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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 277. Köln, 20. April 1849. Zweite Ausgabe.

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* Berlin, 17. April.

Sitzung der zweiten Kammer.

Ein dringender Antrag des Abg. Schmiedicke (Neustadt in O.-S.) einen Gesetzvorschlag zur Erleichterung der Dismembrationen enthaltend, findet nicht die nothige Unterstutzung von 120 Stimmen und wird deshalb der Justizkommission überwiesen.

Hierauf geht die Kammer zum Klubgesetz über.

Präsident Grabow stellt die Frage, ob die Kammer den Titel des Gesetzes: "Gesetz die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes," annehmen wolle.

Die Linke protestirt gegen die Fragestellung und Wesendonk, so wie Waldeck beantragen, die Abstimmung oder den Titel bis nach Beendigung der ganzen Debatte zu verschieben, da man doch vorher nicht wissen könne, in welchem Sinne das Gesetz wird angenommen werden.

Es erhebt sich kein Widerspruch und man kommt zu § 1 des Regierungsentwurfs.

Berichterstatter Scherer: Sämmtliche Abtheilungen haben sich für die Streichung des § 1 ausgesprochen. Der Centralausschuß theilte diese Ansicht, indem er erwog, daß verfassungsgemäß Vereine und Versammlungen unbedingt erlaubt seien und das vorliegende Gesetz nur bezwecke, in concreten Fällen den Mißbrauch zu verhüten oder dessen Bestrafung zu ermöglichen.

Da sich kein Redner gemeldet, kommt man zur Abstimmung.

Der § 1 des Regierungsentwurfs, lautend:

"Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen, oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung," wird mit großer Majorität verworfen.

Berichterstatter Scherer: In allen Abtheilungen ist die Frage aufgeworfen, jedoch nur von zweien zum Beschluß erhoben worden, den § 2 und folgeweise auch die sich zunächst daran anreihenden nur für Versammlungen in nicht geschlossenen Räumen gelten zu lassen. Der Centralausschuß ist bei der allgemeinen Fassung des Entwurfs verblieuen, indem er der Ansicht war, daß diejenigen Gründe, welche im Interesse der gesetzlichen Freiheit, so wie der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für Versammlungen unter freiem Himmel den Erlaß gewisser gesetzlicher Bestimmungen als nothwendig erscheinen lassen, bei Versammlungen in geschlossenen Räumen in kaum geringerem Grade vorhanden seien.

Elkemann spricht gegen den §. Wenn man Abends 8 Uhr eine Versammlung zum andern Abend 6 Uhr anmelden wird, so kann die Polizei diese Versammlung verbieten und das verfassungsmäßige Versammlungsrecht ist in diesem Falle schon 22 Stunden suspendirt. Die Verfassung gibt uns das freie Versammlungsrecht und das darf auch nicht durch das Geringste beschränkt werden. Wenn z. B. eine Gemeinde vom Bürgermeister zum andern Tage zusammenberufen wird, die Gemeinde will sich jedoch zuvor über die zu berathenden Gegenstände vorher verständigen, so ist ihr dies unmöglich, weil sie nicht 24 Stunden vorher um Erlaubniß fragen kann. Noch mehr nachtheilig ist diese Bestimmung in dem Fall, wenn eine Gemeindeversammlung sich veruneinigt und trennt, so kann der eine Theil, welcher das Versammlungslokal verläßt, sich nicht wieder versammeln, um das Nöthige zu besprechen.

Wentzel (Ratibor) hat sich zwar für den § einschreiben lassen, verwahrt sich aber dagegen, als wolle er, die dem Volke zugesicherten Rechte und Freiheiten beschränken (connu.). Nur dem Clubunwesen wolle er vorbeugen und deshalb habe auch er und seine Freunde (rechtes Centrum) das Amendement gestellt, daß nur von solchen Versammlungen Anzeige zu machen sind, "zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird" und auch diese nur statt "24 Stunden" - " 6 Stunden" vorher, da er eine Anzeige von 24 Stunden für zu lästig halte.

Phillips: Das Gesetz vom 6. April ist ein bestehendes und von allen Seiten zu Recht anerkanntes Grundgesetz, es darf nicht beschränkt werden, wie es durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschieht. Wenn wir auf die Debatten des vereinigten Landtags vom April v. J. zurückgehen, so finden wir, daß man damals nur mit dem größten Widerwillen eine kleine Beschränkung der Versammlungen unter freiem Himmel sich gefallen ließ. Glauben Sie denn, daß diejenigen, welche von nun an gegen die bestehende Regierung und die bestehenden Zustände aufreizen wollen, dies in öffentlichen Versammlungen thun werden, um sogleich von den Constablern ergriffen zu werden? Werden sich diese Männer nicht in geheime Schlupfwinkel zurückziehen und durch das Geheimniß der Verschwörungen, mit dem sie sich umhüllen werden, nicht viel gefährlicher sein? Deshalb gestatten Sie die unbedingte Versammlungsfreiheit und Sie werden den Verschworungen vorbeugen.

Riedel. Versammlungen, die ihre Verhandlungen der Kenntniß der Polizeibehörde entziehen wollen, machen dieselbe nur argwöhnisch und mißtrauisch. Wenn aber die Versammlungen offen und frei für die Behörden sind, so wird sie dieselben noch gegen jede mögliche Angriffe beschützen und das Spionirsystem wird aufhören. Die Polizei muß offen und frei eintreten können.

Waldeck. Dieser §. eröffnet den Reigen derjenigen Bestimmungen, welche das Versammlungsrecht in geschlossenen Räumen beschränken sollen. Man verlangt die Anzeige der Versammlungen bei der Polizei, den freien Zutritt ihrer Diener, und giebt ihnen das Recht, die Versammlungen aufzuheben. Die Reaktion ist auch bei dem vorliegenden Gesetze immer mehr vorgeschritten. Anfangs gab man Versammlungsfreiheit ohne Beschränkung; schon der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf schränkte dieselbe ein; im August wollte man das belgische Gesetz einführen, und jetzt bringt man das französische vor ... Wenn Sie das Recht zum Gehen und zum Sprechen anerkennen, werden Sie zugestehen, daß man auch das Recht haben müsse, mit andern zusammen stehen zu bleiben und zu sprechen. Ebensowenig wie Sie das Gehen beschränken wollen, dürfen Sie auch das Stehen beschränken. Freilich im Polizeistaat ist das nicht als Recht angenommen, denn Kamptz sagt in seinen Werken, daß das Reisen nicht ein freies Recht eines Jeden sei, und daß der Staat das Reisen zu bewachen ein Recht habe. Streichen wir den §., da eine polizeiliche Anzeige die ganze Polizeiwirthschaft wieder herstellen würde. (Bravo links)

Der Schluß der Debatte wird angenommen und man kommt zur Abstimmung. Die Amendements Pape und Seckendorf werden verworfen, dagegen das Amendement Wenzel: hinter die Worte "von allen Versammlungen" einzuschalten: "zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird", angenommen. Das Amendement Caspary: "der Vorsteher, Ordner, Leiter oder Inhaber des Lokals" zu streichen und nur stehen zu lassen: "der Unternehmer", wird mit 168 gegen 165 Stimmen angenommen. Pelzer aus Lennep trägt auf namentliche Abstimmung an, wonach das Amendement ebenfalls mit 167 gegen 165 Stimmen angenommen wird.

Das Amendement: "eine Stunde" statt "24 Stunden" wird verworfen. Dagegen das Amendement Wenzel: "6 Stunden" statt "24 Stunden" angenommen. Der zweite Satz des Regierungsentwurfs wird verworfen. Endlich wird über den ganzen §. 2, nachdem er amendirt ist, namentlich abgestimmt und mit 168 gegen 164 Stimmen angenommen. Schneeweiß, Osterrath und Bloemer stimmen mit der Rechten. (Schluß der Sitzung.)

* Berlin, 18. April.

Sitzung der zweiten Kammer. Moritz beantragt, daß sein Gesetzentwurf über Ablösung der Mühlenabgaben an die Justiz- und nicht an die Gewerbekommission überwiesen werde. Elsner's Gesetz über die Feudallasten wird der Agrarkommission zuertheilt. Es wird sodann über den amendirten Gesetzentwurf wegen der Plakate zum zweiten Mal abgestimmt und dieser mit 167 gegen 163 Stimmen angenommen.

Man schreitet zum Klubgesetz. Der Centralausschuß beantragt Streichung des §. 3. Letzterer wird denn auch einstimmig verworfen.

Im §. 4 wird der erste Satz:

"Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen" -

angenommen.

Der erste Satz des §. 5, wonach in jede solche Versammlung 2 Polizeibeamte zu senden und diesen angemessene Plätze einzuräumen sind, mit 167 gegen 166 Stimmen verworfen.

§. 6 wird mit großer Majorität verworfen; eben so §. 8, und statt dessen ein Amendement von Pape angenommen.

302 Erfurt, 14. April.

Der Kommandant verweigert den zuverlässigsten Bürgern, selbst Jägern von Profession, die Zurückgabe ihrer Gewehre, welche er mit allen Privatwaffen den Bürgern abnehmen ließ. In dieser letztern Hinsicht fragt man sich hier: ob die militärische Willkührherrschaft des Kommandanten so unbegränzt sei, daß er mehreren vornehmen Nichtsthuern, pensionirten Offizieren etc., damit diese der "noblen Passion" nachgehen können, die Jagdgewehre überläßt, während er die der Bürger in den Kasematten verschlossen hält? Der Belagerungszustand und die Art seiner Handhabung gibt der verbissenen Empörung desto mehr Nahrung, je länger er dauert, und je weniger ein Grund dafür auch nur zu erdenken möglich ist, obwohl der hiesige Regierungspräsident, du Vignau, im Verein mit der Militär-Diktatur, dem Ministerium einen Bericht erstattet hat, nach welchem gewünscht wird, den Belagerungszustand zu verewigen. Aus der aus diesem Berichte gefertigten ministeriellen Denkschrift, oder vielmehr Parteischrift, geht übrigens hervor, daß es unser Belagerungszustand nicht sowohl auf die hiesige Einwohnerschaft, als auf den Freiheitssinn von ganz Thüringen abgesehen hat. Herr Manteuffel nennt diesen Freiheitssinn "anarchische Bestrebungen," und gegen diesen Freiheitssinn soll Erfurt mit seinen Citadellen, nach Herrn Manteuffel, das "Bollwerk" für Thüringen sein. - Gestern starb unser Bürgermeister, Defft, in einem Alter von mehr als 80 Jahren. Man hofft jetzt, die Leitung unserer Polizei werde endlich in kräftigere Hände gelegt werden, damit etwaige Störungen der öffentlichen Ruhe, auch ohne Einschreiten des Militärs mit der Schußwaffe, im Entstehen unterdrückt, oder vielmehr durch Beamte, welche populär, und das Vertrauen der Menge besitzen, verhütet werden können. Dies ist um so leichter, je lenksamer der Sinn der untern Klassen der hiesigen Einwohnerschaft ist; es gehört viele bureaukratische brutale Gewalt dazu, um ihn zu empören.

14 Breslau, 16. April.

Die "Neue Rheinische Zeitung" kommt hier sehr unregelmäßig an und scheint von der hiesigen Post absichtlich chikanirt zu werden. Die Nummer 270 ist gestern ausgeblieben, heute mußten daher zwei Nummern eintreffen, es ist aber nur die verspätete Nummer 270 angekommen, so daß wir jetzt im Vergleich mit der Kölnerin die "N. Rh. Z." um einen Tag zu spät haben.

