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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 38. Leipzig (Sachsen), 23. September 1843.

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Stiftung Jllnau bei Achern in Baden.
( Beschluß aus Nr. 37. )

Beide Haupthälften des großen Gebäudes sind völlig
symmetrisch gebaut und nur die innere Eintheilung ist
verschieden, aber gewiß höchst zweckmäßig. Jch werde
mit Beschreibung der hintern Facade oder der eigentlichen
Heilanstalt den Anfang machen. Zunächst der Kirche
befinden sich ( dreistöckig ) die Wohnräume für Pension-
nairs, d. h. für Kranke, welche aus eigenen Mitteln die
Kosten der Unterhaltung und Heilung bestreiten, und
außerhalb nach der Feldseite liegen die Spaziergärten für
diese Krankenclasse. Es verdient bemerkt zu werden, daß
grundsätzlich nur die Zinsen des Vermögens der Pensio-
naire in Anspruch genommen werden, das Capital aber
unangetastet bleibt und den Genesenen unverkürzt vorbe-
halten wird; reichen die Zinsen zur Bestreitung der Un-
kosten für die Unterhaltung nicht aus, so wird der Mehr-
betrag aus dem Fonds der Anstalt bestritten. Dies ist
eine lobenswerthe, höchst wohlwollende Einrichtung, deren
Segen in die Augen springt; denn was nützt am Ende
einem Wohlhabenden die Wiederkehr seiner Gesundheit,
wenn mittlerweile sein Vermögen über der Heilung drauf-
gegangen ist? Neben den Pensionairen wohnen ( zwei-
stöckig ) die Kranken aus höhern Ständen, neben diesen
( dreistöckig ) die Kranken aus den mittlern und untern
Ständen, und auf den Flügeln die Jrren leichtern
Grades. Alle diese verschiedenen Abtheilungen haben jede
ihre eigenen Spaziergärten vor dem Erdgeschoß. Die
Tobsüchtigen und Unreinlichen sind ganz von den andern
Kranken getrennt, ihr Geschrei kann das Ohr der erstern
nicht erreichen und sie haben statt eines Gartens blos
einen kleinen ummauerten Hof, worin sie in lichten Au-
genblicken sich ergehen dürfen. Ganz in ähnlicher Weise
ist die "Pflegeanstalt" in der vordern Facade eingerichtet,
links für die Männer, rechts für die Frauen, und deren
Spaziergärten liegen ebenfalls außerhalb der Gebäude vor
( hinter ) dem Erdgeschoß. Auch in der Pflegeanstalt be-
finden sich ganz abgesonderte Nebengebäude und Höfe
für die Tobsüchtigen u. s. w.

