Reichspost. Nr. 3, Wien, 04.01.1901.[Spaltenumbruch]
Preis 8 h Redaction, Administration, Stadtexpedition I., Wollzeile 15. Unfrankirte Briefe werden nicht an- Inserate Abonnements werden ange- Erscheint täglich, 6 Uhr Nach- [Spaltenumbruch] Reichspost. Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 8 h Bezugspreise: Einzelne Nummern 8 h. per Post Bei Abholung in unserer Administra- Für: Oesterreich-Ungarn: Für: Deutschland: Länder des Weltpostvereines: Telephon 1828. VIII. Jahrgang. Wien, Freitag, 4. Jänner 1901. Nr. 3. [Spaltenumbruch] Bayern wird in der Presse nicht bloß in der österreichischen, Um gleich da anzuknüpfen, wo wir so eben ge- Aber auch im Lande selbst sieht es nicht am er- Das Interesse des Centrums für das Wohl Die edle, volksfreundliche und auch katholische [Spaltenumbruch] Der Jubiläumsdichter. (Schluß.) Steputat's Reimlexikon aufschlagend, versuchte er An allen Gliedern zerschlagen, erhob sich Hofer Zu Mantua in Banden Der treue Hofer war; Weiter jedoch kam er nicht, eine furchtbare Ohr- Hofer sah sich an den blühenden Perlen der Alles ging prächtig. Der Fackelzug wurde in Im Salon des Herrenhauses hatten die zahl- Als Hofer das blauseidene Band von der Papier- [Abbildung] Die heutige Nummer ist 10 Seiten stark. [Abbildung] [Spaltenumbruch]
Preis 8 h Redaction, Adminiſtration, Stadtexpedition I., Wollzeile 15. Unfrankirte Briefe werden nicht an- Inſerate Abonnements werden ange- Erſcheint täglich, 6 Uhr Nach- [Spaltenumbruch] Reichspoſt. Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 8 h Bezugspreiſe: Einzelne Nummern 8 h. per Poſt Bei Abholung in unſerer Adminiſtra- Für: Oeſterreich-Ungarn: Für: Deutſchland: Länder des Weltpoſtvereines: Telephon 1828. VIII. Jahrgang. Wien, Freitag, 4. Jänner 1901. Nr. 3. [Spaltenumbruch] Bayern wird in der Preſſe nicht bloß in der öſterreichiſchen, Um gleich da anzuknüpfen, wo wir ſo eben ge- Aber auch im Lande ſelbſt ſieht es nicht am er- Das Intereſſe des Centrums für das Wohl Die edle, volksfreundliche und auch katholiſche [Spaltenumbruch] Der Jubiläumsdichter. (Schluß.) Steputat’s Reimlexikon aufſchlagend, verſuchte er An allen Gliedern zerſchlagen, erhob ſich Hofer Zu Mantua in Banden Der treue Hofer war; Weiter jedoch kam er nicht, eine furchtbare Ohr- Hofer ſah ſich an den blühenden Perlen der Alles ging prächtig. Der Fackelzug wurde in Im Salon des Herrenhauſes hatten die zahl- Als Hofer das blauſeidene Band von der Papier- [Abbildung] Die heutige Nummer iſt 10 Seiten ſtark. [Abbildung] <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <head> <hi rendition="#b">Preis 8 <hi rendition="#aq">h</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Redaction, Adminiſtration,<lb/> Expedition</hi> und <hi rendition="#b">Druckerei:</hi><lb/><hi rendition="#aq">VIII.,</hi> <hi rendition="#g">Strozzigaſſe</hi> 41.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Stadtexpedition</hi><hi rendition="#aq">I.,</hi> Wollzeile 15.<lb/> Zeitungsbureau <hi rendition="#b">Weis.</hi> </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Unfrankirte Briefe werden nicht an-<lb/> genommen: Manuſcripte werden<lb/> nicht zurückgeſtellt. 