Am Montag findet hier ein sozial-demokratisches Arbeiterbankett Statt.

Ein heute aus Italien hier angekommener östreichischer Offizier gestand mir, daß ohne den Verrath Radetzki ganz sicher verloren gewesen wäre. Die Piemontesische Armee, meinte er, habe siegen müssen, der auf den Verrath instruirte Theil derselben sei jedoch wie auf Kommando davongelaufen und habe so den andern in's Verderben gestürzt. Er versicherte zugleich, daß zwischen Olmütz, wo er gewesen, und Potsdam, das innigste Einvernehmen herrsche, und alle Reden nur diplomatische Scharmützel seien, mit welchen man von jeher den deutschen Bierlumpenblödsinn betrogen habe.

* Wien, 15. April.

Dem "Lloyd" zufolge ist nun an Welden das Kommando in Ungarn und Siebenbürgen übertragen. F.-M.-L. Böhm ist an seine Stelle zum Civil- und Militärgouverneur von Wien ernannt. Bei einer heute abgehaltenen Revue nahm Welden von den Truppen Abschied. Baron Josika wird ihm in Ungarn für die Leitung der Civilangelegenheiten zur Seite stehen. Windischgrätz ist durch ein Handbillet nach Olmütz berufen. Wohlgemuth wird den Welden nach Ungarn begleiten und das Kommando von 6 Brigaden übernehmen. Benedek ist bereits nach Galizien abgereist; die 3 Brigaden, welche von dort unter Bogel's Kommando in Ungarn einrücken sollen, sind angeblich 12,000 Mann stark. Die "Wiener Zeitung" theilt mit, daß das Resultat der kriegsgerichtlichen Untersuchung gegen Zichy und Ludolf nächstens zu erwarten steht. Beide sind vorläufig auf Ruhegehalt gesetzt. Schon nächster Tage wird der Abschluß einer neuen Anleihe mit den Banquiers Rothschild, Pina etc. erwartet.

Die Kabinetsmißhelligkeiten wegen der ungarischen Frage sind beigelegt nach den Ansichten Stadions, so daß die Centralisationspläne weiterhin kräftig verfolgt werden sollen.

Prag, 14. April.

Unsere Garnison wird in Folge unserer bestandigen Niederlagen in Ungarn außerordentlich verringert. Am 10. ging auch ein Bataillon von Großfürst Michael Infanterie auf der Eisenbahn nach Wien, um von dort mittelst Dampfschiff nach Linz transportirt zu werden. Das zweite Bataillon soll bald nachfolgen. Die Ursache dieser Transferirung sind die großen Sympathien, welche sich in diesem, neuerer Zeit fast ganz aus gefangenen Honved's bestehenden Regimente für Freiheits- und slavische Bestrebungen zeigten. So traf es sich, daß am Ostermontage im Karolinenthal mehrere Studenten und Civilisten wegen freisinniger Reden und Toaste im Gartenhause mit Soldaten von Welden Infanterie (Polen) in Streit geriethen, der bald thätlich wurde; anwesende magyarische Soldaten nahmen mit dem Rufe: Eljen Kossuth! die Partei des Civils und vertrieben ihre eigenen Kameraden. Bei ihrer Abfahrt war am Bahnhof und auf den Batterien ein außerordentliches Gedränge; man rief ihnen: eljen Kossuth! at' ziu magyary! während die Regimentsbande unten "Gott erhalte" spielte. Bei der Gelegenheit hieb ein Offizier einen Civilisten, der Kossuth leben ließ, mit scharfem Säbel über den Kopf, daß er gleich zu Boden stürzte. Es ist hier eine gänzliche Umgestaltung der sonst antimagyarischen Czechen erfolgt; sie sympathisiren jetzt mit Kossuth und hoffen von ihm Rettung. Zu spät!

(Br. Ztg.)
Triest, 10. April.

Das östreichische Geschwader ist bereits zum Theil zur Blokade nach Venedig aufgebrochen. Vorgestern früh nahmen die Corvette Adria, die Briggs Oreste, Montecuculi und Pola, dann die Goelette Sfinge und die Dämpfer Vulcan und Maria ihre Richtung dahin. Gestern ward ein Kriegsgeschwader, bestehend aus fünf großen Segelschiffen und sechs Dämpfern, signalistet. Später erfuhren wir, daß es die sardinische Flotte sei, welche, von Venedig kommend, durch den Sirocco auf die Höhe von Pirano getrieben wurde. Dort salutirte sie die französische Fregatte Psyche. Durch den Sirocco sah sich auch die oben erwähnte östreichische Division genöthigt, in den Hafen von Pirano (Porto Rose) einzulaufen, und beide einst feindliche Flotten liegen nun einander friedlich gegenüber.

(Lloyd.)
Dresden, 16. April.

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer beantwortete Staatsminister v. Beust die vor einigen Tagen mitgetheilte Tzschirner'sche Interpellation wegen der preußischen Circularnote dahin, daß 1) die Regierung diese Note am 3 April erhalten habe, 2) daß sie nicht, als die Ehre des deutschen Volks verletzend zurückgewiesen worden sei und 3) daß noch kein Entschluß gefaßt worden sei, der eine Ausführung bedinge, sondern man habe bei der preußischen Regierung angefragt, wie sie die Bildung eines engern Bundesstaates, wie solche in der Cirkularnote vermöge des Zusammentritts einiger Staaten im Gegensatz zu andern, nicht beitretenden vorgeschlagen wird, mit den auf dem Zwecke der Gesammtheit Deutschlands beruhenden Beschlüssen der Nationalversammlung und selbst mit dem, von ihr als maßgebend bezeichneten Bundesverhältniß in Einklang zu bringen gedenke. Vicepr. Tzschirner: Aus Dem, was man so eben gehört, gehe hervor, daß die Regierung die Absicht habe, sich weiter auf diese Note einzulassen. Das könne man nicht billigen, denn dieselbe gehe auf eine Octroyirung aus. Aus der Auslassung des Ministers sehe man, daß die Regierung in dem Sinne, wie Oesterreich auf die preußische Note geantwortet, den alten Bundesstaat noch anerkenne.

103 Frankfurt, 17. April.

Sie haben in Ihrem Blatt bereits von dem glücklichen Aufgehen Ludwig Simons in die "Reichssimonie" Akt genommen. Wer die ganze frühere Haltung des "Trierer Republikaners" verfolgt hat, konnte ein solch tragisches Ende nicht ganz unerwartet finden. Ludwig Simon war nie etwas Anderes, als ein Phantast. Seine sämmtlichen Reden in der Paulskirche sind ein Zeugniß dieser Unklarheit und Phantasterei, welche ihn höchstens zum bewußtlosen Nachzügler der Demokratie machte, der von seiner "Sache" nur in Phrasen und Deklamationen zu reden wußte. Dieselbe politische Unmündigkeit und Phrasenduselei, welche ihn zum Werkzeug der Frankfurter äußersten Linken machte, konnte ihn bei praktischen Fragen früher oder später auch einer andern Partei in die Arme führen. In der That ist Ludwig Simon in der Kaiser- und Verfassungssache zum Dupe des rohen, abgeschmackten Bierpolterers Vogt geworden, der ihn trefflich zu exploitiren weiß.

In der Kathrinenkircher Volksversammlung sagte Hr. Simon unter dem blühendsten deklamatorischem Schwulst u. A.:

"Ich sehe hier zu meinem großen Vergnügen verschiedene Parteien versammelt, ich sehe Männer, die zu gewissen Zeiten meine Worte in der Paulskirche wohl auch nicht gern vernommen haben. Ich gehöre nämlich der Partei an, welche in der Paulskirche, während des ganzen Jahres die Republik vertheidigt hat. Aber(!) ich würde denjenigen, welcher in diesem Augenblick durch Sonderbestrebungen (!) Einzelne von der großen Strömung ableitet, für einen Verräther am Vaterlande halten."

Für Herrn Simon sind es also "Sonderbestrebungen," wenn man "in diesem Augenblick" vor dem großartigen Werke der Dahlmann-Melcker'schen Verfassungsammen, noch länger an die "während eines ganzen Jahres von Herrn Simon vertheidigte Republik" denken sollte. Hr. Simon steht vollständig auf dem "Rechtsboden der Majoritätsbeschlüsse," und tritt damit der Revolution direkt feindlich gegenüber, denn die Revolution ist nie etwas Anderes, als die gewaltsame Protestation der Minorität gegen die bestehenden Majoritätsbeschlüsse. Der "Einjährige" der Frankfurter Republikanerschaar drückt diese Ansicht noch deutlicher aus.

"Von zwei Dingen wird nun Eins eintreten, entweder werden die Fürsten, deren Widerstand nun offen hervorgetreten ist, der Volksstimmung und dem mächtig sich erhebenden Volksgeiste weichen und die Vereinbarung, welche ihnen als Mittel des Widerstandes gegen die Reichsverfassung von Berlin aus geboten ist, nicht benutzen, sondern sich unterwerfen, damit das Werk in Friede besteht. Wenn dieser Fall eintritt, dann sind wir verpflichtet, auch die äußerste Partei, unser Wort zu halten, und die Verfassung mit dem Wahlgesetz, mit den Grundrechten einerseits, sowie mit dem erblichen Oberhaupte andrerseits, im Ganzen durchführen zu helfen. Wenn aber von jener Seite her dieser Macht des deutschen Volkswillens nicht Rechnung getragen würde, dann hilft das Wort nicht mehr, dann wird die Bahn der That beschritten werden und wenn diese beschritten ist, so ist Jeder Hochverräther, welcher dieselbe nicht friedlich anerkennt."

Die Revolution, welche die "Bahn" der Frankfurter "Verfassungsthat" durchaus nicht "friedlich" anerkennen wird, ist im altpreußischen Landrechtsstyl somit zur "Hochverrätherin" erklärt. Avis für die Revolution, wenn sich später vielleicht noch einmal alte "Einjährige" des republikanischen Parlamentlandsturms mit Wahlbetteleien einfinden.

Herr Simon ist das traurigste Exempel, wie ein Mensch in der Frankfurter Froschgesellschaft verkommen kann.

Wie weit in Frankfurt wirklich revolutionäre Männer wie Schlöffel und Schmidt aus Schlesien noch gehen dürfen, wenn sie nur einigermaßen eine "Partei" erhalten wollen, mag man aus einer soeben erschienenen Erklärung der "äußersten Linken", der letzten Reste des Donnersberges ersehen. Darin heißt es, daß auch diese "äußerste" Linke sich dem hammonischen Verfassungsgebräu als "gültigem Majoritätsbeschluß" unterwerfe; dagegen aber nach der Antwort des Königs von Preußen die Oberhauptsfrage für eine offene erkläre, und in republikanischem Sinne zu erledigen suche.

Herr Simon hat diese Erklärung nicht unterzeichnet, und neben der somit neu konstituirten "äußersten Linken" einen gemäßigten Sonderbundsklub von Phantasten und Bierheulern gestiftet. Damit lebe Herr Simon uns fernerhin aber auch recht wohl!

Freiburg, 16. April.

Heute wurden in öffentlicher Sitzung des Hofgerichts die Namen der Geschwornen für die nächsten Verhandlungen des Geschwornengerichts aus der Urne gezogen. Durch Verfügung des großherzogl. Staatsministeriums vom 13. d. M. ist das weitere gerichtliche Verfahren gegen die wegen Hochverraths in Anklagezustand versetzten Amalie v. Struve und deren Bruder Peter Dusar unter der Voraussetzung künftigen gesetzlichen Betragens niedergeschlagen, und sind in Folge dessen beide der Haft entlassen worden. - Die öffentliche gerichtliche Verhandlung gegen Joseph Fickler ist nunmehr auf den 2. Mai festgesetzt.

