Neue Rheinische Zeitung. Nr. 301. Köln, 19. Mai 1849. * Köln, 18. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 068 Köln, 18. Mai. "An mein Volk!" Nicht an "Mein herrliches Kriegheer!" Sind die Russen etwa geschlagen? Hat sich der Wind gedreht und dem "ungeschwächten" Diener Rußlands, wie im März v. J. abermals die Militärmütze vom Kopf geworfen? Sind die belagerten "treuen Unterthanen" wieder in vollem Aufstand? Als im Jahre 1813 der alte "Hochselige" ebenfalls aus dem Vordringen der Kosacken den nöthigen Muth schöpfte, seine erbärmliche Feiglingsrolle, die blutigen Züchtigungen des revolutionären Kaiserthums abzuschütteln, da war es trotz Kosacken, Baschkiren und dem von Jena, von Magdeburg, von der Uebergabe Cüstrin's an 150 Franzosen bekannten "herrlichen Kriegsheer," erst die lügenhaften Versprechungen eines "Aufrufes an mein Volk," welche den Kreuzzug der heiligen Allianz gegen die Nachfolger der französischen Revolution zu Wege brachten. Und jetzt! Hat nicht der wiedererstarkte Hohenzoller durch den Einmarsch der Kosacken auf deutschen Boden den nöthigen Muth zum Aufgeben seiner nachmärzlichen Feiglingsvolle, zur Beseitigung des durch die Revolution "zwischen ihn und sein Volk geschobenen Stückes Papier" erhalten? Hat nicht "Mein herrliches Kriegsheer" in Dresden, Breslau, Posen, Berlin und am Rhein durch die tapfern Metzeleien Wehrloser, Weiber und Kinder, mit Shrapnell's und Höllenstein in würdiger Weise Rache an der Revolution genommen? Sind nicht durch die neuoktroyirte Standrechtscharte "auch außerdem Belagerungszustand" die letzten Feigheits-Conzessionen vom März, Abschaffung der Censur, Associationsrecht, Volksbewaffnung, wieder aufgehoben? Nein, der Sohn des Helden von Jena und Magdeburg fühlt sich noch immer nicht sicher genug trotz Kosackenbündnissen, trotz Mord- und Standrechtsprivilegien an die losgelassene, "herrliche" Soldaten-Meute. Die ungeschwächte Krone hat Furcht, sie appellirt "An mein Volk," sie "fühlt sich gedrängt," noch an das niedergetretene, belagerte, zusammenkartätschte "Volk" einen Hülferuf um Unterstützung gegen "innere und äußere Feinde" zu richten. "Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen. Deßhalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Ländern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen." "Das ist der Kern der königlichen Ansprache", ruft die Polizeikloake Dumont, und die bezahlten Polizeiklakeure Dumont's haben in der That den richtigen "Kern" gefunden. Die "äußern Feinde!" Es ist die "Schreckenspartei", die Partei des Schreckens für den tapfern Hohenzoller, welche in den "übrigen deutschen Ländern" unser Einschreiten verlangt. Das Volk in den Rheinlanden, Schlesien, Sachsen wird gerufen, "im Namen der deutschen Einheit" den revolutionären Bewegungen im deutschen Ausland, Baden, Baiern, Sachsen ein Ende zu machen! Und zu diesem Zweck werden die Lockspeisen der hohenzoller'schen Volksbeglückung von 1813 wiederholt, es wird das erprobte "königliche Wort" wieder verpfändet, dem "Volk" eine kastrirte Anerkennung der Frankfurter Verfassung verheißen, und der "Schutz des Rechts und der Freiheit" gegen die "Gottlosigkeit" verheißen. "Ich und Mein Haus wollen dem Herrn dienen." Ist die erprobte Verpfändung eines "hohenzoller'schen Königswortes" nicht einen Kreuzzug gegen die "Partei des Schreckens für die vielversprechende Krone" werth? Der starke kaiserlich-russische Unterknäs hat die preußischen Abgeordneten nur deshalb aus Frankfurt abberufen, um sich jetzt nach seiner Märzverheißung "an die Spitze Deutschland's" zu stellen. Die Vereinbarungsversammlung und oktroyirte Kammer sind nur deßhalb auseinandergejagt, das "Stück Papier" nur deßhalb durch die Standrechtsverfassung und Militärmordhöfe ersetzt, um dem Volk den "Schutz des Rechts und der Freiheit" zu garantiren! Und die Preßfreiheit wird unterdrückt, die Presse in Erfurt unter Censur gestellt, die Zeitungen in ganz Posen, in Breslau, in schlesischen Provinzialstädten, in Berlin selbst die Nationalzeitung direkt verboten, in Düsseldorf de jure die Censur wieder eingeführt, de facto die Presse gänzlich beseitigt (Düsseldorfer Blätter, N. Rh. Z. u. s. w.), und den "freien" Unterthanen endlich allein die schmutzigen Polizei-Cloaken der Köln. Ztg. und des Berliner Galgenblättchens oktroyirt, Alles, um auch nicht den letzten Zweifel an dem Werth des "königlichen Wortes" aufkommen zu lassen! Und das Wort des Hohenzollern ist in der That werth, daß das Volk zur Stärkung des königlichen Muthes die Uniform anzieht, um nach dem Landwehrgesetz seinen zurückbleibenden Weibern "zum Schutz gegen Bettelei" monatlich Einen Thaler königlicher Gnadengelder zu verschaffen. 068 Köln, 17. Mai. Die heute aus Deutschland eingehenden Nachrichten sind erfreulich. In Sachsen kurirt das gottbegnadete Preußenthum durch immer weitere Besetzung von Städten und Dörfern die Bewohner von ihrem bisherigen Bierphlegma. Die östreichischen Standrechtsbestien sekundiren dem belagerungswollüstigen Hohenzollern nach besten Kräften. Prag wurde, wie bekannt, am 10. Mai ohne andere Veranlassung als die, welche der neuesten preußischen Verfassung zum Grunde liegt, in Belagerungszustand erklärt. Jetzt hat die Festung Theresienstadt das nämliche Schicksal getroffen. Nach Briefen aus Leipzig sind auch Olmütz und Brünn den belagerungsbegnadeten Städten beigestellt. In Elberfeld ist die ganze Niederträchtigkeit, die sich einige Tage latent verhalten mußte, vollständig entbunden worden. Die Freikorps, die Arbeiter, sind verrathen und verkauft worden, wie es von diesen Bourgeois zu erwarten stand. Hätten die bewaffneten Arbeiter gleich von vornherein das Beispiel der preußischen Regierung befolgt, Elberfeld in Belagerungszustand erklärt und diesen zur vollständigen Niederhaltung einer schaamlos-feigen aber noch mehr perfiden Bourgeoisie benutzt: so wären sie die Sieger, statt daß sie jetzt als die Geprellten dastehen. Gestern früh um 4 Uhr zog Mirbach von Elberfeld mit 2 Kolonnen aus, von denen die eine ihren Weg nach Solingen, die andre nach Siegen hin nahm. Die Elberfelder Bourgeois hatten auf alle Dörfer in jenen beiden Richtungen Emissäre ausgesandt und den Bauern vorschwatzen lassen, daß ein plünderungssüchtiges Gesindel im Anrücken sei, daß, wenn sie nicht kräftige Anstalten zur Abwehr träfen, den Bauern wahrscheinlich Haus und Hof über dem Kopf angezündet oder mindestens alles Hab' und Gut geraubt werden würde. Durch diese Manöver gelang es, daß die Bauern in Lüttringhausen den Mirbach und Hühnerbein gefangen nahmen, abscheulich mißhandelten und den Bourgeois in Elberfeld zur weitern gütigen Spedition an die hohenzollern'schen Mord- und Gräuel-Knechte überlieferten. Iserlohn soll nach mehrstündigem Kampfe sich an die Preußen ergeben haben. Dagegen ist der Südwesten Deutschlands bereits zu einer Pille geworden, die von den Gottbegnadeten nicht so leicht verdaut werden wird. Die badischen, pfälzischen und ein Theil der bairischen Soldaten werden in der deutschen Geschichte des Jahres 1849 den ehrenvollsten Platz einnehmen. Sie sind zuerst mit einem großartigen Beispiel vorangegangen; sie haben die Disziplin, in deren Namen man sie bisher mißhandelte, zum Teufel geschickt; den Eidschwur, den sie gekrönten Gaunern gegenüber zu leisten gezwungen worden, sie haben ihn zerbrochen und den Volksfeinden vor die Füße geschleudert. Aus Stützen der Gottbegnadeten sind sie zu kräftigen Vertheidigern des Volkes geworden, dem sie entstammen, dessen Schicksale, dessen Leiden und Freuden, dessen Freiheit oder Knechtschaft sie theilen, sobald der Soldatenrock ausgezogen ist. 109 Düsseldorf, 17. Mai. Hr. Chlebus scheint die Rolle eines Windischgrätz spielen zu wollen. Er hat verordnet, daß alle Privatwaffen heute zwischen 1 und 3 Uhr abgegeben werden. Nach Ablauf dieser Zeit sollen Haussuchungen gehalten werden; jeder, bei dem dann Waffen, welcher Art sie auch sein mögen, gefunden werden, wird vor ein Kriegsgericht gestellt. Unsers Wissens ist nur Windischgrätz in Wien so weit gegangen, die Privatwaffen in