Neue Rheinische Zeitung. Nr. 285. Köln, 29. April 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No. 285. Köln, Sonntag den 29. April. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. - Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. - Nur frankirte Briefe werden angenommen. - Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17. Am 28. April früh wurde für die hiesigen Abonnenten ein Extrablatt ausgegeben. Für die auswärtigen Abonnenten befindet sich der Inhalt desselben in der heutigen Nummer. (Nr. 285). Uebersicht. Deutschland. Köln (Fortschritte der Magyaren). Elberfeld. (Herr Corwell und die Barmer Sabbatruhe). Berlin. (Klatsch. - Sparkassenstatistik. - Sitzung der zweiten Kammer). Breslau. (Antwort des demokratischen an den Märzbierverein). Görlitz. (Aus einer Petition oberlausitz'scher Rustikalen). Wien. (Aus Ungarn. - Die Börse. - Extrablatt der "Wiener Zeitung." - Vermischtes). Altona. (Braklow freigesprochen). Schleswig-Holstein. (Aus dem Schreiben eines holsteinischen Jägers - Ueber den Kampf von Kolding am 23. April). Von der Königsau. (Ueber den zweiten Kampf von Kolding) Hannover. (Auflösung der zweiten Kammer). Hanau. (Verabredung bewaffneter Zuzüge). Freiburg (Recusirung von Geschwornen). Stuttgart. (Aufruf ans würtembergsche Militär. - Contremanöver). Frankfurt. (National-Versammlung. - Beschlüsse des Dreißiger-Ausschusses). Schweiz. Lugano. (Eine Note Radetzki's. - Oestreichs Verfahren gegen den Kanton Tessin). Italien. Turin. (Renommagen Radetzki's). Lucca. (Massa und Carrara übergeben). Rom. (Aufruf des Ministeriums an die Patrioten. - Lügen des "Constitutionnel." - Die Triumvirn und Beschlüsse der Constituante). Französische Republik. Paris. (Demokratenverfolgung in der Armee. - Die Wahlagitation. - Vermischtes. - National-Versammlung). Großbritannien. London. (Unterhaus). Deutschland. * Köln, 28. April. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 24 Elberfeld, 27. April. In unserer Nachbarstadt Barmen wird sich am nächsten Sonntag ein Meerwunder begeben. Denn der Luftschiffer Herr Corwell hat sich von einigen Freunden bereden lassen, dort eine Aufsteigung zu veranstalten. Barmen, das fromme, ewig-sabbathstille Barmen, war noch vor Kurzem - bis auf die erschrecklichen Tage des Schützenfestes, die übrigens ganz aus dem christlichen Kalender gestrichen sind - nicht einmal durch öffentliche Konzerte im Freien entweiht, und nun gar auf einmal der öffentliche Skandal einer so überaus weltlichen Luftbarkeit einer Luftballon-Aufsteigung mit obligater blasender Düsseldorfer Ulanenmusik und mit Feuerwerk. Und das noch dazu an einem heiligen Sonntage, und, was noch mehr ist, mitten in der Stadt, auf einem Platze, der von den frommen Vätern der Stadt allein zu dem edlen Zwecke hergestellt ist, um auf demselben die tapfere Barmer Bürgerwehr für etwa bevorstehende Kämpfe gegen das Proletariat und die Demokraten auszubilden, und um am "heiligen" Geburtstage des "vielgeliebten Monarchen, Königs und Landesvaters" die "gerührten Unterthanenherzen" in ihrem spezifischen Schwarzweißthum zu kräftigen und zu stärken." Am allerschlimmsten ist aber, wie dieser weltliche Spuk und Skandal nur etwa einen Büchsenschuß weit von der reformirten Kirche stattfindet, von der man mit der größten Zuversicht voraussetzt, daß sie vor Indignation mindestens bersten wird. Der Barmer kommissarische Bürgermeister, der ci-devant Koblenzer Regierungsassessor Windhorn, der von dem unsere würdige Nachbarstadt nach wie vor beherrschenden kirchlich-christlich-mystischen Geiste, von dem vorzugsweise die hohe Geldaristokratie besessen ist, zur Zeit noch nicht inspirirt zu sein scheint, hat in seiner Unbefangenheit den hohen