Ungarn.
* Berlin, 17. April.

Sitzung der zweiten Kammer.

Ein dringender Antrag des Abg. Schmiedicke (Neustadt in O.-S.) einen Gesetzvorschlag zur Erleichterung der Dismembrationen enthaltend, findet nicht die nothige Unterstutzung von 120 Stimmen und wird deshalb der Justizkommission überwiesen.

Hierauf geht die Kammer zum Klubgesetz über.

Präsident Grabow stellt die Frage, ob die Kammer den Titel des Gesetzes: „Gesetz die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes,“ annehmen wolle.

Die Linke protestirt gegen die Fragestellung und Wesendonk, so wie Waldeck beantragen, die Abstimmung oder den Titel bis nach Beendigung der ganzen Debatte zu verschieben, da man doch vorher nicht wissen könne, in welchem Sinne das Gesetz wird angenommen werden.

Es erhebt sich kein Widerspruch und man kommt zu § 1 des Regierungsentwurfs.

Berichterstatter Scherer: Sämmtliche Abtheilungen haben sich für die Streichung des § 1 ausgesprochen. Der Centralausschuß theilte diese Ansicht, indem er erwog, daß verfassungsgemäß Vereine und Versammlungen unbedingt erlaubt seien und das vorliegende Gesetz nur bezwecke, in concreten Fällen den Mißbrauch zu verhüten oder dessen Bestrafung zu ermöglichen.

Da sich kein Redner gemeldet, kommt man zur Abstimmung.

Der § 1 des Regierungsentwurfs, lautend:

„Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen, oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung,“ wird mit großer Majorität verworfen.

Berichterstatter Scherer: In allen Abtheilungen ist die Frage aufgeworfen, jedoch nur von zweien zum Beschluß erhoben worden, den § 2 und folgeweise auch die sich zunächst daran anreihenden nur für Versammlungen in nicht geschlossenen Räumen gelten zu lassen. Der Centralausschuß ist bei der allgemeinen Fassung des Entwurfs verblieuen, indem er der Ansicht war, daß diejenigen Gründe, welche im Interesse der gesetzlichen Freiheit, so wie der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für Versammlungen unter freiem Himmel den Erlaß gewisser gesetzlicher Bestimmungen als nothwendig erscheinen lassen, bei Versammlungen in geschlossenen Räumen in kaum geringerem Grade vorhanden seien.

Elkemann spricht gegen den §. Wenn man Abends 8 Uhr eine Versammlung zum andern Abend 6 Uhr anmelden wird, so kann die Polizei diese Versammlung verbieten und das verfassungsmäßige Versammlungsrecht ist in diesem Falle schon 22 Stunden suspendirt. Die Verfassung gibt uns das freie Versammlungsrecht und das darf auch nicht durch das Geringste beschränkt werden. Wenn z. B. eine Gemeinde vom Bürgermeister zum andern Tage zusammenberufen wird, die Gemeinde will sich jedoch zuvor über die zu berathenden Gegenstände vorher verständigen, so ist ihr dies unmöglich, weil sie nicht 24 Stunden vorher um Erlaubniß fragen kann. Noch mehr nachtheilig ist diese Bestimmung in dem Fall, wenn eine Gemeindeversammlung sich veruneinigt und trennt, so kann der eine Theil, welcher das Versammlungslokal verläßt, sich nicht wieder versammeln, um das Nöthige zu besprechen.

Wentzel (Ratibor) hat sich zwar für den § einschreiben lassen, verwahrt sich aber dagegen, als wolle er, die dem Volke zugesicherten Rechte und Freiheiten beschränken (connu.). Nur dem Clubunwesen wolle er vorbeugen und deshalb habe auch er und seine Freunde (rechtes Centrum) das Amendement gestellt, daß nur von solchen Versammlungen Anzeige zu machen sind, „zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird“ und auch diese nur statt „24 Stunden“ ‒ „ 6 Stunden“ vorher, da er eine Anzeige von 24 Stunden für zu lästig halte.

Phillips: Das Gesetz vom 6. April ist ein bestehendes und von allen Seiten zu Recht anerkanntes Grundgesetz, es darf nicht beschränkt werden, wie es durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschieht. Wenn wir auf die Debatten des vereinigten Landtags vom April v. J. zurückgehen, so finden wir, daß man damals nur mit dem größten Widerwillen eine kleine Beschränkung der Versammlungen unter freiem Himmel sich gefallen ließ. Glauben Sie denn, daß diejenigen, welche von nun an gegen die bestehende Regierung und die bestehenden Zustände aufreizen wollen, dies in öffentlichen Versammlungen thun werden, um sogleich von den Constablern ergriffen zu werden? Werden sich diese Männer nicht in geheime Schlupfwinkel zurückziehen und durch das Geheimniß der Verschwörungen, mit dem sie sich umhüllen werden, nicht viel gefährlicher sein? Deshalb gestatten Sie die unbedingte Versammlungsfreiheit und Sie werden den Verschworungen vorbeugen.

Riedel. Versammlungen, die ihre Verhandlungen der Kenntniß der Polizeibehörde entziehen wollen, machen dieselbe nur argwöhnisch und mißtrauisch. Wenn aber die Versammlungen offen und frei für die Behörden sind, so wird sie dieselben noch gegen jede mögliche Angriffe beschützen und das Spionirsystem wird aufhören. Die Polizei muß offen und frei eintreten können.

Waldeck. Dieser §. eröffnet den Reigen derjenigen Bestimmungen, welche das Versammlungsrecht in geschlossenen Räumen beschränken sollen. Man verlangt die Anzeige der Versammlungen bei der Polizei, den freien Zutritt ihrer Diener, und giebt ihnen das Recht, die Versammlungen aufzuheben. Die Reaktion ist auch bei dem vorliegenden Gesetze immer mehr vorgeschritten. Anfangs gab man Versammlungsfreiheit ohne Beschränkung; schon der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf schränkte dieselbe ein; im August wollte man das belgische Gesetz einführen, und jetzt bringt man das französische vor … Wenn Sie das Recht zum Gehen und zum Sprechen anerkennen, werden Sie zugestehen, daß man auch das Recht haben müsse, mit andern zusammen stehen zu bleiben und zu sprechen. Ebensowenig wie Sie das Gehen beschränken wollen, dürfen Sie auch das Stehen beschränken. Freilich im Polizeistaat ist das nicht als Recht angenommen, denn Kamptz sagt in seinen Werken, daß das Reisen nicht ein freies Recht eines Jeden sei, und daß der Staat das Reisen zu bewachen ein Recht habe. Streichen wir den §., da eine polizeiliche Anzeige die ganze Polizeiwirthschaft wieder herstellen würde. (Bravo links)

Der Schluß der Debatte wird angenommen und man kommt zur Abstimmung. Die Amendements Pape und Seckendorf werden verworfen, dagegen das Amendement Wenzel: hinter die Worte „von allen Versammlungen“ einzuschalten: „zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird“, angenommen. Das Amendement Caspary: „der Vorsteher, Ordner, Leiter oder Inhaber des Lokals“ zu streichen und nur stehen zu lassen: „der Unternehmer“, wird mit 168 gegen 165 Stimmen angenommen. Pelzer aus Lennep trägt auf namentliche Abstimmung an, wonach das Amendement ebenfalls mit 167 gegen 165 Stimmen angenommen wird.

Das Amendement: „eine Stunde“ statt „24 Stunden“ wird verworfen. Dagegen das Amendement Wenzel: „6 Stunden“ statt „24 Stunden“ angenommen. Der zweite Satz des Regierungsentwurfs wird verworfen. Endlich wird über den ganzen §. 2, nachdem er amendirt ist, namentlich abgestimmt und mit 168 gegen 164 Stimmen angenommen. Schneeweiß, Osterrath und Bloemer stimmen mit der Rechten. (Schluß der Sitzung.)

* Berlin, 18. April.

Sitzung der zweiten Kammer. Moritz beantragt, daß sein Gesetzentwurf über Ablösung der Mühlenabgaben an die Justiz- und nicht an die Gewerbekommission überwiesen werde. Elsner's Gesetz über die Feudallasten wird der Agrarkommission zuertheilt. Es wird sodann über den amendirten Gesetzentwurf wegen der Plakate zum zweiten Mal abgestimmt und dieser mit 167 gegen 163 Stimmen angenommen.

Man schreitet zum Klubgesetz. Der Centralausschuß beantragt Streichung des §. 3. Letzterer wird denn auch einstimmig verworfen.

Im §. 4 wird der erste Satz:

„Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen“ ‒

angenommen.

Der erste Satz des §. 5, wonach in jede solche Versammlung 2 Polizeibeamte zu senden und diesen angemessene Plätze einzuräumen sind, mit 167 gegen 166 Stimmen verworfen.

§. 6 wird mit großer Majorität verworfen; eben so §. 8, und statt dessen ein Amendement von Pape angenommen.

302 Erfurt, 14. April.

Der Kommandant verweigert den zuverlässigsten Bürgern, selbst Jägern von Profession, die Zurückgabe ihrer Gewehre, welche er mit allen Privatwaffen den Bürgern abnehmen ließ. In dieser letztern Hinsicht fragt man sich hier: ob die militärische Willkührherrschaft des Kommandanten so unbegränzt sei, daß er mehreren vornehmen Nichtsthuern, pensionirten Offizieren etc., damit diese der „noblen Passion“ nachgehen können, die Jagdgewehre überläßt, während er die der Bürger in den Kasematten verschlossen hält? Der Belagerungszustand und die Art seiner Handhabung gibt der verbissenen Empörung desto mehr Nahrung, je länger er dauert, und je weniger ein Grund dafür auch nur zu erdenken möglich ist, obwohl der hiesige Regierungspräsident, du Vignau, im Verein mit der Militär-Diktatur, dem Ministerium einen Bericht erstattet hat, nach welchem gewünscht wird, den Belagerungszustand zu verewigen. Aus der aus diesem Berichte gefertigten ministeriellen Denkschrift, oder vielmehr Parteischrift, geht übrigens hervor, daß es unser Belagerungszustand nicht sowohl auf die hiesige Einwohnerschaft, als auf den Freiheitssinn von ganz Thüringen abgesehen hat. Herr Manteuffel nennt diesen Freiheitssinn „anarchische Bestrebungen,“ und gegen diesen Freiheitssinn soll Erfurt mit seinen Citadellen, nach Herrn Manteuffel, das „Bollwerk“ für Thüringen sein. ‒ Gestern starb unser Bürgermeister, Defft, in einem Alter von mehr als 80 Jahren. Man hofft jetzt, die Leitung unserer Polizei werde endlich in kräftigere Hände gelegt werden, damit etwaige Störungen der öffentlichen Ruhe, auch ohne Einschreiten des Militärs mit der Schußwaffe, im Entstehen unterdrückt, oder vielmehr durch Beamte, welche populär, und das Vertrauen der Menge besitzen, verhütet werden können. Dies ist um so leichter, je lenksamer der Sinn der untern Klassen der hiesigen Einwohnerschaft ist; es gehört viele bureaukratische brutale Gewalt dazu, um ihn zu empören.

14 Breslau, 16. April.

Die „Neue Rheinische Zeitung“ kommt hier sehr unregelmäßig an und scheint von der hiesigen Post absichtlich chikanirt zu werden. Die Nummer 270 ist gestern ausgeblieben, heute mußten daher zwei Nummern eintreffen, es ist aber nur die verspätete Nummer 270 angekommen, so daß wir jetzt im Vergleich mit der Kölnerin die „N. Rh. Z.“ um einen Tag zu spät haben.

