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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 71. Leipzig (Sachsen), 4. Mai 1854.

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[Beginn Spaltensatz] Sache herausrücken. Zuerst aber eine Frage: Jst Jh-
ren denn Jhr Schlößchen, das Sie jetzt mit Jhrer
Magd allein bewohnen, nicht zu einsam?"

Jutta erwiderte: "Soll ich es offen bekennen, geehr-
ter Herr Wenzel, so muß ich Jhnen gestehen, daß ich
mich in dem mir sonst so lieben Hause doch recht ab-
geschlossen fühle, seit meine Söhne dasselbe verlassen
aben."

Nun, meinte Herr Wenzel, ich hoffe für Sie einen
Ausweg gefunden zu haben. Schon seit langer Zeit
ist mir gerade Jhr Schlößchen so angenehm erschienen,
daß ich mich oft danach gesehnt habe, auch ein solches
einfaches Landhaus zu besitzen. Da erfahre ich, daß
ein Kaufmann in unserer Stadt beabsichtigt, Jhnen
Jhre Wohnung feil zu machen und darum griff ich
gleich nach Stock und Hut, um zu Jhrem Besitzthume
den ersten Liebhaber abzugeben. Sind Sie also wil-
lens, Jhr Schlößchen zu verkaufen, dann bitte ich
Sie, mir den Vorzug als Käufer zu lassen. Der Un-
terhändler des kauflustigen Handelsgenossen in der Stadt
spricht jedenfalls in kürzester Zeit bei Jhnen ein; er hat
mir versichert, daß er Auftrag habe, bis auf 2000
Thaler hinaufzugehen, ich aber zahle Jhnen gern 500
Thaler mehr, und Sie verpflichten mich zu Danke,
wenn Sie mir Jhre Besitzung abtreten.

Dies Alles kam der Jutta so schnell über den
Hals, daß sie nicht wußte, was sie sagen sollte. Man
bot ihr für das Schlößchen viel mehr, als der Haupt-
mann früher gegeben hatte; man kam ihren Wünschen,
in der Stadt sein zu können, zuvor; sie selbst wußte
recht gut, daß ihr Landhaus einer bedeutenden Repa-
ratur bedurfte, die sie aus ihren Mitteln nicht bestrei-
ten konnte. Sinnend saß Jutta ein Weilchen an der
Seite Herrn Wenzel's, dann sprach Sie: "Verehrter
Freund! Die Räume, in welchen man Lust und Weh
des Lebens getragen hat, werden uns lieb und theuer,
daher ist es recht schwer, sich von denselben loszureißen;
ich sehe aber auch, daß Jhr Antrag für mich nur vor-
theilhaft sein kann, und Sie selbst scheinen an dem
Landhause Wohlgefallen zu haben, darum will ich mich
nicht lange bedenken. Nehmen Sie mein Schlößchen
für 2000 Thaler und erlauben Sie mir und meinen
Söhnen nur, zuweilen in dasselbe mit eintreten zu
dürfen!"

Herr Wenzel antwortete: "Jch würde für das
Landhaus jedem Fremden 2500 Thaler gegeben haben
und diese Summe müssen auch Sie von mir annehmen,
sonst kann aus dem Handel nichts werden! Bin ich
Jhnen ja doch schon zu herzlichstem Danke verpflichtet,
daß Sie mir meinen Lieblingswunsch erfüllen. Uebri-
gens sehe ich recht gut ein, daß jede kleine Scholle,
jedes Plätzchen, jeder schattige Baum uns lieb wird,
wenn Erinnerungen damit in Verbindung stehen; darum
gestatte ich Jhnen und Jhren Söhnen am Schlößchen
gern und zu jeder Zeit das Wiederkaufsrecht."

Jutta mochte noch Bedenklichkeiten aufstellen, so
viel sie wollte, sie mußte sich endlich zu Abschließung
des Handels, wie Wenzel es wünschte, bequemen,
hatte aber keine Ahnung davon, daß er dies Alles um
ihretwillen that. Nach wenigen Monaten war der
Kaufcontract vor Gericht bestätigt und Jutta wohnte
in der Stadt in einem freundlichen Logis, das nur
eine kleine Strecke von der Wenzel'schen Handlung ent-
fernt lag.

