Neue Rheinische Zeitung. Nr. 283. Köln, 27. April 1849.legung, Bach für Fortsetzung des Krieges mit Hülfe der Russen, und Stadion für Weiterführung des Kampfes mit eigenen Kräften gestimmt hätten. Der Beschluß wäre nach der letzten Ansicht ausgefallen. * Wien, 22. April. Die Standrechts-Wirthschaft besteht unter dem neuen stellvertretenden Gouverneur (Böhm) fort, wie unter dem Mordknecht Welden. Die heutige "Wiener Zeitung" liefert durch folgende Kundmachung den Beweis davon: Da bei der ledigen Handarbeiterin, Johanna Ruß, von Ober-Oelitz in Nieder-Oestreich gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, bei einer am 5. d. M. vorgenommenen Hausdurchsuchung ein Säbel mit Stahlscheibe vorgefunden ward, und dieselbe durch ihr eigenes Geständniß überwiesen ist, diese Waffe seit dem Monat November v. J. trotz aller seither ergangenen Aufforderungen und Warnungen wissentlich verheimlicht zu haben, so ist dieselbe in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte zu sechsmonatlichem Stockhausarrest in Eisen verurtheilt, dieses kriegsrechtliche Erkenntniß aber hierstellig auf viermonatlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert und dem gemäß kund gemacht worden. Johann Kerner, von Crefeld in Rheinpreußen gebürtig, 44 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Fabrikswerkführer; Leopold Herbeck von Proschtsh-Voborischt in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, ledig, katholisch, Schneidergeselle, und Johann Praller, von Wien gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, ledig, Bandmacher, sind bei gesetzlich erhobenem Thatbestande und hergestelltem Beweise in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte unter Berücksichtigung ihres zum Theile trunkenen Zustandes, Ersterer wegen majestätsbeleidigender Aeußerungen zu achtmonatlichem, Herbeck wegen aufreizender Reden zu zehnmonatlichem, und Letzterer wegen öffentlicher Insultirung eines k. k. Soldaten zu dreiwöchentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, und diese kriegsrechtlichen Erkenntnisse, mit Ausnahme jenes über Kerner, dessen Strafurtheil auf sechsmonatlichen Stockhausarrest in Eisen gemildert ward, hierstellig bestätiget und kund gemacht worden. Wien, am 21. April 1849. Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungs-Kommission. Wien, 22. April. Die neue Anleihe soll denn doch vor sich gehen, und zwar im Wege einer allgemeinen Submission, im Belauf von 100 Mill. und derart in Umlauf zu bringen, daß man für die neuen 5 pCt. Staatsschuldverschreibungen 25 pCt. in älteren 5 pCt. Metalliques und nur 75 pCt. in Baarem zu erlegen hätte; ferner, daß diese neue Anleihe dann durch jährliche Verloosungen von zwei Millionen an Kapital und mit einem Verloosungsgewinne von 15 pCt. nach und nach amortisirt werden soll. Die Fonds steigen fortwährend und 5 pCt. Metalliques sind diesen Vormittag bis 92 1/2 gemacht worden, was man aber nur Börsenspekulationen zuschreibt. 104 Dresden. Die Landtagsabgeordneten Gruner, Fincke, Günther, Jahn, Linke, Schmidt, Ahnert, Segnitz, Haußner, Haustein, Kaiser, Auerswald, Floß und Päßler haben sich zu einem social-demokratischen Club vereinigt. Unseres Wissens ist noch in keiner andern deutschen Kammer eine solche Partei offen aufgetreten. Eine der ersten Arbeiten derselben ist ein Gesetzentwurf über die Reform in der Verwaltung und Gemeindeverfassung, dessen Einbringung in der zweiten Kammer angekündigt und genehmigt ist. Andere Arbeiten sollen bald nachfolgen. Die Stellung dieser neuen Fraktion zu den bestehenden Clubs der Linken und äußersten Linken wird keine feindliche sein, indem die letzteren hauptsächlich für eine demokratische Politik kämpfen, worin die socialen Demokraten gleichfalls einen Gegenstand für ihre Thätigkeit mit erkennen müssen. * Dresden, 23. April. Sämmtliche Vaterlandsvereine hielten gestern hier einen Kongreß oder Generalversammlung. Die hergesandten Deputirten vertraten 70,000 Mitglieder. Auf so hoch ist bereits die Zahl der im Verband der Vaterlandsvereine befindlichen Mitglieder angewachsen Eine Menge. Landtagsabgeordnete nahmen an den Verhandlungen in ihrer Eigenschaft als Mandatare von Vaterlandsvereinen thätigen Antheil. Den Hauptgegenstand der Verhandlung bildete folgender Antrag Tzschirner's: "Die Volksvertretung zu ersuchen, dem gegenwärtigen Ministerium kein Steuerprovisorium mehr zu bewilligen." Nach langen Debatten, in denen das Ministerium und sein ganzes im Interesse der Kamarilla beobachtetes Verfahren in helles Licht gesetzt wurden, ging obiger Antrag mit 516 gegen 180 Stimmen durch. Der Antrag auf ein Mistrauensvotum für die Linke in den Kammern wurde zurückgenommen. Schließlich wurde ein neuer Centralausschuß gewählt; die Wahl fiel auf entschiedene Radikale. * Frankfurt. Die äußerste Linke hat an alle mit dem Märzverein alliirten Vereine folgende Erklärung erlassen: Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung hat aus der bisherigen Wirksamkeit des Märzvereins die Ueberzeugung gewonnen, daß einerseits dieser Verein durch sein Bestreben, mittelst Verbindung verschiedener Elemente eine Vermittelung zwischen entgegenstehenden politischen Aarteien herbeizuführen die Entschiedenheit der demokratischen Partei zu gefährden und die entschlossene konsequente Durchführung demokratischer Grundsätze zu erschweren drohe, und daß andererseits dieser Verein wenig Gewähr für die Thatkraft biete, mit welcher in der gegenwärtigen Gefahr des Vaterlandes der Kampf für die Souveränetät der Nation allein mit Erfolg geführt werden kann. Es sind deßhalb diejenigen Mitglieder der äußersten Linken, welche dem Märzvereine angehörten, aus demselben ausgeschieden. Indem wir die Vereine hiervon in Kenntniß setzen, bemerken wir zugleich, daß wir mit den demokratischen Centralausschüssen in Verbindung getreten sind, um eine den jetzigen Verhältnissen entsprechende wirksame Centralisation aller Vereine, welche demokratisch-republikanische Zwecke verfolgen, von hier aus zu bewerkstelligen. Frankfurt a. M., 20 April 1849. Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung (Klub Donnersberg). Berger aus Wien. Brentano aus Mannheim, in Baden. Culmann aus Zweibrücken, in Rheinbaiern. Damm aus Rheinbischofsheim, in Baden. Dietsch aus Annaberg, in Sachsen. A. Erbe aus Altenburg. W. Hoffbauer aus Nordhausen, in Preußen. Hönniger aus Rudolstadt. Junghaus aus Mosbach, in Baden. Marek aus Graz, in Steiermark. Martini aus Friedland, in Westpreußen. Dr Mohr aus Oberingelheim, in Rheinhessen. Peter aus Konstanz, in Baden. Reichard aus Speyer in der Pfalz. Reinhard aus Boitzenburg, in Mecklenburg. Richter aus Achern, in Baden. Rühl aus Hanau, in Kurhessen. Schlöffel aus Halbendorf, in Schlesien. Schlutter aus S. Altenburg. Schmidt aus Löwenberg, in Schlessen. N. Schmitt aus Kaiserslautern, in der Pfalz. Fr. Schüler aus Zweibrücken. Fr. Schütz aus Mainz. Titus aus Bamberg, in Franken. Werner aus Oberkirch, in Baiern. Dr. A. Wiesner aus Wien. Würth aus Sigmaringen. Man sieht, daß L. Simon von Trier, Zimmermann, Piepmeyer, Fröbel u. s. w. nicht mehr der äußersten Linken angehören. Wir werden die Namen der Abgefallenen nächstens geben. Es soll uns freuen, wenn die sogenannte äußerste Linke jetzt endlich entschieden auftritt und sich von allen parlamentarischen Illusionen, Phrasen und Rücksichten lossagt. Doch sind auch jetzt unsere Hoffnungen nicht zu groß und es ist nur gut, daß im Grunde Alles vollständig gleichgültig ist, was in Frankfurt gethan wird, oder nicht gethan wird. Frankfurt, 24. April. Sitzung der National-Versammlung Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des vom Abgeordneten Kierulff erstatteten Berichts, Präsident Simson eröffnet die Sitzung gegen 9 1/2 Uhr Vormittags. Das Haus ist ungewöhnlich bewegt durch die Nachrichten aus Würtemberg. Ausgetreten aus der Versammlung ist Herr Perthaler aus Wien. Von dem Präsidenten der würtembergischen Abgeordnetenkammer ist ein Schreiben vom 22. April mit der Anzeige von den in dortiger Kammer gefaßten Beschlüssen zur Durchsetzung der deutschen Reichsverfassung eingegangen. Satz für Satz dieser Erklärung wird von lebhaften Zustimmungsäußerungen begrußt und beim Schlusse erfolgt ein allgemeines anhaltendes Beifallklatschen. Die Herren Fetzer und Vischer stellen hierauf den folgenden dringlichen Antrag: 1) Die Reichsversammlung wolle sofort beschließen: Die würtembergische Kammer der Abgeordneten, insbesondere durch ihren Beschluß vom 22. April, so wie das wurtembergische Volk überhaupt, entsprechen mit dem, in den letzten Tagen gezeigten entschiedenen Festhalten an der deutschen Reichsverfassung, den Erwartungen und dem Willen der deutschen Nation. 2) Die Reichsversammlung wolle von dieser Erklärung durch Vermittelung des Präsidiums jener Kammer der Abgeordneten, diese selbst, so wie das wurtembergische Volk überhaupt in Kenntniß setzen. Nicht allein die Dringlichkeit des Antrags wird mit Stimmeneinhelligkeit genehmigt, sondern auch, daß die Beschlußnahme ohne Diskussion erfolge. Die Mitglieder aller Fraktionen erheben sich dem Antrage gemaß, worauf der Prasident mit Nachdruck erklärt: "das ist der Beschluß des Hauses; ich werde darnach verfahren." Tagesordnung: Vogt von Gießen: Unter dem Eindrucke des eben gefaßten Beschlusses, will ich von den Maßregeln sprechen, zu denen uns die Ereignisse auffordern, von ihrer Zweckmäßigkeit und von der Stellung unserer (der linken) Partei. Man wirft uns vor, wir seien ins erbkaiserliche Lager ubergetreten. Aber wir verfahren jetzt wie früher nur unserem Grundsatze getreu, daß wir die Souveränetät dieser Versammlung unbedingt und auch in solchen Beschlussen anerkennen, die gegen unseren Willen und Meinung gefaßt worden sind, ja die wir aus allen Kräften bekampft haben, so lange sie noch nicht gefaßt waren. So haben wir es gehalten der Herstellung einer unverantwortlichen Centralgewalt, so den Grundrechten gegenüber. Die Linke in dem würtembergischen Ministerium, die Linke in den deutschen Standekammern ist es gewesen, welche uberall und Alles aufgeboten hat, zur Durchführung der Beschlusse dieses Hauses. Nicht das Erbkaiserthum daher ist es gewesen, welches uns für sich gewonnen hat, nein, wenn noch einmal darüber abgestimmt wurde, so wurden wir es noch einmal zurückweisen, aber für die Volkssouveranetät stehen wir mit Leib und Blut ein, die sich in den endgultigen Beschlussen dieser Versammlung ausspricht. Mit einer Begeisterung freilich, wie wir die republikanische Spitze empfangen haben würden, konnen wir das Erbkaiserthum nicht ins Leben setzen helfen Aber wir betrachten es als die erste Sprosse der Leiter, auf der wir - immer fechtend auf den Bänken der Opposition - das Volk weiter empor zu führen hoffen. Kein Riß darf in die deutsche Verfassung gebracht werden (!). Nicht der kleinste (!!). Die einmal gebrochene Lucke mochte leicht von 34 "unverantwortlichen" Händen ins Unendliche erweitert werden. Nicht "weil" mit dem Erbkaiser, sondern trotz des Erbkaisers halten wir die Verfassung aufrecht. Der Redner erläßt jedoch nach diesen Zugeständnissen der Mehrheit des Hauses - deren Zähigkeit man bewundernd ruhme - die Kritik keineswegs. Er wirft ihr ihre Rathlosigkeit den Ereignissen gegenuber vor, die Ohnmacht ihres Willens, wie sie sich in Oesterreich und Preußen schreiend kundgegeben habe. Denn es genüge nicht, im Schatten eines grunen Weidenbusches sich muthig zu versammeln, oder wie die "Deutsche Zeitung" die Schlafmütze über die Ohren am Schreibtische zu sitzen, sondern Thaten (!) seien nothig. (O Vogt !) Auch aus den Erklärungen der 28, zur Ueberraschung des preußischen und anderer Bevollmächtigten beistimmenden Regierungen greift Herr Vogt diejenigen heraus, die nur mit Vorbehalt gegeben worden, er weist ferner hin auf den unbefohlenen Ruckmarsch eines deutschen Heerestheils aus der ihm angewiesenen Stellung und auf die Pflicht des Reichsministeriums, diesen Ungehorsam unnachsichtlich strafend zu ahnden. Dann mustert er die Eröffnungen des Königs von Wurtemberg gegen die das Oberhaupt betreffenden Bestimmungen. Und wenn das Erbkaiserthum zunächst nichts weiter thäte, als daß es diesen Hochmuth von Gottes Gnaden brache (!!), so will sich Herr Vogt mit ihm versöhnen. Der Redner kommt darnach auf die im konstitutionellen Leben "unerhorten Vorgänge" in dem großten süddeutschen Staate, in Baiern zu sprechen. Wer also opponirt sich gegen die Verfassung? Die deutschen Volksstämme doch wahrhaftig nicht, von deren berechtigten Bedenken der Herr Reichsministerpräsident gesprochen. Auch von der Großherzigkeit und dem Patriotismus der Fürsten wird er hoffentlich künftig schweigen. Das preußische Ministerium hat erklärt, es rathe dem Könige die Annahme der deutschen Krone nicht an. Die Volksmeinung betrachte es, wie das Schiffsvolk die hochgehenden Wogen des Elements, dem man nicht gehorche, sondern vor dem man sich in einem Hafen zu bergen sucht. Vermuthlich erblicke das preußische