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Reichspost. Nr. 309, Wien, 04.07.1914. Beilage.

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Nr. 309 Wien, Samstag Reichspost 4. Juli 1914

[Spaltenumbruch] Nur dann wird Oesterreich ein Recht haben, dafür
andere zu beschuldigen und verantwortlich zu machen.

Die "Pravda" sagt: Alle bisher in Oesterreich
begangenen Morde und Attentate haben stets eine und
dieselbe Quelle gehabt. Die unterdrückten Völker der
Monarchie mußten zu dieser Art des Pro-
testes greifen,
weil ihnen kein anderer Weg mög-
lich war. Die Monarchie stand und steht noch immer
unter einem fürchterlichen polizeilichen Regierungs-
system, wonach jeder als Hochverräter bezeichnet wird.
In einem Chaos der Schreckensherrschaft ist es natür-
lich und vollkommen begreiflich, daß sich die Aera der
Attentate eingebürgert hat.

Die "Srpska Zastava" erklärt: Es liegt uns
vollkommen ferne, die abscheuliche Tat, die von der
ganzen Kulturwelt einmütig verdammt wird, irgendwie
zu rechtfertigen. Aber konventionelle Worte dürfen die
Wahrheit nicht verhüllen. Und diese Wahrheit ist bitter.
Oesterreich-Ungarn führt seit langer Zeit eine Politik,
die nicht nur die Interessen des serbischen Volkes ver-
letzt, sondern diesen geradezu zuwiderlauft. Oesterreich-
Ungarn hat unserem Vordringen nach dem Süden
Widerstand geleistet, uns zum Rückzug von der adriati-
schen Küste und zur Räumung Skutaris gezwungen. In
Bosnien herrschen heute wie auch in Kroatien Aus-
nahmsverfügungen, die selbstverständlich in erster
Linie gegen die Serben gerichtet sind. Das führt zur
Verzweiflung.




Das Befinden des Oberstleutnants
Merizzi.


Das Befinden des bei dem Bombenattentate ver-
letzten Oberstleutnants Merizzi ist ein andauernd
günstiges,
so daß der Patient binnen kurzem das
Garnisonsspital wird verlassen können. Die Meldungen,
die von einer Verschlimmerung im Befinden des
Offiziers berichteten, sind unzutreffend.




Der Tiroler Landtag.


Der Landtag erledigte heute die noch unerledigten Gegen-
stände (84 Anträge), zumeist ohne jede Debatte. Die meisten
Anträge betrafen Subventiouen für volkswirtschaftliche Institu-
tionen und Unterrichtsanstalten sowie für gemeinnützige Ver-
eine.

Eine längere Debatte entwickelte sich über den Antrag, für
die Kosten der Erweiterungsbauten der beiden Irrenanstalten,
die Errichtung einer Gebäranstalt in Trient und den Ausbau
der Innsbrucker Gebäranstalt sowie für Straßenbauten etc. eine
Anleihe bis zehn Millionen Kronen aufzu-
nehmen. Der Antrag wurde schließlich zum Beschluß erhoben.
Betreffend die Regelung der Kolonats- und Grundpachtverhält-
nisse beschloß der Landtag, daß weitere Studien und Erhebungen
zu pflegen seien. Behufs Einschränkung der Aus-
wanderung der Hütenkinder
wurden
verschiedene Maßnahmen beschlossen. Ferner wurde ein
Gesetz zum Schutze seltener Alpenpflanzen angenommen.
Morgen vormittag findet eine vertrauliche Sitzung wegen Be-
schlußfassung über die Gehaltserhöhung der Lan-
desbeamten
und sodann eine öffentliche Sitzung statt, in
welcher das Schulgesetz zur dritten Lesung gelangen und
das Finanzgesetz beraten werden wird. -- Sodann wird die
Session des Landtages geschlossen.




Aus den Wiener Morgenblättern.

Im "Neuen Wiener Tagblatt" schließt Feldmarschall-
leutnant Franz Rieger eine elegische Betrachtung des
schrecklichen Ereignisses von Sarajevo mit der sehr
zeitgemäßen Mahnung an alle, die es
angeht:

Aus Haß gegen den Imperialismus, aus Rassenhaß,
aus Haß gegen die bestehende Ordnung, gegen die Autorität,
den Besitz, aus jenem Haß, der der Selbstsucht ent-
springt, dem Neid, der Mißgunst, der Trägheit und
Gesinnungslosigkeit, dem gänzlichen
Mangel an Gottesfurcht und Sittlichkeit

-- aus solchem Haß ist jenes ruchlose Verbrechen begangen
worden, dem das hohe Paar zum Opfer siel. Gegen das Fort-
wuchern solchen Hasses muß mit aller Macht ange-
kämpft werden, allerorts, zu jeder Zeit,
ammeisten bei der Erziehung der Jugend,
in der Familie und in der Schule,
damit ein
kommendes Geschlecht ganz frei von solchem Uebel und, im
Guten stark und fest, zum Kampfe gegen Strebungen und
Irrungen bereit sei, wie sie aus gegenwärtigem Parteienhader
und -gezänke emporwuchern.

Es wäre nur lebhaft zu wünschen, daß dieser
Mahuruf überall beherzigt werde. Daß er von der
Tribüne eines großen liberalen Organs erhoben wurde,
das sich sonst nicht gerade mit der Erziehung zur
"Gottesfurcht und Sittlichkeit" abgibt und auch nicht
gerade durch Schwärmerei für eine Jugenderziehung
in diesem Sinne "in der Familie und in der
Schule" aufgefallen ist, macht den Appell nur um so
beherzigenswerter. Wir begrüßen es, wenn auch Organe
des Liberalismus endlich einzusehen beginnen, an welchen
Grundübeln die Gesellschaft krankt.

Selbst die "Neue Freie Presse" kritisiert in ihren
"Eindrücken nach der Trauerfeier" die eng-
herzigen und kurzsichtigen Ver-
fügungen des Obersthofmeisters
--
dessen Pensionierung übrigens vom "Neuen Wiener
Journal" gefordert wird -- und meint:

Viel ist darüber gesprochen worden, daß die Trauerfeierlich-
keiten zu schlicht waren, daß zu wenig Prunk entfaltet wurde,
und daß ein stärkeres militärisches Aufgebot nach dem hohen
Range des Erzherzogs in der Armee hätte angeordnet werden
sollen. Die Beschränkung war vielleicht mit Rücksicht auf die
kaum wiederhergestellte Gesundheit des Kaisers ein Wunsch der
Aerzte (Es hätte sich doch gewiß ganz gut die selbstverständliche
Schonung der Gesundheit des Monarchen mit einem den Ge-
[Spaltenumbruch] fühlen von Millionen entsprechenderen Arrangement der
Trauerfeier vereinigen lassen. Nicht um "gcößeren Pomp", son-
dern um die Ermöglichung einer größeren Teilnahme an
der Trauerfeier
handelte es sich. D. Red.), und gewiß
haben die Hunderttausende, die gestern beim Eintreffen der
Leichen des Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von
Hohenberg in dichten Reihen die Straßen säumten, das Andenken
des verstorbenen Thronfolgers mehr geehrt, als dies durch
größeren Pomp hätte geschehen können. Die Ausschließung der
fürstlichen Gäste, die das Bedürfnis hatten, in Wien an der
Trauerfeierlichkeit teilzunehmen, war jedoch ein Fehler. Die
Anwesenheit des deutschen Kaisers, mehrerer Könige und der
Prinzen aus den meisten Ländern von Europa hätte sinnfällig
gezeigt, was der Mord von Sarajevo nicht bloß für uns,
sondern auch für andere Völker bedeutet. Durch die
Vereinigung der mächtigen Persönlichkeiten, die einen so maß-
gebenden Einfluß auf die Politik des zwanzigsten Jahrhunderts
haben, wäre anschaulich geworden, daß über alle Streitigkeiten
hinweg ein Gemeinsames die Staaten verbindet.
Was ist das Verbrechen von Sarajevo? Die Wirkung einer
Politik, die glaubt, sich in amtliche Verantwortlichkeit und in
nichtamtliche Unverantwortlichkeit spalten zu können.

