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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 168. Leipzig (Sachsen), 18. Juni 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
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Sultan Ahmed's Moschee.

Ahmed I., der von 1603 -- 17 auf dem osmani-
schen Throne saß, baute die große Moschee in Konstan-
tinopel, die gewöhnlich seinen Namen führt, aber auch
die sechsthürmige heißt, weil sie die einzige in der tür-
kischen Hauptstadt ist, die sechs jener schlanken, zum
Gebetausrufen bestimmten Thürme ( Minarehs ) hat.
Früher war es keinem Christen gestattet, eine Medsched,
wie sie im Arabischen heißt, was wir verstümmelt Mo-
schee, d. i. Anbetungsort, nennen, zu betreten, wenn er
nicht eine besondere Erlaubniß von dem Sultan erlangt
hatte, und selbst diese sicherte ihn nicht immer gegen
Beleidigungen des fanatischen Pöbels. Seit Sultan
Mahmud mit kühner Hand die alten Einrichtungen und
Gebräuche angegriffen hat, ist diese Ausschließung nicht
mehr so streng, und christliche Reisende finden jetzt we-
nig Schwierigkeiten, wenn sie eine Moschee sehen wol-
len. Alle kaiserlichen Moscheen in Konstantinopel, de-
ren es mit der ehemaligen Sophienkirche 14 gibt, sind
hohe und großartige Bauwerke, aber das Jnnere ist
ganz einfach und schmucklos. Jn einigen, wie in der
Sophienkirche und der Ahmedmoschee, sind die Säulen
mit Schnitzwerk, und Gewölbe, Kuppeln und Wände
mit Mosaik verziert, aber dies und einige Zierathen um
die zahlreichen Fenster sind fast der einzige Schmuck des
Jnnern. Nichts von Beiwerken, das die Einförmigkeit
aufheben könnte, keine Steinbilder, keine Gemälde und
ebenso wenig eine Orgel, da die Mohammedaner bei
ihrem Gottesdienste keine Musik haben, ausgenommen
in den Hallen der tanzenden Derwische. Auch sieht
man keine großen Kanzeln, keine Kirchenstühle, keine
Bänke. Jn jeder Moschee aber gibt es drei Gegen-
stände, die jedoch nur klein und keineswegs hervorragend
sind: 1 ) das Mihrab, von Europäern uneigentlich Al-
tar genannt, eine Nische, sechs bis acht Fuß hoch, in
der Wand der Moschee, dem Haupteingange gegenüber,
um die Richtung nach der heiligen Stadt Mekka ( das
Kebla ) zu bezeichnen, wohin der Moslem bei dem Ge-
bete sich wenden muß; 2 ) das Mahfil=Muezzin, eine
kleine Erhöhung zur Linken des Mihrab, wo die Ge-
betrufer ( Muezzin ) während des Gottesdienstes ihren
Platz haben; 3 ) eine Art von offener Kanzel, rechts
vom Mihrab und sechs bis acht Fuß vom Fußboden,
wo der Oberprediger steht, der aber selten predigt.

Jn den kaiserlichen Moscheen gibt es überdies noch
ein Minber und ein Mahfil=Padischahi. Das Mimber
ist eine Art von kleinem Pavillon, immer in einiger
Entfernung links vom Mihrab, und wird auf einer
steilen und schmalen Treppe erstiegen, die nach dem Ge-
setze nie mehr als 23 Stufen haben soll. Es ist für
den Khatib, den Obern der Moschee, bestimmt, der an
gewissen Tagen das Glaubensbekenntniß und den Ver-
dammungsspruch über alle nichtmohammedanischen Re-
ligionen hersagt. Als die Türken ein eroberndes Volk
waren und die den Christen genommenen Kirchen in
Moscheen umwandelten, ging an dem Tage, wo sie eröff-
net wurden und zum ersten Male das Allah il Allah vom
hohen Minareh erschallte, der Khatib mit einem Schwerte
die Treppe hinan und zeigte es, das Werkzeug des Sie-
ges und der Bekehrung, während er das Glaubensbe-
kenntniß sprach. Dann schwang er es, und auf die
Waffe sich stützend, stieg er wieder hinab. Das Mah-
fil=Padischahi ( d. h. Sultansplatz ) ist ein kleines Ge-
mach mit vergoldetem Gitter, worin der Sultan und
sein Hofstaat während des Gebets ungesehen sich befin-
den. Diese Gebetkammer, die jedoch gar nicht über die
[Spaltenumbruch] Wandfläche hervorragt, ist ziemlich hoch und gewöhnlich
dem Sitze des Khatibs gegenüber.