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Selbſt<lb/> das iſt eines der Symptome, wie „verpreußt“, um<lb/> den bekannten kräftigen Sigl’ſchen Ansdruck hier der<lb/> Kürze wegen anzuwenden, die deutſchen Bundes-<lb/> ſtaaten und ſpeciell Bayern ſind, d. h. wie Bayern<lb/> als der zweite der vielen Bundesſtaaten des deutſchen<lb/> Reiches an Bedeutung verloren hat, während<lb/> Preußen als der erſte an Bedeutung derart ge-<lb/> wonnen hat, daß man Preußen und Deutſches Reich<lb/> vielfach, freilich ganz fälſchlich, ſozuſagen identificirt.<lb/> Nur bei ganz wichtigen Vorgängen nimmt nament-<lb/> lich die nicht reichsdeutſche Preſſe von Vorgängen<lb/> Bayerns Notiz, ſpeciell auch die öſterreichiſche Preſſe;<lb/> und doch ſteht unſerem Oeſterreich Bayern ſo nahe,<lb/> nicht bloß geographiſch und ethnographiſch, nein, auch<lb/> den Herzen und den Sympathien und der geſchicht-<lb/> lichen Tradition nach. Namentlich das katholiſche<lb/> Volk Oeſterreichs intereſſiren Bayerns Freuden und<lb/> Leiden; denn Bayern iſt ein katholiſches Land wie<lb/> Oeſterreich, und Bayern wird leider, ſo wie<lb/> Oeſterreich, nicht im Geiſte ſeines katholiſchen<lb/> Stamm-Volkes und ſeiner katholiſchen Tradition<lb/> regiert, obſchon dort wie hier katholiſche Monarchen<lb/> den Thron zieren. Holen wir unſererſeits wenigſtens<lb/> an der Jahreswende das Verſäumte in etwa nach,<lb/> indem wir einen kurzen Rückblick auf die bayriſchen<lb/> Vorgänge des letzten Jahres werfen.</p><lb/> <p>Um gleich da anzuknüpfen, wo wir ſo eben ge-<lb/> endet, ſo haben ſich die Katholiken Bayerns leider<lb/> keines beſonderen Wohlwollens, ja nicht einmal<lb/> paritätiſcher Behandlung zu erfreuen. Obſchon ſie im<lb/> Parlamente die Mehrheit bilden, nimmt die Regierung<lb/> auf ſie nur Rückſicht, wo ſie muß. Der Fall Kerſchen-<lb/> ſteiner und Schnek, die Anſtellung zweier katholiſcher<lb/><cb/> Lehrer, die mit Proteſtantinen verheirathet, ihre<lb/> Kinder proteſtantiſch erziehen laſſen, an katholiſchen<lb/> Schulen, die Schwierigkeiten, die man den<lb/> Fronleichnamsproceſſionen mehrfach machte, die<lb/> Berufung von Proteſtanten auf die wichtigſten Poſten<lb/> in der Verwaltung und im Rathe des Prinzregenten,<lb/> die Haltung des liberaliſirenden Juſtizminiſters, die<lb/> Haltung der liberalen Preſſe gegen die Katholiken<lb/> und das katholiſche Königshaus, mußten die Katholiken<lb/> mißſtimmen und gegen das „Reich“ verdroſſen machen;<lb/> denn der proteſtantenfreundliche Wind, der jetzt in<lb/> Bayern bläſt, bläſt vom Reich herüber, iſt<lb/> „preußiſcher Wind“, wie wieder Dr. Sigl ſagen<lb/> würde. Auch die Einheits-Gelüſte, die ſich z. B. bei<lb/> der Einführung des Reichsmilitärgerichtshofes, beim<lb/> Flaggen-Erlaß kundgaben, ſtammen von drüben<lb/> und tragen das Meiſte bei zu der in Bayern that-<lb/> ſächlich herrſchenden „Reichsverdroſſenheit“.</p><lb/> <p>Aber auch im Lande ſelbſt ſieht es nicht am er-<lb/> freulichſten aus. Das wirthſchaftliche Leben leidet<lb/> Noth, beſonders der <hi rendition="#g">Bauernſtand,</hi> vom Hand-<lb/> werkerſtand nicht zu reden. Die Landwirthe Bayerns,<lb/> die großen wie die kleinen, kämpfen um ihre Exiſtenz<lb/> bei Erneuerung der Handelsverträge, während Liberale<lb/> und Socialdemokraten vereint als Gegner ihrer Intereſſen<lb/> auftreten. Vom Liberalismus iſt das ſelbſtverſtändlich,<lb/> er iſt ja in Bayern wie bei uns der Hort des Groß-<lb/> capitalismus und des Freihandels; aber daß die<lb/> Socialdemokratie in Bayern bauernfeindlich iſt, beweiſt<lb/> klipp und klar, daß ſie keine Volkspartei iſt; denn<lb/> die Mehrheit des bayeriſchen Volkes bildet die Bauern-<lb/> ſchaft. Sie iſt nur eine