Die "Oesterreich. Volksztg." lenkt die Aufmerksam-
keit auf die Umstände, die das schreck-
liche Attentat ermöglicht
haben:

Wie es möglich war, daß die zum Sicherheits-
dienste berufenen Behörden,
die bei Anwesenheit
eines so außerordentlichen Gastes zu doppelter Wachsamkeit
verpflichtet waren, ganz ahnungslos dastanden,
daß die Vorkehrungen so kläglich mangelhaft waren,
das muß als eine Unbegreiflichkeit erscheinen. Wahr-
lich, wenn die große Oeffentlichkeit nachträglich auf
den Ton aufmersam gemacht wird, den das radikale
Serbentum in unseren Grenzlanden angeschlagen, dann muß
man sich um so verwunderter fragen, wie es denn komme,
daß die Verantwortlichen aus solchen Aeuße-
rungen nicht bereits die Leidenschaft heraushörten, die zur Pro-
paganda der Tat drängte und schließlich zu der Greueltat von
Sarajevo entartete ... Sicher aber ist es, daß eine gewaltige
Verschwörung sich den Erzherzog zum Opfer erkoren hat, und
fast so gut wie sicher, daß die Verschwornen
ihren Sitz in Belgrad
hatten, von da mit Geld und
mit den Mordinstrumenten versehen wurden. Wenigstens hat die
Untersuchung jetzt bereits Ergebnisse gezeigt, die berechtigen,
die Kommandanten der Verschwörung in höheren, der Staats-
verwaltung nicht allzu fernen Kreisen des Königreichs Serbien
zu suchen.




Vom Warenmarkte.
Börse für landwirtschaftliche Produkte.


(Eigenbericht.) Die amerikanischen Getreidemärkte
waren matt auf Realisationen. Der Budapester Markt eröffnete
heute in etwas festerer Haltung. An der hiesigen Wochenbörse
ist der Verkehr wohl ein lebhafterer, jedoch gestalten sich die
Umsätze gering. Weizen stellt sich von 10 bis 15, Roggen von
15 bis 20 Heller billiger gegen Vorwoche. Mais ist unverändert
und Hafer preishaltend.

Budapest. (Kurse um 1/212 Uhr.) Oktoberweizen 13.09,
Aprilweizen 12.89, Oktoberroggen 9.33, Oktoberhafer 7.80, Mais
pro Juli 1914 7.39.




Wiener Effektenbörse.


(Eigenbericht.) Zufolge des Friedensschlusses zwischen
Amerika und Mexiko, sowie der höheren Notierungen verkehrt die
heutige Vorbörsein freundlicher Haltung und fanden auf einzelnen
Gebieten Rück- und Deckungskäufe statt, wozu auch die
Meldungen über günstige Ernteaussichten beigetragen haben.
Lebhafter gestaltete sich das Geschäft in Eisenwerten, Skoda-
aktien und türkischen Werten. Orientbahnen stiegen um
12 Kronen, Türkenlose um 6 und Tabak um 31/2 Kronen.
Alpineaktien gewannen 7 Kronen, Skodaaktien 61/2 Kronen.
Die feste Tendenz hielt ungestört bis zum Ende der Vorbörse an.

Es notierten: Kreditaktien 594.10 bis 595.75, Ungarische
Kreditbank 770.-- bis --.--, Bodenkredit --.-- bis --.--,
Unionbank 565.-- bis 566.75, Länderbank 474.25 bis 474.75,
Anglobank 327.25 bis --.--, Bankverein 503.-- bis --.--,
Ungarische Hypothekenbank --.-- bis --.--, Ungarische Handels-
gesellschaft 469.50 bis 473.--, Nied. Eskomptegesellschaft --.--,
Allg. Verkehrsbank 360.75.

Staatsbahn 672.-- bis 674.--, Lombarden 79.-- bis 79.50,
Dampfschiff 1113.-- bis 1115.--, Tabakaktien 460.60 bis 407,50.
Türkenlose 208.75 bis 211.--, Lloydaktien 545.-- bis --.--,
Orientbahnen 884.-- bis 887.--, Kahlenbergbahn 77.--.

Alpine 786.50 bis 792.50, Rima-Muranyer 604.-- bis
607.50 Waffenfabrik --.--, bis --.--, Prager Eisen 2456.--
bis 2464.--, Galizische Karpathen 878.-- bis --.--, Mairente
80.80 bis --.--, Oesterreichische Kronenrente 81.40 bis --.--,
Ung. Goldrente 96.20, Ung. Kronenrente 79.50 bis --.--,
Russen --.--, Südbahnprioritäten 237.50 bis 238.25, Skoda-
aktien 673.-- bis 678.--, Berg- und Hüttenwerke 1190.-- bis
--.--. Poldihütte 615.-- bis 618.--, Perlmooserzement 421.--
bis --.--, Königshofer Zement --.--, Allg. Baugesellschaft
--.-- bis --.--, Danek Maschinen 395.--, Brünner Maschinen
526.--, Siemens und Schuckert 264.-- bis --.--, Waagner
Brückenbau 329.50, Brosche Spiritus --.--, Böhmischer Zucker
288.--, Salgo Kohle 666.--, Trifailer Kohle 276.50 bis 277.50,
Brüxer Kohle 849.--, Union Elektrische 539.50, Kolben
Elektrische 503.--, Vereinigte Elektrische 212.50, Ungarische
Elektrische 551.50.

Um 11 Uhr blieben: Oesterreichische Kredit 595.25,
Ungarische Kredit 770.--, Anglobank 327.25, Bankverein
503.--, Unionbank 566.--, Länderbank 474.75, Staatsbahn 673.50,
Lombarden 70.50, Alpine 791.50, Skoda 678.--, Türkenlose
209.--, Reichsmark 117.81.




Tagesbericht.
* Verleihungen.

Der Kaiser hat dem Direktor der Finanz-
landeskasse in Innsbruck Silvius Dejaco das Ritterkreuz
des Franz-Josefordens, dem praktischen Arzte Dr. Johann
Schillinger in Wien den Titel eines Medizinalrates, dem
Baumeister Karl Walter in Teplitz den Titel eines kaiser-
lichen Rates verliehen.

* Ernennungen.

Der Handelsminister hat den Postamts-
Vizedirektor Anton Nikodemowicz in Krakau zum Post-
amtsdirektor ernannt. Der Ackerbauminister hat im Stande der
Wirtschaftsbeamten des Staatsgestütes in Radautz die Wirt-
schaftseleven Eugen Motresku und Gustav Neunteufel
zu Wirtschaftsbereitern und im Stande der Buchhaltungs-
beamten dieses Gestütes den Rechnungspraktikanten Kajetan
Kajetanowicz zum Rechnungsassistenten ernannt. Der
Minister für öffentliche Arbeiten hat den Vertragsbeamten
Dr. Karl Saueracker zum Ministerialkonzipisten im Mini-
sterium für öffentliche Arbeiten ernannt. Der Minister des
[Spaltenumbruch] Innern hat den Rechnungsrat Alois Matuschka zum Ober-
rechnungsrate im Rechnungsdepartement der Statthalterei in
Brünn ernannt. Der Leiter des Finanzministeriums hat den
Finanzkommissär Dr. Josef Hladky zum Ministerial-
vizesekretär im Finanzministerium ernannt.

* Aus dem Anditoriate.

Der Kaiser hat ernannt: den
Oberstauditor Anton Gonauer, Justizreferenten des Hafen-
admiralates in Pola, zum Leiter des Admiralsgerichtes in Pola;
den Oberstleutnantauditor Maximilian Neumayer zum
Justizreferenten und Militäranwalt des Hafenadmirals in
Pola und den Majorauditor Leonhard Tanzer zum Militär-
anwalt des Marinekommandanten.

* Veränderungen im Kousularkanzleidienste.

Der Mi-
nister des Aeußern hat im Konsularkanzleidienste ernannt: Zum
Kanzleidirektor den Kanzleirat Viktor Rottauscher von
Malata. Zum Kanzleirat den Kanzleisekretär Ludwig
Matitsch. Zu Kanzleisekretären die Offiziale Johann Gom-
baszky,
Ferdinand Manchen, Anton Chlopecki,
Franz Szuber und Josef Kapatos. Zu Offizialen die
Honorarbeamten Peter Monteforte, Martin Dietrich,
Adolf Schneider, Franz Miklavic, Theodor Weiler,
Robert Rarossy, Egizio Fortunat, Jakob Schefbeck,
Georg Wagner, Max Kos, Rudolf Kremnitzky, Josef
Kubisz, Josef Matlas, Peter Geng, Emil Geltsch,
Franz Pribyl, Wladimir Koziuk, Josef Cikanek,
Günther Freiherrn v. Geusau und Julius Takacs.

* Todesfall.

In Tulbing ist am 2. d. Herr Franz
Poriska, k. k. Landesgerichtsrat, Obmann des Vereines
"Rudolfinerburse" usw. gestorben. Das Leichenbegängnis wird
Sonntag den 5. d. stattfinden. Um 1/24 Uhr nachmittags wird
die Leiche in der Pfarrkirche in Tulbing (Bahnstation Langen-
lebarn) feierlich eingesegnet und sodann auf dem Ortsfriedhofe
zur Ruhe bestattet. -- Der Vorsteher war A. H. der katholisch-
deutschen Verbindung "Rudolfina", um die er sich große
Verdienste erworben hatte.

* Karl Fürst Paar.

