Neue Rheinische Zeitung. Nr. 289. Köln, 4. Mai 1849.Cirkulars zur Kenntniß der deutschen Regierungen gebracht worden: "In dem Cirkular vom 3. d. M. ist die Hoffnung ausgesprochen, daß die Königliche Regierung binnen vierzehn Tagen im Stande sein werde, eine definitive Erklärung über die deutsche Sache abzugeben. Nachdem dieser Zeitraum verstrichen, hat das Königliche Staats-Ministerium, um keinem Zweifel über seine Ansicht und seine Aufrichtigkeit Raum zu lassen, es für seine Pflicht gehalten, schon am 21. resp. 23. d. M. den preußischen Kammern zu erklären, wie es Sr. Majestät dem Könige nicht zur Annahme der unveränderten, von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Verfassung rathen könne. Die definitive Entscheidung Sr. Majestät hat aber um einige Tage sich verzögern müssen, weil noch nicht alle deutsche Regierungen sich ausgesprochen hatten. Die Entschließung Sr. Majestät ist nunmehr erfolgt, und Ew. etc. erhalten anliegend Abschrift der desfallsigen Erklärung, wie sie unterm heutigen Datum an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt ergangen ist, um durch die letztere der Nationalversammlung mitgetheilt zu werden. Indem wir dies zur Kenntniß der deutschen Regierungen bringen, glauben wir, daß die Gründe, welche den Entschluß Sr. Majestät bedingten, keiner weiteren Ausführung bedürfen, und wir können nicht zweifeln, daß jede deutsche Regierung dem erhabenen Sinne Sr. Majestät, Seiner Bundestreue gegen die verbündeten deutschen Staaten und Seiner uneigennützigen Gesinnung werde Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Königliche Regierung verkennt dabei keineswegs den Ernst und die Gefahren des Augenblicks, und sie hofft, daß auch die übrigen deutschen Regierungen dieselben mit vollem Bewußtsein ins Auge fassen. Daß das Bedürfniß der Nation nach größerer Einigung und Kräftigung befriedigt werden muß, auch nachdem die in Frankfurt zunächst von der Versammlung angestrebte Form sich als unmöglich erwiesen hat, wird jedem Besonnenen als unabweisbare Nothwendigkeit erscheinen; und sie vertraut darauf, daß die anderen deutschen Regierungen ihr dazu die Hand bieten werden. Sie hat in ihrer nach Frankfurt gerichteten Erklärung noch einmal eine Möglichkeit in Aussicht stellen wollen, daß die Nationalversammlung selbst von dem von ihr betretenen Wege zurückkomme und die Hand zu Abänderungen der Verfassung bieten möchte, so daß dennoch das Werk der Vereinbarung und Verständigung mit ihr zu Stande käme. Daß dies für die Beruhigung der Nation höchst wünschenswerth und daher im Interesse der Regierungen wäre, darüber wird nicht leicht ein Zweifel gehegt werden. Aber sie verhehlt sich nicht, wie wenig Aussicht dazu vorhanden ist, daß diese Hoffnung verwirklicht werde; und alle deutsche Staaten werden mit ihr auf den entgegengesetzten Fall gefaßt sein müssen - zugleich aber auch darauf, daß durch ein starres Festhalten der Versammlung an ihren bisherigen Beschlüssen in manchen Ländern gefährliche Krisen hervorgerufen werden können. Diesen gemeinsam, ernst und kräftig entgegenzutreten, womöglich aber sie durch ein entschiedenes Handeln und Vorwärtsgehen zu verhindern, ist die Aufgabe und Pflicht der Regierungen Deutschlands. Die Königliche Regierung ist dazu in vollem Umfange bereit. Im festen Vertrauen auf die Zustimmung, die ihr von allen gesunden und redlicher Elementen im eigenen Lande zu Theil werden wird, ist sie darauf gefaßt, den zerstörenden und revolutionären Bestrebungen nach allen Seiten hin mit Kraft und Energie entgegenzutreten, und wird ihre Maßregeln so treffen, daß sie den verbündeten Regierungen die etwa gewünschte und erforderliche Hülfe rechtzeitig leisten könne. Die Gefahr ist eine gemeinsame, und Preußen wird seinen Beruf nicht verleugnen, in den Tagen der Gefahr einzutreten, wo und wie es Noth thut. Wir gehen von der, von allen Besseren getheilten Ueberzeugung der Nothwendigkeit aus, daß der Revolution in Deutschland ein Ziel gesetzt werden müsse. Ihre Kraft kann aber vollständig nur dadurch gebrochen werden, daß sie keinen Vorwand mehr findet, durch welchen sie die Gemüther der Bessern im Volk über ihre wahren Absichten und Endzwecke täuschen könne. Dieses Ziel kann nicht durch passives Abwarten und durch partiellen Widerstand erreicht werden, sondern nur durch thätiges Eingreifen und Handeln. Die Königliche Regierung hatte in ihrer Cirkular-Depesche vom 3. d. M. den Weg angedeutet, auf welchem sie damals, vermittelst gemeinsamer Berathungen in Frankfurt, zu dem erstrebten Ziele glaubte hinwirken zu können. Dieser Weg hat sich inzwischen als nicht mehr möglich erwiesen, sowohl dadurch, daß mehrere der größten deutschen Staaten es ablehnten, auf diese Berathungen in Frankfurt überhaupt einzugehen und an denselben Theil zu nehmen, als auch dadurch, daß die Mehrzahl der übrigen Regierungen, unter Beseitigung der von ihnen selbst gehegeten Bedenken, sich beeilen, ihre volle Adhäsion an die frankfurter Beschlüsse und ihre Annahme der dort beschlossenen Verfassung zu erklären. Wir müssen nunmehr wünschen, daß diejenigen deutschen Regierungen, welche zu weiteren Berathungen über den jetzt einzuhaltenden Gang und die fernere Entwickelung des Verfassungswerks mit Preußen geneigt sind, sich direkt hierher nach Berlin wenden mögen, und entweder eigene Bevollmächtigte hierher senden oder ihre Gesandten mit Instruktionen versehen, um sich mit der Königlichen Regierung zu verständigen, welche letztere in diesem Falle bereit ist, ihre Ansichten umfassend darzulegen und mit Vorschlägen entgegen zu kommen. Die Haltung und die weiteren Beschlüsse der National-Versammlung, nachdem ihr der Entschluß Sr. Majestät des Königs bekannt geworden, werden in der allernächsten Zeit ergeben, inwieweit noch auf eine Verständigung mit derselben und ein Mitwirken ihrerseits zu dem angestrebten Ziel zu hoffen ist. Die Königliche Regierung hat immer an der Ueberzeugung festgehalten, daß die Verfassung Deutschlands, wenn sie die Keime einer günstigen Entwickelung und die Bürgschaft der Dauer in sich tragen soll, durch das Zusammenwirken der Regierungen und der Vertreter der deutschen Nation zu Stande kommen müsse. Sie bleibt diesem Grundsatze auch jetzt und für die Zukunft treu. Sollte es sich herausstellen, daß jede Hoffnung auf die Mitwirkung der National-Versammlung in ihrer jetzigen Gestalt aufgeben werden müsse, so hält sie es nur um so mehr für die Pflicht und die Aufgabe der deutschen Regierungen, dem Bedürfnisse der deutschen Nation bald eine volle und umfassende Befriedigung zu gewähren, indem sie derselben ihrerseits eine Verfassung darbieten, welche dem Begriff des Bundesstaates entspräche und durch eine wahrhafte Vertretung des Volkes dem letzteren die Gewißheit einer gesetzlichen Mitwirkung erhalte. Der Entwurf einer solchen Verfassung würde die Arbeit der National-Versammlung wieder aufnehmen und nur die in dieselbe durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände eingedrungenen zerstörenden Elemente beseitigen; sie wird also jedenfalls auf der Errichtung einer kräftigen und einheitlichen Exekutiv-Gewalt und einer National-Vertretung in Staatenhaus und Volkshaus mit legislativen Rechten basirt sein müssen. Indem wir diese Grundzüge festhalten, können wir das Einzelne der weiteren Berathung überlassen, und zweifeln nicht, daß aus dem einmüthigen Streben nach dem großen Ziel und der allseitigen Erkenntniß dessen, was der Nation noth thut, ein Werk hervorgehen werde, welchem auch die alsdann in kürzester Frist zur Revision dieser Verfassung zusammenzurufenden beiden Häuser eines deutschen Reichstags ihre Anerkennung und Zustimmung nicht versagen werden. Wir müssen daher den deutschen Regierungen den dringenden Wunsch ausdrücken, daß sie uns durch die Sendung von Bevollmächtigten oder durch Ertheilung von Instruktionen bald in den Stand setzen mögen, eine weiter eingehende Verhandlung eröffnen zu können. Berlin, den 28. April 1849. Der Minister-Präsident Graf von Brandenburg." 61 Breslau, 30. April. Wer sich über Deutsche noch Illusionen hingibt, der hätte denken können, der neue Gewaltstreich des russischen Unterknäs von Potsdam würde hier schlagend zünden müssen, weil es jetzt selbst die Bourgeois bis zur christlich-germanischen Entrüstung bringen. Doch nein, außer der, meistens den Bierwirthen zu Gute kommenden offiziellen Entrüstung der Art will sich nichts besonderes zeigen. Breslau behauptet, Berlin müsse den Ton angeben, Berlin erwartet desgleichen von den Provinzen. Der Deutsche entschlägt sich niemals seiner Natur, auch wenn seine Unterknäse die imfamsten salti mortali über seinen Flachschädel wiederholen: er bleibt ein Deutscher. Gleichwohl darf ich nicht unerwähnt lassen, daß auf die Nachricht von dem abermaligen, diesmal uckermärkisch-konstitutionellen Voneinanderstäuben des oktroyirten Geschwaders an den Ufern der brandenburgischen Garonne (?!) ein germanisch-logischer Genius vorgestern Abend am Ringe inmitten einer kleinen Gruppe behauptete, man müsse jetzt den König von Würtemberg, weil er nachgiebig gewesen, zum deutschen Kaiser machen. Mögen die ehrlichen Frankfurter Churfürsten solche Vorschläge beachten und der Reihe nach durch alle 36 deutsche Vaterlandslappen zur k. k. Ausführung bringen! Auch der, wie ich Ihnen bereits angezeigt, von dem offiziellen Reichsbourgeois-Enthusiasmus der Herren Rühl, Engelmann, Auerbach, Laßaitz, Peinert, Roland, Weiß und Theodor (ja nicht zu übersehen) Mundt, gestern Sonntag im Schießwerder zusammenberufenen schwarz-roth-goldenen Volksversammlung will und darf ich nicht uneingedenk bleiben. Ich sah daselbst an 5000 Köpfe von Breslau's demokratischem Kleinbürgerthum, welches sich während einiger Stunden von der sittlich-germanischen Entrüstung seiner Herren Führer beim Bier, Kaffee, Cigarre und unter dem unausstehlichen Fortknallen der Herren Bourgeois im nahen Schießstande reichsgermanisch er bauen ließ. Von den Milde-Hansemannisch-kreuzritterlich-konstitutionellen Herren Preußen, Juden und Börsenbourgeois, die sich den Teufel um zersprengte Kammern scheeren, war mit Ausnahme einiger Spione, Gendarmen und Polizeiknechte natürlich nichts zu sehen. Obwohl viele der Anwesenden Hut und Brust mit der schwarz-roth-goldenen Glorie geschmückt hatten, so wollte mir's doch hier, wie auch schon in der Versammlung sämmtlicher Bürgerwehrklubs bedünken, als ob ein sehr beträchtlicher Theil mehr die Physiognomie der rothen, als der schwarz-roth-goldenen Befähigung trage. Denn obgleich die Massen des eigentlichen Proletariats fehlten, so schien der größere Theil der Anwesenden doch aus denselben entschlossenen Leuten zu bestehen, welche das Arbeiterbankett von neulich besucht hatten. Das rechte Sein oder Nichtsein der hiesigen Demokratie beruht hier wie überall, in der Führung. Die Massen sind de facto hier sozial-demokratisch, aber sie wollen's noch nicht sein, weil sie es noch nicht zu sein wissen. Die talent-und charaktervolle sozial-demokratische Fuhrung ist noch nicht vorhanden und die Massen lassen sich darum vorzugsweise noch von der radikalen Bourgeoisie leiten. Nichtsdestoweniger macht sich die sozial-demokratische Führung geltend und bringt die für den f. g. "Humanismus" schwärmenden blöden Bourgeoisdemokraten gleich der Schlesischen Zeitung bereits in Harnisch. Das Arbeiterbankett giebt z. B. Hrn. Rühl, dem Redakteur des Straßenblatts "Putsch" in einer "Sozial. Pfaffen" überschriebenen geist-und witzlosen Expektoration Gelegenheit, bourgeoisgeistreich und unfehlbar zu meinen: "Der, wie die allein nur maßgebende "Neue Rheinische Zeitung" sagen würde, gottbegnadete Verein für Gesetz und Ordnung hat in seiner Polemik gegen die Breslauer Demokratie und ihre Anhänger einen neuen Bundesgenossen erhalten. Der sozialistisch-demokratische Verein hält die Breslauer Demokratie für einen bedeutenden Hemmschuh in der politisch-sozialen Bewegung; wir sind aber keineswegs der Ansicht, daß die sozial-demokratischen Führer den Stein der Weisen gefunden haben. Hr. Stilch hat Göthe's Farbenlehre offenbar mit Nutzen gelesen und wir können ihn mit gutem Gewissen als tauglichen Farbenreiber empfehlen. Vater Nees, die rothe Mütze auf dem ehrwürdigen Haupte, gemahnte an einen verwitterten Weidenstumpf, auf dem ein riesiger rother Fliegenpilz sitzt " u. s. w. Der Zustand der hiesigen Demokratie wird Ihnen aus diesen Mitheilungen genügend hervorgehen. Die Herren Bourgeois mit ihrer kaum über die Nase oder Thürschwelle reichenden politischen Wurfweite und Kleinkrämerlichkeit sind hier ungefähr in das Stadium getreten, in welchem dieselben bei Ihnen vor zehn Jahren gestanden, in das Stadium der schwarz-roth-goldenen burschikosen Lümmelei des "Sie sollen ihn nicht haben! " - Doch nun zurück zur Volksversammlung. Hätten die darin aufgetretenen Herren Bourgeoisredner vor etwa acht Monaten gesprochen, wie sie gestern sprachen, ich würde sie Ihnen sämmtlich vielleicht lobend vorführen, allein da sie für eine Verfassung schwärmen, die von Menschen gemacht ist, welche sich jemand zum Kaiser ausersehen haben, der am 18. März sein Volk hat zusammenkartätschen, seitdem die Vertreter des Volkes zweimal auseinanderjagen und die Kaiserfabrikanten selbst mit Füßen treten lassen, so wird mir diese Aufgabe etwas schwer. Nebenbei haben dieselben Herren, d. h. die Bourgeois im Allgemeinen, die richtigen Voraussichten z. B. Ihres Blattes damals mit Hohn von sich gewiesen und gemeinschaftlich mit der Contrerevolution von Anarchie und s. g. "Schandblättern" gesprochen; sie werden also heute auch die Konsequenzen ihres superioren Geistes ertragen müssen und schwerlich ein Volk finden, welches ihnen die kaiserl. Kastanien aus den glühenden Kohlen nimmt. Nachdem ich dies vorausgeschickt, wird man das Verdienst, welches sich einige der Herren Redner gestern unstreitig erworben haben, zu würdigen wissen. Engelmann, der suspendirte Bürgerwehroberst, elektrisirte die Versammlung durch die Wahrheit seines Zornes und verdunkelte damit namentlich die ledernen Waschlappen: Auerbach und Mundt mit ihren diplomatischen Kabinetsstücken in schwarzen Blacehandschuhen. Engelmann wies auf die Magyaren hin und meinte, die Deutschen müßten vor ihnen erröthen. Hierauf machten die Abgeordneten Metze, Bensch, Elsner ihrer Entrüstung über die Kammerauflösung Luft und beschrieben die dabei verübten Schandthaten des Ministeriums. Ersterer sagte, Verachtung, nicht Muthlosigkeit habe sich dabei ihrer bemächtigt; die Schüsse des Militärs seien auf die Kammer gerichtet gewesen, wovon die Thüren des Hauses noch Spuren trugen; Behrends habe zwei Bajonettstiche erhalten und die Dragoner des 18. März hatten sich auch jetzt wieder in der damaligen Weise hervorgethan. Als Metze voll Grimm ausruft: "Ich weiß, daß dies Volk von selbst das Schwert nicht in die Hand nimmt, sondern daß es ihm in die Hand gepreßt wird," ertönt ein rauschendes Bravo. (Die germanische Stupidität fühlt also nicht einmal mehr die infame Ehrlosigkeit eines solchen Bravo.) Bensch sprach mancherlei von den Sybillischen Büchern und den deutschen Thränen der Rechten, die nun unter Thränen eingesehen, daß sie die getäuschte gewesen. Er beschrieb dann einige von den k. preuß. Volksmördern und Henkersknechten, ohne Aufforderung zum Auseinandergehen, gegen arglose Spaziergänger verübte Schandthaten. Lasker, Mitdirektor und Regisseur beim hiesigen Theater sprach mit theatralischem Kanonendonner und Glockengeläute von einer an das Ministerium zu erlassenden Adresse. Die Worte: "Gräber - Friedrichshain - Schmach! Schmach! Schmach! - Rothe Liebe" bildeten zu diesem Benefiz ein ziemlich klangreiches und darum wohlapplaudirtes Paukengetöse. Auch protestirte er dawider, daß man die Russen über eine preußische Eisenbahn nach Oestreich und gegen die Magyaren fahren lasse. "Es wird nicht besser, wenn wir's nicht besser machen und handeln" rief Lasker zum Schluß und hätte nichts weiter sagen und vorschlagen sollen. Pelz: "Ja, Adressen möchte ich schicken! (mit erhabener Faust und schäumend vor Zorn). Bewahren sie die That! - Ich mache keine Worte mehr, ich erwarte, daß ihr ein Herz zu Thaten habt!" Elsner: "Das Ministerium hat auf unseren Ruf: "Es lebe die Freiheit!" geantwortet: Es lebe der Säbel!" Zeigen Sie ihm, was das bedeutet! Man hat uns für Narren gehalten, mit uns gespielt. Ihr werdet wissen, was Europa von uns erwartet. Es ist ein unwürdiges Schauspiel, daß wir fremde Völker bewundern, ohne selbst zu handeln. Die Zeit der Adressen ist vorüber, die Adressen haben uns vor Europa lächerlich gemacht. Die Zeit des Vertrauens ist vorüber, Mißtrauen und abermals Mißtrauen müssen wir haben. (Hättet ihr vor 34 Jahren schon übermäßig haben sollen). Diesen Zuständen müssen wir mit einem einzigen kräftigen Schlage ein Ende machen. (Jetzt, wo der durch Eure Dummheit wieder erstarkte Absolutismus die eine Hälfte des Volks in Uniform steckt, um die andere wehrlos gemachte zu ermorden, sehr schwer, Herr Elsner.) Nees blieb nur unverständlich. Zum Schluß wird statt der Adresse folgende Erklärung angenommen: "Oeffentlich und feierlich erklären wir: die deutsche Reichsverfassung, wie sie berathen (!), beschlossen (!!) und vollzogen (!!!!!) wurde, ist jetzt für uns in ihrem ganzen Umfange (!!!) ein rechtsgültiges und unantastbares Gesetz." (Die Versammlung erhebt die Hände, und belustigt sich dabei, wahrscheinlich im Gefühle der Wichtigkeit des Augenblicks über die vielen Hände. Das ist der Ernst der deutschen Begeisterung!) - "Tastet das Ministerium, " ruft Engelmann darauf noch, "nun (!!) die Versammlung n Frankfurt an, so sagen wir: Nein! Wir wählen nicht mehr, schicken keine Abgeordneten mehr! (Wird famosen Eindruck machen.) Einige Bataillone sollen während der Volksversammlung in den Kasernen konsignirt gewesen, und mit schwarz-weißem preußischen Schnapsenthusiasmus eingeheizt worden sein. Nachschrift: Als Metze und Bänsch die von den schnapsbegeisterten Volksmördern in Berlin verübten Gräuel schilderten, rief die Versammlung wiederholt: "Pfui! (äußerst fein) Schmach! Rache! Rache!" Der Politik der Knute gegenüber kanns niemals etwas anderes geben, als eine milliardenfache Rache. Neisse, 28. April. So eben trifft der Befehl zum Abmarsch von zwei Kompagnien des 23. Infanterie-Regiments und einer reitenden Batterie hier ein. Die zwei Kompagnien, die diesen schleunigen Befehl auf dem Exerzierplatz erhielten, marschiren bereits jetzt Nachmittags 2 Uhr hier aus und sind vorläufig nach Oderberg bestimmt. Die reitende Batterie geht morgen früh zeitig ab, und wird in Myslowitz stationirt. Gleichzeitig sind von der 12. Division eine Schwadron vom 2. Ulauen- und zwei Schwadronen vom 6. Husaren-Regiment, die aus Ober-Glogau und Leobschütz, ebenfalls zur Besetzung der Gränze, auf dem Marsch. Auch die übrigen Schwadronen vom 2. Ulanen-Regiment haben Befehl erhalten, sich zum Abmarsch bereit zu halten. Das ganze Observationskorps wird eine Stärke von circa 6000 Mann haben. Wien, 28. April. Briefe aus Krakau bestätigen den bereits erfolgten Einmarsch russischer Truppen, die auf dem kürzesten Wege auf der Nordbahn und zwar bis Gänserndorf (der zweiten Nordbahn-Station von Wien aus) befördert werden sollen. Auf dem Marchfelde werden bereits Anstalten zur Verproviantirung dieser Truppen getroffen. In den italienischen Angelegenheiten erfährt man, daß Eilboten nach Mailand abgegangen seien, um den Friedensabschluß zu beschleunigen. Hierin soll das Ministerium in Konflikt mit dem Eigenwillen Radetzkys gerathen sein, der auf einer höheren Contribution bestehe. Der Austritt des Gr. Stadion aus dem Ministerium gewinnt immer mehr Gewißheit, weniger bestimmt ist es aber, wer ihn ersetzen soll. Einestheils wird behauptet, daß Bach das Portefeuille des Innern übernehme und Schmerling oder Fischer Minister des Justizdepartements werde, andererseits sagt man wieder, daß Schmerling Minister des Innern würde, so viel ist aber gewiß, daß Fischer von Linz nach Wien berufen worden ist. Blumberg sen., Redakteur der während kurzer Zeit erschienen "Ohnehosen" ist heute wiederholt verhaftet worden, nachdem er, schon früher eingezogen, entlassen worden war, sich nach Pest und von dort hierher zurückbegeben hatte. Zwischen Olmütz und München findet ein lebhafter Courierwechsel statt. Es soll endlich festgesetzt sein, daß von Seite Oesterreichs zur Schlichtung der deutschen Angelegenheiten ebenfalls ein Fürstenkongreß zusammen berufen werde, welcher dem von Preußen eingeleiteten das Gegengewicht zu halten im Stande wäre. Bayern, Hannover und Sachsen haben sich geweigert, über die Beschickung des von Preußen beantragten Kongresses eine Erklärung abzugeben. Wie das offizielle Henkerblatt von den zur Hülfe anrückenden Russen enthusiasmirt wird, möge man aus folgender Stelle jenes Blattes entnehmen: "Ist Oesterreich von der gegenwärtigen Insurrektion und ihren verschiedenartigen Elementen allein bedroht? Jedermann wird diese Frage mit "Nein" beantworten, Jedermann weiß daß Oesterreich mit jenem Theile der Insurrektion, welcher direkte gegen unser Land gerichtet ist, ganz allein fertig werden kann. Diese Insurrektion ist jedoch nicht mehr allein gegen Oesterreich gerichtet, sie ist ein Wechsel, der nicht nur auf Rußland, sondern auf die edelsten und vernünftigsten Grundlagen der europäischen Gesellschaft girirt ist. Rußland ist dabei stark betheiligt, und daß der Schauplatz des Kampfes eben Oesterreich ist, dies ist blos der Strategie der destruktiven Elemente zuzuschreiben, welche morgen in Rußland, Deutschland oder zum dritten Male, in Frankreich ihren Schauplatz suchen können." (Aha! Ja wohl, alte Bestie!) Und am Ende des Artikels heult dieses vortreffliche Blättchen in folgender Weise: "Wenn der Gegner nichts anderes als eine aufrührerische Provinz wäre, so hätte Oesterreich gewiß keine andere Allianz nöthig, als den Patriotismus (!) seiner Bewohner, mögen sie auch durch schwere Drangsale in der letzten Zeit ohnedies schon hart mitgenommen sein; denn wenn auch eine gewisse Partei in Oesterreich dergestalt gewühlt, daß es nicht an österreichischen Bürgern mangelt, welche der politischen und socialen Zertrümmerungs-Armee Kossuth's den Sieg wünschen, so hat doch die Mehrzahl (!) ihre redliche Gesinnung und patriotische Hingebung (!) rein und unversehrt bewahrt. Allein warum sollten eben die edelsten Kräfte, ohne die Gewißheit zu haben, auszureichen, sich gänzlich zum Schaden des Staates erschöpfen, und im Namen Europa's ganz allein gegen dessen gemeinsame Feinde einstehen?" 14 Hamburg, 30. April. Welchen Blödsinn die hamburger Polizeibehörde und der Senat besitzt, davon mag folgendes Beispiel zeugen. Einen jungen Menschen, Namens Hirsch, hatte man wegen Hochverraths eingesperrt. Man ließ ihn 4 Wochen im Gefängniß. Dem hamburger Senat geht es aber gerade wie dem Barometer, er steigt und fällt in seinen Anmaßungen und Brutalitäten. So auch jetzt: weil die Ungarn dicht vor Wien, und die österreichischen Metalliques im Cours gesunken sind, läßt man H., der beiläufig bemerkt, nur erst 19 Jahre, also noch gar nicht mündig und eidfähig ist, frei, aber nur - gegen einen Eid, daß er sich nicht vom Hamburger Gebiet entfernen und zu jeder Zeit wieder stellen wolle. 15 Schleswig-Holstein, 30. April. Ein offizieller ausführlicher Bericht über die Schlacht bei Kolding ist noch immer nicht erschienen; vielleicht mag es Bonin schwer fallen, einen solchen zu liefern, da er so ruhig während der Schlacht, oder eigentlich nur Gefechts, in dem Hause eines Koldinger Kaufmannes auf einem Stuhl saß, versteht sich als Kolding von den Unsrigen wieder genommen war. Von nichtoffiziellen Händen gelangen indeß nach und nach immer mehr Details an. Aus diesen geht offenbar nur die Bestätigung der von uns aufgestellten Behauptung hervor, daß Verrath im Spiel sei. So sagt ein Schreiben: "Alle möglichen Hindernisse militärischer und politischer Art fesselten den General Bonin; er ging fast täglich nur eine Meile vor, oder hielt in weitläufigen Kantonnements gänzlich still. Der Feind im Besitz aller Nachrichten, mußte wissen, daß er es mit Reichstruppen nicht zu thun haben würde (Schleswig-Holstein gehört also nicht zu Deutschland), unternahm aber dennoch keinen Angriff. Endlich stand man in Wonsild. Nicht ein Befehl war es, der die Truppen nach Jütland führte, sondern der ihnen innewohnende Geist. Eine Rekognoscirung führte der Jugendmuth unserer Armee in die vertheidigte feindliche Stadt Kolding. Nichts hielt die schleswig-holsteinische Avantgarde in Kolding zurück, als der Ausdruck jedes einzelnen Gesichtes der Soldaten, die sich danach sehnten, ihr Vaterland auf dem feindlichen, nicht auf dem eignen Boden zu schützen. Nichts konnte dieser Physiognomie des Heeres widerstehen; wir blieben fast wider den Willen der Gewalthaber in Kolding, sie gaben nach." Die politischen Hindernisse sind hinlänglich bekannt, die militärischen bestanden wohl größtentheils in dem Geist der Truppen, Cirkulars zur Kenntniß der deutschen Regierungen gebracht worden: „In dem Cirkular vom 3. d. M. ist die Hoffnung ausgesprochen, daß die Königliche Regierung binnen vierzehn Tagen im Stande sein werde, eine definitive Erklärung über die deutsche Sache abzugeben. Nachdem dieser Zeitraum verstrichen, hat das Königliche Staats-Ministerium, um keinem Zweifel über seine Ansicht und seine Aufrichtigkeit Raum zu lassen, es für seine Pflicht gehalten, schon am 21. resp. 23. d. M. den preußischen Kammern zu erklären, wie es Sr. Majestät dem Könige nicht zur Annahme der unveränderten, von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Verfassung rathen könne. Die definitive Entscheidung Sr. Majestät hat aber um einige Tage sich verzögern müssen, weil noch nicht alle deutsche Regierungen sich ausgesprochen hatten. Die Entschließung Sr. Majestät ist nunmehr erfolgt, und Ew. etc. erhalten anliegend Abschrift der desfallsigen Erklärung, wie sie unterm heutigen Datum an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt ergangen ist, um durch die letztere der Nationalversammlung mitgetheilt zu werden. Indem wir dies zur Kenntniß der deutschen Regierungen bringen, glauben wir, daß die Gründe, welche den Entschluß Sr. Majestät bedingten, keiner weiteren Ausführung bedürfen, und wir können nicht zweifeln, daß jede deutsche Regierung dem erhabenen Sinne Sr. Majestät, Seiner Bundestreue gegen die verbündeten deutschen Staaten und Seiner uneigennützigen Gesinnung werde Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Königliche Regierung verkennt dabei keineswegs den Ernst und die Gefahren des Augenblicks, und sie hofft, daß auch die übrigen deutschen Regierungen dieselben mit vollem Bewußtsein ins Auge fassen. Daß das Bedürfniß der Nation nach größerer Einigung und Kräftigung befriedigt werden muß, auch nachdem die in Frankfurt zunächst von der Versammlung angestrebte Form sich als unmöglich erwiesen hat, wird jedem Besonnenen als unabweisbare Nothwendigkeit erscheinen; und sie vertraut darauf, daß die anderen deutschen Regierungen ihr dazu die Hand bieten werden. Sie hat in ihrer nach Frankfurt gerichteten Erklärung noch einmal eine Möglichkeit in Aussicht stellen wollen, daß die Nationalversammlung selbst von dem von ihr betretenen Wege zurückkomme und die Hand zu Abänderungen der Verfassung bieten möchte, so daß dennoch das Werk der Vereinbarung und Verständigung mit ihr zu Stande käme. Daß dies für die Beruhigung der Nation höchst wünschenswerth und daher im Interesse der Regierungen wäre, darüber wird nicht leicht ein Zweifel gehegt werden. Aber sie verhehlt sich nicht, wie wenig Aussicht dazu vorhanden ist, daß diese Hoffnung verwirklicht werde; und alle deutsche Staaten werden mit ihr auf den entgegengesetzten Fall gefaßt sein müssen ‒ zugleich aber auch darauf, daß durch ein starres Festhalten der Versammlung an ihren bisherigen Beschlüssen in manchen Ländern gefährliche Krisen hervorgerufen werden können. Diesen gemeinsam, ernst und kräftig entgegenzutreten, womöglich aber sie durch ein entschiedenes Handeln und Vorwärtsgehen zu verhindern, ist die Aufgabe und Pflicht der Regierungen Deutschlands. Die Königliche Regierung ist dazu in vollem Umfange bereit. Im festen Vertrauen auf die Zustimmung, die ihr von allen gesunden und redlicher Elementen im eigenen Lande zu Theil werden wird, ist sie darauf gefaßt, den zerstörenden und revolutionären Bestrebungen nach allen Seiten hin mit Kraft und Energie entgegenzutreten, und wird ihre Maßregeln so treffen, daß sie den verbündeten Regierungen die etwa gewünschte und erforderliche Hülfe rechtzeitig leisten könne. Die Gefahr ist eine gemeinsame, und Preußen wird seinen Beruf nicht verleugnen, in den Tagen der Gefahr einzutreten, wo und wie es Noth thut. Wir gehen von der, von allen Besseren getheilten Ueberzeugung der Nothwendigkeit aus, daß der Revolution in Deutschland ein Ziel gesetzt werden müsse. Ihre Kraft kann aber vollständig nur dadurch gebrochen werden, daß sie keinen Vorwand mehr findet, durch welchen sie die Gemüther der Bessern im Volk über ihre wahren Absichten und Endzwecke täuschen könne. Dieses Ziel kann nicht durch passives Abwarten und durch partiellen Widerstand erreicht werden, sondern nur durch thätiges Eingreifen und Handeln. Die Königliche Regierung hatte in ihrer Cirkular-Depesche vom 3. d. M. den Weg angedeutet, auf welchem sie damals, vermittelst gemeinsamer Berathungen in Frankfurt, zu dem erstrebten Ziele glaubte hinwirken zu können. Dieser Weg hat sich inzwischen als nicht mehr möglich erwiesen, sowohl dadurch, daß mehrere der größten deutschen Staaten es ablehnten, auf diese Berathungen in Frankfurt überhaupt einzugehen und an denselben Theil zu nehmen, als auch dadurch, daß die Mehrzahl der übrigen Regierungen, unter Beseitigung der von ihnen selbst gehegeten Bedenken, sich beeilen, ihre volle Adhäsion an die frankfurter Beschlüsse und ihre Annahme der dort beschlossenen Verfassung zu erklären. Wir müssen nunmehr wünschen, daß diejenigen deutschen Regierungen, welche zu weiteren Berathungen über den jetzt einzuhaltenden Gang und die fernere Entwickelung des Verfassungswerks mit Preußen geneigt sind, sich direkt hierher nach Berlin wenden mögen, und entweder eigene Bevollmächtigte hierher senden oder ihre Gesandten mit Instruktionen versehen, um sich mit der Königlichen Regierung zu verständigen, welche letztere in diesem Falle bereit ist, ihre Ansichten umfassend darzulegen und mit Vorschlägen entgegen zu kommen. Die Haltung und die weiteren Beschlüsse der National-Versammlung, nachdem ihr der Entschluß Sr. Majestät des Königs bekannt geworden, werden in der allernächsten Zeit ergeben, inwieweit noch auf eine Verständigung mit derselben und ein Mitwirken ihrerseits zu dem angestrebten Ziel zu hoffen ist. Die Königliche Regierung hat immer an der Ueberzeugung festgehalten, daß die Verfassung Deutschlands, wenn sie die Keime einer günstigen Entwickelung und die Bürgschaft der Dauer in sich tragen soll, durch das Zusammenwirken der Regierungen und der Vertreter der deutschen Nation zu Stande kommen müsse. Sie bleibt diesem Grundsatze auch jetzt und für die Zukunft treu. Sollte es sich herausstellen, daß jede Hoffnung auf die Mitwirkung der National-Versammlung in ihrer jetzigen Gestalt aufgeben werden müsse, so hält sie es nur um so mehr für die Pflicht und die Aufgabe der deutschen Regierungen, dem Bedürfnisse der deutschen Nation bald eine volle und umfassende Befriedigung zu gewähren, indem sie derselben ihrerseits eine Verfassung darbieten, welche dem Begriff des Bundesstaates entspräche und durch eine wahrhafte Vertretung des Volkes dem letzteren die Gewißheit einer gesetzlichen Mitwirkung erhalte. Der Entwurf einer solchen Verfassung würde die Arbeit der National-Versammlung wieder aufnehmen und nur die in dieselbe durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände eingedrungenen zerstörenden Elemente beseitigen; sie wird also jedenfalls auf der Errichtung einer kräftigen und einheitlichen Exekutiv-Gewalt und einer National-Vertretung in Staatenhaus und Volkshaus mit legislativen Rechten basirt sein müssen. Indem wir diese Grundzüge festhalten, können wir das Einzelne der weiteren Berathung überlassen, und zweifeln nicht, daß aus dem einmüthigen Streben nach dem großen Ziel und der allseitigen Erkenntniß dessen, was der Nation noth thut, ein Werk hervorgehen werde, welchem auch die alsdann in kürzester Frist zur Revision dieser Verfassung zusammenzurufenden beiden Häuser eines deutschen Reichstags ihre Anerkennung und Zustimmung nicht versagen werden. Wir müssen daher den deutschen Regierungen den dringenden Wunsch ausdrücken, daß sie uns durch die Sendung von Bevollmächtigten oder durch Ertheilung von Instruktionen bald in den Stand setzen mögen, eine weiter eingehende Verhandlung eröffnen zu können. Berlin, den 28. April 1849. Der Minister-Präsident Graf von Brandenburg.“ 61 Breslau, 30. April. Wer sich über Deutsche noch Illusionen hingibt, der hätte denken können, der neue Gewaltstreich des russischen Unterknäs von Potsdam würde hier schlagend zünden müssen, weil es jetzt selbst die Bourgeois bis zur christlich-germanischen Entrüstung bringen. Doch nein, außer der, meistens den Bierwirthen zu Gute kommenden offiziellen Entrüstung der Art will sich nichts besonderes zeigen. Breslau behauptet, Berlin müsse den Ton angeben, Berlin erwartet desgleichen von den Provinzen. Der Deutsche entschlägt sich niemals seiner Natur, auch wenn seine Unterknäse die imfamsten salti mortali über seinen Flachschädel wiederholen: er bleibt ein Deutscher. Gleichwohl darf ich nicht unerwähnt lassen, daß auf die Nachricht von dem abermaligen, diesmal uckermärkisch-konstitutionellen Voneinanderstäuben des oktroyirten Geschwaders an den Ufern der brandenburgischen Garonne (?!) ein germanisch-logischer Genius vorgestern Abend am Ringe inmitten einer kleinen Gruppe behauptete, man müsse jetzt den König von Würtemberg, weil er nachgiebig gewesen, zum deutschen Kaiser machen. Mögen die ehrlichen Frankfurter Churfürsten solche Vorschläge beachten und der Reihe nach durch alle 36 deutsche Vaterlandslappen zur k. k. Ausführung bringen! Auch der, wie ich Ihnen bereits angezeigt, von dem offiziellen Reichsbourgeois-Enthusiasmus der Herren Rühl, Engelmann, Auerbach, Laßaitz, Peinert, Roland, Weiß und Theodor (ja nicht zu übersehen) Mundt, gestern Sonntag im Schießwerder zusammenberufenen schwarz-roth-goldenen Volksversammlung will und darf ich nicht uneingedenk bleiben. Ich sah daselbst an 5000 Köpfe von Breslau's demokratischem Kleinbürgerthum, welches sich während einiger Stunden von der sittlich-germanischen Entrüstung seiner Herren Führer beim Bier, Kaffee, Cigarre und unter dem unausstehlichen Fortknallen der Herren Bourgeois im nahen Schießstande reichsgermanisch er bauen ließ. Von den Milde-Hansemannisch-kreuzritterlich-konstitutionellen Herren Preußen, Juden und Börsenbourgeois, die sich den Teufel um zersprengte Kammern scheeren, war mit Ausnahme einiger Spione, Gendarmen und Polizeiknechte natürlich nichts zu sehen. Obwohl viele der Anwesenden Hut und Brust mit der schwarz-roth-goldenen Glorie geschmückt hatten, so wollte mir's doch hier, wie auch schon in der Versammlung sämmtlicher Bürgerwehrklubs bedünken, als ob ein sehr beträchtlicher Theil mehr die Physiognomie der rothen, als der schwarz-roth-goldenen Befähigung trage. Denn obgleich die Massen des eigentlichen Proletariats fehlten, so schien der größere Theil der Anwesenden doch aus denselben entschlossenen Leuten zu bestehen, welche das Arbeiterbankett von neulich besucht hatten. Das rechte Sein oder Nichtsein der hiesigen Demokratie beruht hier wie überall, in der Führung. Die Massen sind de facto hier sozial-demokratisch, aber sie wollen's noch nicht sein, weil sie es noch nicht zu sein wissen. Die talent-und charaktervolle sozial-demokratische Fuhrung ist noch nicht vorhanden und die Massen lassen sich darum vorzugsweise noch von der radikalen Bourgeoisie leiten. Nichtsdestoweniger macht sich die sozial-demokratische Führung geltend und bringt die für den f. g. „Humanismus“ schwärmenden blöden Bourgeoisdemokraten gleich der Schlesischen Zeitung bereits in Harnisch. Das Arbeiterbankett giebt z. B. Hrn. Rühl, dem Redakteur des Straßenblatts „Putsch“ in einer „Sozial. Pfaffen“ überschriebenen geist-und witzlosen Expektoration Gelegenheit, bourgeoisgeistreich und unfehlbar zu meinen: „Der, wie die allein nur maßgebende „Neue Rheinische Zeitung“ sagen würde, gottbegnadete Verein für Gesetz und Ordnung hat in seiner Polemik gegen die Breslauer Demokratie und ihre Anhänger einen neuen Bundesgenossen erhalten. Der sozialistisch-demokratische Verein hält die Breslauer Demokratie für einen bedeutenden Hemmschuh in der politisch-sozialen Bewegung; wir sind aber keineswegs der Ansicht, daß die sozial-demokratischen Führer den Stein der Weisen gefunden haben. Hr. Stilch hat Göthe's Farbenlehre offenbar mit Nutzen gelesen und wir können ihn mit gutem Gewissen als tauglichen Farbenreiber empfehlen. Vater Nees, die rothe Mütze auf dem ehrwürdigen Haupte, gemahnte an einen verwitterten Weidenstumpf, auf dem ein riesiger rother Fliegenpilz sitzt “ u. s. w. Der Zustand der hiesigen Demokratie wird Ihnen aus diesen Mitheilungen genügend hervorgehen. Die Herren Bourgeois mit ihrer kaum über die Nase oder Thürschwelle reichenden politischen Wurfweite und Kleinkrämerlichkeit sind hier ungefähr in das Stadium getreten, in welchem dieselben bei Ihnen vor zehn Jahren gestanden, in das Stadium der schwarz-roth-goldenen burschikosen Lümmelei des „Sie sollen ihn nicht haben! “ ‒ Doch nun zurück zur Volksversammlung. Hätten die darin aufgetretenen Herren Bourgeoisredner vor etwa acht Monaten gesprochen, wie sie gestern sprachen, ich würde sie Ihnen sämmtlich vielleicht lobend vorführen, allein da sie für eine Verfassung schwärmen, die von Menschen gemacht ist, welche sich jemand zum Kaiser ausersehen haben, der am 18. März sein Volk hat zusammenkartätschen, seitdem die Vertreter des Volkes zweimal auseinanderjagen und die Kaiserfabrikanten selbst mit Füßen treten lassen, so wird mir diese Aufgabe etwas schwer. Nebenbei haben dieselben Herren, d. h. die Bourgeois im Allgemeinen, die richtigen Voraussichten z. B. Ihres Blattes damals mit Hohn von sich gewiesen und gemeinschaftlich mit der Contrerevolution von Anarchie und s. g. „Schandblättern“ gesprochen; sie werden also heute auch die Konsequenzen ihres superioren Geistes ertragen müssen und schwerlich ein Volk finden, welches ihnen die kaiserl. Kastanien aus den glühenden Kohlen nimmt. Nachdem ich dies vorausgeschickt, wird man das Verdienst, welches sich einige der Herren Redner gestern unstreitig erworben haben, zu würdigen wissen. Engelmann, der suspendirte Bürgerwehroberst, elektrisirte die Versammlung durch die Wahrheit seines Zornes und verdunkelte damit namentlich die ledernen Waschlappen: Auerbach und Mundt mit ihren diplomatischen Kabinetsstücken in schwarzen Blacéhandschuhen. Engelmann wies auf die Magyaren hin und meinte, die Deutschen müßten vor ihnen erröthen. Hierauf machten die Abgeordneten Metze, Bensch, Elsner ihrer Entrüstung über die Kammerauflösung Luft und beschrieben die dabei verübten Schandthaten des Ministeriums. Ersterer sagte, Verachtung, nicht Muthlosigkeit habe sich dabei ihrer bemächtigt; die Schüsse des Militärs seien auf die Kammer gerichtet gewesen, wovon die Thüren des Hauses noch Spuren trugen; Behrends habe zwei Bajonettstiche erhalten und die Dragoner des 18. März hatten sich auch jetzt wieder in der damaligen Weise hervorgethan. Als Metze voll Grimm ausruft: „Ich weiß, daß dies Volk von selbst das Schwert nicht in die Hand nimmt, sondern daß es ihm in die Hand gepreßt wird,“ ertönt ein rauschendes Bravo. (Die germanische Stupidität fühlt also nicht einmal mehr die infame Ehrlosigkeit eines solchen Bravo.) Bensch sprach mancherlei von den Sybillischen Büchern und den deutschen Thränen der Rechten, die nun unter Thränen eingesehen, daß sie die getäuschte gewesen. Er beschrieb dann einige von den k. preuß. Volksmördern und Henkersknechten, ohne Aufforderung zum Auseinandergehen, gegen arglose Spaziergänger verübte Schandthaten. Lasker, Mitdirektor und Regisseur beim hiesigen Theater sprach mit theatralischem Kanonendonner und Glockengeläute von einer an das Ministerium zu erlassenden Adresse. Die Worte: „Gräber ‒ Friedrichshain ‒ Schmach! Schmach! Schmach! ‒ Rothe Liebe“ bildeten zu diesem Benefiz ein ziemlich klangreiches und darum wohlapplaudirtes Paukengetöse. Auch protestirte er dawider, daß man die Russen über eine preußische Eisenbahn nach Oestreich und gegen die Magyaren fahren lasse. „Es wird nicht besser, wenn wir's nicht besser machen und handeln“ rief Lasker zum Schluß und hätte nichts weiter sagen und vorschlagen sollen. Pelz: „Ja, Adressen möchte ich schicken! (mit erhabener Faust und schäumend vor Zorn). Bewahren sie die That! ‒ Ich mache keine Worte mehr, ich erwarte, daß ihr ein Herz zu Thaten habt!“ Elsner: „Das Ministerium hat auf unseren Ruf: „Es lebe die Freiheit!“ geantwortet: Es lebe der Säbel!“ Zeigen Sie ihm, was das bedeutet! Man hat uns für Narren gehalten, mit uns gespielt. Ihr werdet wissen, was Europa von uns erwartet. Es ist ein unwürdiges Schauspiel, daß wir fremde Völker bewundern, ohne selbst zu handeln. Die Zeit der Adressen ist vorüber, die Adressen haben uns vor Europa lächerlich gemacht. Die Zeit des Vertrauens ist vorüber, Mißtrauen und abermals Mißtrauen müssen wir haben. (Hättet ihr vor 34 Jahren schon übermäßig haben sollen). Diesen Zuständen müssen wir mit einem einzigen kräftigen Schlage ein Ende machen. (Jetzt, wo der durch Eure Dummheit wieder erstarkte Absolutismus die eine Hälfte des Volks in Uniform steckt, um die andere wehrlos gemachte zu ermorden, sehr schwer, Herr Elsner.) Nees blieb nur unverständlich. Zum Schluß wird statt der Adresse folgende Erklärung angenommen: „Oeffentlich und feierlich erklären wir: die deutsche Reichsverfassung, wie sie berathen (!), beschlossen (!!) und vollzogen (!!!!!) wurde, ist jetzt für uns in ihrem ganzen Umfange (!!!) ein rechtsgültiges und unantastbares Gesetz.“ (Die Versammlung erhebt die Hände, und belustigt sich dabei, wahrscheinlich im Gefühle der Wichtigkeit des Augenblicks über die vielen Hände. Das ist der Ernst der deutschen Begeisterung!) ‒ „Tastet das Ministerium, “ ruft Engelmann darauf noch, „nun (!!) die Versammlung n Frankfurt an, so sagen wir: Nein! Wir wählen nicht mehr, schicken keine Abgeordneten mehr! (Wird famosen Eindruck machen.) Einige Bataillone sollen während der Volksversammlung in den Kasernen konsignirt gewesen, und mit schwarz-weißem preußischen Schnapsenthusiasmus eingeheizt worden sein. Nachschrift: Als Metze und Bänsch die von den schnapsbegeisterten Volksmördern in Berlin verübten Gräuel schilderten, rief die Versammlung wiederholt: „Pfui! (äußerst fein) Schmach! Rache! Rache!“ Der Politik der Knute gegenüber kanns niemals etwas anderes geben, als eine milliardenfache Rache. Neisse, 28. April. So eben trifft der Befehl zum Abmarsch von zwei Kompagnien des 23. Infanterie-Regiments und einer reitenden Batterie hier ein. Die zwei Kompagnien, die diesen schleunigen Befehl auf dem Exerzierplatz erhielten, marschiren bereits jetzt Nachmittags 2 Uhr hier aus und sind vorläufig nach Oderberg bestimmt. Die reitende Batterie geht morgen früh zeitig ab, und wird in Myslowitz stationirt. Gleichzeitig sind von der 12. Division eine Schwadron vom 2. Ulauen- und zwei Schwadronen vom 6. Husaren-Regiment, die aus Ober-Glogau und Leobschütz, ebenfalls zur Besetzung der Gränze, auf dem Marsch. Auch die übrigen Schwadronen vom 2. Ulanen-Regiment haben Befehl erhalten, sich zum Abmarsch bereit zu halten. Das ganze Observationskorps wird eine Stärke von circa 6000 Mann haben. Wien, 28. April. Briefe aus Krakau bestätigen den bereits erfolgten Einmarsch russischer Truppen, die auf dem kürzesten Wege auf der Nordbahn und zwar bis Gänserndorf (der zweiten Nordbahn-Station von Wien aus) befördert werden sollen. Auf dem Marchfelde werden bereits Anstalten zur Verproviantirung dieser Truppen getroffen. In den italienischen Angelegenheiten erfährt man, daß Eilboten nach Mailand abgegangen seien, um den Friedensabschluß zu beschleunigen. Hierin soll das Ministerium in Konflikt mit dem Eigenwillen Radetzkys gerathen sein, der auf einer höheren Contribution bestehe. Der Austritt des Gr. Stadion aus dem Ministerium gewinnt immer mehr Gewißheit, weniger bestimmt ist es aber, wer ihn ersetzen soll. Einestheils wird behauptet, daß Bach das Portefeuille des Innern übernehme und Schmerling oder Fischer Minister des Justizdepartements werde, andererseits sagt man wieder, daß Schmerling Minister des Innern würde, so viel ist aber gewiß, daß Fischer von Linz nach Wien berufen worden ist. Blumberg sen., Redakteur der während kurzer Zeit erschienen „Ohnehosen“ ist heute wiederholt verhaftet worden, nachdem er, schon früher eingezogen, entlassen worden war, sich nach Pest und von dort hierher zurückbegeben hatte. Zwischen Olmütz und München findet ein lebhafter Courierwechsel statt. Es soll endlich festgesetzt sein, daß von Seite Oesterreichs zur Schlichtung der deutschen Angelegenheiten ebenfalls ein Fürstenkongreß zusammen berufen werde, welcher dem von Preußen eingeleiteten das Gegengewicht zu halten im Stande wäre. Bayern, Hannover und Sachsen haben sich geweigert, über die Beschickung des von Preußen beantragten Kongresses eine Erklärung abzugeben. Wie das offizielle Henkerblatt von den zur Hülfe anrückenden Russen enthusiasmirt wird, möge man aus folgender Stelle jenes Blattes entnehmen: „Ist Oesterreich von der gegenwärtigen Insurrektion und ihren verschiedenartigen Elementen allein bedroht? Jedermann wird diese Frage mit „Nein“ beantworten, Jedermann weiß daß Oesterreich mit jenem Theile der Insurrektion, welcher direkte gegen unser Land gerichtet ist, ganz allein fertig werden kann. Diese Insurrektion ist jedoch nicht mehr allein gegen Oesterreich gerichtet, sie ist ein Wechsel, der nicht nur auf Rußland, sondern auf die edelsten und vernünftigsten Grundlagen der europäischen Gesellschaft girirt ist. Rußland ist dabei stark betheiligt, und daß der Schauplatz des Kampfes eben Oesterreich ist, dies ist blos der Strategie der destruktiven Elemente zuzuschreiben, welche morgen in Rußland, Deutschland oder zum dritten Male, in Frankreich ihren Schauplatz suchen können.“ (Aha! Ja wohl, alte Bestie!) Und am Ende des Artikels heult dieses vortreffliche Blättchen in folgender Weise: „Wenn der Gegner nichts anderes als eine aufrührerische Provinz wäre, so hätte Oesterreich gewiß keine andere Allianz nöthig, als den Patriotismus (!) seiner Bewohner, mögen sie auch durch schwere Drangsale in der letzten Zeit ohnedies schon hart mitgenommen sein; denn wenn auch eine gewisse Partei in Oesterreich dergestalt gewühlt, daß es nicht an österreichischen Bürgern mangelt, welche der politischen und socialen Zertrümmerungs-Armee Kossuth's den Sieg wünschen, so hat doch die Mehrzahl (!) ihre redliche Gesinnung und patriotische Hingebung (!) rein und unversehrt bewahrt. Allein warum sollten eben die edelsten Kräfte, ohne die Gewißheit zu haben, auszureichen, sich gänzlich zum Schaden des Staates erschöpfen, und im Namen Europa's ganz allein gegen dessen gemeinsame Feinde einstehen?“ 14 Hamburg, 30. April. Welchen Blödsinn die hamburger Polizeibehörde und der Senat besitzt, davon mag folgendes Beispiel zeugen. Einen jungen Menschen, Namens Hirsch, hatte man wegen Hochverraths eingesperrt. Man ließ ihn 4 Wochen im Gefängniß. Dem hamburger Senat geht es aber gerade wie dem Barometer, er steigt und fällt in seinen Anmaßungen und Brutalitäten. So auch jetzt: weil die Ungarn dicht vor Wien, und die österreichischen Metalliques im Cours gesunken sind, läßt man H., der beiläufig bemerkt, nur erst 19 Jahre, also noch gar nicht mündig und eidfähig ist, frei, aber nur ‒ gegen einen Eid, daß er sich nicht vom Hamburger Gebiet entfernen und zu jeder Zeit wieder stellen wolle. 15 Schleswig-Holstein, 30. April. Ein offizieller ausführlicher Bericht über die Schlacht bei Kolding ist noch immer nicht erschienen; vielleicht mag es Bonin schwer fallen, einen solchen zu liefern, da er so ruhig während der Schlacht, oder eigentlich nur Gefechts, in dem Hause eines Koldinger Kaufmannes auf einem Stuhl saß, versteht sich als Kolding von den Unsrigen wieder genommen war. Von nichtoffiziellen Händen gelangen indeß nach und nach immer mehr Details an. Aus diesen geht offenbar nur die Bestätigung der von uns aufgestellten Behauptung hervor, daß Verrath im Spiel sei. So sagt ein Schreiben: „Alle möglichen Hindernisse militärischer und politischer Art fesselten den General Bonin; er ging fast täglich nur eine Meile vor, oder hielt in weitläufigen Kantonnements gänzlich still. Der Feind im Besitz aller Nachrichten, mußte wissen, daß er es mit Reichstruppen nicht zu thun haben würde (Schleswig-Holstein gehört also nicht zu Deutschland), unternahm aber dennoch keinen Angriff. Endlich stand man in Wonsild. Nicht ein Befehl war es, der die Truppen nach Jütland führte, sondern der ihnen innewohnende Geist. Eine Rekognoscirung führte der Jugendmuth unserer Armee in die vertheidigte feindliche Stadt Kolding. Nichts hielt die schleswig-holsteinische Avantgarde in Kolding zurück, als der Ausdruck jedes einzelnen Gesichtes der Soldaten, die sich danach sehnten, ihr Vaterland auf dem feindlichen, nicht auf dem eignen Boden zu schützen. Nichts konnte dieser Physiognomie des Heeres widerstehen; wir blieben fast wider den Willen der Gewalthaber in Kolding, sie gaben nach.“ Die politischen Hindernisse sind hinlänglich bekannt, die militärischen bestanden wohl größtentheils in dem Geist der Truppen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar289_004" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1636"/> Cirkulars zur Kenntniß der deutschen Regierungen gebracht worden:</p> <p>„In dem Cirkular vom 3. d. M. ist die Hoffnung ausgesprochen, daß die Königliche Regierung binnen vierzehn Tagen im Stande sein werde, eine definitive Erklärung über die deutsche Sache abzugeben.</p> <p>Nachdem dieser Zeitraum verstrichen, hat das Königliche Staats-Ministerium, um keinem Zweifel über seine Ansicht und seine Aufrichtigkeit Raum zu lassen, es für seine Pflicht gehalten, schon am 21. resp. 23. d. M. den preußischen Kammern zu erklären, wie es Sr. Majestät dem Könige nicht zur Annahme der unveränderten, von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Verfassung rathen könne. Die definitive Entscheidung Sr. Majestät hat aber um einige Tage sich verzögern müssen, weil noch nicht alle deutsche Regierungen sich ausgesprochen hatten. Die Entschließung Sr. Majestät ist nunmehr erfolgt, und Ew. etc. erhalten anliegend Abschrift der desfallsigen Erklärung, wie sie unterm heutigen Datum an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt ergangen ist, um durch die letztere der Nationalversammlung mitgetheilt zu werden.</p> <p>Indem wir dies zur Kenntniß der deutschen Regierungen bringen, glauben wir, daß die Gründe, welche den Entschluß Sr. Majestät bedingten, keiner weiteren Ausführung bedürfen, und wir können nicht zweifeln, daß jede deutsche Regierung dem erhabenen Sinne Sr. Majestät, Seiner Bundestreue gegen die verbündeten deutschen Staaten und Seiner uneigennützigen Gesinnung werde Gerechtigkeit widerfahren lassen.</p> <p>Die Königliche Regierung verkennt dabei keineswegs den Ernst und die Gefahren des Augenblicks, und sie hofft, daß auch die übrigen deutschen Regierungen dieselben mit vollem Bewußtsein ins Auge fassen. Daß das Bedürfniß der Nation nach größerer Einigung und Kräftigung befriedigt werden muß, auch nachdem die in Frankfurt zunächst von der Versammlung angestrebte Form sich als unmöglich erwiesen hat, wird jedem Besonnenen als unabweisbare Nothwendigkeit erscheinen; und sie vertraut darauf, daß die anderen deutschen Regierungen ihr dazu die Hand bieten werden. Sie hat in ihrer nach Frankfurt gerichteten Erklärung noch einmal eine Möglichkeit in Aussicht stellen wollen, daß die Nationalversammlung selbst von dem von ihr betretenen Wege zurückkomme und die Hand zu Abänderungen der Verfassung bieten möchte, so daß dennoch das Werk der Vereinbarung und Verständigung mit ihr zu Stande käme. Daß dies für die Beruhigung der Nation höchst wünschenswerth und daher im Interesse der Regierungen wäre, darüber wird nicht leicht ein Zweifel gehegt werden.</p> <p>Aber sie verhehlt sich nicht, wie wenig Aussicht dazu vorhanden ist, daß diese Hoffnung verwirklicht werde; und alle deutsche Staaten werden mit ihr auf den entgegengesetzten Fall gefaßt sein müssen ‒ zugleich aber auch darauf, daß durch ein starres Festhalten der Versammlung an ihren bisherigen Beschlüssen in manchen Ländern gefährliche Krisen hervorgerufen werden können. Diesen gemeinsam, ernst und kräftig entgegenzutreten, womöglich aber sie durch ein entschiedenes Handeln und Vorwärtsgehen zu verhindern, ist die Aufgabe und Pflicht der Regierungen Deutschlands.</p> <p>Die Königliche Regierung ist dazu in vollem Umfange bereit.</p> <p>Im festen Vertrauen auf die Zustimmung, die ihr von allen gesunden und redlicher Elementen im eigenen Lande zu Theil werden wird, ist sie darauf gefaßt, den zerstörenden und revolutionären Bestrebungen nach allen Seiten hin mit Kraft und Energie entgegenzutreten, und wird ihre Maßregeln so treffen, daß sie den verbündeten Regierungen die etwa gewünschte und erforderliche Hülfe rechtzeitig leisten könne. Die Gefahr ist eine gemeinsame, und Preußen wird seinen Beruf nicht verleugnen, in den Tagen der Gefahr einzutreten, wo und wie es Noth thut.</p> <p>Wir gehen von der, von allen Besseren getheilten Ueberzeugung der Nothwendigkeit aus, daß der Revolution in Deutschland ein Ziel gesetzt werden müsse. Ihre Kraft kann aber vollständig nur dadurch gebrochen werden, daß sie keinen Vorwand mehr findet, durch welchen sie die Gemüther der Bessern im Volk über ihre wahren Absichten und Endzwecke täuschen könne. Dieses Ziel kann nicht durch passives Abwarten und durch partiellen Widerstand erreicht werden, sondern nur durch thätiges Eingreifen und Handeln.</p> <p>Die Königliche Regierung hatte in ihrer Cirkular-Depesche vom 3. d. M. den Weg angedeutet, auf welchem sie damals, vermittelst gemeinsamer Berathungen in Frankfurt, zu dem erstrebten Ziele glaubte hinwirken zu können. Dieser Weg hat sich inzwischen als nicht mehr möglich erwiesen, sowohl dadurch, daß mehrere der größten deutschen Staaten es ablehnten, auf diese Berathungen in Frankfurt überhaupt einzugehen und an denselben Theil zu nehmen, als auch dadurch, daß die Mehrzahl der übrigen Regierungen, unter Beseitigung der von ihnen selbst gehegeten Bedenken, sich beeilen, ihre volle Adhäsion an die frankfurter Beschlüsse und ihre Annahme der dort beschlossenen Verfassung zu erklären.</p> <p>Wir müssen nunmehr wünschen, daß diejenigen deutschen Regierungen, welche zu weiteren Berathungen über den jetzt einzuhaltenden Gang und die fernere Entwickelung des Verfassungswerks mit Preußen geneigt sind, sich direkt hierher nach Berlin wenden mögen, und entweder eigene Bevollmächtigte hierher senden oder ihre Gesandten mit Instruktionen versehen, um sich mit der Königlichen Regierung zu verständigen, welche letztere in diesem Falle bereit ist, ihre Ansichten umfassend darzulegen und mit Vorschlägen entgegen zu kommen.</p> <p>Die Haltung und die weiteren Beschlüsse der National-Versammlung, nachdem ihr der Entschluß Sr. Majestät des Königs bekannt geworden, werden in der allernächsten Zeit ergeben, inwieweit noch auf eine Verständigung mit derselben und ein Mitwirken ihrerseits zu dem angestrebten Ziel zu hoffen ist.</p> <p>Die Königliche Regierung hat immer an der Ueberzeugung festgehalten, daß die Verfassung Deutschlands, wenn sie die Keime einer günstigen Entwickelung und die Bürgschaft der Dauer in sich tragen soll, durch das Zusammenwirken der Regierungen und der Vertreter der deutschen Nation zu Stande kommen müsse. Sie bleibt diesem Grundsatze auch jetzt und für die Zukunft treu. Sollte es sich herausstellen, daß jede Hoffnung auf die Mitwirkung der National-Versammlung in ihrer jetzigen Gestalt aufgeben werden müsse, so hält sie es nur um so mehr für die Pflicht und die Aufgabe der deutschen Regierungen, dem Bedürfnisse der deutschen Nation bald eine volle und umfassende Befriedigung zu gewähren, indem sie derselben ihrerseits eine Verfassung darbieten, welche dem Begriff des Bundesstaates entspräche und durch eine wahrhafte Vertretung des Volkes dem letzteren die Gewißheit einer gesetzlichen Mitwirkung erhalte. Der Entwurf einer solchen Verfassung würde die Arbeit der National-Versammlung wieder aufnehmen und nur die in dieselbe durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände eingedrungenen zerstörenden Elemente beseitigen; sie wird also jedenfalls auf der Errichtung einer kräftigen und einheitlichen Exekutiv-Gewalt und einer National-Vertretung in Staatenhaus und Volkshaus mit legislativen Rechten basirt sein müssen. Indem wir diese Grundzüge festhalten, können wir das Einzelne der weiteren Berathung überlassen, und zweifeln nicht, daß aus dem einmüthigen Streben nach dem großen Ziel und der allseitigen Erkenntniß dessen, was der Nation noth thut, ein Werk hervorgehen werde, welchem auch die alsdann in kürzester Frist zur Revision dieser Verfassung zusammenzurufenden beiden Häuser eines deutschen Reichstags ihre Anerkennung und Zustimmung nicht versagen werden.</p> <p>Wir müssen daher den deutschen Regierungen den dringenden Wunsch ausdrücken, daß sie uns durch die Sendung von Bevollmächtigten oder durch Ertheilung von Instruktionen bald in den Stand setzen mögen, eine weiter eingehende Verhandlung eröffnen zu können.</p> <p>Berlin, den 28. April 1849.</p> <p>Der Minister-Präsident Graf <hi rendition="#g">von Brandenburg.“</hi> </p> </div> <div xml:id="ar289_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Breslau, 30. April.</head> <p>Wer sich über Deutsche noch Illusionen hingibt, der hätte denken können, der neue Gewaltstreich des russischen Unterknäs von Potsdam würde hier schlagend zünden müssen, weil es jetzt selbst die Bourgeois bis zur christlich-germanischen Entrüstung bringen. Doch nein, außer der, meistens den Bierwirthen zu Gute kommenden offiziellen Entrüstung der Art will sich nichts besonderes zeigen. Breslau behauptet, Berlin müsse den Ton angeben, Berlin erwartet desgleichen von den Provinzen. Der Deutsche entschlägt sich niemals seiner Natur, auch wenn seine Unterknäse die imfamsten salti mortali über seinen Flachschädel wiederholen: er bleibt ein Deutscher. Gleichwohl darf ich nicht unerwähnt lassen, daß auf die Nachricht von dem abermaligen, diesmal uckermärkisch-konstitutionellen Voneinanderstäuben des oktroyirten Geschwaders an den Ufern der brandenburgischen Garonne (?!) ein germanisch-logischer Genius vorgestern Abend am Ringe inmitten einer kleinen Gruppe behauptete, man müsse jetzt den König von Würtemberg, weil er nachgiebig gewesen, zum deutschen Kaiser machen. Mögen die ehrlichen Frankfurter Churfürsten solche Vorschläge beachten und der Reihe nach durch alle 36 deutsche Vaterlandslappen zur k. k. Ausführung bringen! Auch der, wie ich Ihnen bereits angezeigt, von dem offiziellen Reichsbourgeois-Enthusiasmus der Herren Rühl, Engelmann, Auerbach, Laßaitz, Peinert, Roland, Weiß und Theodor (ja nicht zu übersehen) Mundt, gestern Sonntag im Schießwerder zusammenberufenen schwarz-roth-goldenen Volksversammlung will und darf ich nicht uneingedenk bleiben. Ich sah daselbst an 5000 Köpfe von Breslau's demokratischem Kleinbürgerthum, welches sich während einiger Stunden von der sittlich-germanischen Entrüstung seiner Herren Führer beim Bier, Kaffee, Cigarre und unter dem unausstehlichen Fortknallen der Herren Bourgeois im nahen Schießstande reichsgermanisch er bauen ließ. Von den Milde-Hansemannisch-kreuzritterlich-konstitutionellen Herren Preußen, Juden und Börsenbourgeois, die sich den Teufel um zersprengte Kammern scheeren, war mit Ausnahme einiger Spione, Gendarmen und Polizeiknechte natürlich nichts zu sehen. Obwohl viele der Anwesenden Hut und Brust mit der schwarz-roth-goldenen Glorie geschmückt hatten, so wollte mir's doch hier, wie auch schon in der Versammlung sämmtlicher Bürgerwehrklubs bedünken, als ob ein sehr beträchtlicher Theil mehr die Physiognomie der rothen, als der schwarz-roth-goldenen Befähigung trage. Denn obgleich die Massen des eigentlichen Proletariats fehlten, so schien der größere Theil der Anwesenden doch aus denselben entschlossenen Leuten zu bestehen, welche das Arbeiterbankett von neulich besucht hatten. Das rechte Sein oder Nichtsein der hiesigen Demokratie beruht hier wie überall, in der Führung. Die Massen sind de facto hier sozial-demokratisch, aber sie wollen's noch nicht sein, weil sie es noch nicht zu sein wissen. Die talent-und charaktervolle sozial-demokratische Fuhrung ist noch nicht vorhanden und die Massen lassen sich darum vorzugsweise noch von der radikalen Bourgeoisie leiten. Nichtsdestoweniger macht sich die sozial-demokratische Führung geltend und bringt die für den f. g. „Humanismus“ schwärmenden blöden Bourgeoisdemokraten gleich der Schlesischen Zeitung bereits in Harnisch. Das Arbeiterbankett giebt z. B. Hrn. Rühl, dem Redakteur des Straßenblatts „Putsch“ in einer „Sozial. Pfaffen“ überschriebenen geist-und witzlosen Expektoration Gelegenheit, bourgeoisgeistreich und unfehlbar zu meinen: „Der, wie die allein nur maßgebende „Neue Rheinische Zeitung“ sagen würde, gottbegnadete Verein für Gesetz und Ordnung hat in seiner Polemik gegen die Breslauer Demokratie und ihre Anhänger einen neuen Bundesgenossen erhalten. Der sozialistisch-demokratische Verein hält die Breslauer Demokratie für einen bedeutenden Hemmschuh in der politisch-sozialen Bewegung; wir sind aber keineswegs der Ansicht, daß die sozial-demokratischen Führer den Stein der Weisen gefunden haben. Hr. Stilch hat Göthe's Farbenlehre offenbar mit Nutzen gelesen und wir können ihn mit gutem Gewissen als tauglichen Farbenreiber empfehlen. Vater Nees, die rothe Mütze auf dem ehrwürdigen Haupte, gemahnte an einen verwitterten Weidenstumpf, auf dem ein riesiger rother Fliegenpilz sitzt “ u. s. w. Der Zustand der hiesigen Demokratie wird Ihnen aus diesen Mitheilungen genügend hervorgehen. Die Herren Bourgeois mit ihrer kaum über die Nase oder Thürschwelle reichenden politischen Wurfweite und Kleinkrämerlichkeit sind hier ungefähr in das Stadium getreten, in welchem dieselben bei Ihnen vor zehn Jahren gestanden, in das Stadium der schwarz-roth-goldenen burschikosen Lümmelei des „Sie sollen ihn nicht haben! “ ‒ Doch nun zurück zur Volksversammlung.</p> <p>Hätten die darin aufgetretenen Herren Bourgeoisredner vor etwa acht Monaten gesprochen, wie sie gestern sprachen, ich würde sie Ihnen sämmtlich vielleicht lobend vorführen, allein da sie für eine Verfassung schwärmen, die von Menschen gemacht ist, welche sich jemand zum Kaiser ausersehen haben, der am 18. März sein Volk hat zusammenkartätschen, seitdem die Vertreter des Volkes zweimal auseinanderjagen und die Kaiserfabrikanten selbst mit Füßen treten lassen, so wird mir diese Aufgabe etwas schwer. Nebenbei haben dieselben Herren, d. h. die Bourgeois im Allgemeinen, die richtigen Voraussichten z. B. Ihres Blattes damals mit Hohn von sich gewiesen und gemeinschaftlich mit der Contrerevolution von Anarchie und s. g. „Schandblättern“ gesprochen; sie werden also heute auch die Konsequenzen ihres superioren Geistes ertragen müssen und schwerlich ein Volk finden, welches ihnen die kaiserl. Kastanien aus den glühenden Kohlen nimmt. Nachdem ich dies vorausgeschickt, wird man das Verdienst, welches sich einige der Herren Redner gestern unstreitig erworben haben, zu würdigen wissen. Engelmann, der suspendirte Bürgerwehroberst, elektrisirte die Versammlung durch die Wahrheit seines Zornes und verdunkelte damit namentlich die ledernen Waschlappen: Auerbach und Mundt mit ihren diplomatischen Kabinetsstücken in schwarzen Blacéhandschuhen. Engelmann wies auf die Magyaren hin und meinte, die Deutschen müßten vor ihnen erröthen.</p> <p>Hierauf machten die Abgeordneten Metze, Bensch, Elsner ihrer Entrüstung über die Kammerauflösung Luft und beschrieben die dabei verübten Schandthaten des Ministeriums. Ersterer sagte, Verachtung, nicht Muthlosigkeit habe sich dabei ihrer bemächtigt; die Schüsse des Militärs seien auf die Kammer gerichtet gewesen, wovon die Thüren des Hauses noch Spuren trugen; Behrends habe zwei Bajonettstiche erhalten und die Dragoner des 18. März hatten sich auch jetzt wieder in der damaligen Weise hervorgethan. Als Metze voll Grimm ausruft: „Ich weiß, daß dies Volk von selbst das Schwert nicht in die Hand nimmt, sondern daß es ihm in die Hand gepreßt wird,“ ertönt ein rauschendes Bravo. (Die germanische Stupidität fühlt also nicht einmal mehr die infame Ehrlosigkeit eines solchen Bravo.) Bensch sprach mancherlei von den Sybillischen Büchern und den deutschen Thränen der Rechten, die nun unter Thränen eingesehen, daß sie die getäuschte gewesen. Er beschrieb dann einige von den k. preuß. Volksmördern und Henkersknechten, ohne Aufforderung zum Auseinandergehen, gegen arglose Spaziergänger verübte Schandthaten. Lasker, Mitdirektor und Regisseur beim hiesigen Theater sprach mit theatralischem Kanonendonner und Glockengeläute von einer an das Ministerium zu erlassenden Adresse. Die Worte: „Gräber ‒ Friedrichshain ‒ Schmach! Schmach! Schmach! ‒ Rothe Liebe“ bildeten zu diesem Benefiz ein ziemlich klangreiches und darum wohlapplaudirtes Paukengetöse. Auch protestirte er dawider, daß man die Russen über eine preußische Eisenbahn nach Oestreich und gegen die Magyaren fahren lasse. „Es wird nicht besser, wenn wir's nicht besser machen und handeln“ rief Lasker zum Schluß und hätte nichts weiter sagen und vorschlagen sollen. Pelz: „Ja, Adressen möchte ich schicken! (mit erhabener Faust und schäumend vor Zorn). Bewahren sie die That! ‒ Ich mache keine Worte mehr, ich erwarte, daß ihr ein Herz zu Thaten habt!“ Elsner: „Das Ministerium hat auf unseren Ruf: „Es lebe die Freiheit!“ geantwortet: Es lebe der Säbel!“ Zeigen Sie ihm, was das bedeutet! Man hat uns für Narren gehalten, mit uns gespielt. Ihr werdet wissen, was Europa von uns erwartet. Es ist ein unwürdiges Schauspiel, daß wir fremde Völker bewundern, ohne selbst zu handeln. Die Zeit der Adressen ist vorüber, die Adressen haben uns vor Europa lächerlich gemacht. Die Zeit des Vertrauens ist vorüber, Mißtrauen und abermals Mißtrauen müssen wir haben. (Hättet ihr vor 34 Jahren schon übermäßig haben sollen). Diesen Zuständen müssen wir mit einem einzigen kräftigen Schlage ein Ende machen. (Jetzt, wo der durch Eure Dummheit wieder erstarkte Absolutismus die eine Hälfte des Volks in Uniform steckt, um die andere wehrlos gemachte zu ermorden, sehr schwer, Herr Elsner.) <hi rendition="#g">Nees</hi> blieb nur unverständlich.</p> <p>Zum Schluß wird statt der Adresse folgende Erklärung angenommen: „Oeffentlich und feierlich erklären wir: die deutsche Reichsverfassung, wie sie berathen (!), beschlossen (!!) und vollzogen (!!!!!) wurde, ist jetzt für uns in ihrem ganzen Umfange (!!!) ein rechtsgültiges und unantastbares Gesetz.“ (Die Versammlung erhebt die Hände, und belustigt sich dabei, wahrscheinlich im Gefühle der Wichtigkeit des Augenblicks über die vielen Hände. Das ist der Ernst der deutschen Begeisterung!) ‒ „Tastet das Ministerium, “ ruft Engelmann darauf noch, „nun (!!) die Versammlung n Frankfurt an, so sagen wir: Nein! Wir wählen nicht mehr, schicken keine Abgeordneten mehr! (Wird famosen Eindruck machen.)</p> <p>Einige Bataillone sollen während der Volksversammlung in den Kasernen konsignirt gewesen, und mit schwarz-weißem preußischen Schnapsenthusiasmus eingeheizt worden sein.</p> <p><hi rendition="#g">Nachschrift:</hi> Als Metze und Bänsch die von den schnapsbegeisterten Volksmördern in Berlin verübten Gräuel schilderten, rief die Versammlung wiederholt: „Pfui! (äußerst fein) Schmach! Rache! Rache!“ Der Politik der Knute gegenüber kanns niemals etwas anderes geben, als eine milliardenfache Rache.</p> </div> <div xml:id="ar289_006" type="jArticle"> <head>Neisse, 28. April.</head> <p>So eben trifft der Befehl zum Abmarsch von zwei Kompagnien des 23. Infanterie-Regiments und einer reitenden Batterie hier ein. Die zwei Kompagnien, die diesen schleunigen Befehl auf dem Exerzierplatz erhielten, marschiren bereits jetzt Nachmittags 2 Uhr hier aus und sind vorläufig nach Oderberg bestimmt. Die reitende Batterie geht morgen früh zeitig ab, und wird in Myslowitz stationirt. Gleichzeitig sind von der 12. Division eine Schwadron vom 2. Ulauen- und zwei Schwadronen vom 6. Husaren-Regiment, die aus Ober-Glogau und Leobschütz, ebenfalls zur Besetzung der Gränze, auf dem Marsch. Auch die übrigen Schwadronen vom 2. Ulanen-Regiment haben Befehl erhalten, sich zum Abmarsch bereit zu halten. Das ganze Observationskorps wird eine Stärke von circa 6000 Mann haben.</p> </div> <div xml:id="ar289_007" type="jArticle"> <head>Wien, 28. April.</head> <p>Briefe aus Krakau bestätigen den bereits erfolgten Einmarsch russischer Truppen, die auf dem kürzesten Wege auf der Nordbahn und zwar bis Gänserndorf (der zweiten Nordbahn-Station von Wien aus) befördert werden sollen. Auf dem Marchfelde werden bereits Anstalten zur Verproviantirung dieser Truppen getroffen.</p> <p>In den italienischen Angelegenheiten erfährt man, daß Eilboten nach Mailand abgegangen seien, um den Friedensabschluß zu beschleunigen. Hierin soll das Ministerium in Konflikt mit dem Eigenwillen Radetzkys gerathen sein, der auf einer höheren Contribution bestehe.</p> <p>Der Austritt des Gr. Stadion aus dem Ministerium gewinnt immer mehr Gewißheit, weniger bestimmt ist es aber, wer ihn ersetzen soll. Einestheils wird behauptet, daß Bach das Portefeuille des Innern übernehme und Schmerling oder Fischer Minister des Justizdepartements werde, andererseits sagt man wieder, daß Schmerling Minister des Innern würde, so viel ist aber gewiß, daß Fischer von Linz nach Wien berufen worden ist.</p> <p>Blumberg sen., Redakteur der während kurzer Zeit erschienen „Ohnehosen“ ist heute wiederholt verhaftet worden, nachdem er, schon früher eingezogen, entlassen worden war, sich nach Pest und von dort hierher zurückbegeben hatte.</p> <p>Zwischen Olmütz und München findet ein lebhafter Courierwechsel statt. Es soll endlich festgesetzt sein, daß von Seite Oesterreichs zur Schlichtung der deutschen Angelegenheiten ebenfalls ein Fürstenkongreß zusammen berufen werde, welcher dem von Preußen eingeleiteten das Gegengewicht zu halten im Stande wäre. Bayern, Hannover und Sachsen haben sich geweigert, über die Beschickung des von Preußen beantragten Kongresses eine Erklärung abzugeben.</p> <p>Wie das offizielle Henkerblatt von den zur Hülfe anrückenden Russen enthusiasmirt wird, möge man aus folgender Stelle jenes Blattes entnehmen:</p> <p>„Ist Oesterreich von der gegenwärtigen Insurrektion und ihren verschiedenartigen Elementen allein bedroht? Jedermann wird diese Frage mit „Nein“ beantworten, Jedermann weiß daß Oesterreich mit jenem Theile der Insurrektion, welcher direkte gegen unser Land gerichtet ist, ganz allein fertig werden kann. Diese Insurrektion ist jedoch nicht mehr allein gegen Oesterreich gerichtet, sie ist ein Wechsel, der nicht nur auf Rußland, sondern auf die edelsten und vernünftigsten Grundlagen der europäischen Gesellschaft girirt ist. Rußland ist dabei stark betheiligt, und daß der Schauplatz des Kampfes eben Oesterreich ist, dies ist blos der Strategie der destruktiven Elemente zuzuschreiben, welche morgen in Rußland, Deutschland oder zum dritten Male, in Frankreich ihren Schauplatz suchen können.“ (Aha! Ja wohl, alte Bestie!)</p> <p>Und am Ende des Artikels heult dieses vortreffliche Blättchen in folgender Weise:</p> <p>„Wenn der Gegner nichts anderes als eine aufrührerische Provinz wäre, so hätte Oesterreich gewiß keine andere Allianz nöthig, als den Patriotismus (!) seiner Bewohner, mögen sie auch durch schwere Drangsale in der letzten Zeit ohnedies schon hart mitgenommen sein; denn wenn auch eine gewisse Partei in Oesterreich dergestalt gewühlt, daß es nicht an österreichischen Bürgern mangelt, welche der politischen und socialen Zertrümmerungs-Armee Kossuth's den Sieg wünschen, so hat doch die Mehrzahl (!) ihre redliche Gesinnung und patriotische Hingebung (!) rein und unversehrt bewahrt. Allein warum sollten eben die edelsten Kräfte, ohne die Gewißheit zu haben, auszureichen, sich gänzlich zum Schaden des Staates erschöpfen, und im Namen Europa's ganz allein gegen dessen gemeinsame Feinde einstehen?“</p> </div> <div xml:id="ar289_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Hamburg, 30. April.</head> <p>Welchen Blödsinn die hamburger Polizeibehörde und der Senat besitzt, davon mag folgendes Beispiel zeugen. Einen jungen Menschen, Namens Hirsch, hatte man wegen Hochverraths eingesperrt. Man ließ ihn 4 Wochen im Gefängniß. Dem hamburger Senat geht es aber gerade wie dem Barometer, er steigt und fällt in seinen Anmaßungen und Brutalitäten. So auch jetzt: weil die Ungarn dicht vor Wien, und die österreichischen Metalliques im Cours gesunken sind, läßt man H., der beiläufig bemerkt, nur erst 19 Jahre, also noch gar nicht mündig und eidfähig ist, frei, aber nur ‒ gegen einen Eid, daß er sich nicht vom Hamburger Gebiet entfernen und zu jeder Zeit wieder stellen wolle.</p> </div> <div xml:id="ar289_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Schleswig-Holstein, 30. April.</head> <p>Ein offizieller ausführlicher Bericht über die Schlacht bei Kolding ist noch immer nicht erschienen; vielleicht mag es Bonin schwer fallen, einen solchen zu liefern, da er so ruhig während der Schlacht, oder eigentlich nur Gefechts, in dem Hause eines Koldinger Kaufmannes auf einem Stuhl saß, versteht sich als Kolding von den Unsrigen wieder genommen war. Von nichtoffiziellen Händen gelangen indeß nach und nach immer mehr Details an. Aus diesen geht offenbar nur die Bestätigung der von uns aufgestellten Behauptung hervor, daß Verrath im Spiel sei. So sagt ein Schreiben: „Alle möglichen Hindernisse militärischer und politischer Art fesselten den General Bonin; er ging fast täglich nur eine Meile vor, oder hielt in weitläufigen Kantonnements gänzlich still. Der Feind im Besitz aller Nachrichten, mußte wissen, daß er es mit Reichstruppen nicht zu thun haben würde (Schleswig-Holstein gehört also nicht zu Deutschland), unternahm aber dennoch keinen Angriff. Endlich stand man in Wonsild. Nicht ein Befehl war es, der die Truppen nach Jütland führte, sondern der ihnen innewohnende Geist. Eine Rekognoscirung führte der Jugendmuth unserer Armee in die vertheidigte feindliche Stadt Kolding. Nichts hielt die schleswig-holsteinische Avantgarde in Kolding zurück, als der Ausdruck jedes einzelnen Gesichtes der Soldaten, die sich danach sehnten, ihr Vaterland auf dem feindlichen, nicht auf dem eignen Boden zu schützen. Nichts konnte dieser Physiognomie des Heeres widerstehen; wir blieben fast wider den Willen der Gewalthaber in Kolding, sie gaben nach.“</p> <p>Die politischen Hindernisse sind hinlänglich bekannt, die militärischen bestanden wohl größtentheils in dem Geist der Truppen, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1636/0002]
Cirkulars zur Kenntniß der deutschen Regierungen gebracht worden:
„In dem Cirkular vom 3. d. M. ist die Hoffnung ausgesprochen, daß die Königliche Regierung binnen vierzehn Tagen im Stande sein werde, eine definitive Erklärung über die deutsche Sache abzugeben.
