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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 6. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Abbildung] ( Der große St. Bernhardsberg. )
[Beginn Spaltensatz]

aufgerufen. Von ihren treuen und verständigen Hun-
den, Marons genannt, die von einer eigenen Race,
von starkem großen Wuchse sind, und an deren Hals
eine blecherne Büchse befestigt ist, die die nöthigsten
Mittel zur Erweckung der Scheintodten enthält, ge-
leitet, eilen sie über Felsen und Eis nach jenem
Platze hin, wo der Hund die Spur eines Menschen
wittert. Sobald dieser stehen bleibt und heulend im
Schnee zu kratzen anfängt, untersuchen sie den Ort
mit Stangen, und haben sie den menschlichen Körper
gefunden, so graben sie ihn heraus, tragen ihn in das
Hospitium und verwenden alle mögliche Mühe, um
ihn ins Leben zurückzurufen. Oft gelingt ihnen ihr
edles Bestreben, öfters aber bleibt ihnen nichts an-
deres zu thun übrig, als den Armen den letzten Lie-
besdienst zu leisten. Da die Erde fast das ganze
Jahr gefroren ist, kann man an kein Grab denken.
Der Leichnam wird in ein Leichentuch gehüllt, und in
die wenige Schritte entfernte Todtenkapelle getragen;
dort bleibt er, auf einem Tische ausgestreckt, so lange
liegen, bis ein anderer Verunglückter seine Stelle
einnimmt. Dann wird er an die Wände zu den
übrigen Todten gestellt, deren Verwesung bei dem
fortwährenden Frost so langsam vor sich geht, daß
oft Todte nach Jahren noch von ihren Freunden
wieder erkannt wurden. Man behauptet, daß die
Gesichtszüge 3 Jahre lang kenntlich bleiben, dann
schrumpft der Körper zu einer Mumie ein.

Wird dann der Weg minder gefahrvoll, so kom-
men aus den benachbarten Thälern diejenigen, die
einen Freund oder Verwandten vermissen, und sein
Schicksal ahnen, zum Hospitium, und tragen den
Leichnam in das heimathliche Thal hinab. Die
[Spaltenumbruch] Fremden aber bleiben in der Kapelle, neben welcher
eine Art von Friedhof angelegt ist, auf den die Ge-
beine gelegt werden, wenn sie sich in dem Todten-
gewölbe zu sehr anhäufen.

Die berühmten Hunde des St. Bernhardsberges
sind von spanischer Abkunft. Einer derselben, Ju-
piter
genannt, zeichnete sich vor einigen Jahren vor
allen seinen Gefährten durch ungeheure Größe, Kühn-
heit und Gewandtheit aus. Unter der großen Zahl
von Personen, welchen er das Leben gerettet, führte
man vorzüglich eine Frau und ihr Kind an. Er
hatte bemerkt, daß Reisende am Hospitium vorüber-
gegangen waren, und folgte alsogleich ihren Schrit-
ten. Einige Zeit darauf bemerkte einer der Geist-
lichen seine Abwesenheit, der seinen Spuren. nachging
und ihn an einer sehr gefährlichen Stelle wiederfand,
wo die arme Frau mit ihrem Kinde ohne dieses treue
Thier wahrscheinlich zu Grunde gegangen wäre.

Jn einiger Entfernung von dem Hospitium befin-
det sich ein kleiner See, der eine halbe Stunde im
Umkreise hat, und fast das ganze Jahr zugefroren
ist. Bei diesem See befand sich ehemals der erwähnte
Tempel des Jupiter, von dem der Berg den Na-
men Mons Jovis erhielt; selbst in unsern Zeiten sollen
noch Alterthümer dort gefunden werden. Vom Hospi-
tium nach Aosta ist der Weg für kleine Karren
fahrbar. Diese Straße soll schon den Römern be-
kannt gewesen seyn, und August soll sie zu einer
Heerstraße erhoben haben. Seit langer Zeit liegt es
in dem Plane einiger Privaten, diese Straße, durch
welche die kürzeste Verbindung der westlichen Schweiz
mit dem Seehafen Genua hergestellt wird, auch für
größere Wagen fahrbar zu machen.

