Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 13. Prag, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] vermischt rauchen, oder auch rein essen. Die Felder,
die zum Anbau des Opiums dienen, werden mit der
größten Sorgfalt bestellt; die Aussaat des Mohnes
geht im Monate Oktober vor sich. Drei Wochen
darnach untersucht man, ob der Same gekeimt und
Wurzel geschlagen hat, und beginnt sodann unver-
züglich mit der Bewässerung der Felder, die mittelst
Rinnen geschieht, von denen die Beete durchschnitten
sind. Wenn die Mohnköpfe zeitig zu werden begin-
nen, untersucht man täglich die am mindest wohlge-
rathenen derselben, um zu sehen, ob sie bereits Saft
zu geben anfangen. Man bedient sich hierzu eines
kleinen, sehr scharfen Messers, womit des Morgens
ein Einschnitt in den Mohnkopf gemacht wird; be-
merkt man Abends, daß ein Tropfen gummiartiger
Saft herausgequollen ist, woraus das Opium besteht,
so ist dieß ein Zeichen, daß alle Mohnköpfe reif sind.
Nun begibt sich eine Menge Leute von jedem Alter
und Geschlechte auf die Felder, um die Mohnköpfe
anzuzapfen. Dieß geschieht auf folgende Weise: Man
nimmt den Mohnkopf in die hohle Hand, wobei
man den Stiel zwischen zwei Fingern hält, und
macht dann mit der äußersten Vorsicht einen Ein-
schnitt, indem man sorgfältig Acht gibt, das innere
Häutchen nicht zu durchschneiden, denn in diesem
Falle würde der Mohnkopf sogleich absterben. Am
folgenden Morgen begibt man sich wieder auf das
Feld, und schabt leise mit einer kleinen Muschel den
hervorgequollenen Saft vom Mohnkopfe ab, und sam-
melt ihn dann in kleinen Gefäßen, die man zu die-
sem Zwecke bei sich führt. Dann wird abermals ein
Einschnitt gemacht, und Abends begibt man sich wie-
der auf das Feld, um wie am Morgen, den her-
vorgeträufelten Saft zu sammeln. Diese Ernte ge-
schieht in den Monaten Januar und Februar. So-
bald der Saft der Mohnköpfe hinlänglich gegohren
und die erforderliche Dichtigkeit erlangt hat, bildet
man daraus Kuchen. Die von den Mohnköpfen ge-
fallenen Blätter sind schon früher gesammelt, und
mittelst ein wenig Wasser an einander geklebt wor-
den, bis daraus ein tellergroßer Kuchen wurde. Auf
diesen legt man den Mohnsaft mit den Händen drei
bis vier Finger dick auf und bedeckt ihn dann mit
einer gleicher Blätterschichte. Jst dieß Alles geschehen,
so untersucht man die Kuchen sorgfältig, um sie nach
ihrer verschiedenen Güte zu sondern. Dann werden
sie in viereckige, mit Kupfer ausgelegte Kisten ver-
packt, auf denen man das Bruttogewicht des Opiums
bemerkt. Diese Kisten werden gewöhnlich nach Hou-
gly
oder Chinsura versendet und hier von Neuem
gewogen; findet man das angegebene Gewicht um
zwei oder drei Pfund leichter, so wird es als richtig
angenommen, da das Opium vertrocknet und an
Schwere verliert; ergibt sich aber ein größeres Ge-
wicht, so ist dieß ein Zeichen, daß das Opium wäh-
rend des Transportes Feuchtigkeit angezogen hat;
man bricht in diesem Falle die Kisten auf, läßt das
Opium wieder trocknen und sondert es dann noch
ein Mal, bevor es an den Ort seiner Bestimmung
abgesendet wird. Man rechnet, daß ein Stück Feld
von zehn Quadratruthen fünf bis sechs Pfund Opi-
um erzeugt. Die Opiumernte in Bahar wird jährlich
auf 16,000 Maons oder mehr als eine Million Pfd.
Opium angeschlagen, wovon ein großer Theil zu
Lande nach Hindostan, und von da nach ganz Allen
verführt wird.     L.



[Spaltenumbruch]
Der Dom zu Mailand.
( Aus " Menschen und Gegenden " von Karoline
von Woltmann ) .

