's nothwendiger Weise die Sprengung der Kammer nach sich ziehen müsse; nicht um eine neue Kammer zu wählen, sondern um den neuerwählten Napoleon in seine Elemente zu zerlegen. Dieser Augenblick ist herangenaht; die Bewegung, die damals ganz Frankreich bei Gelegenheit der Wahl eines Mannes ergriff, wird sich 700mal wiederholen; und jedes Mal wird dem Einen Mann ein anderer Mann in direktem Gegensatze gegenüberstehen. Leute, wie Cavaignac und Napoleon, von denen der Letztere bloß eine Negative des Erstern war, sind jetzt ganz in den Hintergrund getreten. Die Leute des Nationals, so wie die Napoleon's und Barrot's, nehmen in dem Bourgeois-Wahlkomité die zweite Stufe ein; sie müssen sich mit der Finanzwelt und der Kommandantur verschmelzen, und in der Urne werden sie höchstens noch dieselbe Rolle spielen, wie damals Lamartine. Von Letzterm ist jetzt gar keine Rede mehr. Die Frage, wie sie jetzt gestellt ist in den beiden Manifesten, und wie [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz270_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz270_1849/4
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 270. Köln, 12. April 1849, S. 1524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz270_1849/4>, abgerufen am 09.11.2024.