Da Wenzel's Geschäft in so hohen Schwung kam,
so konnte der Chef desselben auch noch ein leidliches
Sümmchen an das Schloß wenden. Dasselbe wurde
reparirt und mit jedem Jahre verschönert. Die Bu-
[Spaltenumbruch] chenwaldung, welche das Haus umzog, ließ Wenzel
mit Sandgängen durchziehen und die freien Plätze
verzierte er mit Blumenanlagen. Nach wenig Jahren
war das Schlößchen in einen lieblichen Lustsitz umge-
wandelt und in demselben Grade, wie dieses Landhaus
sich verschönerte, nahm auch der Wohlstand Wenzel's
zu. Jutta und ihre Söhne waren dabei ebenso glück-
lich als das ihnen so innig befreundete Wenzel'sche
Ehepaar; die Jahre flohen schneller hin, als sie selbst
es wünschten.

Kurt hatte nach vier Jahren seine Lehrzeit vollen-
det; er war ein recht wackerer junger Kaufmann ge-
worden. Seinen Plan, zur See zu gehen, hatte er
nicht aufgegeben, derselbe war vielmehr in ihm ganz
zur Reife gekommen. So sehr Jutta davor erbebte,
ihren Sohn auf den stürmischen Wellen des Meers sich
zu denken, so wenig vermochte sie ihn auf andere Ge-
danken zu bringen. Herr Wenzel versuchte es gar
nicht, Kurt auf etwas Anderes zu leiten; denn er
meinte, daß man jedem Menschen Gelegenheit lassen
müsse, in der Welt etwas zu versuchen und daß schon
Millionen auf der See ihr Glück gefunden hätten.

Ein Jahr lang konnte Jutta ihren Kurt noch zu-
rückhalten, dann aber führte er seinen Plan aus. Da
in Bezug auf denselben Herr Wenzel mehr auf der
Seite Kurt's stand, so suchte sich Jutta zu fassen und
gab endlich zur Abreise Kurt's ihre Einwilligung.
Während die sorgende Mutter Alles darauf vorberei-
tete, that Herr Wenzel auch das Seine. Kurt wollte
nach Amerika hinübersegeln. Er sprach geläufig Eng-
lisch und ihm war nicht bange, in der Neuen Welt
jenseit des Oceans durchzukommen, da ihm sein Lehr-
herr versprochen hatte, ihn mit allen nur möglichen
Empfehlungen an verschiedene Handelshäuser Neuyorks
zu versehen.

Der Tag der Abreise war festgesetzt; es war im
Sommer. Kurt ging noch einmal hinaus nach dem
Schlößchen, um von jedem einzelnen lieben Punkte Ab-
schied zu nehmen; er sagte Freunden und Bekannten
Lebewohl, dann kehrte er zurück, ordnete sein Reise-
gepäck sowie die Briefschaften und empfing von Herrn
Wenzel noch verschiedene Anweisungen an amerikanische
Häuser, um im Fall möglichen Geldmangels gleich
einen Ausweg zu haben. Jndem ihm sein Lehrherr
die wichtigen Papiere übergab, sprach er väterlich:
"Jch weiß, lieber Kurt, daß du nur in größter Noth
von diesen Anweisungen Gebrauch machen und dir bei
redlicher, kluger Thätigkeit das Nöthige schon selbst er-
werben wirst. Du bist zwar noch jung, aber ich glaube
in dir schon die Festigkeit und die Vorsicht zu erblicken,
welche in einer neuen Welt unter allerlei Nationen
nothwendig ist."

Alles war geordnet. Am Abend vor der Abreise
saßen Jutta und ihre Söhne noch einmal miteinander
an Wenzel's Tische, um das Abendbrot einzunehmen.
Die sonstige Heiterkeit der Gemüther wollte diesmal in
dem stillen Kreise nicht aufkommen; es perlte wol auch
eine Thräne aus den Augen.