Die Facade des Domes stellt sich kolossal
dar; allein man kann sie nicht recht als Einheit
fassen. Das Dach, der neuaufgebaute Theil, ist
glänzend weiß; gegen den Boden zu hat der Mar-
mor, aus dem das Gebäude errichtet ist, seines Al-
ters wegen, eine dunklere Farbe. Es macht sich
schön an sich, und indem es erinnert, wie viele
Menschenalter, seit 1386, an seiner Vollendung ge-
baut. Betrachtet man dann die unendlichen Ein-
zelnheiten des Baues in ihrer Ausführung; erwägt,
wie eine jegliche derselben Antheil, Ernst, Anstren-
gung, Wärme, Uebung eines Menschen zu ihrer Her-
vorbringung erfordert; wird man wie von einem
Gefühl der Ehrfurcht gegen denselben ergriffen.

Jm ersten Augenblicke nach dem Eintritt fielen
die Säulen mir als schwer auf; schlechte Gemälde
auf Leinwand in Rahmen, zwischen den Säulen zu
beiden Seiten des mittleren Schiffes aufgehängt,
störten den Eindruck des Ganzen. Bald verschwand
dieß vor dem Staunen über den ungeheuren über-
bauten Raum, der einer natürlichen Höhle gleicht.
Kleinlich und einzeln verlieren in ihm sich die Men-
schen; das Auge durchdringt nicht den Schatten,
worin Ferne und Dämmerung dessen Tiefe hüllen.
Durch die drei ungeheuren, gemalten Bogenfenster
dort, welche den Altar im Rücken umschließen, fällt
ein sonderbarer Farbenschein, Licht ist er nicht zu
nennen, hebt die schwarzgrauen Wände, Säulen,
Sarkophage und Bildwerke hervor. Ein etwas stär-
keres Licht fällt von den langen schmalen Fenstern
in den Seitenschiffen auf die unter denselben ange-
brachten Altäre, auf die zwischen denselben in der
Höhe und in der Tiefe befindlichen Denkmahle. Man
liest die Jnschriften an diesen; sie führen tief in die
Zeit zurück. Nachdem dieses Menschendaseyn geendet,
verflossen Jahrhunderte, bevor jenes Menschendaseyn
begann, welches nun auch schon seit Jahrhunderten
geendet hat. Ueber neuere Gräber, wie über das
Grab des Kardinals, der Napoleon hier zum
Könige der Lombardei salbte, scheint die Zeit noch
schneller hinzustürzen.

Es war Mittag, helles Sonnenlicht. Ein gel-
ber, greller Schein fiel auf ein graues Kruzifix, wel-
ches auf einem Balken angebracht ist, der nahe vor
dem Hauptaltare, hoch in der Luft, quer durch die
Kirche geht. Andere malerische Lichteffekte von oben-
her lockten den Blick in die Höhe. Die modernen
Fenster daselbst von gelbem, von buntem und weißem
Milchglase, die Malerei an der Decke des Haupt-
schiffes, Braun in Braun, eine Nachahmung gothi-
schen Meiselwerkes, ja selbst die gedachten Licht-
effekte, bringen etwas Profanes und Triviales in
den Eindruck von Geheimniß und Erhabenheit, wel-
chen das Jnnere jenes Marmorberges, in Dunkel
und Größe, mit seinen ungeheuren gemalten Bogen-
fenstern, seinen verschwärzten Marmormauern, seinem
halbtausendjährigen Daseyn macht; abgesehen davon,
daß die obern Fenster gegen Kunst und Farbenpracht
der alten Glasmalerei ganz unverhältnißmäßig ab-
stehen.

Wir bestiegen das Dach. Ein seltsamer ver-
worrener Formenwald von Statuen, Säulen, Säul-
chen, verzierten Pyramiden, Basreliefs, durchbrochenen
Schwingbögen mit durchbrochenen Rosetten, von Ba-
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] vermischt rauchen, oder auch rein essen. Die Felder,
die zum Anbau des Opiums dienen, werden mit der
größten Sorgfalt bestellt; die Aussaat des Mohnes
geht im Monate Oktober vor sich. Drei Wochen
darnach untersucht man, ob der Same gekeimt und
Wurzel geschlagen hat, und beginnt sodann unver-
züglich mit der Bewässerung der Felder, die mittelst
Rinnen geschieht, von denen die Beete durchschnitten
sind. Wenn die Mohnköpfe zeitig zu werden begin-
nen, untersucht man täglich die am mindest wohlge-
rathenen derselben, um zu sehen, ob sie bereits Saft
zu geben anfangen. Man bedient sich hierzu eines
kleinen, sehr scharfen Messers, womit des Morgens
ein Einschnitt in den Mohnkopf gemacht wird; be-
merkt man Abends, daß ein Tropfen gummiartiger
Saft herausgequollen ist, woraus das Opium besteht,
so ist dieß ein Zeichen, daß alle Mohnköpfe reif sind.
Nun begibt sich eine Menge Leute von jedem Alter
und Geschlechte auf die Felder, um die Mohnköpfe
anzuzapfen. Dieß geschieht auf folgende Weise: Man
nimmt den Mohnkopf in die hohle Hand, wobei
man den Stiel zwischen zwei Fingern hält, und
macht dann mit der äußersten Vorsicht einen Ein-
schnitt, indem man sorgfältig Acht gibt, das innere
Häutchen nicht zu durchschneiden, denn in diesem
Falle würde der Mohnkopf sogleich absterben. Am
folgenden Morgen begibt man sich wieder auf das
Feld, und schabt leise mit einer kleinen Muschel den
hervorgequollenen Saft vom Mohnkopfe ab, und sam-
melt ihn dann in kleinen Gefäßen, die man zu die-
sem Zwecke bei sich führt. Dann wird abermals ein
Einschnitt gemacht, und Abends begibt man sich wie-
der auf das Feld, um wie am Morgen, den her-
vorgeträufelten Saft zu sammeln. Diese Ernte ge-
schieht in den Monaten Januar und Februar. So-
bald der Saft der Mohnköpfe hinlänglich gegohren
und die erforderliche Dichtigkeit erlangt hat, bildet
man daraus Kuchen. Die von den Mohnköpfen ge-
fallenen Blätter sind schon früher gesammelt, und
mittelst ein wenig Wasser an einander geklebt wor-
den, bis daraus ein tellergroßer Kuchen wurde. Auf
diesen legt man den Mohnsaft mit den Händen drei
bis vier Finger dick auf und bedeckt ihn dann mit
einer gleicher Blätterschichte. Jst dieß Alles geschehen,
so untersucht man die Kuchen sorgfältig, um sie nach
ihrer verschiedenen Güte zu sondern. Dann werden
sie in viereckige, mit Kupfer ausgelegte Kisten ver-
packt, auf denen man das Bruttogewicht des Opiums
bemerkt. Diese Kisten werden gewöhnlich nach Hou-
gly
oder Chinsura versendet und hier von Neuem
gewogen; findet man das angegebene Gewicht um
zwei oder drei Pfund leichter, so wird es als richtig
angenommen, da das Opium vertrocknet und an
Schwere verliert; ergibt sich aber ein größeres Ge-
wicht, so ist dieß ein Zeichen, daß das Opium wäh-
rend des Transportes Feuchtigkeit angezogen hat;
man bricht in diesem Falle die Kisten auf, läßt das
Opium wieder trocknen und sondert es dann noch
ein Mal, bevor es an den Ort seiner Bestimmung
abgesendet wird. Man rechnet, daß ein Stück Feld
von zehn Quadratruthen fünf bis sechs Pfund Opi-
um erzeugt. Die Opiumernte in Bahar wird jährlich
auf 16,000 Maons oder mehr als eine Million Pfd.
Opium angeschlagen, wovon ein großer Theil zu
Lande nach Hindostan, und von da nach ganz Allen
verführt wird.     L.



[Spaltenumbruch]
Der Dom zu Mailand.
( Aus „ Menschen und Gegenden “ von Karoline
von Woltmann ) .

Die Façade des Domes stellt sich kolossal
dar; allein man kann sie nicht recht als Einheit
fassen. Das Dach, der neuaufgebaute Theil, ist
glänzend weiß; gegen den Boden zu hat der Mar-
mor, aus dem das Gebäude errichtet ist, seines Al-
ters wegen, eine dunklere Farbe. Es macht sich
schön an sich, und indem es erinnert, wie viele
Menschenalter, seit 1386, an seiner Vollendung ge-
baut. Betrachtet man dann die unendlichen Ein-
zelnheiten des Baues in ihrer Ausführung; erwägt,
wie eine jegliche derselben Antheil, Ernst, Anstren-
gung, Wärme, Uebung eines Menschen zu ihrer Her-
vorbringung erfordert; wird man wie von einem
Gefühl der Ehrfurcht gegen denselben ergriffen.

Jm ersten Augenblicke nach dem Eintritt fielen
die Säulen mir als schwer auf; schlechte Gemälde
auf Leinwand in Rahmen, zwischen den Säulen zu
beiden Seiten des mittleren Schiffes aufgehängt,
störten den Eindruck des Ganzen. Bald verschwand
dieß vor dem Staunen über den ungeheuren über-
bauten Raum, der einer natürlichen Höhle gleicht.
Kleinlich und einzeln verlieren in ihm sich die Men-
schen; das Auge durchdringt nicht den Schatten,
worin Ferne und Dämmerung dessen Tiefe hüllen.
Durch die drei ungeheuren, gemalten Bogenfenster
dort, welche den Altar im Rücken umschließen, fällt
ein sonderbarer Farbenschein, Licht ist er nicht zu
nennen, hebt die schwarzgrauen Wände, Säulen,
Sarkophage und Bildwerke hervor. Ein etwas stär-
keres Licht fällt von den langen schmalen Fenstern
in den Seitenschiffen auf die unter denselben ange-
brachten Altäre, auf die zwischen denselben in der
Höhe und in der Tiefe befindlichen Denkmahle. Man
liest die Jnschriften an diesen; sie führen tief in die
Zeit zurück. Nachdem dieses Menschendaseyn geendet,
verflossen Jahrhunderte, bevor jenes Menschendaseyn
begann, welches nun auch schon seit Jahrhunderten
geendet hat. Ueber neuere Gräber, wie über das
Grab des Kardinals, der Napoleon hier zum
Könige der Lombardei salbte, scheint die Zeit noch
schneller hinzustürzen.

Es war Mittag, helles Sonnenlicht. Ein gel-
ber, greller Schein fiel auf ein graues Kruzifix, wel-
ches auf einem Balken angebracht ist, der nahe vor
dem Hauptaltare, hoch in der Luft, quer durch die
Kirche geht. Andere malerische Lichteffekte von oben-
her lockten den Blick in die Höhe. Die modernen
Fenster daselbst von gelbem, von buntem und weißem
Milchglase, die Malerei an der Decke des Haupt-
schiffes, Braun in Braun, eine Nachahmung gothi-
schen Meiselwerkes, ja selbst die gedachten Licht-
effekte, bringen etwas Profanes und Triviales in
den Eindruck von Geheimniß und Erhabenheit, wel-
chen das Jnnere jenes Marmorberges, in Dunkel
und Größe, mit seinen ungeheuren gemalten Bogen-
fenstern, seinen verschwärzten Marmormauern, seinem
halbtausendjährigen Daseyn macht; abgesehen davon,
daß die obern Fenster gegen Kunst und Farbenpracht
der alten Glasmalerei ganz unverhältnißmäßig ab-
stehen.

Wir bestiegen das Dach. Ein seltsamer ver-
worrener Formenwald von Statuen, Säulen, Säul-
chen, verzierten Pyramiden, Basreliefs, durchbrochenen
Schwingbögen mit durchbrochenen Rosetten, von Ba-
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0004" n="100"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Panorama des Universums.</hi></fw><cb type="start"/>
vermischt rauchen, oder auch rein essen. Die Felder,<lb/>
die zum Anbau des Opiums dienen, werden mit der<lb/>
größten Sorgfalt bestellt; die Aussaat des Mohnes<lb/>
geht im Monate Oktober vor sich. Drei Wochen<lb/>
darnach untersucht man, ob der Same gekeimt und<lb/>
Wurzel geschlagen hat, und beginnt sodann unver-<lb/>
züglich mit der Bewässerung der Felder, die mittelst<lb/>
Rinnen geschieht, von denen die Beete durchschnitten<lb/>
sind. Wenn die Mohnköpfe zeitig zu werden begin-<lb/>
nen, untersucht man täglich die am mindest wohlge-<lb/>
rathenen derselben, um zu sehen, ob sie bereits Saft<lb/>
zu geben anfangen. Man bedient sich hierzu eines<lb/>
kleinen, sehr scharfen Messers, womit des Morgens<lb/>
ein Einschnitt in den Mohnkopf gemacht wird; be-<lb/>
merkt man Abends, daß ein Tropfen gummiartiger<lb/>
Saft herausgequollen ist, woraus das Opium besteht,<lb/>
so ist dieß ein Zeichen, daß alle Mohnköpfe reif sind.<lb/>
Nun begibt sich eine Menge Leute von jedem Alter<lb/>
und Geschlechte auf die Felder, um die Mohnköpfe<lb/>
anzuzapfen. Dieß geschieht auf folgende Weise: Man<lb/>
nimmt den Mohnkopf in die hohle Hand, wobei<lb/>
man den Stiel zwischen zwei Fingern hält, und<lb/>
macht dann mit der äußersten Vorsicht einen Ein-<lb/>
schnitt, indem man sorgfältig Acht gibt, das innere<lb/>
Häutchen nicht zu durchschneiden, denn in diesem<lb/>
Falle würde der Mohnkopf sogleich absterben. Am<lb/>
folgenden Morgen begibt man sich wieder auf das<lb/>
Feld, und schabt leise mit einer kleinen Muschel den<lb/>
hervorgequollenen Saft vom Mohnkopfe ab, und sam-<lb/>
melt ihn dann in kleinen Gefäßen, die man zu die-<lb/>
sem Zwecke bei sich führt. Dann wird abermals ein<lb/>
Einschnitt gemacht, und Abends begibt man sich wie-<lb/>
der auf das Feld, um wie am Morgen, den her-<lb/>
vorgeträufelten Saft zu sammeln. Diese Ernte ge-<lb/>
schieht in den Monaten Januar und Februar. So-<lb/>
bald der Saft der Mohnköpfe hinlänglich gegohren<lb/>
und die erforderliche Dichtigkeit erlangt hat, bildet<lb/>
man daraus Kuchen. Die von den Mohnköpfen ge-<lb/>
fallenen Blätter sind schon früher gesammelt, und<lb/>
mittelst ein wenig Wasser an einander geklebt wor-<lb/>
den, bis daraus ein tellergroßer Kuchen wurde. Auf<lb/>
diesen legt man den Mohnsaft mit den Händen drei<lb/>
bis vier Finger dick auf und bedeckt ihn dann mit<lb/>
einer gleicher Blätterschichte. Jst dieß Alles geschehen,<lb/>
so untersucht man die Kuchen sorgfältig, um sie nach<lb/>
ihrer verschiedenen Güte zu sondern. Dann werden<lb/>
sie in viereckige, mit Kupfer ausgelegte Kisten ver-<lb/>
packt, auf denen man das Bruttogewicht des Opiums<lb/>
bemerkt. Diese Kisten werden gewöhnlich nach <hi rendition="#g">Hou-<lb/>
gly</hi> oder <hi rendition="#g">Chinsura</hi> versendet und hier von Neuem<lb/>
gewogen; findet man das angegebene Gewicht um<lb/>
zwei oder drei Pfund leichter, so wird es als richtig<lb/>
angenommen, da das Opium vertrocknet und an<lb/>
Schwere verliert; ergibt sich aber ein größeres Ge-<lb/>
wicht, so ist dieß ein Zeichen, daß das Opium wäh-<lb/>
rend des Transportes Feuchtigkeit angezogen hat;<lb/>
man bricht in diesem Falle die Kisten auf, läßt das<lb/>
Opium wieder trocknen und sondert es dann noch<lb/>
ein Mal, bevor es an den Ort seiner Bestimmung<lb/>
