Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 168. Leipzig (Sachsen), 18. Juni 1836.Das Pfennig=Magazin. [Beginn Spaltensatz]
bracht und warum sie nicht meinen Rath befolgt hät-ten. Jhre Antwort überraschte und erfreute mich. Wir wollten nicht weggehen, sagten sie, weil wir fürchteten, es möchten diesen Morgen Andere vor uns kommen und die Bücher nehmen, die Jhr übrig habt, und dann hätten wir ohne sie heimkehren müssen; darum ent- schlossen wir uns gestern Abend, als Jhr uns verlassen hattet, nicht wegzugehen, bis wir die Bücher erhalten hätten. Jch führte sie in die Druckerei und gab Jedem das gewünschte Exemplar. Sie verlangten noch zwei andere, [Spaltenumbruch] das eine für eine Mutter, das zweite für eine Schwe- ster, und für Beide hatten sie die Bezahlung mitge- bracht. Als ich auch dieses Verlangen befriedigt hatte, wickelte Jeder sein Buch in ein Stück weißen Zeuches, steckte es in den Busen, sagte mir Lebewohl, und ohne, wie ich glaube, etwas gegessen oder getrunken, oder Je- mand auf der Jnsel gesehen zu haben, eilten sie nach dem Gestade, lösten ihren Kahn vom Ufer, zogen ihre Segel auf und steuerten fröhlich in ihre Heimat." Das Lebens= oder Rettungsboot. [Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]
Die Erfindung des Lebens= oder Rettungsboots ver- Das Pfennig=Magazin. [Beginn Spaltensatz]
bracht und warum sie nicht meinen Rath befolgt hät-ten. Jhre Antwort überraschte und erfreute mich. Wir wollten nicht weggehen, sagten sie, weil wir fürchteten, es möchten diesen Morgen Andere vor uns kommen und die Bücher nehmen, die Jhr übrig habt, und dann hätten wir ohne sie heimkehren müssen; darum ent- schlossen wir uns gestern Abend, als Jhr uns verlassen hattet, nicht wegzugehen, bis wir die Bücher erhalten hätten. Jch führte sie in die Druckerei und gab Jedem das gewünschte Exemplar. Sie verlangten noch zwei andere, [Spaltenumbruch] das eine für eine Mutter, das zweite für eine Schwe- ster, und für Beide hatten sie die Bezahlung mitge- bracht. Als ich auch dieses Verlangen befriedigt hatte, wickelte Jeder sein Buch in ein Stück weißen Zeuches, steckte es in den Busen, sagte mir Lebewohl, und ohne, wie ich glaube, etwas gegessen oder getrunken, oder Je- mand auf der Jnsel gesehen zu haben, eilten sie nach dem Gestade, lösten ihren Kahn vom Ufer, zogen ihre Segel auf und steuerten fröhlich in ihre Heimat.“ Das Lebens= oder Rettungsboot. [Abbildung]
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Die Erfindung des Lebens= oder Rettungsboots ver- <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="196"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Pfennig=Magazin.</hi></fw><cb type="start"/> bracht und warum sie nicht meinen Rath befolgt hät-<lb/> ten. Jhre Antwort überraschte und erfreute mich. Wir<lb/> wollten nicht weggehen, sagten sie, weil wir fürchteten,<lb/> es möchten diesen Morgen Andere vor uns kommen<lb/> und die Bücher nehmen, die Jhr übrig habt, und dann<lb/> hätten wir ohne sie heimkehren müssen; darum ent-<lb/> schlossen wir uns gestern Abend, als Jhr uns verlassen<lb/> hattet, nicht wegzugehen, bis wir die Bücher erhalten<lb/> hätten. Jch führte sie in die Druckerei und gab Jedem das<lb/> gewünschte