Ministerium einen solchen rettenden Port - im Osten. Und dies sei dasselbe Ministerium, dem die Nationalversammlung durch ihre Beschlüsse zu Hulfe gekommen. Da spukt schon wieder in Schleswig-Holstein oder unter den danischen Diplomaten jener Hr. v. Wildenbruch, der da sagte: Preußen zieht das Schwert nicht für Schleswig-Holstein, sondern für die Rechte des Herzogs aus der Scheide. Derselbe Herr v Wildenbruch soll sich schon wieder dort oben herumtreiben. Meine Herren, es ist das keine geringe Sache, wenn man sieht, daß das Blut der Söhne Deutschlands nutzlos geopfert wird, um so welke Früchte zu erringen, wie in dem letzten Kriege, wenn man sieht, daß unsere Kieger geopfert werden sollen für solche nichtsnutzige Rücksichten (Beifall auch von der Ministerbank), Rücksichten, wie sie auch in manchen Gesprächen zu Tage gekommen sollen sein, von denen Gott verhüte, daß sie wahr seien. Die Ausschußanträge der Mehrheit gehen dahin, daß die Versammlung mit ihren Beschlüssen ruhe. Dürfen aber die Führer ruhen, wenn das Heer an allen Punkten vorrücken soll? Der Nation zu sagen, handle du, wir wollen indessen ruhen, das wäre nicht wohlgethan. Nein, Deutschland erwartet daß Jeder seine Schuldigkeit thut, und Sie sind zu allererst zu einem entschiedenen Handeln verpflichtet. Wenn sich der Reichsverweser nicht ausdrücklich lossagt von der östreichischen Note, so ist an ein ferneres Zusammenwirken der deutschen Exekutivgewalt mit dieser Versammlung nicht mehr zu denken. Plathner aus Halberstadt: Wir haben unter gesetzlichen und ungesetzlichen Maßregeln zu unterscheiden, damit wir nicht, indem wir den einen Theil der Nation für uns gewinnen, den andern größern verlieren. Kann das preußische Ministerium dem Könige nicht zur Annahme der ganzen unversehrten Verfassung rathen, so wäre freilich damit die Ablehnung der deutschen Krone ausgesprochen, denn es giebt keine Kaiserwürde, ohne die vollständige und unverkürzte Annahme der Verfassung. Allein der Rath eines Ministers ist noch kein Entschluß des Königs und zum Glück hat Preußen noch Männer genug, welche von anderer Meinung sind als Brandenburg und Manteuffel. Der Redner erklärt sich für die Anträge der Mehrheit des Ausschusses. Für einen Antrag auf Schluß der Debatte erhebt sich nur ein Theil der Linken. Wichmann aus Stendal greift dagegen die Vorschläge der Ausschußmehrheit an, weil sie nur Phrasen, nichts Thatsächliches enthielten. Vor Uebereilungen warne man? Er sei doch neugierig, einmal eine Uebereilung in der deutschen Geschichte zu erleben. Selbst wenn das Schlimmste (!) käme und die Reichsversammlung mit Ehren (?) fiele, so würde nur desto sicherer die Verfassung sich aus dieser Niederlage erheben. Francke aus Schleswig giebt einige Aufschlüsse über die Art und Weise wie das preußische Kabinet in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit zu Werke gegangen sei. Graf Arnims Absicht sei, daß trotz alles Blutes und aller Opfer Schleswig von Holstein gerissen werde. Er erklärt sich für die Vorschläge der Ausschußmehrheit mit der Warnung, daß man nicht donnern solle, wenn der Blitz fehle (Aha!) Moritz Mohl kommt auf seine fruheren Betheuerungen zurück, wornach nun und nimmermehr der König von Preußen die deutsche Kaiserkrone auf die Voraussetzungen der Verfassung hin annehmen werde. Und auf die Trennung von Oestreich! Nach seinem Vortrage vertagt das Haus die Fortsetzung der heutigen Berathung unter Vorbehalt des Worts für den Ministerpräsidenten zum Behuf einer persönlichen Erklärung. v. Gagern: In der Antwort Sr. Majestät des Königs von Würtemberg an die Abgeordnetendeputation, welche die heutigen Blätter gebracht haben, wird gesagt, daß ich mit Camphausen über Abanderungen der deutschen Verfassung in Unterhandlung getreten sei. Ich weiß nicht, aus welcher Quelle Se. Majestät diese Nachricht geschöpft hat. So viel aber weiß ich, daß weder Hr. Camphausen, den ich als einen Ehrenmann hochachte, noch ich die mindeste Veranlassung zu dieser Nachricht gegeben haben. Hr. v. Gagern wiederholt bei dieser Gelegenheit den Ausdruck seiner unerschütterlichen Ueberzeugung, daß die Verfassung, wie sie endgültig beschlossen und verkündet, so auch unangetastet zu bewahren sei. (Beifall). Die Abstimmung entscheidet sich darauf für Wiederaufnahme der heutig n Berathung schon morgen. 43 Mannheim, 24. April. Der berüchtigte Gefängnißdirektor Speigler aus Bruchsal, welcher auch früher in unserer Stadt eine Strafanstalt leitete, dessen Name aber durch seine empörende Behandlung der politischen Gefangenen in Bruchsal im ganzen badischen Lande eine traurige Celebrität erlangt, ist nun endlich von der Regierung von seiner Oberaufsicht der politischen Gefangenen entbunden worden. Ein gewisser Buchhalter der Gefängnisse, Namens Echart, hat die Verwaltung des Weiberzuchthauses übernommen, worin sich noch gegen 35 Gefangene in Bruchsal befinden. Damit jedoch die badische Regierung die Spionsgabe des berüchtigten Speigler nicht unbenutzt lasse, ist derselbe mit einer Mission nach Belgien beauftragt und bereits nach Brüssel und Courtray abgereist, angeblich, um dort einen neuen Webstuhl in Augenschein zu nehmen, zugleich aber, um über deutsche Flüchtlinge in Brüssel, Belgien, Paris und Straßburg zu rapportiren, indem der bewußte Speigler von Brüssel eine Vergnügungsreise durch Frankreich machen soll. Vergebens hatte, als Bornstedt noch in Bruchsal gefangen war, der etc. Speigler diesen aufgefordert, ihm Briefe nach Brüssel und Paris mitzugeben, er werde sie treulich besorgen. Es versteht sich von selbst, daß Bornstedt die oft wiederholten Anträge der Art abwies. Wir machen die deutschen Flüchtlinge auf die Reise des Speigler aufmersam und ersuchen die demokratischen Blätter Belgiens und Frankreichs, dasselbe zu thun. ** Bruchsal, 20. April. Heute Vormittag 8 Uhr wurde Bornstedt unter Gensd'armenbedeckung in einem Omnibus nach dem Bahnhofe gebracht, um mit dem ersten von hier abgehenden Zuge nach Freiburg abgeführt zu werden. Eine große Anzahl politischer Gefangener hatte sich schon gestern Abend in seiner Zelle zusammengefunden, um die letzten Stunden vor seiner Abreise noch bei ihm zuzubringen. Andere suchten ihn schon heute am frühen Morgen auf. Aus einem Fenster des Gefängnisses wehte eine rothe Fahne, die jedoch später auf Kabinetsordre des Zuchthauspascha's Speigler eingezogen werden mußte. Am Bahnhofe war eine große Menge Bruchsaler Einwohner versammelt. Die hiesigen Demokraten wollten eine Demonstration veranstalten; aber Bornstedt, der dies erfahren, bat es nicht zu thun. * Hamburg, 23. April. Wie die "B.-H." mittheilt, hat die dänische Regierung eine Verfügung erlassen, der zufolge die Blokade der Elbe- und Weser-Mündungen auf deutsche, jetzt in Hamburg und Bremen in Ladung liegende Auswandererschiffe bis zum Ende dieses Monats keine Anwendung finden soll. Hadersleben, 21. April. Nachdem das schleswig-holsteinische Hauptquartier vorgestern nach Christiansfeld verlegt worden und die Avantgarde, unter Zastrow's Befehl, hart an die jütische Gränze gerückt war, ist diese endlich gestern von unseren Truppen überschritten und Colding besetzt worden. Es hatten sich daselbst ungefähr 2800 Mann Dänen stark verschanzt; ihre Vorkehrungen zu diesem Ende waren sehr zweckmäßig getroffen, und sie waren angewiesen, den Platz auf's Aeußerste zu vertheidigen. Die über eine Brücke führende Einfahrt vom Schleswig'schen war durch eine feste Mauer und ein starkes Thor gesperrt, und hatte man diese Hindernisse überwunden, traf man auf eine mit Pallisaden versehene zweite Verschanzung, bei deren Angriff das feindliche Feuer unseren Truppen sehr gefährlich werden konnte; ferner waren eine Menge Häuser in der Stadt durch Zumauern der Fenster und angebrachte Oeffnungen zum Schießen zur Vertheidigung eingerichtet. Der erste Widerstand, das Thor, war sehr stark zusammengefügt, und beim Mangel an Artillerie bedurfte es einiger Zeit, bis das vorangeschickte zweite Jägerkorps mit der Zertrümmerung desselben zu Stande kam. Es geschah unter fortwährendem Feuern der Dänen, wobei Einer der Unsrigen getödtet und ein Paar verwundet wurden. Eingedrungen durch den Thorweg, wurden sofort die inneren Verschanzungen erstürmt, und nun ging's, "Schleswig-Holstein" singend, im Sturmschritt durch die Straßen. Die Dänen schossen aus den Häusern, aber unsere Truppen stürmten in dieselben hinein, und in Zeit von 2 1/2 Stunden waren die Feinde verschwunden. Sie zogen eiligst auf der Straße von Friedericia von dannen. Nur 16 Dänen sind zu Gefangenen gemacht worden. So wie die Vordermauern der Häuser nur kleine Löcher zeigten, waren die Fenster und Thüren nach der Hinterseite sämmtlich geöffnet, um zur Flucht benutzt werden zu können. Unser Verlust beträgt 5 Todte und 18 Verwundete, worunter 2 Offiziere. - Die beiden Jägerkorps waren diesen Vormittag 10 Uhr bereits 2 Meilen hinter Colding. (B.-H.) * Hadersleben, 23. April. In Kolding, das die sogenannten "Reichs"-Truppen nach hartnäckigem Gefecht und starkem Verlust den Dänen abgenommen hatten, ist es zu einem zweiten Kampf gekommen. Die Dänen, die sich in der Richtung von Fridericia und Veile zurückgezogen hatten, kamen mit verstärkter Macht zurück. Sie griffen die auf den Höhen von Kolding stehenden Vorposten, aus dem 10. Bataillon der Schleswig-Holsteiner bestehend, an. Ueber den Ausgang des Kampfes verlautet noch nichts Sicheres. Doch glaubt man, daß Kolding von den "Reichs"-Truppen, wenn auch mit bedeutendem Verlust, behauptet worden sei. 15 Schleswig-Holstein, 23. April. Einen Beitrag zur christlich-germanischen Wirthschaft hier im Lande haben wir schon in unsern letzten Berichten gegeben; wir setzen dies heute fort. Es ist schon erwähnt worden, daß im Schleswig'schen eine Gensd'armerie nach dem Muster der "schwarz-weißen" von dem Beglücker Schleswig-Holsteins, dem General Bonin, eingeführt ist, und daß diesen Faulthieren die Pflicht obliegt, auch besonders auf Demokraten zu vigiliren; denn Demokraten und Dänen stehen im gleichen Range, sind gleich verpönt in Schleswig-Holstein von den - Augustenburger Pferdezüchtern und deren Stallknechten Beseler und Consorten. Damit aber jenen am Wohlstande des Volkes saugenden Faulthieren das Werk etwas erleichtert werde, brachte unsere saubere Statthalterschaft einen Gesetzentwurf an unser Landesphilisterium des Inhalts, mehrere Artikel des Staatsgrundgesetzes im Herzogthum Schleswig und der Festung Rendsburg außer Kraft zu setzen. Es waren die Artikel 16, 18, 19 und 22, so wie Art. 13 der sich auf das den Schleswig-Holsteinern eingeräumte Waffenrecht bezieht. Die Landesphilister-Versammlung, zur Hälfte aus Büreaukraten und Bourgeois, zum Viertel aus Aristokraten (größtentheils Vollblutrace) und dem Rest aus sogenannten Volksmännern bestehend, nahm trotz Olshausen's Bedenken diesen Gesetzentwurf an. Die durch Aufhebung des Art. 13 des Grundgesetzes nicht mehr ungesetzliche Entwaffnung der Bürgerwehr ist auch bereits, wenngleich nicht offen, vor sich gegangen. Die Artikel lauten jetzt so für uns: Art. 16: Die Freiheit der Person ist nicht unverletzlich, Jedermann kann nach Belieben des Bürgermeisters, Polizeimeisters, Kommandanten, Gensd'armen, Bettelvogt's u. s. w. u. s. w. verhaftet werden. Wer eingesteckt wird, darf nicht fragen "weshalb", sondern er muß so lange brummen, als es den Herren von Statthaltersgnaden gefällt. Art. 18: Die Beschlagnahme und Einsicht von Privatpapieren darf durch jeden Polizeiknecht geschehen. Art. 19: Ein Briefgeheimniß giebt's nicht mehr. Polizei und Postbeamte können nach Belieben je den Brief öffnen und lesen. Art. 22: Die Schleswig-Holsteiner haben nicht das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Alle Vereine werden aufgehoben. Wer sich mit zwei Andern versammelt, wird eingesteckt. Daß durch die jetzigen außerordentlichen Um- und Zustände außerordentliche Maßregeln gerechtfertigt werden, unterliegt keinem Zweifel. Für den nördlichen Theil Schleswig's finden wir es in der Ordnung, aber auf den südlichen Theil und die loyale Stadt Rendsburg diese Maßregeln auszudehnen, dazu konnte wahrlich nur die Demokratenfurcht treiben. Es wundert uns, daß die zweiköpfige Statthalterschaft von Reichsverwesungs-Gnaden jene Maß- legung, Bach für Fortsetzung des Krieges mit Hülfe der Russen, und Stadion für Weiterführung des Kampfes mit eigenen Kräften gestimmt hätten. Der Beschluß wäre nach der letzten Ansicht ausgefallen. * Wien, 22. April. Die Standrechts-Wirthschaft besteht unter dem neuen stellvertretenden Gouverneur (Böhm) fort, wie unter dem Mordknecht Welden. Die heutige „Wiener Zeitung“ liefert durch folgende Kundmachung den Beweis davon: Da bei der ledigen Handarbeiterin, Johanna Ruß, von Ober-Oelitz in Nieder-Oestreich gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, bei einer am 5. d. M. vorgenommenen Hausdurchsuchung ein Säbel mit Stahlscheibe vorgefunden ward, und dieselbe durch ihr eigenes Geständniß überwiesen ist, diese Waffe seit dem Monat November v. J. trotz aller seither ergangenen Aufforderungen und Warnungen wissentlich verheimlicht zu haben, so ist dieselbe in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte zu sechsmonatlichem Stockhausarrest in Eisen verurtheilt, dieses kriegsrechtliche Erkenntniß aber hierstellig auf viermonatlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert und dem gemäß kund gemacht worden. Johann Kerner, von Crefeld in Rheinpreußen gebürtig, 44 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Fabrikswerkführer; Leopold Herbeck von Proschtsh-Voborischt in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, ledig, katholisch, Schneidergeselle, und Johann Praller, von Wien gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, ledig, Bandmacher, sind bei gesetzlich erhobenem Thatbestande und hergestelltem Beweise in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte unter Berücksichtigung ihres zum Theile trunkenen Zustandes, Ersterer wegen majestätsbeleidigender Aeußerungen zu achtmonatlichem, Herbeck wegen aufreizender Reden zu zehnmonatlichem, und Letzterer wegen öffentlicher Insultirung eines k. k. Soldaten zu dreiwöchentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, und diese kriegsrechtlichen Erkenntnisse, mit Ausnahme jenes über Kerner, dessen Strafurtheil auf sechsmonatlichen Stockhausarrest in Eisen gemildert ward, hierstellig bestätiget und kund gemacht worden. Wien, am 21. April 1849. Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungs-Kommission. Wien, 22. April. Die neue Anleihe soll denn doch vor sich gehen, und zwar im Wege einer allgemeinen Submission, im Belauf von 100 Mill. und derart in Umlauf zu bringen, daß man für die neuen 5 pCt. Staatsschuldverschreibungen 25 pCt. in älteren 5 pCt. Metalliques und nur 75 pCt. in Baarem zu erlegen hätte; ferner, daß diese neue Anleihe dann durch jährliche Verloosungen von zwei Millionen an Kapital und mit einem Verloosungsgewinne von 15 pCt. nach und nach amortisirt werden soll. Die Fonds steigen fortwährend und 5 pCt. Metalliques sind diesen Vormittag bis 92 1/2 gemacht worden, was man aber nur Börsenspekulationen zuschreibt. 104 Dresden. Die Landtagsabgeordneten Gruner, Fincke, Günther, Jahn, Linke, Schmidt, Ahnert, Segnitz, Haußner, Haustein, Kaiser, Auerswald, Floß und Päßler haben sich zu einem social-demokratischen Club vereinigt. Unseres Wissens ist noch in keiner andern deutschen Kammer eine solche Partei offen aufgetreten. Eine der ersten Arbeiten derselben ist ein Gesetzentwurf über die Reform in der Verwaltung und Gemeindeverfassung, dessen Einbringung in der zweiten Kammer angekündigt und genehmigt ist. Andere Arbeiten sollen bald nachfolgen. Die Stellung dieser neuen Fraktion zu den bestehenden Clubs der Linken und äußersten Linken wird keine feindliche sein, indem die letzteren hauptsächlich für eine demokratische Politik kämpfen, worin die socialen Demokraten gleichfalls einen Gegenstand für ihre Thätigkeit mit erkennen müssen. * Dresden, 23. April. Sämmtliche Vaterlandsvereine hielten gestern hier einen Kongreß oder Generalversammlung. Die hergesandten Deputirten vertraten 70,000 Mitglieder. Auf so hoch ist bereits die Zahl der im Verband der Vaterlandsvereine befindlichen Mitglieder angewachsen Eine Menge. Landtagsabgeordnete nahmen an den Verhandlungen in ihrer Eigenschaft als Mandatare von Vaterlandsvereinen thätigen Antheil. Den Hauptgegenstand der Verhandlung bildete folgender Antrag Tzschirner's: „Die Volksvertretung zu ersuchen, dem gegenwärtigen Ministerium kein Steuerprovisorium mehr zu bewilligen.“ Nach langen Debatten, in denen das Ministerium und sein ganzes im Interesse der Kamarilla beobachtetes Verfahren in helles Licht gesetzt wurden, ging obiger Antrag mit 516 gegen 180 Stimmen durch. Der Antrag auf ein Mistrauensvotum für die Linke in den Kammern wurde zurückgenommen. Schließlich wurde ein neuer Centralausschuß gewählt; die Wahl fiel auf entschiedene Radikale. * Frankfurt. Die äußerste Linke hat an alle mit dem Märzverein alliirten Vereine folgende Erklärung erlassen: Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung hat aus der bisherigen Wirksamkeit des Märzvereins die Ueberzeugung gewonnen, daß einerseits dieser Verein durch sein Bestreben, mittelst Verbindung verschiedener Elemente eine Vermittelung zwischen entgegenstehenden politischen Aarteien herbeizuführen die Entschiedenheit der demokratischen Partei zu gefährden und die entschlossene konsequente Durchführung demokratischer Grundsätze zu erschweren drohe, und daß andererseits dieser Verein wenig Gewähr für die Thatkraft biete, mit welcher in der gegenwärtigen Gefahr des Vaterlandes der Kampf für die Souveränetät der Nation allein mit Erfolg geführt werden kann. Es sind deßhalb diejenigen Mitglieder der äußersten Linken, welche dem Märzvereine angehörten, aus demselben ausgeschieden. Indem wir die Vereine hiervon in Kenntniß setzen, bemerken wir zugleich, daß wir mit den demokratischen Centralausschüssen in Verbindung getreten sind, um eine den jetzigen Verhältnissen entsprechende wirksame Centralisation aller Vereine, welche demokratisch-republikanische Zwecke verfolgen, von hier aus zu bewerkstelligen. Frankfurt a. M., 20 April 1849. Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung (Klub Donnersberg). Berger aus Wien. Brentano aus Mannheim, in Baden. Culmann aus Zweibrücken, in Rheinbaiern. Damm aus Rheinbischofsheim, in Baden. Dietsch aus Annaberg, in Sachsen. A. Erbe aus Altenburg. W. Hoffbauer aus Nordhausen, in Preußen. Hönniger aus Rudolstadt. Junghaus aus Mosbach, in Baden. Marek aus Graz, in Steiermark. Martini aus Friedland, in Westpreußen. Dr Mohr aus Oberingelheim, in Rheinhessen. Peter aus Konstanz, in Baden. Reichard aus Speyer in der Pfalz. Reinhard aus Boitzenburg, in Mecklenburg. Richter aus Achern, in Baden. Rühl aus Hanau, in Kurhessen. Schlöffel aus Halbendorf, in Schlesien. Schlutter aus S. Altenburg. Schmidt aus Löwenberg, in Schlessen. N. Schmitt aus Kaiserslautern, in der Pfalz. Fr. Schüler aus Zweibrücken. Fr. Schütz aus Mainz. Titus aus Bamberg, in Franken. Werner aus Oberkirch, in Baiern. Dr. A. Wiesner aus Wien. Würth aus Sigmaringen. Man sieht, daß L. Simon von Trier, Zimmermann, Piepmeyer, Fröbel u. s. w. nicht mehr der äußersten Linken angehören. Wir werden die Namen der Abgefallenen nächstens geben. Es soll uns freuen, wenn die sogenannte äußerste Linke jetzt endlich entschieden auftritt und sich von allen parlamentarischen Illusionen, Phrasen und Rücksichten lossagt. Doch sind auch jetzt unsere Hoffnungen nicht zu groß und es ist nur gut, daß im Grunde Alles vollständig gleichgültig ist, was in Frankfurt gethan wird, oder nicht gethan wird. Frankfurt, 24. April. Sitzung der National-Versammlung Tagesordnung: Fortsetzung der Berathung des vom Abgeordneten Kierulff erstatteten Berichts, Präsident Simson eröffnet die Sitzung gegen 9 1/2 Uhr Vormittags. Das Haus ist ungewöhnlich bewegt durch die Nachrichten aus Würtemberg. Ausgetreten aus der Versammlung ist Herr Perthaler aus Wien. Von dem Präsidenten der würtembergischen Abgeordnetenkammer ist ein Schreiben vom 22. April mit der Anzeige von den in dortiger Kammer gefaßten Beschlüssen zur Durchsetzung der deutschen Reichsverfassung eingegangen. Satz für Satz dieser Erklärung wird von lebhaften Zustimmungsäußerungen begrußt und beim Schlusse erfolgt ein allgemeines anhaltendes Beifallklatschen. Die Herren Fetzer und Vischer stellen hierauf den folgenden dringlichen Antrag: 1) Die Reichsversammlung wolle sofort beschließen: Die würtembergische Kammer der Abgeordneten, insbesondere durch ihren Beschluß vom 22. April, so wie das wurtembergische Volk überhaupt, entsprechen mit dem, in den letzten Tagen gezeigten entschiedenen Festhalten an der deutschen Reichsverfassung, den Erwartungen und dem Willen der deutschen Nation. 2) Die Reichsversammlung wolle von dieser Erklärung durch Vermittelung des Präsidiums jener Kammer der Abgeordneten, diese selbst, so wie das wurtembergische Volk überhaupt in Kenntniß setzen. Nicht allein die Dringlichkeit des Antrags wird mit Stimmeneinhelligkeit genehmigt, sondern auch, daß die Beschlußnahme ohne Diskussion erfolge. Die Mitglieder aller Fraktionen erheben sich dem Antrage gemaß, worauf der Prasident mit Nachdruck erklärt: „das ist der Beschluß des Hauses; ich werde darnach verfahren.“ Tagesordnung: Vogt von Gießen: Unter dem Eindrucke des eben gefaßten Beschlusses, will ich von den Maßregeln sprechen, zu denen uns die Ereignisse auffordern, von ihrer Zweckmäßigkeit und von der Stellung unserer (der linken) Partei. Man wirft uns vor, wir seien ins erbkaiserliche Lager ubergetreten. Aber wir verfahren jetzt wie früher nur unserem Grundsatze getreu, daß wir die Souveränetät dieser Versammlung unbedingt und auch in solchen Beschlussen anerkennen, die gegen unseren Willen und Meinung gefaßt worden sind, ja die wir aus allen Kräften bekampft haben, so lange sie noch nicht gefaßt waren. So haben wir es gehalten der Herstellung einer unverantwortlichen Centralgewalt, so den Grundrechten gegenüber. Die Linke in dem würtembergischen Ministerium, die Linke in den deutschen Standekammern ist es gewesen, welche uberall und Alles aufgeboten hat, zur Durchführung der Beschlusse dieses Hauses. Nicht das Erbkaiserthum daher ist es gewesen, welches uns für sich gewonnen hat, nein, wenn noch einmal darüber abgestimmt wurde, so wurden wir es noch einmal zurückweisen, aber für die Volkssouveranetät stehen wir mit Leib und Blut ein, die sich in den endgultigen Beschlussen dieser Versammlung ausspricht. Mit einer Begeisterung freilich, wie wir die republikanische Spitze empfangen haben würden, konnen wir das Erbkaiserthum nicht ins Leben setzen helfen Aber wir betrachten es als die erste Sprosse der Leiter, auf der wir ‒ immer fechtend auf den Bänken der Opposition ‒ das Volk weiter empor zu führen hoffen. Kein Riß darf in die deutsche Verfassung gebracht werden (!). Nicht der kleinste (!!). Die einmal gebrochene Lucke mochte leicht von 34 „unverantwortlichen“ Händen ins Unendliche erweitert werden. Nicht „weil“ mit dem Erbkaiser, sondern trotz des Erbkaisers halten wir die Verfassung aufrecht. Der Redner erläßt jedoch nach diesen Zugeständnissen der Mehrheit des Hauses ‒ deren Zähigkeit man bewundernd ruhme ‒ die Kritik keineswegs. Er wirft ihr ihre Rathlosigkeit den Ereignissen gegenuber vor, die Ohnmacht ihres Willens, wie sie sich in Oesterreich und Preußen schreiend kundgegeben habe. Denn es genüge nicht, im Schatten eines grunen Weidenbusches sich muthig zu versammeln, oder wie die „Deutsche Zeitung“ die Schlafmütze über die Ohren am Schreibtische zu sitzen, sondern Thaten (!) seien nothig. (O Vogt !) Auch aus den Erklärungen der 28, zur Ueberraschung des preußischen und anderer Bevollmächtigten beistimmenden Regierungen greift Herr Vogt diejenigen heraus, die nur mit Vorbehalt gegeben worden, er weist ferner hin auf den unbefohlenen Ruckmarsch eines deutschen Heerestheils aus der ihm angewiesenen Stellung und auf die Pflicht des Reichsministeriums, diesen Ungehorsam unnachsichtlich strafend zu ahnden. Dann mustert er die Eröffnungen des Königs von Wurtemberg gegen die das Oberhaupt betreffenden Bestimmungen. Und wenn das Erbkaiserthum zunächst nichts weiter thäte, als daß es diesen Hochmuth von Gottes Gnaden brache (!!), so will sich Herr Vogt mit ihm versöhnen. Der Redner kommt darnach auf die im konstitutionellen Leben „unerhorten Vorgänge“ in dem großten süddeutschen Staate, in Baiern zu sprechen. Wer also opponirt sich gegen die Verfassung? Die deutschen Volksstämme doch wahrhaftig nicht, von deren berechtigten Bedenken der Herr Reichsministerpräsident gesprochen. Auch von der Großherzigkeit und dem Patriotismus der Fürsten wird er hoffentlich künftig schweigen. Das preußische Ministerium hat erklärt, es rathe dem Könige die Annahme der deutschen Krone nicht an. Die Volksmeinung betrachte es, wie das Schiffsvolk die hochgehenden Wogen des Elements, dem man nicht gehorche, sondern vor dem man sich in einem Hafen zu bergen sucht. Vermuthlich erblicke das preußische Ministerium einen solchen rettenden Port ‒ im Osten. Und dies sei dasselbe Ministerium, dem die Nationalversammlung durch ihre Beschlüsse zu Hulfe gekommen. Da spukt schon wieder in Schleswig-Holstein oder unter den danischen Diplomaten jener Hr. v. Wildenbruch, der da sagte: Preußen zieht das Schwert nicht für Schleswig-Holstein, sondern für die Rechte des Herzogs aus der Scheide. Derselbe Herr v Wildenbruch soll sich schon wieder dort oben herumtreiben. Meine Herren, es ist das keine geringe Sache, wenn man sieht, daß das Blut der Söhne Deutschlands nutzlos geopfert wird, um so welke Früchte zu erringen, wie in dem letzten Kriege, wenn man sieht, daß unsere Kieger geopfert werden sollen für solche nichtsnutzige Rücksichten (Beifall auch von der Ministerbank), Rücksichten, wie sie auch in manchen Gesprächen