Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

weiterung erhalten, unter denen besonders den Ansichten
von Latreille viel Gutes enthalten. Besonders Verdingt
hat aber Mossell de Serre dessen Werk in Montpellier
erschien, und der denselben Betrachtungen gefolgt ist,
die der Geographie der Pflanzen so vortheilhaft waren.

Zuerst müssen wir uns die Frage aufwerfen: wie
weit dringt das thierische Leben, und ist es ebenso
weit verbreitet als das der Gewächse? Bejahend können
wir diese Frage beantworten, dann von den Coleopteren
sind einige Mestris Arten in tiefen Höhlen und Bergwerken
gefunden; der Dr. Ehrenberg fand Infusionsthierchen in
dem frisch geschöpften Wasser eines hiesigen Brunnens, worin
sie also schon gebildet sein mußte, denn das Wasser hatte
noch nicht an der Luft gestanden; manche Amphibien wie
der Proteus sanguineus, leben in unterirdischen Gewässer
der Höhlen. Es giebt so wohl Wirbelthiere als Insecten,
die von der Erde ganz bedeckt unterirdische Höhlen und
Gänge bilden. Viele Insecten leben im Humus, und
können in einer Höhe der Luft leben, die nur einige
Hunderttheile Sauerstoff enthält, je Versuche haben ge-
zeigt, das Käfer sogar in Stickstoffgas leben können,
das nur 1/100 Sauerstoff enthält. Oft leben Thiere be-

weiterung erhalten, unter denen beſonders den Anſichten
von Latreille viel Gutes enthalten. Beſonders Verdingt
hat aber Mosſell de Serre deſſen Werk in Montpellier
erſchien, und der denſelben Betrachtungen gefolgt iſt,
die der Geographie der Pflanzen ſo vortheilhaft waren.

Zuerſt müſſen wir uns die Frage aufwerfen: wie
weit dringt das thieriſche Leben, und iſt es ebenſo
weit verbreitet als das der Gewächſe? Bejahend können
wir dieſe Frage beantworten, dann von den Coleopteren
ſind einige Meſtris Arten in tiefen Höhlen und Bergwerken
gefunden; der Dr. Ehrenberg fand Infuſionsthierchen in
dem friſch geſchöpften Waſſer eines hieſigen Brunnens, worin
ſie alſo ſchon gebildet ſein mußte, denn das Waſſer hatte
noch nicht an der Luft geſtanden; manche Amphibien wie
der Proteus ſanguineus, leben in unterirdiſchen Gewäſſer
der Höhlen. Es giebt ſo wohl Wirbelthiere als Inſecten,
die von der Erde ganz bedeckt unterirdiſche Höhlen und
Gänge bilden. Viele Inſecten leben im Humus, und
können in einer Höhe der Luft leben, die nur einige
Hunderttheile Sauerſtoff enthält, je Verſuche haben ge-
zeigt, das Käfer ſogar in Stickſtoffgas leben können,
das nur 1/100 Sauerſtoff enthält. Oft leben Thiere be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="58">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0547" n="541."/>
weiterung erhalten, unter denen be&#x017F;onders den An&#x017F;ichten<lb/>
von <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116862831 http://d-nb.info/gnd/116862831">Latreille</persName></hi> viel Gutes enthalten. Be&#x017F;onders Verdingt<lb/>
hat aber <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-101317697 http://d-nb.info/gnd/101317697">Mos&#x017F;ell de Serre</persName></hi> de&#x017F;&#x017F;en Werk in Montpellier<lb/>
er&#x017F;chien, und der den&#x017F;elben Betrachtungen gefolgt i&#x017F;t,<lb/>
die der Geographie der Pflanzen &#x017F;o vortheilhaft waren.</p><lb/>
            <p>Zuer&#x017F;t mü&#x017F;&#x017F;en wir uns die Frage aufwerfen: wie<lb/>
weit dringt das thieri&#x017F;che Leben, und i&#x017F;t es eben&#x017F;o<lb/>
weit verbreitet als das der Gewäch&#x017F;e? Bejahend können<lb/>
wir die&#x017F;e Frage beantworten, dann von den <hi rendition="#aq">Coleopteren</hi><lb/>
&#x017F;ind einige <hi rendition="#aq">Me&#x017F;tris</hi> Arten in tiefen Höhlen und Bergwerken<lb/>
gefunden; der <hi rendition="#aq">Dr. <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118529250 http://d-nb.info/gnd/118529250">Ehrenberg</persName></hi> fand Infu&#x017F;ionsthierchen in<lb/>
dem fri&#x017F;ch ge&#x017F;chöpften Wa&#x017F;&#x017F;er eines hie&#x017F;igen Brunnens, worin<lb/>
&#x017F;ie al&#x017F;o &#x017F;chon gebildet &#x017F;ein mußte, denn das Wa&#x017F;&#x017F;er hatte<lb/>
noch nicht an der Luft ge&#x017F;tanden; manche Amphibien wie<lb/>
der <hi rendition="#aq">Proteus &#x017F;anguineus,</hi> leben in unterirdi&#x017F;chen Gewä&#x017F;&#x017F;er<lb/>
der Höhlen. Es giebt &#x017F;o wohl Wirbelthiere als In&#x017F;ecten,<lb/>
die von der Erde ganz bedeckt unterirdi&#x017F;che Höhlen und<lb/>
Gänge bilden. Viele In&#x017F;ecten leben im Humus, und<lb/>
können in einer Höhe der Luft leben, die nur einige<lb/>
Hunderttheile Sauer&#x017F;toff enthält, je Ver&#x017F;uche haben ge-<lb/>
zeigt, das Käfer &#x017F;ogar in Stick&#x017F;toffgas leben können,<lb/>
das nur <hi rendition="#sup">1</hi>/<hi rendition="#sub">100</hi> Sauer&#x017F;toff enthält. Oft leben Thiere be-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[541./0547] weiterung erhalten, unter denen beſonders den Anſichten von Latreille viel Gutes enthalten. Beſonders Verdingt hat aber Mosſell de Serre deſſen Werk in Montpellier erſchien, und der denſelben Betrachtungen gefolgt iſt, die der Geographie der Pflanzen ſo vortheilhaft waren. Zuerſt müſſen wir uns die Frage aufwerfen: wie weit dringt das thieriſche Leben, und iſt es ebenſo weit verbreitet als das der Gewächſe? Bejahend können wir dieſe Frage beantworten, dann von den Coleopteren ſind einige Meſtris Arten in tiefen Höhlen und Bergwerken gefunden; der Dr. Ehrenberg fand Infuſionsthierchen in dem friſch geſchöpften Waſſer eines hieſigen Brunnens, worin ſie alſo ſchon gebildet ſein mußte, denn das Waſſer hatte noch nicht an der Luft geſtanden; manche Amphibien wie der Proteus ſanguineus, leben in unterirdiſchen Gewäſſer der Höhlen. Es giebt ſo wohl Wirbelthiere als Inſecten, die von der Erde ganz bedeckt unterirdiſche Höhlen und Gänge bilden. Viele Inſecten leben im Humus, und können in einer Höhe der Luft leben, die nur einige Hunderttheile Sauerſtoff enthält, je Verſuche haben ge- zeigt, das Käfer ſogar in Stickſtoffgas leben können, das nur 1/100 Sauerſtoff enthält. Oft leben Thiere be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/547
Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 541.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/547>, abgerufen am 24.11.2024.