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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 83. Leipzig (Sachsen), 27. Juli 1854.

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[Beginn Spaltensatz] er seine Verlegenheit, die an Scham grenzte, unter-
drücken, dann begann er:

Herr Zillmer, ich möchte gärtnern und doch fehlt
mir --

Ein Garten! fiel Zillmer ein. Zugleich rief aber
auch Frau Wirker: "Karl, Karl, laß das, laß das!"

Bitte, Freundin, sprach Zillmer, Karl mag aus-
reden!

J, meinte Frau Wirker, der Junge hat mir schon
oft seine Jdee von einem Pflanzenhandel und dessen
Ertrage mitgetheilt, aber er soll wegen der Gar-
tenbeete nicht Jhnen noch beschwerlich fallen.

Warum denn nicht? fragte Zillmer. Dann wen-
dete er sich an Karl, ihn auffodernd, seine Jdeen mit-
zutheilen.

Sehen Sie, sprach Karl, ich habe mir die Sache
so ausgedacht. Es laufen doch aus unserer Umgegend
eine Menge Frauen nach entfernten Orten und holen
dort Blumen= und Gemüsepflanzen für den Sommer.
Nun kam mir der Gedanke bei, daß ich, wenn ich
einige Gartenbeete hätte, recht gut auch solche Pflan-
zen ziehen und verkaufen könnte, um meinem Mütter-
chen einige Dreier zu verdienen. Graben und jäten
kann ich, auch kenne ich schon viele Pflanzen, und
was mir noch nicht bekannt ist, das lerne ich noch.
[Spaltenumbruch] Freilich fehlt mir die Hauptsache, nämlich die Beete
und der Same.

Herzensjunge, rief Zillmer erfreut, dafür soll ge-
sorgt werden! Jch sehe, du denkst und rechnest gut.
Mein Garten ist sehr groß, ich kann dir etwas davon
abgeben. Vorigen Herbst habe ich das Land tüchtig
düngen lassen, daher wird es gute Früchte tragen.
Was den Samen betrifft, so werde ich ihn dir besor-
gen und morgen kommst du zu mir, damit ich dir
deine Beete anweisen kann.

( Fortsetzung folgt. )



Die französische Revolution und das Theater.

Vor der erstern ersetzte das Theater völlig die Kirche.
Alle Liebe und Verehrung, die man vorher dem Al-
tar zugewendet hatte, richtete sich jetzt auf die Bühne.
Das neue Evangelium, das sich für das gesellschaft-
liche Leben anbahnte, empfing man von den Bretern
herab und namentlich Schauspielerinnen, Sängerinnen
wie Tänzerinnen wurden förmlich vergöttert. Als Ma-
demoiselle Guimard, eine der ersten pariser Tänzerin-
nen, das Bein brach, wurde in Notredame für dieses
berühmte und allgeliebte Bein -- eine Messe gelesen.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Kirche zu Bourges in Frankreich.


[Beginn Spaltensatz] er seine Verlegenheit, die an Scham grenzte, unter-
drücken, dann begann er:

Herr Zillmer, ich möchte gärtnern und doch fehlt
mir —

Ein Garten! fiel Zillmer ein. Zugleich rief aber
auch Frau Wirker: „Karl, Karl, laß das, laß das!“

Bitte, Freundin, sprach Zillmer, Karl mag aus-
reden!

J, meinte Frau Wirker, der Junge hat mir schon
oft seine Jdee von einem Pflanzenhandel und dessen
Ertrage mitgetheilt, aber er soll wegen der Gar-
tenbeete nicht Jhnen noch beschwerlich fallen.

Warum denn nicht? fragte Zillmer. Dann wen-
dete er sich an Karl, ihn auffodernd, seine Jdeen mit-
zutheilen.

Sehen Sie, sprach Karl, ich habe mir die Sache
so ausgedacht. Es laufen doch aus unserer Umgegend
eine Menge Frauen nach entfernten Orten und holen
dort Blumen= und Gemüsepflanzen für den Sommer.
Nun kam mir der Gedanke bei, daß ich, wenn ich
einige Gartenbeete hätte, recht gut auch solche Pflan-
zen ziehen und verkaufen könnte, um meinem Mütter-
chen einige Dreier zu verdienen. Graben und jäten
kann ich, auch kenne ich schon viele Pflanzen, und
was mir noch nicht bekannt ist, das lerne ich noch.
[Spaltenumbruch] Freilich fehlt mir die Hauptsache, nämlich die Beete
und der Same.

