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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 118. Leipzig (Sachsen), 5. April 1855.

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[Beginn Spaltensatz]
Die wirkliche Jungfrau von Orleans.

Ein Franzose hat neuerdings alle Archive und alten
Schriften nach Nachrichten von der Jungfrau von Or-
leans mit außerordentlichem Fleiße durchforscht und das
Resultat der Welt mitgetheilt.

Unter so kleinen Leuten, wie die Aeltern Johan-
na 's, waren im Anfange des 15. Jahrhunderts Fami-
liennamen fast ganz ungebräuchlich, auch hat die Jung-
frau niemals einen geführt, obwol ermittelt worden
ist, daß ihr Vater Darc hieß. Jn ihrem Dorfe hieß
das Mädchen Hannchen, im ganzen Lande aber, das
sie drei Jahre lang mit ihrem Ruhme erfüllte, nannte
man sie Johanna oder die Jungfrau. Die erste Ver-
anlassung zu ihren nachmaligen heroischen Thaten ga-
ben Schmerz und Unwille. Sie mußte nämlich mit
allen Bewohnern des Dorfs bei Annäherung feindli-
cher Truppen flüchten, und als sie zurückkamen, fand
man die Häuser geplündert und niedergebrannt. Als
sie bei dem Offizier Johann von Novelonpont in Vau-
couleurs erschien, trug sie ihr ärmliches rothes Röck-
chen und jener fragte sie, ob sie so ins Feld ziehen
wolle? Auf ihre Antwort, sie würde gern Männer-
kleider tragen, gab ihr Novelonpont die Sachen eines
seiner Diener. Nach einigen Tagen schossen indeß die
Leute in Vaucouleurs zusammen, um Johanna einen
neuen Anzug zu verschaffen. Jhr Haar wurde des-
halb kurz und rund abg.eschnitten, wie es damals die
jungen Männer trugen Sie erhielt eine Jacke ( eine
Art Weste ohne Knöpfe ) , Beinkleider, die an die Jacke
befestigt wurden, und einen kurzen Rock ( bouque ) , der
etwa bis an die Knie reichte, außerdem Reiterstiefeln
( nonzeaux ) mit langen Sporen, ferner ein Pferd, ein
Schwert, einen Dolch, einen Helm und eine Lanze,
kurz sie wurde ganz so ausgestattet wie ein Reiter jener
Zeit. So verließ sie Vaucouleurs am 25. Februar
1429, um sich 150 Stunden weit auf Umwegen nach
Chinon zu dem König zu begeben. Novelonpont und
die vier Andern in ihrer Begleitung waren junge Män-
ner und Johanna hatte ihr 17. Jahr erreicht. Sie
hatte schwarzes Haar, war groß, stark und gut ge-
baut, hatte aber eine ganz weibliche, sehr weiche
Stimme und alle Reize, welche begehrliche Blicke auf
sie ziehen konnten. Jn der Nacht schlief sie meist bei
einer achtbaren Frau da, wo man Halt machte; mußte
man unter freiem Himmel übernachten, was aber selten
geschah, so schlief sie in ihrem Mannsanzug neben den
andern und ihr Schutz war die Ehrfurcht, welche sie
schon damals umgab.... Jn dem spätern Lager-
leben haßte sie besonders die liederlichen Dirnen, die
sich in Menge unter den Soldaten herumtrieben; in
St.=Denis vertrieb sie dieselben einmal persönlich und
zerschlug auf dem Rücken der einen, die sich besonders
sträubte, ihr Schwert.

Auch das Fluchen und Schwören der Soldaten
konnte sie nicht leiden, obgleich sie selbst nicht frei von
dieser bösen Angewohnheit war, doch schwor sie nur:
" Par mon martin!" ( "Bei meinem Stecken! ) , mit
dem sie sonst ihr Vieh getrieben hatte. Sie ritt sehr
gern, war eine ausgezeichnete Reiterin und war un-
ermüdlich zu Pferde. Auch schöne Waffen liebte sie
und allmälig suchte sie auch Putz an ihrer Reitertracht
anzubringen.