Exemplar. Sie verlangten noch zwei andere,<lb/><cb n="2"/> das eine für eine Mutter, das zweite für eine Schwe-<lb/> ster, und für Beide hatten sie die Bezahlung mitge-<lb/> bracht. Als ich auch dieses Verlangen befriedigt hatte,<lb/> wickelte Jeder sein Buch in ein Stück weißen Zeuches,<lb/> steckte es in den Busen, sagte mir Lebewohl, und ohne,<lb/> wie ich glaube, etwas gegessen oder getrunken, oder Je-<lb/> mand auf der Jnsel gesehen zu haben, eilten sie nach<lb/> dem Gestade, lösten ihren Kahn vom Ufer, zogen ihre<lb/> Segel auf und steuerten fröhlich in ihre Heimat.“</p> </div><lb/> <cb type="end"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Das Lebens= oder Rettungsboot</hi>.</hi> </head><lb/> <figure/><lb/> <cb type="start"/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Erfindung des Lebens= oder Rettungsboots ver-<lb/> danken wir dem englischen Baumeister Henry Greathead,<lb/> der das erste Fahrzeug dieser Art am 30. Januar 1790<lb/> vom Stapel laufen ließ. Die nächste Veranlassung zu<lb/> dieser Erfindung gab ein Schiffbruch, der 1789 unweit<lb/> dem Tynemouthhafen an der Küste von Northumber-<lb/> land stattfand. Hier scheiterte nämlich das Schiff Ad-<lb/> venture von Newcastle und versank mit Mann und<lb/> Maus in den Wellen, ohne daß vom Strand aus Hülfe<lb/> geleistet werden konnte. Von dem Ufer sah eine zahl-<lb/> lose Menge, wie die verzweifelte Mannschaft des Schif-<lb/> fes an dem Tauwerk hinaufzuklettern suchte, und von<lb/> dieser Höhe herab in den Abgrund der Wogen geschleudert<lb/> ward. Es wurden zwar mehre Versuche gemacht, sich<lb/> mit Booten dem Schiffe zu nähern; allein dies war un-<lb/> möglich, da kein auf gewöhnliche Weise gezimmertes<lb/> Boot der Gewalt der Wellen widerstand. Ein so<lb/> furchtbares Schauspiel, die Mannschaft eines starken,<lb/> gut gebauten Schiffes so ganz ohne Möglichkeit der<lb/> Rettung untergehen zu sehen, hatte die Gemüther der<lb/><cb n="2"/> Zuschauer so lebhaft ergriffen, daß sich kurz nach die-<lb/> sem traurigen Vorfall in ihrer Mitte ein Verein bildete,<lb/> welcher einen nicht unbedeutenden Preis für die Erfin-<lb/> dung eines Rettungsboots aussetzte, das seinem Baue<lb/> nach in den Wellen nicht versinken könnte. Eine Zeich-<lb/> nung hierzu übergab nun Greathead dem Rettungscomité,<lb/> und der Erfolg hat die Tüchtigkeit seiner Erfindung be-<lb/> stätigt. Späterhin, 1802, ward vom Parlament ein<lb/> Ausschuß Sachverständiger nach den Küsten von Durham<lb/> und Northumberland geschickt, welcher das Rettungs-<lb/> boot an Ort und Stelle prüfen sollte. Es wurden<lb/> mehre Seeleute, die oftmals Zeugen von den Erfolgen<lb/> des Rettungsboots gewesen waren, befragt, und diese<lb/> erhärteten durch ihre Aussagen die Zweckmäßigkeit der<lb/> Einrichtung. Nach der Aussage des einen hatte ein-<lb/> mal das Rettungsboot aus einem gescheiterten Wrack<lb/> 15 Mann durch die Brandung sicher ans Ufer gebracht,<lb/> während selbst die erfahrensten Seeleute, vom Gestade aus,<lb/> das Gelingen dieses Unternehmens für unmöglich gehalten<lb/> hatten. Fast gleichzeitig mit dem Rettungsboot fuhr<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [196/0004]
Das Pfennig=Magazin.
