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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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get. Simuliren ist eines der ältesten Laster: Absalon ersuchte seinen Vater den David zusamt seinen Brüdern auf ein Gastmahl/ zu seiner bevorstehenden Schaf-Scheere gen Baalsazor. Der sorgfältige Vater wollte seinem Sohne wegen der daraufgehenden Speesen nicht Ungelegenheit machen/ und wuste nicht/ daß es auf ein Trauer- und Blut-Mahl hinaus lauffen würde. Amnon meinte/ seine Sünde wäre vergessen/ und der auf sich geladete Haß erloschen/ dahero er sich nichts Böses besorgete. In Summa die Kinder Davids genossen nunmehro bey ihrem Bruder dem Absolon das Mahl mit Freuden. Aber wie wunderlich seynd doch die Fälle/ und Einbildungen der Menschen. Jene gedachten nichts/ als auf Freude/ dieser aber auf Mord und Rache. Denn was vermochte erschrecklicher zu seyn/ als wenn Absolon in geheim zu seinen Dienern sagte: Wenn Amnon frölich von Weine seyn wird/ und ich euch ein Zeichen gebe/ so schlaget Amnons Todt und Absolons Flucht. A. M. 2913. ihn todt/ und fürchtet euch nicht/ alldieweil ich euch solches befohlen. Auf die Worte erfolgte die That. Die Kinder des Königes flohen aus Furcht darvon/ und Absolon verbarg sich hierauf drey Jahr lang/ an seines Gros-Vaters des heidnischen Königes Gesurs Hofe/ David aber trug über seinen Sohn Leid.

Die Zeit/ sagt man/ verdauet alles. Nachdem also Absolon drey Jahr aussen / schlug David in sich/ und vermeinete/ daß des einen Sohnes unwiederbringlicher Schade/ durch des Andern Verlust nicht ersetzet werden könnte. Joab fiederte damahls die Poltzen/ und das kluge Weib von Thekoa verschoß sie beym David. Es ist ein leichtes/ etwas von Einem erhalten/ wenn derselbige darzu selbst geneigt ist. Gehe hin/ sagte David/ und bringe den Knaben Absolon wieder/ laß ihn aber in sein Haus gehen/ und nicht für mein Gesichte kommen. Hier sollte des Davids Gnade zwar den jungen Absolon stärcken/ nicht aber Ihn in seiner Boßheit verhärten. Das Hertze Davids war besänfftiget/ bis auf die äuserliche Gestalt/ welche unbeweglich zu seyn schiene/ man kan aber auch das leidliche öffters nicht wohl vertragen. Absolon hatte nun in 2. Jahren zu Jerusalem des Königes Angesichte nicht gesehen; Darum schickte er nach seinem Vorsprecher dem Joab/ nachdem aber dieser nicht zu ihm kommen wollte/ ließ er selbigem ein Stücke Feld anzünden. Mit einem Desperaten, oder Verzweiselten hat man nicht viel Umstände zu machen; Absolon war nicht weniger seines Lebens/ als des so langen Verzugs überdrüssig. Dahero fuhr er gegen den Joab heraus/ und sagte: Warum hat man mich nicht zu Gesur gelassen? Gehe hin/ und verschaffe/ daß ich meines Vatern Angesicht sehe/ oder da eine Missethat an mir/ so tödte mich. Eltern pflegen aus Liebe gegen ihre Kinder am wenigsten Zorn uz halten. Joab erhielte bald/ daß David in Absolons Begnadigung einwilligte/ und ihm sein Verbrechen verziehe; Es ruhete Absolons Meuterey und Aufstand. A. M. 2916. aber das Schwerdt über Davids Hause noch nicht: Hoffart/ sagt man/ kömmt für dem Fall. Absolon war nun bey Hofe so hoch am Brete/ als zuvor iemahls: Ein ieder hatte ein Auge auf ihn/ und weil seine Schönheit insonderheit auch demselben bey dem gemeinen Pöfel ein Ansehen machte / so vergnügte er sich nicht an seinem Stande/ sondern er fieng nach Verlauffung zweyer Jahre wider seinen Vater den David einen verdammlichen Ausstand an/ und trachtete ihm nach Cron und Scepter. Der Ehrgeitz hat gemeiniglich diese Eigenschafft an sich/ daß er durch seine unzeitige Begierde mehr Mißgebur-

