Reichspost. Nr. 168, Wien, 26.07.1900.[Spaltenumbruch]
Preis 8 h Redaction, Administration, Stadtexpedition I., Wollzeile 15. Unfrankirte Briefe werden nicht an- Inserate Abonnements werden ange- Erscheint täglich, 6 Uhr Nach- [Spaltenumbruch] Reichspost. Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 8 h Bezugspeise: Einzelne Nummern 8 h, per Post Bei Abholung in unserer Administra- Für: Oesterreich-Ungarn: Für Deutschland: Länder des Weltpostverein[es] Telephon 1828. VII. Jahrgang. Wien, Donnerstag den 26. Juli 1900. Nr. 168. [Spaltenumbruch] Die gelbe Katze. In Peking spielt man mit den Gesandten Die chinesische gelbe Katze hat die Maus, mit Doch damit ändert sich die Weltlage nicht. Anders steht die Frage, wenn wir uns nach Tarali--Erlanger. Zur Ehre der Armee und des Offi- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Militärische Stimmen über das Duell in der Armee sind um so gewichtiger, als fast nur noch in der Armee, Aussprüche berühmter Philosophen, Rechtslehrer, Von Gustav Adolph, dessen militärisches Be- Kaiser Matthias sagte: "Durch Duell wird Kaifer Josef II. schreibt an den Staatsminister Napoleon I. sagt einmal: "Latour-d'Auvergne, Friedrich II., der Abgott der Offiziere, entließ Blücher und Gneisenau erließen 1818 eine Er- Friedrich Wilhelm III. von Preußen bemerkt König Johann von Sachsen, der berühmte Prinz Albert von England, der Gemahl "Hier wäre" so schreibt das "Bayr. Vaterland" [Abbildung] Die heutige Nummer ist 12 Seiten stark. [Abbildung] [Spaltenumbruch]
Preis 8 h Redaction, Adminiſtration, Stadtexpedition I., Wollzeile 15. Unfrankirte Briefe werden nicht an- Inſerate Abonnements werden ange- Erſcheint täglich, 6 Uhr Nach- [Spaltenumbruch] Reichspoſt. Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Preis 8 h Bezugspeiſe: Einzelne Nummern 8 h, per Poſt Bei Abholung in unſerer Adminiſtra- Für: Oeſterreich-Ungarn: Für Deutſchland: Länder des Weltpoſtverein[eſ] Telephon 1828. VII. Jahrgang. Wien, Donnerſtag den 26. Juli 1900. Nr. 168. [Spaltenumbruch] Die gelbe Katze. In Peking ſpielt man mit den Geſandten Die chineſiſche gelbe Katze hat die Maus, mit Doch damit ändert ſich die Weltlage nicht. Anders ſteht die Frage, wenn wir uns nach Tarali—Erlanger. Zur Ehre der Armee und des Offi- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Militäriſche Stimmen über das Duell in der Armee ſind um ſo gewichtiger, als faſt nur noch in der Armee, Ausſprüche berühmter Philoſophen, Rechtslehrer, Von Guſtav Adolph, deſſen militäriſches Be- Kaiſer Matthias ſagte: „Durch Duell wird Kaifer Joſef II. ſchreibt an den Staatsminiſter Napoleon I. ſagt einmal: „Latour-d’Auvergne, Friedrich II., der Abgott der Offiziere, entließ Blücher und Gneiſenau erließen 1818 eine Er- Friedrich Wilhelm III. von Preußen bemerkt König Johann von Sachſen, der berühmte Prinz Albert von England, der Gemahl „Hier wäre“ ſo ſchreibt das „Bayr. Vaterland“ [Abbildung] Die heutige Nummer iſt 12 Seiten ſtark. 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Wien, Donnerſtag den 26. Juli 1900. Nr. 168.</hi> </docDate> </docImprint><lb/> </titlePage> </front> <body> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die gelbe Katze.