Herzensjunge, rief Zillmer erfreut, dafür soll ge-
sorgt werden! Jch sehe, du denkst und rechnest gut.
Mein Garten ist sehr groß, ich kann dir etwas davon
abgeben. Vorigen Herbst habe ich das Land tüchtig
düngen lassen, daher wird es gute Früchte tragen.
Was den Samen betrifft, so werde ich ihn dir besor-
gen und morgen kommst du zu mir, damit ich dir
deine Beete anweisen kann.

( Fortsetzung folgt. )



Die französische Revolution und das Theater.

Vor der erstern ersetzte das Theater völlig die Kirche.
Alle Liebe und Verehrung, die man vorher dem Al-
tar zugewendet hatte, richtete sich jetzt auf die Bühne.
Das neue Evangelium, das sich für das gesellschaft-
liche Leben anbahnte, empfing man von den Bretern
herab und namentlich Schauspielerinnen, Sängerinnen
wie Tänzerinnen wurden förmlich vergöttert. Als Ma-
demoiselle Guimard, eine der ersten pariser Tänzerin-
nen, das Bein brach, wurde in Notredame für dieses
berühmte und allgeliebte Bein — eine Messe gelesen.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Kirche zu Bourges in Frankreich.


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[244/0004] 244 er seine Verlegenheit, die an Scham grenzte, unter- drücken, dann begann er: Herr Zillmer, ich möchte gärtnern und doch fehlt mir — Ein Garten! fiel Zillmer ein. Zugleich rief aber auch Frau Wirker: „Karl, Karl, laß das, laß das!“ Bitte, Freundin, sprach Zillmer, Karl mag aus- reden! J, meinte Frau Wirker, der Junge hat mir schon oft seine Jdee von einem Pflanzenhandel und dessen Ertrage mitgetheilt, aber er soll wegen der Gar- tenbeete nicht Jhnen noch beschwerlich fallen. Warum denn nicht? fragte Zillmer. Dann wen- dete er sich an Karl, ihn auffodernd, seine Jdeen mit- zutheilen. Sehen Sie, sprach Karl, ich habe mir die Sache so ausgedacht. Es laufen doch aus unserer Umgegend eine Menge Frauen nach entfernten Orten und holen dort Blumen= und Gemüsepflanzen für den Sommer. Nun kam mir der Gedanke bei, daß ich, wenn ich einige Gartenbeete hätte, recht gut auch solche Pflan- zen ziehen und verkaufen könnte, um meinem Mütter- chen einige Dreier zu verdienen. Graben und jäten kann ich, auch kenne ich schon viele Pflanzen, und was mir noch nicht bekannt ist, das lerne ich noch. Freilich fehlt mir die Hauptsache, nämlich die Beete und der Same. Herzensjunge, rief Zillmer erfreut, dafür soll ge- sorgt werden! Jch sehe, du denkst und rechnest gut. Mein Garten ist sehr groß, ich kann dir etwas davon abgeben. Vorigen Herbst habe ich das Land tüchtig düngen lassen, daher wird es gute Früchte tragen. Was den Samen betrifft, so werde ich ihn dir besor- gen und morgen kommst du zu mir, damit ich dir deine Beete anweisen kann. ( Fortsetzung folgt. ) Die französische Revolution und das Theater. Vor der erstern ersetzte das Theater völlig die Kirche. Alle Liebe und Verehrung, die man vorher dem Al- tar zugewendet hatte, richtete sich jetzt auf die Bühne. Das neue Evangelium, das sich für das gesellschaft- liche Leben anbahnte, empfing man von den Bretern herab und namentlich Schauspielerinnen, Sängerinnen wie Tänzerinnen wurden förmlich vergöttert. Als Ma- demoiselle Guimard, eine der ersten pariser Tänzerin- nen, das Bein brach, wurde in Notredame für dieses berühmte und allgeliebte Bein — eine Messe gelesen. [Abbildung Kirche zu Bourges in Frankreich.]

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 83. Leipzig (Sachsen), 27. Juli 1854, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig083_1854/4>, abgerufen am 21.11.2024.