Jnschriften in großen arabischen Buchstaben und
Täflein mit den Namen Allah's, Mohammed's und der
vier ersten Khalifen ( Abubekr, Omar, Osman, Ali )
und Hassan's und Hussein's, der Söhne Ali's, sieht
man hier und da an den Wänden, aber sie sind zu
schlicht, als daß sie für Verzierungen gelten könnten.
Die Täflein haben schwarze hölzerne Rahmen und sel-
ten mehr als zwei bis drei Fuß im Gevierte. Einige
derselben enthalten kurze Sprüche aus dem Koran, mit
blauen und goldenen Buchstaben geschrieben. Lampen,
zuweilen von Silber und in Ahmed's Moschee von
Gold und mit Edelsteinen besetzt, hängen in verschiede-
nen Theilen des Gebäudes, aber es sind ihrer zu we-
nige und sie sind zu klein, als daß sie eine helle Be-
leuchtung in diesen großen Räumen hervorbringen könn-
ten. Auch hängt man in den Moscheen und den
Grabgewölben wol große Straußeier auf und zuweilen
einige bunte Glaslämpchen.

Der Fußboden des Hauptganges ist gewöhnlich mit
trefflichen ägyptischen Matten bedeckt, die weit glatter
und fester als unsere Strohmatten sind. Die Türken
trugen bis in die neueste Zeit weiche Saffianstiefeln
ohne Sohlen und über dieselben starke Papuschen oder
besohlte Pantoffeln, die allein mit dem Straßenschmuz
in Berührung kamen, und bei dem Eintritte in eine
Moschee, wie auf der Schwelle jeder Privatwohnung,
ausgezogen wurden. Die Matten wurden daher nicht
beschmuzt und die Moscheen in Konstantinopel waren
ungemein reinlich. Seit Sultan Mahmud einem gro-
ßen Theile seiner Unterthanen Schuhe und Stiefeln
angezogen hat, die sich nicht so leicht als Papuschen
ausziehen lassen, wird die Reinlichkeit nicht mehr so
gut erhalten werden können.

Der Sophientempel gilt zwar für die Hauptmo-
schee, aber an den drei großen mohammedanischen Fest-
tagen, dem Bairam oder Jd=fitr ( Fastenbrechen ) , einer
dreitägigen Feier am Ende der Fastenzeit, dem Kurban
Bairam oder Opferfeste, 70 Tage nach jenem, und dem
Megilaud, einem von Murad III. 1588 zu Ehren der
Geburt des Propheten eingesetzten Feste, begibt sich der
Sultan in die Ahmedmoschee. An diesen Tagen ist
der große Raum, von welchem unsere Abbildung nur
einen kleinen Abschnitt zeigt, mit dem zahlreichen Hof-
staat des Sultans, den Muftis, den Ulemahs, den
Paschas angefüllt, welche Alle von ihren erwachsenen
Söhnen und einem Schwarme glänzend gekleideter Diener
begleitet sind. Die weiten hochfarbigen Gewänder, die
prächtigen Turbans, die stattlichen Bärte, die schimmern-
den, mit Diamanten verzierten Dolche, die hohen Rei-
herfedern und die ganze prachtvolle morgenländische
Tracht, Alles machte einen außerordentlichen Eindruck,
und es war höchst ergreifend, die ganze glänzende Masse
in den Moscheen knien und dann aufstehen und die
Hände auf die Brust schlagen zu sehen, als ob die Tau-
sende nur von einem Willen, von einer Seele wären
bewegt worden.

Auch hier ist nicht mehr der alte Glanz, die alte
Sitte, und seit Mahmud in der Volkstracht eine so
große Veränderung hervorgebracht hat, ist viel von der
malerischen Wirkung des Schauspiels verloren gegangen.
Der Zug geht vom Serai auf die ehemalige byzantini-
sche Rennbahn, wo die Ahmedmoschee steht. Jn glän-
zendem Anzug, auf schönen, prächtig geschirrten Pferden
zieht sich das zahlreiche Gefolge des Sultans in einer
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Das Pfennig=Magazin.
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Sultan Ahmed's Moschee.