Am Montag findet hier ein sozial-demokratisches Arbeiterbankett Statt.

Ein heute aus Italien hier angekommener östreichischer Offizier gestand mir, daß ohne den Verrath Radetzki ganz sicher verloren gewesen wäre. Die Piemontesische Armee, meinte er, habe siegen müssen, der auf den Verrath instruirte Theil derselben sei jedoch wie auf Kommando davongelaufen und habe so den andern in's Verderben gestürzt. Er versicherte zugleich, daß zwischen Olmütz, wo er gewesen, und Potsdam, das innigste Einvernehmen herrsche, und alle Reden nur diplomatische Scharmützel seien, mit welchen man von jeher den deutschen Bierlumpenblödsinn betrogen habe.

* Wien, 15. April.

Dem „Lloyd“ zufolge ist nun an Welden das Kommando in Ungarn und Siebenbürgen übertragen. F.-M.-L. Böhm ist an seine Stelle zum Civil- und Militärgouverneur von Wien ernannt. Bei einer heute abgehaltenen Revue nahm Welden von den Truppen Abschied. Baron Josika wird ihm in Ungarn für die Leitung der Civilangelegenheiten zur Seite stehen. Windischgrätz ist durch ein Handbillet nach Olmütz berufen. Wohlgemuth wird den Welden nach Ungarn begleiten und das Kommando von 6 Brigaden übernehmen. Benedek ist bereits nach Galizien abgereist; die 3 Brigaden, welche von dort unter Bogel's Kommando in Ungarn einrücken sollen, sind angeblich 12,000 Mann stark. Die „Wiener Zeitung“ theilt mit, daß das Resultat der kriegsgerichtlichen Untersuchung gegen Zichy und Ludolf nächstens zu erwarten steht. Beide sind vorläufig auf Ruhegehalt gesetzt. Schon nächster Tage wird der Abschluß einer neuen Anleihe mit den Banquiers Rothschild, Pina etc. erwartet.

Die Kabinetsmißhelligkeiten wegen der ungarischen Frage sind beigelegt nach den Ansichten Stadions, so daß die Centralisationspläne weiterhin kräftig verfolgt werden sollen.

Prag, 14. April.

Unsere Garnison wird in Folge unserer bestandigen Niederlagen in Ungarn außerordentlich verringert. Am 10. ging auch ein Bataillon von Großfürst Michael Infanterie auf der Eisenbahn nach Wien, um von dort mittelst Dampfschiff nach Linz transportirt zu werden. Das zweite Bataillon soll bald nachfolgen. Die Ursache dieser Transferirung sind die großen Sympathien, welche sich in diesem, neuerer Zeit fast ganz aus gefangenen Honved's bestehenden Regimente für Freiheits- und slavische Bestrebungen zeigten. So traf es sich, daß am Ostermontage im Karolinenthal mehrere Studenten und Civilisten wegen freisinniger Reden und Toaste im Gartenhause mit Soldaten von Welden Infanterie (Polen) in Streit geriethen, der bald thätlich wurde; anwesende magyarische Soldaten nahmen mit dem Rufe: Eljen Kossuth! die Partei des Civils und vertrieben ihre eigenen Kameraden. Bei ihrer Abfahrt war am Bahnhof und auf den Batterien ein außerordentliches Gedränge; man rief ihnen: éljen Kossuth! at' ziu magyary! während die Regimentsbande unten „Gott erhalte“ spielte. Bei der Gelegenheit hieb ein Offizier einen Civilisten, der Kossuth leben ließ, mit scharfem Säbel über den Kopf, daß er gleich zu Boden stürzte. Es ist hier eine gänzliche Umgestaltung der sonst antimagyarischen Czechen erfolgt; sie sympathisiren jetzt mit Kossuth und hoffen von ihm Rettung. Zu spät!

(Br. Ztg.)
Triest, 10. April.

Das östreichische Geschwader ist bereits zum Theil zur Blokade nach Venedig aufgebrochen. Vorgestern früh nahmen die Corvette Adria, die Briggs Oreste, Montecuculi und Pola, dann die Goelette Sfinge und die Dämpfer Vulcan und Maria ihre Richtung dahin. Gestern ward ein Kriegsgeschwader, bestehend aus fünf großen Segelschiffen und sechs Dämpfern, signalistet. Später erfuhren wir, daß es die sardinische Flotte sei, welche, von Venedig kommend, durch den Sirocco auf die Höhe von Pirano getrieben wurde. Dort salutirte sie die französische Fregatte Psyche. Durch den Sirocco sah sich auch die oben erwähnte östreichische Division genöthigt, in den Hafen von Pirano (Porto Rose) einzulaufen, und beide einst feindliche Flotten liegen nun einander friedlich gegenüber.

(Lloyd.)
Dresden, 16. April.

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer beantwortete Staatsminister v. Beust die vor einigen Tagen mitgetheilte Tzschirner'sche Interpellation wegen der preußischen Circularnote dahin, daß 1) die Regierung diese Note am 3 April erhalten habe, 2) daß sie nicht, als die Ehre des deutschen Volks verletzend zurückgewiesen worden sei und 3) daß noch kein Entschluß gefaßt worden sei, der eine Ausführung bedinge, sondern man habe bei der preußischen Regierung angefragt, wie sie die Bildung eines engern Bundesstaates, wie solche in der Cirkularnote vermöge des Zusammentritts einiger Staaten im Gegensatz zu andern, nicht beitretenden vorgeschlagen wird, mit den auf dem Zwecke der Gesammtheit Deutschlands beruhenden Beschlüssen der Nationalversammlung und selbst mit dem, von ihr als maßgebend bezeichneten Bundesverhältniß in Einklang zu bringen gedenke. Vicepr. Tzschirner: Aus Dem, was man so eben gehört, gehe hervor, daß die Regierung die Absicht habe, sich weiter auf diese Note einzulassen. Das könne man nicht billigen, denn dieselbe gehe auf eine Octroyirung aus. Aus der Auslassung des Ministers sehe man, daß die Regierung in dem Sinne, wie Oesterreich auf die preußische Note geantwortet, den alten Bundesstaat noch anerkenne.

103 Frankfurt, 17. April.

Sie haben in Ihrem Blatt bereits von dem glücklichen Aufgehen Ludwig Simons in die „Reichssimonie“ Akt genommen. Wer die ganze frühere Haltung des „Trierer Republikaners“ verfolgt hat, konnte ein solch tragisches Ende nicht ganz unerwartet finden. Ludwig Simon war nie etwas Anderes, als ein Phantast. Seine sämmtlichen Reden in der Paulskirche sind ein Zeugniß dieser Unklarheit und Phantasterei, welche ihn höchstens zum bewußtlosen Nachzügler der Demokratie machte, der von seiner „Sache“ nur in Phrasen und Deklamationen zu reden wußte. Dieselbe politische Unmündigkeit und Phrasenduselei, welche ihn zum Werkzeug der Frankfurter äußersten Linken machte, konnte ihn bei praktischen Fragen früher oder später auch einer andern Partei in die Arme führen. In der That ist Ludwig Simon in der Kaiser- und Verfassungssache zum Dupe des rohen, abgeschmackten Bierpolterers Vogt geworden, der ihn trefflich zu exploitiren weiß.

In der Kathrinenkircher Volksversammlung sagte Hr. Simon unter dem blühendsten deklamatorischem Schwulst u. A.:

„Ich sehe hier zu meinem großen Vergnügen verschiedene Parteien versammelt, ich sehe Männer, die zu gewissen Zeiten meine Worte in der Paulskirche wohl auch nicht gern vernommen haben. Ich gehöre nämlich der Partei an, welche in der Paulskirche, während des ganzen Jahres die Republik vertheidigt hat. Aber(!) ich würde denjenigen, welcher in diesem Augenblick durch Sonderbestrebungen (!) Einzelne von der großen Strömung ableitet, für einen Verräther am Vaterlande halten.“

Für Herrn Simon sind es also „Sonderbestrebungen,“ wenn man „in diesem Augenblick“ vor dem großartigen Werke der Dahlmann-Melcker'schen Verfassungsammen, noch länger an die „während eines ganzen Jahres von Herrn Simon vertheidigte Republik“ denken sollte. Hr. Simon steht vollständig auf dem „Rechtsboden der Majoritätsbeschlüsse,“ und tritt damit der Revolution direkt feindlich gegenüber, denn die Revolution ist nie etwas Anderes, als die gewaltsame Protestation der Minorität gegen die bestehenden Majoritätsbeschlüsse. Der „Einjährige“ der Frankfurter Republikanerschaar drückt diese Ansicht noch deutlicher aus.

„Von zwei Dingen wird nun Eins eintreten, entweder werden die Fürsten, deren Widerstand nun offen hervorgetreten ist, der Volksstimmung und dem mächtig sich erhebenden Volksgeiste weichen und die Vereinbarung, welche ihnen als Mittel des Widerstandes gegen die Reichsverfassung von Berlin aus geboten ist, nicht benutzen, sondern sich unterwerfen, damit das Werk in Friede besteht. Wenn dieser Fall eintritt, dann sind wir verpflichtet, auch die äußerste Partei, unser Wort zu halten, und die Verfassung mit dem Wahlgesetz, mit den Grundrechten einerseits, sowie mit dem erblichen Oberhaupte andrerseits, im Ganzen durchführen zu helfen. Wenn aber von jener Seite her dieser Macht des deutschen Volkswillens nicht Rechnung getragen würde, dann hilft das Wort nicht mehr, dann wird die Bahn der That beschritten werden und wenn diese beschritten ist, so ist Jeder Hochverräther, welcher dieselbe nicht friedlich anerkennt.“

Die Revolution, welche die „Bahn“ der Frankfurter „Verfassungsthat“ durchaus nicht „friedlich“ anerkennen wird, ist im altpreußischen Landrechtsstyl somit zur „Hochverrätherin“ erklärt. Avis für die Revolution, wenn sich später vielleicht noch einmal alte „Einjährige“ des republikanischen Parlamentlandsturms mit Wahlbetteleien einfinden.

Herr Simon ist das traurigste Exempel, wie ein Mensch in der Frankfurter Froschgesellschaft verkommen kann.

Wie weit in Frankfurt wirklich revolutionäre Männer wie Schlöffel und Schmidt aus Schlesien noch gehen dürfen, wenn sie nur einigermaßen eine „Partei“ erhalten wollen, mag man aus einer soeben erschienenen Erklärung der „äußersten Linken“, der letzten Reste des Donnersberges ersehen. Darin heißt es, daß auch diese „äußerste“ Linke sich dem hammonischen Verfassungsgebräu als „gültigem Majoritätsbeschluß“ unterwerfe; dagegen aber nach der Antwort des Königs von Preußen die Oberhauptsfrage für eine offene erkläre, und in republikanischem Sinne zu erledigen suche.

Herr Simon hat diese Erklärung nicht unterzeichnet, und neben der somit neu konstituirten „äußersten Linken“ einen gemäßigten Sonderbundsklub von Phantasten und Bierheulern gestiftet. Damit lebe Herr Simon uns fernerhin aber auch recht wohl!

Freiburg, 16. April.

