Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 4. Prag, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Panorama des Universums.

[Abbildung]
Die Abtei Melrose in Schottland.
[Beginn Spaltensatz]

Die kegelförmigen Koppen des Cheviot = Gebirges
senken sich allmählig bis in die Grafschaft Roxburgh
oder Teviotdale ( Thal des Teriot, wie selbe von
dem Fluß Teviot, der sie bewässert, genannt wurde )
herab, deren Bewohner großentheils ein einfaches
Hirtenleben führen, und die Sitten der gastfreundli-
chen Vorzeit unter sich bewahrt haben. Die Bewoh-
ner des Landes machen muntere Ausflüge in die an-
muthigen Auen an den Ufern des Tweed, man ver-
sieht sich mit Wein und bringt die Zeit bei einem
frohen Mahle mit Tanz und Gesang hin.

Aber nicht immer ging es so heiter und ruhig
in den Thälern von Roxburgh zu, die Nachbarschaft
der englischen Grafschaften Cumberland und Northum-
berland, war diesem Gebiete lange unheilbringend,
und verflocht dasselbe in jene wilden Kämpfe, die
durch Jahrhunderte das Land verwüsteten. Man sieht
noch an vielen Orten die Spuren alter Feldlager,
und an den Ufern des Flußes Abe sind die Felsen
mit Höhlen erfüllt, welche in den Jahren der Zerstö-
rung den bedrängten Landbewohnern zu Zufluchts-
stellen gedient zu haben scheinen. Unter den Ruinen,
welche sich aus denselben Zeiträumen herschreiben, ist
eine der schönsten und malerischsten die Abtei Mel-
rose,
*) deren überraschendsten Anblick man auf der
Brücke der artigen kleinen Stadt Kelly erhält.
[Spaltenumbruch] Hier breitet sich das romantische Thal, mit Wald und
Gebüsch, und schönen Gebäuden geschmückt, von fernen
Hügeln und Bergen begränzt, anmuthig aus, und im
Hintergrunde bieten die Ueberreste dieses merkwürdi-
gen Gebäudes den interessantesten Schlußpunkt dar.

Die Abtei Melrose steht auf dem südlichen
Ufer des Tweed, sie war eine der größten und wich-
tigsten in Schottland und ursprünglich von König
David im Jahre 1136 für Priester des schwarzen
Cisterzienser = Ordens gegründet und der Jungfrau
Maria geweiht. Das Kloster erlitt zu verschiedenen
Zeiten viel große Drangsale durch Feuer und Schwert,
Raub und Plünderung, vorzüglich im Jahre 1322,
worauf es wieder durch König Robert Bruce
mit vielen Unkosten gänzlich hergestellt worden seyn
soll; doch erheben sich gegen diesen Umstand manche
Zweifel, da die Bauart nicht mit der Periode über-
einstimmt, in welche, der Sage nach, die Gründung
der Abtei fällt, sondern dieselbe vielmehr dem 15ten
Jahrhundert anzugehören scheint.

Das große Fenster auf der Ostseite, welches
auf unserer Platte dargestellt ist, wird wegen der
Zierlichkeit seines Schnitzwerkes vorzüglich bewundert.
Der Thurm in der Mitte ist gänzlich verfallen, aber
ein Theil der Kanzeldecke steht noch, und wird
von Pfeilern, deren Capitäler und Säulenstühle mit
sehr zart in Stein ausgearbeitetem Laubwerke verziert
sind, getragen.

Nachdem das wilde Kriegsvolk die Abtei ge-
plündert und verwüstet hatte, wurde sie sogar von
Cromwell von den Gattonsider Hügeln aus beschos-
[Ende Spaltensatz]

*) Die Ruinen dieses schottischen Klosters wurden der Lese-
welt zuerst durch die Werke des gefeierten Walter
Scott
bekannt, und man glaubt, diese Abtei soll das
Urbild seines "Klosters" seyn.
Panorama des Universums.