zu Tage gekommen sollen sein, von denen Gott verhüte, daß sie wahr seien. Die Ausschußanträge der Mehrheit gehen dahin, daß die Versammlung mit ihren Beschlüssen ruhe. Dürfen aber die Führer ruhen, wenn das Heer an allen Punkten vorrücken soll? Der Nation zu sagen, handle du, wir wollen indessen ruhen, das wäre nicht wohlgethan. Nein, Deutschland erwartet daß Jeder seine Schuldigkeit thut, und Sie sind zu allererst zu einem entschiedenen Handeln verpflichtet. Wenn sich der Reichsverweser nicht ausdrücklich lossagt von der östreichischen Note, so ist an ein ferneres Zusammenwirken der deutschen Exekutivgewalt mit dieser Versammlung nicht mehr zu denken. Plathner aus Halberstadt: Wir haben unter gesetzlichen und ungesetzlichen Maßregeln zu unterscheiden, damit wir nicht, indem wir den einen Theil der Nation für uns gewinnen, den andern größern verlieren. Kann das preußische Ministerium dem Könige nicht zur Annahme der ganzen unversehrten Verfassung rathen, so wäre freilich damit die Ablehnung der deutschen Krone ausgesprochen, denn es giebt keine Kaiserwürde, ohne die vollständige und unverkürzte Annahme der Verfassung. Allein der Rath eines Ministers ist noch kein Entschluß des Königs und zum Glück hat Preußen noch Männer genug, welche von anderer Meinung sind als Brandenburg und Manteuffel. Der Redner erklärt sich für die Anträge der Mehrheit des Ausschusses. Für einen Antrag auf Schluß der Debatte erhebt sich nur ein Theil der Linken. Wichmann aus Stendal greift dagegen die Vorschläge der Ausschußmehrheit an, weil sie nur Phrasen, nichts Thatsächliches enthielten. Vor Uebereilungen warne man? Er sei doch neugierig, einmal eine Uebereilung in der deutschen Geschichte zu erleben. Selbst wenn das Schlimmste (!) käme und die Reichsversammlung mit Ehren (?) fiele, so würde nur desto sicherer die Verfassung sich aus dieser Niederlage erheben. Francke aus Schleswig giebt einige Aufschlüsse über die Art und Weise wie das preußische Kabinet in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit zu Werke gegangen sei. Graf Arnims Absicht sei, daß trotz alles Blutes und aller Opfer Schleswig von Holstein gerissen werde. Er erklärt sich für die Vorschläge der Ausschußmehrheit mit der Warnung, daß man nicht donnern solle, wenn der Blitz fehle (Aha!) Moritz Mohl kommt auf seine fruheren Betheuerungen zurück, wornach nun und nimmermehr der König von Preußen die deutsche Kaiserkrone auf die Voraussetzungen der Verfassung hin annehmen werde. Und auf die Trennung von Oestreich! Nach seinem Vortrage vertagt das Haus die Fortsetzung der heutigen Berathung unter Vorbehalt des Worts für den Ministerpräsidenten zum Behuf einer persönlichen Erklärung. v. Gagern: In der Antwort Sr. Majestät des Königs von Würtemberg an die Abgeordnetendeputation, welche die heutigen Blätter gebracht haben, wird gesagt, daß ich mit Camphausen über Abanderungen der deutschen Verfassung in Unterhandlung getreten sei. Ich weiß nicht, aus welcher Quelle Se. Majestät diese Nachricht geschöpft hat. So viel aber weiß ich, daß weder Hr. Camphausen, den ich als einen Ehrenmann hochachte, noch ich die mindeste Veranlassung zu dieser Nachricht gegeben haben. Hr. v. Gagern wiederholt bei dieser Gelegenheit den Ausdruck seiner unerschütterlichen Ueberzeugung, daß die Verfassung, wie sie endgültig beschlossen und verkündet, so auch unangetastet zu bewahren sei. (Beifall). Die Abstimmung entscheidet sich darauf für Wiederaufnahme der heutig n Berathung schon morgen. 43 Mannheim, 24. April. Der berüchtigte Gefängnißdirektor Speigler aus Bruchsal, welcher auch früher in unserer Stadt eine Strafanstalt leitete, dessen Name aber durch seine empörende Behandlung der politischen Gefangenen in Bruchsal im ganzen badischen Lande eine traurige Celebrität erlangt, ist nun endlich von der Regierung von seiner Oberaufsicht der politischen Gefangenen entbunden worden. Ein gewisser Buchhalter der Gefängnisse, Namens Echart, hat die Verwaltung des Weiberzuchthauses übernommen, worin sich noch gegen 35 Gefangene in Bruchsal befinden. Damit jedoch die badische Regierung die Spionsgabe des berüchtigten Speigler nicht unbenutzt lasse, ist derselbe mit einer Mission nach Belgien beauftragt und bereits nach Brüssel und Courtray abgereist, angeblich, um dort einen neuen Webstuhl in Augenschein zu nehmen, zugleich aber, um über deutsche Flüchtlinge in Brüssel, Belgien, Paris und Straßburg zu rapportiren, indem der bewußte Speigler von Brüssel eine Vergnügungsreise durch Frankreich machen soll. Vergebens hatte, als Bornstedt noch in Bruchsal gefangen war, der etc. Speigler diesen aufgefordert, ihm Briefe nach Brüssel und Paris mitzugeben, er werde sie treulich besorgen. Es versteht sich von selbst, daß Bornstedt die oft wiederholten Anträge der Art abwies. Wir machen die deutschen Flüchtlinge auf die Reise des Speigler aufmersam und ersuchen die demokratischen Blätter Belgiens und Frankreichs, dasselbe zu thun. ** Bruchsal, 20. April. Heute Vormittag 8 Uhr wurde Bornstedt unter Gensd'armenbedeckung in einem Omnibus nach dem Bahnhofe gebracht, um mit dem ersten von hier abgehenden Zuge nach Freiburg abgeführt zu werden. Eine große Anzahl politischer Gefangener hatte sich schon gestern Abend in seiner Zelle zusammengefunden, um die letzten Stunden vor seiner Abreise noch bei ihm zuzubringen. Andere suchten ihn schon heute am frühen Morgen auf. Aus einem Fenster des Gefängnisses wehte eine rothe Fahne, die jedoch später auf Kabinetsordre des Zuchthauspascha's Speigler eingezogen werden mußte. Am Bahnhofe war eine große Menge Bruchsaler Einwohner versammelt. Die hiesigen Demokraten wollten eine Demonstration veranstalten; aber Bornstedt, der dies erfahren, bat es nicht zu thun. * Hamburg, 23. April. Wie die „B.-H.“ mittheilt, hat die dänische Regierung eine Verfügung erlassen, der zufolge die Blokade der Elbe- und Weser-Mündungen auf deutsche, jetzt in Hamburg und Bremen in Ladung liegende Auswandererschiffe bis zum Ende dieses Monats keine Anwendung finden soll. Hadersleben, 21. April. Nachdem das schleswig-holsteinische Hauptquartier vorgestern nach Christiansfeld verlegt worden und die Avantgarde, unter Zastrow's Befehl, hart an die jütische Gränze gerückt war, ist diese endlich gestern von unseren Truppen überschritten und Colding besetzt worden. Es hatten sich daselbst ungefähr 2800 Mann Dänen stark verschanzt; ihre Vorkehrungen zu diesem Ende waren sehr zweckmäßig getroffen, und sie waren angewiesen, den Platz auf's Aeußerste zu vertheidigen. Die über eine Brücke führende Einfahrt vom Schleswig'schen war durch eine feste Mauer und ein starkes Thor gesperrt, und hatte man diese Hindernisse überwunden, traf man auf eine mit Pallisaden versehene zweite Verschanzung, bei deren Angriff das feindliche Feuer unseren Truppen sehr gefährlich werden konnte; ferner waren eine Menge Häuser in der Stadt durch Zumauern der Fenster und angebrachte Oeffnungen zum Schießen zur Vertheidigung eingerichtet. Der erste Widerstand, das Thor, war sehr stark zusammengefügt, und beim Mangel an Artillerie bedurfte es einiger Zeit, bis das vorangeschickte zweite Jägerkorps mit der Zertrümmerung desselben zu Stande kam. Es geschah unter fortwährendem Feuern der Dänen, wobei Einer der Unsrigen getödtet und ein Paar verwundet wurden. Eingedrungen durch den Thorweg, wurden sofort die inneren Verschanzungen erstürmt, und nun ging's, „Schleswig-Holstein“ singend, im Sturmschritt durch die Straßen. Die Dänen schossen aus den Häusern, aber unsere Truppen stürmten in dieselben hinein, und in Zeit von 2 1/2 Stunden waren die Feinde verschwunden. Sie zogen eiligst auf der Straße von Friedericia von dannen. Nur 16 Dänen sind zu Gefangenen gemacht worden. So wie die Vordermauern der Häuser nur kleine Löcher zeigten, waren die Fenster und Thüren nach der Hinterseite sämmtlich geöffnet, um zur Flucht benutzt werden zu können. Unser Verlust beträgt 5 Todte und 18 Verwundete, worunter 2 Offiziere. ‒ Die beiden Jägerkorps waren diesen Vormittag 10 Uhr bereits 2 Meilen hinter Colding. (B.-H.) * Hadersleben, 23. April. In Kolding, das die sogenannten „Reichs“-Truppen nach hartnäckigem Gefecht und starkem Verlust den Dänen abgenommen hatten, ist es zu einem zweiten Kampf gekommen. Die Dänen, die sich in der Richtung von Fridericia und Veile zurückgezogen hatten, kamen mit verstärkter Macht zurück. Sie griffen die auf den Höhen von Kolding stehenden Vorposten, aus dem 10. Bataillon der Schleswig-Holsteiner bestehend, an. Ueber den Ausgang des Kampfes verlautet noch nichts Sicheres. Doch glaubt man, daß Kolding von den „Reichs“-Truppen, wenn auch mit bedeutendem Verlust, behauptet worden sei. 15 Schleswig-Holstein, 23. April. Einen Beitrag zur christlich-germanischen Wirthschaft hier im Lande haben wir schon in unsern letzten Berichten gegeben; wir setzen dies heute fort. Es ist schon erwähnt worden, daß im Schleswig'schen eine Gensd'armerie nach dem Muster der „schwarz-weißen“ von dem Beglücker Schleswig-Holsteins, dem General Bonin, eingeführt ist, und daß diesen Faulthieren die Pflicht obliegt, auch besonders auf Demokraten zu vigiliren; denn Demokraten und Dänen stehen im gleichen Range, sind gleich verpönt in Schleswig-Holstein von den ‒ Augustenburger Pferdezüchtern und deren Stallknechten Beseler und Consorten. Damit aber jenen am Wohlstande des Volkes saugenden Faulthieren das Werk etwas erleichtert werde, brachte unsere saubere Statthalterschaft einen Gesetzentwurf an unser Landesphilisterium des Inhalts, mehrere Artikel des Staatsgrundgesetzes im Herzogthum Schleswig und der Festung Rendsburg außer Kraft zu setzen. Es waren die Artikel 16, 18, 19 und 22, so wie Art. 13 der sich auf das den Schleswig-Holsteinern eingeräumte Waffenrecht bezieht. Die Landesphilister-Versammlung, zur Hälfte aus Büreaukraten und Bourgeois, zum Viertel aus Aristokraten (größtentheils Vollblutrace) und dem Rest aus sogenannten Volksmännern bestehend, nahm trotz Olshausen's Bedenken diesen Gesetzentwurf an. Die durch Aufhebung des Art. 13 des Grundgesetzes nicht mehr ungesetzliche Entwaffnung der Bürgerwehr ist auch bereits, wenngleich nicht offen, vor sich gegangen. Die Artikel lauten jetzt so für uns: Art. 16: Die Freiheit der Person ist nicht unverletzlich, Jedermann kann nach Belieben des Bürgermeisters, Polizeimeisters, Kommandanten, Gensd'armen, Bettelvogt's u. s. w. u. s. w. verhaftet werden. Wer eingesteckt wird, darf nicht fragen „weshalb“, sondern er muß so lange brummen, als es den Herren von Statthaltersgnaden gefällt. Art. 18: Die Beschlagnahme und Einsicht von Privatpapieren darf durch jeden Polizeiknecht geschehen. Art. 19: Ein Briefgeheimniß giebt's nicht mehr. Polizei und Postbeamte können nach Belieben je den Brief öffnen und lesen. Art. 22: Die Schleswig-Holsteiner haben nicht das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Alle Vereine werden aufgehoben. Wer sich mit zwei Andern versammelt, wird eingesteckt. Daß durch die jetzigen außerordentlichen Um- und Zustände außerordentliche Maßregeln gerechtfertigt werden, unterliegt keinem Zweifel. Für den nördlichen Theil Schleswig's finden wir es in der Ordnung, aber auf den südlichen Theil und die loyale Stadt Rendsburg diese Maßregeln auszudehnen, dazu konnte wahrlich nur die Demokratenfurcht treiben. Es wundert uns, daß die zweiköpfige Statthalterschaft von Reichsverwesungs-Gnaden jene Maß- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar283_011" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1597"/> legung, Bach für Fortsetzung des Krieges mit Hülfe der Russen, und Stadion für Weiterführung des Kampfes mit eigenen Kräften gestimmt hätten. Der Beschluß wäre <hi rendition="#g">nach der letzten Ansicht</hi> ausgefallen.</p> </div> <div xml:id="ar283_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 22. April.</head> <p>Die Standrechts-Wirthschaft besteht unter dem neuen stellvertretenden Gouverneur (Böhm) fort, wie unter dem Mordknecht Welden. Die heutige „Wiener Zeitung“ liefert durch folgende Kundmachung den Beweis davon:</p> <p>Da bei der ledigen Handarbeiterin, Johanna <hi rendition="#g">Ruß,</hi> von Ober-Oelitz in Nieder-Oestreich gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, bei einer am 5. d. M. vorgenommenen Hausdurchsuchung ein Säbel mit Stahlscheibe vorgefunden ward, und dieselbe durch ihr eigenes Geständniß überwiesen ist, diese Waffe seit dem Monat November v. J. trotz aller seither ergangenen Aufforderungen und Warnungen wissentlich verheimlicht zu haben, so ist dieselbe in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte zu sechsmonatlichem Stockhausarrest in Eisen verurtheilt, dieses kriegsrechtliche Erkenntniß aber hierstellig auf viermonatlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert und dem gemäß kund gemacht worden.