Heute wurden in öffentlicher Sitzung des Hofgerichts die Namen der Geschwornen für die nächsten Verhandlungen des Geschwornengerichts aus der Urne gezogen. Durch Verfügung des großherzogl. Staatsministeriums vom 13. d. M. ist das weitere gerichtliche Verfahren gegen die wegen Hochverraths in Anklagezustand versetzten Amalie v. Struve und deren Bruder Peter Dusar unter der Voraussetzung künftigen gesetzlichen Betragens niedergeschlagen, und sind in Folge dessen beide der Haft entlassen worden. ‒ Die öffentliche gerichtliche Verhandlung gegen Joseph Fickler ist nunmehr auf den 2. Mai festgesetzt.

Ungarn.
<TEI>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 17. April.</head>
          <p> <hi rendition="#b">Sitzung der zweiten Kammer.</hi> </p>
          <p>Ein dringender Antrag des Abg. Schmiedicke (Neustadt in O.-S.) einen Gesetzvorschlag zur Erleichterung der Dismembrationen enthaltend, findet nicht die nothige Unterstutzung von 120 Stimmen und wird deshalb der Justizkommission überwiesen.</p>
          <p>Hierauf geht die Kammer zum Klubgesetz über.</p>
          <p>Präsident <hi rendition="#g">Grabow</hi> stellt die Frage, ob die Kammer den Titel des Gesetzes: &#x201E;Gesetz die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes,&#x201C; annehmen wolle.</p>
          <p>Die Linke protestirt gegen die Fragestellung und <hi rendition="#g">Wesendonk,</hi> so wie <hi rendition="#g">Waldeck</hi> beantragen, die Abstimmung oder den Titel bis nach Beendigung der ganzen Debatte zu verschieben, da man doch vorher nicht wissen könne, in welchem Sinne das Gesetz wird angenommen werden.</p>
          <p>Es erhebt sich kein Widerspruch und man kommt zu § 1 des Regierungsentwurfs.</p>
          <p>Berichterstatter <hi rendition="#g">Scherer:</hi> Sämmtliche Abtheilungen haben sich für die Streichung des § 1 ausgesprochen. Der Centralausschuß theilte diese Ansicht, indem er erwog, daß verfassungsgemäß Vereine und Versammlungen unbedingt erlaubt seien und das vorliegende Gesetz nur bezwecke, in concreten Fällen den Mißbrauch zu verhüten oder dessen Bestrafung zu ermöglichen.</p>
          <p>Da sich kein Redner gemeldet, kommt man zur Abstimmung.</p>
          <p>Der § 1 des Regierungsentwurfs, lautend:</p>
          <p>&#x201E;Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen, oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung,&#x201C; wird mit großer Majorität verworfen.</p>
          <p>Berichterstatter <hi rendition="#g">Scherer:</hi> In allen Abtheilungen ist die Frage aufgeworfen, jedoch nur von zweien zum Beschluß erhoben worden, den § 2 und folgeweise auch die sich zunächst daran anreihenden nur für Versammlungen in nicht geschlossenen Räumen gelten zu lassen. Der Centralausschuß ist bei der allgemeinen Fassung des Entwurfs verblieuen, indem er der Ansicht war, daß diejenigen Gründe, welche im Interesse der gesetzlichen Freiheit, so wie der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für Versammlungen unter freiem Himmel den Erlaß gewisser gesetzlicher Bestimmungen als nothwendig erscheinen lassen, bei Versammlungen in geschlossenen Räumen in kaum geringerem Grade vorhanden seien.</p>
          <p><hi rendition="#g">Elkemann</hi> spricht gegen den §. Wenn man Abends 8 Uhr eine Versammlung zum andern Abend 6 Uhr anmelden wird, so kann die Polizei diese Versammlung verbieten und das verfassungsmäßige Versammlungsrecht ist in diesem Falle schon 22 Stunden suspendirt. Die Verfassung gibt uns das freie Versammlungsrecht und das darf auch nicht durch das Geringste beschränkt werden. Wenn z. B. eine Gemeinde vom Bürgermeister zum andern Tage zusammenberufen wird, die Gemeinde will sich jedoch zuvor über die zu berathenden Gegenstände vorher verständigen, so ist ihr dies unmöglich, weil sie nicht 24 Stunden vorher um Erlaubniß fragen kann. Noch mehr nachtheilig ist diese Bestimmung in dem Fall, wenn eine Gemeindeversammlung sich veruneinigt und trennt, so kann der eine Theil, welcher das Versammlungslokal verläßt, sich nicht wieder versammeln, um das Nöthige zu besprechen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Wentzel</hi> (Ratibor) hat sich zwar für den § einschreiben lassen, verwahrt sich aber dagegen, als wolle er, die dem Volke zugesicherten Rechte und Freiheiten beschränken (connu.). Nur dem Clubunwesen wolle er vorbeugen und deshalb habe auch er und seine Freunde (rechtes Centrum) das Amendement gestellt, daß nur von solchen Versammlungen Anzeige zu machen sind, &#x201E;zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird&#x201C; und auch diese nur statt &#x201E;24 Stunden&#x201C; &#x2012; &#x201E; 6 Stunden&#x201C; vorher, da er eine Anzeige von 24 Stunden für zu lästig halte.</p>
          <p><hi rendition="#g">Phillips:</hi> Das Gesetz vom 6. April ist ein bestehendes und von allen Seiten zu Recht anerkanntes Grundgesetz, es darf nicht beschränkt werden, wie es durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschieht. Wenn wir auf die Debatten des vereinigten Landtags vom April v. J. zurückgehen, so finden wir, daß man damals nur mit dem größten Widerwillen eine kleine Beschränkung der Versammlungen unter freiem Himmel sich gefallen ließ. Glauben Sie denn, daß diejenigen, welche von nun an gegen die bestehende Regierung und die bestehenden Zustände aufreizen wollen, dies in öffentlichen Versammlungen thun werden, um sogleich von den Constablern ergriffen zu werden? Werden sich diese Männer nicht in geheime Schlupfwinkel zurückziehen und durch das Geheimniß der Verschwörungen, mit dem sie sich umhüllen werden, nicht viel gefährlicher sein? Deshalb gestatten Sie die unbedingte Versammlungsfreiheit und Sie werden den Verschworungen vorbeugen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Riedel.</hi> Versammlungen, die ihre Verhandlungen der Kenntniß der Polizeibehörde entziehen wollen, machen dieselbe nur argwöhnisch und mißtrauisch. Wenn aber die Versammlungen offen und frei für die Behörden sind, so wird sie dieselben noch gegen jede mögliche Angriffe beschützen und das Spionirsystem wird aufhören. Die Polizei muß offen und frei eintreten können.</p>
          <p><hi rendition="#g">Waldeck.</hi> Dieser §. eröffnet den Reigen derjenigen Bestimmungen, welche das Versammlungsrecht in geschlossenen Räumen beschränken sollen. Man verlangt die Anzeige der Versammlungen bei der Polizei, den freien Zutritt ihrer Diener, und giebt ihnen das Recht, die Versammlungen aufzuheben. Die Reaktion ist auch bei dem vorliegenden Gesetze immer mehr vorgeschritten. Anfangs gab man Versammlungsfreiheit ohne Beschränkung; schon der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf schränkte dieselbe ein; im August wollte man das belgische Gesetz einführen, und jetzt bringt man das französische vor &#x2026; Wenn Sie das Recht zum <hi rendition="#g">Gehen</hi> und zum <hi rendition="#g">Sprechen</hi> anerkennen, werden Sie zugestehen, daß man auch das Recht haben müsse, mit andern zusammen <hi rendition="#g">stehen</hi> zu bleiben und zu <hi rendition="#g">sprechen.</hi> Ebensowenig wie Sie das <hi rendition="#g">Gehen</hi> beschränken wollen, dürfen Sie auch das <hi rendition="#g">Stehen</hi> beschränken. Freilich im Polizeistaat ist das nicht als Recht angenommen, denn Kamptz sagt in seinen Werken, daß das <hi rendition="#g">Reisen</hi> nicht ein freies Recht eines Jeden sei, und daß der Staat das <hi rendition="#g">Reisen</hi> zu bewachen ein Recht habe. Streichen wir den §., da eine polizeiliche Anzeige die ganze Polizeiwirthschaft wieder herstellen würde. (Bravo links)</p>
          <p>Der Schluß der Debatte wird angenommen und man kommt zur Abstimmung. Die Amendements Pape und Seckendorf werden verworfen, dagegen das Amendement Wenzel: hinter die Worte &#x201E;von allen Versammlungen&#x201C; einzuschalten: &#x201E;zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird&#x201C;, angenommen. Das Amendement Caspary: &#x201E;der Vorsteher, Ordner, Leiter oder Inhaber des Lokals&#x201C; zu streichen und nur stehen zu lassen: &#x201E;der Unternehmer&#x201C;, wird mit 168 gegen 165 Stimmen angenommen. Pelzer aus Lennep trägt auf namentliche Abstimmung an, wonach das Amendement ebenfalls mit 167 gegen 165 Stimmen angenommen wird.</p>
          <p>Das Amendement: &#x201E;eine Stunde&#x201C; statt &#x201E;24 Stunden&#x201C; wird verworfen. Dagegen das Amendement Wenzel: &#x201E;6 Stunden&#x201C; statt &#x201E;24 Stunden&#x201C; angenommen. Der zweite Satz des Regierungsentwurfs wird verworfen. Endlich wird über den ganzen §. 2, nachdem er amendirt ist, namentlich abgestimmt und mit 168 gegen 164 Stimmen angenommen. Schneeweiß, Osterrath und Bloemer stimmen mit der Rechten. (Schluß der Sitzung.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar277-2_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 18. April.</head>
          <p>Sitzung der zweiten Kammer. Moritz beantragt, daß sein Gesetzentwurf über Ablösung der Mühlenabgaben an die Justiz- und nicht an die Gewerbekommission überwiesen werde. Elsner's Gesetz über die Feudallasten wird der Agrarkommission zuertheilt. Es wird sodann über den amendirten Gesetzentwurf wegen der Plakate zum zweiten Mal abgestimmt und dieser mit 167 gegen 163 Stimmen <hi rendition="#g">angenommen.</hi> </p>
          <p>Man schreitet zum <hi rendition="#g">Klubgesetz.</hi> Der Centralausschuß beantragt Streichung des §. 3. Letzterer wird denn auch einstimmig verworfen.</p>
          <p>Im §. 4 wird der erste Satz:</p>
          <p>&#x201E;Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen&#x201C; &#x2012;</p>
          <p> <hi rendition="#g">angenommen.</hi> </p>
          <p>Der erste Satz des §. 5, wonach in jede solche Versammlung 2 Polizeibeamte zu senden und diesen angemessene Plätze einzuräumen sind, mit 167 gegen 166 Stimmen <hi rendition="#g">verworfen.</hi> </p>
          <p>§. 6 wird mit großer Majorität <hi rendition="#g">verworfen;</hi> eben so §. 8, und statt dessen ein Amendement von Pape angenommen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar277-2_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>302</author></bibl> Erfurt, 14. April.</head>