get. Simuliren ist eines der ältesten Laster: Absalon ersuchte seinen Vater den David zusamt seinen Brüdern auf ein Gastmahl/ zu seiner bevorstehenden Schaf-Scheere gen Baalsazor. Der sorgfältige Vater wollte seinem Sohne wegen der daraufgehenden Speesen nicht Ungelegenheit machen/ und wuste nicht/ daß es auf ein Trauer- und Blut-Mahl hinaus lauffen würde. Amnon meinte/ seine Sünde wäre vergessen/ und der auf sich geladete Haß erloschen/ dahero er sich nichts Böses besorgete. In Summa die Kinder Davids genossen nunmehro bey ihrem Bruder dem Absolon das Mahl mit Freuden. Aber wie wunderlich seynd doch die Fälle/ und Einbildungen der Menschen. Jene gedachten nichts/ als auf Freude/ dieser aber auf Mord und Rache. Denn was vermochte erschrecklicher zu seyn/ als wenn Absolon in geheim zu seinen Dienern sagte: Wenn Amnon frölich von Weine seyn wird/ und ich euch ein Zeichen gebe/ so schlaget Amnons Todt und Absolons Flucht. A. M. 2913. ihn todt/ und fürchtet euch nicht/ alldieweil ich euch solches befohlen. Auf die Worte erfolgte die That. Die Kinder des Königes flohen aus Furcht darvon/ und Absolon verbarg sich hierauf drey Jahr lang/ an seines Gros-Vaters des heidnischen Königes Gesurs Hofe/ David aber trug über seinen Sohn Leid.

Die Zeit/ sagt man/ verdauet alles. Nachdem also Absolon drey Jahr aussen / schlug David in sich/ und vermeinete/ daß des einen Sohnes unwiederbringlicher Schade/ durch des Andern Verlust nicht ersetzet werden könnte. Joab fiederte damahls die Poltzen/ und das kluge Weib von Thekoa verschoß sie beym David. Es ist ein leichtes/ etwas von Einem erhalten/ wenn derselbige darzu selbst geneigt ist. Gehe hin/ sagte David/ und bringe den Knaben Absolon wieder/ laß ihn aber in sein Haus gehen/ und nicht für mein Gesichte kommen. Hier sollte des Davids Gnade zwar den jungen Absolon stärcken/ nicht aber Ihn in seiner Boßheit verhärten. Das Hertze Davids war besänfftiget/ bis auf die äuserliche Gestalt/ welche unbeweglich zu seyn schiene/ man kan aber auch das leidliche öffters nicht wohl vertragen. Absolon hatte nun in 2. Jahren zu Jerusalem des Königes Angesichte nicht gesehen; Darum schickte er nach seinem Vorsprecher dem Joab/ nachdem aber dieser nicht zu ihm kommen wollte/ ließ er selbigem ein Stücke Feld anzünden. Mit einem Desperaten, oder Verzweiselten hat man nicht viel Umstände zu machen; Absolon war nicht weniger seines Lebens/ als des so langen Verzugs überdrüssig. Dahero fuhr er gegen den Joab heraus/ und sagte: Warum hat man mich nicht zu Gesur gelassen? Gehe hin/ und verschaffe/ daß ich meines Vatern Angesicht sehe/ oder da eine Missethat an mir/ so tödte mich. Eltern pflegen aus Liebe gegen ihre Kinder am wenigsten Zorn uz halten. Joab erhielte bald/ daß David in Absolons Begnadigung einwilligte/ und ihm sein Verbrechen verziehe; Es ruhete Absolons Meuterey und Aufstand. A. M. 2916. aber das Schwerdt über Davids Hause noch nicht: Hoffart/ sagt man/ kömmt für dem Fall. Absolon war nun bey Hofe so hoch am Brete/ als zuvor iemahls: Ein ieder hatte ein Auge auf ihn/ und weil seine Schönheit insonderheit auch demselben bey dem gemeinen Pöfel ein Ansehen machte / so vergnügte er sich nicht an seinem Stande/ sondern er fieng nach Verlauffung zweyer Jahre wider seinen Vater den David einen verdammlichen Ausstand an/ und trachtete ihm nach Cron und Scepter. Der Ehrgeitz hat gemeiniglich diese Eigenschafft an sich/ daß er durch seine unzeitige Begierde mehr Mißgebur-

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[110/0122] get. Simuliren ist eines der ältesten Laster: Absalon ersuchte seinen Vater den David zusamt seinen Brüdern auf ein Gastmahl/ zu seiner bevorstehenden Schaf-Scheere gen Baalsazor. Der sorgfältige Vater wollte seinem Sohne wegen der daraufgehenden Speesen nicht Ungelegenheit machen/ und wuste nicht/ daß es auf ein Trauer- und Blut-Mahl hinaus lauffen würde. Amnon meinte/ seine Sünde wäre vergessen/ und der auf sich geladete Haß erloschen/ dahero er sich nichts Böses besorgete. In Summa die Kinder Davids genossen nunmehro bey ihrem Bruder dem Absolon das Mahl mit Freuden. Aber wie wunderlich seynd doch die Fälle/ und Einbildungen der Menschen. Jene gedachten nichts/ als auf Freude/ dieser aber auf Mord und Rache. Denn was vermochte erschrecklicher zu seyn/ als wenn Absolon in geheim zu seinen Dienern sagte: Wenn Amnon frölich von Weine seyn wird/ und ich euch ein Zeichen gebe/ so schlaget ihn todt/ und fürchtet euch nicht/ alldieweil ich euch solches befohlen. Auf die Worte erfolgte die That. Die Kinder des Königes flohen aus Furcht darvon/ und Absolon verbarg sich hierauf drey Jahr lang/ an seines Gros-Vaters des heidnischen Königes Gesurs Hofe/ David aber trug über seinen Sohn Leid. Amnons Todt und Absolons Flucht. A. M. 2913. Die Zeit/ sagt man/ verdauet alles. Nachdem also Absolon drey Jahr aussen / schlug David in sich/ und vermeinete/ daß des einen Sohnes unwiederbringlicher Schade/ durch des Andern Verlust nicht ersetzet werden könnte. Joab fiederte damahls die Poltzen/ und das kluge Weib von Thekoa verschoß sie beym David. Es ist ein leichtes/ etwas von Einem erhalten/ wenn derselbige darzu selbst geneigt ist. Gehe hin/ sagte David/ und bringe den Knaben Absolon wieder/ laß ihn aber in sein Haus gehen/ und nicht für mein Gesichte kommen. Hier sollte des Davids Gnade zwar den jungen Absolon stärcken/ nicht aber Ihn in seiner Boßheit verhärten. Das Hertze Davids war besänfftiget/ bis auf die äuserliche Gestalt/ welche unbeweglich zu seyn schiene/ man kan aber auch das leidliche öffters nicht wohl vertragen. Absolon hatte nun in 2. Jahren zu Jerusalem des Königes Angesichte nicht gesehen; Darum schickte er nach seinem Vorsprecher dem Joab/ nachdem aber dieser nicht zu ihm kommen wollte/ ließ er selbigem ein Stücke Feld anzünden. Mit einem Desperaten, oder Verzweiselten hat man nicht viel Umstände zu machen; Absolon war nicht weniger seines Lebens/ als des so langen Verzugs überdrüssig. Dahero fuhr er gegen den Joab heraus/ und sagte: Warum hat man mich nicht zu Gesur gelassen? Gehe hin/ und verschaffe/ daß ich meines Vatern Angesicht sehe/ oder da eine Missethat an mir/ so tödte mich. Eltern pflegen aus Liebe gegen ihre Kinder am wenigsten Zorn uz halten. Joab erhielte bald/ daß David in Absolons Begnadigung einwilligte/ und ihm sein Verbrechen verziehe; Es ruhete aber das Schwerdt über Davids Hause noch nicht: Hoffart/ sagt man/ kömmt für dem Fall. Absolon war nun bey Hofe so hoch am Brete/ als zuvor iemahls: Ein ieder hatte ein Auge auf ihn/ und weil seine Schönheit insonderheit auch demselben bey dem gemeinen Pöfel ein Ansehen machte / so vergnügte er sich nicht an seinem Stande/ sondern er fieng nach Verlauffung zweyer Jahre wider seinen Vater den David einen verdammlichen Ausstand an/ und trachtete ihm nach Cron und Scepter. Der Ehrgeitz hat gemeiniglich diese Eigenschafft an sich/ daß er durch seine unzeitige Begierde mehr Mißgebur- Absolons Meuterey und Aufstand. A. M. 2916.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/122>, abgerufen am 21.11.2024.