[Abbildung]
Die Abtei Melrose in Schottland.
[Beginn Spaltensatz]

Die kegelförmigen Koppen des Cheviot = Gebirges
senken sich allmählig bis in die Grafschaft Roxburgh
oder Teviotdale ( Thal des Teriot, wie selbe von
dem Fluß Teviot, der sie bewässert, genannt wurde )
herab, deren Bewohner großentheils ein einfaches
Hirtenleben führen, und die Sitten der gastfreundli-
chen Vorzeit unter sich bewahrt haben. Die Bewoh-
ner des Landes machen muntere Ausflüge in die an-
muthigen Auen an den Ufern des Tweed, man ver-
sieht sich mit Wein und bringt die Zeit bei einem
frohen Mahle mit Tanz und Gesang hin.

Aber nicht immer ging es so heiter und ruhig
in den Thälern von Roxburgh zu, die Nachbarschaft
der englischen Grafschaften Cumberland und Northum-
berland, war diesem Gebiete lange unheilbringend,
und verflocht dasselbe in jene wilden Kämpfe, die
durch Jahrhunderte das Land verwüsteten. Man sieht
noch an vielen Orten die Spuren alter Feldlager,
und an den Ufern des Flußes Abe sind die Felsen
mit Höhlen erfüllt, welche in den Jahren der Zerstö-
rung den bedrängten Landbewohnern zu Zufluchts-
stellen gedient zu haben scheinen. Unter den Ruinen,
welche sich aus denselben Zeiträumen herschreiben, ist
eine der schönsten und malerischsten die Abtei Mel-
rose,
*) deren überraschendsten Anblick man auf der
Brücke der artigen kleinen Stadt Kelly erhält.
[Spaltenumbruch] Hier breitet sich das romantische Thal, mit Wald und
Gebüsch, und schönen Gebäuden geschmückt, von fernen
Hügeln und Bergen begränzt, anmuthig aus, und im
Hintergrunde bieten die Ueberreste dieses merkwürdi-
gen Gebäudes den interessantesten Schlußpunkt dar.

Die Abtei Melrose steht auf dem südlichen
Ufer des Tweed, sie war eine der größten und wich-
tigsten in Schottland und ursprünglich von König
David im Jahre 1136 für Priester des schwarzen
Cisterzienser = Ordens gegründet und der Jungfrau
Maria geweiht. Das Kloster erlitt zu verschiedenen
Zeiten viel große Drangsale durch Feuer und Schwert,
Raub und Plünderung, vorzüglich im Jahre 1322,
worauf es wieder durch König Robert Bruce
mit vielen Unkosten gänzlich hergestellt worden seyn
soll; doch erheben sich gegen diesen Umstand manche
Zweifel, da die Bauart nicht mit der Periode über-
einstimmt, in welche, der Sage nach, die Gründung
der Abtei fällt, sondern dieselbe vielmehr dem 15ten
Jahrhundert anzugehören scheint.

Das große Fenster auf der Ostseite, welches
auf unserer Platte dargestellt ist, wird wegen der
Zierlichkeit seines Schnitzwerkes vorzüglich bewundert.
Der Thurm in der Mitte ist gänzlich verfallen, aber
ein Theil der Kanzeldecke steht noch, und wird
von Pfeilern, deren Capitäler und Säulenstühle mit
sehr zart in Stein ausgearbeitetem Laubwerke verziert
sind, getragen.

Nachdem das wilde Kriegsvolk die Abtei ge-
plündert und verwüstet hatte, wurde sie sogar von
Cromwell von den Gattonsider Hügeln aus beschos-
[Ende Spaltensatz]

