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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 165. Leipzig (Sachsen), 28. Mai 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] vater der englischen Renner, der eine zahlreiche Nach-
kommenschaft hinterlassen hat, war ein in Frankreich
von dem Lord Godolphin gekaufter Berber, der dort
einen Karren zog und 1753 in England starb. Eine
innige Freundschaft bestand zwischen ihm und einer
Katze, die im Stalle entweder auf seinem Rücken saß
oder sich dicht neben ihm ihren Platz suchte, und nach
seinem Tode nichts mehr fraß und bald starb. Man
versichert, es sei eine ungegründete Behauptung, daß
der gegenwärtige Stamm der englischen Rennpferde aus-
geartet sei; aber allerdings könnte die Gewohnheit, die
Pferde, ehe sie völlig ausgewachsen sind, auf die Renn-
bahn zu bringen, eine Ausartung veranlassen. Der
Eclipse und der Childers kamen nicht eher zum Ren-
nen, bis sie fünf Jahre alt waren.

Unter den veredelten Pferden steht nächst dem
Renner das Jagdpferd ( hunter ) am höchsten in äu-
ßern Vorzügen und im Werthe, und es wird auf die
Zucht und Pflege desselben große Sorgfalt gewendet.
Es wird nicht leicht unter 15 und nicht über 16 Hand
hoch genommen, und das Vordertheil muß etwas höher
sein als das Hintertheil, das dagegen bei dem Renner
höher sein kann, weil seine Hauptstärke in den Hinter-
beinen liegt. Eine Haupteigenschaft des Jagdpferdes
ist, daß es sich leicht führen läßt, und daher muß es
einen kleinen Kopf und einen dünnen Hals haben. Es
muß überdies durch eine breite Brust sich auszeichnen,
damit der Lunge freie Thätigkeit gewährt sei und das
Pferd, wie die Engländer sagen, guten Wind habe;
und da es über Gräben und Hecken zu setzen und mehr
Schwierigkeiten des Bodens zu überwinden hat als der
Renner, so muß es beim Laufe die Beine höher heben
als dieser. Es ist interessant, das Feuer selbst alter
Jagdpferde zu beobachten. Wenn es, nach mancher
Winterarbeit im Parke weidend, die Ruhe des Alters
genießt und dann das entfernte Gebell der Jagdhunde
hört, springt es oft über die Einfriedigung, setzt über
Hecke und Bach und folgt dem Zuge der Jagd. Ein
auf der Jagd verwundetes starkes Pferd stand in einem
Breterverschlage, über dessen verschlossener, vier Fuß ho-
her Thüre sich eine drei Fuß im Gevierte haltende Öff-
nung befand. Es hörte das ferne Geschrei der Jäger
und der Hunde und sprang durch die Öffnung, ohne
sich im mindesten zu verletzen.

Eine eigne einheimische Race sind die kleinen
Gallowaypferde aus dem südlichen Schottland, nicht
über 14 Hand hoch und durch ihren zierlichen Bau
ausgezeichnet, wiewol sie in neuern Zeiten sehr ausgear-
tet sind. Sie sollen von einigen spanischen Pferden
abstammen, die mit einem der Schiffe der sogenann-
ten unüberwindlichen Flotte Philipp's II. an der schot-
tischen Küste scheiterten. Doch hatte man schon im
13. Jahrhunderte einen guten Pferdeschlag in jener
Gegend. Die Gallowaypferde, die den schwedischen und
isländischen ähnlich sind, werden besonders zum Reiten
für Frauen und Kinder gebraucht. Durch zierlichen
Bau sind auch die in Wales gezogenen Pferdchen ( po-
nies
) ausgezeichnet; sie sind unermüdlich und mit der
schlechtesten Nahrung zufrieden. Von geringem Werthe
sind dagegen die in Lincolnshire und in Exmoor gezo-
genen kleinen Pferde. Die kleinen Pferde im schotti-
schen Hochlande ( Highland ponies ) stehen weit unter
den Gallowaypferden. Sie sind plump gebaut, aber
von großer Dauerhaftigkeit und leben im Sommer und
Winter fast immer im Freien. Das kleinste Pferd auf
den britischen Jnseln findet man auf Shetland; es heißt
in Schottland Shettie und ist zuweilen nicht7 1 / 2 Hand
hoch, aber ungemein zierlich gebaut und sehr geleh-
[Spaltenumbruch] rig. Die irländischen Pferde haben selten den schönen
Bau und den Werth der englischen, und sind gewöhn-
lich kleiner als diese, da sie, von dem armen Landwirthe
zu früh zur Arbeit gebraucht, in ihrem Wuchse ver-
krüppelt werden. Selbst die veredelten irländischen Pferde
stehen den englischen nach; doch nichts kommt ihrer
Gewandtheit im Springen gleich; aber es ist nicht die
Bewegung des englischen Pferdes, das in vollem Laufe
über eine Hecke setzt, sondern mehr der Sprung eines
Hirsches.



