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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 40. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] machten. Nahe bei dieser Stadt auf dem Wege
nach Mekka haben einige Kaufleute sich Wohnun-
gen aus diesen Korallenmassen erbauen lassen, deren
Farbe und Schliff eine desto überraschendere Wir-
kung hervorbringt, da sie rings von ärmlichen Erd-
und Strohhütten umgeben sind.     L.



Die Schlangenpflanze.

Jm Jnnern von Afrika findet man eine Erschei-
nung, welche den Uebergang vom Pflanzenreich zu
der Thierwelt zu machen scheint. Dieses Naturwesen
hat die Gestalt einer gefleckten Schlange; es zieht
sich längs der Erde hin, und an der Stelle des
Kopfes erhebt sich eine Blume von glockenartiger
Gestalt, in deren Grunde sich eine klebrige Feuch-
tigkeit befindet. Fliegen und andere Jnsekten, durch
die Süße dieses Honigs angelockt, fliegen in die
Blume, und werden von dem klebrigen Safte fest-
gehalten. Alsobald schließt die Blume ihren Kelch,
und er bleibt so lange geschlossen, bis die Gefange-
nen zermalmt, und in Milchsaft verwandelt sind.
Die unverdaulichen Theile, als die Köpfe und Flü-
gel, werden durch zwei schneckenförmig gewundene
Oeffnungen im Jnnern ausgesondert. Diese Schlan-
genpflanze hat eine Haut, die Blättern gleicht, ein
weißes weiches Fleisch, und im Jnnern eine Art
von Knorpel mit einem gelben Mark erfüllt, welche
die Bewohner des Landes für eine sehr leckere Speise
halten.     M.



Der König der Verräther.

JakobI., König von Schottland wurde von
seinem Oheim Walter Graf von Athol, der sich
auf dessen Thron zu schwingen hoffte, zur Nachtzeit
in seinem Bette meuchlerisch ermordet. Aber der
Mörder empfing zu Edinburg den Lohn seiner
Missethat. Er wurde auf einen Pfeiler ausgestellt,
und vor dem versammelten Volke setzte man ihm
eine eiserne, im Feuer roth geglühte Krone auf das
Haupt, mit der Jnschrift: "Der König der Verrä-
ther!" Ein Sterndeuter hatte dem Grafen geweis-
sagt, er werde in einer großen Volksversammlung
öffentlich gekrönt werden.     L.



Die tanzenden Quäker.

Zu Cabanon, 140 Meilen von New=York
entfernt, besteht eine nicht zahlreiche, doch sehr son-
derbare religiöse Sekte, die tanzenden Quäker ge-
nannt. Sie besteht etwa aus 100 Männern und
80 Frauen, welche Gewänder von grauer Farbe
und abentheuerlichem Schnitte tragen. Die Grund-
lage ihres Glaubensbekenntnisses ist der Vers aus
der heiligen Schrift: "Und David tanzte vor der
Arche des Herrn!" woraus sie den Schluß gezogen
haben, der Herr müsse im Tanze verehrt werden.
Sie predigen niemals; aber jeden Sonntag versam-
meln sie sich, stellen sich in einer doppelten Reihe
auf, die Männer an einer, die Frauen an der an-
dern Seite, und vollbringen tanzend ihren Gottes-
dienst, welchem zuzusehen, ohne in ein Lächeln aus-
zubrechen, keine leichte Aufgabe ist, was jedoch von
den Alten eine sehr strenge Ermahnung nach sich
ziehen dürfte. Uebrigens sehen sie es gerne, wenn
Fremde zu ihrem Gottesdienste kommen, da sie sehr
arm sind, und die Zuschauer, aus Dankbarkeit für
[Spaltenumbruch] das ihnen gelieferte Schauspiel, gewöhnlich etwas
von den Gegenständen kaufen, die sie erzeugen. L.



Die Jungfrau von Pernstein.
( Mährische Sage. )

Als die polnische Fürstin Dombrawka das
Zeitliche gesegnet hatte, wurde Mähren vollkommen
als ein erobertes Land angesehen, und mußte den
namenlosen Uebermuth der polnischen Starosten er-
dulden. Die Burgen des Landes allzumal waren
in ihrer Hand, das ganze Land seufzte unter dem
harten Joche. Doch eben diese unerträgliche Bedrü-
ckung der Pohlen, die sich auch die Oberherrschaft
Böhmens zuzuwenden gewußt hatten, ermuthigte die
Mährer zu einem entscheidenden Unternehmen. Sie
verbanden sich heimlich, überfielen an einem bestimm-
ten Tage alle Pohlen, und jagten sie über die Grenze
in ihre Heimath. Alle Burgen Mährens waren
eingenommen, nur Pernstein trotzte jeder Gewalt,
welches ein edler Pohle, doch dem Stamme Wie-
nawa 's
( des Urahnherrn der Pernsteine ) ver-
wandt, so heldenmüthig vertheidigte, daß selbst seine
Töchter mit in den Reihen der Kämpfer standen.
Seine tapfere Vertheidigung, noch mehr aber seine
mährische Abkunft bewog die Belagerer alle Feind-
seligkeiten aufzuheben, und in freundschaftliche Ver-
bindung mit Zibrzid zu treten. Nur eine seiner
Töchter widerrieth dem Vater den von ihm ange-
nommenen Vertrag, und fuhr heftig fort, die Burg
zu vertheidigen. Da sank sie auf einmal mitten im
Kampfe durch den Stahl ihres erzürnten Vaters.
Jhren Namen behielt die Sage zwar nicht, doch der
Aberglaube sah sie selbst Jahrhunderte lang in den
Mauern ihrer Burg umherwallen. Wie die, als
Erbauerin der Schlösser Wittingau, Neuhaus
und Teltsch, noch mehr aber unter dem Namen
der weißen Frau, berühmte Berchta von Liech-
tenstein
der Schutzgeist des Rosenbergischen
Hauses blieb, so glaubte man auch, wenn die Gestalt
der Tochter Zibrzid's sich zeigte, einen ungewöhn-
lichen Vorfall im Schlosse erwarten, und in ihr noch
immer, bald warnend, bald freudige Begebnisse durch
Mienen verkündigend, die Beschützerin der Burg
Pernstein zu sehen. Jm weißen Kleide, mit auf-
gelöstem goldfarbigem Haare begegnete sie gläubigen
Laien und frommen Priestern, sittige Anreden mit
freundlichem, aber stummem Lächeln lohnend, freche
Aeußerungen oft mit schnellem Tode strafend. So
saßen einst am späten Abende mehrere Knappen in
der Burgherberge beim Trunke beisammen, und er-
zählten abwechselnd schauderhafte Mährchen von die-
sem Burggespenste. Da vermaß sich einer von ihnen
mit einem Eide, er wolle ihr, sobald er ihr nur be-
gegnen würde, einen Kuß geben. Schon nach eini-
gen Tagen erschien sie ihm. Er stürzte tollkühn auf
sie zu, um sie zu umarmen, was sie auch, dem An-
scheine nach, nicht verwehrte, aber er stürzte todt
zur Erde. Anders erging es dem Pater Johann
Drachowsky,
einem durch viele gelehrte Werke
berühmten Jesuiten, als er im Jahre 1626 auf sei-
nen Missionsreisen durch Böhmen und Mähren, auch
auf dem Schlosse Pernstein anlangte. Gleich nach
seiner Ankunft ließ er sich in demselben herumfüh-
ren und alle Merkwürdigkeiten zeigen. Als er so
die Warten und Thürme bestieg, und alle Gänge
und Gemächer der leeren Burg durchschritt, trat
jene Jungfrau aus einem Gemache hervor. Er hielt
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] machten. Nahe bei dieser Stadt auf dem Wege
nach Mekka haben einige Kaufleute sich Wohnun-
gen aus diesen Korallenmassen erbauen lassen, deren
Farbe und Schliff eine desto überraschendere Wir-
kung hervorbringt, da sie rings von ärmlichen Erd-
und Strohhütten umgeben sind.     L.



Die Schlangenpflanze.

Jm Jnnern von Afrika findet man eine Erschei-
nung, welche den Uebergang vom Pflanzenreich zu
der Thierwelt zu machen scheint. Dieses Naturwesen
hat die Gestalt einer gefleckten Schlange; es zieht
sich längs der Erde hin, und an der Stelle des
Kopfes erhebt sich eine Blume von glockenartiger
Gestalt, in deren Grunde sich eine klebrige Feuch-
tigkeit befindet. Fliegen und andere Jnsekten, durch
die Süße dieses Honigs angelockt, fliegen in die
Blume, und werden von dem klebrigen Safte fest-
gehalten. Alsobald schließt die Blume ihren Kelch,
und er bleibt so lange geschlossen, bis die Gefange-
nen zermalmt, und in Milchsaft verwandelt sind.
Die unverdaulichen Theile, als die Köpfe und Flü-
gel, werden durch zwei schneckenförmig gewundene
Oeffnungen im Jnnern ausgesondert. Diese Schlan-
genpflanze hat eine Haut, die Blättern gleicht, ein
weißes weiches Fleisch, und im Jnnern eine Art
von Knorpel mit einem gelben Mark erfüllt, welche
die Bewohner des Landes für eine sehr leckere Speise
halten.     M.



Der König der Verräther.

JakobI., König von Schottland wurde von
seinem Oheim Walter Graf von Athol, der sich
auf dessen Thron zu schwingen hoffte, zur Nachtzeit
in seinem Bette meuchlerisch ermordet. Aber der
Mörder empfing zu Edinburg den Lohn seiner
Missethat. Er wurde auf einen Pfeiler ausgestellt,
und vor dem versammelten Volke setzte man ihm
eine eiserne, im Feuer roth geglühte Krone auf das
Haupt, mit der Jnschrift: „Der König der Verrä-
ther!“ Ein Sterndeuter hatte dem Grafen geweis-
sagt, er werde in einer großen Volksversammlung
öffentlich gekrönt werden.     L.



Die tanzenden Quäker.

Zu Cabanon, 140 Meilen von New=York
entfernt, besteht eine nicht zahlreiche, doch sehr son-
derbare religiöse Sekte, die tanzenden Quäker ge-
nannt. Sie besteht etwa aus 100 Männern und
80 Frauen, welche Gewänder von grauer Farbe
und abentheuerlichem Schnitte tragen. Die Grund-
lage ihres Glaubensbekenntnisses ist der Vers aus
der heiligen Schrift: „Und David tanzte vor der
Arche des Herrn!“ woraus sie den Schluß gezogen
haben, der Herr müsse im Tanze verehrt werden.
Sie predigen niemals; aber jeden Sonntag versam-
meln sie sich, stellen sich in einer doppelten Reihe
auf, die Männer an einer, die Frauen an der an-
dern Seite, und vollbringen tanzend ihren Gottes-
dienst, welchem zuzusehen, ohne in ein Lächeln aus-
zubrechen, keine leichte Aufgabe ist, was jedoch von
den Alten eine sehr strenge Ermahnung nach sich
ziehen dürfte. Uebrigens sehen sie es gerne, wenn
Fremde zu ihrem Gottesdienste kommen, da sie sehr
arm sind, und die Zuschauer, aus Dankbarkeit für
[Spaltenumbruch] das ihnen gelieferte Schauspiel, gewöhnlich etwas
von den Gegenständen kaufen, die sie erzeugen. L.



Die Jungfrau von Pernstein.
( Mährische Sage. )

Als die polnische Fürstin Dombrawka das
Zeitliche gesegnet hatte, wurde Mähren vollkommen
als ein erobertes Land angesehen, und mußte den
namenlosen Uebermuth der polnischen Starosten er-
dulden. Die Burgen des Landes allzumal waren
in ihrer Hand, das ganze Land seufzte unter dem
harten Joche. Doch eben diese unerträgliche Bedrü-
ckung der Pohlen, die sich auch die Oberherrschaft
Böhmens zuzuwenden gewußt hatten, ermuthigte die
Mährer zu einem entscheidenden Unternehmen. Sie
verbanden sich heimlich, überfielen an einem bestimm-
ten Tage alle Pohlen, und jagten sie über die Grenze
in ihre Heimath. Alle Burgen Mährens waren
eingenommen, nur Pernstein trotzte jeder Gewalt,
welches ein edler Pohle, doch dem Stamme Wie-
nawa 's
( des Urahnherrn der Pernsteine ) ver-
wandt, so heldenmüthig vertheidigte, daß selbst seine
Töchter mit in den Reihen der Kämpfer standen.
Seine tapfere Vertheidigung, noch mehr aber seine
mährische Abkunft bewog die Belagerer alle Feind-
seligkeiten aufzuheben, und in freundschaftliche Ver-
bindung mit Zibrzid zu treten. Nur eine seiner
Töchter widerrieth dem Vater den von ihm ange-
nommenen Vertrag, und fuhr heftig fort, die Burg
zu vertheidigen. Da sank sie auf einmal mitten im
Kampfe durch den Stahl ihres erzürnten Vaters.
Jhren Namen behielt die Sage zwar nicht, doch der
Aberglaube sah sie selbst Jahrhunderte lang in den
Mauern ihrer Burg umherwallen. Wie die, als
Erbauerin der Schlösser Wittingau, Neuhaus
und Teltsch, noch mehr aber unter dem Namen
der weißen Frau, berühmte Berchta von Liech-
tenstein
der Schutzgeist des Rosenbergischen
Hauses blieb, so glaubte man auch, wenn die Gestalt
der Tochter Zibrzid's sich zeigte, einen ungewöhn-
lichen Vorfall im Schlosse erwarten, und in ihr noch
immer, bald warnend, bald freudige Begebnisse durch
Mienen verkündigend, die Beschützerin der Burg
Pernstein zu sehen. Jm weißen Kleide, mit auf-
gelöstem goldfarbigem Haare begegnete sie gläubigen
Laien und frommen Priestern, sittige Anreden mit
freundlichem, aber stummem Lächeln lohnend, freche
Aeußerungen oft mit schnellem Tode strafend. So
saßen einst am späten Abende mehrere Knappen in
der Burgherberge beim Trunke beisammen, und er-
zählten abwechselnd schauderhafte Mährchen von die-
sem Burggespenste. Da vermaß sich einer von ihnen
mit einem Eide, er wolle ihr, sobald er ihr nur be-
gegnen würde, einen Kuß geben. Schon nach eini-
gen Tagen erschien sie ihm. Er stürzte tollkühn auf
sie zu, um sie zu umarmen, was sie auch, dem An-
scheine nach, nicht verwehrte, aber er stürzte todt
zur Erde. Anders erging es dem Pater Johann
Drachowsky,
einem durch viele gelehrte Werke
berühmten Jesuiten, als er im Jahre 1626 auf sei-
nen Missionsreisen durch Böhmen und Mähren, auch
auf dem Schlosse Pernstein anlangte. Gleich nach
seiner Ankunft ließ er sich in demselben herumfüh-
ren und alle Merkwürdigkeiten zeigen. Als er so
die Warten und Thürme bestieg, und alle Gänge
und Gemächer der leeren Burg durchschritt, trat
jene Jungfrau aus einem Gemache hervor. Er hielt
[Ende Spaltensatz]

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Die unverdaulichen Theile, als die Köpfe und Flü- gel, werden durch zwei schneckenförmig gewundene Oeffnungen im Jnnern ausgesondert. Diese Schlan- genpflanze hat eine Haut, die Blättern gleicht, ein weißes weiches Fleisch, und im Jnnern eine Art von Knorpel mit einem gelben Mark erfüllt, welche die Bewohner des Landes für eine sehr leckere Speise halten. M. Der König der Verräther. JakobI., König von Schottland wurde von seinem Oheim Walter Graf von Athol, der sich auf dessen Thron zu schwingen hoffte, zur Nachtzeit in seinem Bette meuchlerisch ermordet. Aber der Mörder empfing zu Edinburg den Lohn seiner Missethat. Er wurde auf einen Pfeiler ausgestellt, und vor dem versammelten Volke setzte man ihm eine eiserne, im Feuer roth geglühte Krone auf das Haupt, mit der Jnschrift: „Der König der Verrä- ther!“ Ein Sterndeuter hatte dem Grafen geweis- sagt, er werde in einer großen Volksversammlung öffentlich gekrönt werden. L. Die tanzenden Quäker. 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Alle Burgen Mährens waren eingenommen, nur Pernstein trotzte jeder Gewalt, welches ein edler Pohle, doch dem Stamme Wie- nawa 's ( des Urahnherrn der Pernsteine ) ver- wandt, so heldenmüthig vertheidigte, daß selbst seine Töchter mit in den Reihen der Kämpfer standen. Seine tapfere Vertheidigung, noch mehr aber seine mährische Abkunft bewog die Belagerer alle Feind- seligkeiten aufzuheben, und in freundschaftliche Ver- bindung mit Zibrzid zu treten. Nur eine seiner Töchter widerrieth dem Vater den von ihm ange- nommenen Vertrag, und fuhr heftig fort, die Burg zu vertheidigen. Da sank sie auf einmal mitten im Kampfe durch den Stahl ihres erzürnten Vaters. Jhren Namen behielt die Sage zwar nicht, doch der Aberglaube sah sie selbst Jahrhunderte lang in den Mauern ihrer Burg umherwallen. Wie die, als Erbauerin der Schlösser Wittingau, Neuhaus und Teltsch, noch mehr aber unter dem Namen der weißen Frau, berühmte Berchta von Liech- tenstein der Schutzgeist des Rosenbergischen Hauses blieb, so glaubte man auch, wenn die Gestalt der Tochter Zibrzid's sich zeigte, einen ungewöhn- lichen Vorfall im Schlosse erwarten, und in ihr noch immer, bald warnend, bald freudige Begebnisse durch Mienen verkündigend, die Beschützerin der Burg Pernstein zu sehen. Jm weißen Kleide, mit auf- gelöstem goldfarbigem Haare begegnete sie gläubigen Laien und frommen Priestern, sittige Anreden mit freundlichem, aber stummem Lächeln lohnend, freche Aeußerungen oft mit schnellem Tode strafend. So saßen einst am späten Abende mehrere Knappen in der Burgherberge beim Trunke beisammen, und er- zählten abwechselnd schauderhafte Mährchen von die- sem Burggespenste. Da vermaß sich einer von ihnen mit einem Eide, er wolle ihr, sobald er ihr nur be- gegnen würde, einen Kuß geben. Schon nach eini- gen Tagen erschien sie ihm. Er stürzte tollkühn auf sie zu, um sie zu umarmen, was sie auch, dem An- scheine nach, nicht verwehrte, aber er stürzte todt zur Erde. Anders erging es dem Pater Johann Drachowsky, einem durch viele gelehrte Werke berühmten Jesuiten, als er im Jahre 1626 auf sei- nen Missionsreisen durch Böhmen und Mähren, auch auf dem Schlosse Pernstein anlangte. Gleich nach seiner Ankunft ließ er sich in demselben herumfüh- ren und alle Merkwürdigkeiten zeigen. Als er so die Warten und Thürme bestieg, und alle Gänge und Gemächer der leeren Burg durchschritt, trat jene Jungfrau aus einem Gemache hervor. Er hielt

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 40. Prag, 1834, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama40_1834/3>, abgerufen am 21.11.2024.