</hi> </head><lb/> <p>In Peking ſpielt man mit den Geſandten<lb/> immer noch Verſtecken. So häßlich iſt Europa<lb/> in der Kriegsgeſchichte noch niemals genarrt<lb/> worden. Kein Sterbenslaut dringt ſeit Wochen<lb/> von den Eingeſchloſſenen, die ſich der unverletz-<lb/> lichen Geſandtenfreiheit erfreuen ſollen, über die<lb/> düſteren Ringmauern der chineſiſchen Hauptſtadt<lb/> hinüber nach Tientſin, wo die bewaffneten Boten<lb/> aller Weltmächte mit der Klinge in der Hand<lb/> Auskunft über das Schickſal der Eingeſchloſſenen<lb/> fordern. Lebt dort drinnen noch Jemand? Ein-<lb/> mal hat ſich die Depeſche eines Geſandten<lb/> herausverirrt, es wollte ihr jedoch Niemand<lb/> glauben, da ſie kein Datum trug und vielleicht<lb/> ſchon vor längerer Zeit aufgegeben ſein konnte.<lb/> Man hat ſich daran gewöhnt, das Schreckliche<lb/> feſter zu glauben als das menſchlich Natürliche,<lb/> und Jedermann war bei den immer neuerlichen<lb/> ungewiſſen Nachrichten von einer Rettung der<lb/> Geſandten nur erbittert über die Frivolität, mit<lb/> der die Wahrheit über das Pekinger Blutbad zu<lb/> bemänteln geſucht wurde. Warum ſollten denn auch<lb/> die Geſandten mit ihren geringen Schutzmann-<lb/> ſchaften geſchont worden ſein, indeſſen allerorts<lb/> der Fanatismus der heidniſchen Maſſen hunderte<lb/> und tauſende von Chriſten hinſchlachtete, indeſſen<lb/> Miſſionäre gefoltert und ans Kreuz geſchlagen<lb/> wurden und brennende Kirchen und Niederlaſſungen<lb/> an allen Ecken und Enden als Rieſenfanale ver-<lb/> kündeten, daß es ſich um einen wohlvorbereiteten<lb/> und organiſirten Streich gegen die chriſtliche<lb/> Cultur handle. Man wußte, daß vor vier Wochen<lb/> von allen Geſandtſchaften nur mehr drei ſtanden,<lb/> und daß die übrigen mit ſchwerem Geſchütz von<lb/> regulären chineſiſchen Truppen und einer nach<lb/> vielen Tauſenden zählenden Menſchenmaſſen ange-<lb/> griffen worden waren; es hätte geheißen, an ein<lb/> halbes Wunder zu glauben, wenn man da noch<lb/> an die Rettung der Geſandten gedacht hätte.</p><lb/> <p>Die chineſiſche gelbe Katze hat die Maus, mit<lb/> der ſie ſo lang ein blutiges Spiel trieb, zwiſchen<lb/> ihren Pranken aber doch noch nicht zerriſſen. Heute<lb/> liegen nicht nur ſehr beſtimmt abgefaßte und<lb/> ehrenwörtlich unterſtützte Depeſchen vor, die be-<lb/><cb/> richten, daß ſich die Geſandten <hi rendition="#g">auf dem Wege<lb/> nach Tientſin</hi> befinden, ſondern auch der<lb/> Wortlaut eines Bittgeſuches des chineſiſchen<lb/> Kaiſers an Kaiſer Wilhelm um Friedensver-<lb/> mittlung, ein Doeument, das geradezu eine<lb/> Narrheit bedeuten würde, wenn der Pöbel ſich<lb/> außer an Ketteler auch an den übrigen Geſandten<lb/> vergriffen hätte. — Warum der Blutdurſt der<lb/> fremdenfeindlichen Fanatiker ſich nicht in der Ab-<lb/> ſchlachtung der zuſammengeſchmolzenen kleinen<lb/> Fremdencolonie gefättigt hat, während er außer-<lb/> halb Peking ungeſtört ſeine brüllenden Orgien<lb/> weiterfeiert, iſt für Europa heute noch ein<lb/> Räthſel. 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Die letzte Un-<lb/> gewißheit über das Schickſal der Geſandten muß<lb/> ſich in den allernächſten Tagen heben und heute<lb/> haben wir endlich Grund zur Freude, daß uns<lb/> vielleicht doch nur ein räthſelhaftes Lügengewebe<lb/> mit ſeinen Todesphantaſien bisher genarrt hat.</p><lb/> <p>Doch damit ändert ſich die Weltlage nicht.