Am 7. d. feiert in Kardas
Recic ein hervorragendes Mitglied des Adels, der Sohn
des Fürsten Paar und der Ida geb. Prinzessin Lichten-
stein Karl Fürst Paar im engsten Familienkreise seinen
80. Geburtstag. Karl Fürst Paar, Freiherr auf Hart-
berg und Krottenstein ist Obersthof- und General-
Erblandpostmeister, erbliches Mitglied des Herrenhauses,
Geheimer Rat und Kämmerer, Ritter des Ordens vom
Goldenen Vließ usw.

* Viktor Schmidt +.

Nach langem Krankenlager
ist der Seniorchef Viktor Schmidt der bekannten Firma
Viktor Schmidt & Söhne in Wien, im Sanatorium
Weiser-Hirsch in Dresden gestorben. Seine langjährige
ersprießliche Tätigkeit in der Firma Viktor Schmidt
& Söhne, hat dieselbe zu jener Höhe gebracht, welche
dieses Haus in der Zucker- und Schokoladenwaren-
branche einnimmt. Die einschneidenden Reformen, welche
der Verewigte geschaffen hat, kamen nicht nur seinem
Welthause, sondern auch dem Vereine der Zucker- und
Schokoladenwarenbranche, deren langjähriger Präsident
der Verblichene war, in hohem Maße zugute. Herr
Viktor Schmidt, welcher der älteste Sohn des Gründers
der Firma Viktor Schmidt & Söhne war, hat sich im
Jahre 1905 ins Privatleben zurückgezogen.

* Das Beileid des Kaisers an die Witwe des Armee-
inspektors FZM. Freiherr von Leithner.

Der Witwe des
Armeeinspektors FZM. Ernst Freiherrn von Leithner,
Luise Freiin von Leithner, ist nachstehende Depesche des
Generaladjutanten G. d. K. Grafen Paar zugekommen:
"Se. Majestät vernahmen mit aufrichtigstem Bedauern das
Ableben Sr. Exzellenz des Armeeinspektors FZM. Ernst
Freiherrn von Leithner, Eurer Exzellenz nunmehr ver-
ewigten Gemahls, und geruhen Eure Exzellenz Aller-
höchstihres wärmst empfundenen innigsten Beileides an
diesem schweren Verluste zu versichern. Der vielfachen
Verdienste,
der langjährigen, mehrmals Allerhöchst
ausgezeichneten und insbesondere auf fortifikatori-
schem
und militärtechnischem Gebiete her-
vorragenden Betätigung
des Dahingeschiedenen
gedenken Se. Majestät auch jetzt mit dankbarer Er-
innerung
und werden Allerhöchdieselben dem Ver-
blichenen stets eine ehrende Erinnerung treu be-
wahren. Im Allerhöchsten Auftrage: G. d. K. Graf
Paar." -- Beim Leichenbegängnis wird sich der Kaiser
durch Herrn Erzherzog Friedrich vertreten lassen.

* Todesfall.

Im Stift Zwettl starb Freitag
abends Subprior P. Bernhard Semler. Das Be-
gräbnis findet am 6. d. 1/210 Uhr statt.

* Die Sterbe-Gedächtnisandachten für Kaiser
Ferdinand

I. Wie die heutige "Wiener-Zeitung" meldet,
werden die Sterbe Gedächtnisandachten für
Kaiser Ferdinand I., und zwar die Vigilien am Diens-
tag den 7. Juli um 5 Uhr nachmittags und das Seelen-
amt am Mittwoch den 8. Juli um 11 Uhr vormittags in
der Hofburg-Pfarrkirche im Stillen abgehalten werden.

* Plötzlicher Tod.

Aus Horn, 3. d., wird
uns geschrieben: Heute fand in der Piaristenkirche ein
feierlicher Trauergottesdienst für das Thronfolgerpaar
statt, zu welchem alle Behörden erschienen waren. Ein
angesehener Bürger, Kaufmann August Kirchner,
ging nach dem Gottesdienste in seine nahe Wohnung,
wo er einem Schlaganfalle erlegen ist. Die Trauer um
den beliebten Mann ist allgemein.

* Revolverattentat eines früheren Gastwirtes.

Im
Prater hat gestern abend die Tat eines früheren wohl-
habenden Gastwirtes Aufsehen erregt. Sie spielte sich im
Gasthause der Frau Marie Holansky im Prater,
Obermüllnerstraße Nr. 1, ab. Frau Holanski hatte vor
einiger Zeit zu dem 37jährigen Gastwirt Josef Uhlig,
der unverheiratet ist, Beziehungen unterhalten, die zu einer
Ehe führen sollten. Das Verhältnis hatte aber keine
Dauer, da Uhlig nichts weniger als wirtschaftlich war und
sein Geschäft immer mehr herabbrachte. Schließlich mußte
er das Gasthaus aufgeben. Die Holansky wollte wohl den
Mann auf bessere Wege bringen, doch ihre Mühe war
fruchtlos und Uhlig sank immer mehr. Schließlich er-
kalteten die Beziehungen. Uhlig war ungemein eifersüchtig.
Seine materielle Lage verschlechterte sich zusehends und zu-
letzt war Uhlig unterstandslos. Gestern abend kam er nun
nach 1/411 Uhr in das Gasthaus der Frau Holansky und traf
seine frühere Braut an. Er schien etwas angeheitert; aber
nichts in seinem Wesen ließ schließen, daß er eine Gewalt-
tat plane. Ruhig und ohne Aufregung, aber etwas müh-
sam, sprach er mit Frau Holansky. Plötzlich zog er einen

Nr. 309 Wien, Samstag Reichspoſt 4. Juli 1914

[Spaltenumbruch] Nur dann wird Oeſterreich ein Recht haben, dafür
andere zu beſchuldigen und verantwortlich zu machen.

Die „Pravda“ ſagt: Alle bisher in Oeſterreich
begangenen Morde und Attentate haben ſtets eine und
dieſelbe Quelle gehabt. Die unterdrückten Völker der
Monarchie mußten zu dieſer Art des Pro-
teſtes greifen,
weil ihnen kein anderer Weg mög-
lich war. Die Monarchie ſtand und ſteht noch immer
unter einem fürchterlichen polizeilichen Regierungs-
ſyſtem, wonach jeder als Hochverräter bezeichnet wird.
In einem Chaos der Schreckensherrſchaft iſt es natür-
lich und vollkommen begreiflich, daß ſich die Aera der
Attentate eingebürgert hat.

Die „Srpska Zaſtava“ erklärt: Es liegt uns
vollkommen ferne, die abſcheuliche Tat, die von der
ganzen Kulturwelt einmütig verdammt wird, irgendwie
zu rechtfertigen. Aber konventionelle Worte dürfen die
Wahrheit nicht verhüllen. Und dieſe Wahrheit iſt bitter.
Oeſterreich-Ungarn führt ſeit langer Zeit eine Politik,
die nicht nur die Intereſſen des ſerbiſchen Volkes ver-
letzt, ſondern dieſen geradezu zuwiderlauft. Oeſterreich-
Ungarn hat unſerem Vordringen nach dem Süden
Widerſtand geleiſtet, uns zum Rückzug von der adriati-
ſchen Küſte und zur Räumung Skutaris gezwungen. In
Bosnien herrſchen heute wie auch in Kroatien Aus-
nahmsverfügungen, die ſelbſtverſtändlich in erſter
Linie gegen die Serben gerichtet ſind. Das führt zur
Verzweiflung.




Das Befinden des Oberſtleutnants
Merizzi.


Das Befinden des bei dem Bombenattentate ver-
letzten Oberſtleutnants Merizzi iſt ein andauernd
günſtiges,
ſo daß der Patient binnen kurzem das
Garniſonsſpital wird verlaſſen können. Die Meldungen,
die von einer Verſchlimmerung im Befinden des
Offiziers berichteten, ſind unzutreffend.




Der Tiroler Landtag.


Der Landtag erledigte heute die noch unerledigten Gegen-
ſtände (84 Anträge), zumeiſt ohne jede Debatte. Die meiſten
Anträge betrafen Subventiouen für volkswirtſchaftliche Inſtitu-
tionen und Unterrichtsanſtalten ſowie für gemeinnützige Ver-
eine.

Eine längere Debatte entwickelte ſich über den Antrag, für
die Koſten der Erweiterungsbauten der beiden Irrenanſtalten,
die Errichtung einer Gebäranſtalt in Trient und den Ausbau
der Innsbrucker Gebäranſtalt ſowie für Straßenbauten ꝛc. eine
Anleihe bis zehn Millionen Kronen aufzu-
nehmen. Der Antrag wurde ſchließlich zum Beſchluß erhoben.
Betreffend die Regelung der Kolonats- und Grundpachtverhält-
niſſe beſchloß der Landtag, daß weitere Studien und Erhebungen
zu pflegen ſeien. Behufs Einſchränkung der Aus-
wanderung der Hütenkinder
wurden
verſchiedene Maßnahmen beſchloſſen. Ferner wurde ein
Geſetz zum Schutze ſeltener Alpenpflanzen angenommen.
Morgen vormittag findet eine vertrauliche Sitzung wegen Be-
ſchlußfaſſung über die Gehaltserhöhung der Lan-
desbeamten
und ſodann eine öffentliche Sitzung ſtatt, in
welcher das Schulgeſetz zur dritten Leſung gelangen und
das Finanzgeſetz beraten werden wird. — Sodann wird die
Seſſion des Landtages geſchloſſen.