obrigkeitlichen Consens zu dem Spektakel ertheilt. Das wird dem Manne theuer zu stehen kommen. Denn wie wir aus der authentischen Quelle der Barmer Maklerschaft erfahren, ist er nicht nur von der christlich-germanischen Geistlichkeit, die mit Entrüstung gewahrt, daß nicht mehr wie ehedem das bloße Räuspern eines Krummacher auch die Polizeibehörden leitet, mit mißbilligenden, strafenden und den Kirchenbann drohenden Pastoralschreiben überfluthet worden: er hat auch den Verdacht der Demokratie auf sich geladen und damit alle Hoffnung verloren bei der dereinstigen Bürgermeisterwahl die Stimmen der gottbegnadeten, schwarzweißen Geld-Aristokraten und Christenschaft zu erhalten. Man versichert uns außerdem, daß in Folge sothanen weltlichen Spektakels in einem großen "Häuflein" von barmer "Begnadigten," der schon wegen Ueberhandnehmens der Demokratie in Erwägung genommene Plan nach Bethlehem und Nazareth im amerikanischen Staate Indiana auszuwandern, völlig zur Reife gediehen ist. Alles das haben nun Herr Coxwell, der Wirth "zur Bierhalle" und der kommissarische Bürgermeister Windhorn zu verantworten. * Berlin, 26. April. Der Vorfall in der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer, welcher den Präsidenten Grabow zum Ordnungsruf gegen Waldeck veranlaßte, ist so verschiedenartig und häufig falsch erzählt, daß wir hiermit das richtige Sachverhältniß geben. Während nämlich der Abgeordnete v. Bodelschwingh sprach, war die Unruhe auf der linken Seite des Hauses so groß, daß der Präsident sich zu den Worten veranlaßt sah: "Meine Herren! Was würden Sie denn sagen, wenn man Ihre Reden auf solche Weise störte?" Waldeck erwiderte: "Wir haben auch keine Redner, welche die Tribüne entehren!" - "So rufe ich Sie zur Ordnung!" - Schneider aus Köln: "Ich nehme das, was der Abg. Waldeck gesagt hat, wieder auf." - "So sind Sie auch zur Ordnung gerufen!" - Die ganze Linke: "Wir sagen dasselbe, alle!" - So rufe ich Sie alle zur Ordnung!" - Kleist-Retzow sprang mit der Leichtigkeit eines Pudels hinzu und apportirte dem Präsidenten einen Hut zum Bedecken. Grabow wies denselben zurück und Bodelschwingh endigte unter demselben Lärm. Herr Tülff aus Vorpommern ist mit Mühe von entschiedenen Demokraten zum Abgeordneten gewählt worden. Er belohnt seine Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No. 285. Köln, Sonntag den 29. April. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17. Am 28. April früh wurde für die hiesigen Abonnenten ein Extrablatt ausgegeben. Für die auswärtigen Abonnenten befindet sich der Inhalt desselben in der heutigen Nummer. (Nr. 285). Uebersicht. Deutschland. Köln (Fortschritte der Magyaren). Elberfeld. (Herr Corwell und die Barmer Sabbatruhe). Berlin. (Klatsch. ‒ Sparkassenstatistik. ‒ Sitzung der zweiten Kammer). Breslau. (Antwort des demokratischen an den Märzbierverein). Görlitz. (Aus einer Petition oberlausitz'scher Rustikalen). Wien. (Aus Ungarn. ‒ Die Börse. ‒ Extrablatt der „Wiener Zeitung.“ ‒ Vermischtes). Altona. (Braklow freigesprochen). Schleswig-Holstein. (Aus dem Schreiben eines holsteinischen Jägers ‒ Ueber den Kampf von Kolding am 23. April). Von der Königsau. (Ueber den zweiten Kampf von Kolding) Hannover. (Auflösung der zweiten Kammer). Hanau. (Verabredung bewaffneter Zuzüge). Freiburg (Recusirung von Geschwornen). Stuttgart. (Aufruf ans würtembergsche Militär. ‒ Contremanöver). Frankfurt. (National-Versammlung. ‒ Beschlüsse des Dreißiger-Ausschusses). Schweiz. Lugano. (Eine Note Radetzki's. ‒ Oestreichs Verfahren gegen den Kanton Tessin). Italien. Turin. (Renommagen Radetzki's). Lucca. (Massa und Carrara übergeben). Rom. (Aufruf des Ministeriums an die Patrioten. ‒ Lügen des „Constitutionnel.