[Ende Spaltensatz]

Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. -- Redaktion von W. A. Gerle.

Panorama des Universums.
[Abbildung] ( Der große St. Bernhardsberg. )
[Beginn Spaltensatz]

aufgerufen. Von ihren treuen und verständigen Hun-
den, Marons genannt, die von einer eigenen Race,
von starkem großen Wuchse sind, und an deren Hals
eine blecherne Büchse befestigt ist, die die nöthigsten
Mittel zur Erweckung der Scheintodten enthält, ge-
leitet, eilen sie über Felsen und Eis nach jenem
Platze hin, wo der Hund die Spur eines Menschen
wittert. Sobald dieser stehen bleibt und heulend im
Schnee zu kratzen anfängt, untersuchen sie den Ort
mit Stangen, und haben sie den menschlichen Körper
gefunden, so graben sie ihn heraus, tragen ihn in das
Hospitium und verwenden alle mögliche Mühe, um
ihn ins Leben zurückzurufen. Oft gelingt ihnen ihr
edles Bestreben, öfters aber bleibt ihnen nichts an-
deres zu thun übrig, als den Armen den letzten Lie-
besdienst zu leisten. Da die Erde fast das ganze
Jahr gefroren ist, kann man an kein Grab denken.
Der Leichnam wird in ein Leichentuch gehüllt, und in
die wenige Schritte entfernte Todtenkapelle getragen;
dort bleibt er, auf einem Tische ausgestreckt, so lange
liegen, bis ein anderer Verunglückter seine Stelle
einnimmt. Dann wird er an die Wände zu den
übrigen Todten gestellt, deren Verwesung bei dem
fortwährenden Frost so langsam vor sich geht, daß
oft Todte nach Jahren noch von ihren Freunden
wieder erkannt wurden. Man behauptet, daß die
Gesichtszüge 3 Jahre lang kenntlich bleiben, dann
schrumpft der Körper zu einer Mumie ein.

Wird dann der Weg minder gefahrvoll, so kom-
men aus den benachbarten Thälern diejenigen, die
einen Freund oder Verwandten vermissen, und sein
Schicksal ahnen, zum Hospitium, und tragen den
Leichnam in das heimathliche Thal hinab. Die
[Spaltenumbruch] Fremden aber bleiben in der Kapelle, neben welcher
eine Art von Friedhof angelegt ist, auf den die Ge-
beine gelegt werden, wenn sie sich in dem Todten-
gewölbe zu sehr anhäufen.

Die berühmten Hunde des St. Bernhardsberges
sind von spanischer Abkunft. Einer derselben, Ju-
piter
genannt, zeichnete sich vor einigen Jahren vor
allen seinen Gefährten durch ungeheure Größe, Kühn-
heit und Gewandtheit aus. Unter der großen Zahl
von Personen, welchen er das Leben gerettet, führte
man vorzüglich eine Frau und ihr Kind an. Er
hatte bemerkt, daß Reisende am Hospitium vorüber-
gegangen waren, und folgte alsogleich ihren Schrit-
ten. Einige Zeit darauf bemerkte einer der Geist-
lichen seine Abwesenheit, der seinen Spuren. nachging
und ihn an einer sehr gefährlichen Stelle wiederfand,
wo die arme Frau mit ihrem Kinde ohne dieses treue
Thier wahrscheinlich zu Grunde gegangen wäre.

Jn einiger Entfernung von dem Hospitium befin-
det sich ein kleiner See, der eine halbe Stunde im
Umkreise hat, und fast das ganze Jahr zugefroren
ist. Bei diesem See befand sich ehemals der erwähnte
Tempel des Jupiter, von dem der Berg den Na-
men Mons Jovis erhielt; selbst in unsern Zeiten sollen
noch Alterthümer dort gefunden werden. Vom Hospi-
tium nach Aosta ist der Weg für kleine Karren
fahrbar. Diese Straße soll schon den Römern be-
kannt gewesen seyn, und August soll sie zu einer
Heerstraße erhoben haben. Seit langer Zeit liegt es
in dem Plane einiger Privaten, diese Straße, durch
welche die kürzeste Verbindung der westlichen Schweiz
mit dem Seehafen Genua hergestellt wird, auch für
größere Wagen fahrbar zu machen.