Beschlag zu nehmen. Die politischen Gefangenen müssen jetzt die ganze Wuth der Behörden tragen. Lassalle wird fast ganz isolirt gehalten. Selbst seinem Vertheidiger ist neuerdings eröffnet, daß er nicht mehr ohne Erlaubnißschein des Oberprokurators zu ihm gelassen wird. Uebrigens haben wir erfahren, daß der berühmte Staatsprokurator v. Ammon auch zu seiner Zeit nicht verschmäht hat, den jeune Saedt zu spielen. Vor einigen Jahren war ein Düsseldorfer Bürger wegen Mißhandlung im Gefängniß. Die Frau desselben (damals eine sehr hübsche Frau) hätte erreichen können, daß ihr alle möglichen Zugeständnisse in Bezug auf die Verbindung mit ihrem Manne gemacht würden. Sie vergaß jedoch "höflich" zu sein, und ihr Mann mußte die Folgen tragen -- er wurde nach diesem Vorfalle auf das brutalste mißhandelt. Man sieht daraus, daß die Behörden, wenn man ihnen nur in angemessener Weise entgegenkommt, doch nicht so "unmenschlich" sind. 103 Elberfeld, 17. Mai. Die tricolore Reichsemeute ist zu Ende, abgethan wie alle Erhebungen durch den Verrath der Bourgeois und die Feigheit einiger, sich überall vordringenden jüdischen Demokraten-Spekulanten, mögen Sie aus dem folgenden kläglichen Verkauf dieser "einzig schwarz-roth-goldenen" Barrikadenfarce urtheilen. Nachdem gestern Nachmittag der hiesige Sicherheits-Ausschuß in der Sitzung beschlossen hatte, daß sämmtliche Freikorps die Stadt verlassen sollten, und Dr. Höchster seine Entlassung genommen hatte, wurden am Abend schon Vorkehrungen getroffen, der Freischaren sich zu entledigen. Dieselben wurden auf eine schmähliche Weise betrogen. Sie erhielten nämlich durch den Kommandanten v. Mirbach, den Befehl, morgen früh um 2 Uhr sich zu versammeln, um als Vorposten auszurücken, damit sie zeitig genug von dem Herannahen des Militärs benachrichtigt würden. Jeder erhielt 50 scharfe Patronen und ein tägliches Traktament von 15 S. nebst Verpflegung, es wurde ihnen nebenbei angedeutet, daß sie in den ersten Tagen nicht mehr zurückkehren würden. Zugleich forderte man sie nochmals auf, auf die Reichs-Verfassung zu schwören, und stellte ihnen frei auszutreten; nur zwei verheirathete Elberfelder traten zurück. Gegen 10 1/2 Uhr wurde Generalmarsch geschlagen und hierdurch die ganze Stadt in Bestürzung versetzt, denn Jeder glaubte, das Militär sei am Anrücken. Die Corps folgten dem Rufe und blieben ohne Nachricht bis am Morgen unter den Waffen. Gegen 6 Uhr sollten sie ausrücken; bevor sie jedoch abzogen, wollten sie sich der Person des gefangenen v. d. Heyet bemächtigen, zwangen ihn jedoch später sich mit 6000 Thlr. loszukaufen, die diesem habgierigen, schmutzigen Schmuggel-Agenten nur unter Drohung der Erschießung abgezwungen wurden. Alle waren begeistert, den preußischen Schnapshorden entgegen zu ziehen, ahnten jedoch nicht, welch' perfider Verrath mit ihnen gespielt wurde. Die Bürgerwehr, welche von dem Plan unterrichtet war, blieb ebenfalls die ganze Nacht unter den Waffen, und hören Sie nur die Gemeinheit dieser Bourgeoishunde, welche noch vor einigen Tagen selbst diese Besatzung zusammenberufen, und zu ihrer Unterstützung aufgefordert hatten, die Bourgeois gaben Feuer auf einige 50 dieser Freischaren, welche am Ende der Stadt sich nicht schnell genug entfernten. Es fielen 18 Schüsse, ob aber Einer geblieben ist, kann ich nicht sagen. Widersetzung fand nicht statt, da die Uebermacht zu groß war. -- Die Uebrigen Freikorps, 1500 an der Zahl, sind ebenfalls der Reaktion in die Hände gespielt. Sie zogen mit dem guten Vorsatze dem Feinde entgegen, um bei seinem Herannahen sich allmälig auf die Stadt zurückziehen, und ihn so in dieselbe herein zu locken, indem sie alsdann hofften, daß Bürgerwehr und Schützen sie unterstützen würden; aber die feigen Krämer- und Beutelschneider-Hunde haben ihnen ein anderes Schicksal zugedacht: Im Fall sie vielleicht auf die Stadt zurückziehen und vom Militär verfolgt werden, soll ihnen die noble Besatzung Elberfelds, auf deren Aufforderung sie selbst hierher kamen, in den Rücken fallen, damit die betrogenen Narren des deutschen Reichsspuks, ja den Mordkanaillen des russischen Unterknäs in Potsdam nicht entgehen. Das sind die Früchte die Elberfeld durch seine schwarz-roth-goldene Emeute erndten will; die Bourgeois, welche allein durch ihren prämeditirten Verrath den Angriff der Soldaten abhielten, werden durch ihre Feigheit der Achtung des tapfern Hohenzoller gewiß sein. Nach dem Abzug der Freischaaren wurden sogleich die Barrikaden, zu deren Befestigung noch gestern hundert Mann gesucht wurden, weggeräumt, und heute Mittag 12 Uhr waren sämmtliche verschwunden, obschon deren über 100 gebaut waren. Die Stadt ist wieder für den kaufmännischen "Verkehr" der Diebe und Beutelschneider geöffnet. Der Kommandant der Bürgerwehr machte heute Morgen um 7 Uhr durch Anschlagzettel bekannt, daß die Bürgerwehr die Stadt in Besitz habe, und sämmtliche königl. Beamte sofort in ihre Funktionen eintreten möchten. Wie gezaubert sah man gleich Polizeisergeanten, welche man seit acht Tagen nicht mehr gesehen hatte, die Straßen entlang laufen und zum Wegräumen der Barrikaden kommandiren. Die Mitglieder des Sicherheits-Ausschusses sind theils schon geflüchtet. Von den Anführern der Landwehr vermißt man blos Kirberg. Bis jetzt, 3 Uhr Nachmittags, hat man noch keine Nachricht vom Anrücken des Militärs. Was die hiesige Deputation von Berlin gebracht hat, schwebt im Dunkeln, doch geht das Gerücht, daß der potsdamer Unterknäs von Amnestie der politischen Verbrecher nichts wissen, dagegen aber die treue Stadt Elberfeld mit Schonung behandeln wolle. Wenn die Revolution siegt, wird sie ebenfalls wissen, was sie mit dieser "treuen Stadt" anzufangen hat. X Berlin, 16. Mai. Die Entbindung des Ministeriums von einem, den jetzigen Zuständen angemessenen Wahlgesetz, scheint eine sehr schwere zu sein. Statt seines bringt der Staatsanzeiger uns täglich neue Geschenke, ohne welche das Gesetz nicht scheint ins Leben treten zu können. Heute erschien die Verkündigung des Standrechts, schon lange erwartet und doch höchst unerwartet. Man wird unwillkürlich an den Mythus erinnert, welcher erzählt, die Erzieherinnen des Zeus hätten furchtbaren Lärm machen lassen, damit Saturn das Geschrei seines Söhnleins nicht hören könne und nicht versucht werde, es zu verzehren. So scheinen auch Manteuffel, Brandenburg und Komp. furchtbaren Lärm mit Standrecht, Erschießen etc. zu machen, um das theure Wahlgesetz vor dem Appetit des Volkes zu retten. Jetzt, nachdem man sich gegen jeden frechen und unehrerbietigen Tadel der Raisonneurs hinlänglich gesichert hat, wird hoffentlich die Grundsteinlegung für das neue konstitutionelle Gebäude nicht lange auf sich warten lassen. Auch die gute Nationalzeitung ist dem grausen Geschick unterlegen. Wrangel hat keine Gnade geübt. Vergebens also lavirte sie sechs Monate hindurch, um sich ein trauriges Dasein zu fristen, vergebens überbot sie sich in dem seichtesten Doktrinismus, das Damoklesschwert ist dennoch herabgefallen. Die Speuersche Zeitung ist nun das Organ des Radikalismus und wer weiß, wie lange selbst dies gesinnungsvolle Blatt sich noch der schönen Gewohnheit des Daseins und Wirkens erfreuen wird, ob noch lange Zeit Atropos-Wrangel sie verschonen wird! Das Standrecht wurde heute früh verkündet. Es schien, daß selbst die Soldaten sich schämten, eine so schmachvolle Rolle zu spielen, denn schon am frühen Morgen zog eine Kompagnie durch die Straßen. An den Ecken traten 5 Mann aus dem Gliede und der Hauptmann verlas das Martialgesetz. In freier Rede setzte er hinzu, daß jetzt Jeder, der sich einem Abgeordneten der Obrigkeit, * Köln, 18. Mai. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 068 Köln, 18. Mai. „An mein Volk!“ Nicht an „Mein herrliches Kriegheer!