</p> <p>Johann <hi rendition="#g">Kerner,</hi> von Crefeld in Rheinpreußen gebürtig, 44 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Fabrikswerkführer; Leopold <hi rendition="#g">Herbeck</hi> von Proschtsh-Voborischt in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, ledig, katholisch, Schneidergeselle, und Johann <hi rendition="#g">Praller,</hi> von Wien gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, ledig, Bandmacher, sind bei gesetzlich erhobenem Thatbestande und hergestelltem Beweise in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte unter Berücksichtigung ihres zum Theile trunkenen Zustandes, Ersterer wegen majestätsbeleidigender Aeußerungen zu achtmonatlichem, Herbeck wegen aufreizender Reden zu zehnmonatlichem, und Letzterer wegen öffentlicher Insultirung eines k. k. Soldaten zu dreiwöchentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, und diese kriegsrechtlichen Erkenntnisse, mit Ausnahme jenes über Kerner, dessen Strafurtheil auf sechsmonatlichen Stockhausarrest in Eisen gemildert ward, hierstellig bestätiget und kund gemacht worden.</p> <p>Wien, am 21. April 1849.</p> <p>Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungs-Kommission.</p> </div> <div xml:id="ar283_013" type="jArticle"> <head>Wien, 22. April.</head> <p>Die neue Anleihe soll denn doch vor sich gehen, und zwar im Wege einer allgemeinen Submission, im Belauf von 100 Mill. und derart in Umlauf zu bringen, daß man für die neuen 5 pCt. Staatsschuldverschreibungen 25 pCt. in älteren 5 pCt. Metalliques und nur 75 pCt. in Baarem zu erlegen hätte; ferner, daß diese neue Anleihe dann durch jährliche Verloosungen von zwei Millionen an Kapital und mit einem Verloosungsgewinne von 15 pCt. nach und nach amortisirt werden soll. Die Fonds steigen fortwährend und 5 pCt. Metalliques sind diesen Vormittag bis 92 1/2 gemacht worden, <hi rendition="#g">was man aber nur Börsenspekulationen zuschreibt.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar283_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>104</author></bibl> Dresden.</head> <p>Die Landtagsabgeordneten Gruner, Fincke, Günther, Jahn, Linke, Schmidt, Ahnert, Segnitz, Haußner, Haustein, Kaiser, Auerswald, Floß und Päßler haben sich zu einem <hi rendition="#g">social-demokratischen</hi> Club vereinigt. Unseres Wissens ist noch in keiner andern deutschen Kammer eine solche Partei offen aufgetreten. Eine der ersten Arbeiten derselben ist ein Gesetzentwurf über die Reform in der Verwaltung und Gemeindeverfassung, dessen Einbringung in der zweiten Kammer angekündigt und genehmigt ist. Andere Arbeiten sollen bald nachfolgen. Die Stellung dieser neuen Fraktion zu den bestehenden Clubs der Linken und äußersten Linken wird keine feindliche sein, indem die letzteren hauptsächlich für eine demokratische <hi rendition="#g">Politik</hi> kämpfen, worin die <hi rendition="#g">socialen</hi> Demokraten gleichfalls einen Gegenstand für ihre Thätigkeit mit erkennen müssen.</p> </div> <div xml:id="ar283_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 23. April.</head> <p>Sämmtliche Vaterlandsvereine hielten gestern hier einen Kongreß oder Generalversammlung. Die hergesandten Deputirten vertraten 70,000 Mitglieder. Auf so hoch ist bereits die Zahl der im Verband der Vaterlandsvereine befindlichen Mitglieder angewachsen Eine Menge. Landtagsabgeordnete nahmen an den Verhandlungen in ihrer Eigenschaft als Mandatare von Vaterlandsvereinen thätigen Antheil. Den Hauptgegenstand der Verhandlung bildete folgender Antrag <hi rendition="#g">Tzschirner's:</hi> </p> <p>„Die Volksvertretung zu ersuchen, dem gegenwärtigen Ministerium kein Steuerprovisorium mehr zu bewilligen.“</p> <p>Nach langen Debatten, in denen das Ministerium und sein ganzes im Interesse der Kamarilla beobachtetes Verfahren in helles Licht gesetzt wurden, ging obiger Antrag mit 516 gegen 180 Stimmen durch.</p> <p>Der Antrag auf ein Mistrauensvotum für die <hi rendition="#g">Linke</hi> in den Kammern wurde zurückgenommen. Schließlich wurde ein neuer Centralausschuß gewählt; die Wahl fiel auf entschiedene Radikale.</p> </div> <div xml:id="ar283_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt.</head> <p>Die äußerste Linke hat an alle mit dem Märzverein alliirten Vereine folgende Erklärung erlassen:</p> <p>Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung hat aus der bisherigen Wirksamkeit des Märzvereins die Ueberzeugung gewonnen, daß einerseits dieser Verein durch sein Bestreben, mittelst Verbindung verschiedener Elemente eine Vermittelung zwischen entgegenstehenden politischen Aarteien herbeizuführen die Entschiedenheit der demokratischen Partei zu gefährden und die entschlossene konsequente Durchführung demokratischer Grundsätze zu erschweren drohe, und daß andererseits dieser Verein wenig Gewähr für die Thatkraft biete, mit welcher in der gegenwärtigen Gefahr des Vaterlandes der Kampf für die Souveränetät der Nation allein mit Erfolg geführt werden kann. Es sind deßhalb diejenigen Mitglieder der äußersten Linken, welche dem Märzvereine angehörten, aus demselben ausgeschieden. Indem wir die Vereine hiervon in Kenntniß setzen, bemerken wir zugleich, daß wir mit den demokratischen Centralausschüssen in Verbindung getreten sind, um eine den jetzigen Verhältnissen entsprechende wirksame Centralisation aller Vereine, welche demokratisch-republikanische Zwecke verfolgen, von hier aus zu bewerkstelligen.</p> <p>Frankfurt a. M., 20 April 1849.</p> <p>Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung (Klub Donnersberg).</p> <p>Berger aus Wien. Brentano aus Mannheim, in Baden. Culmann aus Zweibrücken, in Rheinbaiern. Damm aus Rheinbischofsheim, in Baden. Dietsch aus Annaberg, in Sachsen. A. Erbe aus Altenburg. W. Hoffbauer aus Nordhausen, in Preußen. Hönniger aus Rudolstadt. Junghaus aus Mosbach, in Baden. Marek aus Graz, in Steiermark. Martini aus Friedland, in Westpreußen. Dr Mohr aus Oberingelheim, in Rheinhessen. Peter aus Konstanz, in Baden. Reichard aus Speyer in der Pfalz. Reinhard aus Boitzenburg, in Mecklenburg. Richter aus Achern, in Baden. Rühl aus Hanau, in Kurhessen. Schlöffel aus Halbendorf, in Schlesien. Schlutter aus S. Altenburg. Schmidt aus Löwenberg, in Schlessen. N. Schmitt aus Kaiserslautern, in der Pfalz. Fr. Schüler aus Zweibrücken. Fr. Schütz aus Mainz. Titus aus Bamberg, in Franken. Werner aus Oberkirch, in Baiern. Dr. A. Wiesner aus Wien. Würth aus Sigmaringen.</p> <p>Man sieht, daß L. Simon von Trier, Zimmermann, Piepmeyer, Fröbel u. s. w. nicht mehr der äußersten Linken angehören. Wir werden die Namen der Abgefallenen nächstens geben. Es soll uns freuen, wenn die sogenannte äußerste Linke jetzt endlich entschieden auftritt und sich von allen parlamentarischen Illusionen, Phrasen und Rücksichten lossagt. Doch sind auch jetzt unsere Hoffnungen nicht zu groß und es ist nur gut, daß im Grunde Alles vollständig gleichgültig ist, was in Frankfurt gethan wird, oder nicht gethan wird.</p> </div> <div xml:id="ar283_017" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 24. April.</head> <p>Sitzung der National-Versammlung</p> <p> <hi rendition="#g">Tagesordnung:</hi> </p> <p>Fortsetzung der Berathung des vom Abgeordneten <hi rendition="#g">Kierulff</hi> erstatteten Berichts,</p> <p>Präsident <hi rendition="#g">Simson</hi> eröffnet die Sitzung gegen 9 1/2 Uhr Vormittags. Das Haus ist ungewöhnlich bewegt durch die Nachrichten aus Würtemberg.</p> <p>Ausgetreten aus der Versammlung ist Herr Perthaler aus Wien.</p> <p>Von dem Präsidenten der würtembergischen Abgeordnetenkammer ist ein Schreiben vom 22. April mit der Anzeige von den in dortiger Kammer gefaßten Beschlüssen zur Durchsetzung der deutschen Reichsverfassung eingegangen. Satz für Satz dieser Erklärung wird von lebhaften Zustimmungsäußerungen begrußt und beim Schlusse erfolgt ein allgemeines anhaltendes Beifallklatschen.</p> <p>Die Herren <hi rendition="#g">Fetzer</hi> und <hi rendition="#g">Vischer</hi> stellen hierauf den folgenden dringlichen Antrag:</p> <p>1) Die Reichsversammlung wolle sofort beschließen: Die würtembergische Kammer der Abgeordneten, insbesondere durch ihren Beschluß vom 22. April, so wie das wurtembergische Volk überhaupt, entsprechen mit dem, in den letzten Tagen gezeigten entschiedenen Festhalten an der deutschen Reichsverfassung, den Erwartungen und dem Willen der deutschen Nation.</p> <p>2) Die Reichsversammlung wolle von dieser Erklärung durch Vermittelung des Präsidiums jener Kammer der Abgeordneten, diese selbst, so wie das wurtembergische Volk überhaupt in Kenntniß setzen.</p> <p>Nicht allein die Dringlichkeit des Antrags wird mit Stimmeneinhelligkeit genehmigt, sondern auch, daß die Beschlußnahme ohne Diskussion erfolge. Die Mitglieder aller Fraktionen erheben sich dem Antrage gemaß, worauf der Prasident mit Nachdruck erklärt: „das ist der Beschluß des Hauses; ich werde darnach verfahren.“</p> <p> <hi rendition="#g">Tagesordnung:</hi> </p> <p><hi rendition="#g">Vogt</hi> von Gießen: Unter dem Eindrucke des eben gefaßten Beschlusses, will ich von den Maßregeln sprechen, zu denen uns die Ereignisse auffordern, von ihrer Zweckmäßigkeit und von der Stellung unserer (der linken) Partei. Man wirft uns vor, wir seien ins erbkaiserliche Lager ubergetreten. Aber wir verfahren jetzt wie früher nur unserem Grundsatze getreu, daß wir die Souveränetät dieser Versammlung unbedingt und auch in solchen Beschlussen anerkennen, die gegen unseren Willen und Meinung gefaßt worden sind, ja die wir aus allen Kräften bekampft haben, so lange sie noch nicht gefaßt waren. So haben wir es gehalten der Herstellung einer unverantwortlichen Centralgewalt, so den Grundrechten gegenüber. Die Linke in dem würtembergischen Ministerium, die Linke in den deutschen Standekammern ist es gewesen, welche uberall und Alles aufgeboten hat, zur Durchführung der Beschlusse dieses Hauses. Nicht das Erbkaiserthum daher ist es gewesen, welches uns für sich gewonnen hat, nein, wenn noch einmal darüber abgestimmt wurde, so wurden wir es noch einmal zurückweisen, aber für die Volkssouveranetät stehen wir mit Leib und Blut ein, die sich in den endgultigen Beschlussen dieser Versammlung ausspricht. Mit einer Begeisterung freilich, wie wir die republikanische Spitze empfangen haben würden, konnen wir das Erbkaiserthum nicht ins Leben setzen helfen Aber wir betrachten es als die erste Sprosse der Leiter, auf der wir ‒ immer fechtend auf den Bänken der Opposition ‒ das Volk weiter empor zu führen hoffen. Kein Riß darf in die deutsche Verfassung gebracht werden (!). Nicht der kleinste (!!). Die einmal gebrochene Lucke mochte leicht von 34 „unverantwortlichen“ Händen ins Unendliche erweitert werden. Nicht „weil“ mit dem Erbkaiser, sondern trotz des Erbkaisers halten wir die Verfassung aufrecht. Der Redner erläßt jedoch nach diesen Zugeständnissen der Mehrheit des Hauses ‒ deren Zähigkeit man bewundernd ruhme ‒ die Kritik keineswegs. Er wirft ihr ihre Rathlosigkeit den Ereignissen gegenuber vor, die Ohnmacht ihres Willens, wie sie sich in Oesterreich und Preußen schreiend kundgegeben habe. Denn es genüge nicht, im Schatten eines grunen Weidenbusches sich muthig zu versammeln, oder wie die „Deutsche Zeitung“ die Schlafmütze über die Ohren am Schreibtische zu sitzen, sondern Thaten (!) seien nothig. (O Vogt !) Auch aus den Erklärungen der 28, zur Ueberraschung des preußischen und anderer Bevollmächtigten beistimmenden Regierungen greift Herr Vogt diejenigen heraus, die nur mit Vorbehalt gegeben worden, er weist ferner hin auf den unbefohlenen Ruckmarsch eines deutschen Heerestheils aus der ihm angewiesenen Stellung und auf die Pflicht des Reichsministeriums, diesen Ungehorsam unnachsichtlich strafend zu ahnden. Dann mustert er die Eröffnungen des Königs von Wurtemberg gegen die das Oberhaupt betreffenden Bestimmungen. Und wenn das Erbkaiserthum zunächst nichts weiter thäte, als daß es diesen Hochmuth von Gottes Gnaden brache (!!), so will sich Herr Vogt mit ihm versöhnen. Der Redner kommt darnach auf die im konstitutionellen Leben „unerhorten Vorgänge“ in dem großten süddeutschen Staate, in Baiern zu sprechen. Wer also opponirt sich gegen die Verfassung? Die deutschen Volksstämme doch wahrhaftig nicht, von deren berechtigten Bedenken der Herr Reichsministerpräsident gesprochen. Auch von der Großherzigkeit und dem Patriotismus der Fürsten wird er hoffentlich künftig schweigen. Das preußische Ministerium hat erklärt, es rathe dem Könige die Annahme der deutschen Krone nicht an. Die Volksmeinung betrachte es, wie das Schiffsvolk die hochgehenden Wogen des Elements, dem man nicht gehorche, sondern vor dem man sich in einem Hafen zu bergen sucht. Vermuthlich erblicke das preußische Ministerium einen solchen rettenden Port ‒ im Osten. Und dies sei dasselbe Ministerium, dem die Nationalversammlung durch ihre Beschlüsse zu Hulfe gekommen. Da spukt schon wieder in Schleswig-Holstein oder unter den danischen Diplomaten jener Hr. v. Wildenbruch, der da sagte: Preußen zieht das Schwert nicht für Schleswig-Holstein, sondern für die Rechte des Herzogs aus der Scheide. Derselbe Herr v Wildenbruch soll sich schon wieder dort oben herumtreiben. Meine Herren, es ist das keine geringe Sache, wenn man sieht, daß das Blut der Söhne Deutschlands nutzlos geopfert wird, um so welke Früchte zu erringen, wie in dem letzten Kriege, wenn man sieht, daß unsere Kieger geopfert werden sollen für solche nichtsnutzige Rücksichten (Beifall auch von der Ministerbank), Rücksichten, wie sie auch in manchen Gesprächen zu Tage gekommen sollen sein, von denen Gott verhüte, daß sie wahr seien.