“ ‒ Die Triumvirn und Beschlüsse der Constituante). Französische Republik. Paris. (Demokratenverfolgung in der Armee. ‒ Die Wahlagitation. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung). Großbritannien. London. (Unterhaus). Deutschland. * Köln, 28. April. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 24 Elberfeld, 27. April. In unserer Nachbarstadt Barmen wird sich am nächsten Sonntag ein Meerwunder begeben. Denn der Luftschiffer Herr Corwell hat sich von einigen Freunden bereden lassen, dort eine Aufsteigung zu veranstalten. Barmen, das fromme, ewig-sabbathstille Barmen, war noch vor Kurzem ‒ bis auf die erschrecklichen Tage des Schützenfestes, die übrigens ganz aus dem christlichen Kalender gestrichen sind ‒ nicht einmal durch öffentliche Konzerte im Freien entweiht, und nun gar auf einmal der öffentliche Skandal einer so überaus weltlichen Luftbarkeit einer Luftballon-Aufsteigung mit obligater blasender Düsseldorfer Ulanenmusik und mit Feuerwerk. Und das noch dazu an einem heiligen Sonntage, und, was noch mehr ist, mitten in der Stadt, auf einem Platze, der von den frommen Vätern der Stadt allein zu dem edlen Zwecke hergestellt ist, um auf demselben die tapfere Barmer Bürgerwehr für etwa bevorstehende Kämpfe gegen das Proletariat und die Demokraten auszubilden, und um am „heiligen“ Geburtstage des „vielgeliebten Monarchen, Königs und Landesvaters“ die „gerührten Unterthanenherzen“ in ihrem spezifischen Schwarzweißthum zu kräftigen und zu stärken.“ Am allerschlimmsten ist aber, wie dieser weltliche Spuk und Skandal nur etwa einen Büchsenschuß weit von der reformirten Kirche stattfindet, von der man mit der größten Zuversicht voraussetzt, daß sie vor Indignation mindestens bersten wird. Der Barmer kommissarische Bürgermeister, der ci-devant Koblenzer Regierungsassessor Windhorn, der von dem unsere würdige Nachbarstadt nach wie vor beherrschenden kirchlich-christlich-mystischen Geiste, von dem vorzugsweise die hohe Geldaristokratie besessen ist, zur Zeit noch nicht inspirirt zu sein scheint, hat in seiner Unbefangenheit den hohen obrigkeitlichen Consens zu dem Spektakel ertheilt. Das wird dem Manne theuer zu stehen kommen. Denn wie wir aus der authentischen Quelle der Barmer Maklerschaft erfahren, ist er nicht nur von der christlich-germanischen Geistlichkeit, die mit Entrüstung gewahrt, daß nicht mehr wie ehedem das bloße Räuspern eines Krummacher auch die Polizeibehörden leitet, mit mißbilligenden, strafenden und den Kirchenbann drohenden Pastoralschreiben überfluthet worden: er hat auch den Verdacht der Demokratie auf sich geladen und damit alle Hoffnung verloren bei der dereinstigen Bürgermeisterwahl die Stimmen der gottbegnadeten, schwarzweißen Geld-Aristokraten und Christenschaft zu erhalten. Man versichert uns außerdem, daß in Folge sothanen weltlichen Spektakels in einem großen „Häuflein“ von barmer „Begnadigten,“ der schon wegen Ueberhandnehmens der Demokratie in Erwägung genommene Plan nach Bethlehem und Nazareth im amerikanischen Staate Indiana auszuwandern, völlig zur Reife gediehen ist. Alles das haben nun Herr Coxwell, der Wirth „zur Bierhalle“ und der kommissarische Bürgermeister Windhorn zu verantworten. * Berlin, 26. April. Der Vorfall in der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer, welcher den Präsidenten Grabow zum Ordnungsruf gegen Waldeck veranlaßte, ist so verschiedenartig und häufig falsch erzählt, daß wir hiermit das richtige Sachverhältniß geben. Während nämlich der Abgeordnete v. Bodelschwingh sprach, war die Unruhe auf der linken Seite des Hauses so groß, daß der Präsident sich zu den Worten veranlaßt sah: „Meine Herren! Was würden Sie denn sagen, wenn man Ihre Reden auf solche Weise störte?