“ Sind die Russen etwa geschlagen? Hat sich der Wind gedreht und dem „ungeschwächten“ Diener Rußlands, wie im März v. J. abermals die Militärmütze vom Kopf geworfen? Sind die belagerten „treuen Unterthanen“ wieder in vollem Aufstand? Als im Jahre 1813 der alte „Hochselige“ ebenfalls aus dem Vordringen der Kosacken den nöthigen Muth schöpfte, seine erbärmliche Feiglingsrolle, die blutigen Züchtigungen des revolutionären Kaiserthums abzuschütteln, da war es trotz Kosacken, Baschkiren und dem von Jena, von Magdeburg, von der Uebergabe Cüstrin's an 150 Franzosen bekannten „herrlichen Kriegsheer,“ erst die lügenhaften Versprechungen eines „Aufrufes an mein Volk,“ welche den Kreuzzug der heiligen Allianz gegen die Nachfolger der französischen Revolution zu Wege brachten. Und jetzt! Hat nicht der wiedererstarkte Hohenzoller durch den Einmarsch der Kosacken auf deutschen Boden den nöthigen Muth zum Aufgeben seiner nachmärzlichen Feiglingsvolle, zur Beseitigung des durch die Revolution „zwischen ihn und sein Volk geschobenen Stückes Papier“ erhalten? Hat nicht „Mein herrliches Kriegsheer“ in Dresden, Breslau, Posen, Berlin und am Rhein durch die tapfern Metzeleien Wehrloser, Weiber und Kinder, mit Shrapnell's und Höllenstein in würdiger Weise Rache an der Revolution genommen? Sind nicht durch die neuoktroyirte Standrechtscharte „auch außerdem Belagerungszustand“ die letzten Feigheits-Conzessionen vom März, Abschaffung der Censur, Associationsrecht, Volksbewaffnung, wieder aufgehoben? Nein, der Sohn des Helden von Jena und Magdeburg fühlt sich noch immer nicht sicher genug trotz Kosackenbündnissen, trotz Mord- und Standrechtsprivilegien an die losgelassene, „herrliche“ Soldaten-Meute. Die ungeschwächte Krone hat Furcht, sie appellirt „An mein Volk,“ sie „fühlt sich gedrängt,“ noch an das niedergetretene, belagerte, zusammenkartätschte „Volk“ einen Hülferuf um Unterstützung gegen „innere und äußere Feinde“ zu richten. „Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen. Deßhalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Ländern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen.“ „Das ist der Kern der königlichen Ansprache“, ruft die Polizeikloake Dumont, und die bezahlten Polizeiklakeure Dumont's haben in der That den richtigen „Kern“ gefunden. Die „äußern Feinde!“ Es ist die „Schreckenspartei“, die Partei des Schreckens für den tapfern Hohenzoller, welche in den „übrigen deutschen Ländern“ unser Einschreiten verlangt. Das Volk in den Rheinlanden, Schlesien, Sachsen wird gerufen, „im Namen der deutschen Einheit“ den revolutionären Bewegungen im deutschen Ausland, Baden, Baiern, Sachsen ein Ende zu machen! Und zu diesem Zweck werden die Lockspeisen der hohenzoller'schen Volksbeglückung von 1813 wiederholt, es wird das erprobte „königliche Wort“ wieder verpfändet, dem „Volk“ eine kastrirte Anerkennung der Frankfurter Verfassung verheißen, und der „Schutz des Rechts und der Freiheit“ gegen die „Gottlosigkeit“ verheißen. „Ich und Mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Ist die erprobte Verpfändung eines „hohenzoller'schen Königswortes“ nicht einen Kreuzzug gegen die „Partei des Schreckens für die vielversprechende Krone“ werth? Der starke kaiserlich-russische Unterknäs hat die preußischen Abgeordneten nur deshalb aus Frankfurt abberufen, um sich jetzt nach seiner Märzverheißung „an die Spitze Deutschland's“ zu stellen. Die Vereinbarungsversammlung und oktroyirte Kammer sind nur deßhalb auseinandergejagt, das „Stück Papier“ nur deßhalb durch die Standrechtsverfassung und Militärmordhöfe ersetzt, um dem Volk den „Schutz des Rechts und der Freiheit“ zu garantiren! Und die Preßfreiheit wird unterdrückt, die Presse in Erfurt unter Censur gestellt, die Zeitungen in ganz Posen, in Breslau, in schlesischen Provinzialstädten, in Berlin selbst die Nationalzeitung direkt verboten, in Düsseldorf de jure die Censur wieder eingeführt, de facto die Presse gänzlich beseitigt (Düsseldorfer Blätter, N. Rh. Z. u. s. w.), und den „freien“ Unterthanen endlich allein die schmutzigen Polizei-Cloaken der Köln. Ztg. und des Berliner Galgenblättchens oktroyirt, Alles, um auch nicht den letzten Zweifel an dem Werth des „königlichen Wortes“ aufkommen zu lassen! Und das Wort des Hohenzollern ist in der That werth, daß das Volk zur Stärkung des königlichen Muthes die Uniform anzieht, um nach dem Landwehrgesetz seinen zurückbleibenden Weibern „zum Schutz gegen Bettelei“ monatlich Einen Thaler königlicher Gnadengelder zu verschaffen. 068 Köln, 17. Mai. Die heute aus Deutschland eingehenden Nachrichten sind erfreulich. In Sachsen kurirt das gottbegnadete Preußenthum durch immer weitere Besetzung von Städten und Dörfern die Bewohner von ihrem bisherigen Bierphlegma. Die östreichischen Standrechtsbestien sekundiren dem belagerungswollüstigen Hohenzollern nach besten Kräften. Prag wurde, wie bekannt, am 10. Mai ohne andere Veranlassung als die, welche der neuesten preußischen Verfassung zum Grunde liegt, in Belagerungszustand erklärt. Jetzt hat die Festung Theresienstadt das nämliche Schicksal getroffen. Nach Briefen aus Leipzig sind auch Olmütz und Brünn den belagerungsbegnadeten Städten beigestellt. In Elberfeld ist die ganze Niederträchtigkeit, die sich einige Tage latent verhalten mußte, vollständig entbunden worden. Die Freikorps, die Arbeiter, sind verrathen und verkauft worden, wie es von diesen Bourgeois zu erwarten stand. Hätten die bewaffneten Arbeiter gleich von vornherein das Beispiel der preußischen Regierung befolgt, Elberfeld in Belagerungszustand erklärt und diesen zur vollständigen Niederhaltung einer schaamlos-feigen aber noch mehr perfiden Bourgeoisie benutzt: so wären sie die Sieger, statt daß sie jetzt als die Geprellten dastehen. Gestern früh um 4 Uhr zog Mirbach von Elberfeld mit 2 Kolonnen aus, von denen die eine ihren Weg nach Solingen, die andre nach Siegen hin nahm. Die Elberfelder Bourgeois hatten auf alle Dörfer in jenen beiden Richtungen Emissäre ausgesandt und den Bauern vorschwatzen lassen, daß ein plünderungssüchtiges Gesindel im Anrücken sei, daß, wenn sie nicht kräftige Anstalten zur Abwehr träfen, den Bauern wahrscheinlich Haus und Hof über dem Kopf angezündet oder mindestens alles Hab' und Gut geraubt werden würde. Durch diese Manöver gelang es, daß die Bauern in Lüttringhausen den Mirbach und Hühnerbein gefangen nahmen, abscheulich mißhandelten und den Bourgeois in Elberfeld zur weitern gütigen Spedition an die hohenzollern'schen Mord- und Gräuel-Knechte überlieferten. Iserlohn soll nach mehrstündigem Kampfe sich an die Preußen ergeben haben. Dagegen ist der Südwesten Deutschlands bereits zu einer Pille geworden, die von den Gottbegnadeten nicht so leicht verdaut werden wird. Die badischen, pfälzischen und ein Theil der bairischen Soldaten werden in der deutschen Geschichte des Jahres 1849 den ehrenvollsten Platz einnehmen. Sie sind zuerst mit einem großartigen Beispiel vorangegangen; sie haben die Disziplin, in deren Namen man sie bisher mißhandelte, zum Teufel geschickt; den Eidschwur, den sie gekrönten Gaunern gegenüber zu leisten gezwungen worden, sie haben ihn zerbrochen und den Volksfeinden vor die Füße geschleudert. Aus Stützen der Gottbegnadeten sind sie zu kräftigen Vertheidigern des Volkes geworden, dem sie entstammen, dessen Schicksale, dessen Leiden und Freuden, dessen Freiheit oder Knechtschaft sie theilen, sobald der Soldatenrock ausgezogen ist. 109 Düsseldorf, 17. Mai. Hr. Chlebus scheint die Rolle eines Windischgrätz spielen zu wollen. Er hat verordnet, daß alle Privatwaffen heute zwischen 1 und 3 Uhr abgegeben werden. Nach Ablauf dieser Zeit sollen Haussuchungen gehalten werden; jeder, bei dem dann Waffen, welcher Art sie auch sein mögen, gefunden werden, wird vor ein Kriegsgericht gestellt. Unsers Wissens ist nur Windischgrätz in Wien so weit gegangen, die Privatwaffen in Beschlag zu nehmen. Die politischen Gefangenen müssen jetzt die ganze Wuth der Behörden tragen. Lassalle wird fast ganz isolirt gehalten. Selbst seinem Vertheidiger ist neuerdings eröffnet, daß er nicht mehr ohne Erlaubnißschein des Oberprokurators zu ihm gelassen wird. Uebrigens haben wir erfahren, daß der berühmte Staatsprokurator v. Ammon auch zu seiner Zeit nicht verschmäht hat, den jeune Saedt zu spielen. Vor einigen Jahren war ein Düsseldorfer Bürger wegen Mißhandlung