Ahmed I., der von 1603 — 17 auf dem osmani-
schen Throne saß, baute die große Moschee in Konstan-
tinopel, die gewöhnlich seinen Namen führt, aber auch
die sechsthürmige heißt, weil sie die einzige in der tür-
kischen Hauptstadt ist, die sechs jener schlanken, zum
Gebetausrufen bestimmten Thürme ( Minarehs ) hat.
Früher war es keinem Christen gestattet, eine Medsched,
wie sie im Arabischen heißt, was wir verstümmelt Mo-
schee, d. i. Anbetungsort, nennen, zu betreten, wenn er
nicht eine besondere Erlaubniß von dem Sultan erlangt
hatte, und selbst diese sicherte ihn nicht immer gegen
Beleidigungen des fanatischen Pöbels. Seit Sultan
Mahmud mit kühner Hand die alten Einrichtungen und
Gebräuche angegriffen hat, ist diese Ausschließung nicht
mehr so streng, und christliche Reisende finden jetzt we-
nig Schwierigkeiten, wenn sie eine Moschee sehen wol-
len. Alle kaiserlichen Moscheen in Konstantinopel, de-
ren es mit der ehemaligen Sophienkirche 14 gibt, sind
hohe und großartige Bauwerke, aber das Jnnere ist
ganz einfach und schmucklos. Jn einigen, wie in der
Sophienkirche und der Ahmedmoschee, sind die Säulen
mit Schnitzwerk, und Gewölbe, Kuppeln und Wände
mit Mosaik verziert, aber dies und einige Zierathen um
die zahlreichen Fenster sind fast der einzige Schmuck des
Jnnern. Nichts von Beiwerken, das die Einförmigkeit
aufheben könnte, keine Steinbilder, keine Gemälde und
ebenso wenig eine Orgel, da die Mohammedaner bei
ihrem Gottesdienste keine Musik haben, ausgenommen
in den Hallen der tanzenden Derwische. Auch sieht
man keine großen Kanzeln, keine Kirchenstühle, keine
Bänke. Jn jeder Moschee aber gibt es drei Gegen-
stände, die jedoch nur klein und keineswegs hervorragend
sind: 1 ) das Mihrab, von Europäern uneigentlich Al-
tar genannt, eine Nische, sechs bis acht Fuß hoch, in
der Wand der Moschee, dem Haupteingange gegenüber,
um die Richtung nach der heiligen Stadt Mekka ( das
Kebla ) zu bezeichnen, wohin der Moslem bei dem Ge-
bete sich wenden muß; 2 ) das Mahfil=Muezzin, eine
kleine Erhöhung zur Linken des Mihrab, wo die Ge-
betrufer ( Muezzin ) während des Gottesdienstes ihren
Platz haben; 3 ) eine Art von offener Kanzel, rechts
vom Mihrab und sechs bis acht Fuß vom Fußboden,
wo der Oberprediger steht, der aber selten predigt.

Jn den kaiserlichen Moscheen gibt es überdies noch
ein Minber und ein Mahfil=Padischahi. Das Mimber
ist eine Art von kleinem Pavillon, immer in einiger
Entfernung links vom Mihrab, und wird auf einer
steilen und schmalen Treppe erstiegen, die nach dem Ge-
setze nie mehr als 23 Stufen haben soll. Es ist für
den Khatib, den Obern der Moschee, bestimmt, der an
gewissen Tagen das Glaubensbekenntniß und den Ver-
dammungsspruch über alle nichtmohammedanischen Re-
ligionen hersagt. Als die Türken ein eroberndes Volk
waren und die den Christen genommenen Kirchen in
Moscheen umwandelten, ging an dem Tage, wo sie eröff-
net wurden und zum ersten Male das Allah il Allah vom
hohen Minareh erschallte, der Khatib mit einem Schwerte
die Treppe hinan und zeigte es, das Werkzeug des Sie-
ges und der Bekehrung, während er das Glaubensbe-
kenntniß sprach. Dann schwang er es, und auf die
Waffe sich stützend, stieg er wieder hinab. Das Mah-
fil=Padischahi ( d. h. Sultansplatz ) ist ein kleines Ge-
mach mit vergoldetem Gitter, worin der Sultan und
sein Hofstaat während des Gebets ungesehen sich befin-
den. Diese Gebetkammer, die jedoch gar nicht über die
[Spaltenumbruch] Wandfläche hervorragt, ist ziemlich hoch und gewöhnlich
dem Sitze des Khatibs gegenüber.