*) Die Ruinen dieses schottischen Klosters wurden der Lese-
welt zuerst durch die Werke des gefeierten Walter
Scott
bekannt, und man glaubt, diese Abtei soll das
Urbild seines „Klosters“ seyn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0004" n="28"/>
      <fw type="header" place="top"> <hi rendition="#g">Panorama des Universums.</hi> </fw>
      <div type="jArticle" n="1">
        <figure/><lb/>
        <head>Die Abtei Melrose in Schottland.</head><lb/>
        <cb type="start"/>
        <p>Die kegelförmigen Koppen des Cheviot = Gebirges<lb/>
senken sich allmählig bis in die Grafschaft <hi rendition="#g">Roxburgh</hi><lb/>
oder <hi rendition="#g">Teviotdale</hi> ( Thal des Teriot, wie selbe von<lb/>
dem Fluß Teviot, der sie bewässert, genannt wurde )<lb/>
herab, deren Bewohner großentheils ein einfaches<lb/>
Hirtenleben führen, und die Sitten der gastfreundli-<lb/>
chen Vorzeit unter sich bewahrt haben. Die Bewoh-<lb/>
ner des Landes machen muntere Ausflüge in die an-<lb/>
muthigen Auen an den Ufern des Tweed, man ver-<lb/>
sieht sich mit Wein und bringt die Zeit bei einem<lb/>
frohen Mahle mit Tanz und Gesang hin.</p><lb/>
        <p>Aber nicht immer ging es so heiter und ruhig<lb/>
in den Thälern von Roxburgh zu, die Nachbarschaft<lb/>
der englischen Grafschaften Cumberland und Northum-<lb/>
berland, war diesem Gebiete lange unheilbringend,<lb/>
und verflocht dasselbe in jene wilden Kämpfe, die<lb/>
durch Jahrhunderte das Land verwüsteten. Man sieht<lb/>
noch an vielen Orten die Spuren alter Feldlager,<lb/>
und an den Ufern des Flußes Abe sind die Felsen<lb/>
mit Höhlen erfüllt, welche in den Jahren der Zerstö-<lb/>
rung den bedrängten Landbewohnern zu Zufluchts-<lb/>
stellen gedient zu haben scheinen. Unter den Ruinen,<lb/>
welche sich aus denselben Zeiträumen herschreiben, ist<lb/>
eine der schönsten und malerischsten die Abtei <hi rendition="#g">Mel-<lb/>
rose,</hi> <note place="foot" n="*)">Die Ruinen dieses schottischen Klosters wurden der Lese-<lb/>
welt zuerst durch die Werke des gefeierten <hi rendition="#g">Walter<lb/>
Scott</hi> bekannt, und man glaubt, diese Abtei soll das<lb/>
Urbild seines &#x201E;Klosters&#x201C; seyn.</note> deren überraschendsten Anblick man auf der<lb/>
Brücke der artigen kleinen Stadt <hi rendition="#g">Kelly</hi> erhält.<lb/><cb n="2"/>
Hier breitet sich das romantische Thal, mit Wald und<lb/>
Gebüsch, und schönen Gebäuden geschmückt, von fernen<lb/>
Hügeln und Bergen begränzt, anmuthig aus, und im<lb/>
Hintergrunde bieten die Ueberreste dieses merkwürdi-<lb/>
gen Gebäudes den interessantesten Schlußpunkt dar.</p><lb/>
        <p>Die Abtei <hi rendition="#g">Melrose</hi> steht auf dem südlichen<lb/>
Ufer des Tweed, sie war eine der größten und wich-<lb/>
tigsten in Schottland und ursprünglich von König<lb/><hi rendition="#g">David</hi> im Jahre 1136 für Priester des schwarzen<lb/>
Cisterzienser = Ordens gegründet und der Jungfrau<lb/><hi rendition="#g">Maria</hi> geweiht. Das Kloster erlitt zu verschiedenen<lb/>
Zeiten viel große Drangsale durch Feuer und Schwert,<lb/>
Raub und Plünderung, vorzüglich im Jahre 1322,<lb/>
worauf es wieder durch König <hi rendition="#g">Robert Bruce</hi><lb/>
mit vielen Unkosten gänzlich hergestellt worden seyn<lb/>
soll; doch erheben sich gegen diesen Umstand manche<lb/>
Zweifel, da die Bauart nicht mit der Periode über-<lb/>
einstimmt, in welche, der Sage nach, die Gründung<lb/>
der Abtei fällt, sondern dieselbe vielmehr dem 15ten<lb/>
Jahrhundert anzugehören scheint.</p><lb/>
        <p>Das große Fenster auf der Ostseite, welches<lb/>
auf unserer Platte dargestellt ist, wird wegen der<lb/>
Zierlichkeit seines Schnitzwerkes vorzüglich bewundert.<lb/>
Der Thurm in der Mitte ist gänzlich verfallen, aber<lb/>