im Gefängniß. Die Frau desselben (damals eine sehr hübsche Frau) hätte erreichen können, daß ihr alle möglichen Zugeständnisse in Bezug auf die Verbindung mit ihrem Manne gemacht würden. Sie vergaß jedoch „höflich“ zu sein, und ihr Mann mußte die Folgen tragen — er wurde nach diesem Vorfalle auf das brutalste mißhandelt. Man sieht daraus, daß die Behörden, wenn man ihnen nur in angemessener Weise entgegenkommt, doch nicht so „unmenschlich“ sind. 103 Elberfeld, 17. Mai. Die tricolore Reichsemeute ist zu Ende, abgethan wie alle Erhebungen durch den Verrath der Bourgeois und die Feigheit einiger, sich überall vordringenden jüdischen Demokraten-Spekulanten, mögen Sie aus dem folgenden kläglichen Verkauf dieser „einzig schwarz-roth-goldenen“ Barrikadenfarce urtheilen. Nachdem gestern Nachmittag der hiesige Sicherheits-Ausschuß in der Sitzung beschlossen hatte, daß sämmtliche Freikorps die Stadt verlassen sollten, und Dr. Höchster seine Entlassung genommen hatte, wurden am Abend schon Vorkehrungen getroffen, der Freischaren sich zu entledigen. Dieselben wurden auf eine schmähliche Weise betrogen. Sie erhielten nämlich durch den Kommandanten v. Mirbach, den Befehl, morgen früh um 2 Uhr sich zu versammeln, um als Vorposten auszurücken, damit sie zeitig genug von dem Herannahen des Militärs benachrichtigt würden. Jeder erhielt 50 scharfe Patronen und ein tägliches Traktament von 15 S. nebst Verpflegung, es wurde ihnen nebenbei angedeutet, daß sie in den ersten Tagen nicht mehr zurückkehren würden. Zugleich forderte man sie nochmals auf, auf die Reichs-Verfassung zu schwören, und stellte ihnen frei auszutreten; nur zwei verheirathete Elberfelder traten zurück. Gegen 10 1/2 Uhr wurde Generalmarsch geschlagen und hierdurch die ganze Stadt in Bestürzung versetzt, denn Jeder glaubte, das Militär sei am Anrücken. Die Corps folgten dem Rufe und blieben ohne Nachricht bis am Morgen unter den Waffen. Gegen 6 Uhr sollten sie ausrücken; bevor sie jedoch abzogen, wollten sie sich der Person des gefangenen v. d. Heyet bemächtigen, zwangen ihn jedoch später sich mit 6000 Thlr. loszukaufen, die diesem habgierigen, schmutzigen Schmuggel-Agenten nur unter Drohung der Erschießung abgezwungen wurden. Alle waren begeistert, den preußischen Schnapshorden entgegen zu ziehen, ahnten jedoch nicht, welch' perfider Verrath mit ihnen gespielt wurde. Die Bürgerwehr, welche von dem Plan unterrichtet war, blieb ebenfalls die ganze Nacht unter den Waffen, und hören Sie nur die Gemeinheit dieser Bourgeoishunde, welche noch vor einigen Tagen selbst diese Besatzung zusammenberufen, und zu ihrer Unterstützung aufgefordert hatten, die Bourgeois gaben Feuer auf einige 50 dieser Freischaren, welche am Ende der Stadt sich nicht schnell genug entfernten. Es fielen 18 Schüsse, ob aber Einer geblieben ist, kann ich nicht sagen. Widersetzung fand nicht statt, da die Uebermacht zu groß war. — Die Uebrigen Freikorps, 1500 an der Zahl, sind ebenfalls der Reaktion in die Hände gespielt. Sie zogen mit dem guten Vorsatze dem Feinde entgegen, um bei seinem Herannahen sich allmälig auf die Stadt zurückziehen, und ihn so in dieselbe herein zu locken, indem sie alsdann hofften, daß Bürgerwehr und Schützen sie unterstützen würden; aber die feigen Krämer- und Beutelschneider-Hunde haben ihnen ein anderes Schicksal zugedacht: Im Fall sie vielleicht auf die Stadt zurückziehen und vom Militär verfolgt werden, soll ihnen die noble Besatzung Elberfelds, auf deren Aufforderung sie selbst hierher kamen, in den Rücken fallen, damit die betrogenen Narren des deutschen Reichsspuks, ja den Mordkanaillen des russischen Unterknäs in Potsdam nicht entgehen. Das sind die Früchte die Elberfeld durch seine schwarz-roth-goldene Emeute erndten will; die Bourgeois, welche allein durch ihren prämeditirten Verrath den Angriff der Soldaten abhielten, werden durch ihre Feigheit der Achtung des tapfern Hohenzoller gewiß sein. Nach dem Abzug der Freischaaren wurden sogleich die Barrikaden, zu deren Befestigung noch gestern hundert Mann gesucht wurden, weggeräumt, und heute Mittag 12 Uhr waren sämmtliche verschwunden, obschon deren über 100 gebaut waren. Die Stadt ist wieder für den kaufmännischen „Verkehr“ der Diebe und Beutelschneider geöffnet. Der Kommandant der Bürgerwehr machte heute Morgen um 7 Uhr durch Anschlagzettel bekannt, daß die Bürgerwehr die Stadt in Besitz habe, und sämmtliche königl. Beamte sofort in ihre Funktionen eintreten möchten. Wie gezaubert sah man gleich Polizeisergeanten, welche man seit acht Tagen nicht mehr gesehen hatte, die Straßen entlang laufen und zum Wegräumen der Barrikaden kommandiren. Die Mitglieder des Sicherheits-Ausschusses sind theils schon geflüchtet. Von den Anführern der Landwehr vermißt man blos Kirberg. Bis jetzt, 3 Uhr Nachmittags, hat man noch keine Nachricht vom Anrücken des Militärs. Was die hiesige Deputation von Berlin gebracht hat, schwebt im Dunkeln, doch geht das Gerücht, daß der potsdamer Unterknäs von Amnestie der politischen Verbrecher nichts wissen, dagegen aber die treue Stadt Elberfeld mit Schonung behandeln wolle. Wenn die Revolution siegt, wird sie ebenfalls wissen, was sie mit dieser „treuen Stadt“ anzufangen hat. X Berlin, 16. Mai. Die Entbindung des Ministeriums von einem, den jetzigen Zuständen angemessenen Wahlgesetz, scheint eine sehr schwere zu sein. Statt seines bringt der Staatsanzeiger uns täglich neue Geschenke, ohne welche das Gesetz nicht scheint ins Leben treten zu können. Heute erschien die Verkündigung des Standrechts, schon lange erwartet und doch höchst unerwartet. Man wird unwillkürlich an den Mythus erinnert, welcher erzählt, die Erzieherinnen des Zeus hätten furchtbaren Lärm machen lassen, damit Saturn das Geschrei seines Söhnleins nicht hören könne und nicht versucht werde, es zu verzehren. So scheinen auch Manteuffel, Brandenburg und Komp. furchtbaren Lärm mit Standrecht, Erschießen etc. zu machen, um das theure Wahlgesetz vor dem Appetit des Volkes zu retten. Jetzt, nachdem man sich gegen jeden frechen und unehrerbietigen Tadel der Raisonneurs hinlänglich gesichert hat, wird hoffentlich die Grundsteinlegung für das neue konstitutionelle Gebäude nicht lange auf sich warten lassen. Auch die gute Nationalzeitung ist dem grausen Geschick unterlegen. Wrangel hat keine Gnade geübt. Vergebens also lavirte sie sechs Monate hindurch, um sich ein trauriges Dasein zu fristen, vergebens überbot sie sich in dem seichtesten Doktrinismus, das Damoklesschwert ist dennoch herabgefallen. Die Speuersche Zeitung ist nun das Organ des Radikalismus und wer weiß, wie lange selbst dies gesinnungsvolle Blatt sich noch der schönen Gewohnheit des Daseins und Wirkens erfreuen wird, ob noch lange Zeit Atropos-Wrangel sie verschonen wird! Das Standrecht wurde heute früh verkündet. Es schien, daß selbst die Soldaten sich schämten, eine so schmachvolle Rolle zu spielen, denn schon am frühen Morgen zog eine Kompagnie durch die Straßen. An den Ecken traten 5 Mann aus dem Gliede und der Hauptmann verlas das Martialgesetz. In freier Rede setzte er hinzu, daß jetzt Jeder, der sich einem Abgeordneten der Obrigkeit, <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0003" n="1715"/> <div xml:id="ar301_004_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Der Revolutionskrieg in Ungarn, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9. </bibl> </note> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 18. Mai.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar301_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Köln, 18. Mai.</head> <p>„An mein Volk!“ Nicht an „Mein herrliches Kriegheer!“ Sind die Russen etwa geschlagen? Hat sich der Wind gedreht und dem „ungeschwächten“ Diener Rußlands, wie im März v. 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Hat nicht der wiedererstarkte Hohenzoller durch den Einmarsch der Kosacken auf deutschen Boden den nöthigen Muth zum Aufgeben seiner nachmärzlichen Feiglingsvolle, zur Beseitigung des durch die Revolution „zwischen ihn und sein Volk geschobenen Stückes Papier“ erhalten? Hat nicht „Mein herrliches Kriegsheer“ in Dresden, Breslau, Posen, Berlin und am Rhein durch die tapfern Metzeleien Wehrloser, Weiber und Kinder, mit Shrapnell's und Höllenstein in würdiger Weise Rache an der Revolution genommen?