Gebräuche der Jndianer.

Die Jndianer in Nordamerika gehen mit einer Ruhe
aus der Welt, welche durch nichts übertroffen werden
kann. Jn den Vereinigten Staaten von Nordamerika
verschwindet das ursprüngliche Bild der Jndianer frei-
lich immer mehr; aber höher hinauf gibt es Völkerschaf-
ten, wo es in aller eigenthümlicher Roheit noch vor-
kommt. Dort schneidet sich die Mutter ein Glied vom
Finger ab, so oft sie ein Kind verliert, und manche Hand
wird dadurch gänzlich verstümmelt. Der Freund trauert
um den verstorbenen Freund, indem er sich ein Messer
durch den Arm sticht oder sich die Stirne zerfetzt. Allein das
Schrecklichste ist die Art, wie die Kinder dort ihre Väter
auf deren Geheiß tödten müssen. Häufig lassen sich alte
Jndianer, wenn sie dem nahen Tode entgegensehen, ihr
Grab aushöhlen, und in vollem Schmucke rufen sie ihre
Familie zusammen und verkündigen Allen, daß sie nun
zum Lande der Geister gehen wollten, wo es Fische und
Wildpret im Überflusse gibt. Sie befehlen, daß man ihnen
Flinte, Feuerzeug und auch den Kessel ins Grab lege, und
erwarten, so ausgerüstet, den Tod mit Ruhe. Noch
häufiger aber bitten sie, ohne ihn erwarten zu können,
die eignen Kinder, ihnen den letzten Liebesdienst zu er-
weisen und sie zu erdrosseln. Der Greis setzt sich dann
in sein Grab, raucht seine letzte Pfeife, trinkt noch ein-
mal mit den Söhnen und gibt endlich das Zeichen,
worauf ihm zwei derselben den Hals zuschnüren. "Es
ist besser zu sitzen als zu stehen, zu schlafen als zu
wachen, zu sterben als zu leben!" sagt der Jndianer
und sieht den Tod für eine Wohlthat an, sobald ihm
die Kräfte fehlen, welche zur Jagd und Fischerei nöthig
sind. Nur der große Mangel, der dort oft herrscht,
wenn der Fischfang fehlschlägt, die Gefahren und Be-
schwerden, welche mit dem Jägerleben verbunden sind,
können zu solchen Sitten führen.



Die Ackerbaugesellschaft in Kamtschatka.

Jn der Halbinsel Kamtschatka, wo bis jetzt so gut wie
nichts wächst, was einer nahrhaften Frucht ähnlich
sieht, hat sich auf die Auffoderung der russischen Re-
gierung eine Gesellschaft gebildet, um den bisher hier
gar nicht betriebenen Ackerbau zu befördern; denn da
das Land zwischen 51 und 62° N. B. liegt, so ist der
Ackerbau durch die Natur keineswegs ausgeschlossen.
Jn dem Berichte über die Erfolge des Jahres
1834 bekennen übrigens die Directoren der Gesell-
schaft, daß ihre Versuche nicht überall den Erwar-
tungen entsprochen haben. Von drei Aussaaten Win-
ter- und Sommerkorn hat nur eine die darauf ge-
wandte Mühe und Kosten belohnt, die zwei andern
sind zu Grunde gegangen, und zwar beide zu einer
Zeit, wo alle Gefahr für die Frucht muthmaßlich
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] vater der englischen Renner, der eine zahlreiche Nach-
kommenschaft hinterlassen hat, war ein in Frankreich
von dem Lord Godolphin gekaufter Berber, der dort
einen Karren zog und 1753 in England starb. Eine
innige Freundschaft bestand zwischen ihm und einer
Katze, die im Stalle entweder auf seinem Rücken saß
oder sich dicht neben ihm ihren Platz suchte, und nach
seinem Tode nichts mehr fraß und bald starb. Man
versichert, es sei eine ungegründete Behauptung, daß
der gegenwärtige Stamm der englischen Rennpferde aus-
geartet sei; aber allerdings könnte die Gewohnheit, die
Pferde, ehe sie völlig ausgewachsen sind, auf die Renn-
bahn zu bringen, eine Ausartung veranlassen. Der
Eclipse und der Childers kamen nicht eher zum Ren-
nen, bis sie fünf Jahre alt waren.