Aus den Wiener Morgenblättern.

Im „Neuen Wiener Tagblatt“ ſchließt Feldmarſchall-
leutnant Franz Rieger eine elegiſche Betrachtung des
ſchrecklichen Ereigniſſes von Sarajevo mit der ſehr
zeitgemäßen Mahnung an alle, die es
angeht:

Aus Haß gegen den Imperialismus, aus Raſſenhaß,
aus Haß gegen die beſtehende Ordnung, gegen die Autorität,
den Beſitz, aus jenem Haß, der der Selbſtſucht ent-
ſpringt, dem Neid, der Mißgunſt, der Trägheit und
Geſinnungsloſigkeit, dem gänzlichen
Mangel an Gottesfurcht und Sittlichkeit

— aus ſolchem Haß iſt jenes ruchloſe Verbrechen begangen
worden, dem das hohe Paar zum Opfer ſiel. Gegen das Fort-
wuchern ſolchen Haſſes muß mit aller Macht ange-
kämpft werden, allerorts, zu jeder Zeit,
ammeiſten bei der Erziehung der Jugend,
in der Familie und in der Schule,
damit ein
kommendes Geſchlecht ganz frei von ſolchem Uebel und, im
Guten ſtark und feſt, zum Kampfe gegen Strebungen und
Irrungen bereit ſei, wie ſie aus gegenwärtigem Parteienhader
und -gezänke emporwuchern.

Es wäre nur lebhaft zu wünſchen, daß dieſer
Mahuruf überall beherzigt werde. Daß er von der
Tribüne eines großen liberalen Organs erhoben wurde,
das ſich ſonſt nicht gerade mit der Erziehung zur
„Gottesfurcht und Sittlichkeit“ abgibt und auch nicht
gerade durch Schwärmerei für eine Jugenderziehung
in dieſem Sinne „in der Familie und in der
Schule“ aufgefallen iſt, macht den Appell nur um ſo
beherzigenswerter. Wir begrüßen es, wenn auch Organe
des Liberalismus endlich einzuſehen beginnen, an welchen
Grundübeln die Geſellſchaft krankt.

Selbſt die „Neue Freie Preſſe“ kritiſiert in ihren
„Eindrücken nach der Trauerfeier“ die eng-
herzigen und kurzſichtigen Ver-
fügungen des Oberſthofmeiſters

deſſen Penſionierung übrigens vom „Neuen Wiener
Journal“ gefordert wird — und meint:

Viel iſt darüber geſprochen worden, daß die Trauerfeierlich-
keiten zu ſchlicht waren, daß zu wenig Prunk entfaltet wurde,
und daß ein ſtärkeres militäriſches Aufgebot nach dem hohen
Range des Erzherzogs in der Armee hätte angeordnet werden
ſollen. Die Beſchränkung war vielleicht mit Rückſicht auf die
kaum wiederhergeſtellte Geſundheit des Kaiſers ein Wunſch der
Aerzte (Es hätte ſich doch gewiß ganz gut die ſelbſtverſtändliche
Schonung der Geſundheit des Monarchen mit einem den Ge-
[Spaltenumbruch] fühlen von Millionen entſprechenderen Arrangement der
Trauerfeier vereinigen laſſen. Nicht um „gcößeren Pomp“, ſon-
dern um die Ermöglichung einer größeren Teilnahme an
der Trauerfeier
handelte es ſich. D. Red.), und gewiß
haben die Hunderttauſende, die geſtern beim Eintreffen der
Leichen des Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von
Hohenberg in dichten Reihen die Straßen ſäumten, das Andenken
des verſtorbenen Thronfolgers mehr geehrt, als dies durch
größeren Pomp hätte geſchehen können. Die Ausſchließung der
fürſtlichen Gäſte, die das Bedürfnis hatten, in Wien an der
Trauerfeierlichkeit teilzunehmen, war jedoch ein Fehler. Die
Anweſenheit des deutſchen Kaiſers, mehrerer Könige und der
Prinzen aus den meiſten Ländern von Europa hätte ſinnfällig
gezeigt, was der Mord von Sarajevo nicht bloß für uns,
ſondern auch für andere Völker bedeutet. Durch die
Vereinigung der mächtigen Perſönlichkeiten, die einen ſo maß-
gebenden Einfluß auf die Politik des zwanzigſten Jahrhunderts
haben, wäre anſchaulich geworden, daß über alle Streitigkeiten
hinweg ein Gemeinſames die Staaten verbindet.
Was iſt das Verbrechen von Sarajevo? Die Wirkung einer
Politik, die glaubt, ſich in amtliche Verantwortlichkeit und in
nichtamtliche Unverantwortlichkeit ſpalten zu können.

Die „Oeſterreich. Volksztg.“ lenkt die Aufmerkſam-
keit auf die Umſtände, die das ſchreck-
liche Attentat ermöglicht
haben:

Wie es möglich war, daß die zum Sicherheits-
dienſte berufenen Behörden,
die bei Anweſenheit
eines ſo außerordentlichen Gaſtes zu doppelter Wachſamkeit
verpflichtet waren, ganz ahnungslos daſtanden,
daß die Vorkehrungen ſo kläglich mangelhaft waren,
das muß als eine Unbegreiflichkeit erſcheinen. Wahr-
lich, wenn die große Oeffentlichkeit nachträglich auf
den Ton aufmerſam gemacht wird, den das radikale
Serbentum in unſeren Grenzlanden angeſchlagen, dann muß
man ſich um ſo verwunderter fragen, wie es denn komme,
daß die Verantwortlichen aus ſolchen Aeuße-
rungen nicht bereits die Leidenſchaft heraushörten, die zur Pro-
paganda der Tat drängte und ſchließlich zu der Greueltat von
Sarajevo entartete ... Sicher aber iſt es, daß eine gewaltige
Verſchwörung ſich den Erzherzog zum Opfer erkoren hat, und
faſt ſo gut wie ſicher, daß die Verſchwornen
ihren Sitz in Belgrad
hatten, von da mit Geld und
mit den Mordinſtrumenten verſehen wurden. Wenigſtens hat die
Unterſuchung jetzt bereits Ergebniſſe gezeigt, die berechtigen,
die Kommandanten der Verſchwörung in höheren, der Staats-
verwaltung nicht allzu fernen Kreiſen des Königreichs Serbien
zu ſuchen.




Vom Warenmarkte.
Börſe für landwirtſchaftliche Produkte.


(Eigenbericht.) Die amerikaniſchen Getreidemärkte
waren matt auf Realiſationen. Der Budapeſter Markt eröffnete
heute in etwas feſterer Haltung. An der hieſigen Wochenbörſe
iſt der Verkehr wohl ein lebhafterer, jedoch geſtalten ſich die
Umſätze gering. Weizen ſtellt ſich von 10 bis 15, Roggen von
15 bis 20 Heller billiger gegen Vorwoche. Mais iſt unverändert
und Hafer preishaltend.

Budapeſt. (Kurſe um ½12 Uhr.) Oktoberweizen 13.09,
Aprilweizen 12.89, Oktoberroggen 9.33, Oktoberhafer 7.80, Mais
pro Juli 1914 7.39.




Wiener Effektenbörſe.


(Eigenbericht.) Zufolge des Friedensſchluſſes zwiſchen
Amerika und Mexiko, ſowie der höheren Notierungen verkehrt die
heutige Vorbörſein freundlicher Haltung und fanden auf einzelnen
Gebieten Rück- und Deckungskäufe ſtatt, wozu auch die
Meldungen über günſtige Ernteausſichten beigetragen haben.
Lebhafter geſtaltete ſich das Geſchäft in Eiſenwerten, Skoda-
aktien und türkiſchen Werten. Orientbahnen ſtiegen um
12 Kronen, Türkenloſe um 6 und Tabak um 3½ Kronen.
Alpineaktien gewannen 7 Kronen, Skodaaktien 6½ Kronen.
Die feſte Tendenz hielt ungeſtört bis zum Ende der Vorbörſe an.

Es notierten: Kreditaktien 594.10 bis 595.75, Ungariſche
Kreditbank 770.— bis —.—, Bodenkredit —.— bis —.—,
Unionbank 565.— bis 566.75, Länderbank 474.25 bis 474.75,
Anglobank 327.25 bis —.—, Bankverein 503.— bis —.—,
Ungariſche Hypothekenbank —.— bis —.—, Ungariſche Handels-
geſellſchaft 469.50 bis 473.—, Nied. Eskomptegeſellſchaft —.—,
Allg. Verkehrsbank 360.75.