Beide Hauptfacaden sind durch vier Quer= oder
Transversalgebäude miteinander verbunden, worin sich be-
sondere Nebenanstalten befinden, nämlich 1 ) auf der
Männerseite die Werkstätten für Tischler, Drechsler,
Schlosser, Schuhmacher und Schneider, da es den Kran-
ken, welche diese Professionen trieben und noch hinrei-
chende Fähigkeit zum Betriebe besitzen, nicht nur gestat-
tet wird, sondern für sie sogar wünschenswerth ist, ihre
gewohnte Beschäftigung fortzusetzen; 2 ) auf der Frauen-
seite eine große Waschküche ( Dampfküche ) mit Bügelstu-
ben und Roll= ( Mangel= ) kammer; 3 ) auf der Män-
nerseite mit der Fronte nach dem Haupthofe ein schönes
Gebäude, worin unten die Geschäftszimmer für die Ärzte
und den Verwalter, die Wohnung des Portiers, das
Sprechzimmer für Fremde und die Wohnung des Se-
cretairs sich befinden; im zweiten Stock die Wohnung
des Directors, im dritten die des Verwalters; 4 ) diesem
schönen Gebäude gegenüber auf der Frauenseite, ebenfalls
Front nach dem mittlern Hofe, steht ein ganz ähnliches,
nur mit andern Bestimmungen, nämlich die große, wun-
derschön eingerichtete prachtvolle Haus= ( Dampf= ) küche
mit den dazu gehörigen Gemüsestuben im Erdgeschoß;
im zweiten und dritten Stock die Wohnungen des zwei-
ten und dritten Arztes und der beiden Geistlichen, eines
katholischen und eines evangelischen; 5 ) Ökonomiegebäude
für die Beamten. Jnmitten der Gebäude auf jeder Ge-
schlechtsseite liegt ein geräumiger Ökonomiehof mit einem
Brunnen, von vier Röhren des krystallreinsten Quell-
[Spaltenumbruch] wassers. Endlich ist noch der sehr ausgedehnten Bade-
anstalten zu gedenken, die an passenden Orten ganz
zweckmäßig eingeschoben sind. Auch für Bäder in flie-
ßendem Wasser für die dazu Befähigten soll bald ge-
sorgt werden. Jm Allgemeinen ist zu bemerken, daß
man die Stellung des großen Vierecks absichtlich in Be-
zug auf die Himmelsgegenden so gewählt hat, daß keine
Seite desselben ganz gegen Norden gerichtet steht. Die
hintere Seite ( nach dem Gebirge zu ) wurde deshalb für
die Heilbaren bestimmt, weil hier die schönere Aussicht
ist. Der Corridor läuft sowol in der Heil= als in der
Pflegeanstalt an der Hofseite rundherum ununterbrochen
fort, sodaß die Ärzte, Wärter oder sonstige Angestellte
freie Circulation haben, ohne einen Hof passiren zu dür-
fen. Alle Zwischenthüren sind mit Stiftschlössern verse-
hen, die nur durch einen eigenen Schlüssel, aber schnell und
ohne Mühe sich öffnen lassen. Alle Zimmer der einzelnen
Abtheilungen sind mit ihren Fenstern in Gottes freie Na-
tur gerichtet. Nur in den dreistöckigen Pavillons befinden
sich doppelte Zimmerreihen, doch liegen die Versamm-
lungszimmer, deren jede Abtheilung eines hat, nach der
Feldseite. Jede Abtheilung hat außerdem ihre Schlaf-
zimmer, eigene Treppen, eigene Galerien, eigene Höfe
und Ausgang ins Freie. Von den Pensionairen erhal-
ten die meisten neben einer eigenen Stube auch noch eine
Kammer, die übrigen theils eigene Zimmer, theils ge-
meinschaftliche Schlafsäle. Kranke aus den höhern Stän-
den finden sowol in der Heil= als Pflegeanstalt einen
Billardsaal, da man den Grundsatz festhält, den See-
lenkranken so viel als möglich in dem Bereiche seiner ge-
wohnten oder liebgewonnenen Bedürfnisse oder Beschäfti-
gungen und Zerstreuungen zu erhalten. Daß sich unter
der Kirche ein Saal zu gemeinschaftlichen Festen befin-
det, habe ich schon erwähnt, in der Kirche selbst sind
aber die Geschlechter durch eine Scheidewand voneinander
abgesondert. Unter Festhaltung der gestellten Hauptbe-
dingungen und bei dem so verschiedenartigen Raumbe-
dürfnisse war es gewiß keine leichte Aufgabe für den
Baumeister, die äußere Symmetrie beizubehalten. Jn
der Regel ist die Zahl der männlichen Seelenkranken grö-
ßer als die der weiblichen, es mußten also die disponiblen
Räume auf der Frauenseite mit Geschicklichkeit anderwei-
tig benutzt werden, wenn die Symmetrie der Architektur
nicht leiden sollte, und man muß gestehen, daß die Auf-
gabe mit großem Geschick gelöst worden ist.

Der Besuch der Zimmer, welche durch Kranke be-
wohnt sind, ist den Fremden in der Regel nicht gestat-
tet, womit man sich nur einverstanden erklären kann;
einem gemüthvollen Menschen wird es ohnehin kein Ver-
gnügen gewähren, durch den Anblick seiner unglücklichen
Mitmenschen eine oft unzeitige Neugierde befriedigt zu se-
hen. Zu den unbewohnten Zimmern erhält jeder anständige
Fremde Zutritt. Sie sind in dem ersten und zweiten
Stock 12 Fuß, im dritten 10 Fuß hoch, überall freund-
lich gemalt, für die Kranken aus höhern Ständen und
die Pensionaire sogar gefällig tapezirt. Musterhafte
Ordnung und die höchste Reinlichkeit verbreiten sich wie
ein wahres Festkleid über alle Theile dieser vortrefflichen
Anstalt.

Das Princip für die Behandlung der Kranken und
Pfleglinge heißt: Menschlichkeit, Menschenfreundlichkeit,
Liebe, Güte und Duldung. Jn der Ausübung dieser
echt christlichen Tugenden wetteifert das ärztliche Perso-
nal, sowie alle Beamte und Angestellte in Stiftung Jll-
nau von seinem würdigen Director bis zum letzten Wär-
ter herunter. Jede gewaltthätige Behandlung der Kran-
ken in Form von Bestrafung ist streng ausgeschlossen.
Was irgend nur im weitesten und engsten Sinne des
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Stiftung Jllnau bei Achern in Baden.
( Beschluß aus Nr. 37. )

Beide Haupthälften des großen Gebäudes sind völlig
symmetrisch gebaut und nur die innere Eintheilung ist
verschieden, aber gewiß höchst zweckmäßig. Jch werde
mit Beschreibung der hintern Façade oder der eigentlichen
Heilanstalt den Anfang machen. Zunächst der Kirche
befinden sich ( dreistöckig ) die Wohnräume für Pension-
nairs, d. h. für Kranke, welche aus eigenen Mitteln die
Kosten der Unterhaltung und Heilung bestreiten, und
außerhalb nach der Feldseite liegen die Spaziergärten für
diese Krankenclasse. Es verdient bemerkt zu werden, daß
grundsätzlich nur die Zinsen des Vermögens der Pensio-
naire in Anspruch genommen werden, das Capital aber
unangetastet bleibt und den Genesenen unverkürzt vorbe-
halten wird; reichen die Zinsen zur Bestreitung der Un-
kosten für die Unterhaltung nicht aus, so wird der Mehr-
betrag aus dem Fonds der Anstalt bestritten. Dies ist
eine lobenswerthe, höchst wohlwollende Einrichtung, deren
Segen in die Augen springt; denn was nützt am Ende
einem Wohlhabenden die Wiederkehr seiner Gesundheit,
wenn mittlerweile sein Vermögen über der Heilung drauf-
gegangen ist? Neben den Pensionairen wohnen ( zwei-
stöckig ) die Kranken aus höhern Ständen, neben diesen
( dreistöckig ) die Kranken aus den mittlern und untern
Ständen, und auf den Flügeln die Jrren leichtern
Grades. Alle diese verschiedenen Abtheilungen haben jede
ihre eigenen Spaziergärten vor dem Erdgeschoß. Die
Tobsüchtigen und Unreinlichen sind ganz von den andern
Kranken getrennt, ihr Geschrei kann das Ohr der erstern
nicht erreichen und sie haben statt eines Gartens blos
einen kleinen ummauerten Hof, worin sie in lichten Au-
genblicken sich ergehen dürfen. Ganz in ähnlicher Weise
ist die „Pflegeanstalt“ in der vordern Façade eingerichtet,
links für die Männer, rechts für die Frauen, und deren
Spaziergärten liegen ebenfalls außerhalb der Gebäude vor
( hinter ) dem Erdgeschoß. Auch in der Pflegeanstalt be-
finden sich ganz abgesonderte Nebengebäude und Höfe
für die Tobsüchtigen u. s. w.