Nachdem dieser Zeitraum verstrichen, hat das Königliche Staats-Ministerium, um keinem Zweifel über seine Ansicht und seine Aufrichtigkeit Raum zu lassen, es für seine Pflicht gehalten, schon am 21. resp. 23. d. M. den preußischen Kammern zu erklären, wie es Sr. Majestät dem Könige nicht zur Annahme der unveränderten, von der deutschen Nationalversammlung beschlossenen Verfassung rathen könne. Die definitive Entscheidung Sr. Majestät hat aber um einige Tage sich verzögern müssen, weil noch nicht alle deutsche Regierungen sich ausgesprochen hatten. Die Entschließung Sr. Majestät ist nunmehr erfolgt, und Ew. etc. erhalten anliegend Abschrift der desfallsigen Erklärung, wie sie unterm heutigen Datum an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt ergangen ist, um durch die letztere der Nationalversammlung mitgetheilt zu werden.
Indem wir dies zur Kenntniß der deutschen Regierungen bringen, glauben wir, daß die Gründe, welche den Entschluß Sr. Majestät bedingten, keiner weiteren Ausführung bedürfen, und wir können nicht zweifeln, daß jede deutsche Regierung dem erhabenen Sinne Sr. Majestät, Seiner Bundestreue gegen die verbündeten deutschen Staaten und Seiner uneigennützigen Gesinnung werde Gerechtigkeit widerfahren lassen.
Die Königliche Regierung verkennt dabei keineswegs den Ernst und die Gefahren des Augenblicks, und sie hofft, daß auch die übrigen deutschen Regierungen dieselben mit vollem Bewußtsein ins Auge fassen. Daß das Bedürfniß der Nation nach größerer Einigung und Kräftigung befriedigt werden muß, auch nachdem die in Frankfurt zunächst von der Versammlung angestrebte Form sich als unmöglich erwiesen hat, wird jedem Besonnenen als unabweisbare Nothwendigkeit erscheinen; und sie vertraut darauf, daß die anderen deutschen Regierungen ihr dazu die Hand bieten werden. Sie hat in ihrer nach Frankfurt gerichteten Erklärung noch einmal eine Möglichkeit in Aussicht stellen wollen, daß die Nationalversammlung selbst von dem von ihr betretenen Wege zurückkomme und die Hand zu Abänderungen der Verfassung bieten möchte, so daß dennoch das Werk der Vereinbarung und Verständigung mit ihr zu Stande käme. Daß dies für die Beruhigung der Nation höchst wünschenswerth und daher im Interesse der Regierungen wäre, darüber wird nicht leicht ein Zweifel gehegt werden.
Aber sie verhehlt sich nicht, wie wenig Aussicht dazu vorhanden ist, daß diese Hoffnung verwirklicht werde; und alle deutsche Staaten werden mit ihr auf den entgegengesetzten Fall gefaßt sein müssen ‒ zugleich aber auch darauf, daß durch ein starres Festhalten der Versammlung an ihren bisherigen Beschlüssen in manchen Ländern gefährliche Krisen hervorgerufen werden können. Diesen gemeinsam, ernst und kräftig entgegenzutreten, womöglich aber sie durch ein entschiedenes Handeln und Vorwärtsgehen zu verhindern, ist die Aufgabe und Pflicht der Regierungen Deutschlands.
Die Königliche Regierung ist dazu in vollem Umfange bereit.
Im festen Vertrauen auf die Zustimmung, die ihr von allen gesunden und redlicher Elementen im eigenen Lande zu Theil werden wird, ist sie darauf gefaßt, den zerstörenden und revolutionären Bestrebungen nach allen Seiten hin mit Kraft und Energie entgegenzutreten, und wird ihre Maßregeln so treffen, daß sie den verbündeten Regierungen die etwa gewünschte und erforderliche Hülfe rechtzeitig leisten könne. Die Gefahr ist eine gemeinsame, und Preußen wird seinen Beruf nicht verleugnen, in den Tagen der Gefahr einzutreten, wo und wie es Noth thut.
Wir gehen von der, von allen Besseren getheilten Ueberzeugung der Nothwendigkeit aus, daß der Revolution in Deutschland ein Ziel gesetzt werden müsse. Ihre Kraft kann aber vollständig nur dadurch gebrochen werden, daß sie keinen Vorwand mehr findet, durch welchen sie die Gemüther der Bessern im Volk über ihre wahren Absichten und Endzwecke täuschen könne. Dieses Ziel kann nicht durch passives Abwarten und durch partiellen Widerstand erreicht werden, sondern nur durch thätiges Eingreifen und Handeln.
Die Königliche Regierung hatte in ihrer Cirkular-Depesche vom 3. d. M. den Weg angedeutet, auf welchem sie damals, vermittelst gemeinsamer Berathungen in Frankfurt, zu dem erstrebten Ziele glaubte hinwirken zu können. Dieser Weg hat sich inzwischen als nicht mehr möglich erwiesen, sowohl dadurch, daß mehrere der größten deutschen Staaten es ablehnten, auf diese Berathungen in Frankfurt überhaupt einzugehen und an denselben Theil zu nehmen, als auch dadurch, daß die Mehrzahl der übrigen Regierungen, unter Beseitigung der von ihnen selbst gehegeten Bedenken, sich beeilen, ihre volle Adhäsion an die frankfurter Beschlüsse und ihre Annahme der dort beschlossenen Verfassung zu erklären.
Wir müssen nunmehr wünschen, daß diejenigen deutschen Regierungen, welche zu weiteren Berathungen über den jetzt einzuhaltenden Gang und die fernere Entwickelung des Verfassungswerks mit Preußen geneigt sind, sich direkt hierher nach Berlin wenden mögen, und entweder eigene Bevollmächtigte hierher senden oder ihre Gesandten mit Instruktionen versehen, um sich mit der Königlichen Regierung zu verständigen, welche letztere in diesem Falle bereit ist, ihre Ansichten umfassend darzulegen und mit Vorschlägen entgegen zu kommen.
Die Haltung und die weiteren Beschlüsse der National-Versammlung, nachdem ihr der Entschluß Sr. Majestät des Königs bekannt geworden, werden in der allernächsten Zeit ergeben, inwieweit noch auf eine Verständigung mit derselben und ein Mitwirken ihrerseits zu dem angestrebten Ziel zu hoffen ist.
Die Königliche Regierung hat immer an der Ueberzeugung festgehalten, daß die Verfassung Deutschlands, wenn sie die Keime einer günstigen Entwickelung und die Bürgschaft der Dauer in sich tragen soll, durch das Zusammenwirken der Regierungen und der Vertreter der deutschen Nation zu Stande kommen müsse. Sie bleibt diesem Grundsatze auch jetzt und für die Zukunft treu. Sollte es sich herausstellen, daß jede Hoffnung auf die Mitwirkung der National-Versammlung in ihrer jetzigen Gestalt aufgeben werden müsse, so hält sie es nur um so mehr für die Pflicht und die Aufgabe der deutschen Regierungen, dem Bedürfnisse der deutschen Nation bald eine volle und umfassende Befriedigung zu gewähren, indem sie derselben ihrerseits eine Verfassung darbieten, welche dem Begriff des Bundesstaates entspräche und durch eine wahrhafte Vertretung des Volkes dem letzteren die Gewißheit einer gesetzlichen Mitwirkung erhalte. Der Entwurf einer solchen Verfassung würde die Arbeit der National-Versammlung wieder aufnehmen und nur die in dieselbe durch eine Verknüpfung unglücklicher Umstände eingedrungenen zerstörenden Elemente beseitigen; sie wird also jedenfalls auf der Errichtung einer kräftigen und einheitlichen Exekutiv-Gewalt und einer National-Vertretung in Staatenhaus und Volkshaus mit legislativen Rechten basirt sein müssen. Indem wir diese Grundzüge festhalten, können wir das Einzelne der weiteren Berathung überlassen, und zweifeln nicht, daß aus dem einmüthigen Streben nach dem großen Ziel und der allseitigen Erkenntniß dessen, was der Nation noth thut, ein Werk hervorgehen werde, welchem auch die alsdann in kürzester Frist zur Revision dieser Verfassung zusammenzurufenden beiden Häuser eines deutschen Reichstags ihre Anerkennung und Zustimmung nicht versagen werden.
Wir müssen daher den deutschen Regierungen den dringenden Wunsch ausdrücken, daß sie uns durch die Sendung von Bevollmächtigten oder durch Ertheilung von Instruktionen bald in den Stand setzen mögen, eine weiter eingehende Verhandlung eröffnen zu können.
Berlin, den 28. April 1849.
Der Minister-Präsident Graf von Brandenburg.“
61 Breslau, 30. April. Wer sich über Deutsche noch Illusionen hingibt, der hätte denken können, der neue Gewaltstreich des russischen Unterknäs von Potsdam würde hier schlagend zünden müssen, weil es jetzt selbst die Bourgeois bis zur christlich-germanischen Entrüstung bringen. Doch nein, außer der, meistens den Bierwirthen zu Gute kommenden offiziellen Entrüstung der Art will sich nichts besonderes zeigen. Breslau behauptet, Berlin müsse den Ton angeben, Berlin erwartet desgleichen von den Provinzen. Der Deutsche entschlägt sich niemals seiner Natur, auch wenn seine Unterknäse die imfamsten salti mortali über seinen Flachschädel wiederholen: er bleibt ein Deutscher. Gleichwohl darf ich nicht unerwähnt lassen, daß auf die Nachricht von dem abermaligen, diesmal uckermärkisch-konstitutionellen Voneinanderstäuben des oktroyirten Geschwaders an den Ufern der brandenburgischen Garonne (?!) ein germanisch-logischer Genius vorgestern Abend am Ringe inmitten einer kleinen Gruppe behauptete, man müsse jetzt den König von Würtemberg, weil er nachgiebig gewesen, zum deutschen Kaiser machen. Mögen die ehrlichen Frankfurter Churfürsten solche Vorschläge beachten und der Reihe nach durch alle 36 deutsche Vaterlandslappen zur k. k. Ausführung bringen! Auch der, wie ich Ihnen bereits angezeigt, von dem offiziellen Reichsbourgeois-Enthusiasmus der Herren Rühl, Engelmann, Auerbach, Laßaitz, Peinert, Roland, Weiß und Theodor (ja nicht zu übersehen) Mundt, gestern Sonntag im Schießwerder zusammenberufenen schwarz-roth-goldenen Volksversammlung will und darf ich nicht uneingedenk bleiben. Ich sah daselbst an 5000 Köpfe von Breslau's demokratischem Kleinbürgerthum, welches sich während einiger Stunden von der sittlich-germanischen Entrüstung seiner Herren Führer beim Bier, Kaffee, Cigarre und unter dem unausstehlichen Fortknallen der Herren Bourgeois im nahen Schießstande reichsgermanisch er bauen ließ. Von den Milde-Hansemannisch-kreuzritterlich-konstitutionellen Herren Preußen, Juden und Börsenbourgeois, die sich den Teufel um zersprengte Kammern scheeren, war mit Ausnahme einiger Spione, Gendarmen und Polizeiknechte natürlich nichts zu sehen. Obwohl viele der Anwesenden Hut und Brust mit der schwarz-roth-goldenen Glorie geschmückt hatten, so wollte mir's doch hier, wie auch schon in der Versammlung sämmtlicher Bürgerwehrklubs bedünken, als ob ein sehr beträchtlicher Theil mehr die Physiognomie der rothen, als der schwarz-roth-goldenen Befähigung trage. Denn obgleich die Massen des eigentlichen Proletariats fehlten, so schien der größere Theil der Anwesenden doch aus denselben entschlossenen Leuten zu bestehen, welche das Arbeiterbankett von neulich besucht hatten. Das rechte Sein oder Nichtsein der hiesigen Demokratie beruht hier wie überall, in der Führung. Die Massen sind de facto hier sozial-demokratisch, aber sie wollen's noch nicht sein, weil sie es noch nicht zu sein wissen. Die talent-und charaktervolle sozial-demokratische Fuhrung ist noch nicht vorhanden und die Massen lassen sich darum vorzugsweise noch von der radikalen Bourgeoisie leiten. Nichtsdestoweniger macht sich die sozial-demokratische Führung geltend und bringt die für den f. g. „Humanismus“ schwärmenden blöden Bourgeoisdemokraten gleich der Schlesischen Zeitung bereits in Harnisch. Das Arbeiterbankett giebt z. B. Hrn. Rühl, dem Redakteur des Straßenblatts „Putsch“ in einer „Sozial. Pfaffen“ überschriebenen geist-und witzlosen Expektoration Gelegenheit, bourgeoisgeistreich und unfehlbar zu meinen: „Der, wie die allein nur maßgebende „Neue Rheinische Zeitung“ sagen würde, gottbegnadete Verein für Gesetz und Ordnung hat in seiner Polemik gegen die Breslauer Demokratie und ihre Anhänger einen neuen Bundesgenossen erhalten. Der sozialistisch-demokratische Verein hält die Breslauer Demokratie für einen bedeutenden Hemmschuh in der politisch-sozialen Bewegung; wir sind aber keineswegs der Ansicht, daß die sozial-demokratischen Führer den Stein der Weisen gefunden haben. Hr. Stilch hat Göthe's Farbenlehre offenbar mit Nutzen gelesen und wir können ihn mit gutem Gewissen als tauglichen Farbenreiber empfehlen. Vater Nees, die rothe Mütze auf dem ehrwürdigen Haupte, gemahnte an einen verwitterten Weidenstumpf, auf dem ein riesiger rother Fliegenpilz sitzt “ u. s. w. Der Zustand der hiesigen Demokratie wird Ihnen aus diesen Mitheilungen genügend hervorgehen. Die Herren Bourgeois mit ihrer kaum über die Nase oder Thürschwelle reichenden politischen Wurfweite und Kleinkrämerlichkeit sind hier ungefähr in das Stadium getreten, in welchem dieselben bei Ihnen vor zehn Jahren gestanden, in das Stadium der schwarz-roth-goldenen burschikosen Lümmelei des „Sie sollen ihn nicht haben! “ ‒ Doch nun zurück zur Volksversammlung.