Jnschriften in großen arabischen Buchstaben und
Täflein mit den Namen Allah's, Mohammed's und der
vier ersten Khalifen ( Abubekr, Omar, Osman, Ali )
und Hassan's und Hussein's, der Söhne Ali's, sieht
man hier und da an den Wänden, aber sie sind zu
schlicht, als daß sie für Verzierungen gelten könnten.
Die Täflein haben schwarze hölzerne Rahmen und sel-
ten mehr als zwei bis drei Fuß im Gevierte. Einige
derselben enthalten kurze Sprüche aus dem Koran, mit
blauen und goldenen Buchstaben geschrieben. Lampen,
zuweilen von Silber und in Ahmed's Moschee von
Gold und mit Edelsteinen besetzt, hängen in verschiede-
nen Theilen des Gebäudes, aber es sind ihrer zu we-
nige und sie sind zu klein, als daß sie eine helle Be-
leuchtung in diesen großen Räumen hervorbringen könn-
ten. Auch hängt man in den Moscheen und den
Grabgewölben wol große Straußeier auf und zuweilen
einige bunte Glaslämpchen.

Der Fußboden des Hauptganges ist gewöhnlich mit
trefflichen ägyptischen Matten bedeckt, die weit glatter
und fester als unsere Strohmatten sind. Die Türken
trugen bis in die neueste Zeit weiche Saffianstiefeln
ohne Sohlen und über dieselben starke Papuschen oder
besohlte Pantoffeln, die allein mit dem Straßenschmuz
in Berührung kamen, und bei dem Eintritte in eine
Moschee, wie auf der Schwelle jeder Privatwohnung,
ausgezogen wurden. Die Matten wurden daher nicht
beschmuzt und die Moscheen in Konstantinopel waren
ungemein reinlich. Seit Sultan Mahmud einem gro-
ßen Theile seiner Unterthanen Schuhe und Stiefeln
angezogen hat, die sich nicht so leicht als Papuschen
ausziehen lassen, wird die Reinlichkeit nicht mehr so
gut erhalten werden können.

Der Sophientempel gilt zwar für die Hauptmo-
schee, aber an den drei großen mohammedanischen Fest-
tagen, dem Bairam oder Jd=fitr ( Fastenbrechen ) , einer
dreitägigen Feier am Ende der Fastenzeit, dem Kurban
Bairam oder Opferfeste, 70 Tage nach jenem, und dem
Megilaud, einem von Murad III. 1588 zu Ehren der
Geburt des Propheten eingesetzten Feste, begibt sich der
Sultan in die Ahmedmoschee. An diesen Tagen ist
der große Raum, von welchem unsere Abbildung nur
einen kleinen Abschnitt zeigt, mit dem zahlreichen Hof-
staat des Sultans, den Muftis, den Ulemahs, den
Paschas angefüllt, welche Alle von ihren erwachsenen
Söhnen und einem Schwarme glänzend gekleideter Diener
begleitet sind. Die weiten hochfarbigen Gewänder, die
prächtigen Turbans, die stattlichen Bärte, die schimmern-
den, mit Diamanten verzierten Dolche, die hohen Rei-
herfedern und die ganze prachtvolle morgenländische
Tracht, Alles machte einen außerordentlichen Eindruck,
und es war höchst ergreifend, die ganze glänzende Masse
in den Moscheen knien und dann aufstehen und die
Hände auf die Brust schlagen zu sehen, als ob die Tau-
sende nur von einem Willen, von einer Seele wären
bewegt worden.

