Aber nach dem Erdbeben verändert sich die Witterung oft. In den Tropen z. B. ereignet es sich, daß bei starken Erdbeben die Regenzeit beschleunigt wird. So trat nach dem Erdbeben zu Riobamba, wobei 40,000 Indianer ihr Leben verloren, gleich darauf die Regenzeit ein. Wenn vor dem Erdbeben das Barometer durch einen tiefen Stand dieses vorher zu sagen schien, so ist es doch keine Folge davon, sondern es fanden schon früher an einem andere Orte Erdbeben statt, die durch die schnelle Vertheilung der Luft auf das Barometer wirkten. Die kleinen stündlichen Veränderungen des Barometers werden durch die Erdbeben nicht gestört, wie ich aus eignen Beobachtungen weiß. Gewöhnlich sind die Erdbeben mit einem unterirdischen Getöse verbunden, doch nicht immer. Am merkwürdigsten sind die Erdbeben des Plateau von Quito, das ganz vulkanisch unterminirt ist, wo sich oft 8-10 Minuten lang ein unterirdischer starker Donner hören läßt, denn einzelne Schlänge mit hellem Klange, was mit dem Geklirre der Ketten zu vergleichen ist. Schon von unsere Vorfahren ist die Beobachtung gemacht, daß solche Getöse nicht immer mit Erdbeben verbunden sind. Das merkwürdigste Beispiel von solchem Getöse war 1784 in Guanchaco, welches 3 Monate lang dauerte, und bei
Aber nach dem Erdbeben verändert ſich die Witterung oft. In den Tropen z. B. ereignet es ſich, daß bei ſtarken Erdbeben die Regenzeit beſchleunigt wird. So trat nach dem Erdbeben zu Riobamba, wobei 40,000 Indianer ihr Leben verloren, gleich darauf die Regenzeit ein. Wenn vor dem Erdbeben das Barometer durch einen tiefen Stand dieſes vorher zu ſagen ſchien, ſo iſt es doch keine Folge davon, ſondern es fanden ſchon früher an einem andere Orte Erdbeben ſtatt, die durch die ſchnelle Vertheilung der Luft auf das Barometer wirkten. Die kleinen ſtündlichen Veränderungen des Barometers werden durch die Erdbeben nicht geſtört, wie ich aus eignen Beobachtungen weiß. Gewöhnlich ſind die Erdbeben mit einem unterirdiſchen Getöſe verbunden, doch nicht immer. Am merkwürdigſten ſind die Erdbeben des Plateau von Quito, das ganz vulkaniſch unterminirt iſt, wo ſich oft 8–10 Minuten lang ein unterirdiſcher ſtarker Donner hören läßt, denn einzelne Schlänge mit hellem Klange, was mit dem Geklirre der Ketten zu vergleichen iſt. Schon von unſere Vorfahren iſt die Beobachtung gemacht, daß ſolche Getöſe nicht immer mit Erdbeben verbunden ſind. Das merkwürdigſte Beiſpiel von ſolchem Getöſe war 1784 in Guanchaco, welches 3 Monate lang dauerte, und bei
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Aber nach dem Erdbeben verändert ſich die Witterung oft.
In den Tropen z. B. ereignet es ſich, daß bei ſtarken
Erdbeben die Regenzeit beſchleunigt wird. So trat
nach dem Erdbeben zu Riobamba, wobei 40,000 Indianer
ihr Leben verloren, gleich darauf die Regenzeit ein.
Wenn vor dem Erdbeben das Barometer durch einen
tiefen Stand dieſes vorher zu ſagen ſchien, ſo iſt es doch
keine Folge davon, ſondern es fanden ſchon früher an
einem andere Orte Erdbeben ſtatt, die durch die ſchnelle
Vertheilung der Luft auf das Barometer wirkten.
Die kleinen ſtündlichen Veränderungen des Barometers
werden durch die Erdbeben nicht geſtört, wie ich aus eignen
Beobachtungen weiß. Gewöhnlich ſind die Erdbeben
mit einem unterirdiſchen Getöſe verbunden, doch nicht immer.
Am merkwürdigſten ſind die Erdbeben des Plateau von Quito,
das ganz vulkaniſch unterminirt iſt, wo ſich oft 8–10
Minuten lang ein unterirdiſcher ſtarker Donner hören
läßt, denn einzelne Schlänge mit hellem Klange, was
mit dem Geklirre der Ketten zu vergleichen iſt. Schon
von unſere Vorfahren iſt die Beobachtung gemacht, daß
ſolche Getöſe nicht immer mit Erdbeben verbunden ſind.
Das merkwürdigſte Beiſpiel von ſolchem Getöſe war 1784
in Guanchaco, welches 3 Monate lang dauerte, und bei
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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 220.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/226>, abgerufen am 26.11.2024.
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