Als man vom Abendtische aufgestanden war, ging
Wenzel zu seiner Frau und zu Jutta, nahm dieselben
an der Hand und führte sie zu Kurt hin, worauf er
die Hände der Frauen wie seine eigene Hand auf den
Kopf des Scheidenden legte und im feierlichen Tone
sprach: "Laß, lieber Sohn, dich segnen! Du gehst
hinaus, weit hinaus in die fremde, leid= und freuden-
volle Welt! Der Herr gehe mit dir! Habe deinen
Gott vor Augen und im Herzen! Hüte dich vor
Sünden! Unsere Wünsche begleiten dich! Werde ein
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Sache herausrücken. Zuerst aber eine Frage: Jst Jh-
ren denn Jhr Schlößchen, das Sie jetzt mit Jhrer
Magd allein bewohnen, nicht zu einsam?“

Jutta erwiderte: „Soll ich es offen bekennen, geehr-
ter Herr Wenzel, so muß ich Jhnen gestehen, daß ich
mich in dem mir sonst so lieben Hause doch recht ab-
geschlossen fühle, seit meine Söhne dasselbe verlassen
aben.“

Nun, meinte Herr Wenzel, ich hoffe für Sie einen
Ausweg gefunden zu haben. Schon seit langer Zeit
ist mir gerade Jhr Schlößchen so angenehm erschienen,
daß ich mich oft danach gesehnt habe, auch ein solches
einfaches Landhaus zu besitzen. Da erfahre ich, daß
ein Kaufmann in unserer Stadt beabsichtigt, Jhnen
Jhre Wohnung feil zu machen und darum griff ich
gleich nach Stock und Hut, um zu Jhrem Besitzthume
den ersten Liebhaber abzugeben. Sind Sie also wil-
lens, Jhr Schlößchen zu verkaufen, dann bitte ich
Sie, mir den Vorzug als Käufer zu lassen. Der Un-
terhändler des kauflustigen Handelsgenossen in der Stadt
spricht jedenfalls in kürzester Zeit bei Jhnen ein; er hat
mir versichert, daß er Auftrag habe, bis auf 2000
Thaler hinaufzugehen, ich aber zahle Jhnen gern 500
Thaler mehr, und Sie verpflichten mich zu Danke,
wenn Sie mir Jhre Besitzung abtreten.

Dies Alles kam der Jutta so schnell über den
Hals, daß sie nicht wußte, was sie sagen sollte. Man
bot ihr für das Schlößchen viel mehr, als der Haupt-
mann früher gegeben hatte; man kam ihren Wünschen,
in der Stadt sein zu können, zuvor; sie selbst wußte
recht gut, daß ihr Landhaus einer bedeutenden Repa-
ratur bedurfte, die sie aus ihren Mitteln nicht bestrei-
ten konnte. Sinnend saß Jutta ein Weilchen an der
Seite Herrn Wenzel's, dann sprach Sie: „Verehrter
Freund! Die Räume, in welchen man Lust und Weh
des Lebens getragen hat, werden uns lieb und theuer,
daher ist es recht schwer, sich von denselben loszureißen;
ich sehe aber auch, daß Jhr Antrag für mich nur vor-
theilhaft sein kann, und Sie selbst scheinen an dem
Landhause Wohlgefallen zu haben, darum will ich mich
nicht lange bedenken. Nehmen Sie mein Schlößchen
für 2000 Thaler und erlauben Sie mir und meinen
Söhnen nur, zuweilen in dasselbe mit eintreten zu
dürfen!“

Herr Wenzel antwortete: „Jch würde für das
Landhaus jedem Fremden 2500 Thaler gegeben haben
und diese Summe müssen auch Sie von mir annehmen,
sonst kann aus dem Handel nichts werden! Bin ich
Jhnen ja doch schon zu herzlichstem Danke verpflichtet,
daß Sie mir meinen Lieblingswunsch erfüllen. Uebri-
gens sehe ich recht gut ein, daß jede kleine Scholle,
jedes Plätzchen, jeder schattige Baum uns lieb wird,
wenn Erinnerungen damit in Verbindung stehen; darum
gestatte ich Jhnen und Jhren Söhnen am Schlößchen
gern und zu jeder Zeit das Wiederkaufsrecht.“

Jutta mochte noch Bedenklichkeiten aufstellen, so
viel sie wollte, sie mußte sich endlich zu Abschließung
des Handels, wie Wenzel es wünschte, bequemen,
hatte aber keine Ahnung davon, daß er dies Alles um
ihretwillen that. Nach wenigen Monaten war der
Kaufcontract vor Gericht bestätigt und Jutta wohnte
in der Stadt in einem freundlichen Logis, das nur
eine kleine Strecke von der Wenzel'schen Handlung ent-
fernt lag.