Unter den veredelten Pferden steht nächst dem
Renner das Jagdpferd ( hunter ) am höchsten in äu-
ßern Vorzügen und im Werthe, und es wird auf die
Zucht und Pflege desselben große Sorgfalt gewendet.
Es wird nicht leicht unter 15 und nicht über 16 Hand
hoch genommen, und das Vordertheil muß etwas höher
sein als das Hintertheil, das dagegen bei dem Renner
höher sein kann, weil seine Hauptstärke in den Hinter-
beinen liegt. Eine Haupteigenschaft des Jagdpferdes
ist, daß es sich leicht führen läßt, und daher muß es
einen kleinen Kopf und einen dünnen Hals haben. Es
muß überdies durch eine breite Brust sich auszeichnen,
damit der Lunge freie Thätigkeit gewährt sei und das
Pferd, wie die Engländer sagen, guten Wind habe;
und da es über Gräben und Hecken zu setzen und mehr
Schwierigkeiten des Bodens zu überwinden hat als der
Renner, so muß es beim Laufe die Beine höher heben
als dieser. Es ist interessant, das Feuer selbst alter
Jagdpferde zu beobachten. Wenn es, nach mancher
Winterarbeit im Parke weidend, die Ruhe des Alters
genießt und dann das entfernte Gebell der Jagdhunde
hört, springt es oft über die Einfriedigung, setzt über
Hecke und Bach und folgt dem Zuge der Jagd. Ein
auf der Jagd verwundetes starkes Pferd stand in einem
Breterverschlage, über dessen verschlossener, vier Fuß ho-
her Thüre sich eine drei Fuß im Gevierte haltende Öff-
nung befand. Es hörte das ferne Geschrei der Jäger
und der Hunde und sprang durch die Öffnung, ohne
sich im mindesten zu verletzen.

Eine eigne einheimische Race sind die kleinen
Gallowaypferde aus dem südlichen Schottland, nicht
über 14 Hand hoch und durch ihren zierlichen Bau
ausgezeichnet, wiewol sie in neuern Zeiten sehr ausgear-
tet sind. Sie sollen von einigen spanischen Pferden
abstammen, die mit einem der Schiffe der sogenann-
ten unüberwindlichen Flotte Philipp's II. an der schot-
tischen Küste scheiterten. Doch hatte man schon im
13. Jahrhunderte einen guten Pferdeschlag in jener
Gegend. Die Gallowaypferde, die den schwedischen und
isländischen ähnlich sind, werden besonders zum Reiten
für Frauen und Kinder gebraucht. Durch zierlichen
Bau sind auch die in Wales gezogenen Pferdchen ( po-
nies
) ausgezeichnet; sie sind unermüdlich und mit der
schlechtesten Nahrung zufrieden. Von geringem Werthe
sind dagegen die in Lincolnshire und in Exmoor gezo-
genen kleinen Pferde. Die kleinen Pferde im schotti-
schen Hochlande ( Highland ponies ) stehen weit unter
den Gallowaypferden. Sie sind plump gebaut, aber
von großer Dauerhaftigkeit und leben im Sommer und
Winter fast immer im Freien. Das kleinste Pferd auf
den britischen Jnseln findet man auf Shetland; es heißt
in Schottland Shettie und ist zuweilen nicht7 1 / 2 Hand
hoch, aber ungemein zierlich gebaut und sehr geleh-
[Spaltenumbruch] rig. Die irländischen Pferde haben selten den schönen
Bau und den Werth der englischen, und sind gewöhn-
lich kleiner als diese, da sie, von dem armen Landwirthe
zu früh zur Arbeit gebraucht, in ihrem Wuchse ver-
krüppelt werden. Selbst die veredelten irländischen Pferde
stehen den englischen nach; doch nichts kommt ihrer
Gewandtheit im Springen gleich; aber es ist nicht die
Bewegung des englischen Pferdes, das in vollem Laufe
über eine Hecke setzt, sondern mehr der Sprung eines
Hirsches.



Gebräuche der Jndianer.