<lb/> Es mag, wenn die Geſandten leben, einer der<lb/> Gründe für die empörte Entrüſtung über die<lb/> chineſiſchen Barbareien der letzten Wochen eliminirt<lb/> ſein, aber über die Thatſache darf man ſich doch<lb/> nicht hinwegtäuſchen, daß trotzdem China im wil-<lb/> deſten Aufſtand gegen Alles, wodurch es bisher<lb/> mit Europa verbunden war, begriffen iſt. — Die<lb/> blühenden Miſſionen ſind in Aſche gelegt, die<lb/> Handelsverbindungen ſind zerſtört und gewaltige<lb/> Truppenkörper ſtehen in offener Feldſchlacht gegen die<lb/> Europäer. Da gibt es keine Friedensangebote. Ent-<lb/> weder iſt Kaiſer Kwangſu ein Ohnmächtiger vor Re-<lb/> bellen oder ein willfähriges Werkzeug in den Händen<lb/> verſchlagener Heuchler. Die Großmächte haben ſich<lb/> mit den Thatſachen abzufinden, daß China ſich<lb/><hi rendition="#g">in factiſchem Kriegszuſtande</hi> gegen<lb/> ſie befindet.</p><lb/> <p>Anders ſteht die Frage, wenn wir uns nach<lb/> den Ausſichten der europäiſchen Militäraction<lb/> umſehen. Bereits werden von ſehr anſehnlicher<lb/> Seite Stimmen laut, daß es mit Ausnahme<lb/> Deutſchlands keine der <hi rendition="#g">führenden</hi> Mächte<lb/><cb/> mit ihren Maßregeln in Tientſin ernſt meine,<lb/> weder England und Rußland, und ein Kenner<lb/> ſagt von Deutſchland, es werde mit ſeinen Ver-<lb/> ſtärkungen für China zu ſtark, um eine zweite, zu<lb/> ſchwach ſein, um eine erſte Rolle zu ſpielen. —<lb/> Und wenn wir von den düſteren Geſchehniſſen<lb/> nach der Erſtürmung von Tientſin hören und die<lb/> bisher unwiderſprochene Conſtatirung vernehmen,<lb/> daß europäiſche Soldaten aller Nationen die er-<lb/> ſtürmte Stadt <hi rendition="#g">geplündert</hi> und die öffent-<lb/> lichen Schatzkammern <hi rendition="#g">ausgeraubt</hi> haben,<lb/> dann zweifeln wir, wie dieſer Kampf gegen die<lb/> Barbarei enden wird. Die hyperfeine Civiliſation<lb/> der Moderne ſcheint ſich drüben am Stillen Ocean<lb/> ein gemüthliches <hi rendition="#aq">Café chantant</hi> errichten zu wollen,<lb/> wo die Tugendſame hofft, von den Opfern<lb/> moderner Geſittung und Enthaltſamkeit ſich un-<lb/> bemerkt erholen zu können. Das iſt tieftraurig.<lb/> Sind auch die Geſandten gerettet, ſo haben wir<lb/> doch Anlaß, um das Ende dieſes Kampfes ſehr<lb/> beſorgt zu ſein.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div xml:id="erlanger1" next="#erlanger2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Tarali—Erlanger.</hi> </head><lb/> <p>Zur <hi rendition="#g">Ehre der Armee</hi> und des <hi rendition="#g">Offi-<lb/> ciersſtandes</hi> traten wir in der Affaire Tacoli<lb/> ſo entſchieden gegen den <hi rendition="#g">Duellzwang</hi> auf. Wir<lb/> ſchätzen die Armee und unſer Officierscorps viel zu<lb/> hoch und würdigen deſſen Bedeutung viel zu ſehr, als<lb/> daß wir nicht Front machten gegen Alles, was der<lb/> Ehre dieſes Standes zuwiderlaufen und ihm das An-<lb/> ſehen oder die Sympathien der Bevölkerung auch nur<lb/> verkürzen könnte. Und nicht zum Mindeſten <hi rendition="#g">des-<lb/> halb</hi> erheben wir Tag um Tag den Ruf: Fort mit<lb/> dem Duellzwang in der Armee! Es kann der Armee<lb/> und dem Officierscorps nicht zur Ehre und zum<lb/> Nutzen gereichen, wenn man den Officieren das zur Pflicht<lb/> macht, was durch das fünfte Gebot Gottes, durch das<lb/> allgemein giltige Staatsgeſetz, durch das militäriſche<lb/> Strafgeſetzbuch als Verbrechen verboten und unter<lb/> ſchwere Strafe geſtellt iſt, wenn man die Officiere<lb/> zwingt, die verletzte Ehre durch ein Verbrechen zu<lb/> repariren, durch eine Handlung, die nicht einmal <hi rendition="#g">an<lb/> ſich</hi> geeignet iſt, die verletzte Ehre wieder gut zu</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Feuilleton.