“ Waldeck erwiderte: „Wir haben auch keine Redner, welche die Tribüne entehren!“ ‒ „So rufe ich Sie zur Ordnung!“ ‒ Schneider aus Köln: „Ich nehme das, was der Abg. Waldeck gesagt hat, wieder auf.“ ‒ „So sind Sie auch zur Ordnung gerufen!“ ‒ Die ganze Linke: „Wir sagen dasselbe, alle!“ ‒ So rufe ich Sie alle zur Ordnung!“ ‒ Kleist-Retzow sprang mit der Leichtigkeit eines Pudels hinzu und apportirte dem Präsidenten einen Hut zum Bedecken. Grabow wies denselben zurück und Bodelschwingh endigte unter demselben Lärm. Herr Tülff aus Vorpommern ist mit Mühe von entschiedenen Demokraten zum Abgeordneten gewählt worden. Er belohnt seine <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1609"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No. 285. Köln, Sonntag den 29. 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Und das noch dazu an einem heiligen Sonntage, und, was noch mehr ist, mitten in der Stadt, auf einem Platze, der von den frommen Vätern der Stadt allein zu dem edlen Zwecke hergestellt ist, um auf demselben die tapfere Barmer Bürgerwehr für etwa bevorstehende Kämpfe gegen das Proletariat und die Demokraten auszubilden, und um am „heiligen“ Geburtstage des „vielgeliebten Monarchen, Königs und Landesvaters“ die „gerührten Unterthanenherzen“ in ihrem spezifischen Schwarzweißthum zu kräftigen und zu stärken.“ Am allerschlimmsten ist aber, wie dieser weltliche Spuk und Skandal nur etwa einen Büchsenschuß weit von der reformirten Kirche stattfindet, von der man mit der größten Zuversicht voraussetzt, daß sie vor Indignation mindestens bersten wird. Der Barmer kommissarische Bürgermeister, der ci-devant Koblenzer Regierungsassessor Windhorn, der von dem unsere würdige Nachbarstadt nach wie vor beherrschenden kirchlich-christlich-mystischen Geiste, von dem vorzugsweise die hohe Geldaristokratie besessen ist, zur Zeit noch nicht inspirirt zu sein scheint, hat in seiner Unbefangenheit den hohen obrigkeitlichen Consens zu dem Spektakel ertheilt. Das wird dem Manne theuer zu stehen kommen. Denn wie wir aus der authentischen Quelle der Barmer Maklerschaft erfahren, ist er nicht nur von der christlich-germanischen Geistlichkeit, die mit Entrüstung gewahrt, daß nicht mehr wie ehedem das bloße Räuspern eines Krummacher auch die Polizeibehörden leitet, mit mißbilligenden, strafenden und den Kirchenbann drohenden Pastoralschreiben überfluthet worden: er hat auch den Verdacht der Demokratie auf sich geladen und damit alle Hoffnung verloren bei der dereinstigen Bürgermeisterwahl die Stimmen der gottbegnadeten, schwarzweißen Geld-Aristokraten und Christenschaft zu erhalten. Man versichert uns außerdem, daß in Folge sothanen weltlichen Spektakels in einem großen „Häuflein“ von barmer „Begnadigten,“ der schon wegen Ueberhandnehmens der Demokratie in Erwägung genommene Plan nach Bethlehem und Nazareth im amerikanischen Staate Indiana auszuwandern, völlig zur Reife gediehen ist. 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Waldeck gesagt hat, wieder auf.“ ‒ „So sind Sie auch zur Ordnung gerufen!“ ‒ Die ganze Linke: „Wir sagen dasselbe, alle!“ ‒ So rufe ich Sie alle zur Ordnung!“ ‒ Kleist-Retzow sprang mit der Leichtigkeit eines Pudels hinzu und apportirte dem Präsidenten einen Hut zum Bedecken. Grabow wies denselben zurück und Bodelschwingh endigte unter demselben Lärm.</p> <p>Herr <hi rendition="#g">Tülff</hi> aus Vorpommern ist mit Mühe von entschiedenen Demokraten zum Abgeordneten gewählt worden. Er belohnt seine </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1609/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No. 285. Köln, Sonntag den 29. April. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.