</p> <p>Die Ausschußanträge der Mehrheit gehen dahin, daß die Versammlung mit ihren Beschlüssen ruhe. Dürfen aber die Führer ruhen, wenn das Heer an allen Punkten vorrücken soll? Der Nation zu sagen, handle du, wir wollen indessen ruhen, das wäre nicht wohlgethan. Nein, Deutschland erwartet daß Jeder seine Schuldigkeit thut, und Sie sind zu allererst zu einem entschiedenen Handeln verpflichtet. Wenn sich der Reichsverweser nicht ausdrücklich lossagt von der östreichischen Note, so ist an ein ferneres Zusammenwirken der deutschen Exekutivgewalt mit dieser Versammlung nicht mehr zu denken.</p> <p><hi rendition="#g">Plathner</hi> aus Halberstadt: Wir haben unter gesetzlichen und ungesetzlichen Maßregeln zu unterscheiden, damit wir nicht, indem wir den einen Theil der Nation für uns gewinnen, den andern größern verlieren. Kann das preußische Ministerium dem Könige nicht zur Annahme der ganzen unversehrten Verfassung rathen, so wäre freilich damit die Ablehnung der deutschen Krone ausgesprochen, denn es giebt keine Kaiserwürde, ohne die vollständige und unverkürzte Annahme der Verfassung. Allein der Rath eines Ministers ist noch kein Entschluß des Königs und zum Glück hat Preußen noch Männer genug, welche von anderer Meinung sind als Brandenburg und Manteuffel. Der Redner erklärt sich für die Anträge der Mehrheit des Ausschusses.</p> <p>Für einen Antrag auf Schluß der Debatte erhebt sich nur ein Theil der Linken.</p> <p><hi rendition="#g">Wichmann</hi> aus Stendal greift dagegen die Vorschläge der Ausschußmehrheit an, weil sie nur Phrasen, nichts Thatsächliches enthielten. Vor Uebereilungen warne man? Er sei doch neugierig, einmal eine Uebereilung in der deutschen Geschichte zu erleben. Selbst wenn das Schlimmste (!) käme und die Reichsversammlung mit Ehren (?) fiele, so würde nur desto sicherer die Verfassung sich aus dieser Niederlage erheben.</p> <p><hi rendition="#g">Francke</hi> aus Schleswig giebt einige Aufschlüsse über die Art und Weise wie das preußische Kabinet in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit zu Werke gegangen sei. Graf Arnims Absicht sei, daß trotz alles Blutes und aller Opfer Schleswig von Holstein gerissen werde. Er erklärt sich für die Vorschläge der Ausschußmehrheit mit der Warnung, daß man nicht donnern solle, wenn der Blitz fehle (Aha!)</p> <p><hi rendition="#g">Moritz Mohl</hi> kommt auf seine fruheren Betheuerungen zurück, wornach nun und nimmermehr der König von Preußen die deutsche Kaiserkrone auf die Voraussetzungen der Verfassung hin annehmen werde. Und auf die Trennung von Oestreich!</p> <p>Nach seinem Vortrage vertagt das Haus die Fortsetzung der heutigen Berathung unter Vorbehalt des Worts für den Ministerpräsidenten zum Behuf einer persönlichen Erklärung.</p> <p><hi rendition="#g">v. Gagern:</hi> In der Antwort Sr. Majestät des Königs von Würtemberg an die Abgeordnetendeputation, welche die heutigen Blätter gebracht haben, wird gesagt, daß ich mit Camphausen über Abanderungen der deutschen Verfassung in Unterhandlung getreten sei. Ich weiß nicht, aus welcher Quelle Se. Majestät diese Nachricht geschöpft hat. So viel aber weiß ich, daß weder Hr. Camphausen, den ich als einen Ehrenmann hochachte, noch ich die mindeste Veranlassung zu dieser Nachricht gegeben haben. Hr. v. Gagern wiederholt bei dieser Gelegenheit den Ausdruck seiner unerschütterlichen Ueberzeugung, daß die Verfassung, wie sie endgültig beschlossen und verkündet, so auch unangetastet zu bewahren sei. (Beifall).</p> <p>Die Abstimmung entscheidet sich darauf für Wiederaufnahme der heutig n Berathung schon morgen.</p> </div> <div xml:id="ar283_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>43</author></bibl> Mannheim, 24. April.</head> <p>Der berüchtigte Gefängnißdirektor Speigler aus Bruchsal, welcher auch früher in unserer Stadt eine Strafanstalt leitete, dessen Name aber durch seine empörende Behandlung der politischen Gefangenen in Bruchsal im ganzen badischen Lande eine traurige Celebrität erlangt, ist nun endlich von der Regierung von seiner Oberaufsicht der politischen Gefangenen entbunden worden. Ein gewisser Buchhalter der Gefängnisse, Namens Echart, hat die Verwaltung des Weiberzuchthauses übernommen, worin sich noch gegen 35 Gefangene in Bruchsal befinden.</p> <p>Damit jedoch die badische Regierung die Spionsgabe des berüchtigten Speigler nicht unbenutzt lasse, ist derselbe mit einer Mission nach Belgien beauftragt und bereits nach Brüssel und Courtray abgereist, angeblich, um dort einen neuen Webstuhl in Augenschein zu nehmen, zugleich aber, um über deutsche Flüchtlinge in Brüssel, Belgien, Paris und Straßburg zu rapportiren, indem der bewußte Speigler von Brüssel eine Vergnügungsreise durch Frankreich machen soll.</p> <p>Vergebens hatte, als Bornstedt noch in Bruchsal gefangen war, der etc. Speigler diesen aufgefordert, ihm Briefe nach Brüssel und Paris mitzugeben, er werde sie treulich besorgen. Es versteht sich von selbst, daß Bornstedt die oft wiederholten Anträge der Art abwies.</p> <p>Wir machen die deutschen Flüchtlinge auf die Reise des Speigler aufmersam und ersuchen die demokratischen Blätter Belgiens und Frankreichs, dasselbe zu thun.</p> </div> <div xml:id="ar283_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Bruchsal, 20. April.</head> <p>Heute Vormittag 8 Uhr wurde <hi rendition="#g">Bornstedt</hi> unter Gensd'armenbedeckung in einem Omnibus nach dem Bahnhofe gebracht, um mit dem ersten von hier abgehenden Zuge nach Freiburg abgeführt zu werden. Eine große Anzahl politischer Gefangener hatte sich schon gestern Abend in seiner Zelle zusammengefunden, um die letzten Stunden vor seiner Abreise noch bei ihm zuzubringen. Andere suchten ihn schon heute am frühen Morgen auf. Aus einem Fenster des Gefängnisses wehte eine rothe Fahne, die jedoch später auf Kabinetsordre des Zuchthauspascha's Speigler eingezogen werden mußte. Am Bahnhofe war eine große Menge Bruchsaler Einwohner versammelt. Die hiesigen Demokraten wollten eine Demonstration veranstalten; aber Bornstedt, der dies erfahren, bat es nicht zu thun.</p> </div> <div xml:id="ar283_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Hamburg, 23. April.</head> <p>Wie die „B.-H.“ mittheilt, hat die dänische Regierung eine Verfügung erlassen, der zufolge die Blokade der Elbe- und Weser-Mündungen auf deutsche, jetzt in Hamburg und Bremen in Ladung liegende Auswandererschiffe bis zum Ende dieses Monats keine Anwendung finden soll.</p> </div> <div xml:id="ar283_021" type="jArticle"> <head>Hadersleben, 21. April.</head> <p>Nachdem das schleswig-holsteinische Hauptquartier vorgestern nach Christiansfeld verlegt worden und die Avantgarde, unter Zastrow's Befehl, hart an die jütische Gränze gerückt war, ist diese endlich gestern von unseren Truppen überschritten und Colding besetzt worden. Es hatten sich daselbst ungefähr 2800 Mann Dänen stark verschanzt; ihre Vorkehrungen zu diesem Ende waren sehr zweckmäßig getroffen, und sie waren angewiesen, den Platz auf's Aeußerste zu vertheidigen. Die über eine Brücke führende Einfahrt vom Schleswig'schen war durch eine feste Mauer und ein starkes Thor gesperrt, und hatte man diese Hindernisse überwunden, traf man auf eine mit Pallisaden versehene zweite Verschanzung, bei deren Angriff das feindliche Feuer unseren Truppen sehr gefährlich werden konnte; ferner waren eine Menge Häuser in der Stadt durch Zumauern der Fenster und angebrachte Oeffnungen zum Schießen zur Vertheidigung eingerichtet. Der erste Widerstand, das Thor, war sehr stark zusammengefügt, und beim Mangel an Artillerie bedurfte es einiger Zeit, bis das vorangeschickte zweite Jägerkorps mit der Zertrümmerung desselben zu Stande kam. Es geschah unter fortwährendem Feuern der Dänen, wobei Einer der Unsrigen getödtet und ein Paar verwundet wurden. Eingedrungen durch den Thorweg, wurden sofort die inneren Verschanzungen erstürmt, und nun ging's, „Schleswig-Holstein“ singend, im Sturmschritt durch die Straßen. Die Dänen schossen aus den Häusern, aber unsere Truppen stürmten in dieselben hinein, und in Zeit von 2 1/2 Stunden waren die Feinde verschwunden. Sie zogen eiligst auf der Straße von Friedericia von dannen. Nur 16 Dänen sind zu Gefangenen gemacht worden. So wie die Vordermauern der Häuser nur kleine Löcher zeigten, waren die Fenster und Thüren nach der Hinterseite sämmtlich geöffnet, um zur Flucht benutzt werden zu können. Unser Verlust beträgt 5 Todte und 18 Verwundete, worunter 2 Offiziere. ‒ Die beiden Jägerkorps waren diesen Vormittag 10 Uhr bereits 2 Meilen hinter Colding.</p> <bibl>(B.-H.)</bibl> </div> <div xml:id="ar283_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Hadersleben, 23. April.</head> <p>In <hi rendition="#g">Kolding,</hi> das die sogenannten „Reichs“-Truppen nach hartnäckigem Gefecht und starkem Verlust den Dänen abgenommen hatten, ist es zu einem zweiten Kampf gekommen. Die Dänen, die sich in der Richtung von Fridericia und Veile zurückgezogen hatten, kamen mit verstärkter Macht zurück. Sie griffen die auf den Höhen von Kolding stehenden Vorposten, aus dem 10. Bataillon der Schleswig-Holsteiner bestehend, an. Ueber den Ausgang des Kampfes verlautet noch nichts Sicheres. Doch glaubt man, daß Kolding von den „Reichs“-Truppen, wenn auch mit bedeutendem Verlust, behauptet worden sei.</p> </div> <div xml:id="ar283_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 23. April.</head> <p>Einen Beitrag zur christlich-germanischen Wirthschaft hier im Lande haben wir schon in unsern letzten Berichten gegeben; wir setzen dies heute fort. Es ist schon erwähnt worden, daß im Schleswig'schen eine Gensd'armerie nach dem Muster der „schwarz-weißen“ von dem Beglücker Schleswig-Holsteins, dem General Bonin, eingeführt ist, und daß diesen Faulthieren die Pflicht obliegt, auch besonders auf Demokraten zu vigiliren; denn Demokraten und Dänen stehen im gleichen Range, sind gleich verpönt in Schleswig-Holstein von den ‒ Augustenburger Pferdezüchtern und deren Stallknechten Beseler und Consorten. Damit aber jenen am Wohlstande des Volkes saugenden Faulthieren das Werk etwas erleichtert werde, brachte unsere saubere Statthalterschaft einen Gesetzentwurf an unser Landesphilisterium des Inhalts, mehrere Artikel des Staatsgrundgesetzes im Herzogthum Schleswig und der Festung Rendsburg außer Kraft zu setzen. Es waren die Artikel 16, 18, 19 und 22, so wie Art. 13 der sich auf das den Schleswig-Holsteinern eingeräumte Waffenrecht bezieht. Die Landesphilister-Versammlung, zur Hälfte aus Büreaukraten und Bourgeois, zum Viertel aus Aristokraten (größtentheils Vollblutrace) und dem Rest aus sogenannten Volksmännern bestehend, nahm trotz Olshausen's Bedenken diesen Gesetzentwurf an. Die durch Aufhebung des Art. 13 des Grundgesetzes nicht mehr ungesetzliche Entwaffnung der Bürgerwehr ist auch bereits, wenngleich nicht offen, vor sich gegangen. Die Artikel lauten jetzt so für uns:</p> <p>Art. 16: Die Freiheit der Person ist <hi rendition="#g">nicht</hi> unverletzlich, Jedermann kann nach Belieben des Bürgermeisters, Polizeimeisters, Kommandanten, Gensd'armen, Bettelvogt's u. s. w. u. s. w. verhaftet werden. Wer eingesteckt wird, darf nicht fragen „weshalb“, sondern er muß so lange brummen, als es den Herren von Statthaltersgnaden gefällt.</p> <p>Art. 18: Die Beschlagnahme und Einsicht von Privatpapieren darf durch jeden Polizeiknecht geschehen.</p> <p>Art. 19: Ein Briefgeheimniß giebt's nicht mehr. Polizei und Postbeamte können nach Belieben je den Brief öffnen und lesen.</p> <p>Art. 22: Die Schleswig-Holsteiner haben nicht das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Alle Vereine werden aufgehoben. Wer sich mit zwei Andern versammelt, wird eingesteckt.</p> <p>Daß durch die jetzigen außerordentlichen Um- und Zustände außerordentliche Maßregeln gerechtfertigt werden, unterliegt keinem Zweifel. Für den nördlichen Theil Schleswig's finden wir es in der Ordnung, aber auf den südlichen Theil und die loyale Stadt Rendsburg diese Maßregeln auszudehnen, dazu konnte wahrlich nur die Demokratenfurcht treiben. Es wundert uns, daß die zweiköpfige Statthalterschaft von Reichsverwesungs-Gnaden jene Maß- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1597/0003]
legung, Bach für Fortsetzung des Krieges mit Hülfe der Russen, und Stadion für Weiterführung des Kampfes mit eigenen Kräften gestimmt hätten. Der Beschluß wäre nach der letzten Ansicht ausgefallen.