</p> <p>Sind nicht durch die neuoktroyirte Standrechtscharte „<hi rendition="#g">auch außerdem Belagerungszustand</hi>“ die letzten Feigheits-Conzessionen vom März, Abschaffung der Censur, Associationsrecht, Volksbewaffnung, wieder aufgehoben?</p> <p>Nein, der Sohn des Helden von Jena und Magdeburg fühlt sich noch immer nicht sicher genug trotz Kosackenbündnissen, trotz Mord- und Standrechtsprivilegien an die losgelassene, „herrliche“ Soldaten-Meute. <hi rendition="#g">Die ungeschwächte Krone hat Furcht</hi>, sie appellirt „An mein Volk,“ sie „fühlt sich gedrängt,“ noch an das niedergetretene, belagerte, zusammenkartätschte „<hi rendition="#g">Volk</hi>“ einen Hülferuf um Unterstützung gegen „innere und äußere Feinde“ zu richten.</p> <p>„Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen. Deßhalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Ländern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen.“</p> <p>„Das ist der Kern der königlichen Ansprache“, ruft die Polizeikloake Dumont, und die bezahlten Polizeiklakeure Dumont's haben in der That den richtigen „Kern“ gefunden.</p> <p>Die „äußern Feinde!“ Es ist die „Schreckenspartei“, die Partei des Schreckens für den tapfern Hohenzoller, welche in den „<hi rendition="#g">übrigen</hi> <hi rendition="#b">deutschen</hi> <hi rendition="#g">Ländern</hi>“ unser Einschreiten verlangt. Das Volk in den Rheinlanden, Schlesien, Sachsen wird gerufen, „im Namen der deutschen <hi rendition="#g">Einheit</hi>“ den revolutionären Bewegungen im <hi rendition="#g">deutschen</hi> Ausland, Baden, Baiern, Sachsen ein Ende zu machen! Und zu diesem Zweck werden die Lockspeisen der hohenzoller'schen Volksbeglückung von 1813 wiederholt, es wird das erprobte „königliche Wort“ wieder verpfändet, dem „Volk“ eine kastrirte Anerkennung der Frankfurter Verfassung verheißen, und der „Schutz des Rechts und der Freiheit“ gegen die „Gottlosigkeit“ verheißen. „Ich und Mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Ist die erprobte Verpfändung eines „hohenzoller'schen Königswortes“ nicht einen Kreuzzug gegen die „Partei des Schreckens für die vielversprechende Krone“ werth?</p> <p>Der starke kaiserlich-russische Unterknäs hat die preußischen Abgeordneten nur deshalb aus Frankfurt abberufen, um sich jetzt nach seiner Märzverheißung „an die Spitze Deutschland's“ zu stellen. Die Vereinbarungsversammlung und oktroyirte Kammer sind nur deßhalb auseinandergejagt, das „Stück Papier“ nur deßhalb durch die Standrechtsverfassung und Militärmordhöfe ersetzt, um dem Volk den „Schutz des Rechts und der Freiheit“ zu garantiren!</p> <p>Und die Preßfreiheit wird unterdrückt, die Presse in Erfurt unter <hi rendition="#g">Censur</hi> gestellt, die Zeitungen in ganz Posen, in Breslau, in schlesischen Provinzialstädten, in Berlin selbst die Nationalzeitung direkt verboten, in Düsseldorf de jure die Censur wieder eingeführt, de facto die Presse gänzlich beseitigt (Düsseldorfer Blätter, N. Rh. Z. u. s. w.), und den „freien“ Unterthanen endlich allein die schmutzigen Polizei-Cloaken der Köln. Ztg. und des Berliner Galgenblättchens oktroyirt, Alles, um auch nicht den letzten Zweifel an dem Werth des „königlichen Wortes“ aufkommen zu lassen!</p> <p>Und das Wort des Hohenzollern ist in der That werth, daß das Volk zur Stärkung des königlichen Muthes die Uniform anzieht, um nach dem Landwehrgesetz seinen zurückbleibenden Weibern „zum Schutz gegen Bettelei“ monatlich Einen Thaler königlicher Gnadengelder zu verschaffen.</p> </div> <div xml:id="ar301_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Köln, 17. Mai.</head> <p>Die heute aus Deutschland eingehenden Nachrichten sind erfreulich.</p> <p>In Sachsen kurirt das gottbegnadete Preußenthum durch immer weitere Besetzung von Städten und Dörfern die Bewohner von ihrem bisherigen Bierphlegma.</p> <p>Die östreichischen Standrechtsbestien sekundiren dem belagerungswollüstigen Hohenzollern nach besten Kräften. <hi rendition="#g">Prag</hi> wurde, wie bekannt, am 10. Mai ohne andere Veranlassung als die, welche der neuesten preußischen Verfassung zum Grunde liegt, in Belagerungszustand erklärt. Jetzt hat die Festung <hi rendition="#g">Theresienstadt</hi> das nämliche Schicksal getroffen. Nach Briefen aus Leipzig sind auch <hi rendition="#g">Olmütz</hi> und <hi rendition="#g">Brünn</hi> den belagerungsbegnadeten Städten beigestellt.</p> <p>In <hi rendition="#g">Elberfeld</hi> ist die ganze Niederträchtigkeit, die sich einige Tage latent verhalten mußte, vollständig entbunden worden. Die Freikorps, die Arbeiter, sind verrathen und verkauft worden, wie es von diesen Bourgeois zu erwarten stand.</p> <p>Hätten die bewaffneten Arbeiter gleich von vornherein das Beispiel der preußischen Regierung befolgt, Elberfeld in Belagerungszustand erklärt und diesen zur vollständigen Niederhaltung einer schaamlos-feigen aber noch mehr perfiden Bourgeoisie benutzt: so wären sie die Sieger, statt daß sie jetzt als die Geprellten dastehen. Gestern früh um 4 Uhr zog <hi rendition="#g">Mirbach</hi> von Elberfeld mit 2 Kolonnen aus, von denen die eine ihren Weg nach Solingen, die andre nach Siegen hin nahm. Die Elberfelder Bourgeois hatten auf alle Dörfer in jenen beiden Richtungen Emissäre ausgesandt und den Bauern vorschwatzen lassen, daß ein plünderungssüchtiges Gesindel im Anrücken sei, daß, wenn sie nicht kräftige Anstalten zur Abwehr träfen, den Bauern wahrscheinlich Haus und Hof über dem Kopf angezündet oder mindestens alles Hab' und Gut geraubt werden würde.</p> <p>Durch diese Manöver gelang es, daß die Bauern in <hi rendition="#g">Lüttringhausen</hi> den <hi rendition="#g">Mirbach</hi> und <hi rendition="#g">Hühnerbein</hi> gefangen nahmen, abscheulich mißhandelten und den Bourgeois in Elberfeld zur weitern gütigen Spedition an die hohenzollern'schen Mord- und Gräuel-Knechte überlieferten.</p> <p><hi rendition="#g">Iserlohn</hi> soll nach mehrstündigem Kampfe sich an die Preußen ergeben haben.</p> <p>Dagegen ist der Südwesten Deutschlands bereits zu einer Pille geworden, die von den Gottbegnadeten nicht so leicht verdaut werden wird. Die badischen, pfälzischen und ein Theil der bairischen Soldaten werden in der deutschen Geschichte des Jahres 1849 den ehrenvollsten Platz einnehmen. Sie sind zuerst mit einem großartigen Beispiel vorangegangen; sie haben die Disziplin, in deren Namen man sie bisher mißhandelte, zum Teufel geschickt; den Eidschwur, den sie gekrönten Gaunern gegenüber zu leisten gezwungen worden, sie haben ihn zerbrochen und den Volksfeinden vor die Füße geschleudert. Aus Stützen der Gottbegnadeten sind sie zu kräftigen Vertheidigern des Volkes geworden, dem sie entstammen, dessen Schicksale, dessen Leiden und Freuden, dessen Freiheit oder Knechtschaft sie theilen, sobald der Soldatenrock ausgezogen ist.</p> </div> <div xml:id="ar301_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>109</author></bibl> Düsseldorf, 17. Mai.</head> <p>Hr. Chlebus scheint die Rolle eines Windischgrätz spielen zu wollen. Er hat verordnet, daß <hi rendition="#g">alle Privatwaffen</hi> heute zwischen 1 und 3 Uhr abgegeben werden. Nach Ablauf dieser Zeit sollen Haussuchungen gehalten werden; jeder, bei dem dann Waffen, welcher Art sie auch sein mögen, gefunden werden, wird <hi rendition="#g">vor ein Kriegsgericht gestellt</hi>. Unsers Wissens ist nur Windischgrätz in Wien so weit gegangen, die Privatwaffen in Beschlag zu nehmen.