Staatsbahn 672.— bis 674.—, Lombarden 79.— bis 79.50,
Dampfſchiff 1113.— bis 1115.—, Tabakaktien 460.60 bis 407,50.
Türkenloſe 208.75 bis 211.—, Lloydaktien 545.— bis —.—,
Orientbahnen 884.— bis 887.—, Kahlenbergbahn 77.—.

Alpine 786.50 bis 792.50, Rima-Muranyer 604.— bis
607.50 Waffenfabrik —.—, bis —.—, Prager Eiſen 2456.—
bis 2464.—, Galiziſche Karpathen 878.— bis —.—, Mairente
80.80 bis —.—, Oeſterreichiſche Kronenrente 81.40 bis —.—,
Ung. Goldrente 96.20, Ung. Kronenrente 79.50 bis —.—,
Ruſſen —.—, Südbahnprioritäten 237.50 bis 238.25, Skoda-
aktien 673.— bis 678.—, Berg- und Hüttenwerke 1190.— bis
—.—. Poldihütte 615.— bis 618.—, Perlmooſerzement 421.—
bis —.—, Königshofer Zement —.—, Allg. Baugeſellſchaft
—.— bis —.—, Danek Maſchinen 395.—, Brünner Maſchinen
526.—, Siemens und Schuckert 264.— bis —.—, Waagner
Brückenbau 329.50, Broſche Spiritus —.—, Böhmiſcher Zucker
288.—, Salgo Kohle 666.—, Trifailer Kohle 276.50 bis 277.50,
Brüxer Kohle 849.—, Union Elektriſche 539.50, Kolben
Elektriſche 503.—, Vereinigte Elektriſche 212.50, Ungariſche
Elektriſche 551.50.

Um 11 Uhr blieben: Oeſterreichiſche Kredit 595.25,
Ungariſche Kredit 770.—, Anglobank 327.25, Bankverein
503.—, Unionbank 566.—, Länderbank 474.75, Staatsbahn 673.50,
Lombarden 70.50, Alpine 791.50, Skoda 678.—, Türkenloſe
209.—, Reichsmark 117.81.




Tagesbericht.
* Verleihungen.

Der Kaiſer hat dem Direktor der Finanz-
landeskaſſe in Innsbruck Silvius Dejaco das Ritterkreuz
des Franz-Joſefordens, dem praktiſchen Arzte Dr. Johann
Schillinger in Wien den Titel eines Medizinalrates, dem
Baumeiſter Karl Walter in Teplitz den Titel eines kaiſer-
lichen Rates verliehen.

* Ernennungen.

Der Handelsminiſter hat den Poſtamts-
Vizedirektor Anton Nikodemowicz in Krakau zum Poſt-
amtsdirektor ernannt. Der Ackerbauminiſter hat im Stande der
Wirtſchaftsbeamten des Staatsgeſtütes in Radautz die Wirt-
ſchaftseleven Eugen Motresku und Guſtav Neunteufel
zu Wirtſchaftsbereitern und im Stande der Buchhaltungs-
beamten dieſes Geſtütes den Rechnungspraktikanten Kajetan
Kajetanowicz zum Rechnungsaſſiſtenten ernannt. Der
Miniſter für öffentliche Arbeiten hat den Vertragsbeamten
Dr. Karl Saueracker zum Miniſterialkonzipiſten im Mini-
ſterium für öffentliche Arbeiten ernannt. Der Miniſter des
[Spaltenumbruch] Innern hat den Rechnungsrat Alois Matuſchka zum Ober-
rechnungsrate im Rechnungsdepartement der Statthalterei in
Brünn ernannt. Der Leiter des Finanzminiſteriums hat den
Finanzkommiſſär Dr. Joſef Hladky zum Miniſterial-
vizeſekretär im Finanzminiſterium ernannt.

* Aus dem Anditoriate.

Der Kaiſer hat ernannt: den
Oberſtauditor Anton Gonauer, Juſtizreferenten des Hafen-
admiralates in Pola, zum Leiter des Admiralsgerichtes in Pola;
den Oberſtleutnantauditor Maximilian Neumayer zum
Juſtizreferenten und Militäranwalt des Hafenadmirals in
Pola und den Majorauditor Leonhard Tanzer zum Militär-
anwalt des Marinekommandanten.

* Veränderungen im Kouſularkanzleidienſte.

Der Mi-
niſter des Aeußern hat im Konſularkanzleidienſte ernannt: Zum
Kanzleidirektor den Kanzleirat Viktor Rottauſcher von
Malata. Zum Kanzleirat den Kanzleiſekretär Ludwig
Matitſch. Zu Kanzleiſekretären die Offiziale Johann Gom-
baszky,
Ferdinand Manchen, Anton Chlopecki,
Franz Szuber und Joſef Kapatos. Zu Offizialen die
Honorarbeamten Peter Monteforte, Martin Dietrich,
Adolf Schneider, Franz Miklavic, Theodor Weiler,
Robert Raroſſy, Egizio Fortunat, Jakob Schefbeck,
Georg Wagner, Max Kos, Rudolf Kremnitzky, Joſef
Kubisz, Joſef Matlas, Peter Geng, Emil Geltſch,
Franz Pribyl, Wladimir Koziuk, Joſef Cikanek,
Günther Freiherrn v. Geuſau und Julius Takacs.

* Todesfall.

In Tulbing iſt am 2. d. Herr Franz
Poriska, k. k. Landesgerichtsrat, Obmann des Vereines
„Rudolfinerburſe“ uſw. geſtorben. Das Leichenbegängnis wird
Sonntag den 5. d. ſtattfinden. Um ½4 Uhr nachmittags wird
die Leiche in der Pfarrkirche in Tulbing (Bahnſtation Langen-
lebarn) feierlich eingeſegnet und ſodann auf dem Ortsfriedhofe
zur Ruhe beſtattet. — Der Vorſteher war A. H. der katholiſch-
deutſchen Verbindung „Rudolfina“, um die er ſich große
Verdienſte erworben hatte.

* Karl Fürſt Paar.

Am 7. d. feiert in Kardas
Recic ein hervorragendes Mitglied des Adels, der Sohn
des Fürſten Paar und der Ida geb. Prinzeſſin Lichten-
ſtein Karl Fürſt Paar im engſten Familienkreiſe ſeinen
80. Geburtstag. Karl Fürſt Paar, Freiherr auf Hart-
berg und Krottenſtein iſt Oberſthof- und General-
Erblandpoſtmeiſter, erbliches Mitglied des Herrenhauſes,
Geheimer Rat und Kämmerer, Ritter des Ordens vom
Goldenen Vließ uſw.

* Viktor Schmidt †.

Nach langem Krankenlager
iſt der Seniorchef Viktor Schmidt der bekannten Firma
Viktor Schmidt & Söhne in Wien, im Sanatorium
Weiſer-Hirſch in Dresden geſtorben. Seine langjährige
erſprießliche Tätigkeit in der Firma Viktor Schmidt
& Söhne, hat dieſelbe zu jener Höhe gebracht, welche
dieſes Haus in der Zucker- und Schokoladenwaren-
branche einnimmt. Die einſchneidenden Reformen, welche
der Verewigte geſchaffen hat, kamen nicht nur ſeinem
Welthauſe, ſondern auch dem Vereine der Zucker- und
Schokoladenwarenbranche, deren langjähriger Präſident
der Verblichene war, in hohem Maße zugute. Herr
Viktor Schmidt, welcher der älteſte Sohn des Gründers
der Firma Viktor Schmidt & Söhne war, hat ſich im
Jahre 1905 ins Privatleben zurückgezogen.

* Das Beileid des Kaiſers an die Witwe des Armee-
inſpektors FZM. Freiherr von Leithner.

Der Witwe des
Armeeinſpektors FZM. Ernſt Freiherrn von Leithner,
Luiſe Freiin von Leithner, iſt nachſtehende Depeſche des
Generaladjutanten G. d. K. Grafen Paar zugekommen:
„Se. Majeſtät vernahmen mit aufrichtigſtem Bedauern das
Ableben Sr. Exzellenz des Armeeinſpektors FZM. Ernſt
Freiherrn von Leithner, Eurer Exzellenz nunmehr ver-
ewigten Gemahls, und geruhen Eure Exzellenz Aller-
höchſtihres wärmſt empfundenen innigſten Beileides an
dieſem ſchweren Verluſte zu verſichern. Der vielfachen
Verdienſte,
der langjährigen, mehrmals Allerhöchſt
ausgezeichneten und insbeſondere auf fortifikatori-
ſchem
und militärtechniſchem Gebiete her-
vorragenden Betätigung
des Dahingeſchiedenen
gedenken Se. Majeſtät auch jetzt mit dankbarer Er-
innerung
und werden Allerhöchdieſelben dem Ver-
blichenen ſtets eine ehrende Erinnerung treu be-
wahren. Im Allerhöchſten Auftrage: G. d. K. Graf
Paar.“ — Beim Leichenbegängnis wird ſich der Kaiſer
durch Herrn Erzherzog Friedrich vertreten laſſen.