Auch hier ist nicht mehr der alte Glanz, die alte
Sitte, und seit Mahmud in der Volkstracht eine so
große Veränderung hervorgebracht hat, ist viel von der
malerischen Wirkung des Schauspiels verloren gegangen.
Der Zug geht vom Serai auf die ehemalige byzantini-
sche Rennbahn, wo die Ahmedmoschee steht. Jn glän-
zendem Anzug, auf schönen, prächtig geschirrten Pferden
zieht sich das zahlreiche Gefolge des Sultans in einer
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Alle kaiserlichen Moscheen in Konstantinopel, de- ren es mit der ehemaligen Sophienkirche 14 gibt, sind hohe und großartige Bauwerke, aber das Jnnere ist ganz einfach und schmucklos. Jn einigen, wie in der Sophienkirche und der Ahmedmoschee, sind die Säulen mit Schnitzwerk, und Gewölbe, Kuppeln und Wände mit Mosaik verziert, aber dies und einige Zierathen um die zahlreichen Fenster sind fast der einzige Schmuck des Jnnern. Nichts von Beiwerken, das die Einförmigkeit aufheben könnte, keine Steinbilder, keine Gemälde und ebenso wenig eine Orgel, da die Mohammedaner bei ihrem Gottesdienste keine Musik haben, ausgenommen in den Hallen der tanzenden Derwische. Auch sieht man keine großen Kanzeln, keine Kirchenstühle, keine Bänke. Jn jeder Moschee aber gibt es drei Gegen- stände, die jedoch nur klein und keineswegs hervorragend sind: 1 ) das Mihrab, von Europäern uneigentlich Al- tar genannt, eine Nische, sechs bis acht Fuß hoch, in der Wand der Moschee, dem Haupteingange gegenüber, um die Richtung nach der heiligen Stadt Mekka ( das Kebla ) zu bezeichnen, wohin der Moslem bei dem Ge- bete sich wenden muß; 2 ) das Mahfil=Muezzin, eine kleine Erhöhung zur Linken des Mihrab, wo die Ge- betrufer ( Muezzin ) während des Gottesdienstes ihren Platz haben; 3 ) eine Art von offener Kanzel, rechts vom Mihrab und sechs bis acht Fuß vom Fußboden, wo der Oberprediger steht, der aber selten predigt. Jn den kaiserlichen Moscheen gibt es überdies noch ein Minber und ein Mahfil=Padischahi. Das Mimber ist eine Art von kleinem Pavillon, immer in einiger Entfernung links vom Mihrab, und wird auf einer steilen und schmalen Treppe erstiegen, die nach dem Ge- setze nie mehr als 23 Stufen haben soll. 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Der Fußboden des Hauptganges ist gewöhnlich mit trefflichen ägyptischen Matten bedeckt, die weit glatter und fester als unsere Strohmatten sind. Die Türken trugen bis in die neueste Zeit weiche Saffianstiefeln ohne Sohlen und über dieselben starke Papuschen oder besohlte Pantoffeln, die allein mit dem Straßenschmuz in Berührung kamen, und bei dem Eintritte in eine Moschee, wie auf der Schwelle jeder Privatwohnung, ausgezogen wurden. Die Matten wurden daher nicht beschmuzt und die Moscheen in Konstantinopel waren ungemein reinlich. Seit Sultan Mahmud einem gro- ßen Theile seiner Unterthanen Schuhe und Stiefeln angezogen hat, die sich nicht so leicht als Papuschen ausziehen lassen, wird die Reinlichkeit nicht mehr so gut erhalten werden können. Der Sophientempel gilt zwar für die Hauptmo- schee, aber an den drei großen mohammedanischen Fest- tagen, dem Bairam oder Jd=fitr ( Fastenbrechen ) , einer dreitägigen Feier am Ende der Fastenzeit, dem Kurban Bairam oder Opferfeste, 70 Tage nach jenem, und dem Megilaud, einem von Murad III. 1588 zu Ehren der Geburt des Propheten eingesetzten Feste, begibt sich der Sultan in die Ahmedmoschee. An diesen Tagen ist der große Raum, von welchem unsere Abbildung nur einen kleinen Abschnitt zeigt, mit dem zahlreichen Hof- staat des Sultans, den Muftis, den Ulemahs, den Paschas angefüllt, welche Alle von ihren erwachsenen Söhnen und einem Schwarme glänzend gekleideter Diener begleitet sind. Die weiten hochfarbigen Gewänder, die prächtigen Turbans, die stattlichen Bärte, die schimmern- den, mit Diamanten verzierten Dolche, die hohen Rei- herfedern und die ganze prachtvolle morgenländische Tracht, Alles machte einen außerordentlichen Eindruck, und es war höchst ergreifend, die ganze glänzende Masse in den Moscheen knien und dann aufstehen und die Hände auf die Brust schlagen zu sehen, als ob die Tau- sende nur von einem Willen, von einer Seele wären bewegt worden. Auch hier ist nicht mehr der alte Glanz, die alte Sitte, und seit Mahmud in der Volkstracht eine so große Veränderung hervorgebracht hat, ist viel von der malerischen Wirkung des Schauspiels verloren gegangen. Der Zug geht vom Serai auf die ehemalige byzantini- sche Rennbahn, wo die Ahmedmoschee steht. Jn glän- zendem Anzug, auf schönen, prächtig geschirrten Pferden zieht sich das zahlreiche Gefolge des Sultans in einer

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 168. Leipzig (Sachsen), 18. Juni 1836, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig168_1836/2>, abgerufen am 23.11.2024.