[Ende Spaltensatz]

Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag.Redaktion von W. A. Gerle.

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[48/0008] Panorama des Universums. [Abbildung ( Der große St. Bernhardsberg. ) ] aufgerufen. Von ihren treuen und verständigen Hun- den, Marons genannt, die von einer eigenen Race, von starkem großen Wuchse sind, und an deren Hals eine blecherne Büchse befestigt ist, die die nöthigsten Mittel zur Erweckung der Scheintodten enthält, ge- leitet, eilen sie über Felsen und Eis nach jenem Platze hin, wo der Hund die Spur eines Menschen wittert. Sobald dieser stehen bleibt und heulend im Schnee zu kratzen anfängt, untersuchen sie den Ort mit Stangen, und haben sie den menschlichen Körper gefunden, so graben sie ihn heraus, tragen ihn in das Hospitium und verwenden alle mögliche Mühe, um ihn ins Leben zurückzurufen. Oft gelingt ihnen ihr edles Bestreben, öfters aber bleibt ihnen nichts an- deres zu thun übrig, als den Armen den letzten Lie- besdienst zu leisten. Da die Erde fast das ganze Jahr gefroren ist, kann man an kein Grab denken. Der Leichnam wird in ein Leichentuch gehüllt, und in die wenige Schritte entfernte Todtenkapelle getragen; dort bleibt er, auf einem Tische ausgestreckt, so lange liegen, bis ein anderer Verunglückter seine Stelle einnimmt. Dann wird er an die Wände zu den übrigen Todten gestellt, deren Verwesung bei dem fortwährenden Frost so langsam vor sich geht, daß oft Todte nach Jahren noch von ihren Freunden wieder erkannt wurden. Man behauptet, daß die Gesichtszüge 3 Jahre lang kenntlich bleiben, dann schrumpft der Körper zu einer Mumie ein. Wird dann der Weg minder gefahrvoll, so kom- men aus den benachbarten Thälern diejenigen, die einen Freund oder Verwandten vermissen, und sein Schicksal ahnen, zum Hospitium, und tragen den Leichnam in das heimathliche Thal hinab. Die Fremden aber bleiben in der Kapelle, neben welcher eine Art von Friedhof angelegt ist, auf den die Ge- beine gelegt werden, wenn sie sich in dem Todten- gewölbe zu sehr anhäufen. Die berühmten Hunde des St. Bernhardsberges sind von spanischer Abkunft. Einer derselben, Ju- piter genannt, zeichnete sich vor einigen Jahren vor allen seinen Gefährten durch ungeheure Größe, Kühn- heit und Gewandtheit aus. Unter der großen Zahl von Personen, welchen er das Leben gerettet, führte man vorzüglich eine Frau und ihr Kind an. Er hatte bemerkt, daß Reisende am Hospitium vorüber- gegangen waren, und folgte alsogleich ihren Schrit- ten. Einige Zeit darauf bemerkte einer der Geist- lichen seine Abwesenheit, der seinen Spuren. nachging und ihn an einer sehr gefährlichen Stelle wiederfand, wo die arme Frau mit ihrem Kinde ohne dieses treue Thier wahrscheinlich zu Grunde gegangen wäre. Jn einiger Entfernung von dem Hospitium befin- det sich ein kleiner See, der eine halbe Stunde im Umkreise hat, und fast das ganze Jahr zugefroren ist. Bei diesem See befand sich ehemals der erwähnte Tempel des Jupiter, von dem der Berg den Na- men Mons Jovis erhielt; selbst in unsern Zeiten sollen noch Alterthümer dort gefunden werden. Vom Hospi- tium nach Aosta ist der Weg für kleine Karren fahrbar. Diese Straße soll schon den Römern be- kannt gewesen seyn, und August soll sie zu einer Heerstraße erhoben haben. Seit langer Zeit liegt es in dem Plane einiger Privaten, diese Straße, durch welche die kürzeste Verbindung der westlichen Schweiz mit dem Seehafen Genua hergestellt wird, auch für größere Wagen fahrbar zu machen. Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. — Redaktion von W. A. Gerle.

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 6. Prag, 1834, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama06_1834/8>, abgerufen am 23.11.2024.