Proletarier-Partei, die Bauern<lb/> ſind nur reif für ſie, wenn ſie proletariſirt, an den<lb/> Bettelſtab gebracht ſind. Leider haben es aber die<lb/> baieriſchen Bauern demgegenüber noch nicht zu einer ein-<lb/> heitlichen Organiſation, ja nicht einmal zu einem ein-<lb/> heitlichen Vorgehen gebracht. Dem bayeriſchen Bauern-<lb/> bund bleiben die Oberbayern fern und merkwürdiger-<lb/> weiſe verlegt er ſich weniger auf die Förderung der<lb/> bäuerlichen Standesintereſſen als auf die Bekämpfung<lb/> des Centrums und der chriſtlichen Bauernvereine.<lb/> Das echt preußiſche Gewächs, der Bund der Land-<lb/> wirthe, hat man auch noch nach Bayern importirt.<lb/><cb/> So ſind drei Bauernvereinigungen da, aber dem Bauern<lb/> helfen können ſie nicht, weil die Vereine unter ſich<lb/> ſelbſt nicht einig ſind. Die chriſtlichen Bauernvereine,<lb/> an deren Spitze Männer wie Pichler, Gerſtenberger,<lb/> Heim u. ſ. w. ſtehen, und die in ſich vollſtändig einig<lb/> ſind, böten da das Heil. Aber gerade der chriſtliche<lb/> Charakter und der Umſtand, daß Männer des bayri-<lb/> ſchen Centrums ſich derſelben und der bäuerlichen<lb/> Intereſſen annehmen, iſt Schuld daran, daß die Hetzer<lb/> die Bauern vom Anſchluſſe an dieſelben ferne halten<lb/> und ſo die Bauernſchaft in ſich ſpalten und entzweien.</p><lb/> <p>Das Intereſſe des Centrums für das Wohl<lb/> des Volkes hat ſich doch hinlänglich gezeigt bei der<lb/> Steuerreform, die ſein Werk iſt. Sah ſich doch erſt<lb/> vor einigen Wochen ein liberaler Rechtsrath der<lb/> Stadt München gezwungen, in einem Vortrag an<lb/> der Hand amtlichen Materials zuzugeben, daß die<lb/> Steuerreform die kleinen Leute thatſächlich entlaſtet<lb/> hat. Er theilte mit, daß der Ertrag der Gewerbe-<lb/> ſteuer um eine volle Million ſich erhöht hat. Die<lb/> ganze Mehrung vertheilt ſich auf etwa 7500 Steuer-<lb/> pflichtige. Von 30.700 Steuerzahlern haben 23.200<lb/> eine niedrigere Steuer als früher gezahlt, 4400 haben<lb/> eine weſentliche Erhöhung erfahren. Wer ſind aber<lb/> dieſe? Nach dem Bericht eines liberalen Blattes<lb/> ſind es Bankgeſchäfte, Bierbrauereien und Malz-<lb/> fabriken mit einer halben Million, weiter Händler<lb/> mit Liegenſchaften, Verſicherungsgeſellſchaften, Waaren-<lb/> häuſer mit einer Viertelmillion.</p><lb/> <p>Die edle, volksfreundliche und auch katholiſche<lb/> Geſinnung des Prinzregenten Luitpold iſt über allen<lb/> Zweifel erhaben. Daß er nicht die beſten Rathgeber<lb/> findet, ſcheint das Leidenslos der katholiſchen Mo-<lb/> narchen der Gegenwart zu ſein. Der hoffende Blick<lb/> des Volkes, namentlich aber der Katholiken Bayerns,<lb/> richtet ſich auf die ritterliche Geſtalt des Prinzen<lb/> Ludwig, des Thronfolgers, der im Laufe dieſes<lb/> Jahres zwei Worte ſprach, die ſeine katholiſche und<lb/> ſeine national-bayeriſche Geſinnung laut und klar<lb/> documentirten. Bei einer gegebenen Gelegenheit ſagte<lb/> er: „Ich habe die Klöſter ſehr gern!“ und bei einer<lb/> anderen erinnerte er gewiſſe Kreiſe daran, daß<lb/> Bayern ein ſelbſtändiger Bundesſtaat iſt, indem er</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="jubiläumsdichter1" next="#jubiläumsdichter2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Jubiläumsdichter.</hi> </head><lb/> <byline>Humoreske von <hi rendition="#b">J. Schneider.</hi> </byline><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#c">(Schluß.)