Das Raupenschneien. [s. l.], 1799.Nähe, ihre Anzahl hat sich über die maßen vermehret, und so haben wir sie müs- Aus Holland. Ein armer Schuhmacher lebte zu Amsterdam mit seiner Jetzt sag erst die Regierung zu Amsterdam ein, wie nothwendig es sey, besser [Abbildung]
Nähe, ihre Anzahl hat ſich über die maßen vermehret, und ſo haben wir ſie müſ- Aus Holland. Ein armer Schuhmacher lebte zu Amſterdam mit ſeiner Jetzt ſag erſt die Regierung zu Amſterdam ein, wie nothwendig es ſey, beſſer [Abbildung]
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004"/> Nähe, ihre Anzahl hat ſich über die maßen vermehret, und ſo haben wir ſie müſ-<lb/> ſen gewahr werden. Doch es ſey wie es wolle, ſo bleibt es allemal eine merk-<lb/> würdige Naturbegebenheit.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Aus Holland.</hi> Ein armer <hi rendition="#g">Schuhmacher</hi> lebte zu Amſterdam mit ſeiner<lb/> Frau und ſeinen 4 unerzogenen Kindern in der größten Dürftigkeit, und ob er gleich<lb/> bey der ganzen Nachbarſchaft als ein fleißiger und rechtſchaffener Mann bekannt<lb/> war; ſo konnte er doch bey aller Anſtrengung nicht ſo viel verdienen, um den Hun-<lb/> ger zu ſtillen, und ſich vor der großen Kälte zu ſchützen. Einem ſeiner Nachba-<lb/> ren kam es bedenklich vor, daß man ſeit einigen Tagen weder ihn noch von den ſei-<lb/> nigen etwas gewahr wurde, er gieng alſo gerade zu ihm um ſich zu erkundigen, wo<lb/> er geſteckt, daß man nichts von ihm geſehen hätte. Aber wie erſchrack der gute<lb/> Mann als er die Stube öffnete; gleich vor der Stubenthüre lag der Schuhma-<lb/> cher todt, nicht weit von ihm ſeine Frau, die die 2 kleinſten Kinder in ihre Arme<lb/> gedruckt hielt; auf der alten Werkſtätte der größte 14 jährige Knabe, und hinter<lb/> den Ofen ein Mädchen von 10 Jahren. Gleich lief der Mann zur Obrigkeit um<lb/> dieſes grauſame Schauſpiel anzuzeigen. Ein Paar obrigkeitliche Perſonen nebſt ei-<lb/> nen geſchickten Arzt ſchickte man ſogleich um die Sache zu unterſuchen; aber man<lb/> fand, daß alle 6 Perſonen völlig erfroren waren, und daß alſo Hunger und Käl-<lb/> te ihnen allen das Leben geraubt hatten.</p><lb/> <p>Jetzt ſag erſt die Regierung zu Amſterdam ein, wie nothwendig es ſey, beſſer<lb/> vor die Armen zu ſorgen. Dieſe ganze erfrorne Familie wurde ehrlich zur Erde be-<lb/> ſtattet; aber um mehrere ſolche Unglücksfällen vorzubeugen, wurde eine Kollecte<lb/> von 26,000 fl. geſammelt, die in ZUkunft zum Wohl der Armen verwendet wer-<lb/> den ſollen.</p><lb/> <figure/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0004]
Nähe, ihre Anzahl hat ſich über die maßen vermehret, und ſo haben wir ſie müſ-
ſen gewahr werden. Doch es ſey wie es wolle, ſo bleibt es allemal eine merk-
würdige Naturbegebenheit.
Aus Holland. Ein armer Schuhmacher lebte zu Amſterdam mit ſeiner
Frau und ſeinen 4 unerzogenen Kindern in der größten Dürftigkeit, und ob er gleich
bey der ganzen Nachbarſchaft als ein fleißiger und rechtſchaffener Mann bekannt
war; ſo konnte er doch bey aller Anſtrengung nicht ſo viel verdienen, um den Hun-
ger zu ſtillen, und ſich vor der großen Kälte zu ſchützen. Einem ſeiner Nachba-
ren kam es bedenklich vor, daß man ſeit einigen Tagen weder ihn noch von den ſei-
nigen etwas gewahr wurde, er gieng alſo gerade zu ihm um ſich zu erkundigen, wo
er geſteckt, daß man nichts von ihm geſehen hätte. Aber wie erſchrack der gute
Mann als er die Stube öffnete; gleich vor der Stubenthüre lag der Schuhma-
cher todt, nicht weit von ihm ſeine Frau, die die 2 kleinſten Kinder in ihre Arme
gedruckt hielt; auf der alten Werkſtätte der größte 14 jährige Knabe, und hinter
den Ofen ein Mädchen von 10 Jahren. Gleich lief der Mann zur Obrigkeit um
dieſes grauſame Schauſpiel anzuzeigen. Ein Paar obrigkeitliche Perſonen nebſt ei-
nen geſchickten Arzt ſchickte man ſogleich um die Sache zu unterſuchen; aber man
fand, daß alle 6 Perſonen völlig erfroren waren, und daß alſo Hunger und Käl-
te ihnen allen das Leben geraubt hatten.
Jetzt ſag erſt die Regierung zu Amſterdam ein, wie nothwendig es ſey, beſſer
vor die Armen zu ſorgen. Dieſe ganze erfrorne Familie wurde ehrlich zur Erde be-
ſtattet; aber um mehrere ſolche Unglücksfällen vorzubeugen, wurde eine Kollecte
von 26,000 fl. geſammelt, die in ZUkunft zum Wohl der Armen verwendet wer-
den ſollen.
[Abbildung]
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-14T09:25:31Z)
Frank Wiegand: Transkription und Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-14T09:25:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |