Neue Rheinische Zeitung. Nr. 291. Köln, 6. Mai 1849. Zweite Ausgabe.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 291. Köln, Sonntag, den 6. Mai 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Hovas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. - Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. - Nur frankirte Briefe werden angenommen. - Expedition in Aachen bei Ernst'ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17. Zweite Ausgabe. Deutschland. * Köln, 5. Mai. Die R. Oder-Zeitung enthält das Protokoll der am 14. April in Debreczin abgehaltenen Sitzung der ungarischen Nationalversamlung, in der die Lossagung von Oestreich und die Absetzung der Dynastie Habsburg dektretirt, und Kossuth zum Regierungspräsidenten ernannt wurde. Trotz der schlechten deutschen Uebersetzung geben wir den ganzen Artikel wörtlich wie folgt: "Der 14. April des Jahres 1849 bleibt ein ewiges Denkmal in der Geschichte Ungarn's. Die Vertreter der Nation versammelten sich an diesem Tage in Debreczin in ihrem gewöhnlichen Berathungssaale, um eine der Hauptfragen ihrer großartigen Aufgabe zu lösen; und um über das Loos Ungarn's und des an dessen Spitze gestandenen Habsburg-Lothringischen Herrscherhauses zu entscheiden. Damit aber die zu fassenden Beschlüsse mit einer um so größeren Oeffentlichkeit und Förmlichkeit stattfinden können, wurde die Sitzung in der großen Kirche der Reformirten abgehalten, in Gegenwart von Tausenden aus dem Volke. Ludwig Kossuth, der Präsident des Landes-Vertheidigungs-Ausschusses, stattet Bericht ab über die gewonnenen Schlachten und von dem siegreichen Fortschreiten unserer tapferen Armee; er hob besonders den Umstand hervor, daß jetzt die Zeit gekommen ist, daß Ungarn seine 300 jährigen Fesseln abschüttelte, im Familienkreise der europäischen Staaten seinen würdigen Platz einnehme, und daß es mit jener Dynastie in's Reine komme, welche sich die Liebe und Treue der Großmüthigen, in der Treue unerschütterlichen Nation durch ihre ewigen Meineide und unerschöpflichen Verräthereien leichtsinniger Weise auf immer verscherzt haben. Diesen Beschluß der Nationalversammlung verlangt die Nation, welche die Lasten unseres Freiheitskampfes treu und mit patriotischer Bereitwilligkeit trägt; es fordert dieses von ihr die tapfere Armee, welche zur Rettung des Vaterlandes ihr Leben aufopfert; dies fordern die Umstände, daß man in den europäischen Kongreß, welchen man beabsichtigt abzuhalten, ohne uns nicht beschließen könne, mit einem Worte, das Vaterland, die Welt und Gott fordert dazu das Repräsentantenhaus auf, daher auch der Regierungs-Präsident zu folgenden Beschlüssen das Repräsentantenhaus aufforderte: Im Namen der Nation werde bestimmt ausgesprochen: 1) Ungarn sammt dem damit gesetzlich vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörigen Theilen, Ländern und Provinzen wird als ein freier, selbstständiger und unabhängiger europäischer Staat öffentlich erklärt; die Flächeneinheit dieses ganzen Staates wird als untrennbar und seine Integrität als unverletzlich erklärt. 2) Das Habsburg-Lothringische Haus hat durch seinen Verrath, Meineid und Waffenergreifung gegen die ungarische Nation, nicht minder durch die Kühnheit, wodurch es vor der Zerstückelung der Bodenintegrität des Landes, die Trennung Siebenbürgens und Croatiens von Ungarn und die Auslöschung des selbstständigen Staatslebens des Landes mit bewaffneter Macht zur Ermordung der Nation nicht zurückbebte; mit seinen eigenen Händen die pragmatischen Sanktionen gebrochen, eben so, wie überhaupt jedes Band, welches auf Grundlage gegenseitiger Verbindung zwischen ihm und Ungarn sammt seinen Ländern bestand. Dieses meineidige Habsburg - Lothringer Haus wird von der Herrschaft über Ungarn, dem damit vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörenden Theilen und Ländern im Namen der Nation auf ewig ausgeschlossen, entsetzt und von dem Genusse des Landesbodens und aller Bürgerrechte verbannt. So wie dasselbe auch hiermit des Thrones verlustig, ausgeschlossen und verbannt, im Namen der Nation erklärt wird. 3) Indem die ungarische Nation zufolge ihrer unentthronbaren Naturrechte in die europäische Staatenfamilie als selbstständiger und unabhängiger freier Staat eintritt, erklärt sie zugleich, daß sie allen andern Staaten gegenüber, wenn ihre eigenen Rechte nicht verletzt werden, in Friede und Freundschaft zu leben, besonders mit jenen Völkern, welche ehemals mit uns unter einem Oberhaupte standen, wie auch mit dem benachbarten türkischen Reiche und den italienischen Staaten eine gute Nachbarschaft zu gründen, in derselben fortzuleben und auf Grundlage gegenseitiger Interessen sich in freundschaftliche Verbindung einzulassen, ihr festester Entschluß ist. 4) Das künftige Regierungs-System in allen seinen Details wird die Nationalversammlung zu Stande bringen; so lange aber, bis dieses durch Grundprinzipien zu Stande kommt, wird das Land in seiner gesammten Ausdehnung von einem Regierungs-Präsidenten mit ihm an die Seite gehenden Ministern unter seiner eigenen und der persönlichen Verantwortlichkeit der durch ihn zu ernennenden Minister regiert werden. Mit der Abfassung der in diesen Beschlüssen enthaltenen Principien wird ein Ausschuß, bestehend aus drei Gliedern, betraut. Die Vertreter der Nation haben die Motionen des Regierungs-Präsidenten L. K. mit einem Willen und einstimmig zu den ihrigen gemacht, und Tausende aus dem Volke haben mit hehrer Begeisterung der Stimme der Vertreter der Nation ihre Zustimmung gegeben. Auf den vierten Antrag des Repräsentanten S. K. erklärte das Haus mit einem Herzen und mit einer Seele, daß es sein ganzes ungetheiltes Zutrauen der unerschütterlichen Vaterlandsliebe dem bisherigen Herrn Regierungs - Präsidenten L. Kossuth schenkt, daher es ihn zum Regierungs-Präsidenten wählt und mit der Bildung eines verantwortlichen Ministeriums beauftragt. Mit der Abfassung der in den gedachten Beschlüssen enthaltenen Principien aber sind die Herren Repräsentanten Ludwig Kossuth, Emerich Szacsvary und Stephan Gorove betraut. Aus der am 14. April im Oberhause abgehaltenen Sitzung. Der Präsident des Oberhauses, Baron Pereny, hielt es für seine unablässige Pflicht, die in der heutigen Sitzung gefaßten Beschlüsse des Repräsentanten-Hauses dem Ober - Hause eilends zu unterbreiten. Das Oberhaus nahm sie ohne fernere Debatte mit feierlicher Erhebung von ihren Sitzen mit Einstimmigkeit an. 103 Münster, 4. Mai. Heute ist hier Befehl eingetroffen, sieben Landwehrbataillone, zwei Batterien und das Paderborner Lancierregiment mobil zu machen. Die Stimmung unserer Stadt ist der Regierung total entfremdet, die Konservativsten erkennen, daßsie sich in diesem Ministerium geirret hätten. In Volksversammlungen hört man eine energische Sprache - das politische Treiben war nie so erregt wie heute. Was man von unserem Bürgervereine, der bei den letzten Wahlen nach Berlin sich das Ansehen gab, die Stadt einzig zu vertreten, zu halten hat, zeigte sich gestern Abend, wo zu einer zum zweiten Male ausgeschriebenen Generalversammlung behufs "einer Zustimmungsadresse nach Frankfurt" abermals von 370 Mitgliedern nur einige vierzig sich eingefunden hatten, und die Versammlung abermals wegen Beschlußunfähigkeit (76 Stimmen) sich trennen mußte. Und woher diese geringe Theilnahme? Wenn es Einführung eines Census zum Wahlgesetze gegolten, würde kein königlicher Beamter gefehlt haben, - gegen die hohen Intentionen eines Manteufel aber wagt keiner offen aufzutreten, sie kamen deshalb lieber nicht; - und die Handwerkermitglieder? sollten die vielleicht zu der zur nämlichen Stunde ausgeschriebenen Volksversammlung gegangen sein? Posen, 1. Mai. Aus offizieller Quelle geht uns die Mittheilung zu, daß von jedem der drei in Schleswig stehenden Posener Landwehr-Bataillone sofort 50 Mann in die Heimath entlassen werden sollen. (Pos. Z.)Ratibor, 2. Mai. Das "Observationskorps," das der christlich-germanische Landesvater in Uebereinstimmung mit den beiden andern Großmeistern der contrerevolutionären Bestialität gegen die Magyaren aufstellt, wird mit großer Eile zusammengezogen. Aus allen Theilen der Provinz langen fast täglich Truppen an, und je mehr die gottbegnadete Wirthschaft sich entwickelt, desto größer wird die Aufregung im Volke. Bielitz, 2. Mai. In dem stumpfen Winkel gelegen, wo Rußland, Galizien, österreichisch und preußisch Schlesien zusammenstoßen, ist unsere Stadt bei den gegenwärtigen Truppenbewegungen ein für Beobachtungen günstiger Ort. Trotzdem wir nunmehr amtlich belehrt sind, daß das Einrücken eines russischen Hülfskorps nahe bevorsteht, hat noch kein russisches Militär die Gränze überschritten, doch werden bereits von den Kommunalbehörden Anstalten zur Verpflegung der Russen getroffen. (N. Od.-Z.)Von der galizisch-schlesischen Grenze, 28. April. Die Bewohner der Gegend von Zator und Oswiecim (Auschwitz) blicken mit Besorgniß auf die Vorgänge in den Wäldern von Tenczynet, und Lipowiec Krakauer Gebiets, denn wie man hie und da hört, soll das Corps, welches in diesen Wäldern haust, besser organisirt seyn, als dies bei Bauern, die in ihrem Widerstande gegen die Assentirung zu der Sense greifen, gewöhnlich der Fall ist. Es ist unter ihnen ein ordentlicher Felddienst eingeführt; die Fassungen von Brod sind ebenfalls regulirt, Fleisch, Gemüse und anderer Bedarf werden im Wege der Requisition beigeschafft. Leute, die aus der erwähnten Gegend kommen, erzählen, daß im Krakau'schen von den Recrutirungsflüchtigen und ihren Führern am 1. Mai ein ernster Putsch beabsichtigt werde. (C. Bl. a. B.) 8 Wien, 2. Mai. Heute bei Tagesanbruch hörte man Kanonendonner in der Richtung von Preßburg her, namentlich in der Leopoldstadt. Die ungarische Post ist nicht angekommen, dahin jedoch von hier spedirt worden. Reisende aus Preßburg versichern, daß daselbst eine Schlacht geschlagen wird. Daß Oestreich allein noch mit den Ungarn fertig werde, davon ist gar keine Rede mehr. Aber daß selbst die russische Hülfe kein leichtes Spiel finden wird, stellt sich täglich klarer heraus. Fur's Erste hat die unbehinderte Emission den Kossuthnoten der Insurrektion ganz unglaubliche, von Kossuth mit seiner gewöhnlichen Energie benutzte Geldmittel geliefert. Ueberdies haben aber auch die Polen viel Geld mitgebracht; die Kontributionen in Siebenbürgen, die dort vorgefundenen Pulvermühlen, endlich die in den jungsten siegreichen Gefechten erbeuteten Kanonen und sonstigen Kriegsmaterialien haben die Kriegsbedürfnisse des ungarischen Heeres fast vollständig befriedigt. Die Einübung der Honved's zum Kriegsdienste - seit mehr als 6 Monaten im Gange - bildete tüchtige Soldaten, und Kourage besitzt der Magyare von Haus aus. Als Fürst Windischgrätz im Dezember gegen Pest rückte, fehlten noch die 36,000 Polen, die jetzt in den Reihen der magyarischen Insurgenten kämpfen, und die - ohne alle Frage - den Kern ihrer Armee bilden. Zu allen diesen, den Insurgenten günstigen Umständen, kommen noch die Verluste, welche die kaiserliche Armee an Mannschaft u. s. w. seit 2 1/2 Monaten erlitten, Verluste, die viel schwerer zu ersetzen sind, als der Verlust der Insurgenten. Diese - die ohnehin über 100,000 und mehr Honved's verfügen, sich in Siebenbürgen und in der Slovakei sehr stark rekrutirten, machen keine Umstände, und pressen jeden Waffenfähigen, den sie finden, in einigen Wochen ist er ein ganz guter Soldat, die Csikos sind es ohnehin schon von Haus aus. Ueberdies fehlt es den Insurgenten weder an guten Spionen noch an guten (polnischen) Generalen und Offizieren, die Husaren sind weltberühmt, und die Insurgentenartillerie schießt so gut wie die kaiserliche. Im Dezember 1848 kämpften auf Seiten Oestreich's größtentheils gediente Veteranen, jetzt meistens Rekruten, bei den Insurgenten ist der umgekehrte Fall. Es wird viel von einem neuen Ministerium gesprochen. Die Bourgeoisie will gar den Feldmarschall Radetzki zum Minister des Aeußern haben, da sich Schwarzenberg in Bezug der deutschen Frage, sowie auch in Italien und Ungarn nicht mehr zurecht findet. Sie meint, die Generale Radetzki's werden schon allein in Italien fertig werden. Der Minister des Innern, Graf Stadion, ist noch immer von den Geschäften entfernt. Für ihn war anfänglich der Minister der Justiz, Dr. Bach, bestimmt, wogegen sich jedoch die Bourgeoisie gräulich stemmte, da sie durchaus nicht von Einem aus ihren Reihen sich knuten lassen will, um so lieber und um so mehr jedoch von einem altöstreichischen Aristokratie. Wien, 1. Mai. Das Russenfieber ist seit den großen Ereignissen - auf dem Kriegsschauplatz, etwas zurückgetreten; dagegen das Kossuthfieber zu einem wahren Eljen-Delirium geworden. Wie von der Tarantel gestochen, tanzt das Volk beim Sperl und in den Zelten des Praters den ungarischen Czarsda; und verlangt in Domayers Kasino, neben dem Schönbrunner Schloß, unaufhörlich die Marseillaise. Die Polizei schritt zwar anfangs mit der Strenge des Standrechtes ein; so verurtheilte sie einen armen Teufel, Namens Kilian, genannt Stoeger, gewesener Schauspieler, gegenwärtig Improvisator bei der Harfenisten - Gesellschaft des Joseph Sperl, "wegen ungebührlicher Ausdrücke über Seine Durchlaucht, den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz und wegen Aufreizung anwesender Gäste zu einem Eljen für den Rebellen Kossuth, zu sechswöchentlichem Stockhausarrest"; sperrte eine Dame ein, weil sie in übersprudelndem Patriotismus eine Marquise mit einem illustrirten Eljen Kossuth aushing; - aber das währte nicht lange. Seit gestern sind die Schergen der heiligen Hermandad wie durch Zauberschlag verschwunden, und haben sich wie die Unken beim ersten Sonnenstrahl in ihre dunkeln Höhlen zurückgezogen. Auch die übrigen Behörden sind wie vom Donnerschlag getroffen. Wo etwa Plakate ihrerseits erscheinen, werden sie abgerissen oder mit bitterm Humor kritisirt, (N. Z.)Wien, 20. April. Die Abendbeilage zur "Wiener Zeitung" enthält Folgendes: Es haben sich über den Stand der Friedensunterhandlungen mit Sardinien beunruhigende Gerüchte verbreitet. Wir sind in der Lage, über den wirklichen Sachverhalt die folgenden Aufklärungen zu geben: Die Nachricht von dem am 26. März abgeschlossenen Waffenstillstand war kaum hier angelagt, als die kaiserliche Regierung sich beeilte, in der Person des Herrn Ministers des Handels, von Bruck, ihren Bevollmächtigten zur Führung der Friedensunterhandlung zu ernennen. Schon am 1. April befand sich Hr. Bruck auf dem Wege nach Mailand, mußte jedoch, daselbst angelangt, auf die piemontesischen Unterhändler bis zum 13. warten. Nach ihrer Ankunft stellte der östreichische Bevollmächtigte als Friedensgrundlage zwei Hauptpunkte auf, nämlich die vollständige Anerkennung der vor dem Ausbruche des Krieges bestandenen traktatenmäßigen Territorialgränzen und die Entschädigung für die Kosten des Oestreich zweimal durch ungerechten Angriff aufgedrungenen Krieges. Die sardinischen Unterhändler schienen gegen diese Friedensbasis und das hierauf gestützte, ihnen mitgetheilte, Friedensprojekt keinen Einwand zu erheben. Als aber unsererseits die auf aktenmäßige Nachweise gegründete Ziffer der Entschädigungssumme ausgesprochen wurde, erklärten die sardinischen Unterhändler dieselbe einfach für unerschwinglich, ohne jedoch irgend einen bestimmten Gegenvorschlag zu machen; zugleich eröffneten sie, daß ihre Regierung in dieser Beziehung den Schutz von Frankreich und England angesprochen habe. Gegen diese Einmischung dritter Mächte in eine Unterhandlung, welche Sardinien sich durch den ersten Artikel des Waffenstillstandsvertrags verpflichtet hat, in kürzester Frist mit Oestreich zum Schlusse zu bringen, glaubte der kaiserliche Bevollmächtigte mit Recht protestiren zu müssen. Dessen ungeachtet ermächtigte das Ministerium, von dem Wunsche beseelt, den Friedensschluß auf jede mögliche Art zu erleichtern, den östreichischen Unterhändler von der anfänglich geforderten Entschädigungssumme so weit herabzugehen, als die Interessen des Staates, deren Wahrung die heilige Pflicht des Ministeriums ist, und die auf ihm lastende Verantwortlichkeit es nur immer gestatteten. Unterdessen hatte Sardinien dringend gebeten, von der Ausführung des dritten Artikels des Waffenstillstandes, in so ferne er die k. k. Truppen ermächtigt, die Hälfte der Besatzung von Alessandria zu stellen, es abkommen lassen zu wollen. Der kaiserliche Bevollmächtigte nahm es auf sich, in dieser Beziehung einen Aufschub zu gewähren, in der zuversichtlichen Erwartung, daß die sardinische Regierung dieses Zugeständniß dankbar anerkennend, die hierdurch gewonnene Frist benutzen würde, um ihrerseits aus allen Kräften eine Verständigung mit Oestreich anzubahnen. Als jedoch diese Frist verstrichen war, ohne daß die sardinische Regierung weder eine deutliche Erklärung über den ihr mitgetheilten Friedensvertrags-Entwurf abgegeben hatte, noch mit bestimmten Gegenan- Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 291. Köln, Sonntag, den 6. Mai 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Hovas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst'ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17. Zweite Ausgabe. Deutschland. * Köln, 5. Mai. Die R. Oder-Zeitung enthält das Protokoll der am 14. April in Debreczin abgehaltenen Sitzung der ungarischen Nationalversamlung, in der die Lossagung von Oestreich und die Absetzung der Dynastie Habsburg dektretirt, und Kossuth zum Regierungspräsidenten ernannt wurde. Trotz der schlechten deutschen Uebersetzung geben wir den ganzen Artikel wörtlich wie folgt: „Der 14. April des Jahres 1849 bleibt ein ewiges Denkmal in der Geschichte Ungarn's. Die Vertreter der Nation versammelten sich an diesem Tage in Debreczin in ihrem gewöhnlichen Berathungssaale, um eine der Hauptfragen ihrer großartigen Aufgabe zu lösen; und um über das Loos Ungarn's und des an dessen Spitze gestandenen Habsburg-Lothringischen Herrscherhauses zu entscheiden. Damit aber die zu fassenden Beschlüsse mit einer um so größeren Oeffentlichkeit und Förmlichkeit stattfinden können, wurde die Sitzung in der großen Kirche der Reformirten abgehalten, in Gegenwart von Tausenden aus dem Volke. Ludwig Kossuth, der Präsident des Landes-Vertheidigungs-Ausschusses, stattet Bericht ab über die gewonnenen Schlachten und von dem siegreichen Fortschreiten unserer tapferen Armee; er hob besonders den Umstand hervor, daß jetzt die Zeit gekommen ist, daß Ungarn seine 300 jährigen Fesseln abschüttelte, im Familienkreise der europäischen Staaten seinen würdigen Platz einnehme, und daß es mit jener Dynastie in's Reine komme, welche sich die Liebe und Treue der Großmüthigen, in der Treue unerschütterlichen Nation durch ihre ewigen Meineide und unerschöpflichen Verräthereien leichtsinniger Weise auf immer verscherzt haben. Diesen Beschluß der Nationalversammlung verlangt die Nation, welche die Lasten unseres Freiheitskampfes treu und mit patriotischer Bereitwilligkeit trägt; es fordert dieses von ihr die tapfere Armee, welche zur Rettung des Vaterlandes ihr Leben aufopfert; dies fordern die Umstände, daß man in den europäischen Kongreß, welchen man beabsichtigt abzuhalten, ohne uns nicht beschließen könne, mit einem Worte, das Vaterland, die Welt und Gott fordert dazu das Repräsentantenhaus auf, daher auch der Regierungs-Präsident zu folgenden Beschlüssen das Repräsentantenhaus aufforderte: Im Namen der Nation werde bestimmt ausgesprochen: 1) Ungarn sammt dem damit gesetzlich vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörigen Theilen, Ländern und Provinzen wird als ein freier, selbstständiger und unabhängiger europäischer Staat öffentlich erklärt; die Flächeneinheit dieses ganzen Staates wird als untrennbar und seine Integrität als unverletzlich erklärt. 2) Das Habsburg-Lothringische Haus hat durch seinen Verrath, Meineid und Waffenergreifung gegen die ungarische Nation, nicht minder durch die Kühnheit, wodurch es vor der Zerstückelung der Bodenintegrität des Landes, die Trennung Siebenbürgens und Croatiens von Ungarn und die Auslöschung des selbstständigen Staatslebens des Landes mit bewaffneter Macht zur Ermordung der Nation nicht zurückbebte; mit seinen eigenen Händen die pragmatischen Sanktionen gebrochen, eben so, wie überhaupt jedes Band, welches auf Grundlage gegenseitiger Verbindung zwischen ihm und Ungarn sammt seinen Ländern bestand. Dieses meineidige Habsburg - Lothringer Haus wird von der Herrschaft über Ungarn, dem damit vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörenden Theilen und Ländern im Namen der Nation auf ewig ausgeschlossen, entsetzt und von dem Genusse des Landesbodens und aller Bürgerrechte verbannt. So wie dasselbe auch hiermit des Thrones verlustig, ausgeschlossen und verbannt, im Namen der Nation erklärt wird. 3) Indem die ungarische Nation zufolge ihrer unentthronbaren Naturrechte in die europäische Staatenfamilie als selbstständiger und unabhängiger freier Staat eintritt, erklärt sie zugleich, daß sie allen andern Staaten gegenüber, wenn ihre eigenen Rechte nicht verletzt werden, in Friede und Freundschaft zu leben, besonders mit jenen Völkern, welche ehemals mit uns unter einem Oberhaupte standen, wie auch mit dem benachbarten türkischen Reiche und den italienischen Staaten eine gute Nachbarschaft zu gründen, in derselben fortzuleben und auf Grundlage gegenseitiger Interessen sich in freundschaftliche Verbindung einzulassen, ihr festester Entschluß ist. 4) Das künftige Regierungs-System in allen seinen Details wird die Nationalversammlung zu Stande bringen; so lange aber, bis dieses durch Grundprinzipien zu Stande kommt, wird das Land in seiner gesammten Ausdehnung von einem Regierungs-Präsidenten mit ihm an die Seite gehenden Ministern unter seiner eigenen und der persönlichen Verantwortlichkeit der durch ihn zu ernennenden Minister regiert werden. Mit der Abfassung der in diesen Beschlüssen enthaltenen Principien wird ein Ausschuß, bestehend aus drei Gliedern, betraut. Die Vertreter der Nation haben die Motionen des Regierungs-Präsidenten L. K. mit einem Willen und einstimmig zu den ihrigen gemacht, und Tausende aus dem Volke haben mit hehrer Begeisterung der Stimme der Vertreter der Nation ihre Zustimmung gegeben. Auf den vierten Antrag des Repräsentanten S. K. erklärte das Haus mit einem Herzen und mit einer Seele, daß es sein ganzes ungetheiltes Zutrauen der unerschütterlichen Vaterlandsliebe dem bisherigen Herrn Regierungs - Präsidenten L. Kossuth schenkt, daher es ihn zum Regierungs-Präsidenten wählt und mit der Bildung eines verantwortlichen Ministeriums beauftragt. Mit der Abfassung der in den gedachten Beschlüssen enthaltenen Principien aber sind die Herren Repräsentanten Ludwig Kossuth, Emerich Szacsvary und Stephan Gorove betraut. Aus der am 14. April im Oberhause abgehaltenen Sitzung. Der Präsident des Oberhauses, Baron Perény, hielt es für seine unablässige Pflicht, die in der heutigen Sitzung gefaßten Beschlüsse des Repräsentanten-Hauses dem Ober - Hause eilends zu unterbreiten. Das Oberhaus nahm sie ohne fernere Debatte mit feierlicher Erhebung von ihren Sitzen mit Einstimmigkeit an. 103 Münster, 4. Mai. Heute ist hier Befehl eingetroffen, sieben Landwehrbataillone, zwei Batterien und das Paderborner Lancierregiment mobil zu machen. Die Stimmung unserer Stadt ist der Regierung total entfremdet, die Konservativsten erkennen, daßsie sich in diesem Ministerium geirret hätten. In Volksversammlungen hört man eine energische Sprache ‒ das politische Treiben war nie so erregt wie heute. Was man von unserem Bürgervereine, der bei den letzten Wahlen nach Berlin sich das Ansehen gab, die Stadt einzig zu vertreten, zu halten hat, zeigte sich gestern Abend, wo zu einer zum zweiten Male ausgeschriebenen Generalversammlung behufs „einer Zustimmungsadresse nach Frankfurt“ abermals von 370 Mitgliedern nur einige vierzig sich eingefunden hatten, und die Versammlung abermals wegen Beschlußunfähigkeit (76 Stimmen) sich trennen mußte. Und woher diese geringe Theilnahme? Wenn es Einführung eines Census zum Wahlgesetze gegolten, würde kein königlicher Beamter gefehlt haben, ‒ gegen die hohen Intentionen eines Manteufel aber wagt keiner offen aufzutreten, sie kamen deshalb lieber nicht; ‒ und die Handwerkermitglieder? sollten die vielleicht zu der zur nämlichen Stunde ausgeschriebenen Volksversammlung gegangen sein? Posen, 1. Mai. Aus offizieller Quelle geht uns die Mittheilung zu, daß von jedem der drei in Schleswig stehenden Posener Landwehr-Bataillone sofort 50 Mann in die Heimath entlassen werden sollen. (Pos. Z.)Ratibor, 2. Mai. Das „Observationskorps,“ das der christlich-germanische Landesvater in Uebereinstimmung mit den beiden andern Großmeistern der contrerevolutionären Bestialität gegen die Magyaren aufstellt, wird mit großer Eile zusammengezogen. Aus allen Theilen der Provinz langen fast täglich Truppen an, und je mehr die gottbegnadete Wirthschaft sich entwickelt, desto größer wird die Aufregung im Volke. Bielitz, 2. Mai. In dem stumpfen Winkel gelegen, wo Rußland, Galizien, österreichisch und preußisch Schlesien zusammenstoßen, ist unsere Stadt bei den gegenwärtigen Truppenbewegungen ein für Beobachtungen günstiger Ort. Trotzdem wir nunmehr amtlich belehrt sind, daß das Einrücken eines russischen Hülfskorps nahe bevorsteht, hat noch kein russisches Militär die Gränze überschritten, doch werden bereits von den Kommunalbehörden Anstalten zur Verpflegung der Russen getroffen. (N. Od.-Z.)Von der galizisch-schlesischen Grenze, 28. April. Die Bewohner der Gegend von Zator und Oswiecim (Auschwitz) blicken mit Besorgniß auf die Vorgänge in den Wäldern von Tenczynet, und Lipowiec Krakauer Gebiets, denn wie man hie und da hört, soll das Corps, welches in diesen Wäldern haust, besser organisirt seyn, als dies bei Bauern, die in ihrem Widerstande gegen die Assentirung zu der Sense greifen, gewöhnlich der Fall ist. Es ist unter ihnen ein ordentlicher Felddienst eingeführt; die Fassungen von Brod sind ebenfalls regulirt, Fleisch, Gemüse und anderer Bedarf werden im Wege der Requisition beigeschafft. Leute, die aus der erwähnten Gegend kommen, erzählen, daß im Krakau'schen von den Recrutirungsflüchtigen und ihren Führern am 1. Mai ein ernster Putsch beabsichtigt werde. (C. Bl. a. B.) 8 Wien, 2. Mai. Heute bei Tagesanbruch hörte man Kanonendonner in der Richtung von Preßburg her, namentlich in der Leopoldstadt. Die ungarische Post ist nicht angekommen, dahin jedoch von hier spedirt worden. Reisende aus Preßburg versichern, daß daselbst eine Schlacht geschlagen wird. Daß Oestreich allein noch mit den Ungarn fertig werde, davon ist gar keine Rede mehr. Aber daß selbst die russische Hülfe kein leichtes Spiel finden wird, stellt sich täglich klarer heraus. Fur's Erste hat die unbehinderte Emission den Kossuthnoten der Insurrektion ganz unglaubliche, von Kossuth mit seiner gewöhnlichen Energie benutzte Geldmittel geliefert. Ueberdies haben aber auch die Polen viel Geld mitgebracht; die Kontributionen in Siebenbürgen, die dort vorgefundenen Pulvermühlen, endlich die in den jungsten siegreichen Gefechten erbeuteten Kanonen und sonstigen Kriegsmaterialien haben die Kriegsbedürfnisse des ungarischen Heeres fast vollständig befriedigt. Die Einübung der Honved's zum Kriegsdienste ‒ seit mehr als 6 Monaten im Gange ‒ bildete tüchtige Soldaten, und Kourage besitzt der Magyare von Haus aus. Als Fürst Windischgrätz im Dezember gegen Pest rückte, fehlten noch die 36,000 Polen, die jetzt in den Reihen der magyarischen Insurgenten kämpfen, und die ‒ ohne alle Frage ‒ den Kern ihrer Armee bilden. Zu allen diesen, den Insurgenten günstigen Umständen, kommen noch die Verluste, welche die kaiserliche Armee an Mannschaft u. s. w. seit 2 1/2 Monaten erlitten, Verluste, die viel schwerer zu ersetzen sind, als der Verlust der Insurgenten. Diese ‒ die ohnehin über 100,000 und mehr Honved's verfügen, sich in Siebenbürgen und in der Slovakei sehr stark rekrutirten, machen keine Umstände, und pressen jeden Waffenfähigen, den sie finden, in einigen Wochen ist er ein ganz guter Soldat, die Csikos sind es ohnehin schon von Haus aus. Ueberdies fehlt es den Insurgenten weder an guten Spionen noch an guten (polnischen) Generalen und Offizieren, die Husaren sind weltberühmt, und die Insurgentenartillerie schießt so gut wie die kaiserliche. Im Dezember 1848 kämpften auf Seiten Oestreich's größtentheils gediente Veteranen, jetzt meistens Rekruten, bei den Insurgenten ist der umgekehrte Fall. Es wird viel von einem neuen Ministerium gesprochen. Die Bourgeoisie will gar den Feldmarschall Radetzki zum Minister des Aeußern haben, da sich Schwarzenberg in Bezug der deutschen Frage, sowie auch in Italien und Ungarn nicht mehr zurecht findet. Sie meint, die Generale Radetzki's werden schon allein in Italien fertig werden. Der Minister des Innern, Graf Stadion, ist noch immer von den Geschäften entfernt. Für ihn war anfänglich der Minister der Justiz, Dr. Bach, bestimmt, wogegen sich jedoch die Bourgeoisie gräulich stemmte, da sie durchaus nicht von Einem aus ihren Reihen sich knuten lassen will, um so lieber und um so mehr jedoch von einem altöstreichischen Aristokratie. Wien, 1. Mai. Das Russenfieber ist seit den großen Ereignissen ‒ auf dem Kriegsschauplatz, etwas zurückgetreten; dagegen das Kossuthfieber zu einem wahren Eljen-Delirium geworden. Wie von der Tarantel gestochen, tanzt das Volk beim Sperl und in den Zelten des Praters den ungarischen Czarsda; und verlangt in Domayers Kasino, neben dem Schönbrunner Schloß, unaufhörlich die Marseillaise. Die Polizei schritt zwar anfangs mit der Strenge des Standrechtes ein; so verurtheilte sie einen armen Teufel, Namens Kilian, genannt Stoeger, gewesener Schauspieler, gegenwärtig Improvisator bei der Harfenisten - Gesellschaft des Joseph Sperl, „wegen ungebührlicher Ausdrücke über Seine Durchlaucht, den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz und wegen Aufreizung anwesender Gäste zu einem Eljen für den Rebellen Kossuth, zu sechswöchentlichem Stockhausarrest“; sperrte eine Dame ein, weil sie in übersprudelndem Patriotismus eine Marquise mit einem illustrirten Eljen Kossuth aushing; ‒ aber das währte nicht lange. Seit gestern sind die Schergen der heiligen Hermandad wie durch Zauberschlag verschwunden, und haben sich wie die Unken beim ersten Sonnenstrahl in ihre dunkeln Höhlen zurückgezogen. Auch die übrigen Behörden sind wie vom Donnerschlag getroffen. Wo etwa Plakate ihrerseits erscheinen, werden sie abgerissen oder mit bitterm Humor kritisirt, (N. Z.)Wien, 20. April. Die Abendbeilage zur „Wiener Zeitung“ enthält Folgendes: Es haben sich über den Stand der Friedensunterhandlungen mit Sardinien beunruhigende Gerüchte verbreitet. Wir sind in der Lage, über den wirklichen Sachverhalt die folgenden Aufklärungen zu geben: Die Nachricht von dem am 26. März abgeschlossenen Waffenstillstand war kaum hier angelagt, als die kaiserliche Regierung sich beeilte, in der Person des Herrn Ministers des Handels, von Bruck, ihren Bevollmächtigten zur Führung der Friedensunterhandlung zu ernennen. Schon am 1. April befand sich Hr. Bruck auf dem Wege nach Mailand, mußte jedoch, daselbst angelangt, auf die piemontesischen Unterhändler bis zum 13. warten. Nach ihrer Ankunft stellte der östreichische Bevollmächtigte als Friedensgrundlage zwei Hauptpunkte auf, nämlich die vollständige Anerkennung der vor dem Ausbruche des Krieges bestandenen traktatenmäßigen Territorialgränzen und die Entschädigung für die Kosten des Oestreich zweimal durch ungerechten Angriff aufgedrungenen Krieges. Die sardinischen Unterhändler schienen gegen diese Friedensbasis und das hierauf gestützte, ihnen mitgetheilte, Friedensprojekt keinen Einwand zu erheben. Als aber unsererseits die auf aktenmäßige Nachweise gegründete Ziffer der Entschädigungssumme ausgesprochen wurde, erklärten die sardinischen Unterhändler dieselbe einfach für unerschwinglich, ohne jedoch irgend einen bestimmten Gegenvorschlag zu machen; zugleich eröffneten sie, daß ihre Regierung in dieser Beziehung den Schutz von Frankreich und England angesprochen habe. Gegen diese Einmischung dritter Mächte in eine Unterhandlung, welche Sardinien sich durch den ersten Artikel des Waffenstillstandsvertrags verpflichtet hat, in kürzester Frist mit Oestreich zum Schlusse zu bringen, glaubte der kaiserliche Bevollmächtigte mit Recht protestiren zu müssen. Dessen ungeachtet ermächtigte das Ministerium, von dem Wunsche beseelt, den Friedensschluß auf jede mögliche Art zu erleichtern, den östreichischen Unterhändler von der anfänglich geforderten Entschädigungssumme so weit herabzugehen, als die Interessen des Staates, deren Wahrung die heilige Pflicht des Ministeriums ist, und die auf ihm lastende Verantwortlichkeit es nur immer gestatteten. Unterdessen hatte Sardinien dringend gebeten, von der Ausführung des dritten Artikels des Waffenstillstandes, in so ferne er die k. k. Truppen ermächtigt, die Hälfte der Besatzung von Alessandria zu stellen, es abkommen lassen zu wollen. Der kaiserliche Bevollmächtigte nahm es auf sich, in dieser Beziehung einen Aufschub zu gewähren, in der zuversichtlichen Erwartung, daß die sardinische Regierung dieses Zugeständniß dankbar anerkennend, die hierdurch gewonnene Frist benutzen würde, um ihrerseits aus allen Kräften eine Verständigung mit Oestreich anzubahnen. Als jedoch diese Frist verstrichen war, ohne daß die sardinische Regierung weder eine deutliche Erklärung über den ihr mitgetheilten Friedensvertrags-Entwurf abgegeben hatte, noch mit bestimmten Gegenan- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1651"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 291. Köln, Sonntag, den 6. Mai 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Hovas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.</p> <p>Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei <hi rendition="#g">Ernst'ter Meer;</hi> in Düsseldorf bei <hi rendition="#g">F. W. Schmitz,</hi> Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.</p> </div> <div n="1"> <p> <hi rendition="#b">Zweite Ausgabe.</hi> </p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar291-2_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 5. Mai.</head> <p>Die R. Oder-Zeitung enthält das Protokoll der am 14. April in <hi rendition="#g">Debreczin</hi> abgehaltenen Sitzung der <hi rendition="#g">ungarischen Nationalversamlung,</hi> in der die <hi rendition="#g">Lossagung von Oestreich</hi> und die <hi rendition="#g">Absetzung der Dynastie Habsburg</hi> dektretirt, und <hi rendition="#g">Kossuth zum Regierungs</hi>präsidenten ernannt wurde.</p> <p>Trotz der schlechten deutschen Uebersetzung geben wir den ganzen Artikel wörtlich wie folgt:</p> <p>„Der 14. April des Jahres 1849 bleibt ein ewiges Denkmal in der Geschichte Ungarn's.