</hi> </ref> </p><lb/> <p>Steputat’s Reimlexikon aufſchlagend, verſuchte er<lb/> durch das Echo der gleichen Klänge ſich in dich-<lb/> teriſche Stimmung zu verſetzen. Alles umſonſt.<lb/> Schließlich gab er es auf und legte ſich zu Bette, um<lb/> von fürchterlichen Träumen gequält zu werden.<lb/> Kleine, ſchwarze Teufelchen erſchienen ihm, an<lb/> raſſelnden Ketten gefeſſelte Verſe nachſchleppend,<lb/> welche ſie ihn unter fürchterlichem Getöſe um Haupt<lb/> und Rücken ſchlugen. Er ſah Beaten’s reizende<lb/> Geſtalt in eine Kröte verwandelt, die ihn unter herz-<lb/> zerreißendem Jammer in menſchlicher Sprache bat,<lb/> durch ein Gedicht ſie zu erlöſen und er vermochte<lb/> es nicht.</p><lb/> <p>An allen Gliedern zerſchlagen, erhob ſich Hofer<lb/> früh Morgens, entſchloſſen, durch einen Spaziergang<lb/> im Stadtgarten unter den thaublitzenden Bäumen und<lb/> dem friſchen Duft der Gräſer und Blumen ſeine<lb/> Seele für das Jubiläumsgedicht zuzubereiten. Der<lb/> Morgenwind blies leicht in die bereits ausgeſteckten<lb/> Fahnen, daß ſie ſich luſtig blähten und wunderliche<lb/> Bewegungen vollführten, die Morgenröthe warf ihre<lb/> purpurnen Strahlen auf die vielen Kränze und Schleifen<lb/> unter den Fenſtern, und aus den Augen der ihm Be-<lb/> gegnenden leuchtete der Widerſchein froher Erregung<lb/> und die ſehnſüchtige Erwartung des großen Feſtes.<lb/> Hofer wurde wüthend; er allein, in der Mitte ſo<lb/> vieler Glücklichen, trug die ſchwere Laſt einer fürchter-<lb/><cb/> lichen Pflicht in ſich und vermochte nicht, ſich der-<lb/> ſelben zu entledigen um in den Jubel der anderen<lb/> einſtimmen zu können. Ein Bäckerjunge kam ihm ent-<lb/> gegen, heiter pfeifend; die freudige Stimmung, die<lb/> über der ganzen Stadt lag, hatte auch ihn mächtig<lb/> ergriffen und nach einem Ausdrucke derſelben ringend,<lb/> fing er plötzlich laut zu ſingen an:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Zu Mantua in Banden</l><lb/> <l>Der treue Hofer war;</l> </lg><lb/> <p>Weiter jedoch kam er nicht, eine furchtbare Ohr-<lb/> feige hatte ihm den Mund verſchloſſen! Beſtürzt<lb/> und rathlos ſchaute er dem davonſtürmenden Manne<lb/> im blauen Mantel nach und eine Thräne gekränkten<lb/> Ehrgeizes kollerte über ſeine geröthete Wange; doch<lb/> das Bewußtſein, für eine große Sache gelitten zu<lb/> haben, erhob den Jungen über das Beleidigende<lb/> kleinlicher Vorurtheile und tapfer ſchritt er mit ſeinen<lb/> Semmeln weiter.</p><lb/> <p>Hofer ſah ſich an den blühenden Perlen der<lb/> Parkbäume die Augen wund, zog ſeiner Naſe<lb/> durch das öftere Riechen an Blumen einen ge-<lb/> waltigen Schnupfen zu, aber die Schleußen des<lb/> poetiſchen Stromes öffneten ſich nicht. Mit flammenden<lb/> Blicken und wirrem Haar irrte er im Parke herum,<lb/> rannte auf die grünen Wieſen und buſchigen Auen<lb/> hinaus, probirte ſelbſt den dämmernden Waldes-<lb/> ſchatten, Alles vergeblich. Um 5 Uhr Nachmittags<lb/> ſah man ihn endlich wie einen Verzweifelten in den<lb/> Laden des Tabakkrämers, der zugleich die erſte Buch-<lb/> handlung der Stadt Ja ... hielt, hineinſtürzen.</p><lb/> <p>Alles ging prächtig. Der Fackelzug wurde in<lb/> ſchönſter Ordnung abgehalten. Herr A. H. Schuß<lb/><cb/> dankte in gerührten Worten dem Capellmeiſter der<lb/> Stadtmuſikanten und ließ mehrere Fäßchen Bier im<lb/> Gaſthofe „Zum grünen Igel“ auffahren; am Feſt-<lb/> tage ſelbſt ſah man vor Fahnen, Kränzen, Bändern<lb/> und Triumphpforten kaum die Häuſer, die kirchlichen<lb/> Feierlichkeiten erhöhten die Feſtſtimmung, das Feſt-<lb/> bankett ging unter zahlreichen Reden glücklich vor-<lb/> über und Volk und Arbeiterſchaft ſchwamm auf der<lb/> Gemeindewieſe in einem Meere von Wonne.