Beide Hauptfaçaden sind durch vier Quer= oder
Transversalgebäude miteinander verbunden, worin sich be-
sondere Nebenanstalten befinden, nämlich 1 ) auf der
Männerseite die Werkstätten für Tischler, Drechsler,
Schlosser, Schuhmacher und Schneider, da es den Kran-
ken, welche diese Professionen trieben und noch hinrei-
chende Fähigkeit zum Betriebe besitzen, nicht nur gestat-
tet wird, sondern für sie sogar wünschenswerth ist, ihre
gewohnte Beschäftigung fortzusetzen; 2 ) auf der Frauen-
seite eine große Waschküche ( Dampfküche ) mit Bügelstu-
ben und Roll= ( Mangel= ) kammer; 3 ) auf der Män-
nerseite mit der Fronte nach dem Haupthofe ein schönes
Gebäude, worin unten die Geschäftszimmer für die Ärzte
und den Verwalter, die Wohnung des Portiers, das
Sprechzimmer für Fremde und die Wohnung des Se-
cretairs sich befinden; im zweiten Stock die Wohnung
des Directors, im dritten die des Verwalters; 4 ) diesem
schönen Gebäude gegenüber auf der Frauenseite, ebenfalls
Front nach dem mittlern Hofe, steht ein ganz ähnliches,
nur mit andern Bestimmungen, nämlich die große, wun-
derschön eingerichtete prachtvolle Haus= ( Dampf= ) küche
mit den dazu gehörigen Gemüsestuben im Erdgeschoß;
im zweiten und dritten Stock die Wohnungen des zwei-
ten und dritten Arztes und der beiden Geistlichen, eines
katholischen und eines evangelischen; 5 ) Ökonomiegebäude
für die Beamten. Jnmitten der Gebäude auf jeder Ge-
schlechtsseite liegt ein geräumiger Ökonomiehof mit einem
Brunnen, von vier Röhren des krystallreinsten Quell-
[Spaltenumbruch] wassers. Endlich ist noch der sehr ausgedehnten Bade-
anstalten zu gedenken, die an passenden Orten ganz
zweckmäßig eingeschoben sind. Auch für Bäder in flie-
ßendem Wasser für die dazu Befähigten soll bald ge-
sorgt werden. Jm Allgemeinen ist zu bemerken, daß
man die Stellung des großen Vierecks absichtlich in Be-
zug auf die Himmelsgegenden so gewählt hat, daß keine
Seite desselben ganz gegen Norden gerichtet steht. Die
hintere Seite ( nach dem Gebirge zu ) wurde deshalb für
die Heilbaren bestimmt, weil hier die schönere Aussicht
ist. Der Corridor läuft sowol in der Heil= als in der
Pflegeanstalt an der Hofseite rundherum ununterbrochen
fort, sodaß die Ärzte, Wärter oder sonstige Angestellte
freie Circulation haben, ohne einen Hof passiren zu dür-
fen. Alle Zwischenthüren sind mit Stiftschlössern verse-
hen, die nur durch einen eigenen Schlüssel, aber schnell und
ohne Mühe sich öffnen lassen. Alle Zimmer der einzelnen
Abtheilungen sind mit ihren Fenstern in Gottes freie Na-
tur gerichtet. Nur in den dreistöckigen Pavillons befinden
sich doppelte Zimmerreihen, doch liegen die Versamm-
lungszimmer, deren jede Abtheilung eines hat, nach der
Feldseite. Jede Abtheilung hat außerdem ihre Schlaf-
zimmer, eigene Treppen, eigene Galerien, eigene Höfe
und Ausgang ins Freie. Von den Pensionairen erhal-
ten die meisten neben einer eigenen Stube auch noch eine
Kammer, die übrigen theils eigene Zimmer, theils ge-
meinschaftliche Schlafsäle. Kranke aus den höhern Stän-
den finden sowol in der Heil= als Pflegeanstalt einen
Billardsaal, da man den Grundsatz festhält, den See-
lenkranken so viel als möglich in dem Bereiche seiner ge-
wohnten oder liebgewonnenen Bedürfnisse oder Beschäfti-
gungen und Zerstreuungen zu erhalten. Daß sich unter
der Kirche ein Saal zu gemeinschaftlichen Festen befin-
det, habe ich schon erwähnt, in der Kirche selbst sind
aber die Geschlechter durch eine Scheidewand voneinander
abgesondert. Unter Festhaltung der gestellten Hauptbe-
dingungen und bei dem so verschiedenartigen Raumbe-
dürfnisse war es gewiß keine leichte Aufgabe für den
Baumeister, die äußere Symmetrie beizubehalten. Jn
der Regel ist die Zahl der männlichen Seelenkranken grö-
ßer als die der weiblichen, es mußten also die disponiblen
Räume auf der Frauenseite mit Geschicklichkeit anderwei-
tig benutzt werden, wenn die Symmetrie der Architektur
nicht leiden sollte, und man muß gestehen, daß die Auf-
gabe mit großem Geschick gelöst worden ist.

Der Besuch der Zimmer, welche durch Kranke be-
wohnt sind, ist den Fremden in der Regel nicht gestat-
tet, womit man sich nur einverstanden erklären kann;
einem gemüthvollen Menschen wird es ohnehin kein Ver-
gnügen gewähren, durch den Anblick seiner unglücklichen
Mitmenschen eine oft unzeitige Neugierde befriedigt zu se-
hen. Zu den unbewohnten Zimmern erhält jeder anständige
Fremde Zutritt. Sie sind in dem ersten und zweiten
Stock 12 Fuß, im dritten 10 Fuß hoch, überall freund-
lich gemalt, für die Kranken aus höhern Ständen und
die Pensionaire sogar gefällig tapezirt. Musterhafte
Ordnung und die höchste Reinlichkeit verbreiten sich wie
ein wahres Festkleid über alle Theile dieser vortrefflichen
Anstalt.