</p> <p>Die politischen Gefangenen müssen jetzt die ganze Wuth der Behörden tragen. <hi rendition="#g">Lassalle</hi> wird fast ganz isolirt gehalten. Selbst seinem Vertheidiger ist neuerdings eröffnet, daß er nicht mehr ohne Erlaubnißschein des Oberprokurators zu ihm gelassen wird. Uebrigens haben wir erfahren, daß der berühmte Staatsprokurator v. Ammon auch zu seiner Zeit nicht verschmäht hat, den jeune Saedt zu spielen. Vor einigen Jahren war ein Düsseldorfer Bürger wegen Mißhandlung im Gefängniß. Die Frau desselben (damals eine <hi rendition="#g">sehr hübsche Frau) hätte</hi> erreichen <hi rendition="#g">können</hi>, daß ihr alle möglichen Zugeständnisse in Bezug auf die Verbindung mit ihrem Manne gemacht würden. Sie vergaß jedoch „höflich“ zu sein, und ihr Mann mußte die Folgen tragen — er wurde nach diesem Vorfalle auf das brutalste mißhandelt. Man sieht daraus, daß die Behörden, wenn man ihnen nur in angemessener Weise entgegenkommt, doch nicht so „unmenschlich“ sind.</p> </div> <div xml:id="ar301_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Elberfeld, 17. Mai.</head> <p>Die tricolore Reichsemeute ist zu Ende, abgethan wie alle Erhebungen durch den Verrath der Bourgeois und die Feigheit einiger, sich überall vordringenden jüdischen Demokraten-Spekulanten, mögen Sie aus dem folgenden kläglichen Verkauf dieser „einzig schwarz-roth-goldenen“ Barrikadenfarce urtheilen.</p> <p>Nachdem gestern Nachmittag der hiesige Sicherheits-Ausschuß in der Sitzung beschlossen hatte, daß sämmtliche Freikorps die Stadt verlassen sollten, und Dr. Höchster seine Entlassung genommen hatte, wurden am Abend schon Vorkehrungen getroffen, der Freischaren sich zu entledigen. Dieselben wurden auf eine <hi rendition="#g">schmähliche</hi> Weise betrogen. Sie erhielten nämlich durch den Kommandanten v. Mirbach, den Befehl, morgen früh um 2 Uhr sich zu versammeln, um als Vorposten auszurücken, damit sie zeitig genug von dem Herannahen des Militärs benachrichtigt würden. Jeder erhielt 50 scharfe Patronen und ein tägliches Traktament von 15 S. nebst Verpflegung, es wurde ihnen nebenbei angedeutet, daß sie in den ersten Tagen nicht mehr zurückkehren würden. Zugleich forderte man sie nochmals auf, auf die <hi rendition="#g">Reichs-Verfassung</hi> zu schwören, und stellte ihnen frei auszutreten; nur zwei verheirathete Elberfelder traten zurück. Gegen 10 1/2 Uhr wurde Generalmarsch geschlagen und hierdurch die ganze Stadt in Bestürzung versetzt, denn Jeder glaubte, das Militär sei am Anrücken. Die Corps folgten dem Rufe und blieben ohne Nachricht bis am Morgen unter den Waffen. Gegen 6 Uhr sollten sie ausrücken; bevor sie jedoch abzogen, wollten sie sich der Person des gefangenen v. d. Heyet bemächtigen, zwangen ihn jedoch später sich mit 6000 Thlr. loszukaufen, die diesem habgierigen, schmutzigen Schmuggel-Agenten nur unter Drohung der Erschießung abgezwungen wurden.</p> <p>Alle waren begeistert, den preußischen Schnapshorden entgegen zu ziehen, ahnten jedoch nicht, welch' perfider Verrath mit ihnen gespielt wurde.</p> <p>Die Bürgerwehr, welche von dem Plan unterrichtet war, blieb ebenfalls die ganze Nacht unter den Waffen, und hören Sie nur die Gemeinheit dieser Bourgeoishunde, welche noch vor einigen Tagen selbst diese Besatzung zusammenberufen, und zu ihrer Unterstützung aufgefordert hatten, <hi rendition="#g">die Bourgeois gaben Feuer auf einige 50 dieser Freischaren</hi>, welche am Ende der Stadt sich nicht schnell genug entfernten. Es fielen 18 Schüsse, ob aber Einer geblieben ist, kann ich nicht sagen. Widersetzung fand nicht statt, da die Uebermacht zu groß war. — Die Uebrigen Freikorps, 1500 an der Zahl, sind ebenfalls der Reaktion in die Hände gespielt. Sie zogen mit dem guten Vorsatze dem Feinde entgegen, um bei seinem Herannahen sich allmälig auf die Stadt zurückziehen, und ihn so in dieselbe herein zu locken, indem sie alsdann hofften, daß Bürgerwehr und Schützen sie unterstützen würden; aber die feigen Krämer- und Beutelschneider-Hunde haben ihnen ein anderes Schicksal zugedacht: Im Fall sie vielleicht auf die Stadt zurückziehen und vom Militär verfolgt werden, soll <hi rendition="#g">ihnen die noble Besatzung Elberfelds</hi>, auf deren Aufforderung sie selbst hierher kamen, in den Rücken fallen, damit die betrogenen Narren des deutschen Reichsspuks, ja den Mordkanaillen des russischen Unterknäs in Potsdam nicht entgehen.</p> <p>Das sind die Früchte die Elberfeld durch seine schwarz-roth-goldene Emeute erndten will; die Bourgeois, welche allein durch ihren prämeditirten Verrath den Angriff der Soldaten abhielten, werden durch ihre Feigheit der Achtung des tapfern Hohenzoller gewiß sein.</p> <p>Nach dem Abzug der Freischaaren wurden sogleich die Barrikaden, zu deren Befestigung noch gestern hundert Mann gesucht wurden, weggeräumt, und heute Mittag 12 Uhr waren sämmtliche verschwunden, obschon deren über 100 gebaut waren. Die Stadt ist wieder für den kaufmännischen „Verkehr“ der Diebe und Beutelschneider geöffnet.</p> <p>Der Kommandant der Bürgerwehr machte heute Morgen um 7 Uhr durch Anschlagzettel bekannt, daß die Bürgerwehr die Stadt in Besitz habe, und sämmtliche königl. Beamte sofort in ihre Funktionen eintreten möchten. Wie gezaubert sah man gleich Polizeisergeanten, welche man seit acht Tagen nicht mehr gesehen hatte, die Straßen entlang laufen und zum Wegräumen der Barrikaden kommandiren.</p> <p>Die Mitglieder des Sicherheits-Ausschusses sind theils schon geflüchtet. Von den Anführern der Landwehr vermißt man blos Kirberg.</p> <p>Bis jetzt, 3 Uhr Nachmittags, hat man noch keine Nachricht vom Anrücken des Militärs.</p> <p>Was die hiesige Deputation von Berlin gebracht hat, schwebt im Dunkeln, doch geht das Gerücht, daß der potsdamer Unterknäs von Amnestie der politischen Verbrecher nichts wissen, dagegen aber die treue Stadt Elberfeld <hi rendition="#g">mit Schonung</hi> behandeln wolle.</p> <p>Wenn die Revolution siegt, wird sie ebenfalls wissen, was sie mit dieser „treuen Stadt“ anzufangen hat.</p> </div> <div xml:id="ar301_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 16. Mai.</head> <p>Die Entbindung des Ministeriums von einem, den jetzigen Zuständen angemessenen Wahlgesetz, scheint eine sehr schwere zu sein. Statt seines bringt der Staatsanzeiger uns täglich neue Geschenke, ohne welche das Gesetz nicht scheint ins Leben treten zu können. Heute erschien die Verkündigung des Standrechts, schon lange erwartet und doch höchst unerwartet. Man wird unwillkürlich an den Mythus erinnert, welcher erzählt, die Erzieherinnen des Zeus hätten furchtbaren Lärm machen lassen, damit Saturn das Geschrei seines Söhnleins nicht hören könne und nicht versucht werde, es zu verzehren. So scheinen auch Manteuffel, Brandenburg und Komp. furchtbaren Lärm mit Standrecht, Erschießen etc. zu machen, um das theure Wahlgesetz vor dem Appetit des Volkes zu retten. Jetzt, nachdem man sich gegen jeden frechen und unehrerbietigen Tadel der Raisonneurs hinlänglich gesichert hat, wird hoffentlich die Grundsteinlegung für das neue konstitutionelle Gebäude nicht lange auf sich warten lassen.</p> <p>Auch die gute Nationalzeitung ist dem grausen Geschick unterlegen. Wrangel hat keine Gnade geübt. Vergebens also lavirte sie sechs Monate hindurch, um sich ein trauriges Dasein zu fristen, vergebens überbot sie sich in dem seichtesten Doktrinismus, das Damoklesschwert ist dennoch herabgefallen. Die Speuersche Zeitung ist nun das Organ des Radikalismus und wer weiß, wie lange selbst dies gesinnungsvolle Blatt sich noch der schönen Gewohnheit des Daseins und Wirkens erfreuen wird, ob noch lange Zeit Atropos-Wrangel sie verschonen wird!</p> <p>Das Standrecht wurde heute früh verkündet. Es schien, daß selbst die Soldaten sich schämten, eine so schmachvolle Rolle zu spielen, denn schon am frühen Morgen zog eine Kompagnie durch die Straßen. An den Ecken traten 5 Mann aus dem Gliede und der Hauptmann verlas das Martialgesetz. In freier Rede setzte er hinzu, daß jetzt Jeder, der sich einem Abgeordneten der Obrigkeit, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1715/0003]
* Köln, 18. Mai. _ 068 Köln, 18. Mai. „An mein Volk!“ Nicht an „Mein herrliches Kriegheer!“ Sind die Russen etwa geschlagen? Hat sich der Wind gedreht und dem „ungeschwächten“ Diener Rußlands, wie im März v. J. abermals die Militärmütze vom Kopf geworfen? Sind die belagerten „treuen Unterthanen“ wieder in vollem Aufstand?