</p><lb/> <p>Im Salon des Herrenhauſes hatten die zahl-<lb/> reichen Gäſte ſoeben die gediegenen <hi rendition="#aq">Tableaux vivants</hi><lb/> kräftig beklatſcht, als auf dem Podium Hofer in<lb/> höchſter Dichtergala erſchien. Ueber dem tadellos<lb/> ſchwarzen Salonanzug ſchwebt ein geiſterbleiches<lb/> Antlitz, aus tiefliegenden Augen ſprühte ein blenden-<lb/> des Feuer und das Haar rieſelte in Locken und<lb/> Löckchen auf den blühend weißen Kragen und die<lb/> Hemdbruſt nieder, den ſtimmungsvollſten Contraſt<lb/> bildend.</p><lb/> <p>Als Hofer das blauſeidene Band von der Papier-<lb/> rolle, welche er mitgebracht, löſte, ertönte ein brau-<lb/> ſender Beifallsſturm, man rückte die Seſſeln, um<lb/> zum reinen Genuſſe der poetiſchen Gabe bereit zu<lb/> ſein, und auch der Jubilar formte ſeinen Mund zu<lb/> einem ermunternden Lächeln. Hofer begann erſt mit<lb/> geheimnißvoller Flüſterſtimme, um nach und nach<lb/> bis zum höchſten Pathos ſich empor zu arbeiten. Die<lb/> Zuhörer gaben kein Zeichen der Bewunderung von<lb/> ſich, höchſtens daß Einer oder der Andere ſtill mit<lb/> dem Kopfe zu nicken wagte, wenn Hofer in bilder-<lb/> reicher Emphaſe eine vorzügliche Eigenſchaft des<lb/> Fabriksherrn pries. Man wartete, bis der-</p> </div> </div><lb/> <note> <ref> <hi rendition="#c"> <figure/> <hi rendition="#b">Die heutige Nummer iſt 10 Seiten ſtark.</hi> <figure/> </hi> </ref> </note><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Preis 8 h
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VIII., Strozzigaſſe 41.
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nicht zurückgeſtellt. Unverſchloſſene
Reclamationen ſind portofrei.
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werden im Ankündigungs-
Bureau VIII., Strozzigaſſe
41, ſowie in allen Annoncenbureaux
des In- und Auslandes angenommen.
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bei J. Heindl, I., Stephansplatz 7.
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mittags, mit Ausnahme der Sonn-
und Feiertage.
Reichspoſt.
Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns.
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Für Wien mit Zuſtellung ins Haus
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Telephon 1828.
VIII. Jahrgang. Wien, Freitag, 4. Jänner 1901. Nr. 3.
Bayern
wird in der Preſſe nicht bloß in der öſterreichiſchen,
ſondern auch in der reichsdeutſchen Preſſe, ſoweit ſie
nicht bayriſch iſt, ziemlich ſtiefmütterlich behandelt.
Man hat ſich dort wie hier gewöhnt, von den vielen
Bundesſtaaten des deutſchen Reiches nur vom
führenden preußiſchen Bundesſtaat eingehendſt zu be-
richten und die Vorgänge im zweitgrößten Bundes-
ſtaat ziemlich bagatellmäßig zu behandeln. Selbſt
das iſt eines der Symptome, wie „verpreußt“, um
den bekannten kräftigen Sigl’ſchen Ansdruck hier der
Kürze wegen anzuwenden, die deutſchen Bundes-
ſtaaten und ſpeciell Bayern ſind, d. h. wie Bayern
als der zweite der vielen Bundesſtaaten des deutſchen
Reiches an Bedeutung verloren hat, während
Preußen als der erſte an Bedeutung derart ge-
wonnen hat, daß man Preußen und Deutſches Reich
vielfach, freilich ganz fälſchlich, ſozuſagen identificirt.
Nur bei ganz wichtigen Vorgängen nimmt nament-
lich die nicht reichsdeutſche Preſſe von Vorgängen
Bayerns Notiz, ſpeciell auch die öſterreichiſche Preſſe;
und doch ſteht unſerem Oeſterreich Bayern ſo nahe,
nicht bloß geographiſch und ethnographiſch, nein, auch
den Herzen und den Sympathien und der geſchicht-
lichen Tradition nach. Namentlich das katholiſche
Volk Oeſterreichs intereſſiren Bayerns Freuden und
Leiden; denn Bayern iſt ein katholiſches Land wie
Oeſterreich, und Bayern wird leider, ſo wie
Oeſterreich, nicht im Geiſte ſeines katholiſchen
Stamm-Volkes und ſeiner katholiſchen Tradition
regiert, obſchon dort wie hier katholiſche Monarchen
den Thron zieren. Holen wir unſererſeits wenigſtens
an der Jahreswende das Verſäumte in etwa nach,
indem wir einen kurzen Rückblick auf die bayriſchen
Vorgänge des letzten Jahres werfen.
Um gleich da anzuknüpfen, wo wir ſo eben ge-
endet, ſo haben ſich die Katholiken Bayerns leider
keines beſonderen Wohlwollens, ja nicht einmal
paritätiſcher Behandlung zu erfreuen. Obſchon ſie im
Parlamente die Mehrheit bilden, nimmt die Regierung
auf ſie nur Rückſicht, wo ſie muß. Der Fall Kerſchen-
ſteiner und Schnek, die Anſtellung zweier katholiſcher
Lehrer, die mit Proteſtantinen verheirathet, ihre
Kinder proteſtantiſch erziehen laſſen, an katholiſchen
Schulen, die Schwierigkeiten, die man den
Fronleichnamsproceſſionen mehrfach machte, die
Berufung von Proteſtanten auf die wichtigſten Poſten
in der Verwaltung und im Rathe des Prinzregenten,
die Haltung des liberaliſirenden Juſtizminiſters, die
Haltung der liberalen Preſſe gegen die Katholiken
und das katholiſche Königshaus, mußten die Katholiken
mißſtimmen und gegen das „Reich“ verdroſſen machen;
denn der proteſtantenfreundliche Wind, der jetzt in
Bayern bläſt, bläſt vom Reich herüber, iſt
„preußiſcher Wind“, wie wieder Dr. Sigl ſagen
würde. Auch die Einheits-Gelüſte, die ſich z. B. bei
der Einführung des Reichsmilitärgerichtshofes, beim
Flaggen-Erlaß kundgaben, ſtammen von drüben
und tragen das Meiſte bei zu der in Bayern that-
ſächlich herrſchenden „Reichsverdroſſenheit“.
Aber auch im Lande ſelbſt ſieht es nicht am er-
freulichſten aus. Das wirthſchaftliche Leben leidet
Noth, beſonders der Bauernſtand, vom Hand-
werkerſtand nicht zu reden. Die Landwirthe Bayerns,
die großen wie die kleinen, kämpfen um ihre Exiſtenz
bei Erneuerung der Handelsverträge, während Liberale
und Socialdemokraten vereint als Gegner ihrer Intereſſen
auftreten. Vom Liberalismus iſt das ſelbſtverſtändlich,
er iſt ja in Bayern wie bei uns der Hort des Groß-
capitalismus und des Freihandels; aber daß die
Socialdemokratie in Bayern bauernfeindlich iſt, beweiſt
klipp und klar, daß ſie keine Volkspartei iſt; denn
die Mehrheit des bayeriſchen Volkes bildet die Bauern-
ſchaft. Sie iſt nur eine Proletarier-Partei, die Bauern
ſind nur reif für ſie, wenn ſie proletariſirt, an den
Bettelſtab gebracht ſind. Leider haben es aber die
baieriſchen Bauern demgegenüber noch nicht zu einer ein-
heitlichen Organiſation, ja nicht einmal zu einem ein-
heitlichen Vorgehen gebracht. Dem bayeriſchen Bauern-
bund bleiben die Oberbayern fern und merkwürdiger-
weiſe verlegt er ſich weniger auf die Förderung der
bäuerlichen Standesintereſſen als auf die Bekämpfung
des Centrums und der chriſtlichen Bauernvereine.