bracht und warum sie nicht meinen Rath befolgt hät-
ten. Jhre Antwort überraschte und erfreute mich. Wir
wollten nicht weggehen, sagten sie, weil wir fürchteten,
es möchten diesen Morgen Andere vor uns kommen
und die Bücher nehmen, die Jhr übrig habt, und dann
hätten wir ohne sie heimkehren müssen; darum ent-
schlossen wir uns gestern Abend, als Jhr uns verlassen
hattet, nicht wegzugehen, bis wir die Bücher erhalten
hätten. Jch führte sie in die Druckerei und gab Jedem das
gewünschte Exemplar. Sie verlangten noch zwei andere,
das eine für eine Mutter, das zweite für eine Schwe-
ster, und für Beide hatten sie die Bezahlung mitge-
bracht. Als ich auch dieses Verlangen befriedigt hatte,
wickelte Jeder sein Buch in ein Stück weißen Zeuches,
steckte es in den Busen, sagte mir Lebewohl, und ohne,
wie ich glaube, etwas gegessen oder getrunken, oder Je-
mand auf der Jnsel gesehen zu haben, eilten sie nach
dem Gestade, lösten ihren Kahn vom Ufer, zogen ihre
Segel auf und steuerten fröhlich in ihre Heimat.“
Das Lebens= oder Rettungsboot.
[Abbildung]
Die Erfindung des Lebens= oder Rettungsboots ver-
danken wir dem englischen Baumeister Henry Greathead,
der das erste Fahrzeug dieser Art am 30. Januar 1790
vom Stapel laufen ließ. Die nächste Veranlassung zu
dieser Erfindung gab ein Schiffbruch, der 1789 unweit
dem Tynemouthhafen an der Küste von Northumber-
land stattfand. Hier scheiterte nämlich das Schiff Ad-
venture von Newcastle und versank mit Mann und
Maus in den Wellen, ohne daß vom Strand aus Hülfe
geleistet werden konnte. Von dem Ufer sah eine zahl-
lose Menge, wie die verzweifelte Mannschaft des Schif-
fes an dem Tauwerk hinaufzuklettern suchte, und von
dieser Höhe herab in den Abgrund der Wogen geschleudert
ward. Es wurden zwar mehre Versuche gemacht, sich
mit Booten dem Schiffe zu nähern; allein dies war un-
möglich, da kein auf gewöhnliche Weise gezimmertes
Boot der Gewalt der Wellen widerstand. Ein so
furchtbares Schauspiel, die Mannschaft eines starken,
gut gebauten Schiffes so ganz ohne Möglichkeit der
Rettung untergehen zu sehen, hatte die Gemüther der
Zuschauer so lebhaft ergriffen, daß sich kurz nach die-
sem traurigen Vorfall in ihrer Mitte ein Verein bildete,
welcher einen nicht unbedeutenden Preis für die Erfin-
dung eines Rettungsboots aussetzte, das seinem Baue
nach in den Wellen nicht versinken könnte. Eine Zeich-
nung hierzu übergab nun Greathead dem Rettungscomité,
und der Erfolg hat die Tüchtigkeit seiner Erfindung be-
stätigt. Späterhin, 1802, ward vom Parlament ein
Ausschuß Sachverständiger nach den Küsten von Durham
und Northumberland geschickt, welcher das Rettungs-
boot an Ort und Stelle prüfen sollte. Es wurden
mehre Seeleute, die oftmals Zeugen von den Erfolgen
des Rettungsboots gewesen waren, befragt, und diese
erhärteten durch ihre Aussagen die Zweckmäßigkeit der
Einrichtung. Nach der Aussage des einen hatte ein-
mal das Rettungsboot aus einem gescheiterten Wrack
15 Mann durch die Brandung sicher ans Ufer gebracht,
während selbst die erfahrensten Seeleute, vom Gestade aus,
das Gelingen dieses Unternehmens für unmöglich gehalten
hatten. Fast gleichzeitig mit dem Rettungsboot fuhr
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Peter Fankhauser:
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