abgesendet wird. Man rechnet, daß ein Stück Feld<lb/>
von zehn Quadratruthen fünf bis sechs Pfund Opi-<lb/>
um erzeugt. Die Opiumernte in Bahar wird jährlich<lb/>
auf 16,000 Maons oder mehr als eine Million Pfd.<lb/>
Opium angeschlagen, wovon ein großer Theil zu<lb/>
Lande nach Hindostan, und von da nach ganz Allen<lb/>
verführt wird.  <space dim="horizontal"/>  L.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb n="2"/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Der Dom zu Mailand</hi>.</hi><lb/>
( Aus &#x201E; <hi rendition="#g">Menschen</hi> und <hi rendition="#g">Gegenden</hi> &#x201C; von <hi rendition="#g">Karoline</hi><lb/>
von <hi rendition="#g">Woltmann</hi> ) .</head><lb/>
        <p>Die Fa<hi rendition="#aq">ç</hi>ade des Domes stellt sich kolossal<lb/>
dar; allein man kann sie nicht recht als Einheit<lb/>
fassen. Das Dach, der neuaufgebaute Theil, ist<lb/>
glänzend weiß; gegen den Boden zu hat der Mar-<lb/>
mor, aus dem das Gebäude errichtet ist, seines Al-<lb/>
ters wegen, eine dunklere Farbe. Es macht sich<lb/>
schön an sich, und indem es erinnert, wie viele<lb/>
Menschenalter, seit 1386, an seiner Vollendung ge-<lb/>
baut. Betrachtet man dann die unendlichen Ein-<lb/>
zelnheiten des Baues in ihrer Ausführung; erwägt,<lb/>
wie eine jegliche derselben Antheil, Ernst, Anstren-<lb/>
gung, Wärme, Uebung eines Menschen zu ihrer Her-<lb/>
vorbringung erfordert; wird man wie von einem<lb/>
Gefühl der Ehrfurcht gegen denselben ergriffen.</p><lb/>
        <p>Jm ersten Augenblicke nach dem Eintritt fielen<lb/>
die Säulen mir als schwer auf; schlechte Gemälde<lb/>
auf Leinwand in Rahmen, zwischen den Säulen zu<lb/>
beiden Seiten des mittleren Schiffes aufgehängt,<lb/>
störten den Eindruck des Ganzen. Bald verschwand<lb/>
dieß vor dem Staunen über den ungeheuren über-<lb/>
bauten Raum, der einer natürlichen Höhle gleicht.<lb/>
Kleinlich und einzeln verlieren in ihm sich die Men-<lb/>
schen; das Auge durchdringt nicht den Schatten,<lb/>
worin Ferne und Dämmerung dessen Tiefe hüllen.<lb/>
Durch die drei ungeheuren, gemalten Bogenfenster<lb/>
dort, welche den Altar im Rücken umschließen, fällt<lb/>
ein sonderbarer Farbenschein, Licht ist er nicht zu<lb/>
nennen, hebt die schwarzgrauen Wände, Säulen,<lb/>
Sarkophage und Bildwerke hervor. Ein etwas stär-<lb/>
keres Licht fällt von den langen schmalen Fenstern<lb/>
in den Seitenschiffen auf die unter denselben ange-<lb/>
brachten Altäre, auf die zwischen denselben in der<lb/>
Höhe und in der Tiefe befindlichen Denkmahle. Man<lb/>
liest die Jnschriften an diesen; sie führen tief in die<lb/>
Zeit zurück. Nachdem dieses Menschendaseyn geendet,<lb/>
verflossen Jahrhunderte, bevor jenes Menschendaseyn<lb/>
begann, welches nun auch schon seit Jahrhunderten<lb/>
geendet hat. Ueber neuere Gräber, wie über das<lb/>
Grab des Kardinals, der <hi rendition="#g">Napoleon</hi> hier zum<lb/>
Könige der Lombardei salbte, scheint die Zeit noch<lb/>
schneller hinzustürzen.</p><lb/>
        <p>Es war Mittag, helles Sonnenlicht. Ein gel-<lb/>
ber, greller Schein fiel auf ein graues Kruzifix, wel-<lb/>
ches auf einem Balken angebracht ist, der nahe vor<lb/>
dem Hauptaltare, hoch in der Luft, quer durch die<lb/>
Kirche geht. Andere malerische Lichteffekte von oben-<lb/>
her lockten den Blick in die Höhe. Die modernen<lb/>
Fenster daselbst von gelbem, von buntem und weißem<lb/>
Milchglase, die Malerei an der Decke des Haupt-<lb/>
schiffes, Braun in Braun, eine Nachahmung gothi-<lb/>
schen Meiselwerkes, ja selbst die gedachten Licht-<lb/>
effekte, bringen etwas Profanes und Triviales in<lb/>
den Eindruck von Geheimniß und Erhabenheit, wel-<lb/>
chen das Jnnere jenes Marmorberges, in Dunkel<lb/>
und Größe, mit seinen ungeheuren gemalten Bogen-<lb/>
fenstern, seinen verschwärzten Marmormauern, seinem<lb/>
halbtausendjährigen Daseyn macht; abgesehen davon,<lb/>
daß die obern Fenster gegen Kunst und Farbenpracht<lb/>
der alten Glasmalerei ganz unverhältnißmäßig ab-<lb/>
stehen.</p><lb/>
        <p>Wir bestiegen das Dach. Ein seltsamer ver-<lb/>
worrener Formenwald von Statuen, Säulen, Säul-<lb/>
chen, verzierten Pyramiden, Basreliefs, durchbrochenen<lb/>
Schwingbögen mit durchbrochenen Rosetten, von Ba-<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0004] Panorama des Universums. vermischt rauchen, oder auch rein essen. Die Felder, die zum Anbau des Opiums dienen, werden mit der größten Sorgfalt bestellt; die Aussaat des Mohnes geht im Monate Oktober vor sich. Drei Wochen darnach untersucht man, ob der Same gekeimt und Wurzel geschlagen hat, und beginnt sodann unver- züglich mit der Bewässerung der Felder, die mittelst Rinnen geschieht, von denen die Beete durchschnitten sind. Wenn die Mohnköpfe zeitig zu werden begin- nen, untersucht man täglich die am mindest wohlge- rathenen derselben, um zu sehen, ob sie bereits Saft zu geben anfangen. Man bedient sich hierzu eines kleinen, sehr scharfen Messers, womit des Morgens ein Einschnitt in den Mohnkopf gemacht wird; be- merkt man Abends, daß ein Tropfen gummiartiger Saft herausgequollen ist, woraus das Opium besteht, so ist dieß ein Zeichen, daß alle Mohnköpfe reif sind. Nun begibt sich eine Menge Leute von jedem Alter und Geschlechte auf die Felder, um die Mohnköpfe anzuzapfen. Dieß geschieht auf folgende Weise: Man nimmt den Mohnkopf in die hohle Hand, wobei man den Stiel zwischen zwei Fingern hält, und macht dann mit der äußersten Vorsicht einen Ein- schnitt, indem man sorgfältig Acht gibt, das innere Häutchen nicht zu durchschneiden, denn in diesem Falle würde der Mohnkopf sogleich absterben. Am folgenden Morgen begibt man sich wieder auf das Feld, und schabt leise mit einer kleinen Muschel den hervorgequollenen Saft vom Mohnkopfe ab, und sam- melt ihn dann in kleinen Gefäßen, die man zu die- sem Zwecke bei sich führt. Dann wird abermals ein Einschnitt gemacht, und Abends begibt man sich wie- der auf das Feld, um wie am Morgen, den her- vorgeträufelten Saft zu sammeln. Diese Ernte ge- schieht in den Monaten Januar und Februar. So- bald der Saft der Mohnköpfe hinlänglich gegohren und die erforderliche Dichtigkeit erlangt hat, bildet man daraus Kuchen. Die von den Mohnköpfen ge- fallenen Blätter sind schon früher gesammelt, und mittelst ein wenig Wasser an einander geklebt wor- den, bis daraus ein tellergroßer Kuchen wurde. Auf diesen legt man den Mohnsaft mit den Händen drei bis vier Finger dick auf und bedeckt ihn dann mit einer gleicher Blätterschichte. Jst dieß Alles geschehen, so untersucht man die Kuchen sorgfältig, um sie nach ihrer verschiedenen Güte zu sondern. Dann werden sie in viereckige, mit Kupfer ausgelegte Kisten ver- packt, auf denen man das Bruttogewicht des Opiums bemerkt. Diese Kisten werden gewöhnlich nach Hou- gly oder Chinsura versendet und hier von Neuem gewogen; findet man das angegebene Gewicht um zwei oder drei Pfund leichter, so wird es als richtig angenommen, da das Opium vertrocknet und an Schwere verliert; ergibt sich aber ein größeres Ge- wicht, so ist dieß ein Zeichen, daß das Opium wäh- rend des Transportes Feuchtigkeit angezogen hat; man bricht in diesem Falle die Kisten auf, läßt das Opium wieder trocknen und sondert es dann noch ein Mal, bevor es an den Ort seiner Bestimmung abgesendet wird. Man rechnet, daß ein Stück Feld von zehn Quadratruthen fünf bis sechs Pfund Opi- um erzeugt. Die Opiumernte in Bahar wird jährlich auf 16,000 Maons oder mehr als eine Million Pfd. Opium angeschlagen, wovon ein großer Theil zu Lande nach Hindostan, und von da nach ganz Allen verführt wird. L. Der Dom zu Mailand. ( Aus „ Menschen und Gegenden “ von Karoline von Woltmann ) . Die Façade des Domes stellt sich kolossal dar; allein man kann sie nicht recht als Einheit fassen. Das Dach, der neuaufgebaute Theil, ist glänzend weiß; gegen den Boden zu hat der Mar- mor, aus dem das Gebäude errichtet ist, seines Al- ters wegen, eine dunklere Farbe. Es macht sich schön an sich, und indem es erinnert, wie viele Menschenalter, seit 1386, an seiner Vollendung ge- baut. Betrachtet man dann die unendlichen Ein- zelnheiten des Baues in ihrer Ausführung; erwägt, wie eine jegliche derselben Antheil, Ernst, Anstren- gung, Wärme, Uebung eines Menschen zu ihrer Her- vorbringung erfordert; wird man wie von einem Gefühl der Ehrfurcht gegen denselben ergriffen. Jm ersten Augenblicke nach dem Eintritt fielen die Säulen mir als schwer auf; schlechte Gemälde auf Leinwand in Rahmen, zwischen den Säulen zu beiden Seiten des mittleren Schiffes aufgehängt, störten den Eindruck des Ganzen. Bald verschwand dieß vor dem Staunen über den ungeheuren über- bauten Raum, der einer natürlichen Höhle gleicht. Kleinlich und einzeln verlieren in ihm sich die Men- schen; das Auge durchdringt nicht den Schatten, worin Ferne und Dämmerung dessen Tiefe hüllen. Durch die drei ungeheuren, gemalten Bogenfenster dort, welche den Altar im Rücken umschließen, fällt ein sonderbarer Farbenschein, Licht ist er nicht zu nennen, hebt die schwarzgrauen Wände, Säulen, Sarkophage und Bildwerke hervor. Ein etwas stär- keres Licht fällt von den langen schmalen Fenstern in den Seitenschiffen auf die unter denselben ange- brachten Altäre, auf die zwischen denselben in der Höhe und in der Tiefe befindlichen Denkmahle. Man liest die Jnschriften an diesen; sie führen tief in die Zeit zurück. Nachdem dieses Menschendaseyn geendet, verflossen Jahrhunderte, bevor jenes Menschendaseyn begann, welches nun auch schon seit Jahrhunderten geendet hat. Ueber neuere Gräber, wie über das Grab des Kardinals, der Napoleon hier zum Könige der Lombardei salbte, scheint die Zeit noch schneller hinzustürzen. Es war Mittag, helles Sonnenlicht. Ein gel- ber, greller Schein fiel auf ein graues Kruzifix, wel- ches auf einem Balken angebracht ist, der nahe vor dem Hauptaltare, hoch in der Luft, quer durch die Kirche geht. Andere malerische Lichteffekte von oben- her lockten den Blick in die Höhe. Die modernen Fenster daselbst von gelbem, von buntem und weißem Milchglase, die Malerei an der Decke des Haupt- schiffes, Braun in Braun, eine Nachahmung gothi- schen Meiselwerkes, ja selbst die gedachten Licht- effekte, bringen etwas Profanes und Triviales in den Eindruck von Geheimniß und Erhabenheit, wel- chen das Jnnere jenes Marmorberges, in Dunkel und Größe, mit seinen ungeheuren gemalten Bogen- fenstern, seinen verschwärzten Marmormauern, seinem halbtausendjährigen Daseyn macht; abgesehen davon, daß die obern Fenster gegen Kunst und Farbenpracht der alten Glasmalerei ganz unverhältnißmäßig ab- stehen. Wir bestiegen das Dach. Ein seltsamer ver- worrener Formenwald von Statuen, Säulen, Säul- chen, verzierten Pyramiden, Basreliefs, durchbrochenen Schwingbögen mit durchbrochenen Rosetten, von Ba-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama13_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama13_1836/4
Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 13. Prag, 1836, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama13_1836/4>, abgerufen am 21.11.2024.