* Todesfall.

Im Stift Zwettl ſtarb Freitag
abends Subprior P. Bernhard Semler. Das Be-
gräbnis findet am 6. d. ½10 Uhr ſtatt.

* Die Sterbe-Gedächtnisandachten für Kaiſer
Ferdinand

I. Wie die heutige „Wiener-Zeitung“ meldet,
werden die Sterbe Gedächtnisandachten für
Kaiſer Ferdinand I., und zwar die Vigilien am Diens-
tag den 7. Juli um 5 Uhr nachmittags und das Seelen-
amt am Mittwoch den 8. Juli um 11 Uhr vormittags in
der Hofburg-Pfarrkirche im Stillen abgehalten werden.

* Plötzlicher Tod.

Aus Horn, 3. d., wird
uns geſchrieben: Heute fand in der Piariſtenkirche ein
feierlicher Trauergottesdienſt für das Thronfolgerpaar
ſtatt, zu welchem alle Behörden erſchienen waren. Ein
angeſehener Bürger, Kaufmann Auguſt Kirchner,
ging nach dem Gottesdienſte in ſeine nahe Wohnung,
wo er einem Schlaganfalle erlegen iſt. Die Trauer um
den beliebten Mann iſt allgemein.

* Revolverattentat eines früheren Gaſtwirtes.

Im
Prater hat geſtern abend die Tat eines früheren wohl-
habenden Gaſtwirtes Aufſehen erregt. Sie ſpielte ſich im
Gaſthauſe der Frau Marie Holansky im Prater,
Obermüllnerſtraße Nr. 1, ab. Frau Holanski hatte vor
einiger Zeit zu dem 37jährigen Gaſtwirt Joſef Uhlig,
der unverheiratet iſt, Beziehungen unterhalten, die zu einer
Ehe führen ſollten. Das Verhältnis hatte aber keine
Dauer, da Uhlig nichts weniger als wirtſchaftlich war und
ſein Geſchäft immer mehr herabbrachte. Schließlich mußte
er das Gaſthaus aufgeben. Die Holansky wollte wohl den
Mann auf beſſere Wege bringen, doch ihre Mühe war
fruchtlos und Uhlig ſank immer mehr. Schließlich er-
kalteten die Beziehungen. Uhlig war ungemein eiferſüchtig.
Seine materielle Lage verſchlechterte ſich zuſehends und zu-
letzt war Uhlig unterſtandslos. Geſtern abend kam er nun
nach ¼11 Uhr in das Gaſthaus der Frau Holansky und traf
ſeine frühere Braut an. Er ſchien etwas angeheitert; aber
nichts in ſeinem Weſen ließ ſchließen, daß er eine Gewalt-
tat plane. Ruhig und ohne Aufregung, aber etwas müh-
ſam, ſprach er mit Frau Holansky. Plötzlich zog er einen

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[3/0003] Nr. 309 Wien, Samstag Reichspoſt 4. Juli 1914 Nur dann wird Oeſterreich ein Recht haben, dafür andere zu beſchuldigen und verantwortlich zu machen. Die „Pravda“ ſagt: Alle bisher in Oeſterreich begangenen Morde und Attentate haben ſtets eine und dieſelbe Quelle gehabt. Die unterdrückten Völker der Monarchie mußten zu dieſer Art des Pro- teſtes greifen, weil ihnen kein anderer Weg mög- lich war. Die Monarchie ſtand und ſteht noch immer unter einem fürchterlichen polizeilichen Regierungs- ſyſtem, wonach jeder als Hochverräter bezeichnet wird. In einem Chaos der Schreckensherrſchaft iſt es natür- lich und vollkommen begreiflich, daß ſich die Aera der Attentate eingebürgert hat. Die „Srpska Zaſtava“ erklärt: Es liegt uns vollkommen ferne, die abſcheuliche Tat, die von der ganzen Kulturwelt einmütig verdammt wird, irgendwie zu rechtfertigen. Aber konventionelle Worte dürfen die Wahrheit nicht verhüllen. Und dieſe Wahrheit iſt bitter. Oeſterreich-Ungarn führt ſeit langer Zeit eine Politik, die nicht nur die Intereſſen des ſerbiſchen Volkes ver- letzt, ſondern dieſen geradezu zuwiderlauft. Oeſterreich- Ungarn hat unſerem Vordringen nach dem Süden Widerſtand geleiſtet, uns zum Rückzug von der adriati- ſchen Küſte und zur Räumung Skutaris gezwungen. In Bosnien herrſchen heute wie auch in Kroatien Aus- nahmsverfügungen, die ſelbſtverſtändlich in erſter Linie gegen die Serben gerichtet ſind. Das führt zur Verzweiflung. Das Befinden des Oberſtleutnants Merizzi. Sarajevo, 4. Juli. (Privat.) Das Befinden des bei dem Bombenattentate ver- letzten Oberſtleutnants Merizzi iſt ein andauernd günſtiges, ſo daß der Patient binnen kurzem das Garniſonsſpital wird verlaſſen können. Die Meldungen, die von einer Verſchlimmerung im Befinden des Offiziers berichteten, ſind unzutreffend. Der Tiroler Landtag. Innsbruck, 3. Juli. Der Landtag erledigte heute die noch unerledigten Gegen- ſtände (84 Anträge), zumeiſt ohne jede Debatte. Die meiſten Anträge betrafen Subventiouen für volkswirtſchaftliche Inſtitu- tionen und Unterrichtsanſtalten ſowie für gemeinnützige Ver- eine. Eine längere Debatte entwickelte ſich über den Antrag, für die Koſten der Erweiterungsbauten der beiden Irrenanſtalten, die Errichtung einer Gebäranſtalt in Trient und den Ausbau der Innsbrucker Gebäranſtalt ſowie für Straßenbauten ꝛc. eine Anleihe bis zehn Millionen Kronen aufzu- nehmen. Der Antrag wurde ſchließlich zum Beſchluß erhoben. Betreffend die Regelung der Kolonats- und Grundpachtverhält- niſſe beſchloß der Landtag, daß weitere Studien und Erhebungen zu pflegen ſeien. Behufs Einſchränkung der Aus- wanderung der Hütenkinder wurden verſchiedene Maßnahmen beſchloſſen. Ferner wurde ein Geſetz zum Schutze ſeltener Alpenpflanzen angenommen. Morgen vormittag findet eine vertrauliche Sitzung wegen Be- ſchlußfaſſung über die Gehaltserhöhung der Lan- desbeamten und ſodann eine öffentliche Sitzung ſtatt, in welcher das Schulgeſetz zur dritten Leſung gelangen und das Finanzgeſetz beraten werden wird. — Sodann wird die Seſſion des Landtages geſchloſſen. Aus den Wiener Morgenblättern. Im „Neuen Wiener Tagblatt“ ſchließt Feldmarſchall- leutnant Franz Rieger eine elegiſche Betrachtung des ſchrecklichen Ereigniſſes von Sarajevo mit der ſehr zeitgemäßen Mahnung an alle, die es angeht: Aus Haß gegen den Imperialismus, aus Raſſenhaß, aus Haß gegen die beſtehende Ordnung, gegen die Autorität, den Beſitz, aus jenem Haß, der der Selbſtſucht ent- ſpringt, dem Neid, der Mißgunſt, der Trägheit und Geſinnungsloſigkeit, dem gänzlichen Mangel an Gottesfurcht und Sittlichkeit — aus ſolchem Haß iſt jenes ruchloſe Verbrechen begangen worden, dem das hohe Paar zum Opfer ſiel. Gegen das Fort- wuchern ſolchen Haſſes muß mit aller Macht ange- kämpft werden, allerorts, zu jeder Zeit, ammeiſten bei der Erziehung der Jugend, in der Familie und in der Schule, damit ein kommendes Geſchlecht ganz frei von ſolchem Uebel und, im Guten ſtark und feſt, zum Kampfe gegen Strebungen und Irrungen bereit ſei, wie ſie aus gegenwärtigem Parteienhader und -gezänke emporwuchern. Es wäre nur lebhaft zu wünſchen, daß dieſer Mahuruf überall beherzigt werde. Daß er von der Tribüne eines großen liberalen Organs erhoben wurde, das ſich ſonſt nicht gerade mit der Erziehung zur „Gottesfurcht und Sittlichkeit“ abgibt und auch nicht gerade durch Schwärmerei für eine Jugenderziehung in dieſem Sinne „in der Familie und in der Schule“ aufgefallen iſt, macht den Appell nur um ſo beherzigenswerter. Wir begrüßen es, wenn auch Organe des Liberalismus endlich einzuſehen beginnen, an welchen Grundübeln die Geſellſchaft krankt. Selbſt die „Neue Freie Preſſe“ kritiſiert in ihren „Eindrücken nach der Trauerfeier“ die eng- herzigen und kurzſichtigen Ver- fügungen des Oberſthofmeiſters — deſſen Penſionierung übrigens vom „Neuen Wiener Journal“ gefordert wird — und meint: Viel iſt darüber geſprochen worden, daß die Trauerfeierlich- keiten zu ſchlicht waren, daß zu wenig Prunk entfaltet wurde, und daß ein ſtärkeres militäriſches Aufgebot nach dem hohen Range des Erzherzogs in der Armee hätte angeordnet werden ſollen. Die Beſchränkung war vielleicht mit Rückſicht auf die kaum wiederhergeſtellte Geſundheit des Kaiſers ein Wunſch der Aerzte (Es hätte ſich doch gewiß ganz gut die ſelbſtverſtändliche Schonung der Geſundheit des Monarchen mit einem den Ge- fühlen von Millionen entſprechenderen Arrangement der Trauerfeier vereinigen laſſen. Nicht um „gcößeren Pomp“, ſon- dern um die Ermöglichung einer größeren Teilnahme an der Trauerfeier handelte es ſich. D. Red.), und gewiß haben die Hunderttauſende, die geſtern beim Eintreffen der Leichen des Erzherzogs Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg in dichten Reihen die Straßen ſäumten, das Andenken des verſtorbenen Thronfolgers mehr geehrt, als dies durch größeren Pomp hätte geſchehen können. Die Ausſchließung der fürſtlichen Gäſte, die das Bedürfnis hatten, in Wien an der Trauerfeierlichkeit teilzunehmen, war jedoch ein Fehler. Die Anweſenheit des deutſchen Kaiſers, mehrerer Könige und der Prinzen aus den meiſten Ländern von Europa hätte ſinnfällig gezeigt, was der Mord von Sarajevo nicht bloß für uns, ſondern auch für andere Völker bedeutet. Durch die Vereinigung der mächtigen Perſönlichkeiten, die einen ſo maß- gebenden Einfluß auf die Politik des zwanzigſten Jahrhunderts haben, wäre anſchaulich geworden, daß über alle Streitigkeiten hinweg ein Gemeinſames die Staaten verbindet. Was iſt das Verbrechen von Sarajevo? Die Wirkung einer Politik, die glaubt, ſich in amtliche Verantwortlichkeit und in nichtamtliche Unverantwortlichkeit ſpalten zu können. Die „Oeſterreich. Volksztg.“ lenkt die Aufmerkſam- keit auf die Umſtände, die das ſchreck- liche Attentat ermöglicht haben: Wie es möglich war, daß die zum Sicherheits- dienſte berufenen Behörden, die bei Anweſenheit eines ſo außerordentlichen Gaſtes zu doppelter Wachſamkeit verpflichtet waren, ganz ahnungslos daſtanden, daß die Vorkehrungen ſo kläglich mangelhaft waren, das muß als eine Unbegreiflichkeit erſcheinen. Wahr- lich, wenn die große Oeffentlichkeit nachträglich auf den Ton aufmerſam gemacht wird, den das radikale Serbentum in unſeren Grenzlanden angeſchlagen, dann muß man ſich um ſo verwunderter fragen, wie es denn komme, daß die Verantwortlichen aus ſolchen Aeuße- rungen nicht bereits die Leidenſchaft heraushörten, die zur Pro- paganda der Tat drängte und ſchließlich zu der Greueltat von Sarajevo entartete ... Sicher aber iſt es, daß eine gewaltige Verſchwörung ſich den Erzherzog zum Opfer erkoren hat, und faſt ſo gut wie ſicher, daß die Verſchwornen ihren Sitz in Belgrad hatten, von da mit Geld und mit den Mordinſtrumenten verſehen wurden. Wenigſtens hat die Unterſuchung jetzt bereits Ergebniſſe gezeigt, die berechtigen, die Kommandanten der Verſchwörung in höheren, der Staats- verwaltung nicht allzu fernen Kreiſen des Königreichs Serbien zu ſuchen. Vom Warenmarkte. Börſe für landwirtſchaftliche Produkte. Wien, 4. Juli. (Eigenbericht.) Die amerikaniſchen Getreidemärkte waren matt auf Realiſationen. Der Budapeſter Markt eröffnete heute in etwas feſterer Haltung. An der hieſigen Wochenbörſe iſt der Verkehr wohl ein lebhafterer, jedoch geſtalten ſich die Umſätze gering. Weizen ſtellt ſich von 10 bis 15, Roggen von 15 bis 20 Heller billiger gegen Vorwoche. Mais iſt unverändert und Hafer preishaltend. Budapeſt. (Kurſe um ½12 Uhr.) Oktoberweizen 13.09, Aprilweizen 12.89, Oktoberroggen 9.33, Oktoberhafer 7.80, Mais pro Juli 1914 7.39. Wiener Effektenbörſe. Wien, am 4. Juli. (Eigenbericht.) Zufolge des Friedensſchluſſes zwiſchen Amerika und Mexiko, ſowie der höheren Notierungen verkehrt die heutige Vorbörſein freundlicher Haltung und fanden auf einzelnen Gebieten Rück- und Deckungskäufe ſtatt, wozu auch die Meldungen über günſtige Ernteausſichten beigetragen haben. Lebhafter geſtaltete ſich das Geſchäft in Eiſenwerten, Skoda- aktien und türkiſchen Werten. Orientbahnen ſtiegen um 12 Kronen, Türkenloſe um 6 und Tabak um 3½ Kronen. Alpineaktien gewannen 7 Kronen, Skodaaktien 6½ Kronen. Die feſte Tendenz hielt ungeſtört bis zum Ende der Vorbörſe an. Es notierten: Kreditaktien 594.10 bis 595.75, Ungariſche Kreditbank 770.