* Wien, 22. April. Die Standrechts-Wirthschaft besteht unter dem neuen stellvertretenden Gouverneur (Böhm) fort, wie unter dem Mordknecht Welden. Die heutige „Wiener Zeitung“ liefert durch folgende Kundmachung den Beweis davon:
Da bei der ledigen Handarbeiterin, Johanna Ruß, von Ober-Oelitz in Nieder-Oestreich gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, bei einer am 5. d. M. vorgenommenen Hausdurchsuchung ein Säbel mit Stahlscheibe vorgefunden ward, und dieselbe durch ihr eigenes Geständniß überwiesen ist, diese Waffe seit dem Monat November v. J. trotz aller seither ergangenen Aufforderungen und Warnungen wissentlich verheimlicht zu haben, so ist dieselbe in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte zu sechsmonatlichem Stockhausarrest in Eisen verurtheilt, dieses kriegsrechtliche Erkenntniß aber hierstellig auf viermonatlichen Stockhausarrest ohne Eisen gemildert und dem gemäß kund gemacht worden.
Johann Kerner, von Crefeld in Rheinpreußen gebürtig, 44 Jahre alt, katholisch, verheirathet, Fabrikswerkführer; Leopold Herbeck von Proschtsh-Voborischt in Böhmen gebürtig, 27 Jahre alt, ledig, katholisch, Schneidergeselle, und Johann Praller, von Wien gebürtig, 28 Jahre alt, katholisch, ledig, Bandmacher, sind bei gesetzlich erhobenem Thatbestande und hergestelltem Beweise in dem über sie abgehaltenen Kriegsrechte unter Berücksichtigung ihres zum Theile trunkenen Zustandes, Ersterer wegen majestätsbeleidigender Aeußerungen zu achtmonatlichem, Herbeck wegen aufreizender Reden zu zehnmonatlichem, und Letzterer wegen öffentlicher Insultirung eines k. k. Soldaten zu dreiwöchentlichem Stockhausarreste in Eisen verurtheilt, und diese kriegsrechtlichen Erkenntnisse, mit Ausnahme jenes über Kerner, dessen Strafurtheil auf sechsmonatlichen Stockhausarrest in Eisen gemildert ward, hierstellig bestätiget und kund gemacht worden.
Wien, am 21. April 1849.
Von der k. k. Militär-Central-Untersuchungs-Kommission.
Wien, 22. April. Die neue Anleihe soll denn doch vor sich gehen, und zwar im Wege einer allgemeinen Submission, im Belauf von 100 Mill. und derart in Umlauf zu bringen, daß man für die neuen 5 pCt. Staatsschuldverschreibungen 25 pCt. in älteren 5 pCt. Metalliques und nur 75 pCt. in Baarem zu erlegen hätte; ferner, daß diese neue Anleihe dann durch jährliche Verloosungen von zwei Millionen an Kapital und mit einem Verloosungsgewinne von 15 pCt. nach und nach amortisirt werden soll. Die Fonds steigen fortwährend und 5 pCt. Metalliques sind diesen Vormittag bis 92 1/2 gemacht worden, was man aber nur Börsenspekulationen zuschreibt.
104 Dresden. Die Landtagsabgeordneten Gruner, Fincke, Günther, Jahn, Linke, Schmidt, Ahnert, Segnitz, Haußner, Haustein, Kaiser, Auerswald, Floß und Päßler haben sich zu einem social-demokratischen Club vereinigt. Unseres Wissens ist noch in keiner andern deutschen Kammer eine solche Partei offen aufgetreten. Eine der ersten Arbeiten derselben ist ein Gesetzentwurf über die Reform in der Verwaltung und Gemeindeverfassung, dessen Einbringung in der zweiten Kammer angekündigt und genehmigt ist. Andere Arbeiten sollen bald nachfolgen. Die Stellung dieser neuen Fraktion zu den bestehenden Clubs der Linken und äußersten Linken wird keine feindliche sein, indem die letzteren hauptsächlich für eine demokratische Politik kämpfen, worin die socialen Demokraten gleichfalls einen Gegenstand für ihre Thätigkeit mit erkennen müssen.
* Dresden, 23. April. Sämmtliche Vaterlandsvereine hielten gestern hier einen Kongreß oder Generalversammlung. Die hergesandten Deputirten vertraten 70,000 Mitglieder. Auf so hoch ist bereits die Zahl der im Verband der Vaterlandsvereine befindlichen Mitglieder angewachsen Eine Menge. Landtagsabgeordnete nahmen an den Verhandlungen in ihrer Eigenschaft als Mandatare von Vaterlandsvereinen thätigen Antheil. Den Hauptgegenstand der Verhandlung bildete folgender Antrag Tzschirner's:
„Die Volksvertretung zu ersuchen, dem gegenwärtigen Ministerium kein Steuerprovisorium mehr zu bewilligen.“
Nach langen Debatten, in denen das Ministerium und sein ganzes im Interesse der Kamarilla beobachtetes Verfahren in helles Licht gesetzt wurden, ging obiger Antrag mit 516 gegen 180 Stimmen durch.
Der Antrag auf ein Mistrauensvotum für die Linke in den Kammern wurde zurückgenommen. Schließlich wurde ein neuer Centralausschuß gewählt; die Wahl fiel auf entschiedene Radikale.
* Frankfurt. Die äußerste Linke hat an alle mit dem Märzverein alliirten Vereine folgende Erklärung erlassen:
Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung hat aus der bisherigen Wirksamkeit des Märzvereins die Ueberzeugung gewonnen, daß einerseits dieser Verein durch sein Bestreben, mittelst Verbindung verschiedener Elemente eine Vermittelung zwischen entgegenstehenden politischen Aarteien herbeizuführen die Entschiedenheit der demokratischen Partei zu gefährden und die entschlossene konsequente Durchführung demokratischer Grundsätze zu erschweren drohe, und daß andererseits dieser Verein wenig Gewähr für die Thatkraft biete, mit welcher in der gegenwärtigen Gefahr des Vaterlandes der Kampf für die Souveränetät der Nation allein mit Erfolg geführt werden kann. Es sind deßhalb diejenigen Mitglieder der äußersten Linken, welche dem Märzvereine angehörten, aus demselben ausgeschieden. Indem wir die Vereine hiervon in Kenntniß setzen, bemerken wir zugleich, daß wir mit den demokratischen Centralausschüssen in Verbindung getreten sind, um eine den jetzigen Verhältnissen entsprechende wirksame Centralisation aller Vereine, welche demokratisch-republikanische Zwecke verfolgen, von hier aus zu bewerkstelligen.
Frankfurt a. M., 20 April 1849.
Die äußerste Linke der deutschen Nationalversammlung (Klub Donnersberg).
Berger aus Wien. Brentano aus Mannheim, in Baden. Culmann aus Zweibrücken, in Rheinbaiern. Damm aus Rheinbischofsheim, in Baden. Dietsch aus Annaberg, in Sachsen. A. Erbe aus Altenburg. W. Hoffbauer aus Nordhausen, in Preußen. Hönniger aus Rudolstadt. Junghaus aus Mosbach, in Baden. Marek aus Graz, in Steiermark. Martini aus Friedland, in Westpreußen. Dr Mohr aus Oberingelheim, in Rheinhessen. Peter aus Konstanz, in Baden. Reichard aus Speyer in der Pfalz. Reinhard aus Boitzenburg, in Mecklenburg. Richter aus Achern, in Baden. Rühl aus Hanau, in Kurhessen. Schlöffel aus Halbendorf, in Schlesien. Schlutter aus S. Altenburg. Schmidt aus Löwenberg, in Schlessen. N. Schmitt aus Kaiserslautern, in der Pfalz. Fr. Schüler aus Zweibrücken. Fr. Schütz aus Mainz. Titus aus Bamberg, in Franken. Werner aus Oberkirch, in Baiern. Dr. A. Wiesner aus Wien. Würth aus Sigmaringen.
Man sieht, daß L. Simon von Trier, Zimmermann, Piepmeyer, Fröbel u. s. w. nicht mehr der äußersten Linken angehören. Wir werden die Namen der Abgefallenen nächstens geben. Es soll uns freuen, wenn die sogenannte äußerste Linke jetzt endlich entschieden auftritt und sich von allen parlamentarischen Illusionen, Phrasen und Rücksichten lossagt. Doch sind auch jetzt unsere Hoffnungen nicht zu groß und es ist nur gut, daß im Grunde Alles vollständig gleichgültig ist, was in Frankfurt gethan wird, oder nicht gethan wird.
Frankfurt, 24. April. Sitzung der National-Versammlung
Tagesordnung:
Fortsetzung der Berathung des vom Abgeordneten Kierulff erstatteten Berichts,
Präsident Simson eröffnet die Sitzung gegen 9 1/2 Uhr Vormittags. Das Haus ist ungewöhnlich bewegt durch die Nachrichten aus Würtemberg.
Ausgetreten aus der Versammlung ist Herr Perthaler aus Wien.
Von dem Präsidenten der würtembergischen Abgeordnetenkammer ist ein Schreiben vom 22. April mit der Anzeige von den in dortiger Kammer gefaßten Beschlüssen zur Durchsetzung der deutschen Reichsverfassung eingegangen. Satz für Satz dieser Erklärung wird von lebhaften Zustimmungsäußerungen begrußt und beim Schlusse erfolgt ein allgemeines anhaltendes Beifallklatschen.
Die Herren Fetzer und Vischer stellen hierauf den folgenden dringlichen Antrag:
1) Die Reichsversammlung wolle sofort beschließen: Die würtembergische Kammer der Abgeordneten, insbesondere durch ihren Beschluß vom 22. April, so wie das wurtembergische Volk überhaupt, entsprechen mit dem, in den letzten Tagen gezeigten entschiedenen Festhalten an der deutschen Reichsverfassung, den Erwartungen und dem Willen der deutschen Nation.
2) Die Reichsversammlung wolle von dieser Erklärung durch Vermittelung des Präsidiums jener Kammer der Abgeordneten, diese selbst, so wie das wurtembergische Volk überhaupt in Kenntniß setzen.
Nicht allein die Dringlichkeit des Antrags wird mit Stimmeneinhelligkeit genehmigt, sondern auch, daß die Beschlußnahme ohne Diskussion erfolge. Die Mitglieder aller Fraktionen erheben sich dem Antrage gemaß, worauf der Prasident mit Nachdruck erklärt: „das ist der Beschluß des Hauses; ich werde darnach verfahren.“
Tagesordnung:
Vogt von Gießen: Unter dem Eindrucke des eben gefaßten Beschlusses, will ich von den Maßregeln sprechen, zu denen uns die Ereignisse auffordern, von ihrer Zweckmäßigkeit und von der Stellung unserer (der linken) Partei. Man wirft uns vor, wir seien ins erbkaiserliche Lager ubergetreten. Aber wir verfahren jetzt wie früher nur unserem Grundsatze getreu, daß wir die Souveränetät dieser Versammlung unbedingt und auch in solchen Beschlussen anerkennen, die gegen unseren Willen und Meinung gefaßt worden sind, ja die wir aus allen Kräften bekampft haben, so lange sie noch nicht gefaßt waren. So haben wir es gehalten der Herstellung einer unverantwortlichen Centralgewalt, so den Grundrechten gegenüber. Die Linke in dem würtembergischen Ministerium, die Linke in den deutschen Standekammern ist es gewesen, welche uberall und Alles aufgeboten hat, zur Durchführung der Beschlusse dieses Hauses. Nicht das Erbkaiserthum daher ist es gewesen, welches uns für sich gewonnen hat, nein, wenn noch einmal darüber abgestimmt wurde, so wurden wir es noch einmal zurückweisen, aber für die Volkssouveranetät stehen wir mit Leib und Blut ein, die sich in den endgultigen Beschlussen dieser Versammlung ausspricht. Mit einer Begeisterung freilich, wie wir die republikanische Spitze empfangen haben würden, konnen wir das Erbkaiserthum nicht ins Leben setzen helfen Aber wir betrachten es als die erste Sprosse der Leiter, auf der wir ‒ immer fechtend auf den Bänken der Opposition ‒ das Volk weiter empor zu führen hoffen. Kein Riß darf in die deutsche Verfassung gebracht werden (!). Nicht der kleinste (!!). Die einmal gebrochene Lucke mochte leicht von 34 „unverantwortlichen“ Händen ins Unendliche erweitert werden. Nicht „weil“ mit dem Erbkaiser, sondern trotz des Erbkaisers halten wir die Verfassung aufrecht. Der Redner erläßt jedoch nach diesen Zugeständnissen der Mehrheit des Hauses ‒ deren Zähigkeit man bewundernd ruhme ‒ die Kritik keineswegs. Er wirft ihr ihre Rathlosigkeit den Ereignissen gegenuber vor, die Ohnmacht ihres Willens, wie sie sich in Oesterreich und Preußen schreiend kundgegeben habe. Denn es genüge nicht, im Schatten eines grunen Weidenbusches sich muthig zu versammeln, oder wie die „Deutsche Zeitung“ die Schlafmütze über die Ohren am Schreibtische zu sitzen, sondern Thaten (!) seien nothig. (O Vogt !) Auch aus den Erklärungen der 28, zur Ueberraschung des preußischen und anderer Bevollmächtigten beistimmenden Regierungen greift Herr Vogt diejenigen heraus, die nur mit Vorbehalt gegeben worden, er weist ferner hin auf den unbefohlenen Ruckmarsch eines deutschen Heerestheils aus der ihm angewiesenen Stellung und auf die Pflicht des Reichsministeriums, diesen Ungehorsam unnachsichtlich strafend zu ahnden. Dann mustert er die Eröffnungen des Königs von Wurtemberg gegen die das Oberhaupt betreffenden Bestimmungen. Und wenn das Erbkaiserthum zunächst nichts weiter thäte, als daß es diesen Hochmuth von Gottes Gnaden brache (!!), so will sich Herr Vogt mit ihm versöhnen. Der Redner kommt darnach auf die im konstitutionellen Leben „unerhorten Vorgänge“ in dem großten süddeutschen Staate, in Baiern zu sprechen. Wer also opponirt sich gegen die Verfassung? Die deutschen Volksstämme doch wahrhaftig nicht, von deren berechtigten Bedenken der Herr Reichsministerpräsident gesprochen. Auch von der Großherzigkeit und dem Patriotismus der Fürsten wird er hoffentlich künftig schweigen. Das preußische Ministerium hat erklärt, es rathe dem Könige die Annahme der deutschen Krone nicht an. Die Volksmeinung betrachte es, wie das Schiffsvolk die hochgehenden Wogen des Elements, dem man nicht gehorche, sondern vor dem man sich in einem Hafen zu bergen sucht. Vermuthlich erblicke das preußische Ministerium einen solchen rettenden Port ‒ im Osten. Und dies sei dasselbe Ministerium, dem die Nationalversammlung durch ihre Beschlüsse zu Hulfe gekommen. Da spukt schon wieder in Schleswig-Holstein oder unter den danischen Diplomaten jener Hr. v. Wildenbruch, der da sagte: Preußen zieht das Schwert nicht für Schleswig-Holstein, sondern für die Rechte des Herzogs aus der Scheide. Derselbe Herr v Wildenbruch soll sich schon wieder dort oben herumtreiben. Meine Herren, es ist das keine geringe Sache, wenn man sieht, daß das Blut der Söhne Deutschlands nutzlos geopfert wird, um so welke Früchte zu erringen, wie in dem letzten Kriege, wenn man sieht, daß unsere Kieger geopfert werden sollen für solche nichtsnutzige Rücksichten (Beifall auch von der Ministerbank), Rücksichten, wie sie auch in manchen Gesprächen zu Tage gekommen sollen sein, von denen Gott verhüte, daß sie wahr seien.