Das Princip für die Behandlung der Kranken und
Pfleglinge heißt: Menschlichkeit, Menschenfreundlichkeit,
Liebe, Güte und Duldung. Jn der Ausübung dieser
echt christlichen Tugenden wetteifert das ärztliche Perso-
nal, sowie alle Beamte und Angestellte in Stiftung Jll-
nau von seinem würdigen Director bis zum letzten Wär-
ter herunter. Jede gewaltthätige Behandlung der Kran-
ken in Form von Bestrafung ist streng ausgeschlossen.
Was irgend nur im weitesten und engsten Sinne des
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Dies ist eine lobenswerthe, höchst wohlwollende Einrichtung, deren Segen in die Augen springt; denn was nützt am Ende einem Wohlhabenden die Wiederkehr seiner Gesundheit, wenn mittlerweile sein Vermögen über der Heilung drauf- gegangen ist? Neben den Pensionairen wohnen ( zwei- stöckig ) die Kranken aus höhern Ständen, neben diesen ( dreistöckig ) die Kranken aus den mittlern und untern Ständen, und auf den Flügeln die Jrren leichtern Grades. Alle diese verschiedenen Abtheilungen haben jede ihre eigenen Spaziergärten vor dem Erdgeschoß. Die Tobsüchtigen und Unreinlichen sind ganz von den andern Kranken getrennt, ihr Geschrei kann das Ohr der erstern nicht erreichen und sie haben statt eines Gartens blos einen kleinen ummauerten Hof, worin sie in lichten Au- genblicken sich ergehen dürfen. 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Alle Zwischenthüren sind mit Stiftschlössern verse- hen, die nur durch einen eigenen Schlüssel, aber schnell und ohne Mühe sich öffnen lassen. Alle Zimmer der einzelnen Abtheilungen sind mit ihren Fenstern in Gottes freie Na- tur gerichtet. Nur in den dreistöckigen Pavillons befinden sich doppelte Zimmerreihen, doch liegen die Versamm- lungszimmer, deren jede Abtheilung eines hat, nach der Feldseite. Jede Abtheilung hat außerdem ihre Schlaf- zimmer, eigene Treppen, eigene Galerien, eigene Höfe und Ausgang ins Freie. Von den Pensionairen erhal- ten die meisten neben einer eigenen Stube auch noch eine Kammer, die übrigen theils eigene Zimmer, theils ge- meinschaftliche Schlafsäle. Kranke aus den höhern Stän- den finden sowol in der Heil= als Pflegeanstalt einen Billardsaal, da man den Grundsatz festhält, den See- lenkranken so viel als möglich in dem Bereiche seiner ge- wohnten oder liebgewonnenen Bedürfnisse oder Beschäfti- gungen und Zerstreuungen zu erhalten. Daß sich unter der Kirche ein Saal zu gemeinschaftlichen Festen befin- det, habe ich schon erwähnt, in der Kirche selbst sind aber die Geschlechter durch eine Scheidewand voneinander abgesondert. Unter Festhaltung der gestellten Hauptbe- dingungen und bei dem so verschiedenartigen Raumbe- dürfnisse war es gewiß keine leichte Aufgabe für den Baumeister, die äußere Symmetrie beizubehalten. Jn der Regel ist die Zahl der männlichen Seelenkranken grö- ßer als die der weiblichen, es mußten also die disponiblen Räume auf der Frauenseite mit Geschicklichkeit anderwei- tig benutzt werden, wenn die Symmetrie der Architektur nicht leiden sollte, und man muß gestehen, daß die Auf- gabe mit großem Geschick gelöst worden ist. Der Besuch der Zimmer, welche durch Kranke be- wohnt sind, ist den Fremden in der Regel nicht gestat- tet, womit man sich nur einverstanden erklären kann; einem gemüthvollen Menschen wird es ohnehin kein Ver- gnügen gewähren, durch den Anblick seiner unglücklichen Mitmenschen eine oft unzeitige Neugierde befriedigt zu se- hen. Zu den unbewohnten Zimmern erhält jeder anständige Fremde Zutritt. Sie sind in dem ersten und zweiten Stock 12 Fuß, im dritten 10 Fuß hoch, überall freund- lich gemalt, für die Kranken aus höhern Ständen und die Pensionaire sogar gefällig tapezirt. Musterhafte Ordnung und die höchste Reinlichkeit verbreiten sich wie ein wahres Festkleid über alle Theile dieser vortrefflichen Anstalt. Das Princip für die Behandlung der Kranken und Pfleglinge heißt: Menschlichkeit, Menschenfreundlichkeit, Liebe, Güte und Duldung. Jn der Ausübung dieser echt christlichen Tugenden wetteifert das ärztliche Perso- nal, sowie alle Beamte und Angestellte in Stiftung Jll- nau von seinem würdigen Director bis zum letzten Wär- ter herunter. Jede gewaltthätige Behandlung der Kran- ken in Form von Bestrafung ist streng ausgeschlossen. Was irgend nur im weitesten und engsten Sinne des

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 38. Leipzig (Sachsen), 23. September 1843, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig038_1843/7>, abgerufen am 03.12.2024.