— bis —.—, Bodenkredit —.— bis —.—, Unionbank 565.— bis 566.75, Länderbank 474.25 bis 474.75, Anglobank 327.25 bis —.—, Bankverein 503.— bis —.—, Ungariſche Hypothekenbank —.— bis —.—, Ungariſche Handels- geſellſchaft 469.50 bis 473.—, Nied. Eskomptegeſellſchaft —.—, Allg. Verkehrsbank 360.75. Staatsbahn 672.— bis 674.—, Lombarden 79.— bis 79.50, Dampfſchiff 1113.— bis 1115.—, Tabakaktien 460.60 bis 407,50. Türkenloſe 208.75 bis 211.—, Lloydaktien 545.— bis —.—, Orientbahnen 884.— bis 887.—, Kahlenbergbahn 77.—. Alpine 786.50 bis 792.50, Rima-Muranyer 604.— bis 607.50 Waffenfabrik —.—, bis —.—, Prager Eiſen 2456.— bis 2464.—, Galiziſche Karpathen 878.— bis —.—, Mairente 80.80 bis —.—, Oeſterreichiſche Kronenrente 81.40 bis —.—, Ung. Goldrente 96.20, Ung. Kronenrente 79.50 bis —.—, Ruſſen —.—, Südbahnprioritäten 237.50 bis 238.25, Skoda- aktien 673.— bis 678.—, Berg- und Hüttenwerke 1190.— bis —.—. Poldihütte 615.— bis 618.—, Perlmooſerzement 421.— bis —.—, Königshofer Zement —.—, Allg. Baugeſellſchaft —.— bis —.—, Danek Maſchinen 395.—, Brünner Maſchinen 526.—, Siemens und Schuckert 264.— bis —.—, Waagner Brückenbau 329.50, Broſche Spiritus —.—, Böhmiſcher Zucker 288.—, Salgo Kohle 666.—, Trifailer Kohle 276.50 bis 277.50, Brüxer Kohle 849.—, Union Elektriſche 539.50, Kolben Elektriſche 503.—, Vereinigte Elektriſche 212.50, Ungariſche Elektriſche 551.50. Um 11 Uhr blieben: Oeſterreichiſche Kredit 595.25, Ungariſche Kredit 770.—, Anglobank 327.25, Bankverein 503.—, Unionbank 566.—, Länderbank 474.75, Staatsbahn 673.50, Lombarden 70.50, Alpine 791.50, Skoda 678.—, Türkenloſe 209.—, Reichsmark 117.81. Tagesbericht. * Verleihungen. Der Kaiſer hat dem Direktor der Finanz- landeskaſſe in Innsbruck Silvius Dejaco das Ritterkreuz des Franz-Joſefordens, dem praktiſchen Arzte Dr. Johann Schillinger in Wien den Titel eines Medizinalrates, dem Baumeiſter Karl Walter in Teplitz den Titel eines kaiſer- lichen Rates verliehen. * Ernennungen. Der Handelsminiſter hat den Poſtamts- Vizedirektor Anton Nikodemowicz in Krakau zum Poſt- amtsdirektor ernannt. Der Ackerbauminiſter hat im Stande der Wirtſchaftsbeamten des Staatsgeſtütes in Radautz die Wirt- ſchaftseleven Eugen Motresku und Guſtav Neunteufel zu Wirtſchaftsbereitern und im Stande der Buchhaltungs- beamten dieſes Geſtütes den Rechnungspraktikanten Kajetan Kajetanowicz zum Rechnungsaſſiſtenten ernannt. Der Miniſter für öffentliche Arbeiten hat den Vertragsbeamten Dr. Karl Saueracker zum Miniſterialkonzipiſten im Mini- ſterium für öffentliche Arbeiten ernannt. Der Miniſter des Innern hat den Rechnungsrat Alois Matuſchka zum Ober- rechnungsrate im Rechnungsdepartement der Statthalterei in Brünn ernannt. Der Leiter des Finanzminiſteriums hat den Finanzkommiſſär Dr. Joſef Hladky zum Miniſterial- vizeſekretär im Finanzminiſterium ernannt. * Aus dem Anditoriate. Der Kaiſer hat ernannt: den Oberſtauditor Anton Gonauer, Juſtizreferenten des Hafen- admiralates in Pola, zum Leiter des Admiralsgerichtes in Pola; den Oberſtleutnantauditor Maximilian Neumayer zum Juſtizreferenten und Militäranwalt des Hafenadmirals in Pola und den Majorauditor Leonhard Tanzer zum Militär- anwalt des Marinekommandanten. * Veränderungen im Kouſularkanzleidienſte. Der Mi- niſter des Aeußern hat im Konſularkanzleidienſte ernannt: Zum Kanzleidirektor den Kanzleirat Viktor Rottauſcher von Malata. Zum Kanzleirat den Kanzleiſekretär Ludwig Matitſch. Zu Kanzleiſekretären die Offiziale Johann Gom- baszky, Ferdinand Manchen, Anton Chlopecki, Franz Szuber und Joſef Kapatos. Zu Offizialen die Honorarbeamten Peter Monteforte, Martin Dietrich, Adolf Schneider, Franz Miklavic, Theodor Weiler, Robert Raroſſy, Egizio Fortunat, Jakob Schefbeck, Georg Wagner, Max Kos, Rudolf Kremnitzky, Joſef Kubisz, Joſef Matlas, Peter Geng, Emil Geltſch, Franz Pribyl, Wladimir Koziuk, Joſef Cikanek, Günther Freiherrn v. Geuſau und Julius Takacs. * Todesfall. In Tulbing iſt am 2. d. Herr Franz Poriska, k. k. Landesgerichtsrat, Obmann des Vereines „Rudolfinerburſe“ uſw. geſtorben. Das Leichenbegängnis wird Sonntag den 5. d. ſtattfinden. Um ½4 Uhr nachmittags wird die Leiche in der Pfarrkirche in Tulbing (Bahnſtation Langen- lebarn) feierlich eingeſegnet und ſodann auf dem Ortsfriedhofe zur Ruhe beſtattet. — Der Vorſteher war A. H. der katholiſch- deutſchen Verbindung „Rudolfina“, um die er ſich große Verdienſte erworben hatte. * Karl Fürſt Paar. Am 7. d. feiert in Kardas Recic ein hervorragendes Mitglied des Adels, der Sohn des Fürſten Paar und der Ida geb. Prinzeſſin Lichten- ſtein Karl Fürſt Paar im engſten Familienkreiſe ſeinen 80. Geburtstag. Karl Fürſt Paar, Freiherr auf Hart- berg und Krottenſtein iſt Oberſthof- und General- Erblandpoſtmeiſter, erbliches Mitglied des Herrenhauſes, Geheimer Rat und Kämmerer, Ritter des Ordens vom Goldenen Vließ uſw. * Viktor Schmidt †. Nach langem Krankenlager iſt der Seniorchef Viktor Schmidt der bekannten Firma Viktor Schmidt & Söhne in Wien, im Sanatorium Weiſer-Hirſch in Dresden geſtorben. Seine langjährige erſprießliche Tätigkeit in der Firma Viktor Schmidt & Söhne, hat dieſelbe zu jener Höhe gebracht, welche dieſes Haus in der Zucker- und Schokoladenwaren- branche einnimmt. Die einſchneidenden Reformen, welche der Verewigte geſchaffen hat, kamen nicht nur ſeinem Welthauſe, ſondern auch dem Vereine der Zucker- und Schokoladenwarenbranche, deren langjähriger Präſident der Verblichene war, in hohem Maße zugute. Herr Viktor Schmidt, welcher der älteſte Sohn des Gründers der Firma Viktor Schmidt & Söhne war, hat ſich im Jahre 1905 ins Privatleben zurückgezogen. * Das Beileid des Kaiſers an die Witwe des Armee- inſpektors FZM. Freiherr von Leithner. Der Witwe des Armeeinſpektors FZM. Ernſt Freiherrn von Leithner, Luiſe Freiin von Leithner, iſt nachſtehende Depeſche des Generaladjutanten G. d. K. Grafen Paar zugekommen: „Se. Majeſtät vernahmen mit aufrichtigſtem Bedauern das Ableben Sr. Exzellenz des Armeeinſpektors FZM. Ernſt Freiherrn von Leithner, Eurer Exzellenz nunmehr ver- ewigten Gemahls, und geruhen Eure Exzellenz Aller- höchſtihres wärmſt empfundenen innigſten Beileides an dieſem ſchweren Verluſte zu verſichern. Der vielfachen Verdienſte, der langjährigen, mehrmals Allerhöchſt ausgezeichneten und insbeſondere auf fortifikatori- ſchem und militärtechniſchem Gebiete her- vorragenden Betätigung des Dahingeſchiedenen gedenken Se. Majeſtät auch jetzt mit dankbarer Er- innerung und werden Allerhöchdieſelben dem Ver- blichenen ſtets eine ehrende Erinnerung treu be- wahren. Im Allerhöchſten Auftrage: G. d. K. Graf Paar.“ — Beim Leichenbegängnis wird ſich der Kaiſer durch Herrn Erzherzog Friedrich vertreten laſſen. * Todesfall. Im Stift Zwettl ſtarb Freitag abends Subprior P. Bernhard Semler. Das Be- gräbnis findet am 6. d. ½10 Uhr ſtatt. * Die Sterbe-Gedächtnisandachten für Kaiſer Ferdinand I. Wie die heutige „Wiener-Zeitung“ meldet, werden die Sterbe Gedächtnisandachten für Kaiſer Ferdinand I., und zwar die Vigilien am Diens- tag den 7. Juli um 5 Uhr nachmittags und das Seelen- amt am Mittwoch den 8. Juli um 11 Uhr vormittags in der Hofburg-Pfarrkirche im Stillen abgehalten werden. * Plötzlicher Tod. Aus Horn, 3. d., wird uns geſchrieben: Heute fand in der Piariſtenkirche ein feierlicher Trauergottesdienſt für das Thronfolgerpaar ſtatt, zu welchem alle Behörden erſchienen waren. Ein angeſehener Bürger, Kaufmann Auguſt Kirchner, ging nach dem Gottesdienſte in ſeine nahe Wohnung, wo er einem Schlaganfalle erlegen iſt. Die Trauer um den beliebten Mann iſt allgemein. * Revolverattentat eines früheren Gaſtwirtes. Im Prater hat geſtern abend die Tat eines früheren wohl- habenden Gaſtwirtes Aufſehen erregt. Sie ſpielte ſich im Gaſthauſe der Frau Marie Holansky im Prater, Obermüllnerſtraße Nr. 1, ab. Frau Holanski hatte vor einiger Zeit zu dem 37jährigen Gaſtwirt Joſef Uhlig, der unverheiratet iſt, Beziehungen unterhalten, die zu einer Ehe führen ſollten. Das Verhältnis hatte aber keine Dauer, da Uhlig nichts weniger als wirtſchaftlich war und ſein Geſchäft immer mehr herabbrachte. Schließlich mußte er das Gaſthaus aufgeben. Die Holansky wollte wohl den Mann auf beſſere Wege bringen, doch ihre Mühe war fruchtlos und Uhlig ſank immer mehr. Schließlich er- kalteten die Beziehungen. Uhlig war ungemein eiferſüchtig. Seine materielle Lage verſchlechterte ſich zuſehends und zu- letzt war Uhlig unterſtandslos. Geſtern abend kam er nun nach ¼11 Uhr in das Gaſthaus der Frau Holansky und traf ſeine frühere Braut an. Er ſchien etwas angeheitert; aber nichts in ſeinem Weſen ließ ſchließen, daß er eine Gewalt- tat plane. Ruhig und ohne Aufregung, aber etwas müh- ſam, ſprach er mit Frau Holansky. Plötzlich zog er einen

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 309, Wien, 04.07.1914. Beilage, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost309_1914/3>, abgerufen am 21.11.2024.