Die Ausschußanträge der Mehrheit gehen dahin, daß die Versammlung mit ihren Beschlüssen ruhe. Dürfen aber die Führer ruhen, wenn das Heer an allen Punkten vorrücken soll? Der Nation zu sagen, handle du, wir wollen indessen ruhen, das wäre nicht wohlgethan. Nein, Deutschland erwartet daß Jeder seine Schuldigkeit thut, und Sie sind zu allererst zu einem entschiedenen Handeln verpflichtet. Wenn sich der Reichsverweser nicht ausdrücklich lossagt von der östreichischen Note, so ist an ein ferneres Zusammenwirken der deutschen Exekutivgewalt mit dieser Versammlung nicht mehr zu denken.
Plathner aus Halberstadt: Wir haben unter gesetzlichen und ungesetzlichen Maßregeln zu unterscheiden, damit wir nicht, indem wir den einen Theil der Nation für uns gewinnen, den andern größern verlieren. Kann das preußische Ministerium dem Könige nicht zur Annahme der ganzen unversehrten Verfassung rathen, so wäre freilich damit die Ablehnung der deutschen Krone ausgesprochen, denn es giebt keine Kaiserwürde, ohne die vollständige und unverkürzte Annahme der Verfassung. Allein der Rath eines Ministers ist noch kein Entschluß des Königs und zum Glück hat Preußen noch Männer genug, welche von anderer Meinung sind als Brandenburg und Manteuffel. Der Redner erklärt sich für die Anträge der Mehrheit des Ausschusses.
Für einen Antrag auf Schluß der Debatte erhebt sich nur ein Theil der Linken.
Wichmann aus Stendal greift dagegen die Vorschläge der Ausschußmehrheit an, weil sie nur Phrasen, nichts Thatsächliches enthielten. Vor Uebereilungen warne man? Er sei doch neugierig, einmal eine Uebereilung in der deutschen Geschichte zu erleben. Selbst wenn das Schlimmste (!) käme und die Reichsversammlung mit Ehren (?) fiele, so würde nur desto sicherer die Verfassung sich aus dieser Niederlage erheben.
Francke aus Schleswig giebt einige Aufschlüsse über die Art und Weise wie das preußische Kabinet in der schleswig-holsteinischen Angelegenheit zu Werke gegangen sei. Graf Arnims Absicht sei, daß trotz alles Blutes und aller Opfer Schleswig von Holstein gerissen werde. Er erklärt sich für die Vorschläge der Ausschußmehrheit mit der Warnung, daß man nicht donnern solle, wenn der Blitz fehle (Aha!)
Moritz Mohl kommt auf seine fruheren Betheuerungen zurück, wornach nun und nimmermehr der König von Preußen die deutsche Kaiserkrone auf die Voraussetzungen der Verfassung hin annehmen werde. Und auf die Trennung von Oestreich!
Nach seinem Vortrage vertagt das Haus die Fortsetzung der heutigen Berathung unter Vorbehalt des Worts für den Ministerpräsidenten zum Behuf einer persönlichen Erklärung.
v. Gagern: In der Antwort Sr. Majestät des Königs von Würtemberg an die Abgeordnetendeputation, welche die heutigen Blätter gebracht haben, wird gesagt, daß ich mit Camphausen über Abanderungen der deutschen Verfassung in Unterhandlung getreten sei. Ich weiß nicht, aus welcher Quelle Se. Majestät diese Nachricht geschöpft hat. So viel aber weiß ich, daß weder Hr. Camphausen, den ich als einen Ehrenmann hochachte, noch ich die mindeste Veranlassung zu dieser Nachricht gegeben haben. Hr. v. Gagern wiederholt bei dieser Gelegenheit den Ausdruck seiner unerschütterlichen Ueberzeugung, daß die Verfassung, wie sie endgültig beschlossen und verkündet, so auch unangetastet zu bewahren sei. (Beifall).
Die Abstimmung entscheidet sich darauf für Wiederaufnahme der heutig n Berathung schon morgen.
43 Mannheim, 24. April. Der berüchtigte Gefängnißdirektor Speigler aus Bruchsal, welcher auch früher in unserer Stadt eine Strafanstalt leitete, dessen Name aber durch seine empörende Behandlung der politischen Gefangenen in Bruchsal im ganzen badischen Lande eine traurige Celebrität erlangt, ist nun endlich von der Regierung von seiner Oberaufsicht der politischen Gefangenen entbunden worden. Ein gewisser Buchhalter der Gefängnisse, Namens Echart, hat die Verwaltung des Weiberzuchthauses übernommen, worin sich noch gegen 35 Gefangene in Bruchsal befinden.
Damit jedoch die badische Regierung die Spionsgabe des berüchtigten Speigler nicht unbenutzt lasse, ist derselbe mit einer Mission nach Belgien beauftragt und bereits nach Brüssel und Courtray abgereist, angeblich, um dort einen neuen Webstuhl in Augenschein zu nehmen, zugleich aber, um über deutsche Flüchtlinge in Brüssel, Belgien, Paris und Straßburg zu rapportiren, indem der bewußte Speigler von Brüssel eine Vergnügungsreise durch Frankreich machen soll.
Vergebens hatte, als Bornstedt noch in Bruchsal gefangen war, der etc. Speigler diesen aufgefordert, ihm Briefe nach Brüssel und Paris mitzugeben, er werde sie treulich besorgen. Es versteht sich von selbst, daß Bornstedt die oft wiederholten Anträge der Art abwies.
Wir machen die deutschen Flüchtlinge auf die Reise des Speigler aufmersam und ersuchen die demokratischen Blätter Belgiens und Frankreichs, dasselbe zu thun.
** Bruchsal, 20. April. Heute Vormittag 8 Uhr wurde Bornstedt unter Gensd'armenbedeckung in einem Omnibus nach dem Bahnhofe gebracht, um mit dem ersten von hier abgehenden Zuge nach Freiburg abgeführt zu werden. Eine große Anzahl politischer Gefangener hatte sich schon gestern Abend in seiner Zelle zusammengefunden, um die letzten Stunden vor seiner Abreise noch bei ihm zuzubringen. Andere suchten ihn schon heute am frühen Morgen auf. Aus einem Fenster des Gefängnisses wehte eine rothe Fahne, die jedoch später auf Kabinetsordre des Zuchthauspascha's Speigler eingezogen werden mußte. Am Bahnhofe war eine große Menge Bruchsaler Einwohner versammelt. Die hiesigen Demokraten wollten eine Demonstration veranstalten; aber Bornstedt, der dies erfahren, bat es nicht zu thun.
* Hamburg, 23. April. Wie die „B.-H.“ mittheilt, hat die dänische Regierung eine Verfügung erlassen, der zufolge die Blokade der Elbe- und Weser-Mündungen auf deutsche, jetzt in Hamburg und Bremen in Ladung liegende Auswandererschiffe bis zum Ende dieses Monats keine Anwendung finden soll.
Hadersleben, 21. April. Nachdem das schleswig-holsteinische Hauptquartier vorgestern nach Christiansfeld verlegt worden und die Avantgarde, unter Zastrow's Befehl, hart an die jütische Gränze gerückt war, ist diese endlich gestern von unseren Truppen überschritten und Colding besetzt worden. Es hatten sich daselbst ungefähr 2800 Mann Dänen stark verschanzt; ihre Vorkehrungen zu diesem Ende waren sehr zweckmäßig getroffen, und sie waren angewiesen, den Platz auf's Aeußerste zu vertheidigen. Die über eine Brücke führende Einfahrt vom Schleswig'schen war durch eine feste Mauer und ein starkes Thor gesperrt, und hatte man diese Hindernisse überwunden, traf man auf eine mit Pallisaden versehene zweite Verschanzung, bei deren Angriff das feindliche Feuer unseren Truppen sehr gefährlich werden konnte; ferner waren eine Menge Häuser in der Stadt durch Zumauern der Fenster und angebrachte Oeffnungen zum Schießen zur Vertheidigung eingerichtet. Der erste Widerstand, das Thor, war sehr stark zusammengefügt, und beim Mangel an Artillerie bedurfte es einiger Zeit, bis das vorangeschickte zweite Jägerkorps mit der Zertrümmerung desselben zu Stande kam. Es geschah unter fortwährendem Feuern der Dänen, wobei Einer der Unsrigen getödtet und ein Paar verwundet wurden. Eingedrungen durch den Thorweg, wurden sofort die inneren Verschanzungen erstürmt, und nun ging's, „Schleswig-Holstein“ singend, im Sturmschritt durch die Straßen. Die Dänen schossen aus den Häusern, aber unsere Truppen stürmten in dieselben hinein, und in Zeit von 2 1/2 Stunden waren die Feinde verschwunden. Sie zogen eiligst auf der Straße von Friedericia von dannen. Nur 16 Dänen sind zu Gefangenen gemacht worden. So wie die Vordermauern der Häuser nur kleine Löcher zeigten, waren die Fenster und Thüren nach der Hinterseite sämmtlich geöffnet, um zur Flucht benutzt werden zu können. Unser Verlust beträgt 5 Todte und 18 Verwundete, worunter 2 Offiziere. ‒ Die beiden Jägerkorps waren diesen Vormittag 10 Uhr bereits 2 Meilen hinter Colding.
(B.-H.) * Hadersleben, 23. April. In Kolding, das die sogenannten „Reichs“-Truppen nach hartnäckigem Gefecht und starkem Verlust den Dänen abgenommen hatten, ist es zu einem zweiten Kampf gekommen. Die Dänen, die sich in der Richtung von Fridericia und Veile zurückgezogen hatten, kamen mit verstärkter Macht zurück. Sie griffen die auf den Höhen von Kolding stehenden Vorposten, aus dem 10. Bataillon der Schleswig-Holsteiner bestehend, an. Ueber den Ausgang des Kampfes verlautet noch nichts Sicheres. Doch glaubt man, daß Kolding von den „Reichs“-Truppen, wenn auch mit bedeutendem Verlust, behauptet worden sei.
15 Schleswig-Holstein, 23. April. Einen Beitrag zur christlich-germanischen Wirthschaft hier im Lande haben wir schon in unsern letzten Berichten gegeben; wir setzen dies heute fort. Es ist schon erwähnt worden, daß im Schleswig'schen eine Gensd'armerie nach dem Muster der „schwarz-weißen“ von dem Beglücker Schleswig-Holsteins, dem General Bonin, eingeführt ist, und daß diesen Faulthieren die Pflicht obliegt, auch besonders auf Demokraten zu vigiliren; denn Demokraten und Dänen stehen im gleichen Range, sind gleich verpönt in Schleswig-Holstein von den ‒ Augustenburger Pferdezüchtern und deren Stallknechten Beseler und Consorten. Damit aber jenen am Wohlstande des Volkes saugenden Faulthieren das Werk etwas erleichtert werde, brachte unsere saubere Statthalterschaft einen Gesetzentwurf an unser Landesphilisterium des Inhalts, mehrere Artikel des Staatsgrundgesetzes im Herzogthum Schleswig und der Festung Rendsburg außer Kraft zu setzen. Es waren die Artikel 16, 18, 19 und 22, so wie Art. 13 der sich auf das den Schleswig-Holsteinern eingeräumte Waffenrecht bezieht. Die Landesphilister-Versammlung, zur Hälfte aus Büreaukraten und Bourgeois, zum Viertel aus Aristokraten (größtentheils Vollblutrace) und dem Rest aus sogenannten Volksmännern bestehend, nahm trotz Olshausen's Bedenken diesen Gesetzentwurf an. Die durch Aufhebung des Art. 13 des Grundgesetzes nicht mehr ungesetzliche Entwaffnung der Bürgerwehr ist auch bereits, wenngleich nicht offen, vor sich gegangen. Die Artikel lauten jetzt so für uns:
Art. 16: Die Freiheit der Person ist nicht unverletzlich, Jedermann kann nach Belieben des Bürgermeisters, Polizeimeisters, Kommandanten, Gensd'armen, Bettelvogt's u. s. w. u. s. w. verhaftet werden. Wer eingesteckt wird, darf nicht fragen „weshalb“, sondern er muß so lange brummen, als es den Herren von Statthaltersgnaden gefällt.
Art. 18: Die Beschlagnahme und Einsicht von Privatpapieren darf durch jeden Polizeiknecht geschehen.
Art. 19: Ein Briefgeheimniß giebt's nicht mehr. Polizei und Postbeamte können nach Belieben je den Brief öffnen und lesen.
Art. 22: Die Schleswig-Holsteiner haben nicht das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Alle Vereine werden aufgehoben. Wer sich mit zwei Andern versammelt, wird eingesteckt.
Daß durch die jetzigen außerordentlichen Um- und Zustände außerordentliche Maßregeln gerechtfertigt werden, unterliegt keinem Zweifel. Für den nördlichen Theil Schleswig's finden wir es in der Ordnung, aber auf den südlichen Theil und die loyale Stadt Rendsburg diese Maßregeln auszudehnen, dazu konnte wahrlich nur die Demokratenfurcht treiben. Es wundert uns, daß die zweiköpfige Statthalterschaft von Reichsverwesungs-Gnaden jene Maß-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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