Uebrigens war sie schon bei Lebzeiten über die
Grenzen ihres Vaterlandes hinaus berühmt, denn im
Jahre 1429 besah der Rath von Regensburg in
corpore
ein für Geld ausgestelltes Bild von ihr, das
ihre Thaten zeigte, und in den Stadtrechnungen fin-
[Spaltenumbruch] det sich verzeichnet: " item haben wir geben vor das
Gemälde zu schauen, wie die Junkfraw zu Frankreich
gefochten hat, 24 Pfennig."



Der Papayer oder Melonenbaum.
[Abbildung]

Auf den Molukken einheimisch, ist dieser Baum sei-
nem Aeußern nach den Palmen ähnlich, ohne mit ih-
nen näher verwandt zu sein; er wird gegen 10 Ellen
hoch und hat große Blätter mit starken Rippen. Schon
in den ersten sechs Monaten steigt er aus dem Samen
fast mannshoch empor ohne Aeste, schlank und gerade;
dann erst treibt er fast ebenso schnell lange, kahle
Zweige, an denen Blätter und Blüten sich ansetzen.
Die letztern riechen sehr angenehm und die Früchte
schmecken wie unsere Melonen, denen sie auch ähnlich
sehen; sie sind voll Saft und löschen den Durst, lassen
sich aber durchaus nicht aufbewahren oder versenden.
Selbst die Blüten werden zu in Zucker eingesetzten
Früchten gemischt gern genossen. Jn unsern Gewächs-
häusern findet man den Melonenbaum wol auch, aber
seine Früchte bleiben so klein und dürr, daß sie nicht
zu genießen sind.



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Die wirkliche Jungfrau von Orléans.

Ein Franzose hat neuerdings alle Archive und alten
Schriften nach Nachrichten von der Jungfrau von Or-
léans mit außerordentlichem Fleiße durchforscht und das
Resultat der Welt mitgetheilt.

Unter so kleinen Leuten, wie die Aeltern Johan-
na 's, waren im Anfange des 15. Jahrhunderts Fami-
liennamen fast ganz ungebräuchlich, auch hat die Jung-
frau niemals einen geführt, obwol ermittelt worden
ist, daß ihr Vater Darc hieß. Jn ihrem Dorfe hieß
das Mädchen Hannchen, im ganzen Lande aber, das
sie drei Jahre lang mit ihrem Ruhme erfüllte, nannte
man sie Johanna oder die Jungfrau. Die erste Ver-
anlassung zu ihren nachmaligen heroischen Thaten ga-
ben Schmerz und Unwille. Sie mußte nämlich mit
allen Bewohnern des Dorfs bei Annäherung feindli-
cher Truppen flüchten, und als sie zurückkamen, fand
man die Häuser geplündert und niedergebrannt. Als
sie bei dem Offizier Johann von Novelonpont in Vau-
couleurs erschien, trug sie ihr ärmliches rothes Röck-
chen und jener fragte sie, ob sie so ins Feld ziehen
wolle? Auf ihre Antwort, sie würde gern Männer-
kleider tragen, gab ihr Novelonpont die Sachen eines
seiner Diener. Nach einigen Tagen schossen indeß die
Leute in Vaucouleurs zusammen, um Johanna einen
neuen Anzug zu verschaffen. Jhr Haar wurde des-
halb kurz und rund abg.eschnitten, wie es damals die
jungen Männer trugen Sie erhielt eine Jacke ( eine
Art Weste ohne Knöpfe ) , Beinkleider, die an die Jacke
befestigt wurden, und einen kurzen Rock ( bouque ) , der
etwa bis an die Knie reichte, außerdem Reiterstiefeln
( nonzeaux ) mit langen Sporen, ferner ein Pferd, ein
Schwert, einen Dolch, einen Helm und eine Lanze,
kurz sie wurde ganz so ausgestattet wie ein Reiter jener
Zeit. So verließ sie Vaucouleurs am 25. Februar
1429, um sich 150 Stunden weit auf Umwegen nach
Chinon zu dem König zu begeben. Novelonpont und
die vier Andern in ihrer Begleitung waren junge Män-
ner und Johanna hatte ihr 17. Jahr erreicht. Sie
hatte schwarzes Haar, war groß, stark und gut ge-
baut, hatte aber eine ganz weibliche, sehr weiche
Stimme und alle Reize, welche begehrliche Blicke auf
sie ziehen konnten. Jn der Nacht schlief sie meist bei
einer achtbaren Frau da, wo man Halt machte; mußte
man unter freiem Himmel übernachten, was aber selten
geschah, so schlief sie in ihrem Mannsanzug neben den
andern und ihr Schutz war die Ehrfurcht, welche sie
schon damals umgab.... Jn dem spätern Lager-
leben haßte sie besonders die liederlichen Dirnen, die
sich in Menge unter den Soldaten herumtrieben; in
St.=Denis vertrieb sie dieselben einmal persönlich und
zerschlug auf dem Rücken der einen, die sich besonders
sträubte, ihr Schwert.