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Militäriſche Stimmen über das Duell<lb/> in der Armee</hi> </head><lb/> <p>ſind um ſo gewichtiger, als faſt nur noch in der Armee,<lb/> nicht bei allen Officieren, ſondern zumeiſt bei den<lb/> älteren, in den alten Traditionen und Vorurtheilen<lb/> aufgewachſenen Mitgliedern des Officierscorps, die<lb/> Stimmung <hi rendition="#g">für</hi> das Duell und gegen die durch die<lb/> neueſten Ereigniſſe als dringend nothwendig erwieſene<lb/> Aufhebung des Duellzwanges iſt.</p><lb/> <p>Ausſprüche berühmter Philoſophen, Rechtslehrer,<lb/> Geſchichtsforſcher, welche das Duell in jedem Falle ver-<lb/> dammen, machen auf Militärkreiſe keinen Eindruck;<lb/> der Civiliſt, ſo heißt es dann, erkennt eben nicht die<lb/> Beſonderheit der Officiersehre. Was aber dann, wenn<lb/> ſelbſt <hi rendition="#g">hervorragende Herrſcher und<lb/> Feldherren</hi> dieſe Zweikampfsunſitte verwerfen?</p><lb/> <p>Von <hi rendition="#b">Guſtav Adolph,</hi> deſſen militäriſches Be-<lb/> wußtſein wohl Niemand bezweifelt, erzählt ſein Bio-<lb/> graph Garte: „Als in den Jahren 1626—1629 das<lb/> Duell in der ſchwediſchen Armee ſehr einriß, ſelbſt<lb/> unter gemeinen Soldaten, erließ der König eine ſtrenge<lb/> Ordre, welche jede Uebertretung <hi rendition="#g">mit der Todes-<lb/> ſtrafe</hi> bedrohte. Da entſtand ein Zwiſt zwiſchen<lb/> zwei hohen Officieren. Sie gingen vor den König<lb/> ſelbſt, um ihn zu bitten, ein Duell zwiſchen ihnen zu<lb/> geſtatten. Der König ging endlich darauf ein. Am<lb/> beſtimmten Tage traf er an dem verabredeten Platze<lb/><cb/> ein, jedoch mit einer Abtheilung — Infanterie! —<lb/> „Wohlan!“, rief er, „nun fechtet, bis einer bleibt!“<lb/> Zugleich aber erging der Befehl an den Profoß, wenn<lb/> der eine gefallen ſei, ſolle dem andern ſofort vor ſeinen<lb/> Augen der <hi rendition="#g">Kopf abgeſchlagen</hi> werden. Auf<lb/> dies hin ſtanden die tapferen Degen ab von dem Duell<lb/> und baten den König um Verzeihung.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Kaiſer Matthias</hi> ſagte: „Durch Duell wird<lb/> das Ziel und Ende der ritterlichen und adeligen<lb/> Tugenden, auch alter deutſcher Redlichkeit, welche in<lb/> dieſen Exceſſen gar nicht, ſondern in der Ehrbarkeit<lb/> und erlaubten Tapferkeit beſteht, mit nichten erhalten“.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Kaifer Joſef <hi rendition="#aq">II.</hi> </hi> ſchreibt an den Staatsminiſter<lb/> von Lascy: <hi rendition="#g">„Ich will und leide keinen<lb/> Zweikampf</hi> in meinem Heere, <hi rendition="#g">verachte</hi> die<lb/> Grundſätze derjenigen, welche ihn vertheidigen, zu recht-<lb/> fertigen ſuchen und ſich mit kaltem Blute durchbohren.<lb/> Ich halte einen ſolchen Menſchen für nichts beſſer, als<lb/> einen <hi rendition="#g">römiſchen Gladiator.</hi> Eine ſolche<lb/> barbariſche Gewohnheit, die dem Jahrhundert der<lb/> Tamerlans und Bajazets angemeſſen iſt, und die ſo<lb/> oft traurige Wirkungen auf einzelne Familien gehabt,<lb/> will ich unterdrückt und beſtraft wiſſen, und ſollte es<lb/> die Hälfte meiner Offiziere mir rauben ....“</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Napoleon <hi rendition="#aq">I.</hi> </hi> ſagt einmal: „Latour-d’Auvergne,<lb/> der Tapferſte der Tapfern, hat ſich nie duellirt.“</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Friedrich <hi rendition="#aq">II.,</hi> </hi> der Abgott der Offiziere, entließ<lb/> einen Offizier mit den Worten: „Ich liebe tapfere<lb/> Offiziere, aber Scharfrichter kann ich in meiner Armee<lb/> nicht brauchen.“</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Blücher</hi> und <hi rendition="#b">Gneiſenau</hi> erließen 1818 eine Er-<lb/> klärung, in welcher ſie das Duell als durchaus uner-<lb/><cb/> laubt und unehrenhaft brandmarkten und für ihre<lb/> untergebenen Offiziere in ſcharfen Worten <hi rendition="#g">verboten.</hi> </p><lb/> <p><hi rendition="#b">Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">III.</hi> </hi> von Preußen bemerkt<lb/> einmal: „Das Leben der Offiziere iſt der Vertheidigung<lb/> des <hi rendition="#g">Thrones</hi> und des <hi rendition="#g">Vaterlandes</hi> geweiht,<lb/> und wer dasſelbe um einen kleinlichen Zwiſt einſetzt,<lb/> beweiſt, daß er ſich ſeiner ernſten Beſtimmung nicht<lb/> bewußt iſt und nicht die ſittliche Haltung zu behaupten<lb/> weiß, welche auf Sittlichkeit und <hi rendition="#g">wahrem</hi> Ehr-<lb/> gefühl beruht.“</p><lb/> <p><hi rendition="#b">König Johann von Sachſen,</hi> der berühmte<lb/> Dante-Ueberſetzer, nimmt in ſeiner Novelle „Der<lb/> Entehrte“ entſchieden Stellung gegen die Officiers-<lb/> duelle</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Prinz Albert von England,</hi> der Gemahl<lb/> Victoria’s, ſchaffte das Duell in der engliſchen Armee<lb/> ab, „als eines <hi rendition="#g">Gentleman unwürdig.</hi>“<lb/> 1844 erfuhren die Kriegsartikel folgende Aenderung,<lb/> daß es „dem Charakter von Ehrenmännern für an-<lb/> gemeſſen erklärt wurde, für verübtes Unrecht oder Be-<lb/> leidigungen ſich zu entſchuldigen und ſich bereit zu er-<lb/> klären, das begangene Unrecht wieder gut zu machen<lb/> und ebenſo für den gekränkten Theil, für das ihm<lb/> widerfahrene Unrecht offen und herzlich eine Er-<lb/> klärung und Entſchuldigung anzunehmen.“</p><lb/> <p>„Hier wäre“ ſo ſchreibt das „Bayr. Vaterland“<lb/> für den deutſchen Kaiſer ein Feld, mit einem Federſtrich<lb/> eine <hi rendition="#g">Unſitte</hi> zu beſeitigen, die die <hi rendition="#g">Religion,</hi><lb/> die <hi rendition="#g">Moral,</hi> das <hi rendition="#g">Recht</hi> und die <hi rendition="#g">Geſchichte</hi><lb/> mit <hi rendition="#g">Rechtverdammt.</hi>“ Und <hi rendition="#g">wir</hi> haben ſchon<lb/> wiederholt erklärt, daß wir den Ruhm, den Duellzwang<lb/> zuerſt beſeitigt zu haben, als glorreiche That unſerem<lb/> katholiſchen öſterreichiſchen Kaiſer wünſchen.</p> </div> </div><lb/> <note> <ref> <hi rendition="#c"> <figure/> <hi rendition="#b">Die heutige Nummer iſt 12 Seiten ſtark.</hi> <figure/> </hi> </ref> </note><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
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VIII., Strozzigaſſe 41.
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Telephon 1828.
VII. Jahrgang. Wien, Donnerſtag den 26. Juli 1900. Nr. 168.
Die gelbe Katze.
In Peking ſpielt man mit den Geſandten
immer noch Verſtecken. So häßlich iſt Europa
in der Kriegsgeſchichte noch niemals genarrt
worden. Kein Sterbenslaut dringt ſeit Wochen
von den Eingeſchloſſenen, die ſich der unverletz-
lichen Geſandtenfreiheit erfreuen ſollen, über die
düſteren Ringmauern der chineſiſchen Hauptſtadt
hinüber nach Tientſin, wo die bewaffneten Boten
aller Weltmächte mit der Klinge in der Hand
Auskunft über das Schickſal der Eingeſchloſſenen
fordern. Lebt dort drinnen noch Jemand? Ein-
mal hat ſich die Depeſche eines Geſandten
herausverirrt, es wollte ihr jedoch Niemand
glauben, da ſie kein Datum trug und vielleicht
ſchon vor längerer Zeit aufgegeben ſein konnte.
Man hat ſich daran gewöhnt, das Schreckliche
feſter zu glauben als das menſchlich Natürliche,
und Jedermann war bei den immer neuerlichen
ungewiſſen Nachrichten von einer Rettung der
Geſandten nur erbittert über die Frivolität, mit
der die Wahrheit über das Pekinger Blutbad zu
bemänteln geſucht wurde. Warum ſollten denn auch
die Geſandten mit ihren geringen Schutzmann-
ſchaften geſchont worden ſein, indeſſen allerorts
der Fanatismus der heidniſchen Maſſen hunderte
und tauſende von Chriſten hinſchlachtete, indeſſen
Miſſionäre gefoltert und ans Kreuz geſchlagen
wurden und brennende Kirchen und Niederlaſſungen
an allen Ecken und Enden als Rieſenfanale ver-
kündeten, daß es ſich um einen wohlvorbereiteten
und organiſirten Streich gegen die chriſtliche
Cultur handle. Man wußte, daß vor vier Wochen
von allen Geſandtſchaften nur mehr drei ſtanden,
und daß die übrigen mit ſchwerem Geſchütz von
regulären chineſiſchen Truppen und einer nach
vielen Tauſenden zählenden Menſchenmaſſen ange-
griffen worden waren; es hätte geheißen, an ein
halbes Wunder zu glauben, wenn man da noch
an die Rettung der Geſandten gedacht hätte.
Die chineſiſche gelbe Katze hat die Maus, mit
der ſie ſo lang ein blutiges Spiel trieb, zwiſchen
ihren Pranken aber doch noch nicht zerriſſen. Heute
liegen nicht nur ſehr beſtimmt abgefaßte und
ehrenwörtlich unterſtützte Depeſchen vor, die be-
richten, daß ſich die Geſandten auf dem Wege
nach Tientſin befinden, ſondern auch der
Wortlaut eines Bittgeſuches des chineſiſchen
Kaiſers an Kaiſer Wilhelm um Friedensver-
mittlung, ein Doeument, das geradezu eine
Narrheit bedeuten würde, wenn der Pöbel ſich
außer an Ketteler auch an den übrigen Geſandten
vergriffen hätte. — Warum der Blutdurſt der
fremdenfeindlichen Fanatiker ſich nicht in der Ab-
ſchlachtung der zuſammengeſchmolzenen kleinen
Fremdencolonie gefättigt hat, während er außer-
halb Peking ungeſtört ſeine brüllenden Orgien
weiterfeiert, iſt für Europa heute noch ein
Räthſel. Es mag uns vorderhand genug
ſein, heute endlich einmal etwas von der freund-
lichen Hoffnung zu empfinden, Jemand gerettet
zu ſehen, dem man ſein tiefſtes Mitleid für ſein
grauſiges Los geſchenkt hatte. Die letzte Un-
gewißheit über das Schickſal der Geſandten muß
ſich in den allernächſten Tagen heben und heute
haben wir endlich Grund zur Freude, daß uns
vielleicht doch nur ein räthſelhaftes Lügengewebe
mit ſeinen Todesphantaſien bisher genarrt hat.
Doch damit ändert ſich die Weltlage nicht.
Es mag, wenn die Geſandten leben, einer der
Gründe für die empörte Entrüſtung über die
chineſiſchen Barbareien der letzten Wochen eliminirt
ſein, aber über die Thatſache darf man ſich doch
nicht hinwegtäuſchen, daß trotzdem China im wil-
deſten Aufſtand gegen Alles, wodurch es bisher
mit Europa verbunden war, begriffen iſt. — Die
blühenden Miſſionen ſind in Aſche gelegt, die
Handelsverbindungen ſind zerſtört und gewaltige
Truppenkörper ſtehen in offener Feldſchlacht gegen die
Europäer. Da gibt es keine Friedensangebote. Ent-
weder iſt Kaiſer Kwangſu ein Ohnmächtiger vor Re-
bellen oder ein willfähriges Werkzeug in den Händen
verſchlagener Heuchler. Die Großmächte haben ſich
mit den Thatſachen abzufinden, daß China ſich
in factiſchem Kriegszuſtande gegen
ſie befindet.