          <p>Der Kommandant verweigert den zuverlässigsten Bürgern, selbst Jägern von Profession, die Zurückgabe ihrer Gewehre, welche er mit allen Privatwaffen den Bürgern abnehmen ließ. In dieser letztern Hinsicht fragt man sich hier: ob die militärische Willkührherrschaft des Kommandanten so unbegränzt sei, daß er mehreren vornehmen Nichtsthuern, pensionirten Offizieren etc., damit diese der &#x201E;noblen Passion&#x201C; nachgehen können, die Jagdgewehre überläßt, während er die der Bürger in den Kasematten verschlossen hält? Der Belagerungszustand und die Art seiner Handhabung gibt der verbissenen Empörung desto mehr Nahrung, je länger er dauert, und je weniger ein Grund dafür auch nur zu erdenken möglich ist, obwohl der hiesige Regierungspräsident, du Vignau, im Verein mit der Militär-Diktatur, dem Ministerium einen Bericht erstattet hat, nach welchem gewünscht wird, den Belagerungszustand zu verewigen. Aus der aus diesem Berichte gefertigten ministeriellen Denkschrift, oder vielmehr Parteischrift, geht übrigens hervor, daß es unser Belagerungszustand nicht sowohl auf die hiesige Einwohnerschaft, als auf den Freiheitssinn von ganz Thüringen abgesehen hat. Herr Manteuffel nennt diesen Freiheitssinn &#x201E;anarchische Bestrebungen,&#x201C; und gegen diesen Freiheitssinn soll Erfurt mit seinen Citadellen, nach Herrn Manteuffel, das &#x201E;Bollwerk&#x201C; für Thüringen sein. &#x2012; Gestern starb unser Bürgermeister, Defft, in einem Alter von mehr als 80 Jahren. Man hofft jetzt, die Leitung unserer Polizei werde endlich in kräftigere Hände gelegt werden, damit etwaige Störungen der öffentlichen Ruhe, auch ohne Einschreiten des Militärs mit der Schußwaffe, im Entstehen unterdrückt, oder vielmehr durch Beamte, welche populär, und das Vertrauen der Menge besitzen, verhütet werden können. Dies ist um so leichter, je lenksamer der Sinn der untern Klassen der hiesigen Einwohnerschaft ist; es gehört viele bureaukratische brutale Gewalt dazu, um ihn zu empören.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar277-2_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>14</author></bibl> Breslau, 16. April.</head>
          <p>Die &#x201E;Neue Rheinische Zeitung&#x201C; kommt hier sehr unregelmäßig an und scheint von der hiesigen Post absichtlich chikanirt zu werden. Die Nummer 270 ist gestern ausgeblieben, heute mußten daher zwei Nummern eintreffen, es ist aber nur die verspätete Nummer 270 angekommen, so daß wir jetzt im Vergleich mit der Kölnerin die &#x201E;N. Rh. Z.&#x201C; um einen Tag zu spät haben.</p>
          <p>Am Montag findet hier ein sozial-demokratisches Arbeiterbankett Statt.</p>
          <p>Ein heute aus Italien hier angekommener östreichischer Offizier gestand mir, daß ohne den Verrath Radetzki ganz sicher verloren gewesen wäre. Die Piemontesische Armee, meinte er, habe siegen müssen, der auf den Verrath instruirte Theil derselben sei jedoch wie auf Kommando davongelaufen und habe so den andern in's Verderben gestürzt. Er versicherte zugleich, daß zwischen Olmütz, wo er gewesen, und Potsdam, das innigste Einvernehmen herrsche, und alle Reden nur diplomatische Scharmützel seien, mit welchen man von jeher den deutschen Bierlumpenblödsinn betrogen habe.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 15. April.</head>
          <p>Dem &#x201E;Lloyd&#x201C; zufolge ist nun an Welden das Kommando in Ungarn und Siebenbürgen übertragen. F.-M.-L. Böhm ist an seine Stelle zum Civil- und Militärgouverneur von Wien ernannt. Bei einer heute abgehaltenen Revue nahm Welden von den Truppen Abschied. Baron Josika wird ihm in Ungarn für die Leitung der Civilangelegenheiten zur Seite stehen. Windischgrätz ist durch ein Handbillet nach Olmütz berufen. Wohlgemuth wird den Welden nach Ungarn begleiten und das Kommando von 6 Brigaden übernehmen. Benedek ist bereits nach Galizien abgereist; die 3 Brigaden, welche von dort unter Bogel's Kommando in Ungarn einrücken sollen, sind angeblich 12,000 Mann stark. Die &#x201E;Wiener Zeitung&#x201C; theilt mit, daß das Resultat der kriegsgerichtlichen Untersuchung gegen Zichy und Ludolf nächstens zu erwarten steht. Beide sind vorläufig auf Ruhegehalt gesetzt. Schon nächster Tage wird der Abschluß einer neuen Anleihe mit den Banquiers Rothschild, Pina etc. erwartet.</p>
          <p>Die Kabinetsmißhelligkeiten wegen der ungarischen Frage sind beigelegt nach den Ansichten Stadions, so daß die Centralisationspläne weiterhin kräftig verfolgt werden sollen.</p>
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          <head>Prag, 14. April.</head>
          <p>Unsere Garnison wird in Folge unserer bestandigen Niederlagen in Ungarn außerordentlich verringert. Am 10. ging auch ein Bataillon von Großfürst Michael Infanterie auf der Eisenbahn nach Wien, um von dort mittelst Dampfschiff nach Linz transportirt zu werden. Das zweite Bataillon soll bald nachfolgen. Die Ursache dieser Transferirung sind die großen Sympathien, welche sich in diesem, neuerer Zeit fast ganz aus gefangenen Honved's bestehenden Regimente für Freiheits- und slavische Bestrebungen zeigten. So traf es sich, daß am Ostermontage im Karolinenthal mehrere Studenten und Civilisten wegen freisinniger Reden und Toaste im Gartenhause mit Soldaten von Welden Infanterie (Polen) in Streit geriethen, der bald thätlich wurde; anwesende magyarische Soldaten nahmen mit dem Rufe: Eljen Kossuth! die Partei des Civils und vertrieben ihre eigenen Kameraden. Bei ihrer Abfahrt war am Bahnhof und auf den Batterien ein außerordentliches Gedränge; man rief ihnen: éljen Kossuth! at' ziu magyary! während die Regimentsbande unten &#x201E;Gott erhalte&#x201C; spielte. Bei der Gelegenheit hieb ein Offizier einen Civilisten, der Kossuth leben ließ, mit scharfem Säbel über den Kopf, daß er gleich zu Boden stürzte. Es ist hier eine gänzliche Umgestaltung der sonst antimagyarischen Czechen erfolgt; sie sympathisiren jetzt mit Kossuth und hoffen von ihm Rettung. Zu spät!</p>
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          <p>In der Kathrinenkircher Volksversammlung sagte Hr. Simon unter dem blühendsten deklamatorischem Schwulst u. A.:</p>
          <p>&#x201E;Ich sehe hier zu meinem großen Vergnügen verschiedene Parteien versammelt, ich sehe Männer, die zu gewissen Zeiten meine Worte in der Paulskirche wohl auch nicht gern vernommen haben. Ich gehöre nämlich der Partei an, welche in der Paulskirche, während des ganzen Jahres die Republik vertheidigt hat. Aber(!) ich würde denjenigen, welcher in diesem Augenblick durch Sonderbestrebungen (!) Einzelne von der großen Strömung ableitet, für einen Verräther am Vaterlande halten.&#x201C;</p>
          <p>Für Herrn Simon sind es also &#x201E;Sonderbestrebungen,&#x201C; wenn man &#x201E;in diesem Augenblick&#x201C; vor dem großartigen Werke der Dahlmann-Melcker'schen Verfassungsammen, noch länger an die &#x201E;während eines ganzen Jahres von Herrn Simon vertheidigte Republik&#x201C; denken sollte. Hr. Simon steht vollständig auf dem &#x201E;Rechtsboden der Majoritätsbeschlüsse,&#x201C; und tritt damit der Revolution direkt feindlich gegenüber, denn die Revolution ist nie etwas Anderes, als die gewaltsame Protestation der Minorität gegen die bestehenden Majoritätsbeschlüsse. Der &#x201E;Einjährige&#x201C; der Frankfurter Republikanerschaar drückt diese Ansicht noch deutlicher aus.</p>
          <p>&#x201E;Von zwei Dingen wird nun <hi rendition="#g">Eins</hi> eintreten, entweder werden die Fürsten, deren Widerstand nun offen hervorgetreten ist, der Volksstimmung und dem mächtig sich erhebenden Volksgeiste weichen und die Vereinbarung, welche ihnen als Mittel des Widerstandes gegen die Reichsverfassung von Berlin aus geboten ist, nicht benutzen, sondern sich unterwerfen, damit das Werk in Friede besteht. Wenn dieser Fall eintritt, dann sind wir verpflichtet, auch die äußerste Partei, unser Wort zu halten, und die Verfassung mit dem Wahlgesetz, mit den Grundrechten einerseits, sowie mit dem erblichen Oberhaupte andrerseits, im Ganzen durchführen zu helfen. Wenn aber von jener Seite her dieser Macht des deutschen Volkswillens nicht Rechnung getragen würde, dann hilft das Wort nicht mehr, dann wird die Bahn der That beschritten werden und wenn diese beschritten ist, so ist Jeder Hochverräther, welcher dieselbe nicht friedlich anerkennt.&#x201C;</p>
          <p>Die Revolution, welche die &#x201E;Bahn&#x201C; der Frankfurter &#x201E;Verfassungsthat&#x201C; durchaus nicht &#x201E;friedlich&#x201C; anerkennen wird, ist im altpreußischen Landrechtsstyl somit zur &#x201E;Hochverrätherin&#x201C; erklärt. Avis für die Revolution, wenn sich später vielleicht noch einmal alte &#x201E;Einjährige&#x201C; des republikanischen Parlamentlandsturms mit Wahlbetteleien einfinden.</p>
          <p>Herr Simon ist das traurigste Exempel, wie ein Mensch in der Frankfurter Froschgesellschaft verkommen kann.</p>
          <p>Wie weit in Frankfurt wirklich revolutionäre Männer wie Schlöffel und Schmidt aus Schlesien noch gehen dürfen, wenn sie nur einigermaßen eine &#x201E;Partei&#x201C; erhalten wollen, mag man aus einer soeben erschienenen Erklärung der &#x201E;<hi rendition="#g">äußersten</hi> Linken&#x201C;, der letzten Reste des Donnersberges ersehen. Darin heißt es, daß auch diese &#x201E;äußerste&#x201C; Linke sich dem hammonischen Verfassungsgebräu als &#x201E;gültigem Majoritätsbeschluß&#x201C; unterwerfe; dagegen aber nach der Antwort des Königs von Preußen die Oberhauptsfrage für eine offene erkläre, und in republikanischem Sinne zu erledigen suche.</p>
          <p>Herr Simon hat diese Erklärung nicht unterzeichnet, und neben der somit neu konstituirten &#x201E;äußersten Linken&#x201C; einen gemäßigten Sonderbundsklub von Phantasten und Bierheulern gestiftet. Damit lebe Herr Simon uns fernerhin aber auch recht wohl!</p>
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          <head>Freiburg, 16. April.</head>
          <p>Heute wurden in öffentlicher Sitzung des Hofgerichts die Namen der Geschwornen für die nächsten Verhandlungen des Geschwornengerichts aus der Urne gezogen. Durch Verfügung des großherzogl. Staatsministeriums vom 13. d. M. ist das weitere gerichtliche Verfahren gegen die wegen Hochverraths in Anklagezustand versetzten Amalie v. Struve und deren Bruder Peter Dusar unter der Voraussetzung künftigen gesetzlichen Betragens niedergeschlagen, und sind in Folge dessen beide der Haft entlassen worden. &#x2012; Die öffentliche gerichtliche Verhandlung gegen Joseph Fickler ist nunmehr auf den 2. Mai festgesetzt.</p>
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        <head>Ungarn.</head>
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[1564/0002] * Berlin, 17. April. Sitzung der zweiten Kammer. Ein dringender Antrag des Abg. Schmiedicke (Neustadt in O.-S.) einen Gesetzvorschlag zur Erleichterung der Dismembrationen enthaltend, findet nicht die nothige Unterstutzung von 120 Stimmen und wird deshalb der Justizkommission überwiesen. Hierauf geht die Kammer zum Klubgesetz über. Präsident Grabow stellt die Frage, ob die Kammer den Titel des Gesetzes: „Gesetz die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes,“ annehmen wolle. Die Linke protestirt gegen die Fragestellung und Wesendonk, so wie Waldeck beantragen, die Abstimmung oder den Titel bis nach Beendigung der ganzen Debatte zu verschieben, da man doch vorher nicht wissen könne, in welchem Sinne das Gesetz wird angenommen werden. Es erhebt sich kein Widerspruch und man kommt zu § 1 des Regierungsentwurfs. Berichterstatter Scherer: Sämmtliche Abtheilungen haben sich für die Streichung des § 1 ausgesprochen. Der Centralausschuß theilte diese Ansicht, indem er erwog, daß verfassungsgemäß Vereine und Versammlungen unbedingt erlaubt seien und das vorliegende Gesetz nur bezwecke, in concreten Fällen den Mißbrauch zu verhüten oder dessen Bestrafung zu ermöglichen. Da sich kein Redner gemeldet, kommt man zur Abstimmung. Der § 1 des Regierungsentwurfs, lautend: „Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen, oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung,“ wird mit großer Majorität verworfen. Berichterstatter Scherer: In allen Abtheilungen ist die Frage aufgeworfen, jedoch nur von zweien zum Beschluß erhoben worden, den § 2 und folgeweise auch die sich zunächst daran anreihenden nur für Versammlungen in nicht geschlossenen Räumen gelten zu lassen. Der Centralausschuß ist bei der allgemeinen Fassung des Entwurfs verblieuen, indem er der Ansicht war, daß diejenigen Gründe, welche im Interesse der gesetzlichen Freiheit, so wie der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für Versammlungen unter freiem Himmel den Erlaß gewisser gesetzlicher Bestimmungen als nothwendig erscheinen lassen, bei Versammlungen in geschlossenen Räumen in kaum geringerem Grade vorhanden seien. Elkemann spricht gegen den §. Wenn man Abends 8 Uhr eine Versammlung zum andern Abend 6 Uhr anmelden wird, so kann die Polizei diese Versammlung verbieten und das verfassungsmäßige Versammlungsrecht ist in diesem Falle schon 22 Stunden suspendirt. Die Verfassung gibt uns das freie Versammlungsrecht und das darf auch nicht durch das Geringste beschränkt werden. Wenn z. B. eine Gemeinde vom Bürgermeister zum andern Tage zusammenberufen wird, die Gemeinde will sich jedoch zuvor über die zu berathenden Gegenstände vorher verständigen, so ist ihr dies unmöglich, weil sie nicht 24 Stunden vorher um Erlaubniß fragen kann. Noch mehr nachtheilig ist diese Bestimmung in dem Fall, wenn eine Gemeindeversammlung sich veruneinigt und trennt, so kann der eine Theil, welcher das Versammlungslokal verläßt, sich nicht wieder versammeln, um das Nöthige zu besprechen. Wentzel (Ratibor) hat sich zwar für den § einschreiben lassen, verwahrt sich aber dagegen, als wolle er, die dem Volke zugesicherten Rechte und Freiheiten beschränken (connu.). Nur dem Clubunwesen wolle er vorbeugen und deshalb habe auch er und seine Freunde (rechtes Centrum) das Amendement gestellt, daß nur von solchen Versammlungen Anzeige zu machen sind, „zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird“ und auch diese nur statt „24 Stunden“ ‒ „ 6 Stunden“ vorher, da er eine Anzeige von 24 Stunden für zu lästig halte. Phillips: Das Gesetz vom 6. April ist ein bestehendes und von allen Seiten zu Recht anerkanntes Grundgesetz, es darf nicht beschränkt werden, wie es durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschieht. Wenn wir auf die Debatten des vereinigten Landtags vom April v. J. zurückgehen, so finden wir, daß man damals nur mit dem größten Widerwillen eine kleine Beschränkung der Versammlungen unter freiem Himmel sich gefallen ließ. Glauben Sie denn, daß diejenigen, welche von nun an gegen die bestehende Regierung und die bestehenden Zustände aufreizen wollen, dies in öffentlichen Versammlungen thun werden, um sogleich von den Constablern ergriffen zu werden? Werden sich diese Männer nicht in geheime Schlupfwinkel zurückziehen und durch das Geheimniß der Verschwörungen, mit dem sie sich umhüllen werden, nicht viel gefährlicher sein? Deshalb gestatten Sie die unbedingte Versammlungsfreiheit und Sie werden den Verschworungen vorbeugen. Riedel. Versammlungen, die ihre Verhandlungen der Kenntniß der Polizeibehörde entziehen wollen, machen dieselbe nur argwöhnisch und mißtrauisch. Wenn aber die Versammlungen offen und frei für die Behörden sind, so wird sie dieselben noch gegen jede mögliche Angriffe beschützen und das Spionirsystem wird aufhören. Die Polizei muß offen und frei eintreten können. Waldeck. Dieser §. eröffnet den Reigen derjenigen Bestimmungen, welche das Versammlungsrecht in geschlossenen Räumen beschränken sollen. Man verlangt die Anzeige der Versammlungen bei der Polizei, den freien Zutritt ihrer Diener, und giebt ihnen das Recht, die Versammlungen aufzuheben. Die Reaktion ist auch bei dem vorliegenden Gesetze immer mehr vorgeschritten. Anfangs gab man Versammlungsfreiheit ohne Beschränkung; schon der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf schränkte dieselbe ein; im August wollte man das belgische Gesetz einführen, und jetzt bringt man das französische vor … Wenn Sie das Recht zum Gehen und zum Sprechen anerkennen, werden Sie zugestehen, daß man auch das Recht haben müsse, mit andern zusammen stehen zu bleiben und zu sprechen. Ebensowenig wie Sie das Gehen beschränken wollen, dürfen Sie auch das Stehen beschränken. Freilich im Polizeistaat ist das nicht als Recht angenommen, denn Kamptz sagt in seinen Werken, daß das Reisen nicht ein freies Recht eines Jeden sei, und daß der Staat das Reisen zu bewachen ein Recht habe. Streichen wir den §., da eine polizeiliche Anzeige die ganze Polizeiwirthschaft wieder herstellen würde. (Bravo links) Der Schluß der Debatte wird angenommen und man kommt zur Abstimmung. Die Amendements Pape und Seckendorf werden verworfen, dagegen das Amendement Wenzel: hinter die Worte „von allen Versammlungen“ einzuschalten: „zu denen eine öffentliche oder allgemeine Einladung erlassen wird“, angenommen. Das Amendement Caspary: „der Vorsteher, Ordner, Leiter oder Inhaber des Lokals“ zu streichen und nur stehen zu lassen: „der Unternehmer“, wird mit 168 gegen 165 Stimmen angenommen. Pelzer aus Lennep trägt auf namentliche Abstimmung an, wonach das Amendement ebenfalls mit 167 gegen 165 Stimmen angenommen wird. Das Amendement: „eine Stunde“ statt „24 Stunden“ wird verworfen. Dagegen das Amendement Wenzel: „6 Stunden“ statt „24 Stunden“ angenommen. Der zweite Satz des Regierungsentwurfs wird verworfen. Endlich wird über den ganzen §. 2, nachdem er amendirt ist, namentlich abgestimmt und mit 168 gegen 164 Stimmen angenommen. Schneeweiß, Osterrath und Bloemer stimmen mit der Rechten. (Schluß der Sitzung.) * Berlin, 18. April. Sitzung der zweiten Kammer. Moritz beantragt, daß sein Gesetzentwurf über Ablösung der Mühlenabgaben an die Justiz- und nicht an die Gewerbekommission überwiesen werde. Elsner's Gesetz über die Feudallasten wird der Agrarkommission zuertheilt. Es wird sodann über den amendirten Gesetzentwurf wegen der Plakate zum zweiten Mal abgestimmt und dieser mit 167 gegen 163 Stimmen angenommen. Man schreitet zum Klubgesetz. Der Centralausschuß beantragt Streichung des §. 3. Letzterer wird denn auch einstimmig verworfen. Im §. 4 wird der erste Satz: „Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen“ ‒ angenommen. Der erste Satz des §. 5, wonach in jede solche Versammlung 2 Polizeibeamte zu senden und diesen angemessene Plätze einzuräumen sind, mit 167 gegen 166 Stimmen verworfen. §. 6 wird mit großer Majorität verworfen; eben so §. 8, und statt dessen ein Amendement von Pape angenommen. 302 Erfurt, 14. April. Der Kommandant verweigert den zuverlässigsten Bürgern, selbst Jägern von Profession, die Zurückgabe ihrer Gewehre, welche er mit allen Privatwaffen den Bürgern abnehmen ließ. In dieser letztern Hinsicht fragt man sich hier: ob die militärische Willkührherrschaft des Kommandanten so unbegränzt sei, daß er mehreren vornehmen Nichtsthuern, pensionirten Offizieren etc., damit diese der „noblen Passion“ nachgehen können, die Jagdgewehre überläßt, während er die der Bürger in den Kasematten verschlossen hält? Der Belagerungszustand und die Art seiner Handhabung gibt der verbissenen Empörung desto mehr Nahrung, je länger er dauert, und je weniger ein Grund dafür auch nur zu erdenken möglich ist, obwohl der hiesige Regierungspräsident, du Vignau, im Verein mit der Militär-Diktatur, dem Ministerium einen Bericht erstattet hat, nach welchem gewünscht wird, den Belagerungszustand zu verewigen. Aus der aus diesem Berichte gefertigten ministeriellen Denkschrift, oder vielmehr Parteischrift, geht übrigens hervor, daß es unser Belagerungszustand nicht sowohl auf die hiesige Einwohnerschaft, als auf den Freiheitssinn von ganz Thüringen abgesehen hat. Herr Manteuffel nennt diesen Freiheitssinn „anarchische Bestrebungen,“ und gegen diesen Freiheitssinn soll Erfurt mit seinen Citadellen, nach Herrn Manteuffel, das „Bollwerk“ für Thüringen sein. ‒ Gestern starb unser Bürgermeister, Defft, in einem Alter von mehr als 80 Jahren. Man hofft jetzt, die Leitung unserer Polizei werde endlich in kräftigere Hände gelegt werden, damit etwaige Störungen der öffentlichen Ruhe, auch ohne Einschreiten des Militärs mit der Schußwaffe, im Entstehen unterdrückt, oder vielmehr durch Beamte, welche populär, und das Vertrauen der Menge besitzen, verhütet werden können. Dies ist um so leichter, je lenksamer der Sinn der untern Klassen der hiesigen Einwohnerschaft ist; es gehört viele bureaukratische brutale Gewalt dazu, um ihn zu empören. 14 Breslau, 16. April. Die „Neue Rheinische Zeitung“ kommt hier sehr unregelmäßig an und scheint von der hiesigen Post absichtlich chikanirt zu werden. Die Nummer 270 ist gestern ausgeblieben, heute mußten daher zwei Nummern eintreffen, es ist aber nur die verspätete Nummer 270 angekommen, so daß wir jetzt im Vergleich mit der Kölnerin die „N. Rh. Z.