Das echt preußiſche Gewächs, der Bund der Land-
wirthe, hat man auch noch nach Bayern importirt.
So ſind drei Bauernvereinigungen da, aber dem Bauern
helfen können ſie nicht, weil die Vereine unter ſich
ſelbſt nicht einig ſind. Die chriſtlichen Bauernvereine,
an deren Spitze Männer wie Pichler, Gerſtenberger,
Heim u. ſ. w. ſtehen, und die in ſich vollſtändig einig
ſind, böten da das Heil. Aber gerade der chriſtliche
Charakter und der Umſtand, daß Männer des bayri-
ſchen Centrums ſich derſelben und der bäuerlichen
Intereſſen annehmen, iſt Schuld daran, daß die Hetzer
die Bauern vom Anſchluſſe an dieſelben ferne halten
und ſo die Bauernſchaft in ſich ſpalten und entzweien.
Das Intereſſe des Centrums für das Wohl
des Volkes hat ſich doch hinlänglich gezeigt bei der
Steuerreform, die ſein Werk iſt. Sah ſich doch erſt
vor einigen Wochen ein liberaler Rechtsrath der
Stadt München gezwungen, in einem Vortrag an
der Hand amtlichen Materials zuzugeben, daß die
Steuerreform die kleinen Leute thatſächlich entlaſtet
hat. Er theilte mit, daß der Ertrag der Gewerbe-
ſteuer um eine volle Million ſich erhöht hat. Die
ganze Mehrung vertheilt ſich auf etwa 7500 Steuer-
pflichtige. Von 30.700 Steuerzahlern haben 23.200
eine niedrigere Steuer als früher gezahlt, 4400 haben
eine weſentliche Erhöhung erfahren. Wer ſind aber
dieſe? Nach dem Bericht eines liberalen Blattes
ſind es Bankgeſchäfte, Bierbrauereien und Malz-
fabriken mit einer halben Million, weiter Händler
mit Liegenſchaften, Verſicherungsgeſellſchaften, Waaren-
häuſer mit einer Viertelmillion.
Die edle, volksfreundliche und auch katholiſche
Geſinnung des Prinzregenten Luitpold iſt über allen
Zweifel erhaben. Daß er nicht die beſten Rathgeber
findet, ſcheint das Leidenslos der katholiſchen Mo-
narchen der Gegenwart zu ſein. Der hoffende Blick
des Volkes, namentlich aber der Katholiken Bayerns,
richtet ſich auf die ritterliche Geſtalt des Prinzen
Ludwig, des Thronfolgers, der im Laufe dieſes
Jahres zwei Worte ſprach, die ſeine katholiſche und
ſeine national-bayeriſche Geſinnung laut und klar
documentirten. Bei einer gegebenen Gelegenheit ſagte
er: „Ich habe die Klöſter ſehr gern!“ und bei einer
anderen erinnerte er gewiſſe Kreiſe daran, daß
Bayern ein ſelbſtändiger Bundesſtaat iſt, indem er
Der Jubiläumsdichter.
Humoreske von J. Schneider.
(Schluß.)
Steputat’s Reimlexikon aufſchlagend, verſuchte er
durch das Echo der gleichen Klänge ſich in dich-
teriſche Stimmung zu verſetzen. Alles umſonſt.
Schließlich gab er es auf und legte ſich zu Bette, um
von fürchterlichen Träumen gequält zu werden.
Kleine, ſchwarze Teufelchen erſchienen ihm, an
raſſelnden Ketten gefeſſelte Verſe nachſchleppend,
welche ſie ihn unter fürchterlichem Getöſe um Haupt
und Rücken ſchlugen. Er ſah Beaten’s reizende
Geſtalt in eine Kröte verwandelt, die ihn unter herz-
zerreißendem Jammer in menſchlicher Sprache bat,
durch ein Gedicht ſie zu erlöſen und er vermochte
es nicht.
An allen Gliedern zerſchlagen, erhob ſich Hofer
früh Morgens, entſchloſſen, durch einen Spaziergang
im Stadtgarten unter den thaublitzenden Bäumen und
dem friſchen Duft der Gräſer und Blumen ſeine
Seele für das Jubiläumsgedicht zuzubereiten. Der
Morgenwind blies leicht in die bereits ausgeſteckten
Fahnen, daß ſie ſich luſtig blähten und wunderliche
Bewegungen vollführten, die Morgenröthe warf ihre
purpurnen Strahlen auf die vielen Kränze und Schleifen
unter den Fenſtern, und aus den Augen der ihm Be-
gegnenden leuchtete der Widerſchein froher Erregung
und die ſehnſüchtige Erwartung des großen Feſtes.