Anders ſteht die Frage, wenn wir uns nach
den Ausſichten der europäiſchen Militäraction
umſehen. Bereits werden von ſehr anſehnlicher
Seite Stimmen laut, daß es mit Ausnahme
Deutſchlands keine der führenden Mächte
mit ihren Maßregeln in Tientſin ernſt meine,
weder England und Rußland, und ein Kenner
ſagt von Deutſchland, es werde mit ſeinen Ver-
ſtärkungen für China zu ſtark, um eine zweite, zu
ſchwach ſein, um eine erſte Rolle zu ſpielen. —
Und wenn wir von den düſteren Geſchehniſſen
nach der Erſtürmung von Tientſin hören und die
bisher unwiderſprochene Conſtatirung vernehmen,
daß europäiſche Soldaten aller Nationen die er-
ſtürmte Stadt geplündert und die öffent-
lichen Schatzkammern ausgeraubt haben,
dann zweifeln wir, wie dieſer Kampf gegen die
Barbarei enden wird. Die hyperfeine Civiliſation
der Moderne ſcheint ſich drüben am Stillen Ocean
ein gemüthliches Café chantant errichten zu wollen,
wo die Tugendſame hofft, von den Opfern
moderner Geſittung und Enthaltſamkeit ſich un-
bemerkt erholen zu können. Das iſt tieftraurig.
Sind auch die Geſandten gerettet, ſo haben wir
doch Anlaß, um das Ende dieſes Kampfes ſehr
beſorgt zu ſein.
Tarali—Erlanger.
Zur Ehre der Armee und des Offi-
ciersſtandes traten wir in der Affaire Tacoli
ſo entſchieden gegen den Duellzwang auf. Wir
ſchätzen die Armee und unſer Officierscorps viel zu
hoch und würdigen deſſen Bedeutung viel zu ſehr, als
daß wir nicht Front machten gegen Alles, was der
Ehre dieſes Standes zuwiderlaufen und ihm das An-
ſehen oder die Sympathien der Bevölkerung auch nur
verkürzen könnte. Und nicht zum Mindeſten des-
halb erheben wir Tag um Tag den Ruf: Fort mit
dem Duellzwang in der Armee! Es kann der Armee
und dem Officierscorps nicht zur Ehre und zum
Nutzen gereichen, wenn man den Officieren das zur Pflicht
macht, was durch das fünfte Gebot Gottes, durch das
allgemein giltige Staatsgeſetz, durch das militäriſche
Strafgeſetzbuch als Verbrechen verboten und unter
ſchwere Strafe geſtellt iſt, wenn man die Officiere
zwingt, die verletzte Ehre durch ein Verbrechen zu
repariren, durch eine Handlung, die nicht einmal an
ſich geeignet iſt, die verletzte Ehre wieder gut zu
Feuilleton.
Militäriſche Stimmen über das Duell
in der Armee
ſind um ſo gewichtiger, als faſt nur noch in der Armee,
nicht bei allen Officieren, ſondern zumeiſt bei den
älteren, in den alten Traditionen und Vorurtheilen
aufgewachſenen Mitgliedern des Officierscorps, die
Stimmung für das Duell und gegen die durch die
neueſten Ereigniſſe als dringend nothwendig erwieſene
Aufhebung des Duellzwanges iſt.
Ausſprüche berühmter Philoſophen, Rechtslehrer,
Geſchichtsforſcher, welche das Duell in jedem Falle ver-
dammen, machen auf Militärkreiſe keinen Eindruck;
der Civiliſt, ſo heißt es dann, erkennt eben nicht die
Beſonderheit der Officiersehre. Was aber dann, wenn
ſelbſt hervorragende Herrſcher und
Feldherren dieſe Zweikampfsunſitte verwerfen?