Die Jndianer in Nordamerika gehen mit einer Ruhe
aus der Welt, welche durch nichts übertroffen werden
kann. Jn den Vereinigten Staaten von Nordamerika
verschwindet das ursprüngliche Bild der Jndianer frei-
lich immer mehr; aber höher hinauf gibt es Völkerschaf-
ten, wo es in aller eigenthümlicher Roheit noch vor-
kommt. Dort schneidet sich die Mutter ein Glied vom
Finger ab, so oft sie ein Kind verliert, und manche Hand
wird dadurch gänzlich verstümmelt. Der Freund trauert
um den verstorbenen Freund, indem er sich ein Messer
durch den Arm sticht oder sich die Stirne zerfetzt. Allein das
Schrecklichste ist die Art, wie die Kinder dort ihre Väter
auf deren Geheiß tödten müssen. Häufig lassen sich alte
Jndianer, wenn sie dem nahen Tode entgegensehen, ihr
Grab aushöhlen, und in vollem Schmucke rufen sie ihre
Familie zusammen und verkündigen Allen, daß sie nun
zum Lande der Geister gehen wollten, wo es Fische und
Wildpret im Überflusse gibt. Sie befehlen, daß man ihnen
Flinte, Feuerzeug und auch den Kessel ins Grab lege, und
erwarten, so ausgerüstet, den Tod mit Ruhe. Noch
häufiger aber bitten sie, ohne ihn erwarten zu können,
die eignen Kinder, ihnen den letzten Liebesdienst zu er-
weisen und sie zu erdrosseln. Der Greis setzt sich dann
in sein Grab, raucht seine letzte Pfeife, trinkt noch ein-
mal mit den Söhnen und gibt endlich das Zeichen,
worauf ihm zwei derselben den Hals zuschnüren. „Es
ist besser zu sitzen als zu stehen, zu schlafen als zu
wachen, zu sterben als zu leben!“ sagt der Jndianer
und sieht den Tod für eine Wohlthat an, sobald ihm
die Kräfte fehlen, welche zur Jagd und Fischerei nöthig
sind. Nur der große Mangel, der dort oft herrscht,
wenn der Fischfang fehlschlägt, die Gefahren und Be-
schwerden, welche mit dem Jägerleben verbunden sind,
können zu solchen Sitten führen.



Die Ackerbaugesellschaft in Kamtschatka.

Jn der Halbinsel Kamtschatka, wo bis jetzt so gut wie
nichts wächst, was einer nahrhaften Frucht ähnlich
sieht, hat sich auf die Auffoderung der russischen Re-
gierung eine Gesellschaft gebildet, um den bisher hier
gar nicht betriebenen Ackerbau zu befördern; denn da
das Land zwischen 51 und 62° N. B. liegt, so ist der
Ackerbau durch die Natur keineswegs ausgeschlossen.
Jn dem Berichte über die Erfolge des Jahres
1834 bekennen übrigens die Directoren der Gesell-
schaft, daß ihre Versuche nicht überall den Erwar-
tungen entsprochen haben. Von drei Aussaaten Win-
ter- und Sommerkorn hat nur eine die darauf ge-
wandte Mühe und Kosten belohnt, die zwei andern
sind zu Grunde gegangen, und zwar beide zu einer
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[Ende Spaltensatz]

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[175/0007] Das Pfennig=Magazin. vater der englischen Renner, der eine zahlreiche Nach- kommenschaft hinterlassen hat, war ein in Frankreich von dem Lord Godolphin gekaufter Berber, der dort einen Karren zog und 1753 in England starb. Eine innige Freundschaft bestand zwischen ihm und einer Katze, die im Stalle entweder auf seinem Rücken saß oder sich dicht neben ihm ihren Platz suchte, und nach seinem Tode nichts mehr fraß und bald starb. Man versichert, es sei eine ungegründete Behauptung, daß der gegenwärtige Stamm der englischen Rennpferde aus- geartet sei; aber allerdings könnte die Gewohnheit, die Pferde, ehe sie völlig ausgewachsen sind, auf die Renn- bahn zu bringen, eine Ausartung veranlassen. Der Eclipse und der Childers kamen nicht eher zum Ren- nen, bis sie fünf Jahre alt waren. Unter den veredelten Pferden steht nächst dem Renner das Jagdpferd ( hunter ) am höchsten in äu- ßern Vorzügen und im Werthe, und es wird auf die Zucht und Pflege desselben große Sorgfalt gewendet. Es wird nicht leicht unter 15 und nicht über 16 Hand hoch genommen, und das Vordertheil muß etwas höher sein als das Hintertheil, das dagegen bei dem Renner höher sein kann, weil seine Hauptstärke in den Hinter- beinen liegt. Eine Haupteigenschaft des Jagdpferdes ist, daß es sich leicht führen läßt, und daher muß es einen kleinen Kopf und einen dünnen Hals haben. Es muß überdies durch eine breite Brust sich auszeichnen, damit der Lunge freie Thätigkeit gewährt sei und das Pferd, wie die Engländer sagen, guten Wind habe; und da es über Gräben und Hecken zu setzen und mehr Schwierigkeiten des Bodens zu überwinden hat als der Renner, so muß es beim Laufe die Beine höher heben als dieser. Es ist interessant, das Feuer selbst alter Jagdpferde zu beobachten. Wenn es, nach mancher Winterarbeit im Parke weidend, die Ruhe des Alters genießt und dann das entfernte Gebell der Jagdhunde hört, springt es oft über die Einfriedigung, setzt über Hecke und Bach und folgt dem Zuge der Jagd. 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Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 165. Leipzig (Sachsen), 28. Mai 1836, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig165_1836/7>, abgerufen am 01.06.2024.