</p> <p>Die Vertreter der Nation versammelten sich an diesem Tage in Debreczin in ihrem gewöhnlichen Berathungssaale, um eine der Hauptfragen ihrer großartigen Aufgabe zu lösen; und um über das Loos Ungarn's und des an dessen Spitze gestandenen Habsburg-Lothringischen Herrscherhauses zu entscheiden. Damit aber die zu fassenden Beschlüsse mit einer um so größeren Oeffentlichkeit und Förmlichkeit stattfinden können, wurde die Sitzung in der großen Kirche der Reformirten abgehalten, in Gegenwart von Tausenden aus dem Volke.</p> <p><hi rendition="#g">Ludwig Kossuth,</hi> der Präsident des Landes-Vertheidigungs-Ausschusses, stattet Bericht ab über die gewonnenen Schlachten und von dem siegreichen Fortschreiten unserer tapferen Armee; er hob besonders den Umstand hervor, daß jetzt die Zeit gekommen ist, daß Ungarn seine 300 jährigen Fesseln abschüttelte, im Familienkreise der europäischen Staaten seinen würdigen Platz einnehme, und daß es mit jener Dynastie in's Reine komme, welche sich die Liebe und Treue der Großmüthigen, in der Treue unerschütterlichen Nation durch ihre ewigen Meineide und unerschöpflichen Verräthereien leichtsinniger Weise auf immer verscherzt haben. Diesen Beschluß der Nationalversammlung verlangt die Nation, welche die Lasten unseres Freiheitskampfes treu und mit patriotischer Bereitwilligkeit trägt; es fordert dieses von ihr die tapfere Armee, welche zur Rettung des Vaterlandes ihr Leben aufopfert; dies fordern die Umstände, daß man in den europäischen Kongreß, welchen man beabsichtigt abzuhalten, ohne uns nicht beschließen könne, mit einem Worte, das Vaterland, die Welt und Gott fordert dazu das Repräsentantenhaus auf, daher auch der Regierungs-Präsident zu folgenden Beschlüssen das Repräsentantenhaus aufforderte:</p> <p>Im Namen der Nation werde bestimmt ausgesprochen:</p> <p><hi rendition="#b">1) Ungarn sammt dem damit gesetzlich vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörigen Theilen, Ländern und Provinzen wird als ein freier, selbstständiger und unabhängiger europäischer Staat öffentlich erklärt;</hi> die Flächeneinheit dieses ganzen Staates wird als untrennbar und seine Integrität als unverletzlich erklärt.</p> <p>2) Das <hi rendition="#g">Habsburg-Lothringische Haus</hi> hat durch seinen Verrath, Meineid und Waffenergreifung gegen die ungarische Nation, nicht minder durch die Kühnheit, wodurch es vor der Zerstückelung der Bodenintegrität des Landes, die Trennung Siebenbürgens und Croatiens von Ungarn und die Auslöschung des selbstständigen Staatslebens des Landes mit bewaffneter Macht zur Ermordung der Nation nicht zurückbebte; mit seinen eigenen Händen <hi rendition="#b">die pragmatischen Sanktionen gebrochen,</hi> eben so, wie überhaupt jedes Band, welches auf Grundlage gegenseitiger Verbindung zwischen ihm und Ungarn sammt seinen Ländern bestand. <hi rendition="#b">Dieses meineidige Habsburg - Lothringer Haus wird von der Herrschaft über Ungarn, dem damit vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörenden Theilen und Ländern im Namen der Nation auf ewig ausgeschlossen, entsetzt und von dem Genusse des Landesbodens und aller Bürgerrechte verbannt.</hi> </p> <p> <hi rendition="#b">So wie dasselbe auch hiermit des Thrones verlustig, ausgeschlossen und verbannt, im Namen der Nation erklärt wird.</hi> </p> <p>3) Indem die ungarische Nation zufolge ihrer unentthronbaren Naturrechte in die europäische Staatenfamilie als selbstständiger und unabhängiger freier Staat eintritt, erklärt sie zugleich, daß sie allen andern Staaten gegenüber, wenn ihre eigenen Rechte nicht verletzt werden, in Friede und Freundschaft zu leben, besonders mit jenen Völkern, welche ehemals mit uns unter einem Oberhaupte standen, wie auch mit dem benachbarten türkischen Reiche und den italienischen Staaten eine gute Nachbarschaft zu gründen, in derselben fortzuleben und auf Grundlage gegenseitiger Interessen sich in freundschaftliche Verbindung einzulassen, ihr festester Entschluß ist.</p> <p>4) Das <hi rendition="#b">künftige Regierungs-System</hi> in allen seinen Details <hi rendition="#b">wird die Nationalversammlung zu Stande bringen;</hi> so lange aber, bis dieses durch Grundprinzipien zu Stande kommt, wird das Land in seiner gesammten Ausdehnung von einem <hi rendition="#b">Regierungs-Präsidenten</hi> mit ihm an die Seite gehenden Ministern unter seiner eigenen und der persönlichen Verantwortlichkeit der durch ihn zu ernennenden Minister regiert werden.</p> <p>Mit der Abfassung der in diesen Beschlüssen enthaltenen Principien wird ein Ausschuß, bestehend aus drei Gliedern, betraut.</p> <p>Die Vertreter der Nation haben die Motionen des Regierungs-Präsidenten L. K. mit einem Willen und <hi rendition="#b">einstimmig</hi> zu den ihrigen gemacht, und Tausende aus dem Volke haben mit hehrer Begeisterung der Stimme der Vertreter der Nation ihre Zustimmung gegeben.</p> <p>Auf den vierten Antrag des Repräsentanten S. K. erklärte das Haus mit einem Herzen und mit einer Seele, daß es sein ganzes ungetheiltes Zutrauen der unerschütterlichen Vaterlandsliebe dem bisherigen Herrn Regierungs - Präsidenten <hi rendition="#b">L. Kossuth</hi> schenkt, daher es ihn <hi rendition="#b">zum Regierungs-Präsidenten wählt und mit der Bildung eines verantwortlichen Ministeriums beauftragt.</hi> Mit der Abfassung der in den gedachten Beschlüssen enthaltenen Principien aber sind die Herren Repräsentanten Ludwig Kossuth, Emerich Szacsvary und Stephan Gorove betraut.</p> <p>Aus der am 14. April im Oberhause abgehaltenen Sitzung.</p> <p>Der Präsident des Oberhauses, Baron Perény, hielt es für seine unablässige Pflicht, die in der heutigen Sitzung gefaßten Beschlüsse des Repräsentanten-Hauses dem Ober - Hause eilends zu unterbreiten. Das Oberhaus nahm sie <hi rendition="#b">ohne fernere Debatte</hi> mit feierlicher Erhebung von ihren Sitzen <hi rendition="#b">mit Einstimmigkeit</hi> an.</p> </div> <div xml:id="ar291-2_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Münster, 4. Mai.</head> <p>Heute ist hier Befehl eingetroffen, <hi rendition="#g">sieben Landwehrbataillone, zwei Batterien und das Paderborner Lancierregiment mobil zu machen.</hi> </p> <p>Die Stimmung unserer Stadt ist der Regierung total entfremdet, die Konservativsten erkennen, daßsie sich in diesem Ministerium geirret hätten.</p> <p>In Volksversammlungen hört man eine energische Sprache ‒ das politische Treiben war nie so erregt wie heute.</p> <p>Was man von unserem Bürgervereine, der bei den letzten Wahlen nach Berlin sich das Ansehen gab, die Stadt einzig zu vertreten, zu halten hat, zeigte sich gestern Abend, wo zu einer zum zweiten Male ausgeschriebenen Generalversammlung behufs „einer Zustimmungsadresse nach Frankfurt“ abermals von 370 Mitgliedern nur einige vierzig sich eingefunden hatten, und die Versammlung abermals wegen Beschlußunfähigkeit (76 Stimmen) sich trennen mußte. Und woher diese geringe Theilnahme? Wenn es Einführung eines Census zum Wahlgesetze gegolten, würde kein königlicher Beamter gefehlt haben, ‒ gegen die hohen Intentionen eines Manteufel aber wagt keiner offen aufzutreten, sie kamen deshalb lieber nicht; ‒ und die Handwerkermitglieder? sollten die vielleicht zu der zur nämlichen Stunde ausgeschriebenen Volksversammlung gegangen sein?</p> </div> <div xml:id="ar291-2_003" type="jArticle"> <head>Posen, 1. Mai.</head> <p>Aus offizieller Quelle geht uns die Mittheilung zu, daß von jedem der drei in Schleswig stehenden Posener Landwehr-Bataillone sofort 50 Mann in die Heimath entlassen werden sollen.</p> <bibl>(Pos. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar291-2_004" type="jArticle"> <head>Ratibor, 2. Mai.</head> <p>Das „Observationskorps,“ das der christlich-germanische Landesvater in Uebereinstimmung mit den beiden andern Großmeistern der contrerevolutionären Bestialität gegen die Magyaren aufstellt, wird mit großer Eile zusammengezogen. Aus allen Theilen der Provinz langen fast täglich Truppen an, und je mehr die gottbegnadete Wirthschaft sich entwickelt, desto größer wird die Aufregung im Volke.</p> </div> <div xml:id="ar291-2_005" type="jArticle"> <head>Bielitz, 2. Mai.</head> <p>In dem stumpfen Winkel gelegen, wo Rußland, Galizien, österreichisch und preußisch Schlesien zusammenstoßen, ist unsere Stadt bei den gegenwärtigen Truppenbewegungen ein für Beobachtungen günstiger Ort. Trotzdem wir nunmehr amtlich belehrt sind, daß das Einrücken eines russischen Hülfskorps nahe bevorsteht, hat noch kein russisches Militär die Gränze überschritten, doch werden bereits von den Kommunalbehörden Anstalten zur Verpflegung der Russen getroffen.</p> <bibl>(N. Od.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar291-2_006" type="jArticle"> <head>Von der galizisch-schlesischen Grenze, 28. April.</head> <p>Die Bewohner der Gegend von Zator und Oswiecim (Auschwitz) blicken mit Besorgniß auf die Vorgänge in den Wäldern von Tenczynet, und Lipowiec Krakauer Gebiets, denn wie man hie und da hört, soll das Corps, welches in diesen Wäldern haust, besser organisirt seyn, als dies bei Bauern, die in ihrem Widerstande gegen die Assentirung zu der Sense greifen, gewöhnlich der Fall ist. Es ist unter ihnen ein ordentlicher Felddienst eingeführt; die Fassungen von Brod sind ebenfalls regulirt, Fleisch, Gemüse und anderer Bedarf werden im Wege der Requisition beigeschafft. Leute, die aus der erwähnten Gegend kommen, erzählen, daß im Krakau'schen von den Recrutirungsflüchtigen und ihren Führern am 1. Mai ein ernster Putsch beabsichtigt werde.</p> <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl> </div> <div xml:id="ar291-2_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>8</author></bibl>Wien, 2. Mai.</head> <p>Heute bei Tagesanbruch hörte man <hi rendition="#g">Kanonendonner</hi> in der Richtung von <hi rendition="#g">Preßburg</hi> her, namentlich in der Leopoldstadt. Die ungarische Post ist nicht angekommen, dahin jedoch von hier spedirt worden. Reisende aus Preßburg versichern, daß daselbst eine Schlacht geschlagen wird.</p> <p>Daß Oestreich allein noch mit den Ungarn fertig werde, davon ist gar keine Rede mehr. Aber daß selbst die russische Hülfe kein leichtes Spiel finden wird, stellt sich täglich klarer heraus.</p> <p>Fur's Erste hat die unbehinderte Emission den Kossuthnoten der Insurrektion ganz unglaubliche, von Kossuth mit seiner gewöhnlichen Energie benutzte Geldmittel geliefert. Ueberdies haben aber auch die Polen viel Geld mitgebracht; die Kontributionen in Siebenbürgen, die dort vorgefundenen Pulvermühlen, endlich die in den jungsten siegreichen Gefechten erbeuteten Kanonen und sonstigen Kriegsmaterialien haben die Kriegsbedürfnisse des ungarischen Heeres fast vollständig befriedigt.</p> <p>Die Einübung der Honved's zum Kriegsdienste ‒ seit mehr als 6 Monaten im Gange ‒ bildete tüchtige Soldaten, und Kourage besitzt der Magyare von Haus aus.</p> <p>Als Fürst Windischgrätz im Dezember gegen Pest rückte, fehlten noch die 36,000 Polen, die jetzt in den Reihen der magyarischen Insurgenten kämpfen, und die ‒ ohne alle Frage ‒ den Kern ihrer Armee bilden. Zu allen diesen, den Insurgenten günstigen Umständen, kommen noch die Verluste, welche die kaiserliche Armee an Mannschaft u. s. w. seit 2 1/2 Monaten erlitten, Verluste, die viel schwerer zu ersetzen sind, als der Verlust der Insurgenten. Diese ‒ die ohnehin über 100,000 und mehr Honved's verfügen, sich in Siebenbürgen und in der Slovakei sehr stark rekrutirten, machen keine Umstände, und pressen jeden Waffenfähigen, den sie finden, in einigen Wochen ist er ein ganz guter Soldat, die Csikos sind es ohnehin schon von Haus aus. Ueberdies fehlt es den Insurgenten weder an guten Spionen noch an guten (polnischen) Generalen und Offizieren, die Husaren sind weltberühmt, und die Insurgentenartillerie schießt so gut wie die kaiserliche. Im Dezember 1848 kämpften auf Seiten Oestreich's größtentheils <hi rendition="#g">gediente Veteranen,</hi> jetzt meistens Rekruten, bei den Insurgenten ist der umgekehrte Fall.</p> <p>Es wird viel von einem neuen Ministerium gesprochen. Die Bourgeoisie will gar den Feldmarschall Radetzki zum Minister des Aeußern haben, da sich Schwarzenberg in Bezug der deutschen Frage, sowie auch in Italien und Ungarn nicht mehr zurecht findet. Sie meint, die Generale Radetzki's werden schon allein in Italien fertig werden. Der Minister des Innern, Graf Stadion, ist noch immer von den Geschäften entfernt. Für ihn war anfänglich der Minister der Justiz, Dr. Bach, bestimmt, wogegen sich jedoch die Bourgeoisie gräulich stemmte, da sie durchaus nicht von Einem aus ihren Reihen sich knuten lassen will, um so lieber und um so mehr jedoch von einem altöstreichischen Aristokratie.</p> </div> <div xml:id="ar291-2_008" type="jArticle"> <head>Wien, 1. Mai.</head> <p>Das Russenfieber ist seit den großen Ereignissen ‒ auf dem Kriegsschauplatz, etwas zurückgetreten; dagegen das Kossuthfieber zu einem wahren Eljen-Delirium geworden. Wie von der Tarantel gestochen, tanzt das Volk beim Sperl und in den Zelten des Praters den ungarischen Czarsda; und verlangt in Domayers Kasino, neben dem Schönbrunner Schloß, unaufhörlich die Marseillaise. Die Polizei schritt zwar anfangs mit der Strenge des Standrechtes ein; so verurtheilte sie einen armen Teufel, Namens Kilian, genannt Stoeger, gewesener Schauspieler, gegenwärtig Improvisator bei der Harfenisten - Gesellschaft des Joseph Sperl, „wegen ungebührlicher Ausdrücke über Seine Durchlaucht, den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz und wegen Aufreizung anwesender Gäste zu einem Eljen für den Rebellen Kossuth, zu sechswöchentlichem Stockhausarrest“; sperrte eine Dame ein, weil sie in übersprudelndem Patriotismus eine Marquise mit einem illustrirten Eljen Kossuth aushing; ‒ aber das währte nicht lange. Seit gestern sind die Schergen der heiligen Hermandad wie durch Zauberschlag verschwunden, und haben sich wie die Unken beim ersten Sonnenstrahl in ihre dunkeln Höhlen zurückgezogen. Auch die übrigen Behörden sind wie vom Donnerschlag getroffen. Wo etwa Plakate ihrerseits erscheinen, werden sie abgerissen oder mit bitterm Humor kritisirt,</p> <bibl>(N. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar291-2_009" type="jArticle"> <head>Wien, 20. April.</head> <p>Die Abendbeilage zur „Wiener Zeitung“ enthält Folgendes: Es haben sich über den Stand der Friedensunterhandlungen mit Sardinien beunruhigende Gerüchte verbreitet. Wir sind in der Lage, über den wirklichen Sachverhalt die folgenden Aufklärungen zu geben:</p> <p>Die Nachricht von dem am 26. März abgeschlossenen Waffenstillstand war kaum hier angelagt, als die kaiserliche Regierung sich beeilte, in der Person des Herrn Ministers des Handels, von Bruck, ihren Bevollmächtigten zur Führung der Friedensunterhandlung zu ernennen. Schon am 1. April befand sich Hr. Bruck auf dem Wege nach Mailand, mußte jedoch, daselbst angelangt, auf die piemontesischen Unterhändler bis zum 13. warten. Nach ihrer Ankunft stellte der östreichische Bevollmächtigte als Friedensgrundlage zwei Hauptpunkte auf, nämlich die vollständige Anerkennung der vor dem Ausbruche des Krieges bestandenen traktatenmäßigen Territorialgränzen und die Entschädigung für die Kosten des Oestreich zweimal durch ungerechten Angriff aufgedrungenen Krieges. Die sardinischen Unterhändler schienen gegen diese Friedensbasis und das hierauf gestützte, ihnen mitgetheilte, Friedensprojekt keinen Einwand zu erheben. Als aber unsererseits die auf aktenmäßige Nachweise gegründete Ziffer der Entschädigungssumme ausgesprochen wurde, erklärten die sardinischen Unterhändler dieselbe einfach für unerschwinglich, ohne jedoch irgend einen bestimmten Gegenvorschlag zu machen; zugleich eröffneten sie, daß ihre Regierung in dieser Beziehung den Schutz von Frankreich und England angesprochen habe. Gegen diese Einmischung dritter Mächte in eine Unterhandlung, welche Sardinien sich durch den ersten Artikel des Waffenstillstandsvertrags verpflichtet hat, in kürzester Frist mit Oestreich zum Schlusse zu bringen, glaubte der kaiserliche Bevollmächtigte mit Recht protestiren zu müssen.</p> <p>Dessen ungeachtet ermächtigte das Ministerium, von dem Wunsche beseelt, den Friedensschluß auf jede mögliche Art zu erleichtern, den östreichischen Unterhändler von der anfänglich geforderten Entschädigungssumme so weit herabzugehen, als die Interessen des Staates, deren Wahrung die heilige Pflicht des Ministeriums ist, und die auf ihm lastende Verantwortlichkeit es nur immer gestatteten.</p> <p>Unterdessen hatte Sardinien dringend gebeten, von der Ausführung des dritten Artikels des Waffenstillstandes, in so ferne er die k. k. Truppen ermächtigt, die Hälfte der Besatzung von Alessandria zu stellen, es abkommen lassen zu wollen. Der kaiserliche Bevollmächtigte nahm es auf sich, in dieser Beziehung einen Aufschub zu gewähren, in der zuversichtlichen Erwartung, daß die sardinische Regierung dieses Zugeständniß dankbar anerkennend, die hierdurch gewonnene Frist benutzen würde, um ihrerseits aus allen Kräften eine Verständigung mit Oestreich anzubahnen. Als jedoch diese Frist verstrichen war, ohne daß die sardinische Regierung weder eine deutliche Erklärung über den ihr mitgetheilten Friedensvertrags-Entwurf abgegeben hatte, noch mit bestimmten Gegenan- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1651/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 291. Köln, Sonntag, den 6. Mai 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Hovas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst'ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.
Zweite Ausgabe.
Deutschland. * Köln, 5. Mai. Die R. Oder-Zeitung enthält das Protokoll der am 14. April in Debreczin abgehaltenen Sitzung der ungarischen Nationalversamlung, in der die Lossagung von Oestreich und die Absetzung der Dynastie Habsburg dektretirt, und Kossuth zum Regierungspräsidenten ernannt wurde.
Trotz der schlechten deutschen Uebersetzung geben wir den ganzen Artikel wörtlich wie folgt:
„Der 14. April des Jahres 1849 bleibt ein ewiges Denkmal in der Geschichte Ungarn's.
Die Vertreter der Nation versammelten sich an diesem Tage in Debreczin in ihrem gewöhnlichen Berathungssaale, um eine der Hauptfragen ihrer großartigen Aufgabe zu lösen; und um über das Loos Ungarn's und des an dessen Spitze gestandenen Habsburg-Lothringischen Herrscherhauses zu entscheiden. Damit aber die zu fassenden Beschlüsse mit einer um so größeren Oeffentlichkeit und Förmlichkeit stattfinden können, wurde die Sitzung in der großen Kirche der Reformirten abgehalten, in Gegenwart von Tausenden aus dem Volke.
Ludwig Kossuth, der Präsident des Landes-Vertheidigungs-Ausschusses, stattet Bericht ab über die gewonnenen Schlachten und von dem siegreichen Fortschreiten unserer tapferen Armee; er hob besonders den Umstand hervor, daß jetzt die Zeit gekommen ist, daß Ungarn seine 300 jährigen Fesseln abschüttelte, im Familienkreise der europäischen Staaten seinen würdigen Platz einnehme, und daß es mit jener Dynastie in's Reine komme, welche sich die Liebe und Treue der Großmüthigen, in der Treue unerschütterlichen Nation durch ihre ewigen Meineide und unerschöpflichen Verräthereien leichtsinniger Weise auf immer verscherzt haben. Diesen Beschluß der Nationalversammlung verlangt die Nation, welche die Lasten unseres Freiheitskampfes treu und mit patriotischer Bereitwilligkeit trägt; es fordert dieses von ihr die tapfere Armee, welche zur Rettung des Vaterlandes ihr Leben aufopfert; dies fordern die Umstände, daß man in den europäischen Kongreß, welchen man beabsichtigt abzuhalten, ohne uns nicht beschließen könne, mit einem Worte, das Vaterland, die Welt und Gott fordert dazu das Repräsentantenhaus auf, daher auch der Regierungs-Präsident zu folgenden Beschlüssen das Repräsentantenhaus aufforderte:
Im Namen der Nation werde bestimmt ausgesprochen:
1) Ungarn sammt dem damit gesetzlich vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörigen Theilen, Ländern und Provinzen wird als ein freier, selbstständiger und unabhängiger europäischer Staat öffentlich erklärt; die Flächeneinheit dieses ganzen Staates wird als untrennbar und seine Integrität als unverletzlich erklärt.
2) Das Habsburg-Lothringische Haus hat durch seinen Verrath, Meineid und Waffenergreifung gegen die ungarische Nation, nicht minder durch die Kühnheit, wodurch es vor der Zerstückelung der Bodenintegrität des Landes, die Trennung Siebenbürgens und Croatiens von Ungarn und die Auslöschung des selbstständigen Staatslebens des Landes mit bewaffneter Macht zur Ermordung der Nation nicht zurückbebte; mit seinen eigenen Händen die pragmatischen Sanktionen gebrochen, eben so, wie überhaupt jedes Band, welches auf Grundlage gegenseitiger Verbindung zwischen ihm und Ungarn sammt seinen Ländern bestand. Dieses meineidige Habsburg - Lothringer Haus wird von der Herrschaft über Ungarn, dem damit vereinigten Siebenbürgen und allen dazu gehörenden Theilen und Ländern im Namen der Nation auf ewig ausgeschlossen, entsetzt und von dem Genusse des Landesbodens und aller Bürgerrechte verbannt.
So wie dasselbe auch hiermit des Thrones verlustig, ausgeschlossen und verbannt, im Namen der Nation erklärt wird.
3) Indem die ungarische Nation zufolge ihrer unentthronbaren Naturrechte in die europäische Staatenfamilie als selbstständiger und unabhängiger freier Staat eintritt, erklärt sie zugleich, daß sie allen andern Staaten gegenüber, wenn ihre eigenen Rechte nicht verletzt werden, in Friede und Freundschaft zu leben, besonders mit jenen Völkern, welche ehemals mit uns unter einem Oberhaupte standen, wie auch mit dem benachbarten türkischen Reiche und den italienischen Staaten eine gute Nachbarschaft zu gründen, in derselben fortzuleben und auf Grundlage gegenseitiger Interessen sich in freundschaftliche Verbindung einzulassen, ihr festester Entschluß ist.
4) Das künftige Regierungs-System in allen seinen Details wird die Nationalversammlung zu Stande bringen; so lange aber, bis dieses durch Grundprinzipien zu Stande kommt, wird das Land in seiner gesammten Ausdehnung von einem Regierungs-Präsidenten mit ihm an die Seite gehenden Ministern unter seiner eigenen und der persönlichen Verantwortlichkeit der durch ihn zu ernennenden Minister regiert werden.
Mit der Abfassung der in diesen Beschlüssen enthaltenen Principien wird ein Ausschuß, bestehend aus drei Gliedern, betraut.
Die Vertreter der Nation haben die Motionen des Regierungs-Präsidenten L. K. mit einem Willen und einstimmig zu den ihrigen gemacht, und Tausende aus dem Volke haben mit hehrer Begeisterung der Stimme der Vertreter der Nation ihre Zustimmung gegeben.
Auf den vierten Antrag des Repräsentanten S. K. erklärte das Haus mit einem Herzen und mit einer Seele, daß es sein ganzes ungetheiltes Zutrauen der unerschütterlichen Vaterlandsliebe dem bisherigen Herrn Regierungs - Präsidenten L. Kossuth schenkt, daher es ihn zum Regierungs-Präsidenten wählt und mit der Bildung eines verantwortlichen Ministeriums beauftragt. Mit der Abfassung der in den gedachten Beschlüssen enthaltenen Principien aber sind die Herren Repräsentanten Ludwig Kossuth, Emerich Szacsvary und Stephan Gorove betraut.
Aus der am 14. April im Oberhause abgehaltenen Sitzung.
Der Präsident des Oberhauses, Baron Perény, hielt es für seine unablässige Pflicht, die in der heutigen Sitzung gefaßten Beschlüsse des Repräsentanten-Hauses dem Ober - Hause eilends zu unterbreiten. Das Oberhaus nahm sie ohne fernere Debatte mit feierlicher Erhebung von ihren Sitzen mit Einstimmigkeit an.
103 Münster, 4. Mai. Heute ist hier Befehl eingetroffen, sieben Landwehrbataillone, zwei Batterien und das Paderborner Lancierregiment mobil zu machen.
Die Stimmung unserer Stadt ist der Regierung total entfremdet, die Konservativsten erkennen, daßsie sich in diesem Ministerium geirret hätten.
In Volksversammlungen hört man eine energische Sprache ‒ das politische Treiben war nie so erregt wie heute.
Was man von unserem Bürgervereine, der bei den letzten Wahlen nach Berlin sich das Ansehen gab, die Stadt einzig zu vertreten, zu halten hat, zeigte sich gestern Abend, wo zu einer zum zweiten Male ausgeschriebenen Generalversammlung behufs „einer Zustimmungsadresse nach Frankfurt“ abermals von 370 Mitgliedern nur einige vierzig sich eingefunden hatten, und die Versammlung abermals wegen Beschlußunfähigkeit (76 Stimmen) sich trennen mußte. Und woher diese geringe Theilnahme? Wenn es Einführung eines Census zum Wahlgesetze gegolten, würde kein königlicher Beamter gefehlt haben, ‒ gegen die hohen Intentionen eines Manteufel aber wagt keiner offen aufzutreten, sie kamen deshalb lieber nicht; ‒ und die Handwerkermitglieder? sollten die vielleicht zu der zur nämlichen Stunde ausgeschriebenen Volksversammlung gegangen sein?
Posen, 1. Mai. Aus offizieller Quelle geht uns die Mittheilung zu, daß von jedem der drei in Schleswig stehenden Posener Landwehr-Bataillone sofort 50 Mann in die Heimath entlassen werden sollen.
(Pos. Z.) Ratibor, 2. Mai. Das „Observationskorps,“ das der christlich-germanische Landesvater in Uebereinstimmung mit den beiden andern Großmeistern der contrerevolutionären Bestialität gegen die Magyaren aufstellt, wird mit großer Eile zusammengezogen. Aus allen Theilen der Provinz langen fast täglich Truppen an, und je mehr die gottbegnadete Wirthschaft sich entwickelt, desto größer wird die Aufregung im Volke.
Bielitz, 2. Mai. In dem stumpfen Winkel gelegen, wo Rußland, Galizien, österreichisch und preußisch Schlesien zusammenstoßen, ist unsere Stadt bei den gegenwärtigen Truppenbewegungen ein für Beobachtungen günstiger Ort. Trotzdem wir nunmehr amtlich belehrt sind, daß das Einrücken eines russischen Hülfskorps nahe bevorsteht, hat noch kein russisches Militär die Gränze überschritten, doch werden bereits von den Kommunalbehörden Anstalten zur Verpflegung der Russen getroffen.
(N. Od.-Z.) Von der galizisch-schlesischen Grenze, 28. April. Die Bewohner der Gegend von Zator und Oswiecim (Auschwitz) blicken mit Besorgniß auf die Vorgänge in den Wäldern von Tenczynet, und Lipowiec Krakauer Gebiets, denn wie man hie und da hört, soll das Corps, welches in diesen Wäldern haust, besser organisirt seyn, als dies bei Bauern, die in ihrem Widerstande gegen die Assentirung zu der Sense greifen, gewöhnlich der Fall ist. Es ist unter ihnen ein ordentlicher Felddienst eingeführt; die Fassungen von Brod sind ebenfalls regulirt, Fleisch, Gemüse und anderer Bedarf werden im Wege der Requisition beigeschafft. Leute, die aus der erwähnten Gegend kommen, erzählen, daß im Krakau'schen von den Recrutirungsflüchtigen und ihren Führern am 1. Mai ein ernster Putsch beabsichtigt werde.
(C. Bl. a. B.) 8 Wien, 2. Mai. Heute bei Tagesanbruch hörte man Kanonendonner in der Richtung von Preßburg her, namentlich in der Leopoldstadt. Die ungarische Post ist nicht angekommen, dahin jedoch von hier spedirt worden. Reisende aus Preßburg versichern, daß daselbst eine Schlacht geschlagen wird.
Daß Oestreich allein noch mit den Ungarn fertig werde, davon ist gar keine Rede mehr. Aber daß selbst die russische Hülfe kein leichtes Spiel finden wird, stellt sich täglich klarer heraus.
Fur's Erste hat die unbehinderte Emission den Kossuthnoten der Insurrektion ganz unglaubliche, von Kossuth mit seiner gewöhnlichen Energie benutzte Geldmittel geliefert. Ueberdies haben aber auch die Polen viel Geld mitgebracht; die Kontributionen in Siebenbürgen, die dort vorgefundenen Pulvermühlen, endlich die in den jungsten siegreichen Gefechten erbeuteten Kanonen und sonstigen Kriegsmaterialien haben die Kriegsbedürfnisse des ungarischen Heeres fast vollständig befriedigt.
Die Einübung der Honved's zum Kriegsdienste ‒ seit mehr als 6 Monaten im Gange ‒ bildete tüchtige Soldaten, und Kourage besitzt der Magyare von Haus aus.
Als Fürst Windischgrätz im Dezember gegen Pest rückte, fehlten noch die 36,000 Polen, die jetzt in den Reihen der magyarischen Insurgenten kämpfen, und die ‒ ohne alle Frage ‒ den Kern ihrer Armee bilden. Zu allen diesen, den Insurgenten günstigen Umständen, kommen noch die Verluste, welche die kaiserliche Armee an Mannschaft u. s. w. seit 2 1/2 Monaten erlitten, Verluste, die viel schwerer zu ersetzen sind, als der Verlust der Insurgenten. Diese ‒ die ohnehin über 100,000 und mehr Honved's verfügen, sich in Siebenbürgen und in der Slovakei sehr stark rekrutirten, machen keine Umstände, und pressen jeden Waffenfähigen, den sie finden, in einigen Wochen ist er ein ganz guter Soldat, die Csikos sind es ohnehin schon von Haus aus. Ueberdies fehlt es den Insurgenten weder an guten Spionen noch an guten (polnischen) Generalen und Offizieren, die Husaren sind weltberühmt, und die Insurgentenartillerie schießt so gut wie die kaiserliche. Im Dezember 1848 kämpften auf Seiten Oestreich's größtentheils gediente Veteranen, jetzt meistens Rekruten, bei den Insurgenten ist der umgekehrte Fall.
Es wird viel von einem neuen Ministerium gesprochen. Die Bourgeoisie will gar den Feldmarschall Radetzki zum Minister des Aeußern haben, da sich Schwarzenberg in Bezug der deutschen Frage, sowie auch in Italien und Ungarn nicht mehr zurecht findet. Sie meint, die Generale Radetzki's werden schon allein in Italien fertig werden. Der Minister des Innern, Graf Stadion, ist noch immer von den Geschäften entfernt. Für ihn war anfänglich der Minister der Justiz, Dr. Bach, bestimmt, wogegen sich jedoch die Bourgeoisie gräulich stemmte, da sie durchaus nicht von Einem aus ihren Reihen sich knuten lassen will, um so lieber und um so mehr jedoch von einem altöstreichischen Aristokratie.
Wien, 1. Mai. Das Russenfieber ist seit den großen Ereignissen ‒ auf dem Kriegsschauplatz, etwas zurückgetreten; dagegen das Kossuthfieber zu einem wahren Eljen-Delirium geworden. Wie von der Tarantel gestochen, tanzt das Volk beim Sperl und in den Zelten des Praters den ungarischen Czarsda; und verlangt in Domayers Kasino, neben dem Schönbrunner Schloß, unaufhörlich die Marseillaise. Die Polizei schritt zwar anfangs mit der Strenge des Standrechtes ein; so verurtheilte sie einen armen Teufel, Namens Kilian, genannt Stoeger, gewesener Schauspieler, gegenwärtig Improvisator bei der Harfenisten - Gesellschaft des Joseph Sperl, „wegen ungebührlicher Ausdrücke über Seine Durchlaucht, den Herrn Feldmarschall Fürsten zu Windischgrätz und wegen Aufreizung anwesender Gäste zu einem Eljen für den Rebellen Kossuth, zu sechswöchentlichem Stockhausarrest“; sperrte eine Dame ein, weil sie in übersprudelndem Patriotismus eine Marquise mit einem illustrirten Eljen Kossuth aushing; ‒ aber das währte nicht lange. Seit gestern sind die Schergen der heiligen Hermandad wie durch Zauberschlag verschwunden, und haben sich wie die Unken beim ersten Sonnenstrahl in ihre dunkeln Höhlen zurückgezogen. Auch die übrigen Behörden sind wie vom Donnerschlag getroffen. Wo etwa Plakate ihrerseits erscheinen, werden sie abgerissen oder mit bitterm Humor kritisirt,
(N. Z.) Wien, 20. April. Die Abendbeilage zur „Wiener Zeitung“ enthält Folgendes: Es haben sich über den Stand der Friedensunterhandlungen mit Sardinien beunruhigende Gerüchte verbreitet. Wir sind in der Lage, über den wirklichen Sachverhalt die folgenden Aufklärungen zu geben:
Die Nachricht von dem am 26. März abgeschlossenen Waffenstillstand war kaum hier angelagt, als die kaiserliche Regierung sich beeilte, in der Person des Herrn Ministers des Handels, von Bruck, ihren Bevollmächtigten zur Führung der Friedensunterhandlung zu ernennen. Schon am 1. April befand sich Hr. Bruck auf dem Wege nach Mailand, mußte jedoch, daselbst angelangt, auf die piemontesischen Unterhändler bis zum 13. warten. Nach ihrer Ankunft stellte der östreichische Bevollmächtigte als Friedensgrundlage zwei Hauptpunkte auf, nämlich die vollständige Anerkennung der vor dem Ausbruche des Krieges bestandenen traktatenmäßigen Territorialgränzen und die Entschädigung für die Kosten des Oestreich zweimal durch ungerechten Angriff aufgedrungenen Krieges. Die sardinischen Unterhändler schienen gegen diese Friedensbasis und das hierauf gestützte, ihnen mitgetheilte, Friedensprojekt keinen Einwand zu erheben. Als aber unsererseits die auf aktenmäßige Nachweise gegründete Ziffer der Entschädigungssumme ausgesprochen wurde, erklärten die sardinischen Unterhändler dieselbe einfach für unerschwinglich, ohne jedoch irgend einen bestimmten Gegenvorschlag zu machen; zugleich eröffneten sie, daß ihre Regierung in dieser Beziehung den Schutz von Frankreich und England angesprochen habe. Gegen diese Einmischung dritter Mächte in eine Unterhandlung, welche Sardinien sich durch den ersten Artikel des Waffenstillstandsvertrags verpflichtet hat, in kürzester Frist mit Oestreich zum Schlusse zu bringen, glaubte der kaiserliche Bevollmächtigte mit Recht protestiren zu müssen.
Dessen ungeachtet ermächtigte das Ministerium, von dem Wunsche beseelt, den Friedensschluß auf jede mögliche Art zu erleichtern, den östreichischen Unterhändler von der anfänglich geforderten Entschädigungssumme so weit herabzugehen, als die Interessen des Staates, deren Wahrung die heilige Pflicht des Ministeriums ist, und die auf ihm lastende Verantwortlichkeit es nur immer gestatteten.
Unterdessen hatte Sardinien dringend gebeten, von der Ausführung des dritten Artikels des Waffenstillstandes, in so ferne er die k. k. Truppen ermächtigt, die Hälfte der Besatzung von Alessandria zu stellen, es abkommen lassen zu wollen. Der kaiserliche Bevollmächtigte nahm es auf sich, in dieser Beziehung einen Aufschub zu gewähren, in der zuversichtlichen Erwartung, daß die sardinische Regierung dieses Zugeständniß dankbar anerkennend, die hierdurch gewonnene Frist benutzen würde, um ihrerseits aus allen Kräften eine Verständigung mit Oestreich anzubahnen. Als jedoch diese Frist verstrichen war, ohne daß die sardinische Regierung weder eine deutliche Erklärung über den ihr mitgetheilten Friedensvertrags-Entwurf abgegeben hatte, noch mit bestimmten Gegenan-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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