Als im Jahre 1813 der alte „Hochselige“ ebenfalls aus dem Vordringen der Kosacken den nöthigen Muth schöpfte, seine erbärmliche Feiglingsrolle, die blutigen Züchtigungen des revolutionären Kaiserthums abzuschütteln, da war es trotz Kosacken, Baschkiren und dem von Jena, von Magdeburg, von der Uebergabe Cüstrin's an 150 Franzosen bekannten „herrlichen Kriegsheer,“ erst die lügenhaften Versprechungen eines „Aufrufes an mein Volk,“ welche den Kreuzzug der heiligen Allianz gegen die Nachfolger der französischen Revolution zu Wege brachten. Und jetzt! Hat nicht der wiedererstarkte Hohenzoller durch den Einmarsch der Kosacken auf deutschen Boden den nöthigen Muth zum Aufgeben seiner nachmärzlichen Feiglingsvolle, zur Beseitigung des durch die Revolution „zwischen ihn und sein Volk geschobenen Stückes Papier“ erhalten? Hat nicht „Mein herrliches Kriegsheer“ in Dresden, Breslau, Posen, Berlin und am Rhein durch die tapfern Metzeleien Wehrloser, Weiber und Kinder, mit Shrapnell's und Höllenstein in würdiger Weise Rache an der Revolution genommen?
Sind nicht durch die neuoktroyirte Standrechtscharte „auch außerdem Belagerungszustand“ die letzten Feigheits-Conzessionen vom März, Abschaffung der Censur, Associationsrecht, Volksbewaffnung, wieder aufgehoben?
Nein, der Sohn des Helden von Jena und Magdeburg fühlt sich noch immer nicht sicher genug trotz Kosackenbündnissen, trotz Mord- und Standrechtsprivilegien an die losgelassene, „herrliche“ Soldaten-Meute. Die ungeschwächte Krone hat Furcht, sie appellirt „An mein Volk,“ sie „fühlt sich gedrängt,“ noch an das niedergetretene, belagerte, zusammenkartätschte „Volk“ einen Hülferuf um Unterstützung gegen „innere und äußere Feinde“ zu richten.
„Preußen ist dazu berufen, in so schwerer Zeit Deutschland gegen innere und äußere Feinde zu schirmen. Deßhalb rufe Ich schon jetzt Mein Volk in die Waffen. Es gilt, Ordnung und Gesetz herzustellen im eigenen Lande und in den übrigen deutschen Ländern, wo unsere Hülfe verlangt wird; es gilt, Deutschland's Einheit zu gründen, seine Freiheit zu schützen vor der Schreckensherrschaft einer Partei, welche Gesittung, Ehre und Treue ihren Leidenschaften opfern will, einer Partei, welcher es gelungen ist, ein Netz der Bethörung und des Irrwahns über einen Theil des Volkes zu werfen.“
„Das ist der Kern der königlichen Ansprache“, ruft die Polizeikloake Dumont, und die bezahlten Polizeiklakeure Dumont's haben in der That den richtigen „Kern“ gefunden.
Die „äußern Feinde!“ Es ist die „Schreckenspartei“, die Partei des Schreckens für den tapfern Hohenzoller, welche in den „übrigen deutschen Ländern“ unser Einschreiten verlangt. Das Volk in den Rheinlanden, Schlesien, Sachsen wird gerufen, „im Namen der deutschen Einheit“ den revolutionären Bewegungen im deutschen Ausland, Baden, Baiern, Sachsen ein Ende zu machen! Und zu diesem Zweck werden die Lockspeisen der hohenzoller'schen Volksbeglückung von 1813 wiederholt, es wird das erprobte „königliche Wort“ wieder verpfändet, dem „Volk“ eine kastrirte Anerkennung der Frankfurter Verfassung verheißen, und der „Schutz des Rechts und der Freiheit“ gegen die „Gottlosigkeit“ verheißen. „Ich und Mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Ist die erprobte Verpfändung eines „hohenzoller'schen Königswortes“ nicht einen Kreuzzug gegen die „Partei des Schreckens für die vielversprechende Krone“ werth?
Der starke kaiserlich-russische Unterknäs hat die preußischen Abgeordneten nur deshalb aus Frankfurt abberufen, um sich jetzt nach seiner Märzverheißung „an die Spitze Deutschland's“ zu stellen. Die Vereinbarungsversammlung und oktroyirte Kammer sind nur deßhalb auseinandergejagt, das „Stück Papier“ nur deßhalb durch die Standrechtsverfassung und Militärmordhöfe ersetzt, um dem Volk den „Schutz des Rechts und der Freiheit“ zu garantiren!
Und die Preßfreiheit wird unterdrückt, die Presse in Erfurt unter Censur gestellt, die Zeitungen in ganz Posen, in Breslau, in schlesischen Provinzialstädten, in Berlin selbst die Nationalzeitung direkt verboten, in Düsseldorf de jure die Censur wieder eingeführt, de facto die Presse gänzlich beseitigt (Düsseldorfer Blätter, N. Rh. Z. u. s. w.), und den „freien“ Unterthanen endlich allein die schmutzigen Polizei-Cloaken der Köln. Ztg. und des Berliner Galgenblättchens oktroyirt, Alles, um auch nicht den letzten Zweifel an dem Werth des „königlichen Wortes“ aufkommen zu lassen!
Und das Wort des Hohenzollern ist in der That werth, daß das Volk zur Stärkung des königlichen Muthes die Uniform anzieht, um nach dem Landwehrgesetz seinen zurückbleibenden Weibern „zum Schutz gegen Bettelei“ monatlich Einen Thaler königlicher Gnadengelder zu verschaffen.
068 Köln, 17. Mai. Die heute aus Deutschland eingehenden Nachrichten sind erfreulich.
In Sachsen kurirt das gottbegnadete Preußenthum durch immer weitere Besetzung von Städten und Dörfern die Bewohner von ihrem bisherigen Bierphlegma.
Die östreichischen Standrechtsbestien sekundiren dem belagerungswollüstigen Hohenzollern nach besten Kräften. Prag wurde, wie bekannt, am 10. Mai ohne andere Veranlassung als die, welche der neuesten preußischen Verfassung zum Grunde liegt, in Belagerungszustand erklärt. Jetzt hat die Festung Theresienstadt das nämliche Schicksal getroffen. Nach Briefen aus Leipzig sind auch Olmütz und Brünn den belagerungsbegnadeten Städten beigestellt.
In Elberfeld ist die ganze Niederträchtigkeit, die sich einige Tage latent verhalten mußte, vollständig entbunden worden. Die Freikorps, die Arbeiter, sind verrathen und verkauft worden, wie es von diesen Bourgeois zu erwarten stand.
Hätten die bewaffneten Arbeiter gleich von vornherein das Beispiel der preußischen Regierung befolgt, Elberfeld in Belagerungszustand erklärt und diesen zur vollständigen Niederhaltung einer schaamlos-feigen aber noch mehr perfiden Bourgeoisie benutzt: so wären sie die Sieger, statt daß sie jetzt als die Geprellten dastehen. Gestern früh um 4 Uhr zog Mirbach von Elberfeld mit 2 Kolonnen aus, von denen die eine ihren Weg nach Solingen, die andre nach Siegen hin nahm. Die Elberfelder Bourgeois hatten auf alle Dörfer in jenen beiden Richtungen Emissäre ausgesandt und den Bauern vorschwatzen lassen, daß ein plünderungssüchtiges Gesindel im Anrücken sei, daß, wenn sie nicht kräftige Anstalten zur Abwehr träfen, den Bauern wahrscheinlich Haus und Hof über dem Kopf angezündet oder mindestens alles Hab' und Gut geraubt werden würde.
Durch diese Manöver gelang es, daß die Bauern in Lüttringhausen den Mirbach und Hühnerbein gefangen nahmen, abscheulich mißhandelten und den Bourgeois in Elberfeld zur weitern gütigen Spedition an die hohenzollern'schen Mord- und Gräuel-Knechte überlieferten.
Iserlohn soll nach mehrstündigem Kampfe sich an die Preußen ergeben haben.
Dagegen ist der Südwesten Deutschlands bereits zu einer Pille geworden, die von den Gottbegnadeten nicht so leicht verdaut werden wird. Die badischen, pfälzischen und ein Theil der bairischen Soldaten werden in der deutschen Geschichte des Jahres 1849 den ehrenvollsten Platz einnehmen. Sie sind zuerst mit einem großartigen Beispiel vorangegangen; sie haben die Disziplin, in deren Namen man sie bisher mißhandelte, zum Teufel geschickt; den Eidschwur, den sie gekrönten Gaunern gegenüber zu leisten gezwungen worden, sie haben ihn zerbrochen und den Volksfeinden vor die Füße geschleudert. Aus Stützen der Gottbegnadeten sind sie zu kräftigen Vertheidigern des Volkes geworden, dem sie entstammen, dessen Schicksale, dessen Leiden und Freuden, dessen Freiheit oder Knechtschaft sie theilen, sobald der Soldatenrock ausgezogen ist.
109 Düsseldorf, 17. Mai. Hr. Chlebus scheint die Rolle eines Windischgrätz spielen zu wollen. Er hat verordnet, daß alle Privatwaffen heute zwischen 1 und 3 Uhr abgegeben werden. Nach Ablauf dieser Zeit sollen Haussuchungen gehalten werden; jeder, bei dem dann Waffen, welcher Art sie auch sein mögen, gefunden werden, wird vor ein Kriegsgericht gestellt. Unsers Wissens ist nur Windischgrätz in Wien so weit gegangen, die Privatwaffen in Beschlag zu nehmen.
Die politischen Gefangenen müssen jetzt die ganze Wuth der Behörden tragen. Lassalle wird fast ganz isolirt gehalten. Selbst seinem Vertheidiger ist neuerdings eröffnet, daß er nicht mehr ohne Erlaubnißschein des Oberprokurators zu ihm gelassen wird. Uebrigens haben wir erfahren, daß der berühmte Staatsprokurator v. Ammon auch zu seiner Zeit nicht verschmäht hat, den jeune Saedt zu spielen. Vor einigen Jahren war ein Düsseldorfer Bürger wegen Mißhandlung im Gefängniß. Die Frau desselben (damals eine sehr hübsche Frau) hätte erreichen können, daß ihr alle möglichen Zugeständnisse in Bezug auf die Verbindung mit ihrem Manne gemacht würden. Sie vergaß jedoch „höflich“ zu sein, und ihr Mann mußte die Folgen tragen — er wurde nach diesem Vorfalle auf das brutalste mißhandelt. Man sieht daraus, daß die Behörden, wenn man ihnen nur in angemessener Weise entgegenkommt, doch nicht so „unmenschlich“ sind.
103 Elberfeld, 17. Mai. Die tricolore Reichsemeute ist zu Ende, abgethan wie alle Erhebungen durch den Verrath der Bourgeois und die Feigheit einiger, sich überall vordringenden jüdischen Demokraten-Spekulanten, mögen Sie aus dem folgenden kläglichen Verkauf dieser „einzig schwarz-roth-goldenen“ Barrikadenfarce urtheilen.
Nachdem gestern Nachmittag der hiesige Sicherheits-Ausschuß in der Sitzung beschlossen hatte, daß sämmtliche Freikorps die Stadt verlassen sollten, und Dr. Höchster seine Entlassung genommen hatte, wurden am Abend schon Vorkehrungen getroffen, der Freischaren sich zu entledigen. Dieselben wurden auf eine schmähliche Weise betrogen. Sie erhielten nämlich durch den Kommandanten v. Mirbach, den Befehl, morgen früh um 2 Uhr sich zu versammeln, um als Vorposten auszurücken, damit sie zeitig genug von dem Herannahen des Militärs benachrichtigt würden. Jeder erhielt 50 scharfe Patronen und ein tägliches Traktament von 15 S. nebst Verpflegung, es wurde ihnen nebenbei angedeutet, daß sie in den ersten Tagen nicht mehr zurückkehren würden. Zugleich forderte man sie nochmals auf, auf die Reichs-Verfassung zu schwören, und stellte ihnen frei auszutreten; nur zwei verheirathete Elberfelder traten zurück. Gegen 10 1/2 Uhr wurde Generalmarsch geschlagen und hierdurch die ganze Stadt in Bestürzung versetzt, denn Jeder glaubte, das Militär sei am Anrücken. Die Corps folgten dem Rufe und blieben ohne Nachricht bis am Morgen unter den Waffen. Gegen 6 Uhr sollten sie ausrücken; bevor sie jedoch abzogen, wollten sie sich der Person des gefangenen v. d. Heyet bemächtigen, zwangen ihn jedoch später sich mit 6000 Thlr. loszukaufen, die diesem habgierigen, schmutzigen Schmuggel-Agenten nur unter Drohung der Erschießung abgezwungen wurden.
Alle waren begeistert, den preußischen Schnapshorden entgegen zu ziehen, ahnten jedoch nicht, welch' perfider Verrath mit ihnen gespielt wurde.
Die Bürgerwehr, welche von dem Plan unterrichtet war, blieb ebenfalls die ganze Nacht unter den Waffen, und hören Sie nur die Gemeinheit dieser Bourgeoishunde, welche noch vor einigen Tagen selbst diese Besatzung zusammenberufen, und zu ihrer Unterstützung aufgefordert hatten, die Bourgeois gaben Feuer auf einige 50 dieser Freischaren, welche am Ende der Stadt sich nicht schnell genug entfernten. Es fielen 18 Schüsse, ob aber Einer geblieben ist, kann ich nicht sagen. Widersetzung fand nicht statt, da die Uebermacht zu groß war. — Die Uebrigen Freikorps, 1500 an der Zahl, sind ebenfalls der Reaktion in die Hände gespielt. Sie zogen mit dem guten Vorsatze dem Feinde entgegen, um bei seinem Herannahen sich allmälig auf die Stadt zurückziehen, und ihn so in dieselbe herein zu locken, indem sie alsdann hofften, daß Bürgerwehr und Schützen sie unterstützen würden; aber die feigen Krämer- und Beutelschneider-Hunde haben ihnen ein anderes Schicksal zugedacht: Im Fall sie vielleicht auf die Stadt zurückziehen und vom Militär verfolgt werden, soll ihnen die noble Besatzung Elberfelds, auf deren Aufforderung sie selbst hierher kamen, in den Rücken fallen, damit die betrogenen Narren des deutschen Reichsspuks, ja den Mordkanaillen des russischen Unterknäs in Potsdam nicht entgehen.
Das sind die Früchte die Elberfeld durch seine schwarz-roth-goldene Emeute erndten will; die Bourgeois, welche allein durch ihren prämeditirten Verrath den Angriff der Soldaten abhielten, werden durch ihre Feigheit der Achtung des tapfern Hohenzoller gewiß sein.
Nach dem Abzug der Freischaaren wurden sogleich die Barrikaden, zu deren Befestigung noch gestern hundert Mann gesucht wurden, weggeräumt, und heute Mittag 12 Uhr waren sämmtliche verschwunden, obschon deren über 100 gebaut waren. Die Stadt ist wieder für den kaufmännischen „Verkehr“ der Diebe und Beutelschneider geöffnet.
Der Kommandant der Bürgerwehr machte heute Morgen um 7 Uhr durch Anschlagzettel bekannt, daß die Bürgerwehr die Stadt in Besitz habe, und sämmtliche königl. Beamte sofort in ihre Funktionen eintreten möchten. Wie gezaubert sah man gleich Polizeisergeanten, welche man seit acht Tagen nicht mehr gesehen hatte, die Straßen entlang laufen und zum Wegräumen der Barrikaden kommandiren.
Die Mitglieder des Sicherheits-Ausschusses sind theils schon geflüchtet. Von den Anführern der Landwehr vermißt man blos Kirberg.
Bis jetzt, 3 Uhr Nachmittags, hat man noch keine Nachricht vom Anrücken des Militärs.
Was die hiesige Deputation von Berlin gebracht hat, schwebt im Dunkeln, doch geht das Gerücht, daß der potsdamer Unterknäs von Amnestie der politischen Verbrecher nichts wissen, dagegen aber die treue Stadt Elberfeld mit Schonung behandeln wolle.
Wenn die Revolution siegt, wird sie ebenfalls wissen, was sie mit dieser „treuen Stadt“ anzufangen hat.
X Berlin, 16. Mai. Die Entbindung des Ministeriums von einem, den jetzigen Zuständen angemessenen Wahlgesetz, scheint eine sehr schwere zu sein. Statt seines bringt der Staatsanzeiger uns täglich neue Geschenke, ohne welche das Gesetz nicht scheint ins Leben treten zu können. Heute erschien die Verkündigung des Standrechts, schon lange erwartet und doch höchst unerwartet. Man wird unwillkürlich an den Mythus erinnert, welcher erzählt, die Erzieherinnen des Zeus hätten furchtbaren Lärm machen lassen, damit Saturn das Geschrei seines Söhnleins nicht hören könne und nicht versucht werde, es zu verzehren. So scheinen auch Manteuffel, Brandenburg und Komp. furchtbaren Lärm mit Standrecht, Erschießen etc. zu machen, um das theure Wahlgesetz vor dem Appetit des Volkes zu retten. Jetzt, nachdem man sich gegen jeden frechen und unehrerbietigen Tadel der Raisonneurs hinlänglich gesichert hat, wird hoffentlich die Grundsteinlegung für das neue konstitutionelle Gebäude nicht lange auf sich warten lassen.
Auch die gute Nationalzeitung ist dem grausen Geschick unterlegen. Wrangel hat keine Gnade geübt. Vergebens also lavirte sie sechs Monate hindurch, um sich ein trauriges Dasein zu fristen, vergebens überbot sie sich in dem seichtesten Doktrinismus, das Damoklesschwert ist dennoch herabgefallen. Die Speuersche Zeitung ist nun das Organ des Radikalismus und wer weiß, wie lange selbst dies gesinnungsvolle Blatt sich noch der schönen Gewohnheit des Daseins und Wirkens erfreuen wird, ob noch lange Zeit Atropos-Wrangel sie verschonen wird!
Das Standrecht wurde heute früh verkündet. Es schien, daß selbst die Soldaten sich schämten, eine so schmachvolle Rolle zu spielen, denn schon am frühen Morgen zog eine Kompagnie durch die Straßen. An den Ecken traten 5 Mann aus dem Gliede und der Hauptmann verlas das Martialgesetz. In freier Rede setzte er hinzu, daß jetzt Jeder, der sich einem Abgeordneten der Obrigkeit,
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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