Auch das Fluchen und Schwören der Soldaten
konnte sie nicht leiden, obgleich sie selbst nicht frei von
dieser bösen Angewohnheit war, doch schwor sie nur:
Par mon martin!“ ( „Bei meinem Stecken! ) , mit
dem sie sonst ihr Vieh getrieben hatte. Sie ritt sehr
gern, war eine ausgezeichnete Reiterin und war un-
ermüdlich zu Pferde. Auch schöne Waffen liebte sie
und allmälig suchte sie auch Putz an ihrer Reitertracht
anzubringen.

Uebrigens war sie schon bei Lebzeiten über die
Grenzen ihres Vaterlandes hinaus berühmt, denn im
Jahre 1429 besah der Rath von Regensburg in
corpore
ein für Geld ausgestelltes Bild von ihr, das
ihre Thaten zeigte, und in den Stadtrechnungen fin-
[Spaltenumbruch] det sich verzeichnet: „ item haben wir geben vor das
Gemälde zu schauen, wie die Junkfraw zu Frankreich
gefochten hat, 24 Pfennig.“



Der Papayer oder Melonenbaum.
[Abbildung]

Auf den Molukken einheimisch, ist dieser Baum sei-
nem Aeußern nach den Palmen ähnlich, ohne mit ih-
nen näher verwandt zu sein; er wird gegen 10 Ellen
hoch und hat große Blätter mit starken Rippen. Schon
in den ersten sechs Monaten steigt er aus dem Samen
fast mannshoch empor ohne Aeste, schlank und gerade;
dann erst treibt er fast ebenso schnell lange, kahle
Zweige, an denen Blätter und Blüten sich ansetzen.
Die letztern riechen sehr angenehm und die Früchte
schmecken wie unsere Melonen, denen sie auch ähnlich
sehen; sie sind voll Saft und löschen den Durst, lassen
sich aber durchaus nicht aufbewahren oder versenden.
Selbst die Blüten werden zu in Zucker eingesetzten
Früchten gemischt gern genossen. Jn unsern Gewächs-
häusern findet man den Melonenbaum wol auch, aber
seine Früchte bleiben so klein und dürr, daß sie nicht
zu genießen sind.



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[111/0007] 111 Die wirkliche Jungfrau von Orléans. Ein Franzose hat neuerdings alle Archive und alten Schriften nach Nachrichten von der Jungfrau von Or- léans mit außerordentlichem Fleiße durchforscht und das Resultat der Welt mitgetheilt. Unter so kleinen Leuten, wie die Aeltern Johan- na 's, waren im Anfange des 15. Jahrhunderts Fami- liennamen fast ganz ungebräuchlich, auch hat die Jung- frau niemals einen geführt, obwol ermittelt worden ist, daß ihr Vater Darc hieß. Jn ihrem Dorfe hieß das Mädchen Hannchen, im ganzen Lande aber, das sie drei Jahre lang mit ihrem Ruhme erfüllte, nannte man sie Johanna oder die Jungfrau. Die erste Ver- anlassung zu ihren nachmaligen heroischen Thaten ga- ben Schmerz und Unwille. Sie mußte nämlich mit allen Bewohnern des Dorfs bei Annäherung feindli- cher Truppen flüchten, und als sie zurückkamen, fand man die Häuser geplündert und niedergebrannt. Als sie bei dem Offizier Johann von Novelonpont in Vau- couleurs erschien, trug sie ihr ärmliches rothes Röck- chen und jener fragte sie, ob sie so ins Feld ziehen wolle? Auf ihre Antwort, sie würde gern Männer- kleider tragen, gab ihr Novelonpont die Sachen eines seiner Diener. Nach einigen Tagen schossen indeß die Leute in Vaucouleurs zusammen, um Johanna einen neuen Anzug zu verschaffen. Jhr Haar wurde des- halb kurz und rund abg.eschnitten, wie es damals die jungen Männer trugen Sie erhielt eine Jacke ( eine Art Weste ohne Knöpfe ) , Beinkleider, die an die Jacke befestigt wurden, und einen kurzen Rock ( bouque ) , der etwa bis an die Knie reichte, außerdem Reiterstiefeln ( nonzeaux ) mit langen Sporen, ferner ein Pferd, ein Schwert, einen Dolch, einen Helm und eine Lanze, kurz sie wurde ganz so ausgestattet wie ein Reiter jener Zeit. So verließ sie Vaucouleurs am 25. Februar 1429, um sich 150 Stunden weit auf Umwegen nach Chinon zu dem König zu begeben. Novelonpont und die vier Andern in ihrer Begleitung waren junge Män- ner und Johanna hatte ihr 17. Jahr erreicht. Sie hatte schwarzes Haar, war groß, stark und gut ge- baut, hatte aber eine ganz weibliche, sehr weiche Stimme und alle Reize, welche begehrliche Blicke auf sie ziehen konnten. Jn der Nacht schlief sie meist bei einer achtbaren Frau da, wo man Halt machte; mußte man unter freiem Himmel übernachten, was aber selten geschah, so schlief sie in ihrem Mannsanzug neben den andern und ihr Schutz war die Ehrfurcht, welche sie schon damals umgab.... Jn dem spätern Lager- leben haßte sie besonders die liederlichen Dirnen, die sich in Menge unter den Soldaten herumtrieben; in St.=Denis vertrieb sie dieselben einmal persönlich und zerschlug auf dem Rücken der einen, die sich besonders sträubte, ihr Schwert. Auch das Fluchen und Schwören der Soldaten konnte sie nicht leiden, obgleich sie selbst nicht frei von dieser bösen Angewohnheit war, doch schwor sie nur: „ Par mon martin!“ ( „Bei meinem Stecken! ) , mit dem sie sonst ihr Vieh getrieben hatte. Sie ritt sehr gern, war eine ausgezeichnete Reiterin und war un- ermüdlich zu Pferde. Auch schöne Waffen liebte sie und allmälig suchte sie auch Putz an ihrer Reitertracht anzubringen. Uebrigens war sie schon bei Lebzeiten über die Grenzen ihres Vaterlandes hinaus berühmt, denn im Jahre 1429 besah der Rath von Regensburg in corpore ein für Geld ausgestelltes Bild von ihr, das ihre Thaten zeigte, und in den Stadtrechnungen fin- det sich verzeichnet: „ item haben wir geben vor das Gemälde zu schauen, wie die Junkfraw zu Frankreich gefochten hat, 24 Pfennig.“ Der Papayer oder Melonenbaum. [Abbildung] Auf den Molukken einheimisch, ist dieser Baum sei- nem Aeußern nach den Palmen ähnlich, ohne mit ih- nen näher verwandt zu sein; er wird gegen 10 Ellen hoch und hat große Blätter mit starken Rippen. Schon in den ersten sechs Monaten steigt er aus dem Samen fast mannshoch empor ohne Aeste, schlank und gerade; dann erst treibt er fast ebenso schnell lange, kahle Zweige, an denen Blätter und Blüten sich ansetzen. Die letztern riechen sehr angenehm und die Früchte schmecken wie unsere Melonen, denen sie auch ähnlich sehen; sie sind voll Saft und löschen den Durst, lassen sich aber durchaus nicht aufbewahren oder versenden. Selbst die Blüten werden zu in Zucker eingesetzten Früchten gemischt gern genossen. Jn unsern Gewächs- häusern findet man den Melonenbaum wol auch, aber seine Früchte bleiben so klein und dürr, daß sie nicht zu genießen sind.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 118. Leipzig (Sachsen), 5. April 1855, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig118_1855/7>, abgerufen am 23.11.2024.