Von Guſtav Adolph, deſſen militäriſches Be-
wußtſein wohl Niemand bezweifelt, erzählt ſein Bio-
graph Garte: „Als in den Jahren 1626—1629 das
Duell in der ſchwediſchen Armee ſehr einriß, ſelbſt
unter gemeinen Soldaten, erließ der König eine ſtrenge
Ordre, welche jede Uebertretung mit der Todes-
ſtrafe bedrohte. Da entſtand ein Zwiſt zwiſchen
zwei hohen Officieren. Sie gingen vor den König
ſelbſt, um ihn zu bitten, ein Duell zwiſchen ihnen zu
geſtatten. Der König ging endlich darauf ein. Am
beſtimmten Tage traf er an dem verabredeten Platze
ein, jedoch mit einer Abtheilung — Infanterie! —
„Wohlan!“, rief er, „nun fechtet, bis einer bleibt!“
Zugleich aber erging der Befehl an den Profoß, wenn
der eine gefallen ſei, ſolle dem andern ſofort vor ſeinen
Augen der Kopf abgeſchlagen werden. Auf
dies hin ſtanden die tapferen Degen ab von dem Duell
und baten den König um Verzeihung.
Kaiſer Matthias ſagte: „Durch Duell wird
das Ziel und Ende der ritterlichen und adeligen
Tugenden, auch alter deutſcher Redlichkeit, welche in
dieſen Exceſſen gar nicht, ſondern in der Ehrbarkeit
und erlaubten Tapferkeit beſteht, mit nichten erhalten“.
Kaifer Joſef II. ſchreibt an den Staatsminiſter
von Lascy: „Ich will und leide keinen
Zweikampf in meinem Heere, verachte die
Grundſätze derjenigen, welche ihn vertheidigen, zu recht-
fertigen ſuchen und ſich mit kaltem Blute durchbohren.
Ich halte einen ſolchen Menſchen für nichts beſſer, als
einen römiſchen Gladiator. Eine ſolche
barbariſche Gewohnheit, die dem Jahrhundert der
Tamerlans und Bajazets angemeſſen iſt, und die ſo
oft traurige Wirkungen auf einzelne Familien gehabt,
will ich unterdrückt und beſtraft wiſſen, und ſollte es
die Hälfte meiner Offiziere mir rauben ....“
Napoleon I. ſagt einmal: „Latour-d’Auvergne,
der Tapferſte der Tapfern, hat ſich nie duellirt.“
Friedrich II., der Abgott der Offiziere, entließ
einen Offizier mit den Worten: „Ich liebe tapfere
Offiziere, aber Scharfrichter kann ich in meiner Armee
nicht brauchen.“
Blücher und Gneiſenau erließen 1818 eine Er-
klärung, in welcher ſie das Duell als durchaus uner-
laubt und unehrenhaft brandmarkten und für ihre
untergebenen Offiziere in ſcharfen Worten verboten.
Friedrich Wilhelm III. von Preußen bemerkt
einmal: „Das Leben der Offiziere iſt der Vertheidigung
des Thrones und des Vaterlandes geweiht,
und wer dasſelbe um einen kleinlichen Zwiſt einſetzt,
beweiſt, daß er ſich ſeiner ernſten Beſtimmung nicht
bewußt iſt und nicht die ſittliche Haltung zu behaupten
weiß, welche auf Sittlichkeit und wahrem Ehr-
gefühl beruht.“
König Johann von Sachſen, der berühmte
Dante-Ueberſetzer, nimmt in ſeiner Novelle „Der
Entehrte“ entſchieden Stellung gegen die Officiers-
duelle
Prinz Albert von England, der Gemahl
Victoria’s, ſchaffte das Duell in der engliſchen Armee
ab, „als eines Gentleman unwürdig.“
1844 erfuhren die Kriegsartikel folgende Aenderung,
daß es „dem Charakter von Ehrenmännern für an-
gemeſſen erklärt wurde, für verübtes Unrecht oder Be-
leidigungen ſich zu entſchuldigen und ſich bereit zu er-
klären, das begangene Unrecht wieder gut zu machen
und ebenſo für den gekränkten Theil, für das ihm
widerfahrene Unrecht offen und herzlich eine Er-
klärung und Entſchuldigung anzunehmen.“
„Hier wäre“ ſo ſchreibt das „Bayr. Vaterland“
für den deutſchen Kaiſer ein Feld, mit einem Federſtrich
eine Unſitte zu beſeitigen, die die Religion,
die Moral, das Recht und die Geſchichte
mit Rechtverdammt.“ Und wir haben ſchon
wiederholt erklärt, daß wir den Ruhm, den Duellzwang
zuerſt beſeitigt zu haben, als glorreiche That unſerem
katholiſchen öſterreichiſchen Kaiſer wünſchen.
[Abbildung]
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