Da Wenzel's Geschäft in so hohen Schwung kam,
so konnte der Chef desselben auch noch ein leidliches
Sümmchen an das Schloß wenden. Dasselbe wurde
reparirt und mit jedem Jahre verschönert. Die Bu-
[Spaltenumbruch] chenwaldung, welche das Haus umzog, ließ Wenzel
mit Sandgängen durchziehen und die freien Plätze
verzierte er mit Blumenanlagen. Nach wenig Jahren
war das Schlößchen in einen lieblichen Lustsitz umge-
wandelt und in demselben Grade, wie dieses Landhaus
sich verschönerte, nahm auch der Wohlstand Wenzel's
zu. Jutta und ihre Söhne waren dabei ebenso glück-
lich als das ihnen so innig befreundete Wenzel'sche
Ehepaar; die Jahre flohen schneller hin, als sie selbst
es wünschten.

Kurt hatte nach vier Jahren seine Lehrzeit vollen-
det; er war ein recht wackerer junger Kaufmann ge-
worden. Seinen Plan, zur See zu gehen, hatte er
nicht aufgegeben, derselbe war vielmehr in ihm ganz
zur Reife gekommen. So sehr Jutta davor erbebte,
ihren Sohn auf den stürmischen Wellen des Meers sich
zu denken, so wenig vermochte sie ihn auf andere Ge-
danken zu bringen. Herr Wenzel versuchte es gar
nicht, Kurt auf etwas Anderes zu leiten; denn er
meinte, daß man jedem Menschen Gelegenheit lassen
müsse, in der Welt etwas zu versuchen und daß schon
Millionen auf der See ihr Glück gefunden hätten.

Ein Jahr lang konnte Jutta ihren Kurt noch zu-
rückhalten, dann aber führte er seinen Plan aus. Da
in Bezug auf denselben Herr Wenzel mehr auf der
Seite Kurt's stand, so suchte sich Jutta zu fassen und
gab endlich zur Abreise Kurt's ihre Einwilligung.
Während die sorgende Mutter Alles darauf vorberei-
tete, that Herr Wenzel auch das Seine. Kurt wollte
nach Amerika hinübersegeln. Er sprach geläufig Eng-
lisch und ihm war nicht bange, in der Neuen Welt
jenseit des Oceans durchzukommen, da ihm sein Lehr-
herr versprochen hatte, ihn mit allen nur möglichen
Empfehlungen an verschiedene Handelshäuser Neuyorks
zu versehen.

Der Tag der Abreise war festgesetzt; es war im
Sommer. Kurt ging noch einmal hinaus nach dem
Schlößchen, um von jedem einzelnen lieben Punkte Ab-
schied zu nehmen; er sagte Freunden und Bekannten
Lebewohl, dann kehrte er zurück, ordnete sein Reise-
gepäck sowie die Briefschaften und empfing von Herrn
Wenzel noch verschiedene Anweisungen an amerikanische
Häuser, um im Fall möglichen Geldmangels gleich
einen Ausweg zu haben. Jndem ihm sein Lehrherr
die wichtigen Papiere übergab, sprach er väterlich:
„Jch weiß, lieber Kurt, daß du nur in größter Noth
von diesen Anweisungen Gebrauch machen und dir bei
redlicher, kluger Thätigkeit das Nöthige schon selbst er-
werben wirst. Du bist zwar noch jung, aber ich glaube
in dir schon die Festigkeit und die Vorsicht zu erblicken,
welche in einer neuen Welt unter allerlei Nationen
nothwendig ist.“

Alles war geordnet. Am Abend vor der Abreise
saßen Jutta und ihre Söhne noch einmal miteinander
an Wenzel's Tische, um das Abendbrot einzunehmen.
Die sonstige Heiterkeit der Gemüther wollte diesmal in
dem stillen Kreise nicht aufkommen; es perlte wol auch
eine Thräne aus den Augen.