Hätten die darin aufgetretenen Herren Bourgeoisredner vor etwa acht Monaten gesprochen, wie sie gestern sprachen, ich würde sie Ihnen sämmtlich vielleicht lobend vorführen, allein da sie für eine Verfassung schwärmen, die von Menschen gemacht ist, welche sich jemand zum Kaiser ausersehen haben, der am 18. März sein Volk hat zusammenkartätschen, seitdem die Vertreter des Volkes zweimal auseinanderjagen und die Kaiserfabrikanten selbst mit Füßen treten lassen, so wird mir diese Aufgabe etwas schwer. Nebenbei haben dieselben Herren, d. h. die Bourgeois im Allgemeinen, die richtigen Voraussichten z. B. Ihres Blattes damals mit Hohn von sich gewiesen und gemeinschaftlich mit der Contrerevolution von Anarchie und s. g. „Schandblättern“ gesprochen; sie werden also heute auch die Konsequenzen ihres superioren Geistes ertragen müssen und schwerlich ein Volk finden, welches ihnen die kaiserl. Kastanien aus den glühenden Kohlen nimmt. Nachdem ich dies vorausgeschickt, wird man das Verdienst, welches sich einige der Herren Redner gestern unstreitig erworben haben, zu würdigen wissen. Engelmann, der suspendirte Bürgerwehroberst, elektrisirte die Versammlung durch die Wahrheit seines Zornes und verdunkelte damit namentlich die ledernen Waschlappen: Auerbach und Mundt mit ihren diplomatischen Kabinetsstücken in schwarzen Blacéhandschuhen. Engelmann wies auf die Magyaren hin und meinte, die Deutschen müßten vor ihnen erröthen.
Hierauf machten die Abgeordneten Metze, Bensch, Elsner ihrer Entrüstung über die Kammerauflösung Luft und beschrieben die dabei verübten Schandthaten des Ministeriums. Ersterer sagte, Verachtung, nicht Muthlosigkeit habe sich dabei ihrer bemächtigt; die Schüsse des Militärs seien auf die Kammer gerichtet gewesen, wovon die Thüren des Hauses noch Spuren trugen; Behrends habe zwei Bajonettstiche erhalten und die Dragoner des 18. März hatten sich auch jetzt wieder in der damaligen Weise hervorgethan. Als Metze voll Grimm ausruft: „Ich weiß, daß dies Volk von selbst das Schwert nicht in die Hand nimmt, sondern daß es ihm in die Hand gepreßt wird,“ ertönt ein rauschendes Bravo. (Die germanische Stupidität fühlt also nicht einmal mehr die infame Ehrlosigkeit eines solchen Bravo.) Bensch sprach mancherlei von den Sybillischen Büchern und den deutschen Thränen der Rechten, die nun unter Thränen eingesehen, daß sie die getäuschte gewesen. Er beschrieb dann einige von den k. preuß. Volksmördern und Henkersknechten, ohne Aufforderung zum Auseinandergehen, gegen arglose Spaziergänger verübte Schandthaten. Lasker, Mitdirektor und Regisseur beim hiesigen Theater sprach mit theatralischem Kanonendonner und Glockengeläute von einer an das Ministerium zu erlassenden Adresse. Die Worte: „Gräber ‒ Friedrichshain ‒ Schmach! Schmach! Schmach! ‒ Rothe Liebe“ bildeten zu diesem Benefiz ein ziemlich klangreiches und darum wohlapplaudirtes Paukengetöse. Auch protestirte er dawider, daß man die Russen über eine preußische Eisenbahn nach Oestreich und gegen die Magyaren fahren lasse. „Es wird nicht besser, wenn wir's nicht besser machen und handeln“ rief Lasker zum Schluß und hätte nichts weiter sagen und vorschlagen sollen. Pelz: „Ja, Adressen möchte ich schicken! (mit erhabener Faust und schäumend vor Zorn). Bewahren sie die That! ‒ Ich mache keine Worte mehr, ich erwarte, daß ihr ein Herz zu Thaten habt!“ Elsner: „Das Ministerium hat auf unseren Ruf: „Es lebe die Freiheit!“ geantwortet: Es lebe der Säbel!“ Zeigen Sie ihm, was das bedeutet! Man hat uns für Narren gehalten, mit uns gespielt. Ihr werdet wissen, was Europa von uns erwartet. Es ist ein unwürdiges Schauspiel, daß wir fremde Völker bewundern, ohne selbst zu handeln. Die Zeit der Adressen ist vorüber, die Adressen haben uns vor Europa lächerlich gemacht. Die Zeit des Vertrauens ist vorüber, Mißtrauen und abermals Mißtrauen müssen wir haben. (Hättet ihr vor 34 Jahren schon übermäßig haben sollen). Diesen Zuständen müssen wir mit einem einzigen kräftigen Schlage ein Ende machen. (Jetzt, wo der durch Eure Dummheit wieder erstarkte Absolutismus die eine Hälfte des Volks in Uniform steckt, um die andere wehrlos gemachte zu ermorden, sehr schwer, Herr Elsner.) Nees blieb nur unverständlich.
Zum Schluß wird statt der Adresse folgende Erklärung angenommen: „Oeffentlich und feierlich erklären wir: die deutsche Reichsverfassung, wie sie berathen (!), beschlossen (!!) und vollzogen (!!!!!) wurde, ist jetzt für uns in ihrem ganzen Umfange (!!!) ein rechtsgültiges und unantastbares Gesetz.“ (Die Versammlung erhebt die Hände, und belustigt sich dabei, wahrscheinlich im Gefühle der Wichtigkeit des Augenblicks über die vielen Hände. Das ist der Ernst der deutschen Begeisterung!) ‒ „Tastet das Ministerium, “ ruft Engelmann darauf noch, „nun (!!) die Versammlung n Frankfurt an, so sagen wir: Nein! Wir wählen nicht mehr, schicken keine Abgeordneten mehr! (Wird famosen Eindruck machen.)
Einige Bataillone sollen während der Volksversammlung in den Kasernen konsignirt gewesen, und mit schwarz-weißem preußischen Schnapsenthusiasmus eingeheizt worden sein.
Nachschrift: Als Metze und Bänsch die von den schnapsbegeisterten Volksmördern in Berlin verübten Gräuel schilderten, rief die Versammlung wiederholt: „Pfui! (äußerst fein) Schmach! Rache! Rache!“ Der Politik der Knute gegenüber kanns niemals etwas anderes geben, als eine milliardenfache Rache.
Neisse, 28. April. So eben trifft der Befehl zum Abmarsch von zwei Kompagnien des 23. Infanterie-Regiments und einer reitenden Batterie hier ein. Die zwei Kompagnien, die diesen schleunigen Befehl auf dem Exerzierplatz erhielten, marschiren bereits jetzt Nachmittags 2 Uhr hier aus und sind vorläufig nach Oderberg bestimmt. Die reitende Batterie geht morgen früh zeitig ab, und wird in Myslowitz stationirt. Gleichzeitig sind von der 12. Division eine Schwadron vom 2. Ulauen- und zwei Schwadronen vom 6. Husaren-Regiment, die aus Ober-Glogau und Leobschütz, ebenfalls zur Besetzung der Gränze, auf dem Marsch. Auch die übrigen Schwadronen vom 2. Ulanen-Regiment haben Befehl erhalten, sich zum Abmarsch bereit zu halten. Das ganze Observationskorps wird eine Stärke von circa 6000 Mann haben.
Wien, 28. April. Briefe aus Krakau bestätigen den bereits erfolgten Einmarsch russischer Truppen, die auf dem kürzesten Wege auf der Nordbahn und zwar bis Gänserndorf (der zweiten Nordbahn-Station von Wien aus) befördert werden sollen. Auf dem Marchfelde werden bereits Anstalten zur Verproviantirung dieser Truppen getroffen.
In den italienischen Angelegenheiten erfährt man, daß Eilboten nach Mailand abgegangen seien, um den Friedensabschluß zu beschleunigen. Hierin soll das Ministerium in Konflikt mit dem Eigenwillen Radetzkys gerathen sein, der auf einer höheren Contribution bestehe.
Der Austritt des Gr. Stadion aus dem Ministerium gewinnt immer mehr Gewißheit, weniger bestimmt ist es aber, wer ihn ersetzen soll. Einestheils wird behauptet, daß Bach das Portefeuille des Innern übernehme und Schmerling oder Fischer Minister des Justizdepartements werde, andererseits sagt man wieder, daß Schmerling Minister des Innern würde, so viel ist aber gewiß, daß Fischer von Linz nach Wien berufen worden ist.
Blumberg sen., Redakteur der während kurzer Zeit erschienen „Ohnehosen“ ist heute wiederholt verhaftet worden, nachdem er, schon früher eingezogen, entlassen worden war, sich nach Pest und von dort hierher zurückbegeben hatte.
Zwischen Olmütz und München findet ein lebhafter Courierwechsel statt. Es soll endlich festgesetzt sein, daß von Seite Oesterreichs zur Schlichtung der deutschen Angelegenheiten ebenfalls ein Fürstenkongreß zusammen berufen werde, welcher dem von Preußen eingeleiteten das Gegengewicht zu halten im Stande wäre. Bayern, Hannover und Sachsen haben sich geweigert, über die Beschickung des von Preußen beantragten Kongresses eine Erklärung abzugeben.
Wie das offizielle Henkerblatt von den zur Hülfe anrückenden Russen enthusiasmirt wird, möge man aus folgender Stelle jenes Blattes entnehmen:
„Ist Oesterreich von der gegenwärtigen Insurrektion und ihren verschiedenartigen Elementen allein bedroht? Jedermann wird diese Frage mit „Nein“ beantworten, Jedermann weiß daß Oesterreich mit jenem Theile der Insurrektion, welcher direkte gegen unser Land gerichtet ist, ganz allein fertig werden kann. Diese Insurrektion ist jedoch nicht mehr allein gegen Oesterreich gerichtet, sie ist ein Wechsel, der nicht nur auf Rußland, sondern auf die edelsten und vernünftigsten Grundlagen der europäischen Gesellschaft girirt ist. Rußland ist dabei stark betheiligt, und daß der Schauplatz des Kampfes eben Oesterreich ist, dies ist blos der Strategie der destruktiven Elemente zuzuschreiben, welche morgen in Rußland, Deutschland oder zum dritten Male, in Frankreich ihren Schauplatz suchen können.“ (Aha! Ja wohl, alte Bestie!)
Und am Ende des Artikels heult dieses vortreffliche Blättchen in folgender Weise:
„Wenn der Gegner nichts anderes als eine aufrührerische Provinz wäre, so hätte Oesterreich gewiß keine andere Allianz nöthig, als den Patriotismus (!) seiner Bewohner, mögen sie auch durch schwere Drangsale in der letzten Zeit ohnedies schon hart mitgenommen sein; denn wenn auch eine gewisse Partei in Oesterreich dergestalt gewühlt, daß es nicht an österreichischen Bürgern mangelt, welche der politischen und socialen Zertrümmerungs-Armee Kossuth's den Sieg wünschen, so hat doch die Mehrzahl (!) ihre redliche Gesinnung und patriotische Hingebung (!) rein und unversehrt bewahrt. Allein warum sollten eben die edelsten Kräfte, ohne die Gewißheit zu haben, auszureichen, sich gänzlich zum Schaden des Staates erschöpfen, und im Namen Europa's ganz allein gegen dessen gemeinsame Feinde einstehen?“
14 Hamburg, 30. April. Welchen Blödsinn die hamburger Polizeibehörde und der Senat besitzt, davon mag folgendes Beispiel zeugen. Einen jungen Menschen, Namens Hirsch, hatte man wegen Hochverraths eingesperrt. Man ließ ihn 4 Wochen im Gefängniß. Dem hamburger Senat geht es aber gerade wie dem Barometer, er steigt und fällt in seinen Anmaßungen und Brutalitäten. So auch jetzt: weil die Ungarn dicht vor Wien, und die österreichischen Metalliques im Cours gesunken sind, läßt man H., der beiläufig bemerkt, nur erst 19 Jahre, also noch gar nicht mündig und eidfähig ist, frei, aber nur ‒ gegen einen Eid, daß er sich nicht vom Hamburger Gebiet entfernen und zu jeder Zeit wieder stellen wolle.
15 Schleswig-Holstein, 30. April. Ein offizieller ausführlicher Bericht über die Schlacht bei Kolding ist noch immer nicht erschienen; vielleicht mag es Bonin schwer fallen, einen solchen zu liefern, da er so ruhig während der Schlacht, oder eigentlich nur Gefechts, in dem Hause eines Koldinger Kaufmannes auf einem Stuhl saß, versteht sich als Kolding von den Unsrigen wieder genommen war. Von nichtoffiziellen Händen gelangen indeß nach und nach immer mehr Details an. Aus diesen geht offenbar nur die Bestätigung der von uns aufgestellten Behauptung hervor, daß Verrath im Spiel sei. So sagt ein Schreiben: „Alle möglichen Hindernisse militärischer und politischer Art fesselten den General Bonin; er ging fast täglich nur eine Meile vor, oder hielt in weitläufigen Kantonnements gänzlich still. Der Feind im Besitz aller Nachrichten, mußte wissen, daß er es mit Reichstruppen nicht zu thun haben würde (Schleswig-Holstein gehört also nicht zu Deutschland), unternahm aber dennoch keinen Angriff. Endlich stand man in Wonsild. Nicht ein Befehl war es, der die Truppen nach Jütland führte, sondern der ihnen innewohnende Geist. Eine Rekognoscirung führte der Jugendmuth unserer Armee in die vertheidigte feindliche Stadt Kolding. Nichts hielt die schleswig-holsteinische Avantgarde in Kolding zurück, als der Ausdruck jedes einzelnen Gesichtes der Soldaten, die sich danach sehnten, ihr Vaterland auf dem feindlichen, nicht auf dem eignen Boden zu schützen. Nichts konnte dieser Physiognomie des Heeres widerstehen; wir blieben fast wider den Willen der Gewalthaber in Kolding, sie gaben nach.“
Die politischen Hindernisse sind hinlänglich bekannt, die militärischen bestanden wohl größtentheils in dem Geist der Truppen,
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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