“ um einen Tag zu spät haben. Am Montag findet hier ein sozial-demokratisches Arbeiterbankett Statt. Ein heute aus Italien hier angekommener östreichischer Offizier gestand mir, daß ohne den Verrath Radetzki ganz sicher verloren gewesen wäre. Die Piemontesische Armee, meinte er, habe siegen müssen, der auf den Verrath instruirte Theil derselben sei jedoch wie auf Kommando davongelaufen und habe so den andern in's Verderben gestürzt. Er versicherte zugleich, daß zwischen Olmütz, wo er gewesen, und Potsdam, das innigste Einvernehmen herrsche, und alle Reden nur diplomatische Scharmützel seien, mit welchen man von jeher den deutschen Bierlumpenblödsinn betrogen habe. * Wien, 15. April. Dem „Lloyd“ zufolge ist nun an Welden das Kommando in Ungarn und Siebenbürgen übertragen. F.-M.-L. Böhm ist an seine Stelle zum Civil- und Militärgouverneur von Wien ernannt. Bei einer heute abgehaltenen Revue nahm Welden von den Truppen Abschied. Baron Josika wird ihm in Ungarn für die Leitung der Civilangelegenheiten zur Seite stehen. Windischgrätz ist durch ein Handbillet nach Olmütz berufen. Wohlgemuth wird den Welden nach Ungarn begleiten und das Kommando von 6 Brigaden übernehmen. Benedek ist bereits nach Galizien abgereist; die 3 Brigaden, welche von dort unter Bogel's Kommando in Ungarn einrücken sollen, sind angeblich 12,000 Mann stark. Die „Wiener Zeitung“ theilt mit, daß das Resultat der kriegsgerichtlichen Untersuchung gegen Zichy und Ludolf nächstens zu erwarten steht. Beide sind vorläufig auf Ruhegehalt gesetzt. Schon nächster Tage wird der Abschluß einer neuen Anleihe mit den Banquiers Rothschild, Pina etc. erwartet. Die Kabinetsmißhelligkeiten wegen der ungarischen Frage sind beigelegt nach den Ansichten Stadions, so daß die Centralisationspläne weiterhin kräftig verfolgt werden sollen. Prag, 14. April. Unsere Garnison wird in Folge unserer bestandigen Niederlagen in Ungarn außerordentlich verringert. Am 10. ging auch ein Bataillon von Großfürst Michael Infanterie auf der Eisenbahn nach Wien, um von dort mittelst Dampfschiff nach Linz transportirt zu werden. Das zweite Bataillon soll bald nachfolgen. Die Ursache dieser Transferirung sind die großen Sympathien, welche sich in diesem, neuerer Zeit fast ganz aus gefangenen Honved's bestehenden Regimente für Freiheits- und slavische Bestrebungen zeigten. So traf es sich, daß am Ostermontage im Karolinenthal mehrere Studenten und Civilisten wegen freisinniger Reden und Toaste im Gartenhause mit Soldaten von Welden Infanterie (Polen) in Streit geriethen, der bald thätlich wurde; anwesende magyarische Soldaten nahmen mit dem Rufe: Eljen Kossuth! die Partei des Civils und vertrieben ihre eigenen Kameraden. Bei ihrer Abfahrt war am Bahnhof und auf den Batterien ein außerordentliches Gedränge; man rief ihnen: éljen Kossuth! at' ziu magyary! während die Regimentsbande unten „Gott erhalte“ spielte. Bei der Gelegenheit hieb ein Offizier einen Civilisten, der Kossuth leben ließ, mit scharfem Säbel über den Kopf, daß er gleich zu Boden stürzte. Es ist hier eine gänzliche Umgestaltung der sonst antimagyarischen Czechen erfolgt; sie sympathisiren jetzt mit Kossuth und hoffen von ihm Rettung. Zu spät! (Br. Ztg.) Triest, 10. April. Das östreichische Geschwader ist bereits zum Theil zur Blokade nach Venedig aufgebrochen. Vorgestern früh nahmen die Corvette Adria, die Briggs Oreste, Montecuculi und Pola, dann die Goelette Sfinge und die Dämpfer Vulcan und Maria ihre Richtung dahin. Gestern ward ein Kriegsgeschwader, bestehend aus fünf großen Segelschiffen und sechs Dämpfern, signalistet. Später erfuhren wir, daß es die sardinische Flotte sei, welche, von Venedig kommend, durch den Sirocco auf die Höhe von Pirano getrieben wurde. Dort salutirte sie die französische Fregatte Psyche. Durch den Sirocco sah sich auch die oben erwähnte östreichische Division genöthigt, in den Hafen von Pirano (Porto Rose) einzulaufen, und beide einst feindliche Flotten liegen nun einander friedlich gegenüber. (Lloyd.) Dresden, 16. April. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer beantwortete Staatsminister v. Beust die vor einigen Tagen mitgetheilte Tzschirner'sche Interpellation wegen der preußischen Circularnote dahin, daß 1) die Regierung diese Note am 3 April erhalten habe, 2) daß sie nicht, als die Ehre des deutschen Volks verletzend zurückgewiesen worden sei und 3) daß noch kein Entschluß gefaßt worden sei, der eine Ausführung bedinge, sondern man habe bei der preußischen Regierung angefragt, wie sie die Bildung eines engern Bundesstaates, wie solche in der Cirkularnote vermöge des Zusammentritts einiger Staaten im Gegensatz zu andern, nicht beitretenden vorgeschlagen wird, mit den auf dem Zwecke der Gesammtheit Deutschlands beruhenden Beschlüssen der Nationalversammlung und selbst mit dem, von ihr als maßgebend bezeichneten Bundesverhältniß in Einklang zu bringen gedenke. Vicepr. Tzschirner: Aus Dem, was man so eben gehört, gehe hervor, daß die Regierung die Absicht habe, sich weiter auf diese Note einzulassen. Das könne man nicht billigen, denn dieselbe gehe auf eine Octroyirung aus. Aus der Auslassung des Ministers sehe man, daß die Regierung in dem Sinne, wie Oesterreich auf die preußische Note geantwortet, den alten Bundesstaat noch anerkenne. 103 Frankfurt, 17. April. Sie haben in Ihrem Blatt bereits von dem glücklichen Aufgehen Ludwig Simons in die „Reichssimonie“ Akt genommen. Wer die ganze frühere Haltung des „Trierer Republikaners“ verfolgt hat, konnte ein solch tragisches Ende nicht ganz unerwartet finden. Ludwig Simon war nie etwas Anderes, als ein Phantast. Seine sämmtlichen Reden in der Paulskirche sind ein Zeugniß dieser Unklarheit und Phantasterei, welche ihn höchstens zum bewußtlosen Nachzügler der Demokratie machte, der von seiner „Sache“ nur in Phrasen und Deklamationen zu reden wußte. Dieselbe politische Unmündigkeit und Phrasenduselei, welche ihn zum Werkzeug der Frankfurter äußersten Linken machte, konnte ihn bei praktischen Fragen früher oder später auch einer andern Partei in die Arme führen. In der That ist Ludwig Simon in der Kaiser- und Verfassungssache zum Dupe des rohen, abgeschmackten Bierpolterers Vogt geworden, der ihn trefflich zu exploitiren weiß. In der Kathrinenkircher Volksversammlung sagte Hr. Simon unter dem blühendsten deklamatorischem Schwulst u. A.: „Ich sehe hier zu meinem großen Vergnügen verschiedene Parteien versammelt, ich sehe Männer, die zu gewissen Zeiten meine Worte in der Paulskirche wohl auch nicht gern vernommen haben. Ich gehöre nämlich der Partei an, welche in der Paulskirche, während des ganzen Jahres die Republik vertheidigt hat. Aber(!) ich würde denjenigen, welcher in diesem Augenblick durch Sonderbestrebungen (!) Einzelne von der großen Strömung ableitet, für einen Verräther am Vaterlande halten.“ Für Herrn Simon sind es also „Sonderbestrebungen,“ wenn man „in diesem Augenblick“ vor dem großartigen Werke der Dahlmann-Melcker'schen Verfassungsammen, noch länger an die „während eines ganzen Jahres von Herrn Simon vertheidigte Republik“ denken sollte. Hr. Simon steht vollständig auf dem „Rechtsboden der Majoritätsbeschlüsse,“ und tritt damit der Revolution direkt feindlich gegenüber, denn die Revolution ist nie etwas Anderes, als die gewaltsame Protestation der Minorität gegen die bestehenden Majoritätsbeschlüsse. Der „Einjährige“ der Frankfurter Republikanerschaar drückt diese Ansicht noch deutlicher aus. „Von zwei Dingen wird nun Eins eintreten, entweder werden die Fürsten, deren Widerstand nun offen hervorgetreten ist, der Volksstimmung und dem mächtig sich erhebenden Volksgeiste weichen und die Vereinbarung, welche ihnen als Mittel des Widerstandes gegen die Reichsverfassung von Berlin aus geboten ist, nicht benutzen, sondern sich unterwerfen, damit das Werk in Friede besteht. Wenn dieser Fall eintritt, dann sind wir verpflichtet, auch die äußerste Partei, unser Wort zu halten, und die Verfassung mit dem Wahlgesetz, mit den Grundrechten einerseits, sowie mit dem erblichen Oberhaupte andrerseits, im Ganzen durchführen zu helfen. Wenn aber von jener Seite her dieser Macht des deutschen Volkswillens nicht Rechnung getragen würde, dann hilft das Wort nicht mehr, dann wird die Bahn der That beschritten werden und wenn diese beschritten ist, so ist Jeder Hochverräther, welcher dieselbe nicht friedlich anerkennt.“ Die Revolution, welche die „Bahn“ der Frankfurter „Verfassungsthat“ durchaus nicht „friedlich“ anerkennen wird, ist im altpreußischen Landrechtsstyl somit zur „Hochverrätherin“ erklärt. Avis für die Revolution, wenn sich später vielleicht noch einmal alte „Einjährige“ des republikanischen Parlamentlandsturms mit Wahlbetteleien einfinden. Herr Simon ist das traurigste Exempel, wie ein Mensch in der Frankfurter Froschgesellschaft verkommen kann. Wie weit in Frankfurt wirklich revolutionäre Männer wie Schlöffel und Schmidt aus Schlesien noch gehen dürfen, wenn sie nur einigermaßen eine „Partei“ erhalten wollen, mag man aus einer soeben erschienenen Erklärung der „äußersten Linken“, der letzten Reste des Donnersberges ersehen. Darin heißt es, daß auch diese „äußerste“ Linke sich dem hammonischen Verfassungsgebräu als „gültigem Majoritätsbeschluß“ unterwerfe; dagegen aber nach der Antwort des Königs von Preußen die Oberhauptsfrage für eine offene erkläre, und in republikanischem Sinne zu erledigen suche. Herr Simon hat diese Erklärung nicht unterzeichnet, und neben der somit neu konstituirten „äußersten Linken“ einen gemäßigten Sonderbundsklub von Phantasten und Bierheulern gestiftet. Damit lebe Herr Simon uns fernerhin aber auch recht wohl! Freiburg, 16. April. Heute wurden in öffentlicher Sitzung des Hofgerichts die Namen der Geschwornen für die nächsten Verhandlungen des Geschwornengerichts aus der Urne gezogen. Durch Verfügung des großherzogl. Staatsministeriums vom 13. d. M. ist das weitere gerichtliche Verfahren gegen die wegen Hochverraths in Anklagezustand versetzten Amalie v. Struve und deren Bruder Peter Dusar unter der Voraussetzung künftigen gesetzlichen Betragens niedergeschlagen, und sind in Folge dessen beide der Haft entlassen worden. ‒ Die öffentliche gerichtliche Verhandlung gegen Joseph Fickler ist nunmehr auf den 2. Mai festgesetzt. Ungarn.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 277. Köln, 20. April 1849. Zweite Ausgabe, S. 1564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz277ii_1849/2>, abgerufen am 27.04.2024.