ein Theil der Kanzeldecke steht noch, und wird<lb/>
von Pfeilern, deren Capitäler und Säulenstühle mit<lb/>
sehr zart in Stein ausgearbeitetem Laubwerke verziert<lb/>
sind, getragen.</p><lb/>
        <p>Nachdem das wilde Kriegsvolk die Abtei ge-<lb/>
plündert und verwüstet hatte, wurde sie sogar von<lb/><hi rendition="#g">Cromwell</hi> von den Gattonsider Hügeln aus beschos-<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0004] Panorama des Universums. [Abbildung] Die Abtei Melrose in Schottland. Die kegelförmigen Koppen des Cheviot = Gebirges senken sich allmählig bis in die Grafschaft Roxburgh oder Teviotdale ( Thal des Teriot, wie selbe von dem Fluß Teviot, der sie bewässert, genannt wurde ) herab, deren Bewohner großentheils ein einfaches Hirtenleben führen, und die Sitten der gastfreundli- chen Vorzeit unter sich bewahrt haben. Die Bewoh- ner des Landes machen muntere Ausflüge in die an- muthigen Auen an den Ufern des Tweed, man ver- sieht sich mit Wein und bringt die Zeit bei einem frohen Mahle mit Tanz und Gesang hin. Aber nicht immer ging es so heiter und ruhig in den Thälern von Roxburgh zu, die Nachbarschaft der englischen Grafschaften Cumberland und Northum- berland, war diesem Gebiete lange unheilbringend, und verflocht dasselbe in jene wilden Kämpfe, die durch Jahrhunderte das Land verwüsteten. Man sieht noch an vielen Orten die Spuren alter Feldlager, und an den Ufern des Flußes Abe sind die Felsen mit Höhlen erfüllt, welche in den Jahren der Zerstö- rung den bedrängten Landbewohnern zu Zufluchts- stellen gedient zu haben scheinen. Unter den Ruinen, welche sich aus denselben Zeiträumen herschreiben, ist eine der schönsten und malerischsten die Abtei Mel- rose, *) deren überraschendsten Anblick man auf der Brücke der artigen kleinen Stadt Kelly erhält. Hier breitet sich das romantische Thal, mit Wald und Gebüsch, und schönen Gebäuden geschmückt, von fernen Hügeln und Bergen begränzt, anmuthig aus, und im Hintergrunde bieten die Ueberreste dieses merkwürdi- gen Gebäudes den interessantesten Schlußpunkt dar. Die Abtei Melrose steht auf dem südlichen Ufer des Tweed, sie war eine der größten und wich- tigsten in Schottland und ursprünglich von König David im Jahre 1136 für Priester des schwarzen Cisterzienser = Ordens gegründet und der Jungfrau Maria geweiht. Das Kloster erlitt zu verschiedenen Zeiten viel große Drangsale durch Feuer und Schwert, Raub und Plünderung, vorzüglich im Jahre 1322, worauf es wieder durch König Robert Bruce mit vielen Unkosten gänzlich hergestellt worden seyn soll; doch erheben sich gegen diesen Umstand manche Zweifel, da die Bauart nicht mit der Periode über- einstimmt, in welche, der Sage nach, die Gründung der Abtei fällt, sondern dieselbe vielmehr dem 15ten Jahrhundert anzugehören scheint. Das große Fenster auf der Ostseite, welches auf unserer Platte dargestellt ist, wird wegen der Zierlichkeit seines Schnitzwerkes vorzüglich bewundert. Der Thurm in der Mitte ist gänzlich verfallen, aber ein Theil der Kanzeldecke steht noch, und wird von Pfeilern, deren Capitäler und Säulenstühle mit sehr zart in Stein ausgearbeitetem Laubwerke verziert sind, getragen. Nachdem das wilde Kriegsvolk die Abtei ge- plündert und verwüstet hatte, wurde sie sogar von Cromwell von den Gattonsider Hügeln aus beschos- *) Die Ruinen dieses schottischen Klosters wurden der Lese- welt zuerst durch die Werke des gefeierten Walter Scott bekannt, und man glaubt, diese Abtei soll das Urbild seines „Klosters“ seyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama04_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama04_1834/4
Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 4. Prag, 1834, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama04_1834/4>, abgerufen am 01.11.2024.