Hofer wurde wüthend; er allein, in der Mitte ſo
vieler Glücklichen, trug die ſchwere Laſt einer fürchter-
lichen Pflicht in ſich und vermochte nicht, ſich der-
ſelben zu entledigen um in den Jubel der anderen
einſtimmen zu können. Ein Bäckerjunge kam ihm ent-
gegen, heiter pfeifend; die freudige Stimmung, die
über der ganzen Stadt lag, hatte auch ihn mächtig
ergriffen und nach einem Ausdrucke derſelben ringend,
fing er plötzlich laut zu ſingen an:
Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war;
Weiter jedoch kam er nicht, eine furchtbare Ohr-
feige hatte ihm den Mund verſchloſſen! Beſtürzt
und rathlos ſchaute er dem davonſtürmenden Manne
im blauen Mantel nach und eine Thräne gekränkten
Ehrgeizes kollerte über ſeine geröthete Wange; doch
das Bewußtſein, für eine große Sache gelitten zu
haben, erhob den Jungen über das Beleidigende
kleinlicher Vorurtheile und tapfer ſchritt er mit ſeinen
Semmeln weiter.
Hofer ſah ſich an den blühenden Perlen der
Parkbäume die Augen wund, zog ſeiner Naſe
durch das öftere Riechen an Blumen einen ge-
waltigen Schnupfen zu, aber die Schleußen des
poetiſchen Stromes öffneten ſich nicht. Mit flammenden
Blicken und wirrem Haar irrte er im Parke herum,
rannte auf die grünen Wieſen und buſchigen Auen
hinaus, probirte ſelbſt den dämmernden Waldes-
ſchatten, Alles vergeblich. Um 5 Uhr Nachmittags
ſah man ihn endlich wie einen Verzweifelten in den
Laden des Tabakkrämers, der zugleich die erſte Buch-
handlung der Stadt Ja ... hielt, hineinſtürzen.
Alles ging prächtig. Der Fackelzug wurde in
ſchönſter Ordnung abgehalten. Herr A. H. Schuß
dankte in gerührten Worten dem Capellmeiſter der
Stadtmuſikanten und ließ mehrere Fäßchen Bier im
Gaſthofe „Zum grünen Igel“ auffahren; am Feſt-
tage ſelbſt ſah man vor Fahnen, Kränzen, Bändern
und Triumphpforten kaum die Häuſer, die kirchlichen
Feierlichkeiten erhöhten die Feſtſtimmung, das Feſt-
bankett ging unter zahlreichen Reden glücklich vor-
über und Volk und Arbeiterſchaft ſchwamm auf der
Gemeindewieſe in einem Meere von Wonne.
Im Salon des Herrenhauſes hatten die zahl-
reichen Gäſte ſoeben die gediegenen Tableaux vivants
kräftig beklatſcht, als auf dem Podium Hofer in
höchſter Dichtergala erſchien. Ueber dem tadellos
ſchwarzen Salonanzug ſchwebt ein geiſterbleiches
Antlitz, aus tiefliegenden Augen ſprühte ein blenden-
des Feuer und das Haar rieſelte in Locken und
Löckchen auf den blühend weißen Kragen und die
Hemdbruſt nieder, den ſtimmungsvollſten Contraſt
bildend.
Als Hofer das blauſeidene Band von der Papier-
rolle, welche er mitgebracht, löſte, ertönte ein brau-
ſender Beifallsſturm, man rückte die Seſſeln, um
zum reinen Genuſſe der poetiſchen Gabe bereit zu
ſein, und auch der Jubilar formte ſeinen Mund zu
einem ermunternden Lächeln. Hofer begann erſt mit
geheimnißvoller Flüſterſtimme, um nach und nach
bis zum höchſten Pathos ſich empor zu arbeiten. Die
Zuhörer gaben kein Zeichen der Bewunderung von
ſich, höchſtens daß Einer oder der Andere ſtill mit
dem Kopfe zu nicken wagte, wenn Hofer in bilder-
reicher Emphaſe eine vorzügliche Eigenſchaft des
Fabriksherrn pries. Man wartete, bis der-
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Die heutige Nummer iſt 10 Seiten ſtark.
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