Am 28. April früh wurde für die hiesigen Abonnenten ein Extrablatt ausgegeben. Für die auswärtigen Abonnenten befindet sich der Inhalt desselben in der heutigen Nummer. (Nr. 285).
Uebersicht. Deutschland. Köln (Fortschritte der Magyaren). Elberfeld. (Herr Corwell und die Barmer Sabbatruhe). Berlin. (Klatsch. ‒ Sparkassenstatistik. ‒ Sitzung der zweiten Kammer). Breslau. (Antwort des demokratischen an den Märzbierverein). Görlitz. (Aus einer Petition oberlausitz'scher Rustikalen). Wien. (Aus Ungarn. ‒ Die Börse. ‒ Extrablatt der „Wiener Zeitung.“ ‒ Vermischtes). Altona. (Braklow freigesprochen). Schleswig-Holstein. (Aus dem Schreiben eines holsteinischen Jägers ‒ Ueber den Kampf von Kolding am 23. April). Von der Königsau. (Ueber den zweiten Kampf von Kolding) Hannover. (Auflösung der zweiten Kammer). Hanau. (Verabredung bewaffneter Zuzüge). Freiburg (Recusirung von Geschwornen). Stuttgart. (Aufruf ans würtembergsche Militär. ‒ Contremanöver). Frankfurt. (National-Versammlung. ‒ Beschlüsse des Dreißiger-Ausschusses).
Schweiz. Lugano. (Eine Note Radetzki's. ‒ Oestreichs Verfahren gegen den Kanton Tessin).
Italien. Turin. (Renommagen Radetzki's). Lucca. (Massa und Carrara übergeben). Rom. (Aufruf des Ministeriums an die Patrioten. ‒ Lügen des „Constitutionnel.“ ‒ Die Triumvirn und Beschlüsse der Constituante).
Französische Republik. Paris. (Demokratenverfolgung in der Armee. ‒ Die Wahlagitation. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung).
Großbritannien. London. (Unterhaus).
Deutschland. * Köln, 28. April. _ 24 Elberfeld, 27. April. In unserer Nachbarstadt Barmen wird sich am nächsten Sonntag ein Meerwunder begeben. Denn der Luftschiffer Herr Corwell hat sich von einigen Freunden bereden lassen, dort eine Aufsteigung zu veranstalten. Barmen, das fromme, ewig-sabbathstille Barmen, war noch vor Kurzem ‒ bis auf die erschrecklichen Tage des Schützenfestes, die übrigens ganz aus dem christlichen Kalender gestrichen sind ‒ nicht einmal durch öffentliche Konzerte im Freien entweiht, und nun gar auf einmal der öffentliche Skandal einer so überaus weltlichen Luftbarkeit einer Luftballon-Aufsteigung mit obligater blasender Düsseldorfer Ulanenmusik und mit Feuerwerk. Und das noch dazu an einem heiligen Sonntage, und, was noch mehr ist, mitten in der Stadt, auf einem Platze, der von den frommen Vätern der Stadt allein zu dem edlen Zwecke hergestellt ist, um auf demselben die tapfere Barmer Bürgerwehr für etwa bevorstehende Kämpfe gegen das Proletariat und die Demokraten auszubilden, und um am „heiligen“ Geburtstage des „vielgeliebten Monarchen, Königs und Landesvaters“ die „gerührten Unterthanenherzen“ in ihrem spezifischen Schwarzweißthum zu kräftigen und zu stärken.“ Am allerschlimmsten ist aber, wie dieser weltliche Spuk und Skandal nur etwa einen Büchsenschuß weit von der reformirten Kirche stattfindet, von der man mit der größten Zuversicht voraussetzt, daß sie vor Indignation mindestens bersten wird. Der Barmer kommissarische Bürgermeister, der ci-devant Koblenzer Regierungsassessor Windhorn, der von dem unsere würdige Nachbarstadt nach wie vor beherrschenden kirchlich-christlich-mystischen Geiste, von dem vorzugsweise die hohe Geldaristokratie besessen ist, zur Zeit noch nicht inspirirt zu sein scheint, hat in seiner Unbefangenheit den hohen obrigkeitlichen Consens zu dem Spektakel ertheilt. Das wird dem Manne theuer zu stehen kommen. Denn wie wir aus der authentischen Quelle der Barmer Maklerschaft erfahren, ist er nicht nur von der christlich-germanischen Geistlichkeit, die mit Entrüstung gewahrt, daß nicht mehr wie ehedem das bloße Räuspern eines Krummacher auch die Polizeibehörden leitet, mit mißbilligenden, strafenden und den Kirchenbann drohenden Pastoralschreiben überfluthet worden: er hat auch den Verdacht der Demokratie auf sich geladen und damit alle Hoffnung verloren bei der dereinstigen Bürgermeisterwahl die Stimmen der gottbegnadeten, schwarzweißen Geld-Aristokraten und Christenschaft zu erhalten. Man versichert uns außerdem, daß in Folge sothanen weltlichen Spektakels in einem großen „Häuflein“ von barmer „Begnadigten,“ der schon wegen Ueberhandnehmens der Demokratie in Erwägung genommene Plan nach Bethlehem und Nazareth im amerikanischen Staate Indiana auszuwandern, völlig zur Reife gediehen ist. Alles das haben nun Herr Coxwell, der Wirth „zur Bierhalle“ und der kommissarische Bürgermeister Windhorn zu verantworten.
* Berlin, 26. April. Der Vorfall in der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer, welcher den Präsidenten Grabow zum Ordnungsruf gegen Waldeck veranlaßte, ist so verschiedenartig und häufig falsch erzählt, daß wir hiermit das richtige Sachverhältniß geben. Während nämlich der Abgeordnete v. Bodelschwingh sprach, war die Unruhe auf der linken Seite des Hauses so groß, daß der Präsident sich zu den Worten veranlaßt sah: „Meine Herren! Was würden Sie denn sagen, wenn man Ihre Reden auf solche Weise störte?“ Waldeck erwiderte: „Wir haben auch keine Redner, welche die Tribüne entehren!“ ‒ „So rufe ich Sie zur Ordnung!“ ‒ Schneider aus Köln: „Ich nehme das, was der Abg. Waldeck gesagt hat, wieder auf.“ ‒ „So sind Sie auch zur Ordnung gerufen!“ ‒ Die ganze Linke: „Wir sagen dasselbe, alle!“ ‒ So rufe ich Sie alle zur Ordnung!“ ‒ Kleist-Retzow sprang mit der Leichtigkeit eines Pudels hinzu und apportirte dem Präsidenten einen Hut zum Bedecken. Grabow wies denselben zurück und Bodelschwingh endigte unter demselben Lärm.
Herr Tülff aus Vorpommern ist mit Mühe von entschiedenen Demokraten zum Abgeordneten gewählt worden. Er belohnt seine
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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