Als man vom Abendtische aufgestanden war, ging
Wenzel zu seiner Frau und zu Jutta, nahm dieselben
an der Hand und führte sie zu Kurt hin, worauf er
die Hände der Frauen wie seine eigene Hand auf den
Kopf des Scheidenden legte und im feierlichen Tone
sprach: „Laß, lieber Sohn, dich segnen! Du gehst
hinaus, weit hinaus in die fremde, leid= und freuden-
volle Welt! Der Herr gehe mit dir! Habe deinen
Gott vor Augen und im Herzen! Hüte dich vor
Sünden! Unsere Wünsche begleiten dich! Werde ein
[Ende Spaltensatz]

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Die Bu- chenwaldung, welche das Haus umzog, ließ Wenzel mit Sandgängen durchziehen und die freien Plätze verzierte er mit Blumenanlagen. Nach wenig Jahren war das Schlößchen in einen lieblichen Lustsitz umge- wandelt und in demselben Grade, wie dieses Landhaus sich verschönerte, nahm auch der Wohlstand Wenzel's zu. Jutta und ihre Söhne waren dabei ebenso glück- lich als das ihnen so innig befreundete Wenzel'sche Ehepaar; die Jahre flohen schneller hin, als sie selbst es wünschten. Kurt hatte nach vier Jahren seine Lehrzeit vollen- det; er war ein recht wackerer junger Kaufmann ge- worden. Seinen Plan, zur See zu gehen, hatte er nicht aufgegeben, derselbe war vielmehr in ihm ganz zur Reife gekommen. So sehr Jutta davor erbebte, ihren Sohn auf den stürmischen Wellen des Meers sich zu denken, so wenig vermochte sie ihn auf andere Ge- danken zu bringen. Herr Wenzel versuchte es gar nicht, Kurt auf etwas Anderes zu leiten; denn er meinte, daß man jedem Menschen Gelegenheit lassen müsse, in der Welt etwas zu versuchen und daß schon Millionen auf der See ihr Glück gefunden hätten. Ein Jahr lang konnte Jutta ihren Kurt noch zu- rückhalten, dann aber führte er seinen Plan aus. Da in Bezug auf denselben Herr Wenzel mehr auf der Seite Kurt's stand, so suchte sich Jutta zu fassen und gab endlich zur Abreise Kurt's ihre Einwilligung. Während die sorgende Mutter Alles darauf vorberei- tete, that Herr Wenzel auch das Seine. Kurt wollte nach Amerika hinübersegeln. Er sprach geläufig Eng- lisch und ihm war nicht bange, in der Neuen Welt jenseit des Oceans durchzukommen, da ihm sein Lehr- herr versprochen hatte, ihn mit allen nur möglichen Empfehlungen an verschiedene Handelshäuser Neuyorks zu versehen. Der Tag der Abreise war festgesetzt; es war im Sommer. Kurt ging noch einmal hinaus nach dem Schlößchen, um von jedem einzelnen lieben Punkte Ab- schied zu nehmen; er sagte Freunden und Bekannten Lebewohl, dann kehrte er zurück, ordnete sein Reise- gepäck sowie die Briefschaften und empfing von Herrn Wenzel noch verschiedene Anweisungen an amerikanische Häuser, um im Fall möglichen Geldmangels gleich einen Ausweg zu haben. Jndem ihm sein Lehrherr die wichtigen Papiere übergab, sprach er väterlich: „Jch weiß, lieber Kurt, daß du nur in größter Noth von diesen Anweisungen Gebrauch machen und dir bei redlicher, kluger Thätigkeit das Nöthige schon selbst er- werben wirst. Du bist zwar noch jung, aber ich glaube in dir schon die Festigkeit und die Vorsicht zu erblicken, welche in einer neuen Welt unter allerlei Nationen nothwendig ist.“ Alles war geordnet. Am Abend vor der Abreise saßen Jutta und ihre Söhne noch einmal miteinander an Wenzel's Tische, um das Abendbrot einzunehmen. Die sonstige Heiterkeit der Gemüther wollte diesmal in dem stillen Kreise nicht aufkommen; es perlte wol auch eine Thräne aus den Augen. Als man vom Abendtische aufgestanden war, ging Wenzel zu seiner Frau und zu Jutta, nahm dieselben an der Hand und führte sie zu Kurt hin, worauf er die Hände der Frauen wie seine eigene Hand auf den Kopf des Scheidenden legte und im feierlichen Tone sprach: „Laß, lieber Sohn, dich segnen! Du gehst hinaus, weit hinaus in die fremde, leid= und freuden- volle Welt! Der Herr gehe mit dir! Habe deinen Gott vor Augen und im Herzen! Hüte dich vor Sünden! Unsere Wünsche begleiten dich! Werde ein

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 71. Leipzig (Sachsen), 4. Mai 1854, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig071_1854/2>, abgerufen am 31.10.2024.